Titel:
Untersagung des ordnungswidrigen Abstellens von Fahrzeugen
Normenkette:
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 1
Schlagwort:
Untersagung des ordnungswidrigen Abstellens von Fahrzeugen
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 04.05.2022 – M 23 K 22.268
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22476
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
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Der Kläger wendet sich gegen eine Verfügung, mit der die Beklagte ihm das Abstellen von Fremdfahrzeugen in Haltverboten und auf Rad- und Fußwegen untersagte.
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Zum 1. April 2021 meldete er ein Gewerbe für eine Kfz-Reparaturwerkstatt, einen Kfz- und Ersatzteilhandel und die Erstellung von Kfz-Schadensgutachten auf einem Grundstück im Zuständigkeitsbereich der Beklagten an. Am 1. Oktober 2021 erfolgte eine Ummeldung mit einem Kfz- und Ersatzteilhandel sowie Kfz- und Umzugstransportgewerbe. Die Reparaturwerkstatt und die Erstellung von Schadensgutachten wurden abgemeldet. Auf dem Gewerbegrundstück lagerten nach den Feststellungen der Beklagten abgemeldete Kfz, Ersatzteile, Altreifen und Abfall, sodass nur eine Fahrbreite offen war, um die Autos in die Werkstatt zu fahren, und keine weiteren Kfz dort abgestellt werden konnten. Stattdessen wurden – teilweise auch abgemeldete – Kfz auf öffentlichem Straßengrund im Umfeld der Werkstatt im Bereich von Haltverboten und auf Rad- und Fußgängerwegen abgestellt. Die Ahndung der Ordnungswidrigkeiten durch Verwarnung der Fahrzeughalter blieb ohne Wirkung.
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Nach Anhörung, auf die keine Reaktion erfolgte, untersagte die Beklagte gestützt auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. § 24 StVG i.V.m. § 49 Abs. 3 Nr. 4, § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. Anlage 2 lfd. Nr. 62, 63, § 12 Abs. 4a StVO und Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG dem Kläger mit Bescheid vom 16. Dezember 2021, Fahrzeuge auf mit Haltverboten versehenem öffentlichen Straßengrund sowie auf Rad- und Fußgängerwegen abzustellen. Ferner ordnete sie die sofortige Vollziehung dieser Verfügung an und drohte für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld an.
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Eine Anordnung gleichen Inhalts erging an einen Dritten, mit dem sich der Kläger das Gewerbegrundstück teilte und der nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sein Gewerbe zum 29. August 2022 abmeldete.
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Gegen die Untersagungsverfügung ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 17. Januar 2022 Klage beim Verwaltungsgericht München erheben. Den zeitgleich erhobenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nahm er wieder zurück.
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Mit Urteil vom 4. Mai 2022 wies das Verwaltungsgericht die Klage unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Bescheids ab. Ergänzend wurde ausgeführt, die Voraussetzungen der sicherheitsrechtlichen Anordnung seien gegeben, da das Abstellen von versicherten als auch von nicht versicherten Fahrzeugen in den bezeichneten Bereichen untersagt sei und eine Ordnungswidrigkeit darstelle. Die Anordnung werde bereits von Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG getragen, ohne dass es noch eines Rückgriffs auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG bedürfe. Der Kläger sei als Veranlasser zweifelsfrei Handlungsstörer. Das Gericht bezweifle nicht, dass er Anlass zu dem sicherheitsrechtlichen Einschreiten gegeben habe, nachdem der Zustand selbst von Klageseite eingeräumt werde und Bußgelder keine Änderung der Verhaltensweise bewirkt hätten. Ermessensfehler seien nicht festzustellen. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig. Es liege ausschließlich in der persönlichen unternehmerischen Sphäre des Klägers, (Reparatur-)Annahmen seiner Kunden bzw. An- und Verkäufe so zu organisieren, dass ihm während des hierfür benötigten Zeitraums ausreichende private Abstellmöglichkeiten zur Verfügung stünden (insbesondere bei abgemeldeten Fahrzeugen) bzw. er mit den im näheren Umkreis zur Werkstatt liegenden legalen Abstellmöglichkeiten auf öffentlichem Straßengrund auskomme. Dies liege ausschließlich in der Risikosphäre des unternehmerisch tätigen Klägers. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, durch entsprechende Umbeschilderungen die bisher aufgetretenen Missstände künftig zu legalisieren. Straßenverkehrsrechtliche Anordnungen würden ausschließlich durch die in § 45 StVO genannten (öffentlichen) Voraussetzungen gerechtfertigt. Es sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens zu prüfen, inwieweit einzelne Verkehrszeichen im Umfeld des Klägers straßenverkehrsrechtlich gerechtfertigt seien. Die derzeit bekannt gemachten Anordnungen seien verbindlich und entfalteten zweifelsohne ihre Rechtswirkung gegenüber Verkehrsteilnehmern. Da das Verbot des Abstellens von Fahrzeugen in den im streitgegenständlichen Bescheid bezeichneten Bereichen allgemein gelte, habe es keiner Benennung einzelner Straßen bzw. Straßenzüge bedurft. Auf die von Klageseite angeregte Ortseinsicht sei es nicht streitentscheidend angekommen.
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Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt, macht der Kläger geltend, es habe Grundsatzcharakter, ob eine Regelung des LStVG im Sanktionsbereich neben der StVO, die ein abschließendes Sanktionssystem bei Verstößen vorgebe, Anwendung finden dürfe. Die Beklagte habe die Frage des Verwaltungsgerichts, warum Fahrzeuge, die eine Gefährdung darstellten, nicht abgeschleppt würden, nicht beantwortet. Das absolute Haltverbot im räumlich untergeordneten Bereich direkt vor der Betriebseinfahrt stelle eine Schikane der Beklagten dar, um faktischen und rechtlichen Druck aufzubauen, die nicht zu halten sein werde. Der Verwaltungsakt, der eine sich nicht aus dem Bescheid ergebende Auslegung durch das Gericht erfahren habe, sei komplett praxisuntauglich im Vollzug. In seiner „Berufungsbegründung“ ließ der Kläger weiter ausführen, das Verwaltungsgericht habe „auf einer falsch dargestellten Tatsachengrundlage unter Verletzung des rechtlichen Gehörs entschieden“. Das LStVG sei wegen der abschließenden Sanktionsmöglichkeiten der verwarnungs- und bußgeldbewehrten StVO im Rahmen des Bußgeldkatalogs und den Möglichkeiten nach dem BayAbfG hier nicht anwendbar. Der Bußgeldkatalog differenziere im Einzelfall danach, ob es zu einer Gefährdung gekommen sei. Zudem sei das Auswahlermessen nicht dargestellt und verletzt. Der Bestimmtheitsgrundsatz als notwendiger Bestandteil eines Bescheids sei nicht gewahrt und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt. Im Sanktionsbereich gebe es wie im Strafrecht keine Wahlfeststellung. Der Kläger betreibe seit 1. Oktober 2021 einen Kfz- und Ersatzteilhandel, sowie Kfz- und Umzugstransporte, jedoch anders als in den Urteilsgründen dargestellt nehme er keine Reparaturen an. Der Vortrag der Beklagten, dass in zwei Monaten bis zur Anhörung am 1. Dezember 2021 mehrfach Beschwerden eingegangen seien und die Ahndung über Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht zum Erfolg geführt habe, könne schon von der Lebenswahrscheinlichkeit her nicht stimmen. Dies sei auch der vorgelegten Verwaltungsakte nicht zu entnehmen. Offensichtlich rechne die Beklagte dem Kläger ein Verhalten des Rechtsvorgängers zu. Selbst wenn dies zulässig wäre, müsste der Beklagtenvortrag nachprüfbar durch die Verwaltungsakte belegt sein, die durch das Gericht hätte angefordert werden müssen. Im Betriebsumgriff handle es sich um ein Gewerbegebiet. Es sei nicht nachvollziehbar, woher die Beschwerden kämen. Das rechtliche Gehör sei dadurch verletzt worden, dass der in der Klageschrift vom 17. Januar 2022 gestellte Antrag auf Akteneinsicht zum nicht beschiedenen Antrag auf Änderung der Verkehrsbeschilderung übergangen worden sei. Die abschließenden Sanktionsmöglichkeiten der verwarnungs- und bußgeldbewehrten StVO im Rahmen des Bußgeldkatalogs und die Möglichkeiten nach dem BayAbfG schlössen die Anwendbarkeit des LStVG aus. Grundsätzlich sei jeder einzelne Verstoß gesondert festzustellen und „die Verantwortlichkeit beweisbelastet für die Beklagte zu ergründen“. Pauschale Verantwortlichkeiten gebe es im deutschen Recht nicht. Es gehe keine tatsächliche Gefahr für Leib und Leben von der Situation vor Ort aus. Es sei kein Abschleppversuch unternommen worden, weil keine Gefährdungslage vorliege. Selbst wenn ein Auto im absoluten Haltverbot stehe, stelle dies keine Behinderung dar, was einen Rückschluss auf die rechtswidrige Beschilderung zulasse. Der angebotene Augenschein mit maximaler Zustellung mit Fahrzeugen sei vom Gericht nicht eingeholt worden. Die Bestimmung in Nummer 1 des Bescheids umfasse das gesamte Stadtgebiet. Die Zuordnung eines irgendwo abgestellten Autos sei unmöglich. Letztlich handle es sich nur um die Wiedergabe des Gesetzes, wofür ein Bescheid nicht benötigt werde. Auch die in der mündlichen Verhandlung in Absprache mit der Beklagten gefundene Auslegung des Gerichts, dass pro Kontrolle ein Zwangsgeld erhoben werden könne, sei nicht zulässig. Der Bescheid hätte geändert werden müssen. Mit inhaltsgleichem Bescheid vom selben Tag sei die Beklagte auch gegen einen Dritten vorgegangen, der einen Reparaturbetrieb geführt habe. Dieser habe seine Klage inzwischen zurückgenommen. In dem angefochtenen Bescheid hätte ausgeführt werden müssen, warum es ermessensgerecht sei, nicht nur den Dritten, sondern auch den Kläger in Anspruch zu nehmen. Wie festgestellt werden könne, wer für welches Auto verantwortlich sei, entziehe sich dem logischen Schluss. Die Aussage der Beklagten, sie können dies ermitteln, reiche nicht. Bei Festsetzung eines Zwangsgelds müsse der Sachverhalt so genau feststehen, dass nicht erst noch ermittelt werden müsse. Entgegen der Ansicht des Gerichts müsse der Vorgang zur Beschilderung in diesem Straßenbereich im Wege der Verhältnismäßigkeit als Ganzes gesehen werden und nicht formalrechtlich. Die Beklagte habe es unterlassen, das straßenrechtliche Erfordernis von Haltverbotsschildern zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit zu überdenken. Zugleich habe sie wohl aktiv auf die Bahn eingewirkt, um außerhalb der Fahrbahn Steine ablegen zu können, obwohl grundsätzlich die Bahn gegen das Abstellen in diesem Bereich keine Einwände gehabt habe. Ob vom Rechtsvorgänger über eine Entschädigung hierzu verhandelt worden sei, sei nicht bekannt. Insgesamt könne keine konkrete Gefahr abgeleitet werden. Es gebe keine Wahlfeststellung des Inhalts „Wenn es der eine nicht war, dann war es mit Sicherheit der andere“. Wenn gegen zwei eigenständige Betriebsinhaber ein identischer Bescheid erlassen werde und denkbar sei, dass alle betroffenen Fahrzeuge nur einem zuordenbar seien, sei immer ein Bescheid falsch, ohne dass zu sagen sei, welcher. Folglich sei kein Bescheid in diese Richtung möglich. Es werde beantragt, alle zugehörigen Verwaltungsvorgänge und das Gerichtsverfahren M 22 K 20.6271 beizuziehen.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO; BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI 04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 54), nicht hinreichend dargelegt sind bzw. nicht vorliegen.
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1. Zum Teil werden bereits die Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO verfehlt. Zwar kann die „Berufungsbegründung“, in der Zulassungsgründe nicht konkret benannt werden, mit dem Zulassungsantrag dahin ausgelegt werden, dass der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und einen Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) geltend machen möchte. Zielt der dargelegte Zulassungsgrund wie hier in der Sache auf einen der gesetzlichen Tatbestände, ist dem Darlegungsgebot genügt (Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 57 m.w.N.; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2024, § 124a VwGO Rn. 92). Jedoch erfüllen die Ausführungen zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts nicht die Darlegungsanforderungen, soweit sie ohne Bezugnahme auf die gerichtlichen Erwägungen lediglich die Rechtsauffassung des Klägers wiedergeben. Der Rechtsmittelführer, der die Zulassung der Berufung beantragt, muss den Streitstoff unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil sichten, rechtlich durchdringen und aufbereiten sowie dartun, dass und weshalb das Verwaltungsgericht entscheidungstragende Rechts- und Tatsachenfragen unrichtig entschieden hat (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124a Rn. 194; Roth in BeckOK VwGO, Stand 1.7.2025, § 124a Rn. 73). Hieran fehlt es, wenn er lediglich sein Vorbringen aus erster Instanz wiederholt, ohne auf die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung einzugehen, oder die eigene Würdigung der Sach- und Rechtslage vorträgt, die im Ergebnis von derjenigen des Verwaltungsgerichts abweicht (Roth a.a.O.; Rudisile a.a.O. Rn. 91, 93).
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Auch werden nicht die Darlegungsanforderungen an eine Grundsatzrüge erfüllt. Mit seinem Zulassungsantrag vom 3. August 2022 hebt der Kläger den „Grundsatzcharakter“ der Frage hervor, ob die Regelungen des LStVG im Sanktionsbereich neben der StVO, die ein abschließendes Sanktionssystem bei Verstößen vorgebe, Anwendung finden dürfe. Die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung verlangt indes, dass eine konkrete Tatsachen- oder Rechtsfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich, ist; ferner, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht (vgl. Happ, a.a.O. § 124a Rn. 72; Rudisile in Schoch/Schneider, § 124a VwGO Rn. 102 ff.). Hieran fehlt es.
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2. Weder mit dem Antragsschriftsatz noch mit der als „Berufungsbegründung“ bezeichneten Begründung des Zulassungsantrags vom 5. September 2022 hat der Kläger aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen hat.
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind anzunehmen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16 m.w.N.) und dies zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründet (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
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Soweit der Kläger eine zum Teil unzutreffende Beschreibung seiner gewerblichen Betätigungen rügt, war dies offensichtlich nicht entscheidungserheblich. Denn ungeachtet der von ihm im Einzelnen ausgeübten Tätigkeiten ist das angegriffene Urteil maßgeblich darauf gestützt, dass die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG erfüllt sind, weil er im Rahmen seines Gewerbes mehrfach durch das Abstellen von Fahrzeugen in Haltverbotsbereichen und auf Fuß- und Radwegen im Umfeld des Betriebsgrundstücks Ordnungswidrigkeiten begangen hat und gleichartige Ordnungswidrigkeiten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auch weiterhin drohen. Soweit er nunmehr seine Verantwortlichkeit hierfür pauschal bestreitet oder für nicht feststellbar hält, führt dies nicht dazu, dass von einer „falsch dargestellten Tatsachengrundlage“ auszugehen wäre. Abgesehen davon, dass die Feststellung der Verantwortlichkeit keine bestimmte Dauer oder Anzahl von Verstößen voraussetzt, hat die Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass der Kläger seit 1. April 2021 ein Gewerbe für Kfz-Reparaturwerkstatt, Kfz- und Ersatzteilhandel sowie die Erstellung von Kfz-Schadensgutachten auf dem streitgegenständlichen Grundstück angemeldet hat und zum 1. Oktober 2021 lediglich eine Ummeldung erfolgt ist. Für die Behörde oder das Verwaltungsgericht gab es keinen Anlass, seine Verantwortlichkeit zu bezweifeln, nachdem er diese weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren geleugnet, sondern den „Zustand“ im Schriftsatz vom 17. Januar 2022 und in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hatte und Bußgelder zu keiner Verbesserung der Situation geführt hatten. Einen andernfalls naheliegenden Beweisantrag zum Beweis des Gegenteils hat der anwaltlich vertretene Kläger ebenfalls nicht gestellt. Für seine Verantwortlichkeit spricht auch der wiederholt vorgebrachte Wunsch, die Beklagte solle die Beschilderung im Umfeld des klägerischen Betriebs so ändern, dass dort Fahrzeuge abgestellt werden dürfen. Auch der im Zulassungsverfahren von der Beklagten vorgelegten Aufstellung über Rechtsverstöße aufgrund abgestellter Fahrzeuge vom 26. Oktober 2022 ist der Kläger nicht entgegengetreten. Demgemäß hegt auch der Senat keinen Zweifel daran, dass er regelmäßig Rechtsverstöße der Art begangen hat, wie sie ihm vorgehalten worden sind, selbst wenn nicht sämtliche in den Straßen im Betriebsumgriff festgestellten Fahrzeuge auf seine Veranlassung dort abgestellt worden sein sollten.
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Soweit der Kläger das Landesstraf- und Verordnungsgesetz „wegen der abschließenden Sanktionsmöglichkeiten der verwarnungs- und bußgeldbewehrten StVO im Rahmen des Bußgeldkataloges und den Möglichkeiten nach dem BayAbfG“ für nicht anwendbar hält, hat er dies nicht hinreichend dargelegt, sondern lediglich behauptet, ohne dies näher zu substantiieren bzw. durch die Angabe von Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur zu untermauern. Abgesehen davon schließen die Sanktionsmöglichkeiten nach der Straßenverkehrsordnung und die Befugnisse nach dem Bayerischen Abfallgesetz die subsidiäre Anwendung der Generalklausel des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes nicht aus, sofern sie wie hier keine vorrangige Befugnisnorm enthalten (vgl. dazu Koehl in Bengl/Berner/Emmerich, LStVG, Stand Oktober 2019, Art. 7 Rn. 44; Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG/POG, 6. Aufl. 2023 Art. 25 PAG Rn. 110). Der Beklagten ging es vorliegend nicht darum, die Beseitigung bestimmter ordnungswidrig auf den öffentlichen Straßen im Umfeld des klägerischen Gewerbegrundstücks abgestellter Fahrzeuge anzuordnen, etwa gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 StVO, Art. 18b Abs. 1 Satz 2 BayStrWG oder Art. 27 Abs. 2 BayAbfG, was bei dem zu erwartenden Austausch der dort abgestellten Fahrzeuge im Rahmen der Gewerbeausübung nicht zielführend gewesen wäre, sondern darum, dem Kläger zukunftsgerichtet, d.h. präventiv zu untersagen, weiterhin ordnungswidrig Fahrzeuge in den verbotenen Bereichen abzustellen, um die Voraussetzungen für eine verwaltungsrechtliche Vollstreckung zu schaffen. Für die präventive Untersagung sind den straßen(verkehrs)- oder abfallrechtlichen Regelungen keine Befugnisse zum Erlass einer Einzelfallanordnung zu entnehmen. Auch dürfte es sich bei den abgemeldeten Fahrzeugen mangels des Willens, sich dieser Gegenstände zu entledigen, schon nicht um Abfall handeln (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 KrWG; Müller/Rebler, Das Recht des ruhenden Verkehrs, 4. Aufl. 2024, Kap. 16 Rn. 73a), sodass die Anwendung abfallrechtlicher Vorschriften bereits aus diesem Grund ausscheidet.
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Nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG können die Sicherheitsbehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben für den Einzelfall Anordnungen treffen, um rechtswidrige Taten, die den Tatbestand eines Strafgesetzes oder einer Ordnungswidrigkeit verwirklichen, oder verfassungsfeindliche Handlungen zu verhüten oder zu unterbinden. Damit ist in der Regelung u.a. angelegt, dass eine Behörde Handlungen, die eine Ordnungswidrigkeit oder Straftat verwirklichen und daher bereits rechtlich verboten sind, untersagt, wenn der Betreffende in der Vergangenheit schon entsprechende Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten begangen hat und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass es zu weiteren Verstößen kommt. Der gerichtlichen Annahme, dass das Abstellen von Fahrzeugen auf Fuß- und Radwegen und in Haltverbotsbereichen Ordnungswidrigkeiten gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 12 (i.V.m. § 12 Abs. 4 Satz 1, 2, Abs. 4a), § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO darstellt, ist der Kläger nicht entgegengetreten. Ferner stellt das Abstellen nicht zugelassener Fahrzeuge eine unzulässige, bußgeldbewehrte (Art. 66 Nr. 2 BayStrWG) Sondernutzung im Sinn des Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG dar (BayVGH, B.v. 17.2.2017 – 8 ZB 15.2237 – BayVBl 2018, 31 Rn. 12).
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Auf den Vortrag des Klägers zu Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG, insbesondere zum Bestehen einer Gefahr oder Störung im Sinne dieser Vorschrift, und auf die Frage, ob und ggf. weshalb die Beklagte die ordnungswidrig geparkten Fahrzeuge nicht hat abschleppen lassen, kommt es somit nicht an. Insoweit bleibt lediglich anzumerken, dass ein in einem absoluten Haltverbot abgestelltes Fahrzeug regelmäßig auch dann abgeschleppt werden kann, wenn es noch nicht zu einer gegenwärtigen konkreten Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen sein sollte (vgl. BayVGH, B.v. 21.7.2005 – 24 ZB 05.1342 – juris Rn. 28; B.v. 6.8.2002 – 24 ZB 01.2666 – juris Rn. 4), und bereits in der hinreichend wahrscheinlichen Verwirklichung einer Ordnungswidrigkeit eine konkrete sicherheitsrechtliche Gefahr liegt, die die Behörde zum Einschreiten ermächtigt (vgl. Kraft in Bengl/Berner/Emmerich, LStVG, Art. 6 Rn. 13).
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Im Übrigen setzt der Erlass einer Einzelfallanordnung gemäß Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG über das Vorliegen der dort genannten tatbestandlichen Voraussetzungen nicht voraus, dass die Behörde zuvor versucht haben muss, dem rechtswidrigen Abstellen von Fahrzeugen in Haltverboten und auf Fuß- und Radwegen durch Abschleppen Einhalt zu gebieten. In Anbetracht der die Störerauswahl leitenden Grundsätze ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte, wie sie vorgetragen hat, die rechtliche Grundlage dafür schaffen wollte, den Kläger als Handlungsstörer in Anspruch zu nehmen.
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Ebenso wenig führen etwaige Vollzugsschwierigkeiten, die bei der Zuordnung eines ordnungswidrig abgestellten Fremdfahrzeugs zum Kläger entstehen mögen, zur Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung, zumal sich entsprechende Vollzugsschwierigkeiten auch bei einer Abschleppanordnung im Rahmen der Störerauswahl ergeben können, die ebenso wenig zu deren Rechtswidrigkeit führen würden. Für die Annahme des Klägers, er müsse aufgrund des Bescheids für Handlungen Dritter außerhalb seines Einflussbereichs einstehen, gibt es keine tatsächlichen oder rechtlichen Anhaltspunkte. Sein Vortrag zu einer angeblichen Wahlfeststellung (zur Zulässigkeit einer Wahlfeststellung zwischen mehreren Ordnungswidrigkeiten vgl. König in Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 48. Aufl. 2025, § 24 StVG Rn. 76) ist nicht nachvollziehbar. Bei der Verhängung eines Zwangsgelds findet keine Wahlfeststellung statt. Ist der Kläger für das verbotswidrige Abstellen eines Fahrzeugs nicht verantwortlich und hat er demgemäß keine Pflicht – hier zur Unterlassung einer Handlung – verletzt (vgl. Art. 31 Abs. 1 VwZVG), liegt auch keine Zuwiderhandlung gegen die Untersagungsverfügung vor, sodass ein Zwangsmittel gegen ihn nicht angewendet werden kann (vgl. Art. 37 Abs. 1, 4 Satz 2 VwZVG). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass die Vollstreckung der streitgegenständlichen Anordnung von vornherein unmöglich sein sollte.
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Mit den Ausführungen des Gerichts zur räumlichen Reichweite der Untersagung (Beschluss, S. 6 unten) hat sich der Kläger nicht näher auseinandergesetzt, sodass die unter dem Aspekt „Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes“ vorgebrachte Rüge nicht den Darlegungsanforderungen genügt.
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Auch die Ermessensausübung durch die Beklagte, die sich an der Unterbindung von Ordnungswidrigkeiten und der Abwehr der mit den abgestellten Fahrzeugen einhergehenden Gefahren für die Gesundheit und das Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer sowie negativer Bezugsfälle orientiert hat, ist nicht zu beanstanden. Nachdem davon auszugehen war, dass der Kläger, ggf. neben dem Mitgewerbetreibenden auf dem klägerischen Gewerbegrundstück, verantwortlicher Handlungsstörer war, musste sie keine Erwägungen dazu anstellen, ob möglicherweise das alleinige Vorgehen gegen den Mitgewerbetreibenden ausreichen würde. Weiter liegt es auf der Hand, dass etwaige Schwierigkeiten, den jeweils Verantwortlichen zu ermitteln, nicht dazu führen können, dass eine Behörde ihr Ermessen dahin ausüben müsste, nichts gegen Missstände zu unternehmen.
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Ferner hat der Kläger mit seinem wiederholten Einwand, die Beklagte hätte die Beschilderung im Umfeld des klägerischen Betriebs überdenken und ggf. so ändern müssen, dass er dort Fahrzeuge abstellen könne, nicht ernstlich die Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Verfügung in Zweifel gezogen. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die angebrachten Verkehrszeichen vom Kläger wie von jedermann zu beachten und die zugrundeliegenden straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen nicht Gegenstand dieses Klageverfahrens. Es steht dem Kläger nicht frei, Verkehrszeichen, die er für sinnlos hält, zu missachten. Im Übrigen begründen die vorstehend wiedergegebenen Ermessensausübungen auch die Verhältnismäßigkeit der Untersagungsverfügung.
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Auch die Zwangsmittelandrohung ist nicht zu beanstanden. Ungeachtet der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Absicht, bei einem Verstoß gegen die Unterlassungspflicht anlässlich jeden Kontrolltermins erneut ein Zwangsgeld zu erheben, hat sie mit der Androhung eines Zwangsgelds für den Fall, dass der Kläger der Untersagung zuwiderhandelt, Fahrzeuge auf mit Haltverboten versehenem öffentlichen Straßengrund sowie Rad- und Fußgängerwegen abzustellen, nach dem Wortlaut des Bescheidtenors und den Gründen unter Nummer 4, denen das Verwaltungsgericht insoweit gemäß § 117 Abs. 5 VwGO gefolgt ist, insbesondere kein unzulässiges Zwangsgeld „auf Vorrat“, d.h. „für jede Zuwiderhandlung“ angedroht (vgl. BayVGH, B.v. 13.10.1986 – 22 CS 86.01950 – NVwZ 1986, 512; BVerwG, B.v. 26.6.1997 – A 10.95 – NVwZ 1998, 393 = juris Rn. 34). Nach Art. 36 Abs. 6 Satz 2 VwZVG ist eine erneute Zwangsmittelandrohung erst zulässig, wenn die vorausgegangene Androhung ohne Erfolg geblieben ist. Dies bedeutet allerdings nicht, dass ein weiteres Zwangsgeld erst dann angedroht werden darf, wenn das vorher festgesetzte Zwangsgeld beigetrieben bzw. ein Beitreibungsversuch gemacht worden ist. Die Zwangsvollstreckungsbehörde muss lediglich abwarten, dass das angedrohte Zwangsgeld fällig geworden und die frühere Androhung ohne Erfolg geblieben ist, bevor sie ein ggf. erhöhtes weiteres Zwangsgeld androht (vgl. BayVGH, B.v. 3.4.2020 – 15 ZB 19.1023 – juris Rn. 20; B.v. 12.1.2012 – 10 ZB 10.2439 – juris Rn. 12; B.v. 29.7.2002 – 20 ZB 02.1265 – juris Rn. 7 jeweils m.w.N.). Die Zwangsgeldandrohung ist im Zuge der Erörterung in der mündlichen Verhandlung auch nicht geändert worden, sondern gilt so, wie sie nach den auch im öffentlichen Recht entsprechend anzuwendenden §§ 133, 157 BGB zu verstehen ist, d.h. ausgehend vom Wortlaut unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts und von Treu und Glauben auszulegen ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 8 C 46.12 – BVerwGE 147, 81 = juris Rn. 27 m.w.N.).
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3. Schließlich ist die Berufung auch nicht wegen eines Verfahrensmangels gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen, weil das Verwaltungsgericht dem Kläger eine Akteneinsicht verweigert oder den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt hätte.
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3.1. Das Gebot rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verpflichtet ein Gericht nicht nur, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, sondern auch, die Beteiligten über die entscheidungserheblichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte zu informieren. Sie müssen erkennen können, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann und sich bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt über den gesamten Verfahrensstoff informieren können. Zum Recht auf rechtliches Gehör gehört daher auch die Möglichkeit der Akteneinsicht (BVerfG, B.v. 13.4.2010 – 1 BvR 3515/08 – NVwZ 2010, 954 Rn. 36; BVerwG, B.v. 3.8.2021 – 9 B 48.20 – Buchholz 424.01 § 8 FlurbG Nr. 8 Rn. 35).
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Die Verwaltungsgerichte gewähren Einsicht in die Gerichtsakten und die ihnen vorgelegten Behördenakten allerdings nicht von Amts wegen. Die Beteiligten müssen dieses Recht jeweils geltend machen (BVerwG, B.v. 14.6.2021 – 4 B 41.20 – juris Rn. 7). Dies ist hier nicht rechtzeitig geschehen. Mit seinem Schriftsatz vom 17. Januar 2022 hatte der Bevollmächtigte einen Antrag auf Akteneinsicht lediglich angekündigt („nach der Verbindung…“, „sobald die Verwaltungsakten einschließlich des bisher nicht verbeschiedenen Verpflichtungsantrages zu der Neuregelung der Verkehrszeichen“) bzw. davon abhängig gemacht, dass das Verfahren mit dem des Gewerbetreibenden, der sich mit dem Kläger das Gewerbegrundstück geteilt hat, verbunden sowie die Behördenakten betreffend einen Antrag auf Änderung/Neuregelung der Verkehrszeichen beigezogen würden. Hierzu kam es allerdings nicht, weil das Verwaltungsgericht die beiden Verfahren, die gleichartige Untersagungsverfügungen zum Gegenstand hatten, nur zur gemeinsamen Verhandlung, aber nicht zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und keine Akten aus einem weiteren Verwaltungsverfahren beigezogen hat. Da eine etwaige nachträgliche Änderung der im Umgriff des Betriebsgrundstücks bestehenden Verkehrsregelungen nicht entscheidungserheblich war, war es hierzu auch nicht verpflichtet. Bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 20. April 2022 hat der Bevollmächtigte weder einen unbedingten Antrag auf Akteneinsicht noch auf Beiziehung von nicht vorliegenden Behördenakten gestellt; desgleichen nicht bis zur Niederlegung der gerichtlichen Entscheidung „nicht vor dem 3. Mai 2022“. Mit dem am 3. Mai 2022 nach Dienstschluss eingegangenen Telefax wurde lediglich um Entscheidung gebeten. Erst am 4. Mai 2022 nach Ergehen und Niederlegung des Urteils bat der Bevollmächtigte um „Vollzug der Akteneinsicht einschließlich der beigezogenen Akten“. Dieser Antrag ist dem Einzelrichter am 5. Mai 2022 vorgelegt worden. Damit kann das zuvor niedergelegte Urteil nicht auf dem Übergehen des klägerischen Antrags beruhen. Auch wenn das Gesetz keine Regelung enthält, bis zu welchem Zeitpunkt Akteneinsicht zu nehmen ist, unterliegt das Akteneinsichtsrecht in zeitlicher Hinsicht Begrenzungen. Die Prozessführungspflicht erfordert rechtzeitige, d.h. in der Regel vor der mündlichen Verhandlung stattfindende Akteneinsicht (Lang in Sodan/Ziekow, VwGO, § 100 Rn. 26).
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Soweit es dem Bevollmächtigten darauf ankam, Einsicht in noch beizuziehende Akten zu erlangen, waren diese auch nicht vom Akteneinsichtsrecht nach § 100 Abs. 1 VwGO erfasst, das sich auf die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten Akten erstreckt, nicht aber auf Akten, die sich nicht im Bestand bei Gericht befinden (vgl. BVerwG, B.v. 18.9.2024 – 4 BN 6.24 – juris Rn. 8).
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3.2. Auch eine Aufklärungsrüge wegen Unterlassens der Beiziehung der Akten des Parallelverfahrens des weiteren Gewerbetreibenden, der seine Klage zuletzt zurückgenommen hat, oder der behördlichen Akten aus einem etwaigen Verfahren zur Änderung von straßenverkehrsrechtlichen Anordnungen könnte keinen Erfolg haben, weil diese Unterlagen nach der insoweit maßgeblichen und im Übrigen zutreffenden Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht entscheidungserheblich waren und damit kein Anlass zur Beiziehung dieser Unterlagen bestand (vgl. BVerwG, B.v. 9.7.2025 – 8 B 32.24 – juris Rn. 6).
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3.3. Nachdem der anwaltlich vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag zur Klärung seiner Verantwortlichkeit für die von der Beklagten ihm angelasteten Rechtsverstöße gestellt hat, greift auch der nicht weiter substantiierte Einwand, das Verwaltungsgericht hätte Beweis zu diesen Verstößen erheben müssen, nicht. Eine Beweisaufnahme hat sich auch nicht aufgedrängt, weil er nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Ergebnisse der von der Beklagten durchgeführten Vor-Ort-Kontrollen weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren (substantiiert) bestritten hat. Auch im Zulassungsvorbringen findet sich kein hinreichender Ansatz dafür, dass er für die ihm angelasteten Verstöße nicht verantwortlich ist. Neben pauschalem Bestreiten werden lediglich Wahrscheinlichkeitsannahmen getroffen.
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Jedenfalls ist eine Verletzung der Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO schon nicht im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt. Dies erfordert nach ständiger Rechtsprechung die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich und geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Außerdem muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 30.7.2025 – 6 BN 1.25 – juris Rn. 6; B.v. 20.5.2025 – 2 B 46.24 – juris Rn. 12; B.v. 30.6.2021 – 9 B 46.20 ZfWG 2021, 465 Rn. 17; BayVGH, B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – juris Rn. 34).
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4. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
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5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1, 2 GKG und der Empfehlung in Nr. 35.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025 (https://www.bverwg.de/user/data/media/streitwertkatalog.pdf).
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6. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).