Titel:
Gewerbesteuer, Haftung des Geschäftsführers, Verletzung der Buchführungspflicht auf Schätzung beruhender Gewerbesteuermessbescheid, Indizwirkung des Pflichtverstoßes bei Annahme grober Fahrlässigkeit
Normenketten:
AO § 34 Abs. 1 S. 1
AO § 69 S. 1
AO § 149
AO § 150
AO § 162
AO § 191 Abs. 1 S. 1 Alt. 1
GmbHG § 41
Schlagworte:
Gewerbesteuer, Haftung des Geschäftsführers, Verletzung der Buchführungspflicht auf Schätzung beruhender Gewerbesteuermessbescheid, Indizwirkung des Pflichtverstoßes bei Annahme grober Fahrlässigkeit
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 26.02.2025 – M 28 S 25.443
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22532
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.455,75 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich im Eilverfahren gegen einen an ihn persönlich ergangenen Haftungsbescheid der Antragsgegnerin, mit dem er für Gewerbesteuern der P. P. Gaststättenbetriebe GmbH (im Folgenden: GmbH) in Anspruch genommen wurde, deren alleiniger Geschäftsführer er seit dem 3. Dezember 1998 war. Der Betrieb wurde zum 31. Dezember 2019 aufgegeben.
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Ausweislich des Berichts des Finanzamts vom 8. August 2022 über die Betriebsprüfung für die Zeiträume 2013 bis 2015 wies die Buchführung der GmbH Mängel auf (Bl. 49 der Behördenakte). Für den gesamten Prüfungszeitraum fehlten elektronische Kassendaten. Kritisiert wurde außerdem die fehlende Grundprogrammierung der Kasse sowie das Fehlen von Änderungsprotokollen, Bedienerberichten und Kassenschnitten. Mit dem Antragsteller wurde daraufhin vereinbart, dass für die Jahre 2013 bis 2015 jeweils Sicherheitszuschläge in Höhe von 120.000 Euro berücksichtigt werden sollten (Bl. 48 der Behördenakte). Diese Feststellungen wirkten sich wegen geringerer Verlustvorträge auch ertragserhöhend auf die Gewerbesteuer für das Ertragsjahr 2017 aus.
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In der Folge ergingen zunächst geänderte Gewerbesteuermessbescheide des Finanzamts M. vom 4. November 2022 und sodann zwei Gewerbesteuerbescheide der Antragsgegnerin vom 5. Dezember 2022 (im Haftungsbescheid teilweise falsch als Bescheide vom 18.11.2024 bezeichnet), mit denen für die Jahre 2013 und 2017 (erstmals) Gewerbesteuern in Höhe von 10.784,90 Euro bzw. 15.038,10 Euro festgesetzt wurden. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
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Auf Antrag vom 29. Dezember 2022 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 7. August 2023 über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.
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Mit Bescheid vom 11. Juli 2024 nahm die Antragsgegnerin den Antragsteller als Haftungsschuldner für Gewerbesteuern der GmbH in Höhe von insgesamt 25.823,00 Euro in Anspruch.
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Seinen am 22. Januar 2025 gestellten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des dagegen erhobenen Widerspruchs lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. Februar 2025 ab. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids der Antragsgegnerin. Durch Haftungsbescheid könne in Anspruch genommen werden, wer wie der Antragsteller als Geschäftsführer kraft Gesetzes für eine Steuer hafte. Zu den steuerlichen Pflichten des gesetzlichen Vertreters gehöre die Abgabe korrekter Steuererklärungen für die juristische Person. Die Angaben in den Steuererklärungen seien wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen. Diese Pflicht habe der Antragsteller für die Steuerschuldnerin für die Veranlagungsjahre 2013 bis 2017 nicht erfüllt. Die Steuerschuldnerin habe nach Aktenlage in den Veranlagungsjahren 2013 bis 2017 erheblich höhere Gewinne aus Gewerbebetrieb erzielt als in den Gewerbesteuererklärungen für diese Veranlagungsjahre angegeben. Die im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellten Mängel bei der Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle begründeten zwar für sich genommen keine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 69 AO. Nicht ordnungsmäßige Kassenaufzeichnungen könnten aber nach den Umständen des Einzelfalls den Schluss zulassen, dass nicht alle Bareinnahmen verbucht worden seien. Wenn im Rahmen einer Außenprüfung erhebliche Kassenfehlbeträge festgestellt würden, berechtige allein das schon dazu, die Buchführung zu verwerfen. Kassenfehlbeträge könnten Anlass geben, die baren Betriebseinnahmen zu schätzen. Der Antragsteller habe in Bezug auf die Abgabe falscher Steuererklärungen jedenfalls grob fahrlässig gehandelt. Für die Kammer bestehe kein Zweifel daran, dass sich ihm bei Abgabe der Steuererklärungen im überprüften Zeitraum aufgedrängt haben müsse, dass mangels ordnungsgemäßer Aufzeichnung aller Geschäftsvorgänge jedenfalls nicht die vollen Gewinne erklärt worden seien. Diese Pflichtverletzungen seien auch kausal für Steuerausfälle der Antragsgegnerin. Es werde grundsätzlich bis zu einer Insolvenzantragstellung vermutet, dass ausreichend Mittel vorhanden gewesen seien. Die Steuerschuldnerin sei zwar im Zeitpunkt der Fälligkeit der aufgrund der Betriebsprüfung festgesetzten Steuer, d.h. am 9. Januar 2023 und damit nach Stellung des Eigen-Insolvenzantrags, bereits zahlungsunfähig gewesen, nicht aber zu den Zeitpunkten der fiktiven Fälligkeit bei rechtzeitiger Abgabe ordnungsgemäßer Steuererklärungen am 16. April 2015 und 29. Mai 2019. Bei Verletzung der Steuererklärungspflicht beginne der Haftungszeitraum mit der fiktiven Fälligkeit des Steueranspruchs, d. h. in dem Zeitpunkt, in dem die Steuer bei korrekter Abgabe der Steuererklärung fällig geworden wäre. Zum Jahresende 2019 habe die Steuerschuldnerin laut Gutachten noch einen Jahresüberschuss von 378.511,38 Euro gehabt. Die Pflichtverletzung sei für die streitgegenständliche Haftungssumme auch der Höhe nach ursächlich. Der Antragsteller habe die Steuerfestsetzung vom 5. Dezember 2022 bestandskräftig werden lassen und müsse sie daher als Haftungsschuldner gegen sich gelten lassen. Nach Aktenlage sei auch davon auszugehen, dass der Antragsteller selbst die Hinzuschätzungen aufgrund unzureichender Buchhaltungsgrundlagen als nicht unrealistisch angesehen und sich deshalb auf die vereinbarten, so benannten „Sicherheitszuschläge“ eingelassen habe.
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Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde. Er beantragt sinngemäß,
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unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 26. Februar 2025 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 2. August 2024 gegen den Haftungsbescheid vom 11. Juli 2024 anzuordnen.
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Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er habe als Geschäftsführer keine falschen Steuererklärungen abgegeben. Eine Verletzung von Erklärungspflichten nach § 150 Abs. 2 AO sei dem Betriebsprüfungsbericht nicht zu entnehmen; weder die Staatsanwaltschaft noch das Finanzamt hätten aus dem Bericht entsprechende Schlüsse gezogen. Die Buchführung der GmbH habe den jeweiligen Vorgaben der Veranlagungszeiträume entsprochen, jedoch sei das Kassensystem technisch nicht auf dem neuesten Stand gewesen. Die Kassensicherungsverordnung habe erst zum 1. Januar 2020 elektronische Aufzeichnungssysteme vorgeschrieben. Daher sei dem Antragsteller auch keine grob fahrlässige oder vorsätzliche Verletzung einer Aufzeichnungsverpflichtung nach § 239 Abs. 2 HGB und § 146 Abs. 1 AO vorzuwerfen. Der Abschlag über 120.000 Euro sei gerade deswegen vereinbart worden, weil zwar eine korrekte, aber nicht mehr auf dem technisch neuesten Stand befindliche Buchhaltung vorgelegen habe. Die Zahlungsunfähigkeit der GmbH sei erst durch die Festsetzung der Steuern im Anschluss an die Betriebsprüfung entstanden. Dem Antragsteller nun vorzuwerfen, dass er einen rechtzeitigen Insolvenzantrag gestellt habe, der dazu führe, dass die Steuerverbindlichkeiten nicht mehr getilgt werden könnten, widerspreche der Gesetzeslogik. Auch habe der Antragsteller einer Verwertung und Weitergabe der Daten aus dem Betriebsprüfungsbericht gem. § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO nicht zugestimmt und werde dieser auch nicht zustimmen.
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Die Antragsgegnerin tritt dem Antrag entgegen. Im Rahmen der durchgeführten Außenprüfung seien wesentliche formelle Mängel der Buchführungspflichten festgestellt worden; die Buchführung sei vor allem nicht vollständig und richtig gewesen. Auch etwaige Aufzeichnungen auf Papier hätten diesen Grundsätzen zu genügen.
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Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die Behördenakte Bezug genommen.
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1. Die zulässige Beschwerde, die vom Senat nur anhand der dargelegten Gründe überprüft wird (§ 146 Abs. 4 Sätze 6 und 1 VwGO), ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des gegen den Haftungsbescheid erhobenen Widerspruchs zu Recht abgelehnt, da bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids der Antragsgegnerin bestehen. Der Senat verweist insoweit auf die Begründung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses, der er sich gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO anschließt. Ergänzend führt der Senat unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens noch Folgendes aus:
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a) Gemäß § 191 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AO kann, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet, durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden. Gemäß § 69 S. 1 AO, § 34 Abs. 1 S. 1 AO i.V.m. § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG haftet der Geschäftsführer einer GmbH, soweit deren Verbindlichkeiten aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Diese Voraussetzungen sind im Falle des Antragstellers erfüllt.
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aa) Als Geschäftsführer der GmbH hatte der Antragsteller gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG u.a. die (steuerrechtliche) Pflicht, die Steuererklärungen gemäß §§ 149, 150 AO vollständig, richtig und rechtzeitig abzugeben (vgl. BFH, B.v. 15.11.2022 – VII R 23/19 – BFH/NV 2023, 692 Rn. 30). Er hat gegen die steuerrechtlichen Pflichten aus §§ 149, 150 AO verstoßen, weil er die Erträge der GmbH in den abgegebenen Steuererklärungen der Jahre 2013 bis 2015 zu niedrig angegeben hat.
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(1) Geht man von einer Bindungswirkung der bestandskräftigen Gewerbesteuerbescheide der Jahre 2013 und 2017 gegenüber einem Vertreter nach § 166 AO auch hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen aus (vgl. zum Meinungsstand Rosenke in BeckOK AO, Stand: 1.4.2005, § 166 Rn. 95), ergibt sich die Unrichtigkeit der übermittelten Steuererklärungen bereits unmittelbar aus den geänderten Gewerbesteuerbescheiden vom 5. Dezember 2022. Verneint man eine solche Bindungswirkung, ergibt sich die Unrichtigkeit der Steuererklärungen jedenfalls aus den in der Sache nicht zu beanstandenden Hinzuschätzungen auf der Grundlage von § 162 AO. Legt man diese auf einer Vereinbarung mit dem Antragsteller beruhenden Hinzuschätzungen zugrunde, so steht damit gleichzeitig fest, dass die hinsichtlich der erklärten Einnahmen dahinter zurückbleibenden Steuererklärungen inhaltlich unrichtig waren. Die vom Antragsteller erhobene Rüge, die „Verletzung von Erklärungspflichten nach § 150 Abs. 2 AO“ sei dem Betriebsprüfungsbericht nicht zu entnehmen gewesen, kann der Senat daher nicht nachvollziehen, sofern damit die sachliche Unrichtigkeit der abgegebenen Steuererklärungen bestritten werden soll.
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(2) Fehler bei der Anwendung des § 162 AO sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen insbesondere dann zu schätzen, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag. Formelle Buchführungsmängel – für die der Antragsteller als Geschäftsführer gem. § 41 GmbHG ebenfalls verantwortlich ist – berechtigen zur Schätzung, soweit sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln und nicht nur unwesentlicher Art sind (grundlegend BFH, U.v. 17.11.1981 – VIII R 174/77 – BFHE 135, 11 = juris Rn. 15).
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Diese Voraussetzungen waren nach den Darstellungen der Antragsgegnerin im streitgegenständlichen Bescheid erfüllt. Im Betriebsprüfungsbericht vom 8. August 2022 wurde für die Zeiträume 2013 bis 2015 u.a. bemängelt, im gesamten Prüfungszeitraum hätten elektronische Kassendaten und Kassenschnitte gefehlt. Der Antragsteller hat daher gegen seine steuerrechtliche Verpflichtung verstoßen, Buchungen „vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet (vgl. § 146 Abs. 1 Satz 1 AO) vorzunehmen. Auch insoweit kann der Senat die Behauptung in der Beschwerdeschrift nicht nachvollziehen, es habe eine „korrekte, aber nicht mehr auf dem technisch neuesten Stand befindliche Buchhaltung“ vorgelegen. In der Sache setzt der Antragssteller in seiner Beschwerdeschrift dem Vorhalt nur entgegen, es habe zu dem Zeitpunkt noch keine Pflicht zur Nutzung elektronischer Aufzeichnungssysteme gem. § 146a AO gegeben. Dieser Einwand würde dem Antragsteller indes nur zum Erfolg verhelfen, wenn er die fehlenden elektronischen Aufzeichnungen durch die Vorlage papiergebundener Belege ersetzt hätte. Solche Unterlagen hat der Antragsteller aber ausweislich der Behördenakte für die betreffenden Steuerjahre nicht vorgelegt. Auch der Höhe nach hat er ersichtlich keine Einwände gegen die vom Finanzamt vorgenommenen Hinzuschätzungen vorgebracht, sondern diese als einvernehmlich bezeichnet (vgl. Beschwerdeschrift S. 2: „vereinbart“).
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(3) Irrelevant ist schließlich, dass der Antragsteller die Zustimmung zur Weitergabe der Ergebnisse der Betriebsprüfung verweigert (hat), die von der Antragsgegnerin für ihren Haftungsbescheid herangezogen wurden. Gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 a) AO ist die Offenbarung steuerlicher Daten zulässig, wenn diese der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens in Steuersachen dient. Verneint man eine Bindungswirkung der Gewerbesteuerbescheide, war die Offenbarung dieser Daten für die Prüfung des Erlasses eines Haftungsbescheids erforderlich und nach § 21 Abs. 3 FVG sogar geboten (vgl. BFH, U.v. 23.1.2020 – III R 9/18 – BFHE 268, 112 = juris Rn. 31).
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bb) Entgegen der in der Beschwerdeschrift geäußerten Ansicht erfolgte der steuerrechtliche Pflichtenverstoß auch (zumindest) grob fahrlässig (§ 69 Satz 1 AO). Der Senat teilt die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller habe die Sorgfalt, zu der er als langjähriger alleiniger Geschäftsführer nach den Umständen und seinen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten verpflichtet und imstande ist, in ungewöhnlich hohem Maße verletzt (vgl. zu diesem Maßstab BFH, U.v. 28.6.2005 – I R 2/04 – juris Rn. 10). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs indiziert der objektive Verstoß eines Vertreters gegen steuerrechtliche Pflichten regelmäßig den für eine Haftung nach § 69 AO erforderlichen, gesteigerten Schuldvorwurf in Form grober Fahrlässigkeit (vgl. BFH, U.v. 20.2.2024 – VII R 16/21 – DStR 2024, 1870 Rn. 53 m.w.N.); gegenteilige Anhaltspunkte sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Entgegen den Ausführungen des Prozessbevollmächtigten steht das Fehlen strafrechtlicher Ermittlungen der Annahme einer groben Fahrlässigkeit ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass dem Antragsteller nach eigener Darstellung kein Verstoß gegen insolvenzrechtliche Verpflichtungen vorzuwerfen ist.
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cc) Die Pflichtverletzung war auch kausal für die eingetretenen Steuerausfälle. Die Kausalität könnte zwar zu verneinen sein, wenn die Steuernachforderungen schon zu den Zeitpunkten ihrer fiktiven Fälligkeit (16.4.2015 und 29.5.2019) wegen einer bereits damals bestehenden Zahlungsunfähigkeit der GmbH nicht hätten durchgesetzt werden können. Nach dem im Insolvenzverfahren erstellten Gutachten (Bl. 10-21 der Behördenakte) erwirtschaftete die GmbH aber im Jahr 2019 noch einen Jahresüberschuss von rund 380.000 Euro. Wären die Forderungen schon damals geltend gemacht worden, so ist daher anzunehmen, dass die GmbH sie noch hätte begleichen können. Für die Annahme eines haftungsbegründenden ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Verletzung der Steuererklärungspflicht und dem eingetretenen Steuerausfall reicht es bereits aus, wenn die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der fiktiven Fälligkeit noch eine aussichtsreiche Vollstreckungsmöglichkeit besessen hätte (vgl. BFH, U.v. 25.4.1995 – VII R 99-100/94 – juris Rn. 32 m.w.N.)
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2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beträgt der Streitwert in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO ein Viertel des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts (Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).