Titel:
Antrag auf Zulassung der Berufung, Erlöschen einer Niederlassungserlaubnis durch Verlagerung des Lebensmittelpunktes ins Ausland, Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch Ablehnung von bedingt gestellten Beweisanträgen, Ausforschungsbeweisantrag, Beweisermittlungsantrag
Normenketten:
AufenthG § 51 Abs. 1 Nr. 6
AufenthG § 25b
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 5
Schlagworte:
Antrag auf Zulassung der Berufung, Erlöschen einer Niederlassungserlaubnis durch Verlagerung des Lebensmittelpunktes ins Ausland, Verstoß gegen den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs durch Ablehnung von bedingt gestellten Beweisanträgen, Ausforschungsbeweisantrag, Beweisermittlungsantrag
Vorinstanz:
VG Regensburg, Entscheidung vom 27.01.2025 – RN 9 K 24.2744
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22505
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. In Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 17. Juni 2025 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 20.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
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Die am 13. Oktober 1968 geborene Klägerin wendet sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. Januar 2025, durch das ihre Klage auf Feststellung des Nichterlöschens ihrer Niederlassungserlaubnis und auf Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25b AufenthG und § 9a AufenthG unter Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 31. Oktober 2024 abgewiesen worden ist. Neben den Ablehnungen der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen (Nrn. 1 und 2 des Bescheids) drohte der Beklagte der Klägerin im genannten Bescheid die Abschiebung insbesondere in die Russische Föderation unter Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise an (Nrn. 3 und 4 des Bescheids), erließ für den Fall der Abschiebung ein Einreise- und Aufenthaltsverbot von 12 Monaten ab dem Tag der Abschiebung (Nr. 5 des Bescheids) und setzte die Kosten für den Bescheid auf 154,50 EUR fest (Nr. 6 des Bescheids).
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Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; Nr. 1) und von Verfahrensfehlern (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegen nicht vor oder sind nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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1. Die Berufung der Klägerin ist nicht aufgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestünden dann, wenn die Klägerin im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16; B.v. 8.5.2019 – 2 BvR 657/19 – juris Rn. 33). Dies ist jedoch nicht der Fall.
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1.1 Die verwaltungsgerichtliche Auffassung, die Klägerin habe aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde am 2. Mai 2023 ihren Wohnsitz nach Österreich verlagert, wodurch ihre Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erloschen sei, ist nicht zu beanstanden.
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Nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erlischt der Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist. Unschädlich im Hinblick auf diese Vorschrift sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich Auslandsaufenthalte, die nach ihrem Zweck typischerweise zeitlich begrenzt sind und die keine wesentliche Änderung der gewöhnlichen Lebensumstände in Deutschland mit sich bringen. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, liegt ein seiner Natur nach nicht vorübergehender Grund vor. Neben der Dauer und dem Zweck des Auslandsaufenthalts sind alle objektiven Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, während es auf den inneren Willen des Ausländers – insbesondere auf eine etwaige Planung der späteren Rückkehr nach Deutschland – nicht allein ankommen kann. Als ihrer Natur nach vorübergehende Gründe für Auslandsaufenthalte können danach etwa Urlaubsreisen oder beruflich veranlasste Aufenthalte von ähnlicher Dauer anzusehen sein, ebenso Aufenthalte zur vorübergehenden Pflege von Angehörigen, zur Ableistung der Wehrpflicht oder Aufenthalte während der Schul- oder Berufsausbildung, die nur zeitlich begrenzte Ausbildungsabschnitte umfassen, nicht aber die Ausbildung insgesamt ins Ausland verlagern. Demgegenüber lässt sich eine feste Zeitspanne, bei deren Überschreitung stets von einem nicht mehr vorübergehenden Grund auszugehen wäre, nicht abstrakt benennen. Je weiter sich die Aufenthaltsdauer im Ausland über die Zeiten hinaus ausdehnt, die mit den o.g. begrenzten Aufenthaltszwecken typischerweise verbunden sind, desto eher liegt die Annahme eines nicht nur vorübergehenden Grundes i.S.d. § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG nahe. Jedenfalls erlischt der Aufenthaltstitel nach dieser Vorschrift, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Betreffende seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlagert hat (vgl. BVerwG, U.v. 11.12.2012 – 1 C 15.11 – juris Rn. 16). Eine Ausreise aus einem seiner Natur nach nicht nur vorübergehenden Grund ist indiziert, wenn dabei gleichzeitig die Bindungen im Bundesgebiet wie ein Beschäftigungsverhältnis oder eine eigene Wohnung nicht fortbestehen (vgl. ThürOVG, B.v. 23.2.2021 – 3 EO 788/20 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 3.12.2015 – 10 ZB 13.2438 – juris). Die Verlagerung des Lebensmittelpunkts ins Ausland stellt eine Ausreise aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grund dar (vgl. BVerwG, U.v. 23.3.2017 – 1 C 14.16 – juris Rn. 14).
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Die Umstände, die zum Erlöschen des Aufenthaltstitels führen, müssen zur Überzeugung des Gerichts (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) feststehen. Die Beweislast trägt insoweit zwar die Ausländerbehörde, den Ausländer trifft jedoch dabei eine Mitwirkungspflicht nach § 82 Abs. 1 AufenthG sowie § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO, weshalb er die Umstände des Auslandsaufenthalts substantiiert darzulegen und eventuelle Beweismittel vorzulegen hat (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 10 CE 16.1398 – juris Rn. 8).
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Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil zu Recht und mit zutreffender Begründung davon ausgegangen, dass die Klägerin mit der Anmeldung ihres Hauptwohnsitzes in Österreich am 2. Mai 2023 kurz vor der Eheschließung mit ihrem österreichischen Ehemann am 14. Juni 2023 in dessen Wohnung ihren Lebensmittelpunkt aus einem nicht nur vorübergehenden Grund – zur Führung der Ehe und Begründung eines gemeinsamen Lebensmittelpunkts in Österreich – ins Ausland verlegt hat. Die klägerische Rüge, der festgestellte Sachverhalt sei fehlerhaft und lasse auch eine andere Entscheidung zu, greift insoweit nicht durch.
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1.1.1 Die verwaltungsgerichtliche Auffassung, es sei von einer nicht nur vorübergehenden Wohnsitzverlagerung nach Österreich am 2. Mai 2023 auszugehen, begegnet keinen ernstlichen Zweifeln.
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Das Verwaltungsgericht hat seine Überzeugung aus der klägerischen Wohnsitzanmeldung in der österreichischen Gemeinde K. am 2. Mai 2023 sowie der nachfolgenden Ereignisse (Eheschluss mit einem österreichischen Staatsangehörigen am 14.6.2023 in Österreich und Stellung eines Antrags auf Erteilung eines österreichischen Aufenthaltstitels „Familienangehöriger“ bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft am 23.6.2023) gebildet.
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1.1.1.1 Soweit die Klägerin insoweit behauptet, eine dauerhafte Wohnsitzverlagerung habe nicht stattgefunden, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden.
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Das Verwaltungsgericht hat aus den eigenen, im Rahmen einer Vernehmung als Zeugin am 13. März 2024 bei der Landespolizeidirektion Steiermark getätigten Aussagen der Klägerin, sie habe im Rahmen eines am 11. März 2024 vom Gericht angesetzten Scheidungstermins angegeben, nach der Scheidung wieder nach Deutschland auswandern zu wollen, zurecht den Schluss gezogen, dass die Klägerin bei der Verlagerung ihres Wohnsitzes im Mai 2023 nach Österreich nicht nur von einem vorübergehenden Wegzug aus dem Bundesgebiet ausgegangen ist, sondern beabsichtigt hat, ihren Lebensmittelpunkt bei ihrem Ehemann in Österreich zu nehmen.
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1.1.1.2 Soweit die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren und auch im Zulassungsverfahren das Protokoll ihrer Zeugenvernehmung dahingehend in Zweifel ziehen möchte, dass dessen Formulierung („wieder nach Deutschland auswandern zu wollen“) auf den sie verhörenden Beamten beruhe, weil sie nur spärlich Deutsch spreche und den Begriff [gemeint wohl „auswandern“] nicht so formuliert haben könne, greift dieses Vorbringen nicht durch.
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Ausweislich des von der Klägerin im Zulassungsverfahren vorgelegten Scheidungsurteils des österreichischen Bezirksgerichts F. vom 14. Januar 2025 (nachfolgend: Scheidungsurteil) hat die Scheidungsrichterin die Sprachkenntnisse der Klägerin aufgrund der Aussage einer im Verfahren als Zeugin vernommenen österreichischen Polizeibeamtin, die Klägerin habe in sehr gutem Deutsch gesprochen, nicht angezweifelt. Vielmehr ist sie aufgrund der Zeugenaussage der Polizeibeamtin und der Ausführungen der Klägerin im Scheidungsverfahren, sie sei der deutschen Sprache nicht mächtig (mit der Folge, dass an jedem Verhandlungstag ein Dolmetscher für die russische Sprache beigezogen worden sei), zu der Auffassung gelangt, die Klägerin sage – insbesondere – bezüglich ihrer Deutschkenntnisse die Unwahrheit, da sie gegenüber der Polizei in fehlerlosem einwandfreien Deutsch gesprochen habe.
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Gegen ein falsches Verständnis der Aussage der Klägerin gegenüber der österreichischen Polizei spricht zudem, dass die Klägerin – wie vom Beklagten angeführt und von der Klägerin nicht bestritten – auf ihr Recht auf Übersetzungshilfe mit dem Hinweis ausdrücklich verzichtet hat, sie könne sich in der deutschen Sprache ausreichend verständigen.
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Daher sind die Ausführungen in der Zulassungsbegründung zu den Deutschkenntnissen der Klägerin nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Auffassung zu begründen.
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1.1.2 Das Verwaltungsgericht hat zudem auch in nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass die Aussagen der Klägerin durch die Angaben ihres Ehemannes, die Klägerin sei bis Ende April 2024 bei ihm aufhältig gewesen, bestätigt werden.
19
Soweit die Klägerin auch im Zulassungsverfahren behauptet, auf die Angaben des Ehemanns könne nicht abgestellt werden, weil dieser ihr gegenüber gewalttätig gewesen sei und eine Feindschaft bestehe, die dazu führe, dass der Ehemann ihr Schlechtes wolle, greift dieses Vorbringen nicht durch.
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Die Klägerin hat bereits nicht hinreichend dargelegt, dass der österreichische Ehemann ihr gegenüber gewalttätig gewesen ist. Dass der Ehemann aufgrund von häuslicher Gewalt zulasten der Klägerin strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden ist, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Zwar wurde ausweislich der Feststellungen im Scheidungsurteil gegenüber dem Ehemann der Klägerin im März 2024 ein Betretungsverbot für die Ehewohnung sowie ein Annäherungsverbot zugunsten der Klägerin ausgesprochen, nachdem die Klägerin behauptet hatte, ihr Ehemann habe sie mehrmals attackiert und ihr einmalig ins Gesicht geschlagen. Verletzungen wurden im Krankenhaus im Wesentlichen aber nicht festgestellt, sodass das Verfahren nach § 83 österreichisches StGB (Körperverletzung) von der Staatsanwaltschaft Graz mit Schreiben vom 20. Mai 2024 eingestellt worden ist.
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Das Vorbringen der Klägerin zu einer Gewalttätigkeit ihres Ehemanns begründet auch deshalb keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, weil die im Scheidungsverfahren verhörte Polizeibeamtin ausgesagt hat, die Klägerin habe kurze Zeit nach dem oben genannten Vorfall erklärt, nächstes Mal werde sie einfach behaupten, ihr Ehemann habe ihr auf den Kopf gehauen, und stichhaltige Anhaltspunkte für eine Gewalttätigkeit des Ehemanns nicht substantiiert vorgetragen und auch nicht ersichtlich sind. Auch die Scheidungsrichterin geht davon aus, dass die Klägerin die Behauptungen zu einer Gewalttätigkeit ihres Ehemanns „fälschlicherweise“ getätigt habe, um finanzielle Vorteile vom Kläger zu erlangen. Denn das Beweisverfahren habe ergeben, dass die Klägerin – wenn sie nicht die Unterstützung erhalte, die sie sich von Behörden, Gerichten oder Polizei erwarte – dazu neige, Falschaussagen zu tätigen. Außerdem habe sich die Klägerin nicht an die Empfehlungen einer Organisation für Opfer häuslicher Gewalt, sich beispielsweise an die Gewaltambulanz oder das Frauenhaus zu wenden, gehalten.
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Neben der nicht glaubhaft gemachten Gewalttätigkeit des Ehemanns ist auch eine Belastungstendenz des Ehemanns der Klägerin aufgrund der obigen Feststellungen und unter Berücksichtigung der Ausführungen im Scheidungsurteil nicht zu erkennen.
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1.1.3 Die verwaltungsgerichtliche Auffassung einer nicht nur vorübergehenden Wohnsitzverlagerung nach Österreich im Mai 2023 kann auch nicht deshalb in Zweifel gezogen werden, weil die Klägerin weiterhin (auch) in Deutschland gemeldet war, auch nach diesem Zeitpunkt ein deutsches Bankkonto besaß, die ärztlichen Verbindungen nach wie vor in Deutschland bestanden und sie sich hier auch teilweise aufgehalten hat.
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1.1.3.1 Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass aufgrund des Gesamtzusammenhangs deshalb von einer Beibehaltung der klägerischen Meldeanschrift im Bundesgebiet auszugehen ist, weil sich die Klägerin einen deutschen Aufenthaltstitel sichern wollte. Die Umstände der Nichtabmeldung und der Beibehaltung der Wohnung in Deutschland sprechen nicht allein dafür, dass die Ausreise der Klägerin nur vorübergehender Natur war, zumal die Wohnung der Klägerin im Eigentum ihres Schwiegersohns bzw. ihrer Tochter steht. Vielmehr scheint die Nichtabmeldung die Folge aus dem Umstand zu sein, dass die Klägerin im Zeitraum vom 16. November 2019 bis 25. März 2022 nicht in Deutschland gemeldet war, und dies in der Folge zu umfangreichen Ermittlungen der Ausländerbehörde zur Frage des tatsächlichen Aufenthaltes der Klägerin im genannten Zeitraum geführt hat (vgl. dazu die Ausführungen zu Nr. 1.1.5).
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1.1.3.2 Auch das Wahrnehmen vereinzelter Termine bei deutschen Behörden und deutschen Ärzten ändert an der dauerhaften Verlagerung des klägerischen Wohnsitzes nichts.
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1.1.3.2.1 Während des maßgebenden Zeitraums vom 2. Mai 2023 bis April 2024 hat die Klägerin lediglich einen Arzttermin am 6. Oktober 2023 nachgewiesen. Auf einen dauerhaften Aufenthalt im Bundesgebiet kann daraus nicht geschlossen werden. Das Verwaltungsgericht hat insoweit in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass einzelne Arztbesuche und auch ein Klinikaufenthalt nach einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes ins Ausland nicht dazu führten, eine Wohnsitzverlagerung in Frage zu stellen, weil es stets denkbar und in Notfällen sogar geboten sei, medizinische Eingriffe auch in einem anderen Land als dem des Lebensmittelpunktes vornehmen zu lassen. Diesen Ausführungen ist lediglich hinzuzufügen, dass die ärztliche Versorgung der Klägerin in Deutschland gerade deshalb fortgesetzt worden ist, weil die Klägerin – ausweislich der Feststellungen im Scheidungsurteil – mangels deutscher Versicherungsnummer die Hilfe von österreichischen Ärzten nicht in Anspruch nehmen konnte. Aus diesem Grund scheiterte auch eine Anmeldung bei einem gesetzlichen Sozialversicherungsträger in Österreich.
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1.1.3.2.2 Während des maßgeblichen Zeitraums hat die Klägerin auch nur zwei behördliche Termine wahrgenommen.
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Bei dem ersten Termin handelt es sich um eine Vorsprache in der Ausländerbehörde am 5. Oktober 2023, somit am Tag vor dem oben genannten Arzttermin. Ansonsten fand der weitere Kontakt mit der Ausländerbehörde ausschließlich per E-Mail statt (Briefe an die deutsche Adresse kamen als unzustellbar zurück; die Klägerin konnte an der Meldeadresse bei polizeilicher Kontrolle nicht angetroffen werden). Der zweite von der Klägerin in Präsenz während des relevanten Zeitraums wahrgenommene Behördentermin bei einer deutschen Behörde fand am 6. September 2023 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge statt. Weitere von der Klägerin wahrgenommene Behördentermine während des genannten Zeitraums sind nicht nachgewiesen worden.
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Das Verwaltungsgericht hat insoweit zurecht ausgeführt, dass seitens der österreichischen Behörden als Voraussetzung für die Erteilung eines österreichischen Aufenthaltstitels ein Nachweis über eine in Deutschland bestehende Niederlassungserlaubnis verlangt worden und daher davon auszugehen sei, dass die Vorsprachen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und bei der grundsätzlich zuständigen Ausländerbehörde dazu gedient hätten, die für den Erwerb des österreichischen Aufenthaltstitels notwendigen Nachweise zu erhalten. Lediglich ergänzend ist insoweit anzuführen, dass der Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 12. April 2023 und damit zu einem Zeitpunkt gestellt worden ist, als noch nicht geklärt war, ob die Niederlassungserlaubnis der Klägerin aufgrund ihres Auslandsaufenthalts im Zeitraum vom 16. November 2019 bis 25. März 2022 erloschen ist. Die Annahme liegt insoweit nahe, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt offenbar eine Beendigung ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet fürchtete.
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1.1.3.3 Dass die Klägerin ihre Bankverbindungen und z.B. Versicherungen in Deutschland beibehalten hat, wurde weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren – trotz behördlicher Aufforderung, Nachweise über ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland zu erbringen – nachvollziehbar dargelegt.
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1.1.4 Soweit die Klägerin geltend macht, aus der Feststellung der Reiseunfähigkeit im ärztlichen Attest vom 6. Oktober 2023 ergebe sich, dass die Klägerin sich nicht nur vorübergehend in Deutschland aufgehalten habe, begründet dieses Vorbringen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
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Insoweit bleibt das Zulassungsvorbringen bereits eine nachvollziehbare Erklärung zu der vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil in nachvollziehbarer Weise aufgeworfenen Frage schuldig, warum der Klägerin im Attest vom 6. Oktober 2023, in dem zudem die Anschrift der Tochter der Klägerin und nicht ihre eigene (deutsche) Wohnadresse angegeben sei, eine Reiseunfähigkeit attestiert worden sei, wenn diese – wie sie vorträgt – ihren Lebensmittelpunkt nach wie vor in Deutschland gehabt habe.
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1.1.5 Soweit die Klägerin anführt, das Verwaltungsgericht ziehe aus der Besprechung bei der Ausländerbehörde am 5. Oktober 2023 die falschen Schlüsse, greift das Vorbringen ebenfalls nicht durch.
34
Gegenstand des Gesprächs am 5. Oktober 2023 war die Klärung der Frage, ob sich die Klägerin im Zeitraum vom 16. November 2019 bis 25. März 2022 trotz fehlender Wohnsitzanmeldung gewöhnlich im Bundesgebiet aufgehalten hat. Im Rahmen des Gesprächs legte die Klägerin die österreichische Heiratsurkunde und ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft S. vom 10. August 2023 vor, aus dem hervorgeht, dass sie in Österreich einen Aufenthaltstitel beantragt habe. Der Beklagte bejahte im Schreiben vom 11. März 2024 (in Kenntnis des Eheschlusses und des Antrags auf Erteilung einer österreichischen Aufenthaltserlaubnis) einen gewöhnlichen Aufenthalt der Klägerin im Bundesgebiet im Zeitraum vom 16. November 2019 bis 25. März 2022 und stellte fest, dass die Niederlassungserlaubnis somit nicht nach § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG erloschen sei, sondern weiterhin fortbestehe.
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Aus dem Schreiben vom 11. März 2024 kann die Klägerin für die Zeit ab dem 2. Mai 2023 jedoch keine für sie positiven Schlüsse hinsichtlich des Fortbestands ihrer Niederlassungserlaubnis ziehen. Denn der Beklagte kannte zum Zeitpunkt der Erstellung des Schreibens nicht alle während dieses Zeitraums eingetretenen Ereignisse. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zurecht darauf abgestellt, dass eine Mitteilung der Klägerin, seit dem 2. Mai 2023 mit (Haupt-)Wohnsitz in Österreich gemeldet zu sein, im Rahmen des Gesprächs am 5. Oktober 2023 nicht ersichtlich sei. Aus den Angaben der Klägerin musste der Beklagte auch nicht darauf schließen, dass sie sich nicht mehr dauerhaft in Deutschland aufhält. Positive Kenntnis von der Anmeldung eines (Haupt-)Wohnsitzes in Österreich erlangte der Beklagte erst durch einen Anruf der österreichischen Polizei am 25. April 2024. Dass der Beklagte bereits früher Kenntnis von diesem Umstand hatte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit die Klägerin im Zulassungsverfahren insoweit lediglich vortragen lässt, eine fehlende Mitteilung sei nicht bewiesen, verkennt sie, dass es sich insoweit um einen für sie günstigen Umstand handelt, den sie darzulegen und ggf. zu beweisen hätte.
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1.1.6 Soweit die Klägerin weiterhin ausführen lässt, sie habe mit ihrem Ehemann in Deutschland leben wollen und daher nicht von vornherein die Absicht gehabt, sich dauerhaft in Österreich aufzuhalten, greift dieses Vorbringen ebenfalls nicht durch.
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Das Verwaltungsgericht hat insoweit insbesondere ausgeführt, dass die Behördenakte keine Anhaltspunkte enthalte, die die Behauptung der Klägerin belegen würden, und genau das Gegenteil durch ihre Anmeldung am 2. Mai 2023 an der Anschrift ihres Ehemanns offenbar werde. Substantiiertes Vorbringen ist der Zulassungsbegründung insoweit nicht zu entnehmen.
38
Auch das von der Klägerin im Zulassungsverfahren vorgelegten Scheidungsurteil enthält eine diesbezügliche Aussage nicht. Vielmehr ist aus den dortigen Ausführungen, der am 6. August 1959 geborene Ehemann der Klägerin kümmere sich um seine Mutter (so hat er ausweislich der Ausführungen im Scheidungsurteil einen noch vor dem Eheschluss erfolgten Aufenthalt in Deutschland beendet, weil „seine Mutter seine Hilfe benötigte“) und dies habe der Klägerin gefallen, der Schluss zu ziehen, dass der Ehemann keinen Wohnortwechsel beabsichtigt hat, weil er in diesem Fall seine (betagte) Mutter nicht mehr unterstützen hätte können. Gegen die Behauptung eines beabsichtigten Wohnens in Deutschland spricht zudem, dass der Ehemann nach dem Einzug der Klägerin noch bauliche Änderungen an der Ehewohnung in Österreich vorgenommen hat (eine Tür wurde versetzt). Im Übrigen war ausweislich der Feststellungen im Scheidungsurteil zwischen den Eheleuten auch vereinbart worden, dass die Klägerin (neben der Haushaltsführung) auch in Österreich einer Arbeit nachgehe. Auch dies spricht gegen eine Absicht der Eheleute, in Deutschland leben zu wollen.
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1.1.7 Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe sich nur sporadisch in Österreich aufgehalten, vermag auch dieses Vorbringen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu begründen.
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Ein lediglich sporadischer Aufenthalt in Österreich ist schon deshalb nicht glaubhaft, weil gegenüber dem Ehemann der Klägerin ausweislich der Feststellungen im Scheidungsurteil im März 2024 ein Betretungsverbot für die Ehewohnung und ein Annäherungsverbot zugunsten der Klägerin verhängt worden ist. Wenn die Klägerin – wie sie behauptet – aber nur sporadisch in Österreich gelebt hat, ist es nicht nachvollziehbar, weshalb sie ein Betretungsverbot für die Ehewohnung erwirkt, wenn sie sich dort nicht aufgehalten haben will.
41
1.1.8 Soweit die Klägerin meint, die Aussage des Verwaltungsgerichts, die Klägerin habe sich im Zeitraum vom 22. August 2022 bis 6. Oktober 2023 überwiegend in Deutschland aufgehalten, stehe im Widerspruch zu der verwaltungsgerichtlichen Annahme, die Klägerin habe ihren Wohnsitz bereits am 2. Mai 2023 nicht nur vorübergehend verlagert, trifft diese Auffassung offensichtlich nicht zu.
42
Das Verwaltungsgericht hat insoweit ausgeführt, dass „die Behandlungen bei Dr. S im Zeitraum vom 22.8.2022 bis 6.10.2023 stattgefunden hätten, d.h. überwiegend in einem Zeitraum, in dem die Klägerin noch in Deutschland aufhältig war“. Mit der Verwendung des Wortes „überwiegend“ bringt das Verwaltungsgericht unzweideutig zum Ausdruck, dass es eben nicht von einem dauerhaften Aufenthalt der Klägerin im Bundesgebiet während des genannten Zeitraums ausgeht, sondern eben nur für den Zeitraum bis 2. Mai 2023. Der Zeitraum der Anwesenheit ist länger als der Zeitraum der Abwesenheit ab dem 2. Mai 2023. Daher hat sich die Klägerin im Zeitraum vom 22. August 2022 bis 6. Oktober 2023 überwiegend in Deutschland aufgehalten.
43
1.2 Soweit die Klägerin mit ihrer Rüge, das verwaltungsgerichtliche Urteil sei hinsichtlich der Abschiebungsandrohung und der Ausreiseaufforderung falsch, weil es erforderlich gewesen wäre zu ergründen, ob sie sich als „quasi Inländerin“ auf ein Abschiebungsverbot berufen könne (wegen des 15-jährigen Aufenthalts mit einer Niederlassungserlaubnis im Bundesgebiet, der vollständigen Integration in der Bundesrepublik Deutschland und dem Angewiesensein auf die Unterstützung der Tochter), sinngemäß wohl ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung geltend machen will, greift diese nicht durch.
44
Der Beklagte hat insoweit zurecht darauf hingewiesen, dass die Klägerin schon deshalb keine sog. faktische Inländerin ist, weil sie erst im Alter von knapp 40 Jahren erstmals in das Bundesgebiet gekommen ist und somit den ganz überwiegenden Teil ihres Lebens in ihrem Heimatland verbracht hat.
45
1.3 Die Klägerin geht auch fehl in der Annahme, über einen Aufenthaltstitel nach § 25 Abs. 5 AufenthG sei bislang keine Entscheidung getroffen worden. Zwar wurde die Versagung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG im angefochtenen Bescheid nicht tenoriert. In den Bescheidsgründen (BA S. 5 f.) wurde sie jedoch ausdrücklich abgelehnt. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils ergeben sich aus dem Vorbringen daher nicht.
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2. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.
47
Ohne Erfolg rügt die Klägerin, das Verwaltungsgericht habe ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, indem es ihre in der mündlichen Verhandlung bedingt gestellten Beweisanträge im angegriffenen Urteil abgelehnt hat.
48
Der in Art. 103 Abs. 1 GG verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör gibt den an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligten ein Recht darauf, dass sie Gelegenheit erhalten, zu Wort zu kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis zu nehmen (vgl. BVerfG, B.v. 19.5.1992 – 1 BvR 996/91 – juris Rn. 35). Damit gibt Art. 103 Abs. 1 GG den Beteiligten ein Recht zur Äußerung über Tatsachen, Beweisergebnisse und die Rechtslage. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht darüber hinaus, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist dann verletzt, wenn die angefochtene Entscheidung auf Tatsachen oder Beweisergebnisse gestützt wird, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (§ 108 Abs. 2 VwGO), oder wenn das erkennende Gericht das (entscheidungserhebliche) tatsächliche oder rechtliche Vorbringen der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen hat (vgl. BVerfG, B.v. 30.1.1985 – 1 BvR 393/84 – NJW 1985, 115).
49
In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge (BVerfG, B.v. 29.11.1983 – 1 BvR 1313/82 – juris Rn. 8). Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt jedoch nicht gegen eine nach Meinung eines Beteiligten sachlich unrichtige Ablehnung eines Beweisantrags (BVerwG, B.v. 7.10.1987 – 9 CB 20.87 – juris Rn. 7). Die Ablehnung eines – wie hier nicht – unbedingt gestellten Beweisantrags nach § 86 Abs. 2 VwGO ist nur dann verfahrensfehlerhaft, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet. Gleiches gilt für einen – wie hier – bedingt gestellten Beweisantrag, da die Stellung eines bedingten Beweisantrags das Gericht lediglich von der Erfüllung der Anforderung aus § 86 Abs. 2 VwGO, über sie vorab durch Gerichtsbeschluss zu entscheiden, entbindet, nicht aber von der Verpflichtung, die Erheblichkeit des Beweisangebots zu beurteilen (BVerfG, B.v. 4.12.2012 – 2 BvR 2954/09 – juris Rn. 22; BVerwG, B.v. 7.11.2022 – 1 B 64.22 – juris Rn. 4 m.w.N.).
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Eine Stütze im Prozessrecht findet die Ablehnung eines Beweisantrags zum einen, wenn das Verwaltungsgericht sich auf einen im Prozessrecht vorgesehenen Ablehnungsgrund berufen und das Vorliegen der Voraussetzungen dieses Ablehnungsgrundes in vertretbarer Weise bejaht hat (HessVGH, B.v. 10.7.2007 – 7 UZ 422/07.A – juris Rn. 18). Ein Beweisantrag kann hiernach unter anderem abgelehnt werden, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache nach der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts nicht entscheidungserheblich ist. Auch Beweisanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, müssen regelmäßig dem Gericht eine weitere Sachaufklärung nicht nahelegen und können als unsubstantiiert abgelehnt werden (Beweisermittlungsantrag, vgl. BVerwG, B.v. 2.7.1998 – 11 B 30.97 – juris Rn. 13 m.w.N.). Gleiches gilt für Beweisanträge, bei denen für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsache nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, wenn sie also ohne greifbare Anhaltspunkte „ins Blaue hinein“, also „erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage“ behauptet worden ist (Ausforschungsbeweisantrag, vgl. BVerwG, B.v. 31.3.2016 – 2 B 12.15 – juris Rn. 17; B.v. 2.7.1998 – 11 B 30.97 – juris Rn. 13 m.w.N.). Welche Anforderungen vom Tatsachengericht an die Substantiierung gestellt werden dürfen, bestimmt sich zum einen danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des Beteiligten fällt, und zum anderen nach der konkreten prozessualen Situation (BVerwG, 30.6.2021 – 9 B 46.20 – juris Rn. 6; B.v. 7.11.2022 – 1 B 64.22 – juris Rn. 5).
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Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs scheidet jedoch auch dann aus, wenn nicht die in der Begründung des Gerichts genannten, aber andere Gründe des Verfahrensrechts die beantragte Beweiserhebung ausschließen (OVG NW, B.v. 2.1.2020 – 19 A 183/18.A – juris Rn. 12 ff.; HessVGH, B.v. 10.7.2007 – 7 UZ 422/07.A – juris Rn. 18; BVerwG, U.v. 16.3.1994 – 11 C 48.92 – NVwZ 1994, 1095 – juris Rn. 21; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 86 Rn. 64). Dem Beteiligten muss durch eine im Ergebnis untragbare Ablehnung die Möglichkeit abgeschnitten worden sein, auf die Tatsachengrundlage des Gerichts durch die gewünschte Beweiserhebung einzuwirken (NdsOVG, B.v. 16.12.2004 – 8 LA 262/04 – juris Rn. 5; Kautz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 138 VwGO Rn. 13; Dahm NVwZ 2000, 1385).
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Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist zudem ordnungsgemäß geltend zu machen. Dies ist der Fall, wenn innerhalb der Zulassungsbegründungsfrist dargelegt wird, was bei nach Ansicht des Rechtsmittelführers ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs in der mündlichen Verhandlung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht noch vorgetragen worden wäre und inwiefern dieses Vorbringen eine Entscheidung zu seinen Gunsten hätte herbeiführen können (BVerwG, B.v. 7.6.2017 – 5 C 5.17 D, 5 C 5.17 D (5 C 10.15 D) – juris Rn. 16 zu § 152a VwGO)
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Ausgehend von diesen Maßgaben liegt eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht vor bzw. ist schon nicht hinreichend dargelegt.
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2.1 Das Verwaltungsgericht hat den bedingten Beweisantrag auf Einvernahme der Tochter der Klägerin als Zeugin „zum Beweis der Tatsache, dass die Klägerin nach der Eheschließung sich überwiegend in Deutschland, wo sie ihren Wohnsitz beibehalten hat, aufgehalten hat und mit ihrem Ehemann sich darüber einig war, nach Deutschland zu ziehen“ (Beweisantrag Nr. 1), im Ergebnis zurecht abgelehnt.
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2.1.1 Soweit der Beweisantrag den Aufenthalt der Klägerin im Bundesgebiet betrifft hat das Verwaltungsgericht den Beweisantrag als „Beweisausforschungsantrag“ angesehen. Nach Auffassung der Kammer hätte im Rahmen des Beweisantrags angegeben werden müssen, für welche konkreten Tage die Tochter der Klägerin bestätigen könne, dass sich ihre Mutter im Bundesgebiet aufgehalten habe, sodass sich aus der Antragstellung nicht ergebe, welche Tatsachen durch die Tochter der Klägerin bestätigt werden sollten.
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Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden. Von der Klägerin wird jeweils nur das Beweisziel („überwiegend in Deutschland aufgehalten“) genannt, nicht aber die konkreten Beweistatsachen (Aufenthalt von … bis…), aus denen auf das Beweisziel (die Würdigung „überwiegend“) geschlossen werden soll. Für die Zulässigkeit des Beweisantrags wäre aber die Benennung der konkreten Beweistatsache erforderlich gewesen. Es handelt sich folglich um einen Beweisermittlungsantrag, der als unsubstantiiert abgelehnt werden kann.
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2.1.2 Soweit der Beweisantrag die Vereinbarung der Eheleute, nach Deutschland zu ziehen, betrifft, hätte es nach Auffassung des Verwaltungsgerichts im Rahmen des Beweisantrags konkretisierter Angaben dahingehend bedurft, wann diese Vereinbarung getroffen worden ist und dass die Tochter dabei zugegen gewesen ist.
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Die insoweitige Ablehnung des Beweisantrags ist jedenfalls im Ergebnis ebenfalls nicht zu beanstanden. Dem Beweisantrag kann nicht entnommen werden, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll (vgl. § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO; zur Anwendbarkeit der Norm im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vgl. BVerwG, B.v. 24.11.2023 – 6 B 7.23 – juris Rn. 16; vgl. zur Anwendbarkeit von § 244 Abs. 3 Satz 2 und 3 StPO bei substantiierten Beweisanträgen vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2023 – 10 BN 3.23 – juris Rn. 50). Erforderlich wäre gewesen, darzulegen, wie und wann die Tochter der Klägerin von beiden Eheleuten (getrennt oder zusammen) die behauptete übereinstimmende Absicht, nach Deutschland ziehen zu wollen, erfahren haben will. Daher geht der Einwand der Klägerin, das Verwaltungsgericht nehme die Beweiswürdigung vorweg, fehl. Eine weitere Sachverhaltsermittlung in Form der Anhörung der Tochter der Klägerin musste sich dem Verwaltungsgericht aus diesem Grund auch nicht aufdrängen.
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2.2 Die Ablehnung des Antrags auf Einvernahme der Tochter der Klägerin „zum Beweis der Tatsache, dass die Klägerin in der Zeit nach der Eheschließung bis jetzt in der Bundesrepublik Deutschland ärztlich behandelt wurde und sich während des Asylverfahrens in Deutschland aufgehalten hat und sich mehr als zwei Wochen nie in Österreich aufgehalten hat“ (Beweisantrag Nr. 2), greift der Zulassungsantrag bereits nicht substantiiert an.
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Das Verwaltungsgericht hat auch insoweit zurecht ausgeführt, dass der Beweisantrag keine konkreten Tatsachen enthalte, die eines Zeugenbeweises zugänglich wären. Im Übrigen geltend die Ausführungen zu Nr. 2.1.1 entsprechend.
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2.3 Den Antrag auf Einvernahme der Tochter der Kläger zum Beweis der Tatsache, „dass die Klägerin in Deutschland auch nach der Eheschließung stets eine Wohnung, wo sie auch tatsächlich gewohnt hat, gehabt hat“ (Beweisantrag Nr. 3), hat das Verwaltungsgericht ebenfalls zurecht mit der Begründung abgelehnt, es hätten konkrete Tage benannt werde müssen, an denen sich die weiterhin in Deutschland gemeldete Klägerin in ihrer Wohnung in Deutschland aufgehalten haben soll. Auch insoweit handelt es sich um einen Beweisermittlungsantrag, der als unsubstantiiert abgelehnt werden kann.
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2.4 Soweit die Klägerin in der Ablehnung ihres Antrags auf Einvernahme ihres österreichischen Ehemanns zum Beweis „dafür, dass die Klägerin bei der Eheschließung mit ihrem österreichischen Ehemann sich darauf geeinigt hatte nach Deutschland zu ziehen“ (Beweisantrag Nr. 4), ebenfalls einen Gehörsverstoß sieht, liegt ein solcher nicht vor.
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Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts handle es sich bei dem Antrag um einen unbehelflichen Beweiserforschungsantrag. Das Beweisthema sei nicht konkret angegeben, da aus dem Antrag nicht hervorgehe, wann genau die unter Beweis gestellte Abrede, die seitens des Ehemannes der Klägerin bezeugt werden solle, getroffen worden sei. Im Übrigen sei für die Frage des Erlöschens der Niederlassungserlaubnis nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG auf den Zeitpunkt der Ausreise aus dem Bundesgebiet abzustellen. Selbst wenn die Klägerin in der Folge ihre Pläne geändert hätte, wofür nach Aktenlage keine Anhaltspunkte beständen, würde dies nicht zu einem Wiederaufleben der Niederlassungserlaubnis führen.
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Die Klägerin lässt insoweit zur Begründung des Gehörsverstoßes insbesondere ausführen, wenn der Ehemann bestätigt hätte, dass Einigkeit zwischen den Beteiligten bestanden hätte, nach Deutschland zu ziehen, wäre die Ausreise aus einem „nicht vorübergehenden Grund“, der sich aus der Eheschließung hätte schließen lassen, widerlegt worden. Durch die Vernehmung als Zeuge hätten die bei der Polizei gemachten Aussagen des Ehemanns richtiggestellt werden können.
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Dieses Vorbringen greift nicht durch. Im Ergebnis hat das Verwaltungsgericht den Beweisantrag zurecht abgelehnt. Es handelt sich hierbei um einen Ausforschungsbeweisantrag. Im Hinblick auf die vom Ehemann getätigten Aussagen gegenüber der österreichischen Polizei, insbesondere, dass sich die Klägerin bis Ende April 2024 bei ihm aufgehalten habe, sprach für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsache nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Die Klägerin trägt selbst nicht vor, dass den Angaben des Ehemanns gegenüber der österreichischen Polizei Anhaltspunkte entnommen werden können, dass die behauptete Vereinbarung bestanden hat.
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2.5 Soweit die Klägerin auch eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt, weil das Verwaltungsgericht ihrem Antrag auf Beiziehung der Bundesamtsakten und der dazugehörigen Gerichtsakten („Beweisantrag“ Nr. 5) nachgekommen sei, die Akten dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin aber nicht zur Kenntnis gebracht worden seien und er daher keine Möglichkeit gehabt habe, präzisierend darzulegen und vor allem die Tatsache, dass die Klägerin kurz nach der Eheschließung mit ihrem Ehemann in Deutschland gelebt habe, zu belegen, greift dieses Vorbringen nicht durch.
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Das Verwaltungsgericht hat zwar im Rahmen der Abhandlung der klägerischen Anträge im Urteil ausgeführt, dass die Klägerin ausweislich der Bundesamtsakte einen für den 17. Juli 2023 angesetzten Anhörungstermin beim Bundesamt mit der Begründung nicht wahrgenommen habe, sie habe ihren Ehemann betreuen müssen, der einen Schlaganfall erlitten habe, und sie habe niemanden gehabt, der sie schnell zum Termin hätte fahren können. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts stehe dieses Vorbringen in einem gewissen Widerspruch zu den Einlassungen der Klägerin im hier anhängigen Verfahren, weil nicht ersichtlich sei, warum sie auf ihren Ehemann angewiesen gewesen sein solle, wenn sie sich doch – wie vorgetragen – überwiegend in Deutschland aufgehalten habe, wo sie die Hilfe ihrer Tochter in Anspruch hätte nehmen oder auf öffentliche Verkehrsmittel hätte ausweichen können. Eine weitere Aufklärung hat das Verwaltungsgericht aber nicht für erforderlich gehalten, da es sich nicht um einen entscheidungserheblichen Sachverhalt handle.
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Da die verwaltungsgerichtliche Entscheidung folglich nicht auf diesen Sachverhalt gestützt worden ist, kommt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wegen fehlender Möglichkeit der Einsichtnahme in die Bundesamtsakte nicht in Betracht, unabhängig davon, dass die Klägerin einen Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht nicht gestellt hat. Mangels Entscheidungserheblichkeit des Sachverhalts scheidet auch ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO aus, der das Gericht lediglich verpflichtet, den nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären.
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2.6 Auch die klägerische Rüge eines Gehörverstoßes wegen der Ablehnung des Antrags auf Anhörung der (in der mündlichen Verhandlung nicht anwesenden) Klägerin, „zum Beweis der in den Anträgen 1. bis 5. genannten Tatsachen und als Nachweis für die in § 25b AufenthG genannten erforderlichen Sprachkenntnisse“ (Beweisantrag Nr. 6), führt nicht zur Zulassung der Berufung.
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Soweit der Antrag auf den Beweis der „Tatsachen“ aus den Anträgen Nr. 1 bis 5 gerichtet ist, fehlt es bereits an einer ordnungsgemäßen Geltendmachung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Insoweit wäre innerhalb der Zulassungsbegründungsfrist dazulegen gewesen, was bei nach Ansicht der Klägerin ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs in der mündlichen Verhandlung in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht noch vorgetragen worden wäre und inwiefern dieses Vorbringen eine Entscheidung zu ihren Gunsten hätte herbeiführen können (vgl. BVerwG, B.v. 7.6.2017 – 5 C 5.17 D, 5 C 5.17 D (5 C 10.15 D) – juris Rn. 16 zu § 152a VwGO). Diese Voraussetzungen erfüllt das Zulassungsvorbringen nicht, da sich ihm nicht entnehmen lässt, welche konkreten Tatsachen die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hätte, bei deren Berücksichtigung das Gericht zu einem anderen, der Rechtsmittelführerin günstigeren Ergebnis gekommen wäre.
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Soweit der Antrag auf den Nachweis für die in § 25b AufenthG genannten Sprachkenntnisse gerichtet ist, ist der Beweisantrag bereits nicht entscheidungserheblich, da das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass die Klägerin – neben dem fehlenden Sprachnachweis (§ 25b Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AufenthG) – auch die Voraussetzungen in § 25b Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 AufenthG nicht erfüllt.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 3 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziff. 8.1.1, 8.1.2 und 1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).