Inhalt

VGH München, Beschluss v. 19.08.2025 – 7 ZB 25.798
Titel:

Erster Abschnitt der Ärztlichen, Prüfung, wiederholte Rücktritte, krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit, Obliegenheit zur Vorlage eines amtsärztlichen Attests

Normenketten:
GG Art. 12 Abs. 1
ÄApprO § 18
Schlagworte:
Erster Abschnitt der Ärztlichen, Prüfung, wiederholte Rücktritte, krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit, Obliegenheit zur Vorlage eines amtsärztlichen Attests
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 16.01.2025 – M 27 K 23.3153
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22535

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Prüfungsbescheids vom 30. Mai 2023, mit dem festgestellt wird, dass sie den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung endgültig nicht bestanden hat, sowie die Gewährung je eines weiteren Wiederholungsversuchs des schriftlichen sowie des mündlich-praktischen Teils dieser Prüfung.
2
Die Klägerin, die seit dem Sommersemester 2014 im Studiengang Humanmedizin an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) studiert, hat am 10. und 11. März 2020 (Erstversuch) sowie am 18. und 19. August 2020 (erste Wiederholung) jeweils mit der Note „nicht ausreichend“ am schriftlichen Teil des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung teilgenommen. Am mündlich-praktischen Teil dieser Prüfung nahm sie am 27. Februar 2020 (Erstversuch) mit der Note „nicht ausreichend“ teil. Die Prüfung am 22. Februar 2021 (erste Wiederholung) brach sie ab. Dieser Prüfungsversuch wurde mit der Note „nicht ausreichend“ bewertet. Im Zeitraum August 2020 bis Juli 2022 trat sie von beiden Prüfungsteilen insgesamt acht Mal aus gesundheitlichen Gründen zurück. Zuletzt mit E-Mail vom 24. August 2022 betreffend ihre achte Rücktrittserklärung (mündlich-praktische Prüfung am 9.8.2022) informierte das Prüfungsamt zur Durchführung der Prüfungen nach der Approbationsordnung für Ärzte im Auftrag der Regierung von Oberbayern (Prüfungsamt) die Klägerin darüber, dass die Vorlage eines fachärztlichen Attests für die Genehmigung eines krankheitsbedingten Rücktritts nicht mehr ausreiche. Die Klägerin legte daraufhin ein amtsärztliches Attest vor, der Rücktritt wurde genehmigt.
3
Mit Schreiben des Prüfungsamts vom 1. Februar 2023 wurde die Klägerin zur zweiten Wiederholung des schriftlichen Prüfungsteils der o.g. Prüfung für die Prüfungstage 14. und 15. März 2023 sowie mit Schreiben vom 14. Februar 2023 zur zweiten Wiederholung des mündlich-praktischen Prüfungsteils für den 28. Februar 2023 geladen. Die Ladungen wurden der Klägerin jeweils per Einschreiben zugestellt. Mit E-Mail vom 20. Februar 2023 wurde die Klägerin – wie schon in der Vergangenheit – auf die verlinkten Prüfungshinweise M1 hingewiesen. Diese enthalten unter Nr. II detaillierte Ausführungen zum Verfahren im Fall eines Rücktritts von der Prüfung aus gesundheitlichen Gründen.
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Mit E-Mail vom 27. Februar 2023 erklärte die Klägerin den Rücktritt vom mündlich-praktischen Prüfungsteil am 28. Februar 2023 und teilte mit, dass das Prüfungsamt „die Gründe … in den kommenden Tagen per Post bekommen“ werde. Mit Schreiben vom 1. März 2023 legte sie einen Notfallbericht des Klinikums Harlaching – Klinik für Akut- und Notfallmedizin – vom 28. Februar 2023 vor, aus dem sich ergibt, dass sie sich an diesem Tag dort in der Notaufnahme wegen „Unterbauchschmerzen“ (Aktuelle Diagnosen: V.a. akute Appendizitis DD Ovarialzystenruptur rechts) in Behandlung befunden habe. Eine stationäre Aufnahme der Klägerin erfolgte ausweislich des Notfallberichts nicht.
5
Mit Schreiben vom 16. März 2023, beim Prüfungsamt auf dem Postweg am 22. März 2022 eingegangen, erklärte die Klägerin den Rücktritt vom schriftlichen Prüfungsteil (14. und 15. März 2023) und legte ein amtsärztliches Attest vom 15. März 2023 vor, das ihr für diesen Tag Prüfungsunfähigkeit aufgrund von Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall bescheinigt, jedoch explizit ausführt, zum Gesundheitszustand, der Leistungsfähigkeit und Prüfungsfähigkeit am 14. März 2023 könne retrospektiv keine Aussage erfolgen. Mit E-Mail vom 31. März 2023 teilte das Prüfungsamt der Klägerin mit, eine Genehmigung der Rücktritte werde wohl nicht möglich sein, da diese erneut auf Grund der anhaltenden dauerhaft bestehenden (gynäkologischen) Erkrankung erklärt worden seien. Zudem entspreche der Notfallbericht des Klinikums Harlaching vom 28. Februar 2023 nicht den vom Prüfungsamt formulierten Anforderungen an den Nachweis krankheitsbedingter Prüfungsunfähigkeit. Für den Prüfungstag 14. März 2023 habe sie keinen Nachweis der Prüfungsunfähigkeit vorgelegt. Die Klägerin erhielt Gelegenheit, bis 14. April 2023 ein amtsärztliches Attest nachzureichen. Obwohl ihr auf ihren Antrag hin diese Frist bis zum 5. Mai 2023 verlängert worden war, reichte die Klägerin weder bezüglich des Rücktritts von der für den 28. Februar 2023 anberaumten mündlich-praktischen Prüfung noch bezüglich des Prüfungstags 14. März 2023 ein amtsärztliches Attest nach. In ihrer E-Mail vom 13. April 2023 führte sie lediglich zu ihren schwierigen persönlichen und finanziellen Umständen aus.
6
Mit Bescheid vom 30. Mai 2023 lehnte das Prüfungsamt die Genehmigung der von der Klägerin am 27. Februar 2023 und am 16. März 2023 beantragten Rücktritte ab. Sowohl für den schriftlichen als auch für den mündlich-praktischen Teil des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung erhielt die Klägerin die Note „nicht ausreichend“. Es wurde festgestellt, dass die Klägerin damit den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung endgültig nicht bestanden hat.
7
Ihre hiergegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Urteil ab.
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Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Der Beklagte tritt dem entgegen.
9
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
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Die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.
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A. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
12
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
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1. Mit ihrem Zulassungsvorbringen wird die Klägerin zum Teil schon den Anforderungen aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht.
14
Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung darzulegen, muss sich die Klägerin substanziell mit der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzen. Sie muss erläutern, aus welchen Gründen sie sie für unrichtig hält, die tatsächlichen oder rechtlichen Feststellungen benennen, gegen die sie sich wendet, sowie die Gründe aufzeigen, aus denen diese aus ihrer Sicht ernstlichen Zweifeln unterliegen (vgl. Kuhlmann in Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 124a Rn. 46 m.w.N.). Zulassungsvorbringen, das lediglich erstinstanzliches Vorbringen wiederholt, genügt den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht. Soweit die Zulassungsbegründung auf den Seiten 8 und 9 (Kursivdruck) lediglich den Inhalt der Klagebegründung vom 30. Dezember 2024 wiedergibt, legt die Klägerin keine ernstlichen Richtigkeitszweifel dar.
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2. Auch das übrige Zulassungsvorbringen stellt die Richtigkeit des angegriffenen Urteils nicht ernstlich in Frage und zeigt keine Gesichtspunkte auf, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
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a) Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Genehmigung des am 27. Februar 2023 erklärten Rücktritts vom mündlich-praktischen Teil der Ersten Ärztlichen Prüfung hat, weil sie unter Verstoß gegen ihre Mitwirkungsobliegenheit lediglich einen Notfallbericht des Klinikums Harlaching vom 28. Februar 2023, nicht jedoch ein amtsärztliches Attest vorgelegt hat, sind nicht zu beanstanden.
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aa) Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 der Approbationsordnung für Ärzte vom 27. Juni 2002 – ÄApprO – (i.d. seit dem 27.6.2002 geltenden Fassung, BGBl I S. 2405, die der Vorgängerregelung v. 3.4.1979, BGBl I S. 425, entspricht) hat ein Prüfling, sofern er nach seiner Zulassung von einem Prüfungsabschnitt oder einem Prüfungsteil zurücktritt, die Gründe für seinen Rücktritt unverzüglich der nach Landesrecht zuständigen Stelle mitzuteilen. Genehmigt die nach Landesrecht zuständige Stelle den Rücktritt, so gilt der Prüfungsabschnitt oder der Prüfungsteil als nicht unternommen (§ 18 Abs. 1 Satz 2 ÄApprO). Die Genehmigung ist nur zu erteilen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 18 Abs. 1 Satz 3 ÄApprO). Wird die Genehmigung für den Rücktritt nicht erteilt oder unterlässt es der Prüfling, die Gründe für seinen Rücktritt unverzüglich mitzuteilen, so gilt der Prüfungsabschnitt oder Prüfungsteil als nicht bestanden (§ 18 Abs. 2 ÄApprO).
18
Die dem Prüfungsrechtsverhältnis innewohnende Obliegenheit, am Prüfungsverfahren mitzuwirken, umfasst neben dem Erfordernis der unverzüglichen Rücktrittserklärung und Geltendmachung des wichtigen Grunds weitere Anforderungen an den Prüfling. Hierzu gehört die in § 18 Abs. 1 Satz 4 ÄApprO ausdrücklich geregelte Obliegenheit, auf Verlangen der Prüfungsbehörde im Krankheitsfall eine ärztliche oder amtsärztliche Bescheinigung vorzulegen. Diese Obliegenheit hat ihren Rechtsgrund in dem auch im Prüfungsrechtsverhältnis geltenden Grundsatz von Treu und Glauben. Ihre Verletzung kann dazu führen, dass die Prüfungsbehörde das Vorliegen eines wichtigen Grunds ablehnt, weil dieser nicht erwiesen ist; denn hierfür trägt der Prüfling die materielle Beweislast (BVerwG, B.v. 26.6.2024 – 6 B 7.24 – juris Rn. 15; U.v. 22.10.1982 – 7 C 119.81 – juris Rn. 11 m.w.N.; vgl. BayVGH, U.v. 4.12.2023 – 7 B 22.2267 – juris Rn. 26).
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bb) Dies berücksichtigend hat es die Klägerin trotz der ihr vom Prüfungsamt zulässigerweise auferlegten Verpflichtung versäumt, einen wichtigen Grund i.S.v. § 18 Abs. 1 Satz 3 ÄApprO für den Rücktritt von der Prüfung am 28. Februar 2023 zeitnah durch ein amtsärztliches Attest nachzuweisen. Mit der Vorlage des Notfallberichts des Klinikums Harlaching – Klinik für Akut- und Notfallmedizin – vom 28. Februar 2023, aus dem sich ausdrücklich nur eine ambulante und keine stationäre Behandlung der Klägerin im Krankenhaus ergibt, genügte sie ihrer Mitwirkungspflicht nicht. Dies geht zu ihren Lasten.
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(1) Die Klägerin war in sämtlichen Ladungen zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung, so auch mit den Ladungen zu den hier streitgegenständlichen Prüfungen, auf die „Hinweise zum Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung – M1“ hingewiesen worden. Diesen ist ausdrücklich zu entnehmen, dass ab dem zweiten Rücktrittsgesuch aus gesundheitlichen Gründen grundsätzlich ein amtsärztliches Attest vorzulegen ist („Notwendigkeit der Vorlage eines amtsärztlichen Attests des zuständigen Gesundheitsamts“) und welche Anforderungen an den Inhalt eines solchen Attests gestellt werden („Mindestanforderungen an ein (amts)ärztliches Attest“). Ferner wird geregelt, dass wer am Prüfungstag stationär in einem Krankenhaus behandelt wird, unverzüglich eine entsprechende Bescheinigung des Krankenhauses vorlegen muss.
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Zudem enthielt der Bescheid vom 11. September 2020, mit dem das Prüfungsamt der Klägerin erstmalig einen krankheitsbedingten Prüfungsrücktritt gewährte, den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass zukünftig im Falle eines krankheitsbedingten Rücktritts neben der unverzüglichen Vorlage eines schriftlichen Rücktrittsgesuchs ein amtsärztliches Attest des zuständigen Gesundheitsamts vorzulegen ist, sowie einen erneuten ausdrücklichen Verweis auf das Hinweisblatt des Prüfungsamts. Die Klägerin hat bei vorangegangenen krankheitsbedingten Rücktritten wiederholt auch amtsärztliche Atteste vorgelegt. Ihr waren diese Anforderungen bekannt.
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(2) Die Prüfungsbehörde war vorliegend gemäß § 18 Abs. 1 Satz 4 ÄApprO befugt, zur Überprüfung der von der Klägerin geltend gemachten krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit die Vorlage eines amtsärztlichen Attests zu verlangen. Mit dieser der Klägerin verfahrensmäßig auferlegten Verpflichtung war kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG verbunden. Angesichts der Prüfungshistorie der Klägerin, die seit 2020 bereits acht Mal aus krankheitsbedingten Gründen von Prüfungen des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung zurückgetreten war, davon mehrmals aufgrund einer Erkrankung aus dem gynäkologischen Formenkreis, war die Prüfungsbehörde aus Gründen der Chancengleichheit sogar gehalten, der Klägerin aufzugeben, in Zukunft eine krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit, die wiederholt auf eine bereits bekannte gynäkologische Erkrankung gestützt war, von einem Amtsarzt begutachten zu lassen (vgl. BVerwG, B.v. 25.6.2024 – 6 B 7.24 – juris Rn. 20; BayVGH, U.v. 4.12.2023 – 7 B 22.2267 – juris Rn. 31). Für die Prüfungsbehörde drängte sich insoweit zu Recht die Frage auf, ob die geltend gemachten gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin nur vorübergehender Natur oder doch Symptome eines nicht berücksichtigungsfähigen Dauerleidens waren.
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(3) Mit der Vorlage des Notfallberichts des Klinikums Harlaching vom 28. Februar 2023 genügte die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht.
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Aufgrund der vom Prüfungsamt eindeutig und wiederholt formulierten Anforderungen sowie aufgrund ihrer Prüfungshistorie war es für die Klägerin offenkundig, dass sie eine erneute krankheitsbedingte Prüfungsunfähigkeit, die auf ihre bekannte gynäkologische Erkrankung zurückzuführen ist, mittels Vorlage eines amtsärztlichen Attests nachzuweisen hat. Zudem hat sie das Prüfungsamt mit E-Mail vom 31. März 2023 unter ausdrücklichem Verweis darauf, dass sie sich am 28. Februar 2023 nicht in stationärer Behandlung befunden habe, darauf hingewiesen, dass der eingereichte Notfallbericht nicht den Anforderungen an den Nachweis einer krankheitsbedingten Prüfungsunfähigkeit genügt und ihr Gelegenheit eingeräumt, bis 14. April 2023 (mit E-Mail vom 21.4.2023 verlängert bis 5.5.2023) ein qualifiziertes amtsärztliches Attest nachzureichen. Ein solches hat die Klägerin jedoch nicht vorgelegt.
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Entgegen der klägerischen Auffassung kann der Notfallbericht des Klinikums Harlaching die Vorlage eines amtsärztlichen Attests schon deshalb nicht „ersetzen“, weil sich die Klägerin am 28. Februar 2023 im Klinikum Harlaching nur ambulant behandeln ließ und gerade nicht stationär aufgenommen worden war. Die in den Hinweisen M1 formulierte Sonderregelung für eine stationäre Krankenhausbehandlung am Prüfungstag („Wer am Prüfungstag stationär in einem Krankenhaus behandelt wird, muss unverzüglich eine entsprechende Bescheinigung des Krankenhauses vorlegen“) greift daher vorliegend nicht.
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Die Klägerin hat in Kenntnis des Erfordernisses, ein amtsärztliches Attest vorlegen zu müssen, und trotz diesbezüglichen Hinweises des Prüfungsamts und der Gewährung einer großzügigen Frist zur nachträglichen Vorlage kein solches beigebracht. Damit ist sie ihrer Obliegenheit zur Mitwirkung im Prüfungsverfahren nicht nachgekommen. Gegen die Verweigerung der Prüfungsbehörde, den Rücktritt vom 28. Februar 2023 zu genehmigen, weil die Klägerin das Vorliegen eines wichtigen Grunds i.S.v. § 18 Abs. 1 Satz 3 ÄApprO nicht belegt hat, ist daher nichts zu erinnern. Erst wenn der Rücktrittsgrund nach den am Maßstab der Zumutbarkeit ausgelegten Verfahrensregeln im Rechtssinne unverzüglich mitgeteilt und belegt ist, kann sich die zuständige Prüfungsbehörde der Frage zuwenden, ob ein wichtiger Grund tatsächlich vorliegt und ein neuer Versuch zu gewähren ist (BVerwG, B.v. 24.6.2024 – 6 B 7.24 – juris LS 1).
27
b) Zudem hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass der Klägerin auch für den schriftlichen Prüfungsteil am 14. und 15. März 2023 kein Anspruch auf die Genehmigung eines Rücktritts zustand.
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Die mit Schreiben vom 16. März 2023 erfolgte Rücktrittserklärung der Klägerin war schon nicht unverzüglich i.S.v. § 18 Abs. 1 Satz 1 ÄApprO. „Unverzüglich“ in diesem Sinn bedeutet – wie sonst auch – „ohne schuldhaftes Zögern“ (§ 121 BGB). Die Klägerin gab gegenüber der sie am 15. März 2023 untersuchenden Amtsärztin an, bereits seit 12. März 2023 an Bauschmerzen zu leiden, am 14. März 2023 mit massiver Verschlechterung in Form von Erbrechen und Durchfall. Dass sie jedoch nicht in der Lage gewesen wäre, bereits vor dem 16. März 2023 gegenüber der Prüfungsbehörde den Prüfungsrücktritt zu erklären, ergibt sich weder aus den dem Senat vorliegenden Akten – auch das amtsärztliche Attest gibt hierfür keine objektiven Anhaltspunkte – noch trägt die Klägerin dies substantiiert vor. Spätestens am 15. März 2023, als sie sich amtsärztlich untersuchen ließ, wäre von ihr zumutbarer Weise zu erwarten gewesen, dass sie den Rücktritt gegenüber dem Prüfungsamt – wie auch in der Vergangenheit vorab per E-Mail – erklärt. Die Übermittlung der Rücktrittserklärung vom 16. März 2023 auf dem Postweg erfolgte jedenfalls nicht mehr unverzüglich, sondern stellt ein Verschulden gegen sich selbst dar.
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Zudem hat die Klägerin keinen Nachweis für das Vorliegen eines wichtigen Grunds i.S.v. § 18 Abs. 1 Satz 3 ÄApprO für den Prüfungstag 14. März 2023 vorgelegt. Als Beleg dafür, dass für den Rücktritt vom schriftlichen Prüfungsteil ein wichtiger Grund vorgelegen hat, legte die Klägerin ein amtsärztliches Attest vom 15. März 2023 vor, dem eine Untersuchung vom selben Tag zu Grunde liegt. Dieses attestiert ihr zwar Prüfungsunfähigkeit für den Prüfungstag 15. März 2023, führt jedoch ausdrücklich aus, dass „zum Gesundheitszustand, der Leistungsfähigkeit und Prüfungsfähigkeit am 14.03.2023 … retrospektiv keine Aussage erfolgen“ könne. Eine Ausdehnung der seitens der Amtsärztin für den 15. März 2023 festgestellten Prüfungsunfähigkeit auf den Vortag ist daher ausgeschlossen. Somit hat die Klägerin keinen Nachweis dafür erbracht, dass sie am Prüfungstag 14. März 2023 prüfungsunfähig war. Dies geht ebenfalls zu ihren Lasten. Von der ihr vom Prüfungsamt eingeräumten Möglichkeit, ein amtsärztliches Attest für den 14. März 2023 nachzureichen, hat die Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Eine Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung hat regelmäßig zur Folge, dass es für den Prüfungsabschnitt oder Prüfungsteil auch dann bei der Note „ungenügend“ bleibt, wenn objektiv ein wichtiger Grund für den Rücktritt vorgelegen hat (vgl. für den Fall der Säumnis BVerwG, B.v. 24.6.2024 – 6 B 7.24 – juris LS 1).
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(c) Die Klägerin hat den schriftlichen sowie den mündlich-praktischen Teil des Ersten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung jeweils zweimal erfolglos wiederholt. Sie hat daher in keinem der beiden Prüfungsteile einen Anspruch auf Gewährung eines weiteren Wiederholungsversuchs, § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 ÄApprO. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Prüfungsbehörde sowohl den schriftlichen als auch den mündlich-praktischen Teil gemäß § 18 Abs. 2 ÄApprO als nicht bestanden bewertet hat. Dies führt gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 ÄApprO dazu, dass die Klägerin den Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung endgültig nicht bestanden hat.
31
B. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen.
32
Das Zulassungsvorbringen wird den aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO folgenden Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels nicht im Ansatz gerecht, weil es u.a. schon „dahinstehen“ lässt, ob sich die Klägerin tatsächlich auf diesen Zulassungsgrund beruft.
33
Zudem liegt kein Verfahrensmangel vor. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung am 16. Januar 2025 hat das Verwaltungsgericht nach Eröffnung der mündlichen Verhandlung um 11:00 Uhr festgestellt, dass für die Klägerin niemand erschienen ist und ihr Prozessbevollmächtigter ordnungsgemäß geladen war. Es hat zudem protokolliert, dass auch um 11:15 Uhr der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht erschienen war und dieser das Gericht weder telefonisch noch in anderer Weise über sein Verbleiben unterrichtet hat. Nach Verkündung des Urteils wurde die Sitzung um 11:25 Uhr geschlossen.
34
Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Insbesondere hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, die im Zulassungsverfahren vortragen lässt, das Verwaltungsgericht habe über den Rechtsstreit entschieden, obwohl ihr Prozessbevollmächtigter aufgrund einer „schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigung den Weg zum Gericht unterbrechen und einen Arzt aufsuchen“ habe müssen, schon nicht selbst vorgebracht, das Gericht bereits vor Verkündung des Urteils über seine unverschuldete Nichtteilnahme an der mündlichen Verhandlung informiert zu haben. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Gericht zwar mittels E-Mail, die noch am Tag der mündlichen Verhandlung, jedoch zeitlich der Urteilsverkündung nachfolgend eingegangen war, über seine krankheitsbedingte Abwesenheit informiert. Im Zeitpunkt der Verkündung des Urteils, dies ergibt sich aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung, hatte die Kammer jedoch keine Information über den Verbleib des Prozessbevollmächtigten.
35
Ein Zuwarten des Gerichts von 15 Minuten war vorliegend zur Wahrung der prozessualen Fürsorgepflicht ausreichend (vgl. BVerwG, U. 11.4.1989 – 9 C 55.88 – juris Rn. 10; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 103 Rn. 9). Anhaltspunkte dafür, dass ein längeres Zuwarten erforderlich gewesen wäre, bestanden nicht. Weder lag dem Gericht vorab ein Hinweis vor, dass der Prozessbevollmächtigte den Termin wahrnehmen werde, noch hatte dieser im Vorfeld eine mögliche Verspätung angezeigt. Auch eine Information des Gerichts, dass bei der Anreise zum Termin ein Umstand eingetreten sei, der das rechtzeitige Erscheinen des Prozessbevollmächtigten zur Verhandlung unmöglich machte, lag nicht vor.
36
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 36.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs (2013) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
37
Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).