Inhalt

VG München, Beschluss v. 18.08.2025 – M 1 S 25.3322
Titel:

Nutzungsuntersagung, Keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit

Normenketten:
BayBO Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. b
BayBO Art. 76 S. 2
Schlagworte:
Nutzungsuntersagung, Keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22092

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 2. Juni 2025 (M 1 K 25.3321) gegen den Bescheid vom 19. Mai 2025 in Form des Änderungsbescheids vom 11. Juni 2025, durch welchen ihr unter Anordnung der sofortigen Vollziehung und Androhung eines Zwangsgelds jeglicher Betrieb von Lastkraftwagen bzw. Fahrzeugen über 3,5 Tonnen in der Nachtzeit zwischen 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr untersagt wurde.
2
Die Antragstellerin betreibt auf der FlNr. 53/6, Gem. … ein bislang ungenehmigtes Transportunternehmen. Das Grundstück befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet …“ vom 12. April 2001, das für das streitgegenständliche Grundstück ein Gewerbegebiet mit zulässigem immissionswirksamen flächenbezogenen Schallleistungspegel von tags 60 dB(A) und nachts 45 db(A) festsetzt.
3
Am 19. November 2024 erhielt der Antragsgegner eine Mitteilung über Lärmbelästigungen im Zusammenhang mit dem Grundstück der Antragstellerin. Daraufhin reichte die Antragstellerin unter dem 27. Dezember 2024 eine Betriebsbeschreibung für eine immissionsschutzrechtliche Beurteilung ein. Demnach erfolge LKW-Verkehr nur zur Tagzeit, die Betriebszeiten seien von 5.30 Uhr bis 20 Uhr.
4
Unter dem 28. Januar 2025 nahm der Fachbereich Immissionsschutz des Landratsamtes Stellung. Demnach zeige eine überschlägige Schallausbreitungsrechnung gemäß A.2.4 TA Lärm – auf Grundlage der Betriebsbeschreibung und dem Lärmprotokoll der Nachbarn –, dass bereits eine LKW-Abfahrt vor 6 Uhr zu einer Überschreitung des zulässigen Immissionsrichtwertes von 45 dB(A) und zu einer Überschreitung des zulässigen Spitzenpegels von 65 dB(A) für die Nachtzeit führe. Für die Tagzeit von 6-22 Uhr scheine der Betrieb grundsätzlich, unter noch festzusetzenden Auflagen zum Immissionsschutz, genehmigungsfähig. Dies sei unter Vorlage eines schalltechnischen Gutachtens mit einem Antrag auf Nutzungsänderung zu beantragen.
5
Unter dem 28. Januar 2025 und 24. Februar 2025 wurde die Antragstellerin angehört.
6
Mit Bescheid vom 19. Mai 2025 untersagte der Antragsgegner der Antragstellerin ab dem 16. Juni 2025 jeglichen Betrieb in der Nachtzeit zwischen 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr (Ziffer 1) und ordnete dessen sofortige Vollziehung an (Ziffer 3). Der Antragstellerin wurde zudem bei Verstoß gegen Ziffer 1 ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500 EUR angedroht (Ziffer 2) sowie die Kosten auferlegt (Ziffern 4 und 5).
7
Die Nutzungsuntersagung gründe auf einem Verstoß gegen die TA-Lärm-Grenzwerte sowie gegen das in § 15 Abs. 1 Nr. 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme. Die Immissionsrichtwerte aus Nr. 6.1 TA Lärm von 60 dB(A) tags von 6-22 Uhr und 45 dB(A) nachts von 22-6 Uhr dürften unter Berücksichtigung der Vorbelastung durch andere Gewerbebetriebe nicht überschritten werden. Die Immissionsschutzbehörde habe eine überschlägige Schallausbreitungsrechnung gemäß A.2.4 TA Lärm durchgeführt, basierend auf der Betriebsbeschreibung und dem Lärmprotokoll der beschwerdeführenden Nachbarn. Die Eingangsdaten für den LKW Park- und Fahrverkehr würden dem Technischen Bericht zur Untersuchung der Geräuschemissionen durch Lastkraftwagen auf Betriebsgeländen (2005, Hessisches Landesamt für Umwelt und Geologie (HLUG)) entstammen. Bei den in der Betriebsbeschreibung angegebenen Zeiten (5.30-20 Uhr) handle es sich beim Zeitraum von 5.30 Uhr bis 6 Uhr um Nachtzeit. In diesem Zeitraum führe laut Prognose bereits eine LKW-Abfahrt zu einer Überschreitung des zulässigen Immissionsrichtwerts von 45 dB(A) und zu einer Überschreitung des zulässigen Spitzenpegels von 65 dB(A). Die Überschreitung dieser Werte beim Zu-/Abgangsverkehr führe auch zu einer unzulässigen Nutzung nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Dabei sei im Rahmen der Abwägung das öffentliche Interesse an der Einhaltung von Bauvorschriften höher zu werten als das Interesse der Antragstellerin an der Weiternutzung des Grundstücks zu Nachtzeiten. Die Nutzungsuntersagung sei auch verhältnismäßig, sie stelle keine unbillige Härte dar, da es der Antragstellerin obliege, vor Aufnahme der beabsichtigten Nutzung deren Zulässigkeit sicherzustellen. Die gesetzte Frist sei im Hinblick auf die noch stattfindende Nutzung angemessen. In dem Zeitraum von vier Wochen sei es der Antragstellerin zumutbar, eine Betriebsumstellung zu gewährleisten. Die sofortige Vollziehung sei anzuordnen gewesen, da ein öffentliches Interesse daran bestehe, eine geordnete bauliche Entwicklung und gesunde Wohnverhältnisse zu gewährleisten. Bei einem Klageverfahren könne sich die unzulässige Lärmbelästigung der Nachbarschaft in der schützenswerten Nachtzeit auf Jahre hinaus verzögern. Es bestehe zudem die Gefahr der Breitenwirkung. So könne der Eindruck entstehen, dass man sich zumindest vorübergehend mit Erfolg über das Gesetz hinwegsetzen könne. Außerdem könne die Nutzung ohne Substanzverlust eingestellt und im Zweifel wieder aufgenommen werden, da keine unumkehrbaren Verhältnisse geschaffen würden. Das Zwangsgeld in Höhe von 2.500 EUR sei das mildeste Zwangsmittel, bei dem davon auszugehen sei, dass die Antragstellerin sich an die Anweisung der Behörde halte.
8
Unter dem 11. Juni 2025 erließ der Antragsgegner einen Änderungsbescheid, wonach die Ziffer 1 der ursprünglichen Nutzungsuntersagung dahingehend geändert wird, dass nicht jeglicher Betrieb zwischen 22 Uhr bis 6 Uhr untersagt wird, sondern nur jeglicher Betrieb von Lastkraftwagen bzw. Fahrzeugen über 3,5 Tonnen. Dies stelle ein milderes Mittel im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar. Eine weitergehende Untersagung des gesamten nächtlichen Betriebs erscheine zur Abwehr unzumutbarer Lärmbelästigungen nicht erforderlich. Leichte betriebliche Tätigkeiten oder die Nutzung leichter Fahrzeuge führe nach fachlicher Einschätzung des Fachbereichs für Immissionsschutz nicht zu relevanten Lärmüberschreitungen zur Nachtzeit.
9
Gegen diese Bescheide hat die Antragstellerin unter dem 2. Juni 2025, am 23. Juni 2025 erweitert um den Änderungsbescheid vom 11. Juni 2025, Klage (M 1 K 25.3321) erhoben und am selben Tag Eilrechtsschutz gesucht. Sie beantragt:
10
Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Untersagungsbescheid der Antragsgegnerin vom 19. Mai 2025 (Ziffer 3 des Bescheids) wird angeordnet.
11
Indem der Antragstellerin „jeglicher Betrieb“ zwischen 22 und 6 Uhr untersagt wird, werde ihr auch der Einsatz von KFZ untersagt, die die im Bescheid genannten Lärmgrenzwerte unterschreiten. Damit werde der Antragstellerin faktisch die grundrechtlich geschützte Gewerbeausübung untersagt, während in der unmittelbaren Nachbarschaft ebenfalls Liefer-/Transportverkehr erfolge. Der Bescheid sei deshalb auch ermessenfehlerhaft, weil zwischen den die Lärmgrenzwerte über- und unterschreitenden KFZ nicht differenziert wurde und ein Verbot ausschließlich für die Lärmgrenzwerte überschreitenden KFZ nicht als milderes Mittel in Betracht gezogen worden sei. Der Änderungsbescheid sei schon deshalb ermessensfehlerhaft, weil die für den Betrieb erlaubten KFZ ebenso die Lärmhöchstwerte für ein Gewerbegebiet überschreiten können. Der Antragsgegner habe zudem keine eigenen Messungen angestellt, sondern seine Erkenntnisse auf nicht-verifizierte Aussagen von Privatpersonen und pauschale Prognoseentscheidungen gestützt. Es sei nicht bekannt, welche Lärmgrenzwerte zu welchem Zeitpunkt mit welcher konkreten Zahl überschritten sein sollen. Eine Überschreitung der Lärmhöchstwerte könne auch von der unmittelbar an das klägerische Grundstück herangrenzenden B. bzw. von anderweitigen Gewerbebetrieben ausgehen. Die Antragstellerin betreibe nur solche LKW, die nach den neuesten Lärmschutzvorgaben für den Betrieb schwerer LKW zugelassen seien.
12
Der Antragsgegner beantragt:
13
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes … vom 19. Mai 2025, Az: …, wird abgelehnt.
14
Die Nutzungsuntersagung vom 19. Mai 2025 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 11. Juni 2025 sei rechtmäßig ergangen. Dem Vorbringen der Antragstellerin, es sei keine Differenzierung des nächtlichen Betriebsumfangs vorgenommen worden, sei durch den Erlass des Änderungsbescheids ausreichend Rechnung getragen. Eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dürfte damit nicht mehr gegeben sein. Eine konkrete Lärmmessung sei nicht erforderlich gewesen, da bereits eine überschlägige Prognose ergeben habe, dass der zulässige Nachtrichtwert bereits bei einer LKW-Abfahrt definitiv überschritten werde.
15
Mit Bescheid vom 17. Juni 2025 verpflichtete der Antragsgegner die Antragstellerin, innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheids einen Bauantrag einzureichen. Die diesbezüglichen Verfahren M 1 K 25.4340 und M 1 S 25.4339 sind am Verwaltungsgericht München anhängig.
16
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte im Eilverfahren und im Hauptsacheverfahren (M 1 K 25.3321) sowie auf die beigezogene Behördenakte.
II.
17
Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO, gerichtet auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 2. Juni 2025 (M 1 K 25.3321), bleibt in der Sache ohne Erfolg.
18
Im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes gem. § 80 Abs. 5 VwGO werden die Interessen des Antragsgegners am sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts und die der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage in der Hauptsache abgewogen. Das Gericht trifft eine eigene Ermessenentscheidung darüber, welche Interessen höher zu gewichten sind. Das Suspensivinteresse der Antragstellerin und das Vollzugsinteresse des Antragsgegners stehen sich grundsätzlich gleichwertig gegenüber. Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache sind als wesentliches, jedoch nicht alleiniges Indiz zu berücksichtigen. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt nach summarischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht kein öffentliches Interesse an dessen Vollziehung. Dagegen stellt es ein gewichtiges Indiz für das Überwiegen des Vollzugsinteresses dar, wenn der Rechtsbehelf in der Hauptsache keinen Erfolg verspricht (BayVGH, B.v. 26.7.2011 – 14 CS 11.535 – juris Rn. 18).
19
Vorliegend ist nach Auffassung des Gerichts davon auszugehen, dass die angefochtene Nutzungsuntersagung rechtmäßig ist und ein besonderes Vollzugsinteresse besteht.
20
1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist formell rechtmäßig.
21
Wenn die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet ist, ist gem. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Es sind die besonderen, auf den konkreten Einzelfall bezogenen Gründe anzugeben, die den Antragsgegner dazu bewogen haben, die aufschiebende Wirkung auszusetzen (BayVGH, B.v. 2.8.2018 – 9 CS 18.996 – juris Rn. 14). An dieses Begründungserfordernis sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen, es ist ausreichend, wenn die Behörde zu erkennen gibt, dass sie die Anordnung der sofortigen Vollziehung für geboten erachtet (BayVGH, B.v. 30.1.2019 – 9 CS 18.2533 – juris Rn. 16).
22
Das Interesse am Sofortvollzug wurde schlüssig und auf den Einzelfall bezogen dargelegt. Der Antragsgegner hat in seiner Begründung auf das öffentliche Interesse an der Gewährleistung einer geordneten baulichen Entwicklung sowie die Gefahr der Breitenwirkung verwiesen.
23
Ob die Begründung rechtlich zutreffend ist, ist keine Frage der formellen Rechtmäßigkeit. Erweisen sich die von der Behörde in der Begründung angeführten Gründe als nicht tragfähig, um das besondere öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung rechtfertigen zu können, liegt kein formeller Begründungsmangel i.S.d. § 80 Abs. 3 VwGO, sondern ein Verstoß gegen die materielle Voraussetzung des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vor (Gersdorf in: BeckOK VwGO, 74. Edition, Stand: 1.1.2024, § 80 Rn. 95). Im Übrigen ist anerkannt, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Nutzungsuntersagung in der Regel gerechtfertigt ist, wenn die Voraussetzungen für den Erlass einer solchen Verfügung vorliegen (vgl. BayVGH, B.v. 2.11.2011 – 2 CS 11.1558 – juris Rn. 7).
24
2. Die vom Gericht im Rahmen seiner originären Entscheidung anzustellende Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin. Das Vollzugsinteresse überwiegt das Suspensivinteresse der Antragstellerin, da der mit der Hauptsache angegriffene Verwaltungsakt – nach summarischer Prüfung – formell (2.1.) und materiell (2.2.) rechtmäßig ist und sie damit nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
25
2.1. Die Nutzungsuntersagung ist formell rechtmäßig.
26
Der Nutzungsuntersagung begegnet keinen Bedenken im Hinblick auf die formelle Rechtmäßigkeit. Insbesondere wurde die Antragstellerin mit Schreiben vom 28. Januar 2025 und 24. Februar 2025 angehört, Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG.
27
2.2. Zudem ist die Nutzungsuntersagung materiell rechtmäßig, da die streitgegenständliche Nutzung bauaufsichtlich nicht genehmigt wurde (2.2.1.) und auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist (2.2.2.).
28
Gem. Art. 76 Satz 2 BayBO kann die Bauaufsichtsbehörde die Nutzung von Anlagen untersagen, wenn sie öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht. Die Nutzungsuntersagung ist damit bereits rechtmäßig, wenn die Nutzung formell illegal ausgeübt wird. Sie verfolgt – wie vorliegend auch, vgl. Bescheid vom 17. Juni 2025 (M 1 S 25.4339, M 1 K 25.4340) – das Ziel, den Bauherrn auf das Baugenehmigungsverfahren zu verweisen, sodass eine Prüfung der materiellen Illegalität nicht erfolgen muss. Dieser Grundsatz ist jedoch insoweit einzuschränken, als dass es regelmäßig unverhältnismäßig wäre, eine offensichtlich genehmigungsfähige Nutzung zu untersagen (BayVGH, B.v. 23.5.2014 – 9 CS 14.451 – juris Rn. 12; B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16. 300 – juris Rn. 21).
29
2.2.1. Die ausgeübte Nutzung ist formell rechtswidrig, da sie ohne die erforderliche Genehmigung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO ausgeübt wird.
30
Eine Nutzungsänderung ist im Umkehrschluss zu Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO genehmigungspflichtig, wenn durch die Verwirklichung des Vorhabens die einer jeder Art von Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und für die neue Nutzung andere bauordnungs- und bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung (BayVGH, U.v. 19.5.2011 – 2 B 11.353 – juris Rn. 31). Unabhängig davon, dass mangels Unterlagen, insbesondere mangels hinreichender Betriebsbeschreibung nicht klar ist, wie die Antragstellerin das Grundstück momentan genau nutzt, bewegt sich die Nutzung im Rahmen eines Transportunternehmens jedenfalls außerhalb der Variationsbreite der vorherigen Nutzung als Ausstellungsgelände für einen Kfz-Handel. Eine Baugenehmigung nach Art. 55 Abs. 1, 68 BayBO liegt jedoch nicht vor.
31
Es liegt insbesondere auch kein nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. b BayBO verfahrensfrei zulässiges Vorhaben vor. Aus der – nur dürftig ausgefüllten – Betriebsbeschreibung vom 27. Dezember 2024 geht zumindest hervor, dass das Grundstück neben der Nutzung als LKW-Abstellplatz zumindest auch mit einem Materialcontainer und einem Büro für den Fuhrparkleiter ausgestattet ist. Es handelt sich mithin zumindest nicht um einen reinen Lager-/Abstellplatz, der als selbstständiges Einzelvorhaben zu betrachten wäre und so nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 15 Buchst. b BayBO genehmigungsfrei sein könnte (vgl. Lechner/Busse in Busse/Kraus, BayBO, 157. EL Januar 2025, § 57 Rn. 12, 335), sondern um ein einheitlich auszuführendes Gesamtvorhaben als Teil des Transportunternehmens. Die Fahrzeuge sollen im Übrigen nicht nur lagern und dauerhaft abgestellt werden, sondern sind Teil der Ausstattung des Transportgewerbes.
32
Mangels eingereichter Unterlagen kommt auch keine Genehmigungsfreistellung nach Art. 58 Abs. 1 BayBO in Betracht, sodass von einer formellen Illegalität auszugehen ist.
33
2.2.2. Die Nutzung ist auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig bzw. offensichtlich genehmigungsfreistellungsfähig.
34
Eine abschließende Aussage über die materielle Rechtmäßigkeit des Vorhabens – gerade im Rahmen der summarischen Prüfung des einstweiligen Rechtsschutzes – scheidet bereits deshalb aus, weil es mangels Vorliegens von Bauantragsunterlagen mit einer detaillierten Betriebsbeschreibung an einer eindeutigen und prüffähigen Darstellung des Vorhabens fehlt, anhand dessen die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens beurteilt werden könnte (vgl. BayVGH, B.v. 2.6.2017 – 9 ZB 15.1216 – juris Rn. 15). Allein deshalb fehlt es bereits an der Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit bzw. Genehmigungsfreistellungsfähigkeit.
35
Unabhängig davon, ob die im Bebauungsplan „Gewerbegebiet …“ festgesetzten Schallleistungspegel wirksam sind (vgl. insofern die restriktive Rechtsprechung bspw. BayVGH, U.v. 28.7.2016 – 1 N 13.2678 – juris; U.v. 25.11.2022 – 15 N 21.2243, juris), ist jedenfalls nicht offensichtlich, dass die Antragstellerin diese Schallleistungspegel bzw. (bei deren Unwirksamkeit) die Immissionsrichtwerte aus der TA Lärm einhält. Denn die Antragstellerin verursacht augenscheinlich – wie im Gewerbegebiet grundsätzlich ja auch zulässig – immissionsschutzrechtlich relevanten Lärm, der nach der überschlägigen Schallausbreitungsabschätzung des Fachbereichs für Immissionsschutz zumindest in der Nachtzeit bestimmte Grenzwerte übersteigen könnte. Eine offensichtliche Einhaltung der Schallleistungspegel bzw. Immissionsrichtwerte aus der TA Lärm und damit eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit ist ohne weitergehende Prüfung und die Erstellung eines schalltechnischen Gutachtens auf der Basis einer die Betriebsabläufe nachvollziehbar darstellenden Betriebsbeschreibung nicht gegeben.
36
2.3. Die Ermessenausübung des Antragsgegners ist im Übrigen nicht zu beanstanden (§ 114 Satz 1 VwGO). Soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vorliegen, sind an die Ermessenausübung und deren Begründung keine hohen Anforderungen zu stellen, da ein Fall des sog. intendierten Ermessens vorliegt (BayVGH, B.v. 19.5.2016 – 15 CS 16.300 – juris Rn. 37 m.w.N.). Insbesondere trifft die Antragstellerin die Nutzungsuntersagung in der Nachtzeit tatsächlich nur für eine halbe Stunde im Zeitraum von 5.30 – 6.00 Uhr, in welchem laut den Angaben der Antragstellerin Aktivitäten vorgenommen werden und infolge des Änderungsbescheids vom 11. Juni 2025 auch nur für Lastkraftwagen bzw. Fahrzeuge über 3,5 Tonnen. Zu Recht hat der Antragsgegner in seiner Begründung das Interesse der Allgemeinheit an der Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände höher gewichtet als das private Interesse der Antragstellerin.
37
3. Soweit das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin auch auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid in Ziffer 3 gerichtet war (vgl. §§ 80 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 1 i.V.m. 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, Art. 21a Satz 1 VwZVG), begegnet auch die Androhung des Zwangsgelds keinen Bedenken. Die gesetzte Frist ist nicht zu beanstanden (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG), das Zwangsgeld ist in seiner Höhe angemessen (vgl. Art. 31 Abs. 2 VwZVG). Überdies ist die Antragstellerin als Handlungsstörerin die richtige Adressatin der Zwangsgeldandrohung.
38
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
39
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 9.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der bei Stellung des gerichtlichen Eilantrags maßgeblichen Fassung von 2013 (und nicht in der vor der gerichtlichen Entscheidung bekanntgemachten neuen Fassung des Streitwertkatalogs 2025; ebenso BayVGH, B.v. 15.1.2014 – 4 C 14.580 – juris Rn. 1; U.v. 12.11.2014 – 4 BV 13.1239 – juris Rn. 41; OVG Lüneburg, B.v. 15.7.2014 – 7 OA 17/14 – juris Rn. 4; Sächs. VGH, B.v. 19.3.2014 – 5 E 15/12 – juris Rn. 3; HessVGH, B.v. 30.11.2015 – 8 A 889/13 – juris Rn. 68; a.A. OVG Hamburg, B.v. 24.3.2015 – 1 SO 117/14 – juris).