Inhalt

VGH München, Beschluss v. 14.08.2025 – 8 ZB 25.457
Titel:

Berufungszulassung (abgelehnt), Sicherheitsrechtliche Anordnung zum Rückschnitt von Pflanzenbewuchs, Überhang auf einen Randstreifen, Ermessen, Anforderungen an die Ermessensbegründung, Verhältnismäßigkeit

Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 1 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 1 Nr. 3
VwGO § 124 Abs. 1 Nr. 5
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4
VwGO § 124a Abs. 5 S. 2
LStVG Art. 7
BayStrWG Art. 29 Abs. 2 S. 1
BayStrWG Art. 66 Nr. 4
BayVwVfG Art. 39 Abs. 1
BGB § 910
Schlagworte:
Berufungszulassung (abgelehnt), Sicherheitsrechtliche Anordnung zum Rückschnitt von Pflanzenbewuchs, Überhang auf einen Randstreifen, Ermessen, Anforderungen an die Ermessensbegründung, Verhältnismäßigkeit
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 27.12.2024 – M 28 K 21.3829
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22541

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

1
I. Die Klägerin wendet sich gegen eine Anordnung zum Rückschnitt von Pflanzenbewuchs.
2
Die Klägerin ist Alleineigentümerin des Grundstücks FlNr. … Gemarkung I … Das Grundstück grenzt im Südwesten an die Gemeindestraße „I …“ (FlNr. 128/16) an, die an dieser Stelle eine befestigte Straßenfläche in einer Breite von 5,00 m bis 5,50 m aufweist. Zwischen dem klägerischen Grundstück und der Straßenfläche befindet sich auf dem Straßengrundstück FlNr. 128/16 ein ca. 2 m breiter Grünstreifen. Ein Gehweg ist nicht vorhanden. Entlang der Grundstücksgrenze zum Grünstreifen steht auf dem Grundstück der Klägerin eine ca. 4,50 m hohe und 70 m lange Fichtenhecke, deren Äste ca. 1,20 bis 1,50 m in den Grünstreifen hineinragen.
3
Nachdem die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 4. November 2020 und 3. Februar 2021 vergeblich aufgefordert hatte, die Hecke zurückzuschneiden, verpflichtete sie diese mit Bescheid vom 14. Juni 2021, die Überhänge der Hecke, die aus dem klägerischen Grundstück in den öffentlichen Verkehrsraum hineinwachsen, bis auf die Grundstücksgrenze zurückzuschneiden (Nr. 1.). Die sofortige Vollziehung der Anordnung nach Nr. 1 wurde angeordnet (Nr. 2). Für den Fall, dass der Rückschnitt nicht bis spätestens 31. Oktober 2021 durchgeführt werde, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 600,00 Euro angedroht (vgl. Nr. 3).
4
Zur Begründung führte die Beklagte im Wesentlichen aus, Rechtsgrundlage für die Anordnung zum Rückschnitt sei Art. 18b Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BayStrWG. Die Überhänge der Hecke auf dem Grünstreifen stellten eine unerlaubte Sondernutzung dar. Nach Art. 18b Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BayStrWG könne die Beklagte als zuständige Straßenbaubehörde dann die erforderlichen Anordnungen zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands treffen. Die Anordnung zum Rückschnitt entspreche pflichtgemäßem Ermessen, da die Straße über keinen Gehweg verfüge und es sich bei dem Grünstreifen daher um eine notwendige Ausweichzone handele. Im Winter werde der Grünstreifen benötigt, um den beiseitegeschobenen Schnee abzulegen und die Fahrbahn vollständig schneefrei zu halten. Weiter werde die Sicht auf den Straßenverlauf des „I …s“ durch die Hecke eingeschränkt. Dadurch ergebe sich eine konkrete Gefahr für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, weil herannahende Autos aus dem „I …“ erst verspätet gesehen würden. Andere mildere Mittel, um diese konkrete Gefahr zu beseitigen, seien nicht ersichtlich. Insbesondere komme die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis aufgrund der Gefahrenlage nicht in Betracht.
5
Hiergegen hat die Klägerin am 19. Juli 2021 Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid der Beklagten sei rechtswidrig, weil sich die Hecke ausschließlich auf ihrem Grundstück befinde. Die Hecke stünde dort bereits seit ca. 65 Jahren und sei seitens der Beklagten zuvor nie beanstandet worden. Etwaige Ansprüche seien daher verjährt bzw. verwirkt. Die Hecke beeinträchtige nicht die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Beim „I …“ handle es sich um eine ruhige Wohnstraße mit geringem Fußgängeraufkommen. Eine Sichtbeeinträchtigung liege nicht vor, weil die Fahrzeuge aus nördlicher Richtung nicht auf der Seite der Hecke fahren würden, sondern gegenüber, so dass ein verspätetes Sehen des Gegenverkehrs ausgeschlossen sei. Der Grünstreifen eigne sich wegen seiner Schräge und der Steinkante auch nicht als Ausweichfläche für Fußgänger. Schnee könne wie bisher unter die Hecke geschoben werden. Die Anordnung sei auch unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft. Seit dem Erwerb des Grundstücks durch die Klägerin im Jahr 2014 werde die Hecke jährlich geschnitten. Durch den von der Beklagten geforderten Rückschnitt werde die Hecke irreparabel geschädigt und auch das örtliche Erscheinungsbild beeinträchtigt. Zudem werde das mit der Hecke verbundene Waldbiotop, das vielen Tieren und Pflanzen als Lebensraum diene, zerstört. Die Beklagte habe es bislang unterlassen, andere verkehrslenkende Maßnahmen als milderes Mittel zu ergreifen. Des Weiteren diene die Hecke als Schutz vor dem aus dem S1.weg bei starken Regenfällen bachartig auf das klägerische Grundstück herabfließenden Niederschlagswasser. Auf den Nachbargrundstücken gebe es Hecken und sonstige Pflanzen, die in vergleichbarer Weise in den öffentlichen Straßenraum hineinwachsen würden.
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Mit Änderungsbescheid vom 3. August 2021 hob die Beklagte die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. 2 des Bescheids vom 14. Juni 2021 auf.
7
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 27. Dezember 2024 abgewiesen. Die Anordnung zum Pflanzenrückschnitt sei rechtmäßig und könne auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 2 LStVG i.V.m. Art. 66 Nr. 4 i.V.m. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG gestützt werden. Die Voraussetzungen für einen Austausch der Rechtsgrundlage lägen vor. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG seien erfüllt. Die Baumhecke rage 1,20 m bis 1,50 m in den Grünstreifen, der als Randstreifen nach Art. 2 Nr. 1 Buchstabe b BayStrWG Straßenbestandteil des „I …s“ sei, und beeinträchtige die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs. Straßenrandstreifen seien zwar nicht zum regelmäßigen Befahren oder Begehen gedacht, sollten jedoch die volle Ausnutzung der Fahrbahnbreite ermöglichen. Sie dienten dem Ausweichen. Sie gäben zudem Raum für die Straßenunterhaltung und zur Aufstellung von Leiteinrichtungen oder Verkehrszeichen. Da der „I …“ über keinen Gehweg verfüge, diene er als Ausweichfläche für den Fußgängerverkehr bzw. im Winter auch zur Ablage von Schnee. Diese Funktionen würden durch die überhängenden Äste beeinträchtigt. Wegen der Rechtskurve des „I …s“ schränke die Hecke auch die Sicht ein. Ermessensfehler seien nicht erkennbar. Ausweislich der Begründung habe die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen erkannt und die öffentlichen Interessen mit den berührten privaten Belangen, insbesondere Art. 14 GG, zutreffend abgewogen. Insoweit komme auch zum Tragen, dass jedenfalls der verbotswidrige Überwuchs im Regelfall zu keinem Eigentumsschutz führe. Die Forderung nach einem Rückschnitt sei auch nicht verwirkt. Neben dem Zeitmoment erfordere die Verwirkung auch ein Umstandsmoment, das hier nicht vorliege.
8
Mit dem Zulassungsantrag verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
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II. Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
A.
10
Der von der Klägerin geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist nicht hinreichend dargelegt bzw. liegt nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546 – juris Rn. 19). Solche sind nicht erst dann gegeben, wenn der Erfolg des Antrags auf Zulassung der Berufung wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B.v. 16.4.2020 – 1 BvR 2705/16 – juris Rn. 22). Bei der Beurteilung ist nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung abzustellen, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 – NVwZ 2021, 325 – juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 – juris Rn. 9).
12
Ausgehend von diesen Maßstäben begründet das Vorbringen der Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der angegriffenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht mit der Begründung abgewiesen, dass die Anordnung zum Rückschnitt des Pflanzenbewuchses auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 2 LStVG i.V.m. Art. 66 Nr. 4, Art. 29 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG gestützt werden kann.
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1. Die Wertung des Verwaltungsgerichts, der Überhang der klägerischen Baumhecke in den öffentlichen Straßengrund führe zu einer Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.
14
Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG dürfen zum Schutz von Straßen unter anderem Anpflanzungen aller Art auf benachbarten Grundstücken nicht angelegt werden, soweit sie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen können. Angesichts des Wortlauts des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG („beeinträchtigen können“, vgl. BayVGH, B.v. 11.11.2019 – 8 ZB 19.1855 – juris Rn. 10; B.v. 6.9.2022 – 8 ZB 22.1093 – juris Rn. 15; Wiget in Zeitler, BayStrWG, Stand März 2019, Art. 29 Rn. 24) und seiner Entstehungsgeschichte (vgl. LT-Drs. III/2832 S. 33 zu Art. 31) ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass für in den Straßenraum hineinragenden Pflanzenbewuchs die Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs ausreicht, soweit sich der Pflanzenwuchs nicht auf dem eigenen Grundstück befindet, sondern gleichsam als Überhang (vgl. § 910 BGB) in den Lichtraum einer angrenzenden Verkehrsfläche hineinragt (Einschränkung der Rechtsprechung des Senats im Urteil vom 15.12.2004 – 8 B 04.1524 – VGHE 58, 24 – juris Rn. 24 für den Rückschnitt von Überwuchs, vgl. BayVGH, B.v. 17.8.2022 – 8 CS 22.1578 – juris Rn. 19)
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Das Verwaltungsgericht hat eine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs darauf gestützt, dass die Hecke aufgrund der örtlichen Verhältnisse wegen der Rechtskurve die Sicht auf den entgegenkommenden Verkehr behindere (vgl. UA Rn. 48 und 49). Wegen des Überhangs könne der Grünstreifen zudem seine ihm zugedachte Funktion als Randstreifen nach Art. 2 Nr. 1 Buchtstabe b BayStrWG nicht erfüllen. Der „I …“ verfüge über keinen von der Fahrbahn abgesetzten Gehweg, die überhängenden Äste ragten 1,20 m bis 1,50 m über den Randstreifen des „I …s“ und würden diesen damit fast vollständig einnehmen (vgl. UA Rn. 43 ff.). Er stehe daher als Ausweichfläche, Raum für Straßenunterhaltung und Aufstellort für Leiteinrichtungen und Verkehrszeichen nicht mehr zur Verfügung. Die fehlende Ausweichmöglichkeit führe zu gefährlichen Situationen für Fußgänger, insbesondere für Schulkinder. Zudem stehe der Randstreifen wegen der Überhänge im Winter als Ablagerungsort für Schnee nicht zur Verfügung.
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Der erstinstanzlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung hat die Klägerin keine substantiierten Einwendungen entgegengesetzt. Im Hinblick auf § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist die gerichtliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung im Berufungsverfahren nur einer eingeschränkten Prüfung zugänglich. Für den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO genügt nicht allein der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Erstgericht angenommen oder der Sachverhalt sei anders zu werten. Vielmehr muss der Rechtsmittelführer gute Gründe aufzeigen, dass die tatsächlichen Feststellungen des Ausgangsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweisen; die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung des Sachverhalts genügt dafür nicht (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2023 – 8 ZB 22.2287 – juris Rn. 13; OVG NW, B.v. 9.12.2024 – 6 A 177/22 – juris Rn. 17; VGH BW, B.v. 13.1.2025 – 11 S 1037/23 – juris Rn. 22; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 19). Dem Zulassungsvorbringen gelingt dies nicht.
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a) Die Verkehrssicherheitslage hat das Verwaltungsgericht anhand der örtlichen Verhältnisse gewürdigt (vgl. UA Rn. 43 ff.). Soweit die Klägerin dem Verwaltungsgericht vorwirft, die örtlichen Verhältnisse nicht selbst ermittelt zu haben, vermag dies die Richtigkeit der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Der Sache nach beruft sich die Klägerin mit diesem Vorbringen auf den Zulassungsgrund des Verfahrensmangels in Gestalt eine Aufklärungsrüge (vgl. unten Rn. 38 ff.). Der Hinweis, auf dem „I …“ würden weder Omnibus- noch Lkw-Verkehr stattfinden, zeigt ebenfalls keine gedanklichen Lücken der Beweiswürdigung auf. Aus den Urteilsgründen ergibt sich unzweifelhaft, dass es sich bei der Nennung von Omnibussen und Lkws um Beispiele für Kraftfahrzeuge mit höher sitzenden Passagieren handelt (vgl. UA Rn. 48). Im Übrigen entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass in Wohnstraßen aufgrund des zunehmenden Versandhandels reger Lieferverkehr mit Lkw oder Transportfahrzeugen stattfindet. Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit in erster Linie auf die Gefährdung von Fußgängern gestützt (vgl. UA Rn. 47) und eine Gefährdung der Insassen größerer Fahrzeugen nur zusätzlich angeführt.
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b) Der Vorhalt, der Hecke komme eine wesentliche verkehrsberuhigende und entschleunigende Wirkung zu, weil die Verkehrsteilnehmer wegen ihr besonders langsam und aufmerksam fahren müssten, bestätigt die gegenteilige verwaltungsgerichtliche Würdigung, die Hecke beeinträchtige die Sicht. Es ist nicht Aufgabe der Klägerin als Sachwalterin der Straßenverkehrsbehörde straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen, sondern der Beklagten (§ 45 StVO i.V.m. Art. 2 Satz 1 Nr. 1, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 ZustGVerk). Sie übersieht zudem, dass das Verwaltungsgericht die Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur mit einer Sichtbehinderung begründet hat, sondern auch mit dem Umstand, dass wegen des Überwuchses der Randstreifen seiner verkehrlichen Funktionen entzogen ist (vgl. UA Rn. 45). Der Hinweis der Klägerin, der Schnee könne wegen der Biegsamkeit der Fichtenäste unter diese geschoben werden, zeigt ebenfalls keinen Verstoß gegen Denkgesetze auf. Abgesehen davon muss sich die Beklagte zur Ausführung der ihr nach Art. 51 Abs. 1 BayStrWG obliegenden Räum- und Streupflicht nicht auf Einschränkungen ihrer Räummöglichkeiten einlassen und etwaige Schadenersatzansprüche wegen Beschädigung der Hecke durch Schneebruch in Kauf nehmen (vgl. § 823 BGB). Soweit die Klägerin anführt, die Beklagte mähe den Randstreifen nicht regelmäßig und damit suggeriert, dass diese die Benutzung des Randstreifens aufgegeben habe, legt sie ebenfalls keinen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz dar. Nach Art. 30 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG ist es Aufgabe der Beklagten als Straßenbaulastträgerin (Art. 47 Abs. 1 i.V.m Art. 46 Nr. 2 BayStrWG), den Randstreifen einer Gemeindestraße zu bepflanzen. Randstreifen sind nach Art. 30 Abs. 2 BayStrWG mit dem Ziel zu bewirtschaften, die Artenvielfalt und den Biotopverbund zu fördern, was ein Mähregime beinhalten kann. Schließlich verkennt der Einwand, bislang habe sich an dieser Stelle des „I …s“ kein Verkehrsunfall ereignet, dass es nach dem Wortlaut des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG ausreicht, wenn die Anpflanzungen die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen „können“.
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2. Die Klägerin kann mit ihrem Einwand, die Beklagte habe in ihrem Bescheid das ihr zustehende Ermessen nicht bzw. fehlerhaft ausgeübt, ebenfalls nicht durchdringen.
20
Das Verwaltungsgericht hat dazu festgestellt, dass die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen erkannt und die öffentlichen Interessen (Verkehrssicherheit) mit den berührten privaten Belangen, insbesondere Art. 14 Abs. 1 GG, zutreffend abgewogen habe (vgl. UA Rn. 52 ff.). Diese Wertung ist nicht ernstlich zweifelhaft.
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a) Für eine besondere Dokumentationspflicht bei der Ermessenausübung, wie sie der Klägerin vorschwebt, fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Eine solche lässt sich auch nicht Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG entnehmen (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 4 C 31.13 – NVwZ 2015, 531 – juris Rn. 8). Nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG ist ein schriftlicher Verwaltungsakt lediglich mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (Art. 39 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG). Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (vgl. Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG). Das Begründungserfordernis verlangt nicht, schriftliche Verwaltungsakte in allen Einzelheiten zu begründen. Welchen Inhalt und Umfang die Begründung eines Bescheides haben muss, richtet sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 4 C 31.13 – NVwZ 2015, 531 – juris Rn. 8 m.w.N.). Die Tragfähigkeit der Begründung ist hingegen keine Frage des Begründungserfordernisses, sondern der materiellen Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2023 – 8 A 2.22 – BVerwGE 178, 46 – juris Rn. 24).
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Dass die Begründung im Bescheid vom 14. Juni 2021 diesen formalen Anforderungen nicht genügt, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Aus der Begründung ist deutlich erkennbar, dass die Beklagte ihr Ermessen ausgeübt hat und von welchen Tatsachen sie ausgegangen ist; ebenso zu entnehmen ist, dass sie dabei die Interessen der Klägerin berücksichtigt sowie abgewogen hat. Die Begründung erschöpft sich auch nicht in einem Abschreiben des Gesetzeswortlauts, sondern ist einzelfallbezogen (vgl. Bescheid S. 2). So stützt die Beklagte ihr Ermessen auf die konkreten örtlichen Verhältnisse, wenn sie ausführt, dass Zweige und Äste der Hecke der Klägerin auf den Grünstreifen neben der Straße ragen und der Grünstreifen, da ein Gehweg nicht vorhanden sei, sowohl den Fußgängern als Ausweichzone als auch den Räumdiensten als Lagerungsort für Schnee dient Zudem stellt die Beklagte darauf ab, dass durch den Überwuchs die Sichtverhältnisse erschwert werden. Der Umstand, dass das Alter der Hecke und die Auswirkungen eines massiven Rückschnitts in der Begründung nicht ausdrücklich erwähnt sind, macht die Begründung in formaler Hinsicht nicht fehlerhaft. Aus Lücken in der Dokumentation ergibt sich auch materiell kein Ermessensdefizit, wenn die behördliche Entscheidungsfindung im gerichtlichen Verfahren nachvollzogen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 24.3.2011 – 7 A 3.10 – NVwZ 2011, 1124 – juris Rn. 84; U.v. 22.6.2017 – 4 A 18.16 – NVwZ 2018, 332 = juris Rn. 33, jeweils zum fachplanungsrechtlichen Abwägungsgebot). Vorliegend hat die Beklagte ihre Ermessenserwägungen zur möglichen Zerstörung der Hecke mit Schreiben vom 6. August 2021 erläutert.
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b) Soweit die Klägerin weiter bemängelt, es sei ermessensfehlerhaft, dass die Beklagte ihrer Entscheidung in der Sache zu Unrecht eine konkrete Gefahr und keine abstrakte Gefahr zugrunde gelegt habe, ist dies keine Frage der Ermessensausübung, sondern eine Frage der rechtlichen Würdigung.
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3. Das Zulassungsvorbringen, die Anordnung zum Rückschnitt sei unverhältnismäßig, führt ebenfalls nicht zum Erfolg.
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a) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat das Verwaltungsgericht die Eigentumsbelange an ihrer 65 Jahre alten Fichtenhecke und die wirtschaftlichen Folgen des Rückschnitts gesehen und gewürdigt. Es hat dazu ausgeführt, dass die Anordnung das Eigentum der Klägerin an ihrer Hecke wegen des Substanzverlustes, der nach deren Auffassung bis zum völligen Absterben der Hecke führen könne, beeinträchtige (vgl. UA Rn. 58). Der behördlich angeordnete Eingriff in das Eigentum werde allerdings durch gegenläufige Schutzgüter von Verfassungsrang, zu denen auch Leben und Gesundheit von Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern gehöre, gerechtfertigt (vgl. UA Rn. 58). Insoweit komme auch zum Tragen, dass jedenfalls der verbotswidrige Überwuchs im Regelfall keinen Eigentumsschutz erlange (vgl. UA Rn. 59).
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Damit hat sich die Klägerin nicht substantiiert auseinandergesetzt. Sie lässt insbesondere außer Acht, dass der Überwuchs nach der Wertung des § 910 BGB nur eingeschränkten Eigentumsschutz genießt. Nach § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB darf der Eigentümer eines Grundstücks vom Nachbargrundstück herüberragende Zweige beseitigen, selbst wenn dadurch das Absterben des Baumes droht (vgl. BGH, U.v. 11.6.2021 – V ZR 234/19 – juris Rn. 23 ff.), wenn er dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt ist. Es ist der Beklagten daher nicht verwehrt, Bewuchs, der über die Grundstücksgrenze ragt, nach Maßgabe des dort vorgesehenen Verfahrens zu beseitigen. Was § 910 Abs. 1 BGB dem betroffenen Nachbarn – auch einem Träger der Straßenbaulast (vgl. Art. 9 BayStrWG) – an Befugnissen einräumt, stellt sich für den Eigentümer des Bewuchses als zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 103 Abs. 2 BV dar, die seine Rechtsposition und damit den Inhalt seiner Eigentümerbefugnisse schmälert (vgl. auch § 903 BGB). Art. 29 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG hat nicht den Zweck, diese insoweit geschmälerte Rechtsposition in einem gegenläufigen Sinn wiederum zu verstärken (vgl. auch Art. 124 Satz 2 EGBGB; BayVGH, U.v. 15.12.2004 – 8 B 04.1524 – VGHE 58, 24 – juris Rn. 40; B.v. 17.8.2022 – 8 CS 22.1578 – juris Rn. 19; Vollkommer in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online.Großkommentar, Stand 1.7.2025, Art. 124 EGBGB Rn. 1).
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b) Die Kritik, das Verwaltungsgericht habe ihren Vortrag zur besonderen Betroffenheit der Beklagten durch Starkregen und den Beitrag der Hecke zur Luftreinhaltung, Lärmminderung und Klimaregulation ignoriert, trifft nicht zu. Das Ersturteil hat sich mit diesen Aspekten auseinandergesetzt (vgl. UA Rn. 60, 74 ff.). Fehler in der gerichtlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 VwGO legt die Klägerin nicht dar. Vielmehr nimmt sie eine eigene Wertung vor; augenscheinliche gedankliche Lücken, Verstöße gegen Denkgesetze oder Ungereimtheiten der Beweiswürdigung zeigt sie damit nicht auf (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2023 – 8 ZB 22.2287 – juris Rn. 15).
28
c) Das Verwaltungsgericht hat auch nicht unzureichend geprüft, ob andere Lösungen für die Gefahrenabwehr möglich sind. Das Erforderlichkeitsgebot ist erst verletzt, wenn andere, gleich wirksame Maßnahmen zur Erreichung des verfolgten Zwecks zur Verfügung stehen, die weniger in die Grundrechte der Betroffenen eingreifen und Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belasten. Die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung muss dafür in jeder Hinsicht eindeutig feststehen (vgl. BVerfG, B.v. 21.7.2022 – 1 BvR 469/20 u.a. – BVerfGE 162, 378 – juris Rn. 117; BayVGH, U.v. 5.12.2024 – 20 BV 24.1343 – juris Rn. 31; Grzeszick in Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand Oktober 2024, Art. 20 Rn. 115 ff.).
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Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, dass verkehrliche Anordnungen, wie sie die Klägerin fordere, keine milderen gleich geeigneten Mittel darstellten. Die geforderte Einbahnstraßenregelung und Halteverbote könnten weder den Gefahren begegnen, die sich aus den Sichtbehinderungen der Hecke ergäben, noch den Gefahren, die aus dem Entzug des Randstreifens als Ausweichfläche resultierten (vgl. UA Rn. 56). Damit hat sich die Klägerin nicht substantiiert auseinandergesetzt. Im Übrigen kann der Flächenentzug des Randstreifens nicht durch straßenverkehrsrechtliche Anordnungen rückgängig gemacht werden.
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4. Der Anordnung des Pflanzenrückschnitts steht auch nicht der Einwand der Verwirkung entgegen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend festgestellt, dass für die Annahme der Verwirkung der bloße Zeitablauf nicht ausreicht. Hinzutreten müssen Umstände, die ein berechtigtes Vertrauen beim Schuldner begründen, dass der Gläubiger seinen Anspruch nach längerer Zeit nicht mehr geltend machen würde (vgl. UA Rn. 70). Einen solchen Vertrauenstatbestand habe die Beklagte nicht geschaffen. Vielmehr habe sie seit 2020 mehrfach die Klägerin zum Rückschnitt aufgefordert. Eine Befassung der Beklagten mit der Hecke im Jahr 2005 im Rahmen einer Baumaßnahme habe die Klägerin weder dargelegt noch ließe sich dies aus den Umständen erkennen (vgl. UA Rn. 72).
31
Dem tritt die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag nicht substantiiert entgegen. Allein der Umstand, dass die Beklagte im Rahmen eines Bauantrags das Grundstück in Augenschein genommen hat, begründet keinen Vertrauenstatbestand in Bezug auf den Erhalt der Hecke. Nach Art. 68 Abs. 1 BayBO ist Prüfungsgegenstand allein das Bauvorhaben. Zudem spricht viel dafür, dass die Hecke im Jahr 2005 in einem geringeren Ausmaß als heute, 20 Jahre später, in den Randstreifen geragt ist, da diese nach dem Vortrag der Klägerin bis zum Jahr 2014 nicht geschnitten worden ist. Inwiefern die Beklagte im Rahmen des Eigentümerwechsels im Jahr 2014 mit der Hecke befasst gewesen sein sollte, begründet die Klägerin nicht konkret.
B.
32
Die Berufung ist nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
33
Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie eine Frage von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Es muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. BVerwG, B.v. 27.11.2024 – 2 B 1.24 – juris Rn. 16; B.v. 17.3.2025 – 3 BN 7.24 – juris Rn. 9).
16).
34
Die im Zulassungsantrag der Klägerin als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage
35
„ob so wie hier, wenn eine Gemeinde mehrere Jahrzehnte eine Hecke unbeanstandet geduldet hat, sie ihr Recht ohne jedweden konkreten Anlass dagegen unter dem Gesichtspunkt der Abwehr einer abstrakten Gefahr vorzugehen [, verloren hat]“
36
genügt diesen Anforderungen nicht. Ihr mangelt es an der fallübergreifenden Bedeutung, weil sie bereits nach ihrem Wortlaut auf den konkreten Einzelfall zugeschnitten ist.
C.
37
Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen, auf dem das Ersturteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
38
1. Der vom Zulassungsantrag gerügte Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil das Erstgericht die konkreten örtlichen Gegebenheiten nicht hinreichend erforscht habe, keine Ermittlungen zu Bürgerbeschwerden vorgenommen und keine Verkehrserhebungen durchgeführt habe, liegt nicht vor.
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Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, welche Tatsachen auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des Tatsachengerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für den Beteiligten günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, durch den anwaltlich vertretenen Beteiligten mittels eines unbedingten Beweisantrags hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, 7.5.2013 – 2 B 147.11 – juris Rn. 7; B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – juris Rn. 16). Denn die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – juris Rn. 16).
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Daran fehlt es hier. Einen unbedingten Beweisantrag hat die anwaltlich vertretene Klägerin weder in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht noch im nachfolgenden schriftlichen Verfahren gestellt (vgl. BVerwG, B.v.10.10.2013 – 1 B 15.13 – juris Rn. 7). Soweit ihr Prozessbevollmächtigter in seinem Schriftsatz vom 18. Juli 2024 angeregt hat, dass sich das Gericht im Rahmen eines Ortstermins selbst ein Bild davon machen sollte, ob das Vorgehen der Beklagten gegen die Klägerin nur vordergründig der Gefahrenabwehr diene, kann dies einen Beweisantrag nicht ersetzen (vgl. BVerwG, B.v. 13.12.2023 – 6 B 13.23 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 4.2.2022 – 8 ZB 21.1781 – RdL 2022, 215 = juris Rn. 28). Sie legt auch nicht dar, inwiefern sich für das Erstgericht weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen. In Bezug auf die örtlichen Verhältnisse zeigt der Zulassungsantrag schon keine weiteren Ermittlungsansätze dazu auf, welche konkreten anderen örtlichen Verhältnisse vorlägen, die die gerichtliche Würdigung, die sich auf die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 12. Juli 2024 vorgelegten und eingehend erörterten Fotos und Luftaufnahmen aus „BayernAtlas“ und „Google Street View“ (vgl. UA Rn. 45) stützt, infrage stellen und eine weitere Sachverhaltsaufklärung erfordern würden. Ob sich aus den örtlichen Gegebenheiten eine Beeinträchtigung für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG ergibt, ist im Übrigen keine Tatsachen-, sondern eine Rechtsfrage. Die Klägerin wendet sich insoweit letztlich im Gewand der Verfahrensrüge gegen eine in ihren Augen unzutreffende Bewertung des Sachverhalts.
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Hinsichtlich der als fehlend monierten Ermittlungen in Bezug auf Bürgerbeschwerden und das Verkehrsaufkommen hat die Klägerin ebenfalls nicht mittels eines Beweisantrags im erstinstanzlichen Verfahren auf eine gerichtliche Sachaufklärung hingewirkt. Dass sich eine Beweiserhebung ohne Beweisantrag für das Erstgericht aufgedrängt hätte, legt die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag auch nicht dar.
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2. Soweit die Klägerin rügt, ihre zentralen Ausführungen, wie die erheblichen wirtschaftlichen Belastungen, die detaillierten Ausführungen zur Verkehrsberuhigung und Verkehrssicherheit sowie die angebotenen Beweismittel in ihrem Schriftsatz vom 18. Juli 2024 seien vom Verwaltungsgericht weitestgehend ignoriert worden, ergibt sich daraus keine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
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a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG verlangt vom Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerwG, B.v. 6.2.2024 – 9 B 28.23 – juris Rn. 32). Dies hat das Verwaltungsgericht getan. Das Gericht hat sich sowohl mit den Folgen eines massiven Rückschnitts, der nach dem Vortrag der Klägerin bis zum völligen Absterben der Hecke führen könne (vgl. UA Rn. 58) als auch mit den Fragen der Verkehrssicherheit (vgl. UA Rn 42 ff.) befasst. Die von der Klägerin angeführte „Entschleunigungsfunktion“ der Hecke hat das Gericht insoweit in Erwägung gezogen, als es trotz der mutmaßlich eher geringen Geschwindigkeiten im betreffenden Bereich eine erhebliche Gefahrensituation angenommen hat (vgl. UA Rn. 48). Es besteht indes keine Pflicht des Gerichts, jeglichen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Vielmehr sind in der Entscheidung nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Gerichte können sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach ihrem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt. Geht ein Gericht auf einzelne Teile des Vorbringens nicht ein, dokumentiert es damit in der Regel zugleich, dass es sie für rechtlich irrelevant hält (vgl. BVerwG, B.v. 7.6.2017 – 5 C 5.17 D – juris Rn. 8; B.v. 4.7.2024 – 4 B 5.24 – juris Rn. 24). Dass es der Auffassung der Klägerin nicht gefolgt ist, begründet ebenfalls keine Gehörsverletzung (vgl. BVerwG, B.v. 6.2.2024 – 9 B 28.23 – juris Rn. 32; B.v. 10.6.2025 – 3 BN 6.24 – juris Rn. 29).
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b) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG wegen vermeintlich übergangener angebotener Beweismittel (insbesondere Ortsbesichtigung und Sachverständigengutachten) liegt ebenfalls nicht vor.
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Zwar kann auch in der Verletzung von Verfahrensvorschriften ein Gehörsverstoß liegen. Eine Gehörsverletzung liegt bei Verstößen gegen prozessrechtliche Bestimmungen aber nur in besonderen Fällen vor (vgl. BVerfG, B.v. 24.8.2015 – 2 BvR 2915/14 – juris Rn. 16). So ist anerkannt, dass die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisantrages einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG darstellen kann, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfG, B.v. 20.2.2008- 1 BvR 2389/06 – juris Rn. 28; BVerwG, B.v. 4.3.2014 – 3 B 60.13 – juris Rn. 7). Ein erheblicher Beweisantrag wurde hier weder in Bezug auf ein Sachverständigengutachten noch in Bezug auf einen Ortstermin gestellt (vgl. oben Rn. 40).
D.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).