Titel:
Verbesserungsbeitrag (Entwässerung), Globalkalkulation, unterschiedlicher Verteilungsschlüssel in Verbesserungsbeitragssatzung und Herstellungsbeitragssatzung
Normenketten:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
KAG Art. 5 Abs. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
Schlagworte:
Verbesserungsbeitrag (Entwässerung), Globalkalkulation, unterschiedlicher Verteilungsschlüssel in Verbesserungsbeitragssatzung und Herstellungsbeitragssatzung
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 22.03.2023 – W 2 K 22.133
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22513
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 3.467,20 EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 VwGO schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt worden sind (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kann der Senat auf der Grundlage der dargelegten Zulassungsgründe nicht erkennen.
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a) Zum geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ist erforderlich, dass der Rechtsmittelführer aufzeigt, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit unrichtig ist. Der Rechtsmittelführer muss sich mit dem angefochtenen Urteil und dessen entscheidungstragenden Annahmen substanziell auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 63 m.w.N.). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind auch begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2011 – 20 ZB 11.1146 – juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 – DVBl 2004, 838). Schlüssige Gegenargumente liegen in diesem Sinne dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Anhaltspunkte aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis nicht richtig ist (BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – und B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546).
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b) Nach diesen Maßstäben sind ernstliche Zweifel auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils nicht zu erkennen. Mit dem Zulassungsantrag wird im Wesentlichen nur der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin wiederholt, mit dem sich das Verwaltungsgericht aber bereits ohne erkennbare Rechtsfehler auseinandergesetzt hat.
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aa) Die Klägerin trägt zur Begründung insoweit vor, dass die Beklagte unter Verstoß gegen den Grundsatz der vorteilsgerechten Leistungsverteilung die endgültigen Verbesserungsbeitragssätze und die erhöhten Herstellungsbeitragssätze jeweils in eigenständigen getrennten Globalberechnungen hergeleitet und ermittelt habe. So seien bei den Herstellungsbeiträgen 33,01% auf die Grundstücksflächen und 66,99% auf die Geschossflächen verteilt worden, während bei den Verbesserungsbeiträgen 34,27% auf die Grundstücksflächen und 65,73% auf die Geschossflächen in Ansatz gebracht worden seien. Richtigerweise sei es aber geboten, den beitragsfähigen Verbesserungs- oder Erneuerungsaufwand in gleichem Umfang auf die Grundstücks- und Geschossflächen zu verteilen, wie es der Verteilung des Gesamtinvestitionsaufwandes bei der Feststellung der Beitragssätze für den Herstellungsbeitrag entspreche. Die notwendige Berücksichtigung von unterschiedlichen Anteilen, die einerseits auf die Oberflächenentwässerung und zum anderen auf die Schmutzwasserbeseitigung entfalle, dürfe im Ergebnis nicht zu einer Differenzierung zwischen Verbesserungsbeitragssätzen und Herstellungsbeitragssätzen führen. Dies könne nur im Rahmen einer Globalkalkulation sichergestellt werden, die die Berechnungs- und Verteilungsgrundlage sowohl für die Verbesserungsbeitragssätze als auch für die neuen Herstellungsbeitragssätze darstelle. Durch getrennte Berechnungen könne die dem Gleichheitssatz entsprechende vorteilsgerechte Aufteilung des umzulegenden Gesamtaufwandes nicht sichergestellt werden. Ansonsten liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 118 Abs. 1 BV vor, wonach der durch die abzurechnende Maßnahme entstandene Aufwand auf alle Alt- und Neuanschließer gleichmäßig verteilt werden müsse.
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bb) Mit diesem Vortrag hat die Klägerin keine ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts dargelegt. Insbesondere ergibt sich aus ihrem Vortrag kein Verstoß gegen den Grundsatz der vorteilsgerechten Leistungsverteilung.
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Allein der Umstand, dass die Beklagte die Verbesserungsbeitragssätze und die (geänderten) Herstellungsbeitragssätze in getrennten Globalberechnungen ermittelt hat, begründet – anders als von der Klägerin vorgetragen – für sich genommen noch keine objektive Unrichtigkeit der jeweiligen Beitragssätze. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, liegen beiden Globalberechnungen der Beklagten dieselben Grundstücks- und Geschossflächen zugrunde; insoweit ist also keine ungleiche Belastung der Alt- und Neuanschließer erkennbar (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2014 – 20 CS 14.2399 – juris Rn. 5 f.). Auch die unterschiedliche Verteilung des Investitionsaufwandes (hier bei den Herstellungsbeiträgen 33,01% auf die Grundstücksflächen und 66,99% auf die Geschossflächen; bei den Verbesserungsbeiträgen 34,27% auf die Grundstücksflächen und 65,73% auf die Geschossflächen) führt nach der Rechtsprechung des Senats gerade nicht automatisch zu einer rechtswidrigen Festlegung der Verbesserungsbeitragssätze (vgl. BayVGH, B.v. 21.3.2012 – 20 CS 12.373 – juris Rn. 3). Vielmehr hat sich der Satzungsgeber bei der Beitragskalkulation für Entwässerungseinrichtungen bei der Bestimmung des Anteils des Investitionsaufwandes, der auf die Grundstücksflächen zu verteilen ist, und des Aufwandes, der auf die Geschossflächen zu verteilen ist, daran zu orientieren, inwieweit der Herstellungsaufwand auf die Oberflächenentwässerung und wie weit er auf die Schmutzwasserentwässerung entfällt (vgl. BayVGH, U.v. 26.10.2000 – 23 B 00.1146 – juris Rn. 22 ff.).
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Daher ist es den Einrichtungsträgern nicht verwehrt, bei einem späteren Neuerlass von Satzungen die Beitragssätze neu zu kalkulieren und insbesondere im Zusammenhang mit der Durchführung umfangreicher Verbesserungsmaßnahmen zu einer vom bisherigen Satzungsrecht abweichenden Verteilung des Gesamtaufwandes auf die Grundstücks- und Geschossflächen zu gelangen. Eine derartige Änderung wesentlicher Bemessungsfaktoren der Beitragskalkulation ist weder willkürlich noch gleichheitswidrig, sondern kann für eine sachgerechte Umlegung des beitragsfähigen Aufwands geradezu geboten sein. Eine derartige Änderung wesentlicher Bemessungsfaktoren der Beitragskalkulation, die z.B. vorliegen kann, wenn die Verbesserungsmaßnahmen ausschließlich oder deutlich überwiegend die Schmutz- und nicht die Oberflächenwasserbeseitigung betreffen, ist weder willkürlich noch gleichheitswidrig, sondern führt vielmehr zu einer sachgerechten Umlegung des beitragsfähigen Aufwands. Der Verbesserungs- und Erneuerungsaufwand ist vorteilsbezogen auf die Beitragsflächen (Grundstücks- und Geschossflächen) zu verteilen und kann bei der Kalkulation der Verbesserungsbeitragssätze dazu führen, dass am bisherigen Umlegungsschlüssel nicht mehr festgehalten werden darf (vgl. BayVGH, B.v. 21.3.2012 – 20 CS 12.373 – juris Rn. 8 f.). Sich aus der Änderung des Verteilungsschlüssels durch das neue Satzungsrecht ergebende Belastungen sind von betroffenen Anschlussnehmern hinzunehmen; eine Verletzung des Gleichheitssatzes ist jedenfalls nicht zu erkennen, weil die Beitragspflichtigen von den satzungsrechtlichen Regelungen im gleichen Maße erfasst werden (vgl. BayVGH, B.v. 14.6.2010 – 20 CS 10.1167 – juris Rn. 3 m.w.N.).
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Dass es auch unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung des Senats hier zu einer nicht vorteilsgerechten Aufteilung des umzulegenden Gesamtaufwandes gekommen wäre, wird mit dem Zulassungsantrag nicht dargelegt.
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2. Auch der Zulassungsgrund besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht hinreichend dargelegt worden. Die Darlegung besonderer rechtlicher Schwierigkeiten setzt voraus, dass entscheidungserhebliche Fragen von herausgehobener Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aufgeworfen werden (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2022 – 8 ZB 22.1193 – juris Rn. 32; BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – juris Rn. 17; BayVGH 13.2.2025 – 8 ZB 25.64 – BeckRS 2025, 1883), die sich nicht ohne weiteres anhand des Gesetzes und/oder auf Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation beantworten lassen; die Rechtssache muss an die zur Entscheidung berufenen Richter also wesentlich höhere Anforderungen stellen als im Normalfall (BayVGH, B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – juris).
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Daran fehlt es hier schon deshalb, weil sich die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage „Ist es zulässig, zur Ermittlung der endgültigen Verbesserungsbeitragssätze und der erhöhten Herstellungsbeitragssätze im Rahmen der Abrechnung ein und derselben Beitragsmaßnahme die endgültigen Verbesserungsbeitragssätze und die erhöhten Herstellungsbeitragssätze in zwei getrennten Globalberechnungen zu ermitteln anstatt in einer einzigen Globalkalkulation?“ aus den oben unter 1. genannten Gründen anhand der bisherigen Rechtsprechung des Senats beantworten lässt.
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3. Aus demselben Grund hat die mit dem Zulassungsantrag formulierte Rechtsfrage keine grundsätzliche – d.h. höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht geklärte und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus relevante – Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
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4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1, Abs. 3 GKG.
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Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO.