Inhalt

VGH München, Beschluss v. 14.08.2025 – 22 ZB 24.938
Titel:

Stilllegung von Anlagen zur Behandlung und Lagerung von Abfällen - hier: Qualifizierung von Bau- und Abbruchmaterial sowie von pflanzlichen Materialien und Erdaushub als Abfall

Normenketten:
VwGO § 86, § 108 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 4, Nr. 5, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
BImSchG § 18 Abs. 1 Nr. 2, § 20 Abs. 2 S. 1
KrWG § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 10, Nr. 11, § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 1
4. BImSchV Nr. 8.11.2.4
Leitsätze:
1. Bei Bau- und Abbruchabfällen ist ein Wegfall oder eine Aufgabe der ursprünglichen Zweckbestimmung und damit der Wille zur Entledigung iSd § 3 Abs. 1 KrWG jedenfalls insoweit anzunehmen, als diese zunächst einer weiteren (Zwischen-)Behandlung durch das Brechen oder Sieben bedürfen. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine nach BImSchG genehmigungspflichtige und formell illegal errichtete Anlage, in der Abfälle gelagert werden, soll nach § 20 Abs. 2 S. 1 BImSchG auch dann stillgelegt werden, wenn sie (auch) zur Lagerung von Stoffen dient, die keine Abfälle darstellen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dass aus betriebstechnischer Sicht eine Teilstilllegung, bei der Stoffe, die keine Abfalleigenschaft aufweisen, ausgenommen werden, in Betracht kommt, ist im Zulassungsverfahren darzulegen. (Rn. 20 und 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Wiederverwendung eines Stoffes oder Gegenstands ohne vorherige Verarbeitung wird vom EuGH als maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Frage angesehen, ob es sich um Abfall im Sinne der RL 2008/98 handelt oder nicht. Ist die Wiederverwendung danach nicht nur möglich, sondern für den Besitzer auch wirtschaftlich vorteilhaft, so ist die Wahrscheinlichkeit einer solchen Wiederverwendung hoch und der betreffende Stoff oder Gegenstand kann nicht mehr als Last betrachtet werden, deren sich der Besitzer zu entledigen sucht, sondern hat als echtes Erzeugnis zu gelten (Folgend EuGH BeckRS 2022, 31784). (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Stilllegungsanordnung für Anlagen zur Lagerung und Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen, Abfallbegriff, Bauschutt als Abfall, Erdaushub als Abfall, Erlöschen einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, Stilllegungsanordnung, Abfall, Bauschutt, Erdaushub, Entsorgungsfachbetrieb, Wiederverwendung, Erlöschen, Brecheranlage, pflanzliche Materialien, Entledigungsabsicht
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 19.03.2024 – W 4 K 22.796
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22525

Tenor

I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 19. März 2024 – W 4 K 22.796 – wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 60.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin verfolgt mit ihrem Zulassungsantrag ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 2. Mai 2022 weiter, mit dem die Stilllegung von Anlagen zur sonstigen Behandlung von Abfällen in Form von Bau- und Abbruchabfällen, zur (zeitweiligen) Lagerung von Abfällen, zur sonstigen Behandlung von Abfällen in Form von Erdaushub und pflanzlichen Abfällen sowie zum Brechen von natürlichem und künstlichem Gestein auf dem klägerischen Betriebsgelände angeordnet wurde.
2
Die Klägerin betreibt einen Entsorgungsfachbetrieb. Sie unterhält auf den Grundstücken FlNr. … bis … der Gemarkung R* … – einem ehemaligen Steinbruchgelände – mehrere Lagerplätze. Gegenüber dem Landratsamt führte sie auf Nachfrage mit E-Mail vom 18. März 2022 u.a. aus, dass sich dort momentan eine Klassieranlage „zum Sieben von Grüngut und Boden vor Ort“ befinde. Zudem sei zuletzt Grüngut durch einen angemieteten Schredder aufbereitet worden. Auch der firmeneigene Brecher sei vor Ort eingesetzt worden, um Ziegel (Abfallschlüssel Nr. 170102) sowie Gemische aus Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik (Abfallschlüssel Nr. 170107, mit Ausnahme der Materialien, die unter Nr. 170506 fallen) zu brechen; als Gesamtmengen gab sie an: im Jahr 2019 800 t, im Jahr 2020 500 t und im Jahr 2021 1.700 t. Derzeit würden auf den betreffenden Grundstücken insgesamt „ca.8.000 t Boden und Steine“ (Abfallschlüssel Nr. 170504, mit Ausnahme der Materialien, die unter Nr. 170503 fallen) sowie „ca.5.000 t Grüngut“ (Abfallschlüssel Nr. 200201) zwischengelagert.
3
Nach einer gemeinsamen Begehung des Betriebsgeländes durch den Geschäftsführer der Klägerin mit Behördenvertretern, bei der auf dem Gelände eine Vielzahl an Haufwerken vorgefunden wurde, die vorwiegend aus Bodenaushub und Steinen, gemischten Bau- und Abbruchabfällen, Ziegeln sowie aus größeren Mengen an Grüngut und Wurzelstöcken bestanden, wurde eine Stilllegung der Anlagen mündlich angeordnet. Diese wurde mit Bescheid vom 2. Mai 2022 bestätigt.
4
Das Verwaltungsgericht Regensburg hat die gegen die Stilllegungsanordnung erhobene Klage mit Urteil vom 19. März 2024 abgewiesen.
5
Mit ihrem fristgerecht eingegangenen und begründeten Antrag auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, den Zulassungsgrund der Divergenz sowie Verfahrensfehler geltend.
6
Der Beklagte ist dem Antrag auf Zulassung der Berufung entgegengetreten.
7
Ergänzend wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
8
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, weil sich aus den Darlegungen in der Antragsbegründung der Klägerin, auf deren Überprüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), nicht ergibt, dass die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gegeben sind.
9
1. Die Klägerin macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend, die jedoch nicht vorliegen bzw. nicht hinreichend dargelegt sind.
10
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer erstinstanzlichen Entscheidung bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit der Entscheidung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 – juris Rn. 15; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4/03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 62 f.).
11
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Das Verwaltungsgericht hat dargelegt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG – auf den die Stilllegungsanordnung gestützt wurde – vorliegen, weil die Klägerin Anlagen ohne Genehmigung betrieben hat. Dagegen wendet sich die Klägerin im Zulassungsverfahren insoweit, als sie die Abfalleigenschaft der gelagerten Materialien und damit die Genehmigungsbedürftigkeit der Anlagen teilweise in Zweifel zieht, sich auf bestehende Genehmigungen beruft und eine weitergehende Differenzierung fordert. Dieses Vorbringen rechtfertigt jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
12
1.1 Das Verwaltungsgericht ist – ebenso wie das Landratsamt bei Erlass der Stilllegungsanordnung – nachvollziehbar davon ausgegangen, dass es sich jeweils um einzelne Anlagen zur Lagerung und Behandlung von Abfällen handelt, die auf den zusammenhängenden Grundstücken FlNr. … bis …, Gemarkung R* … betrieben wurden. Die Voraussetzungen für eine gemeinsame Anlage gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 der 4. BImSchV – ein zwingender betrieblicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Anlagen und eine Verbindung mit gemeinsamen Betriebseinrichtungen – hat es verneint. Vielmehr wurde – entsprechend dem Stilllegungsbescheid – zwischen der Anlage zur sonstigen Behandlung von Abfällen in Form von Bau- und Abbruchabfällen (Nr. 1 Buchst. a) des Bescheids vom 2.5.2022, dazu unter 1.2), der Anlage zur (zeitweiligen) Lagerung von Abfall (Nr. 1 Buchst. b) des Bescheids vom 2.5.2022, dazu unter 1.3), der Anlage zur sonstigen Behandlung von Abfällen in Form von Erdaushub und pflanzlichen Abfällen (Nr. 1 Buchst. c) des Bescheids vom 2.5.2022, dazu unter 1.4) und der Anlage zum Brechen von natürlichem und künstlichem Gestein (Nr. 1 Buchst. d) des Bescheids vom 2.5.2022, dazu unter 1.5) unterschieden. Es hat im Einzelnen begründet, woraus die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht jeweils resultiert und dargelegt, dass keine Genehmigung bestand.
13
Die in der Zulassungsbegründung geübte Kritik, im Urteil sei nicht hinreichend zwischen den Anlagen differenziert worden, greift nicht durch. Die Klägerin trägt vor, die erforderliche Unterscheidung sei im Urteil aufgegeben und nicht fortgesetzt worden, legt aber nicht dar, aus welchen Gründen eine weitergehende Differenzierung notwendig gewesen sein soll. Das Verwaltungsgericht hat in den Entscheidungsgründen in Bezug auf die Genehmigungspflicht zwischen den verschiedenen Anlagen hinreichend differenziert. Soweit es bei der Prüfung der Genehmigungssituation und der Feststellung, dass es an den erforderlichen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen fehlt, nicht mehr zwischen den Anlagen unterschieden hat, ist dies unschädlich. Nachdem für keine der Einzelanlagen eine Genehmigung bestand, bedarf es keiner Unterscheidung.
14
1.2 Die Stilllegungsanordnung für die Anlage zur sonstigen Behandlung von Abfällen in Form von Bau- und Abbruchabfällen (Nr. 1 Buchst. a) des Bescheids vom 2.5.2022, UA S. 10) begegnet keinen Bedenken, weder im Hinblick auf die Genehmigungsbedürftigkeit der Anlage (dazu unter 1.2.1) noch im Hinblick darauf, dass die erforderliche Genehmigung nicht vorlag (dazu unter 1.2.2).
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1.2.1 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht für eine derartige Anlage hat das Verwaltungsgericht auf Nr. 8.11.2.4 des Anhangs 1 der 4. BImSchV gestützt. Danach seien Anlagen zur Behandlung nicht gefährlicher Abfälle, soweit diese nicht durch die Nr. 8.11.2.3 erfasst seien (was hier nicht der Fall sei), von 10 Tonnen oder mehr je Tag genehmigungsbedürftig. Bei den behandelten Materialien – Bau- und Abbruchabfällen – sei zur Überzeugung des Gerichts die Abfalleigenschaft i.S.d. Anhangs 1 der 4. BImSchV erfüllt. In den Vorbemerkungen zum Anhang 1 der 4. BImSchV werde ausgeführt, dass der in den Anlagenbeschreibungen unter den Nr. 8.2 bis 8.15 verwendete Begriff „Abfall“ ausschließlich Abfälle betreffe, auf die die Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes Anwendung fänden. Der Geltungsbereich des § 2 Abs. 1 KrWG sei hier eröffnet, ein Fall des § 2 Abs. 2 KrWG liege nicht vor. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG seien Abfälle alle Stoffe oder Gegenstände, derer sich ihr Besitzer entledige, entledigen wolle oder entledigen müsse. Bei der Feststellung der Entledigungsabsicht komme es auf die Sicht des jeweiligen Bauherrn und nicht auf den wirtschaftlichen Wert der Materialien oder die Verwendungsabsicht der Klägerin an. Die Bauherren, von denen die auf der Betriebsstätte behandelten Bau- und Abbruchmaterialien stammten, hätten sich dieses Materials entledigen wollen. Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG sei der Wille zur Entledigung i.S.d. § 3 Abs. 1 KrWG hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen, deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfalle oder aufgegeben werde, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle trete. Dies sei bei Bau- und Abbruchabfällen jedenfalls insoweit der Fall, als diese – wie hier – zunächst einer weiteren (Zwischen-)Behandlung durch das Brechen oder Sieben bedürften.
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Die Klägerin beruft sich in Bezug auf die Abfalleigenschaft dieser Materialien lediglich darauf, dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung die Darlegungslast bei der Verwaltungsbehörde liege und dass in den Urteilsgründen nur pauschal – unter Berufung auf den Entledigungswillen der Bauherren – behauptet worden sei, es handle sich um Abfall i.S.d. KrWG. Sie führt dazu aus, dies hätte einer (weiteren) gerichtlichen Überprüfung bedurft. Wenn die Bauherren eine konkrete Wiederverwendungsabsicht für das „Recyclingmaterial“ gehabt hätten, sei es unschädlich, wenn noch ein Behandlungsschritt wie ein Brechen auf eine bestimmte Korngröße vor der Wiederverwendung stattfinde. Vielmehr sei in einem solchen Fall die Abfalleigenschaft nicht gegeben.
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Damit legt die Klägerin allerdings keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung dar. Vielmehr ist die Qualifizierung des Bau- und Abbruchmaterials als Abfall im Sinn der genannten Vorschriften vor dem Hintergrund der zahlreichen Hinweise in den Behördenakten nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Das Verwaltungsgericht hat seine Überzeugung schlüssig begründet. Demgegenüber fehlt es in der Zulassungsbegründung an einer Darlegung dazu, dass die Voraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Halbs. 2 KrWG bei den Besitzern der hier streitgegenständlichen Materialien vorgelegen haben könnten. Dies wäre nur dann der Fall, wenn nach Wegfall bzw. Aufgabe der ursprünglichen Zweckbestimmung ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle getreten wäre (vgl. zum Unmittelbarkeitskriterium Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Januar 2025, § 3 KrWG Rn. 50 m.w.N.). Diesbezüglich beschränkt sich die Klägerin aber darauf, eine nähere Prüfung zu fordern, ohne Anhaltspunkte dafür darzulegen, welche Umstände unmittelbar zum Entfallen der Abfalleigenschaft hätten führen sollen. Ebenso fehlt es an einer Auseinandersetzung mit dem in den Behördenakten und in der Akte des Verwaltungsgerichts befindlichen Bildmaterial sowie mit den dort vorhandenen (nach Bescheiderlass erstellten) Gutachten, die für eine Einordnung der Materialien als Bau- und Abbruchabfälle sprechen.
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1.2.2 Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass keine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Behandlung von Bau- und Abbruchabfällen bestand.
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1.2.2.1 Dazu hat es ausgeführt, dass die Genehmigung vom 9. Mai 2001 (ausweislich ihrer Nr. 3.4.3) auf die Verarbeitung und Lagerung von Tonziegeln beschränkt gewesen und in der Folgezeit auch nicht erweitert worden sei. Die Klägerbevollmächtigten hätten jedoch eingeräumt, seit mehreren Jahren nicht nur (Ton-)Ziegel, sondern auch andere Materialien, wie Gemische aus Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik, vor Ort zu brechen.
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Der Einwand der Klägerin in der Zulassungsbegründung, es habe „für das Betriebsgelände“ eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung vorgelegen, greift nicht durch. Sie beruft sich insofern lediglich auf die Genehmigung „vom 9. Mai 2011 (vgl. Blatt 98 ff. der Behördenakte)“ (richtig 9. Mai 2001, Behördenakte S. 98 ff.). Dabei räumt sie selbst ein, dass sich diese nur auf die Lagerung und Verarbeitung von Tonziegeln bezog. Diese Beschränkung folgt aus der Nebenbestimmung 3.4.3, wonach die „Lagerung und Verarbeitung“ auf „Tonziegel“ begrenzt ist, deren Herkunft bekannt sein muss. Demgegenüber haben die Vertreter der Klägerin auf Anfrage des Landratsamts in einer E-Mail vom 18. März 2022 eingeräumt, dass neben „Ziegeln“ auch Gemische aus Beton, Ziegel, Fliesen und Keramik gebrochen würden (Behördenakte S. 58 f.). Warum die Verarbeitung bzw. Behandlung derartiger Materialien von der Genehmigung abgedeckt sein soll, bleibt allerdings offen. Soweit die Klägerin meint, dass sie die Anlage mit dem Material „Tonziegel“ hätte weiter betreiben dürfen, hat sie nicht dargelegt, dass eine Teilstilllegung bezüglich der anderen Materialien in Betracht gekommen wäre. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, weil Voraussetzung für eine Teilstillegung wäre, dass diese betriebstechnisch möglich ist (vgl. Peschau/Czajka in Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand April 2025, § 20 BImSchG, Rn. 57).
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1.2.2.2 Vor allem hat das Verwaltungsgericht in Bezug auf die Genehmigung vom 9. Mai 2001 das Vorliegen des Erlöschenstatbestands des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG bejaht. Danach erlischt eine Genehmigung u.a., wenn die Anlage während eines Zeitraums von mehr als drei Jahren nicht betrieben worden ist. Dies sei der Fall gewesen. Der Rechtsvorgänger der Klägerin habe mit Schreiben vom 23. Juli 2008 mitgeteilt, dass der von ihm dort ursprünglich betriebene Brecher für die Tonziegel bereits verkauft sei. In der Folgezeit sei es dann – laut Mitteilung des Rechtsvorgängers an das Landratsamt im November 2012 – lediglich in den Jahren 2011 und 2012 zu Vorführungen von Brecheranlagen auf dem Gelände gekommen, die nicht gekauft worden seien. Nach Sinn und Zweck der Erlöschensregelung seien bloße Testläufe aber nicht als Betrieb anzusehen, so dass die Genehmigung spätestens im Juli 2011 erloschen sei.
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Die Zulassungsbegründung ist nicht geeignet, diese Ausführungen ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Die Klägerin macht insofern lediglich geltend, das Schreiben ihres Rechtsvorgängers vom 23. Juli 2008 (Behördenakte S. 93) dürfe nicht als Stilllegungsanzeige gewertet werden. Darin werde vielmehr ausdrücklich mitgeteilt, dass die Brechergenehmigung aufrechterhalten bleiben solle. Die Behörde sei auch insofern ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen.
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Dies trifft angesichts des weiteren Akteninhalts nicht zu. So ergibt sich aus dem Vermerk des Landratsamts vom 28. Mai 2010, dass laut (telefonischer) Mitteilung des Rechtsvorgängers der Klägerin seit Juli 2008 keine Brechertätigkeit mehr erfolgt sei und dass sich daher eine Anlagenüberwachung erübrige (Behördenakte S. 92). Dies wird durch ein Schreiben vom 31. Mai 2010, in dem sich der Rechtsvorgänger auf das Telefongespräch beruft, bestätigt (Behördenakte S. 91). Auf diese Korrespondenz geht die Klägerin aber in ihrem Zulassungsvorbringen ebenso wenig ein, wie auf das vom Verwaltungsgericht zitierte Schreiben vom 14. November 2012 (Behördenakte S. 89) und auf den weiteren in den Behördenakten dokumentierten Schriftverkehr, der gleichermaßen darauf hinweist, dass der Rechtsvorgänger die Anlage bis zur Veräußerung an die Klägerin im Jahr 2013 nicht mehr betrieben hat (Behördenakte S. 86 ff.). Es erscheint daher nicht nachvollziehbar, warum das Landratsamt seiner – von der Klägerin behaupteten – Darlegungslast nicht nachgekommen sein soll und warum es erforderlich gewesen sein soll, diese Frage genauer zu überprüfen oder in den Entscheidungsgründen näher zu „thematisieren“.
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1.3 Die Einwände der Klägerin gegen die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Stilllegungsanordnung in Bezug auf die Anlage zur zeitweiligen Lagerung von Bau- und Abbruchabfällen (Nr. 1 Buchst. b) des Bescheids vom 2.5.2022, UA S. 14) führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts ergab sich die Genehmigungspflicht aus Nr. 8.12.2 bzw. 8.14.3.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV, und die erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung lag nicht vor.
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1.3.1 Soweit die Klägerin die Abfalleigenschaft einzelner Haufwerke pauschal bestreitet, greift dies aus den genannten Gründen (vgl. oben 1.2.1) nicht durch. Es fehlt an einer genauen Bezeichnung, um welche Haufwerke es sich konkret handeln soll, sowie an einer Darlegung dazu, dass sich die Besitzer dieser Materialien nicht entledigen wollten. Selbst wenn einzelne Haufen nach Prüfung durch das Landratsamt nach Bescheiderlass nicht mehr als Abfall anzusehen wären (vgl. etwa das Schreiben vom 2.11.2023, VG-Akte S. 78), ändert dies nichts daran, dass es sich wegen der Menge der übrigen gelagerten Abfälle um eine gemäß Nr. 8.12.2 bzw. 8.14.3.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV genehmigungspflichtige Anlage gehandelt hat. Anhaltspunkte dafür, dass die dort enthaltenen Kapazitäten nicht mehr erfüllt wären, wenn diese einzelnen Haufwerke nicht (mehr) als Abfall zu bewerten wären, hat die Klägerin nicht dargelegt, so dass dem nicht weiter nachgegangen werden muss. Ob in der Anlage auch Stoffe gelagert wurden, die die Abfalleigenschaft nach § 3 Abs. 1 KrWG nicht erfüllen, kann dahinstehen. Eine nach BImSchG genehmigungspflichtige und formell illegal errichtete Anlage, in der Abfälle gelagert werden, soll nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG auch dann stillgelegt werden, wenn sie (auch) zur Lagerung von Stoffen dient, die keine Abfälle darstellen. Dass aus betriebstechnischer Sicht eine Teilstilllegung, bei der Stoffe, die keine Abfalleigenschaft aufweisen, ausgenommen werden, in Betracht gekommen wäre, hat die Klägerin ebenfalls nicht dargelegt.
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1.3.2 Die Klägerin beruft sich zudem auf die Genehmigung vom 9. Mai 2001, die nach ihrem Dafürhalten auch eine zeitweilige Lagerung von Bau- und Abbruchabfällen ermögliche. Dabei verkennt sie jedoch, dass zum einen von dieser Genehmigung nur die Lagerung von Tonziegeln erfasst wird, deren Herkunft im Übrigen bekannt sein muss (vgl. oben 1.2.2.1), und dass zum anderen die Genehmigung aus den genannten Gründen bereits erloschen war (vgl. oben 1.2.2.2).
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1.3.3 Fragen der Bestimmtheit der Anordnung – wie sie im Zulassungsvortrag pauschal aufgeworfen wurden – stellen sich im Übrigen nicht. Die Stilllegungsanordnung ist anlagenbezogen. Aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts wird aus dem Bescheid deutlich, dass die besagte Anlage nicht weiter betrieben werden darf. Davon zu trennen ist die Frage, wie mit den gelagerten Materialien im weiteren Verlauf zu verfahren ist, die hier keine Rolle spielt.
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1.4 Es bestehen auch keine Bedenken in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Anordnung, soweit sich diese auf die Anlage zur sonstigen Behandlung von Abfällen in Form von Erdaushub und pflanzlichen Abfällen (Nr. 1 Buchst. c) des streitgegenständlichen Bescheids, UA S. 12) bezieht.
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1.4.1 Das Verwaltungsgericht hat eine immissionsschutzrechtliche Genehmigungspflicht nach Nr. 8.11.2.4 des Anhangs 1 der 4. BImSchV bejaht. Bei den pflanzlichen Materialien und dem Erdaushub, die auf dem Betriebsgelände behandelt worden seien, sei die Abfalleigenschaft gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 KrWG gegeben. Ein Ausnahmefall nach § 2 Abs. 2 Nr. 10 oder 11 KrWG – wonach das KrWG keine Anwendung finde – liege nicht vor. Weder handle es sich bei dem Erdaushub um „Böden in situ“ (Nr. 10) noch um Bodenmaterial, das an dem Ort, an dem es ausgehoben wurde, für Bauzwecke hätte verwendet werden sollen (Nr. 11). In den Urteilsgründen wurde die Entledigungsabsicht der Besitzer der pflanzlichen Abfälle nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG auch insofern ausdrücklich bejaht. Dies gelte auch für den größten Teil des Bodenaushubs auf dem Betriebsgelände der Klägerin. Dieser habe nicht unmittelbar einem neuen Verwendungszweck zugeführt werden sollen (zum Unmittelbarkeitserfordernis Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 3 KrWG Rn. 50 m.w.N.), sondern zunächst einer weiteren (Zwischen-)Behandlung. So seien die Haufwerke regelmäßig mit Fremdanteilen durchsetzt gewesen, so dass nach Erlass des streitgegenständlichen Bescheids die Mehrzahl zu Recht als Abfall eingestuft worden sei.
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1.4.2 Soweit die Klägerin vorbringt, das Verwaltungsgericht sei ohne konkretere Prüfung davon ausgegangen, dass es sich bei den pflanzlichen Abfällen und dem Erdaushub um Abfall i.S.d. KrWG handle, für den ein entsprechender Entledigungswille bestehe, führt dies nicht zur Zulassung der Berufung. Sie rügt insofern die fehlende Differenzierung zwischen einzelnen Haufwerken, von denen nach weiteren Untersuchungen insgesamt vier im Nachgang vom Landratsamt nicht als Abfall angesehen worden seien, und wendet sich gegen die Annahme, dass aus der Durchsetzung der Haufwerke mit Fremdmaterialien auf die Abfalleigenschaft geschlossen worden sei. Im Urteil sei nicht hinreichend dargelegt worden, dass es sich um kontaminierte Böden handle. Nach der Rechtsprechung des EuGH fehle es daher an der Abfalleigenschaft. Schließlich beruft sich die Klägerin auf technische Richtlinien und auf ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz, um die Verwertbarkeit von Böden, die Fremdmaterialanteile aufwiesen, zu belegen. Aus diesen ergebe sich, dass dann, wenn sich ein neuer Verwendungszweck (etwa eine Wiederverwendung als Baumaterial auf einer anderen Baustelle) anschließe, bei Bodenaushub, der bei Bauarbeiten ausgehoben werde, grundsätzlich nicht von einer Abfalleigenschaft auszugehen sei. Damit hätte sich das Verwaltungsgericht näher auseinandersetzen müssen.
31
Aus diesem Vorbringen ergibt sich allerdings nicht, warum die vom Verwaltungsgericht angenommene Entledigungsabsicht der Besitzer nicht gegeben sein soll. Die von der Klägerin zitierte Entscheidung des EuGH zur Einstufung von Aushubmaterial als „Abfall“ oder als „Nebenprodukt“ (U.v. 17.11.2022 – C-238/21 – juris) bestätigt, dass für die Abgrenzung (die anhand der Gesamtumstände vorzunehmen ist) ein „besonderes Augenmerk“ auf den Umstand zu legen ist, „dass der fragliche Stoff oder Gegenstand für seinen Besitzer keinen Nutzen besitzt oder diesen nicht mehr besitzt, so dass der Stoff oder Gegenstand eine Last darstellt, deren sich der Besitzer zu entledigen sucht“. Laut EuGH besteht in solchen Fällen die Gefahr, dass der Besitzer sich des in seinem Besitz befindlichen Stoffes oder Gegenstands in einer Weise entledigt, die die Umwelt schädigen kann, vor allem dadurch, dass er den Besitz an dem Gegenstand oder Stoff aufgibt, diesen wegwirft oder ihn unkontrolliert beseitigt. Der Grad der Wahrscheinlichkeit der Wiederverwendung eines Stoffes oder Gegenstands ohne vorherige Verarbeitung wird vom EuGH als maßgebliches Kriterium für die Beurteilung der Frage angesehen, ob es sich um Abfall im Sinne der RL 2008/98 handelt oder nicht (EuGH, U.v. 17.11.2022 – C-238/21 – a.a.O. Rn. 38 f.). Ist die Wiederverwendung danach nicht nur möglich, sondern für den Besitzer auch wirtschaftlich vorteilhaft, so ist die Wahrscheinlichkeit einer solchen Wiederverwendung hoch und der betreffende Stoff oder Gegenstand kann nicht mehr als Last betrachtet werden, deren sich der Besitzer zu entledigen sucht, sondern hat als echtes Erzeugnis zu gelten. Bei Heranziehung dieser Maßstäbe ergibt sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht, warum es sich – trotz der Durchsetzung erheblicher Teile der Haufwerke mit Fremdmaterialien – nicht um Stoffe handeln soll, derer sich die früheren Besitzer entledigen wollten. Ebenso wenig verfängt die Kritik daran, dass das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, es handle sich nicht um „unkontaminierten“ Bodenaushub. Die Klägerin legt in Bezug auf den Großteil des Materials nicht dar, dass es sich um Stoffe handelt, die unmittelbar hätten weiterverwendet werden können. Soweit sie sich insofern auf behördliche Vorgaben für die Verwendung von Bodenmaterial beruft, fehlt es an der Darlegung, dass die dort angeführten Voraussetzungen erfüllt sind. Sie zitiert etwa ein Ministerialschreiben, das sich auf Fälle bezieht, in denen sich „ein neuer Verwendungszweck, z.B. eine Wiederverwendung als Baumaterial auf einer anderen Baustelle, anschließt“. Dass dies für den hier streitgegenständlichen Bodenaushub der Fall gewesen sein könnte und dass bei den jeweiligen Vorbesitzern daher kein Entledigungswille vorgelegen hätte, hat die Klägerin jedoch nicht konkret dargelegt. Gleiches gilt für die – von Klägerseite lediglich pauschal in den Raum gestellte – Absicht, lediglich eine Zwischenlagerung vorzunehmen, so dass es auf die Frage, inwiefern eine solche ohne immissionsschutzrechtliche Genehmigung zulässig wäre, nicht ankommt. Vor allem setzt sie sich mit den in den Behördenakten und in der Akte des Verwaltungsgerichts befindlichen Hinweisen auf die Abfalleigenschaft nicht näher auseinander.
32
Soweit sich die Klägerin darauf stützt, dass ex post von insgesamt 30 Haufwerken vier von den zuständigen Behörden nicht (mehr) als Abfall angesehen wurden, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Formell illegale Anlagen (i.S.d. Nr. 8.11.2.4 des Anhangs 1 der 4. BImSchV) können nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG auch dann stillgelegt werden, wenn sie (auch) zur Lagerung von Stoffen dienen, die keine Abfälle darstellen. Dass aus betriebstechnischer Sicht eine Teilstilllegung in Betracht gekommen wäre, wurde im Zulassungsverfahren nicht dargelegt.
33
Die Klägerin hat im Übrigen auch nicht aufgezeigt, dass die für die Entstehung der Genehmigungspflicht maßgeblichen Kapazitätsgrenzen nach Anhang 1 der 4. BImSchV unterschritten worden seien. Ebenso wenig hat sie dargelegt, dass weitere Haufwerke die Abfalleigenschaft verloren haben könnten (§ 5 Abs. 1 KrWG), was in der Zulassungsbegründung lediglich für „nicht ausgeschlossen“ gehalten wurde. Sie zieht daher die Feststellungen zur Genehmigungsbedürftigkeit der entsprechenden Anlage (gemäß Nr. 8.11.2.4 des Anhangs 1 der 4. BImSchV) nicht substantiiert in Zweifel.
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1.5 Soweit sich die Klägerin in Bezug auf die Anlage zum Brechen von natürlichem und künstlichem Gestein (Nr. 1 Buchst. d) des streitgegenständlichen Bescheids, UA S. 15) auf die baurechtliche Genehmigung von 24. Juni 1992 beruft, die ihr die Auffüllung der Grundstücke (ehemaliges Steinbruchgelände) und in diesem Zusammenhang eine Aussortierung von Abfällen aus dem Auffüllmaterial erlaube, verkennt sie, dass es sich bei der Auffüllung um ein anderes Vorhaben handelt als bei dem Betrieb der Brecheranlage. Es ist schon nicht ersichtlich, dass der Betrieb der von der Stilllegungsanordnung erfassten Anlage in einem Zusammenhang mit der (ursprünglich von einem Rechtsvorgänger beabsichtigten) Steinbruchverfüllung gestanden haben könnte. Vor allem stellt das Brechen von natürlichem und künstlichem Gestein keinen Sortiervorgang im Sinn der Nr. 3 der Genehmigung von 24. Juni 1992 dar.
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1.6 Entsprechendes gilt für die Teilbaugenehmigung vom 28. Juli 1995, die die Nutzung des ehemaligen Steinbruchs als Kompostieranlage zum Gegenstand hatte (vgl. oben 1.4). Bei der Lagerung von Erdaushub und pflanzlichen Abfällen handelt es sich um ein anderes Vorhaben. Sie dient nicht der Kompostierung.
36
2. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache weist nicht die von der Klägerin geltend gemachten besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten auf.
37
Warum die sich stellenden materiellen Fragen über den Schwierigkeitsgrad eines „durchschnittlichen verwaltungsrechtlichen Rechtsstreits hinausgehen“ sollen, wurde in der Zulassungsbegründung nicht dargelegt. Soweit die Klägerin auf Schwierigkeiten in Bezug auf eine Differenzierung zwischen einzelnen Anlagen und Materialien verweist, stellen sich insofern keine schwierigen Rechts- oder Tatsachenfragen. Solche werden in der Zulassungsbegründung auch in Bezug auf die Abfalleigenschaft, das Erlöschen von Genehmigungen und die Darlegungslast lediglich behauptet, ohne dies näher zu substantiieren. Im Übrigen kann auf die Ausführungen zu den geltend gemachten ernstlichen Zweifeln verwiesen werden (vgl. oben 1.).
38
3. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor.
39
Die Darlegung der Divergenz (vgl. dazu Happ in Eyermann, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 73 m.w.N.) erfordert die Angabe der Divergenzentscheidung (1.), die genaue Bezeichnung des Rechts- oder Tatsachensatzes in der Entscheidung des Divergenzgerichts (2.) sowie des bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellten, dazu in Widerspruch stehenden Rechts- oder Tatsachensatzes (3.) und Ausführungen dazu, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (4.). Daran fehlt es hier.
40
Die Klägerin hat keinen Rechts- oder Tatsachensatz formuliert, der vom Verwaltungsgericht Würzburg aufgestellt worden ist und der von einem Rechts- oder Tatsachensatz im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Februar 2020 – 12 CS 19.2505 abweichen würde. Soweit sie auf „die Darlegungslast im Rahmen der Eingriffsverwaltung“ abstellt und ausführt, diese treffe nach der zitierten Entscheidung grundsätzlich die Behörde, ergibt sich zudem aus ihrem eigenen Vortrag, dass es im angefochtenen Urteil auf Fragen der Darlegungslast nicht ankam. Sie stellt nämlich zutreffend fest, dass das Verwaltungsgericht von der Abfalleigenschaft ausging. Dass es dabei eine Darlegungslast auf Klägerseite gesehen hätte, ist dagegen nicht ersichtlich. Wenn die Klägerin rügt, die Feststellungen zur Abfalleigenschaft in den Entscheidungsgründen seien zu pauschal und ohne konkrete Differenzierung getroffen worden, macht sie der Sache nach keine Abweichung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO geltend, sondern eine nach ihrer Auffassung falsche Rechtsanwendung (dazu oben 1.) sowie allenfalls einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (dazu unten 5.).
41
Soweit eine Divergenz in Bezug auf die Rechtsprechung des EuGH geltend gemacht wird, führt dies ebenfalls nicht zu einer Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO. Der EuGH wird dort nicht als Divergenzgericht aufgeführt (zur Auslegung des Vorbringens als Zulassungsvortrag zu § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vgl. Happ, a.a.O. Rn. 57 und unten 4.).
42
4. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht gegeben.
43
Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen (vgl. dazu Happ, a.a.O. Rn. 72), muss ein Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren (1.), ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist (2.), erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist (3.), und darlegen, weshalb der Frage eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (4.). Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründung nicht.
44
4.1 Als grundsätzlich klärungsbedürftig werden darin die Fragen formuliert, „ob und in welchen Konstellationen von einem Ende der Abfalleigenschaft auch bei entsprechender Beachtung von Störstoffbestandteilen im Hinblick auf Bodenaushub ausgegangen werden kann“ sowie „welche Verfahrensschritte für die streitgegenständlichen Materialien noch als Voraussetzung aufgestellt werden können, bevor diese aus dem Abfallregime entlassen werden dürfen“.
45
Hinsichtlich der ersten Frage erschließt sich schon die Entscheidungserheblichkeit nicht. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass bei bestimmten Materialien die Abfalleigenschaft entfallen sein könnte und dass sich dies auf die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit der Anlagen auswirken könnte. Zudem würde sich die Frage in dieser Pauschalität – soweit sie auf mögliche Konstellationen für das Ende der Abfalleigenschaft zielt – nicht stellen. Schließlich erschließt sich der Sinn der Formulierung „bei entsprechender Beachtung von Störstoffbestandteilen im Hinblick auf Bodenaushub“ nicht.
46
Auch die zweite Frage genügt nicht den Anforderungen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass sich eine derart allgemeine Frage im weiteren Verfahren stellen würde. Es kommt unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts darauf an, ob die „streitgegenständlichen Materialien“ als Abfall i.S.d. § 3 Abs. 1 KrWG zu bewerten waren. Wenn die Klägerin nach weiteren Verfahrensschritten fragen will, um die Stoffe aus den Abfallregime zu entlassen, setzt dies voraus, dass es sich um Abfall handelt. Nur darauf kommt es nach § 20 Abs. 2 Satz 1 BImSchG an (vgl. oben 1.). Ob und unter welchen Voraussetzungen die Abfalleigenschaft in Zukunft endet (vgl. § 5 Abs. 1 KrWG), hat dagegen für die Rechtmäßigkeit der hier streitgegenständlichen Stilllegungsanordnung keine Auswirkungen. Soweit die Klägerin geltend macht, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen nach dem KrWG überspannt, rügt sie nur die Rechtsanwendung im konkreten Einzelfall.
47
4.2 Wenn die Klägerin darüber hinaus eine obergerichtliche Klärung „im Hinblick auf die notwendige Darlegungslast für ein Erlöschen bestehender Genehmigungen“ für erforderlich hält, fehlt es bereits an der Formulierung einer konkreten Fragestellung. Selbst wenn man diese ausformulieren würde („Wann sind die Darlegungsanforderungen für ein Erlöschen bestehender Genehmigungen erfüllt“), wäre die Berufung aus den oben genannten Gründen nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Die Frage würde sich in dieser Allgemeinheit im weiteren Verfahren nicht stellen. Sie wäre auch nicht fallübergreifend klärungsbedürftig.
48
4.3 Soweit sich die Klägerin auf eine Abweichung von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 17. November 2022 (Az. C-238/21) beruft, weil aus der Tatsache, dass „vereinzelt nur Fremdbestandteile in den Böden vorhanden“ seien, vom Verwaltungsgericht der unzutreffende Schluss gezogen worden sei, dass dieses Urteil nicht anwendbar sei, weil es nur für unkontaminierte Böden gelte, zeigt sie ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung auf. Sie macht vielmehr im Ergebnis eine fehlerhafte Rechtsanwendung geltend, die allerdings nicht gegeben ist (vgl. oben 1). Für eine grundsätzliche Bedeutung fehlt es zudem an der Ausformulierung einer Rechtsfrage.
49
5. In Bezug auf den geltend gemachten Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO legt die Klägerin keinen Verfahrensmangel dar, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg beruhen kann.
50
5.1 Soweit sie sich darauf beruft, dass sich das Verwaltungsgericht seine Überzeugung in verfahrensfehlerhafter Weise gebildet und damit gegen den Überzeugungsgrundsatz verstoßen habe, handelt es sich schon der Sache nach um keinen Verfahrensfehler. Das Gericht entscheidet gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Als Verfahrensfehler ist nicht das Ergebnis der Beweiswürdigung bzw. der Überzeugungsbildung rügefähig, sondern nur ein (fehlerhafter) Verfahrensvorgang auf dem Weg dorthin. Ob das Verwaltungsgericht auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage entschieden hat, ist im Grundsatz vielmehr eine dem materiellen Recht zuzuordnende Frage der Tatsachen- und Beweiswürdigung. Ein Verfahrensverstoß kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn das angegriffene Urteil von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht. Das Gericht darf nicht in der Weise verfahren, dass es einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen oder Beweisergebnisse nicht in die rechtliche Würdigung einbezieht, vor allem Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen und deshalb seiner Überzeugungsbildung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt. In solchen Fällen fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts, auch wenn die darauf basierende rechtliche Würdigung als solche nicht zu beanstanden ist (vgl. zum Ganzen BVerwG, B.v. 2.5.2022 – 1 B 39.22 – juris Rn. 10 m.w.N.).
51
Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass ein Ausnahmefall gegeben ist und ein derartiger Verfahrensverstoß vorliegt. Ihr Verweis auf die fehlerhafte Auslegung des Schreibens vom 23. Juli 2008 (S. 93 der Behördenakte) greift nicht durch. Es fehlt bereits an der Entscheidungserheblichkeit. Das Verwaltungsgericht hat seine Feststellung, die ursprüngliche Anlage sei über drei Jahre nicht betrieben worden, nicht allein auf dieses Schreiben gestützt, sondern auf den gesamten Akteninhalt, der auch spätere Angaben des vormaligen Genehmigungsinhabers (v.a. das Schreiben vom 14.11.2012, Behördenakte S. 89) umfasst. Im Übrigen behauptet die Klägerin lediglich, es seien wesentliche Umstände (etwa im Zusammenhang mit der Abfalleigenschaft von gelagerten Materialien) nicht berücksichtigt worden, ohne darzulegen, warum das Verwaltungsgericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen sein soll. Soweit sie geltend macht, es sei auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage entschieden worden, greift dies aus den genannten Gründen (vgl. oben 1.) ebenfalls nicht durch.
52
5.2 Die Rüge eines Aufklärungsmangels nach § 86 Abs. 1 VwGO führt nicht zur Zulassung der Berufung. Voraussetzung hierfür wäre die Darlegung gewesen, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zur Verfügung gestanden hätten, weshalb sich die unterbliebene Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen oder womit insbesondere in der mündlichen Verhandlung auf die Aufklärungsmaßnahme hingewirkt worden ist, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gebracht hätte und inwiefern das angefochtene Urteil darauf beruhen kann (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 75 m.w.N.). Die Aufklärungsrüge ist dagegen kein Mittel, Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Unterlassen des Stellens von Beweisanträgen in der mündlichen Verhandlung, zu kompensieren (BVerwG, B.v. 7.3.2012 − 6 B 40.11 – juris).
53
Diesen Anforderungen wird die Zulassungsbegründung nicht gerecht. Die Klägerin trägt lediglich vor, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, sich aufdrängenden Beweismitteln von Amts wegen nachzugehen und den Sachverhalt vollständig zu ermitteln, ohne dies hinreichend zu erläutern und zu konkretisieren.
54
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG (wie Vorinstanz).
55
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg rechtskräftig (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).