Inhalt

OLG München, Endurteil v. 11.08.2025 – 19 U 3438/24 e
Titel:

Darlehensverträge, Darlehensrückzahlungsanspruch, Darlehensvaluta, Darlehensnehmer, Darlehensforderung, Abschluß eines Darlehensvertrages, Darlehensschuldner, Darlehensverbindlichkeit, Darlehensgeber, Darlehenstilgung, Darlehensbetrages, Mißbrauch der Vertretungsmacht, Früherer Geschäftsführer, Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers, Beschränkung der Vertretungsbefugnis, Verrechnungsvereinbarung, Verrechnungsabrede, Verrechnungsbefugnis, Verrechnungskonto, Vorläufige Vollstreckbarkeit

Schlagworte:
Darlehensrückzahlung, Verrechnungsvereinbarung, Unternehmerstatus, Erfüllungseinwand, Vertragsfreiheit, Parteivernehmung
Vorinstanz:
LG Ingolstadt, Urteil vom 20.09.2024 – 31 O 229/23
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22384

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 20.09.2024, Az. 31 O 229/23, abgeändert:
1.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 20.000,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.01.2023 sowie weitere 1.932,87 € zu zahlen.
2.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 60 % und der Beklagte 40 % zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.
1
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung eines Darlehens in Anspruch. Die Parteien streiten darum, ob die Forderung durch Verrechnung erloschen ist.
2
Die Klägerin ist eine Vermögensbeteiligungsgesellschaft in einer Firmengruppe diverser Projektfirmen. Ihr früherer Geschäftsführer, Herr ..., war und ist Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften, u.a. der Komplementärin ... der ... und der .... Der Beklagte ist Geschäftsführer der .... Letztere arbeitete seit 2018 – in persona des Beklagten – für diverse Firmen der vorgenannten Firmengruppe. Ab dem Jahr 2021 erbrachte die ... für ein Bauvorhaben der ... in ... Bauleiterleistungen.
3
Nachdem sich der Beklagte an Herrn ... gewandt hatte, um ein Darlehen zu erhalten, kamen die Parteien im Mai 2022 mündlich überein, dass die Klägerin dem Beklagten ein Darlehen über 50.000,00 € gewährt. Entsprechend leistete die Klägerin am 18.05.2022 und 25.05.2022 jeweils Zahlungen von 25.000,00 € auf ein Konto der ... (Anlage K 2).
4
Im Nachgang erhielt der Beklagte einen schriftlichen, von der Kanzlei ... – beauftragt durch den vormaligen Geschäftsführer der Klägerin – entworfenen Darlehensvertrag (Anlage K 1).
5
Dieser lautete auszugsweise wie folgt:
Darlehensvertrag
Zwischen
...
Herrn ...
– nachstehend: Darlehensgeber –
und
Herrn ...
...
– nachstehend: Darlehensnehmer –
wird folgender Darlehensvertrag geschlossen:
§ 1 Darlehensvaluta
Der Darlehensnehmer erhält ein Darlehen über 50.000,00 EUR, das mit 10 % p.a. verzinst wird. Das Darlehen soll zum 20.05.2022 valutiert werden.
§ 2 Rückzahlung
Am 31.12.2022 ist das Darlehen einschließlich der bis dahin angefallenen Zinsen vollständig zurückzuzahlen.
[...]
§ 5 Schriftform
Jede Änderung dieses Vertrages bedarf der Schriftform. § 305 b BGB bleibt unberührt.
[...]“
6
Der Beklagte übersandte den von ihm am 31.05.2022 unterzeichneten Darlehensvertrag (Anlage K 1) mit E-Mail vom 31.05.2022 an den vormaligen Geschäftsführer der Klägerin und führte dabei u.a. aus:
„Sehr geehrter Herr ...,
anbei der von mir gezeichnete Darlehensvertrag für Ihre Unterlagen.
Vereinbarungsgemäß werde ich bei jeder Rechnung ab 01.06.2022 – 5.000 EUR als Sondereinbehalt in Abzug bringen bis das Darlehen vollständig zurück bezahlt ist
[...]“.
7
Bei den Rechnungen der ... vom 02.06.2022, vom 03.07.2022, vom 28.07.2022, vom 29.08.2022, vom 05.10.2022 und vom 28.10.2022 gerichtet an die ... wurden Kürzungen von jeweils 5.000,00 € als „Sondereinbehalt“ durchgeführt.
8
Die Klägerin hat vorgetragen, dass das dem Beklagten gewährte Darlehen noch nicht getilgt sei. Mithin sei der Beklagte zur Darlehensrückzahlung einschließlich der vereinbarten Zinsen verpflichtet.
9
Der Beklagte hat vorgebracht, die Parteien seien sich bereits vor der Unterzeichnung des schriftlichen Darlehensvertrags einig gewesen, dass der Beklagte als Geschäftsführer der ... von dieser an die ... gestellte Rechnungen über geschuldetes Bauleiterhonorar um jeweils 5.000,00 € kürze, um dies auf die streitgegenständliche Darlehensforderung der Klägerin zu verrechnen, bis auf diese Weise die gesamte Darlehenssumme zurückgeführt sei. Entsprechend sei von den Parteien verfahren worden. Der Anspruch der Klägerin bestehe demnach bereits dem Grunde und der Höhe nach nicht in eingeklagter Höhe, da es bereits zu Rückzahlungen in Höhe von 30.000,00 € gekommen sei. Auch bestünden die weitergehenden Zinsforderungen aus den bezahlten Beträgen nicht.
10
Hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils des Landgerichts (Bl. 157/158 d. LG-eAkte) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Änderungen oder Ergänzungen haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben.
11
Das Landgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 50.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 01.01.2023 sowie weitere 3.061,64 € zu bezahlen. Der Beklagten habe nicht zu beweisen vermocht, dass eine andere als die schriftlich niedergelegte Vereinbarung getroffen worden sei. Weder die Tatsache, dass der Beklagte als Geschäftsführer der ... um jeweils 5.000,00 € gekürzte Rechnungen an die ... übermittelt habe, noch, dass der Beklagte mit E-Mail vom 31.05.2022 angekündigt habe, einen „Sondereinbehalt“ bei Rechnungen in Abzug bringen zu wollen, seien geeignet, die nach dem Beweismaß des § 286 ZPO erforderliche Überzeugung des Gerichts vom Bestand einer entsprechenden Vereinbarung herbeizuführen. Auf den Tenor (Bl. 156 d. LG-eAkte) und die Entscheidungsgründe (Bl. 159/161 d. LG-eAkte) wird verwiesen.
12
Gegen dieses Urteil richtet sich die mit Schriftsatz vom 10.10.2024 (Bl. 1/2 d. OLG-eAkte) eingelegte und mit Schriftsatz vom 18.12.2024 (Bl. 8/14 d. OLG-eAkte) begründete Berufung des Beklagten.
13
Der Beklagte beantragt (Bl. 9 d. OLG-eAkte):
1) Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG Ingolstadt vom 20.09.2024 – Az.: 31 O 229/23 – aufgehoben.
2) Die Klage wird abgewiesen.
14
Die Klägerin beantragt (Bl. 15 d. OLG-Akte),
die Berufung zurückzuweisen.
15
Der Senat hat am 19.05.2025 und am 14.07.2025 mündlich verhandelt und Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen ... und des Beklagten als Partei. Hinsichtlich des Inhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Protokolle vom 19.05.2025 (Bl. 31/34 d. OLG-eAkte) und vom 14.07.2025 (Bl. 40/46 d. OLG-eAkte) Bezug genommen.
16
Im Übrigen wird verwiesen auf die von den Parteien im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze vom 10.10.2024 (Bl. 1/2 d. OLG-eAkte), vom 16.10.2024 (Bl. 4 d. OLG-eAkte), vom 14.11.2024 (Bl. 5/6 d. OLG-eAkte), vom 18.12.2024 (Bl. 8/14 d. OLG-eAkte), vom 20.12.2024 (Bl. 15/16 d. OLG-eAkte), vom 20.01.2025 (Bl. 19/21 d. OLG-eAkte), vom 17.02.2025 (Bl. 23/28 d. OLG-eAkte), vom 27.05.2025 (Bl. 35/36 d. OLG-eAkte) und vom 30.05.2025 (Bl. 37/38 d. OLG-e Akte) jeweils nebst deren Anlagen sowie die sonstigen Aktenbestandteile.
II.
17
Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache teilweise Erfolg.
18
Der Klägerin steht gegen den Beklagten lediglich ein Anspruch auf Zahlung von 20.000,00 € zu gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB nebst Verzugszinsen gemäß § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1, Abs. 2 BGB ab dem 01.01.2023 sowie weiteren Zinsen in Höhe von 1.932,87 € (§ 488 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB). Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
19
Der die Rückzahlung eines Darlehens begehrende Gläubiger hat die Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich ein Rückzahlungsanspruch aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ergibt, d.h. von ihm darzulegen und zu beweisen sind zum einen der Abschluss eines Darlehensvertrags samt der Laufzeit und zum anderen die Auszahlung der Darlehensvaluta (vgl. Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 84. Aufl. 2025, § 488 Rn. 29). Die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung eines Darlehensrückzahlungsanspruchs obliegt dagegen dem Darlehensschuldner (BGH, Versäumnisurteil vom 17. Januar 2007 – VIII ZR 135/04 –, juris).
20
1. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Parteien bereits vor der Auskehrung der Beträge von jeweils 25.000,00 € einen mündlichen Darlehensvertrag (§ 488 BGB) über eine Summe von 50.000,00 € abgeschlossen haben. Dieser Vertrag bedurfte nicht der Schriftform nach § 492 Abs. 1 BGB, da ein Verbraucherdarlehensvertrag i.S.d. § 491 BGB [in der Fassung vom 06.06.2017 (nachfolgend: a.F.)] nicht gegeben war.
21
Gemäß der Legaldefinition des § 491 Abs. 2 BGB a.F. ist ein Verbraucherdarlehensvertrag ein entgeltlicher Darlehensvertrag zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer.
22
Der Beklagte war vorliegend nicht als Verbraucher im Sinne von § 13 BGB, sondern als Unternehmer im Sinne von § 14 BGB einzustufen.
23
Nach § 13 BGB ist Verbraucher jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.
24
Der Geschäftsführer einer GmbH ist in dieser Funktion kein Selbständiger, da er seine Tätigkeit im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft ausübt und im Innenverhältnis den Weisungen der Gesellschafter unterliegt. Schließt er in eigenem Namen Verträge, so handelt er als Verbraucher, auch wenn die Verträge sich mittelbar auf die Geschäftstätigkeit der GmbH beziehen, sofern sie auf einem eigenständigen Willensentschluss beruhen, der von der Vornahme des Unternehmensgeschäfts zu unterscheiden ist. Handelt er dagegen als Organ der GmbH, so wird das dieser als juristischer Person zugerechnet, sodass Verbraucherhandeln ausscheidet. Gleiches gilt, wenn er auch in seiner Eigenschaft als „wirtschaftlicher Eigentümer“ bzw. Mehrheitsgesellschafter ein unmittelbares unternehmerisches Interesse an dem Geschäft hat und dieser Zweck bei der Vornahme des Geschäfts eindeutig zutage tritt (Staudinger/Fritzsche (2024) BGB § 13, Rn. 116 m.w.N.).
25
Ausweislich der Feststellungen des Landgerichts, an die Senat nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist, wurde der vorliegende Darlehensvertrag zu Zwecken abgeschlossen, die der beruflichen Tätigkeit des Beklagten zuzuordnen waren.
26
Nach den Angaben des vormaligen Geschäftsführers der Klägerin benötigte der Beklagte das Darlehen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Bau- und Projektleiter (Hinweisbeschluss des LG vom 19.01.2024, S. 3/4, Bl. 127/128 d. LG-eAkte; Urteil vom 20.09.2024, S. 5, Bl. 159 d. LG-eAkte) und zwar für seine Firma (Protokoll vom 21.07.2023, S. 3, Bl. 84 d. LG e-Akte: „meiner Firma“; Protokoll vom 14.07.2025, S. 5, Bl. 44 d. OLG-eAkte), d.h. der Beklagte hatte in seiner Eigenschaft als wirtschaftlicher Eigentümer der ... (Protokoll vom 21.07.2023, S. 3, Bl. 84 d. LG-eAkte; vgl. auch Schriftsatz vom 26.06.2023, S. 2, Bl. 73 d. LG-eAkte: „Gesellschaft des Beklagten, ...“) ein unmittelbares unternehmerisches Interesse an dem Darlehen und dieser Zweck trat bei Abschluss des Darlehensvertrags eindeutig zutage. Von einem eigenständigen Willensentschluss des Beklagten als Privatperson konnte daher keine Rede sein. Die vom Beklagten abgegebene Willenserklärung auf Abschluss eines Darlehensvertrags war vielmehr überwiegend dem Gewerbe zuzuordnen, das von dem Beklagten als wirtschaftlicher Eigentümer der ... betrieben wird (vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. Juli 2022 – XI ZR 483/21 –, juris).
27
Dass der Darlehensbetrag in zwei Raten auf Wunsch des Beklagten auf ein Konto der ... ausbezahlt worden war, war dabei ohne Belang. Denn der Empfänger des Darlehens braucht nicht zugleich der Darlehensnehmer zu sein; es genügt, wenn ein vom Darlehensnehmer bezeichneter Dritter den Darlehensbetrag empfangen hat, vorausgesetzt er erhält den Darlehensbetrag zumindest überwiegend im Interesse des Darlehensnehmers (Ellenberger/Bunte BankR-HdB/Pamp, 6. Aufl. 2022, § 51. Rn. 120, beck-online). Dies war vorliegend der Fall.
28
2. Entgegen der Auffassung des Landgerichts führte allerdings der sechsmalige Abzug von jeweils 5.000,00 € gemäß den Rechnungen der ... vom 02.06.2022, vom 03.07.2022, vom 28.07.2022, vom 29.08.2022, vom 05.10.2022 und vom 28.10.2022 gerichtet an die ... zum Erlöschen der klägerischen Forderung aus § 488 BGB in Höhe von 30.000,00 € gemäß der zwischen dem vormaligen Geschäftsführer der Klägerin und dem Beklagten mündlich getroffenen Verrechnungsabrede.
29
Ein Erlöschen der Klageforderung durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB scheidet vorliegend aus, weil es hierfür an der in § 387 BGB vorausgesetzten Gegenseitigkeit der beiden Forderungen fehlte; die Gläubigerin der Klageforderung (Klägerin) und die Schuldnerin der Gegenforderung (...) waren nicht identisch.
30
Die ..., vertreten durch den Beklagten, leitete ihre rechtliche Befugnis, beide Forderungen trotz Fehlens der Gegenseitigkeit durch Verrechnung zum Erlöschen zu bringen, aus einer entsprechenden Vereinbarung her, die vor der Valutierung des Darlehens mit dem vormaligen Geschäftsführer der Klägerin getroffen worden war.
31
a. Die Vertragsfreiheit (§ 305 BGB) gestattet eine Vereinbarung zwischen mehreren Gläubigern und Schuldnern, dass die wechselseitigen Forderungen durch Verrechnung getilgt werden sollen. Die Voraussetzungen der Aufrechnung, insbesondere die Gegenseitigkeit der zu verrechnenden Forderungen, brauchen nicht vorzuliegen. An einer derartigen Vereinbarung müssen diejenigen Personen beteiligt sein, die berechtigt sind, über die zu tilgenden Forderungen zu verfügen. Ihr Einverständnis schafft die rechtliche Grundlage für das Erlöschen der zu verrechnenden Forderungen, auch wenn die Voraussetzungen des § 387 BGB nicht vorliegen. Der Bundesgerichtshof hat derartige Abreden insbesondere in Form der sogenannten Konzernverrechnungsvereinbarungen anerkannt, und zwar sowohl für den Fall, dass ein konzernangehöriges Unternehmen zur Aufrechnung mit eigenen Forderungen auch gegen Forderungen des Vertragspartners gegen andere konzernangehörige Unternehmen berechtigt sein sollte, wie auch für den umgekehrten Fall, dass ein Konzernunternehmen befugt sein sollte, eigene Verbindlichkeiten durch Verrechnung mit Forderungen anderer konzernangehöriger Unternehmen gegen denselben Vertragspartner zu tilgen (BGH, Urteil vom 27. März 1985 – VIII ZR 5/84 –, BGHZ 94, 132–140, Rn. 38). Dass durch die im vorliegenden Fall gegebene Vereinbarung die Verrechnungsbefugnis nicht für eine oder mehrere Firmen eines Konzerns, sondern zugunsten der ..., der Gläubigerin der ..., begründet wurde, macht rechtlich keinen Unterschied. Entscheidend für das Erlöschen der zu verrechnenden Forderungen ist nicht die Person des Verrechnenden, sondern allein, dass die Zustimmung der zur Verfügung über die Forderung Berechtigten erteilt worden ist (BGH, Urteil vom 27. März 1985 – VIII ZR 5/84 –, BGHZ 94, 132–140, Rn. 38).
32
b. Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Der Senat ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass die Parteien noch vor der Valutierung des Darlehens hinsichtlich der Rückzahlung des Darlehens mündlich vereinbart hatten, dass die ... für den Beklagten als deren Geschäftsführer ratenweise ab dem 01.06.2022 bei jeder Rechnung der ... an die ... im Zusammenhang mit den der ... erteilten Bauaufträgen einen Betrag in Höhe von 5.000,00 € als Darlehensrückzahlungsrate in Abzug bringt, bis das Darlehen vollständig zurückbezahlt ist.
33
Den Rückzahlungsbetrag sollte die Klägerin dann im Innenverhältnis von der ... erhalten.
34
aa. Der Senat stützt sich hierbei auf die Aussage des als Partei vernommenen Beklagten. Dieser hat plausibel und glaubhaft geschildert, dass die Darlehenstilgung durch den Abzug eines Betrages von jeweils 5.000,00 € der ... gegenüber der ... bewerkstelligt werden sollte. Bevor er das Geld in zwei Tranchen bekommen habe, habe der Geschäftsführer der Klägerin wissen wollen, wie er das Darlehen zurückzahle. Er, der Beklagte, habe gesagt, dass er von seinen Honoraransprüchen aus Bauleitertätigkeit in den Abschlagsrechnungen jeweils 5.000,00 € abziehen werde. Zur Sicherheit habe er dem Geschäftsführer der Klägerin auch noch einen Fahrzeugbrief übergeben. Sodann sei es zur Auszahlung der Darlehensvaluta gekommen. Den Vertrag habe er erst im Nachgang erhalten. Er habe ihn sodann unterschrieben und habe in der E-Mail noch klargestellt, dass er vereinbarungsgemäß monatlich 5.000,00 € abziehen werde. Das sei dann auch so gegangen wie sich aus den gestellten Rechnungen ergebe. Er habe über die 30.000,00 €, die er verrechnet habe, hinaus nichts mehr bezahlt.
35
Der Senat folgt den glaubhaften Angaben des Beklagten. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Beklagte als Partei ein Interesse am Prozessausgang hat. Die Angaben des Beklagten waren jedoch schlüssig und in sich stimmig. So hat der Beklagte einleuchtend und widerspruchsfrei geschildert, dass es keinen Sinn mache, mit den Rechnungen jeweils 5.000,00 € weniger zu verlangen, wenn die Verrechnungsvereinbarung nicht so zustande gekommen wäre.
36
Die vom Beklagten dargelegte Absprache der ratierlichen Darlehenstilgung wurde in der Folgezeit auch so gehandhabt: Der Beklagte stellte als Geschäftsführer der ... die Rechnungen über das vereinbarte Bauleiterhonorar an die ... und zog von diesen Rechnungen jeweils den zur Darlehensrückzahlung vereinbarten Betrag in Höhe von 5.000,00 € ab. So verfuhr der Beklagte bei den Rechnungen vom 02.06.2022, vom 03.07.2022, vom 28.07.2022, vom 29.08.2022, vom 05.10.2022 und vom 28.10.2022. Am 28.10.2022 teilte der Beklagte dem vormaligen Geschäftsführer der Klägerin mit, dass bei der Rechnung Nr. 017 vereinbarungsgemäß ein Betrag in Höhe von 5.000,00 € in Abzug gebracht worden sei und der Sondereinbehalt somit 30.000,00 € betrage. Der vormalige Geschäftsführer der Klägerin wies über die ... die um diesen Sondereinbehalt jeweils reduzierten Rechnungsbeträge an die ... an und bestätigte damit die Absprache der ratierlichen Darlehenstilgung. Dabei war dem vormaligen Geschäftsführer der Klägerin auch bewusst, dass der Beklagte mit dem sechsmaligen Abzug von 5.000,00 € das Darlehen seinerseits tilgen wollte (Protokoll vom 14.07.2025, S. 3, Bl. 42 d. OLG-eAkte).
37
Erst als es zwischen dem vormaligen Geschäftsführer der Klägerin und dem Beklagten zu Unstimmigkeiten kam und ihr Verhältnis zerrüttet war, beschloss ersterer nach Rücksprache mit seinem Anwalt (Protokoll vom 14.07.2025, S. 4, Bl. 43 d. OLG-eAkte), dass das Darlehen von dem Beklagten an die Klägerin direkt zurückzuzahlen sei (vgl. auch Protokoll vom 21.07.2023, S. 2, Bl. 83 d. OLG-eAkte).
38
Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte am 31.05.2022 auch den schriftlichen, von der Kanzlei ... – beauftragt durch den vormaligen Geschäftsführer der Klägerin – entworfenen Darlehensvertrag (Anlage K 1) unterzeichnet hatte. Denn der Beklagte hatte neben der Unterzeichnung des schriftlichen Darlehensvertrages zugleich mit E-Mail vom 31.05.2022 auf die mündliche Tilgungsvereinbarung verwiesen und klargestellt: „Vereinbarungsgemäß werde ich bei jeder Rechnung ab 01.06.2022 – 5.000 EUR als Sondereinbehalt in Abzug bringen bis das Darlehen vollständig zurück bezahlt ist“. Die zwischen dem vormaligen Geschäftsführer und dem Beklagten vor der Valutierung getroffene mündliche Tilgungsvereinbarung war daher dahingehend auszulegen (§§ 133, 157 BGB), dass der Beklagte als Geschäftsführer der ... berechtigt war, die Darlehenstilgung durch den Abzug eines Betrages von jeweils 5.000,00 € der ... gegenüber der ... vorzunehmen. Die Klägerin sollte den Darlehensrückzahlungsbetrag dann im Innenverhältnis von der ... erhalten. In jedem Fall aber sollte das Darlehen bis zum 31.12.2022 zurückgeführt sein.
39
bb. Die Aussage des früheren Geschäftsführers der Klägerin hingegen, dass es eine Vereinbarung bezüglich einer Verrechnung nicht gegeben habe, ist nicht glaubhaft. Zum einen wäre die ratierliche Rückzahlung in der Folgezeit auch nicht so gehandhabt worden, hätte es die Absprache der ratierlichen Darlehenstilgung nicht gegeben. Dies steht zur Überzeugung des Senats fest. Zum anderen hat der vormalige Geschäftsführer der Klägerin dem Beklagten erst nach Rücksprache mit einem Anwalt im Herbst 2022 erklärt, dass eine Verrechnung nicht in Betracht komme (Protokoll vom 14.07.2025. S. 4, Bl. 43 d. e-OLGAkte). Zu diesem Zeitpunkt aber war die mündliche Verrechnungsvereinbarung zwischen dem vormaligen Geschäftsführer der Klägerin und dem Beklagten schon getroffen worden.
40
Das Aussageverhalten des Zeugen rechtfertigt auch nur Zweifel an der Darstellung des Beklagten nicht. So konnte er auch auf Vorhalt nicht erklären, warum er den vom Beklagten übermittelten und von diesem unterzeichneten Darlehensvertrag zur Kenntnis genommen hat, den Text der E-Mail, in deren Anhang sich dieser Darlehensvertrag befand, jedoch nicht. Auch seine Darstellung, die Fakturierung der Darlehensverrechnungen von der ... auf die Klägerin sei mit „immensem Aufwand“ verbunden, konnte er im Hinblick darauf, dass neben den entsprechenden Überweisungen in der Buchhaltung der beiden Handelsgesellschaften lediglich entsprechende Verrechnungskonten hätten eingerichtet werden müssen, nicht näher erläutern. Umgekehrt verwies er auf den „verkürzten Zahlungsweg“ bei der Auszahlung des Darlehens. Bei der Befragung machte er einen angespannten verschlossenen Eindruck und war ersichtlich nicht gewillt, sich mit den Vorhaltungen auseinanderzusetzen.
41
c. Nach diesem zugrunde zu legenden Sachverhalt hat der Beklagte sowohl persönlich als auch in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der ... mit der Klägerin als auch mit der ... – jeweils mit Zustimmung der anderen Beteiligten – vereinbart, dass gegenwärtige und künftige Geldforderungen zwischen ihm persönlich bzw. der ... und der Klägerin oder der ... außer durch Barzahlung auch durch Verrechnung erfüllt werden konnten, wobei die Verrechnung durch die ... sollte vorgenommen werden können.
42
aa. Dass bei diesen Rechtsgeschäften sowohl die Klägerin als auch die Komplementärin der ..., d.h. die ..., durch ihren Geschäftsführer ... wie auch die ... durch den Beklagten vertreten worden waren, steht der Wirksamkeit der genannten Vereinbarungen nicht entgegen, insbesondere liegt ein Verstoß gegen § 181 BGB nicht vor. Denn ausweislich der die ..., die ..., die ... und die Klägerin betreffenden Handelsregisterauszüge, welche der Senat eingesehen hat, waren Insichgeschäfte jeweils gestattet.
43
bb. Der Erfüllungseinwand des Beklagten erweist sich auch nicht als rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB).
44
(1) Denn die Verrechnungsvereinbarung wurde durch den vormaligen Geschäftsführer der Klägerin nicht unter – für den Beklagten erkennbarem – Missbrauch seiner Vertretungsmacht für die Klägerin getroffen.
45
Missachtet der gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG zur rechtsgeschäftlichen Vertretung befugte Geschäftsführer ein internes Zustimmungserfordernis oder eine sonstige interne Beschränkung der Vertretungsbefugnis hat dies gemäß § 37 Abs. 2 GmbHG keine rechtliche Wirkung im Außenverhältnis. § 37 Abs. 2 GmbHG, der die Unbeschränktheit und Unbeschränkbarkeit der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers im Außenverhältnis statuiert, ist Ausdruck des Prinzips, dass der Handelsverkehr auf dem Gebiet der rechtsgeschäftlichen und organschaftlichen Vertretungsbefugnis klare Verhältnisse erfordert. Für den Dritten, der auf diesem Gebiet mit einem Vertreter ein Rechtsgeschäft abschließt oder Erklärungen entgegennimmt, ist es, wenn nicht praktisch undurchführbar, so jedenfalls unzumutbar, sich in jedem Einzelfall über den Umfang der Vertretungsbefugnis des anderen Teils zu informieren. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber gerade bei den Handelsgesellschaften den Umfang der organschaftlichen Vertretungsbefugnis zwingend festgelegt (Born, WM Beilage 2 2023, 2, 18).
46
Die im Interesse des Verkehrsschutzes angeordnete rechtliche Unbeachtlichkeit von Beschränkungen der Vertretungsbefugnis gegenüber dem Vertragspartner gilt jedoch nicht ausnahmslos. Das Vertrauen des Geschäftspartners auf den Bestand des Geschäfts ist vielmehr nicht schutzwürdig, wenn er weiß oder es sich ihm geradezu aufdrängen muss, dass der Geschäftsführer seine Vertretungsmacht missbraucht. In einem solchen Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht kann er aus dem formal durch die Vertretungsmacht des Geschäftsführers gedeckten Geschäft keine vertraglichen Rechte oder Einwendungen herleiten. Dabei ergibt sich die Begrenzung des in § 37 Abs. 2 Satz 1 GmbHG zum Ausdruck kommenden Verkehrsschutzes allein aus der fehlenden Schutzbedürftigkeit des bösgläubigen Geschäftspartners. Die Versagung des Verkehrsschutzes unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs der Vertretungsmacht setzt nicht zusätzlich voraus, dass Geschäftsführer und Vertragspartner zum Nachteil der Gesellschaft handeln (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2017 – I ZR 6/16 –, Rn. 22, juris m.w.N.).
47
Zwar mag die Verrechnung gegenüber der ... für die Klägerin nachteilig gewesen sein, da bereits durch die Verrechnung die teilweise Erfüllung der Darlehensverbindlichkeit eintrat. Damit allerdings kann die Annahme eines sich dem Beklagten aufdrängenden Missbrauchs der Vertretungsmacht durch den vormaligen Geschäftsführer der Klägerin nicht begründet werden (BGH, Urteil vom 27. März 1985 – VIII ZR 5/84 –, BGHZ 94, 132–140, Rn. 51). Vielmehr war der Beklagte hier gutgläubig. Denn für den Beklagten als Außenstehenden, der in die Gesellschaften des vormaligen Geschäftsführers der Klägerin keinen Einblick hatte, war Herr ... Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften, die ineinander verwoben waren und sich gegenseitig beauftragten (vgl. auch Protokoll vom 19.05.2025, 3, Bl. 33 d. OLG-eAkte). Danach war es vorliegend so, dass aus der – hier entscheidenden – Sicht des Beklagten das wirtschaftliche Handeln beider Gesellschaften, d.h. der Klägerin und der ..., als nicht von gegensätzlichen Interessen bestimmt, sondern auch als auf das gemeinsame Interesse der Firmengruppe ausgerichtet erschien (vgl. auch BGH, Urteil vom 27. März 1985 – VIII ZR 5/84 –, BGHZ 94, 132–140, Rn. 51).
48
(2) Auch auf Seiten des Beklagten war nicht von einem Missbrauch seiner Vertretungsmacht auszugehen. Der Darlehensbetrag war auf ein Konto der ... ausbezahlt worden, so dass die seitens der ... vorgenommene Darlehenstilgung per Verrechnung nur die konsequente Folge war.
49
d. Nachdem der Beklagte nach seiner eigenen Aussage über die 30.000,00 € hinaus, die verrechnet worden waren, „nichts mehr bezahlt“ hat (Protokoll vom 19.05.2025, S. 3, Bl. 33 d. OLG-eAkte), trat in Höhe von 30.000,00 € Erfüllung ein, so dass noch ein Anspruch der Klägerin in Höhe von 20.000,00 € verbleibt. Dieser Anspruch ist – wie das Landgericht zutreffend angenommen hat – ab dem 01.01.2023 zu verzinsen (§ 288 Abs. 1 BGB). Der Verzug trat am 01.01.2023 ein, da das Darlehen – wie bereits ausgeführt – spätestens bis zum 31.12.2022 zurückzuzahlen war, einer Mahnung bedurfte es nicht (§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).
50
e. Die vom Beklagten erhobene Zug-um-Zug-Einrede greift nicht durch, denn die Parteien haben unter § 3 Abs. 2 des Darlehensvertrags vereinbart, dass der Kfz-Brief „nach vollständiger Tilgung des Darlehens“ an den Darlehensnehmer zurückzugeben ist. Diese Formulierung ist so zu verstehen, dass die Zug-um-Zug-Einrede damit ausgeschlossen ist.
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f. Nachdem in Höhe von 30.000,00 € Erfüllung eingetreten war, ergeben sich vertragliche Zinsen in Höhe von lediglich 1.932,87 €.
III.
52
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.