Inhalt

LG Aschaffenburg, Endurteil v. 29.07.2025 – 13 O 86/24
Titel:

Streitwertfestsetzung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Anderweitige Erledigung, Maßgeblicher Zeitpunkt, Darlegungs- und Beweislast, Elektronischer Rechtsverkehr, Darlegungslast, Tatbestandswirkung, Auskunftsanspruch, Aufgabe zur Post, Gesundheitsbeeinträchtigung, Gesundheitsverletzung, Pharmazeutische Unternehmer, Sittenwidrigkeit, Wert des Beschwerdegegenstandes, Berufungsschrift, Vorübergehende Unmöglichkeit, Elektronische Kommunikation, Anwaltliche Mitwirkung, Festsetzungsbeschluss

Schlagworte:
Schadensersatzanspruch, Kausalitätsnachweis, Nutzen-Risiko-Abwägung, Beweislast, Produktinformation, Impfkomplikation, Zulassungsverfahren
Fundstelle:
BeckRS 2025, 21858

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 73.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Klagepartei macht Ansprüche auf Zahlung von immateriellem Schadensersatz sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten im Zusammenhang mit einer Impfung mit dem Impfstoff „Comirnaty“ geltend. Ferner begehrt die Klagepartei die Erfüllung eines Auskunftsanspruchs nach § 84a AMG.
2
Ende 2019 traten in der Volksrepublik China erste Fälle einer durch ein neuartiges Virus (SARS-CoV-2) verursachten Erkrankung auf. SARS-CoV-2 ist ein hochansteckendes Virus, das sich sehr schnell global ausbreitete. Seit Beginn des Jahres 2020 grassierte weltweit die COVID-19 Pandemie. Im Januar 2020 erreichte sie auch Deutschland. Diese Pandemie führte weltweit zu erheblicher Morbidität und Mortalität sowie weitreichenden Belastungen im Gesundheits-, Sozial-, Bildungs- und Wirtschaftsbereich. Bis Ende Februar 2023 zählte die WHO mehr als 6,8 Millionen Todesfälle und ca. 758 Millionen bestätigte Fälle von COVID-19. Deutschland zählte Ende Februar 2023 mehr als 38.000.000 bestätigte Fälle von COVID-19 und ca. 168.000 Todesfälle.
3
Die Beklagte ist Inhaberin der Zulassung für den COVID-19-Impfstoff „Comirnaty“ in der EU, einschließlich Deutschland.
4
Der Impfstoff wurde erstmals am 21.12.2020 durch die Europäische Kommission bedingt zugelassen. Die Standardzulassungsentscheidung der Europäischen Kommission stammt vom 10.10.2022 (Anlage B15). Dieser ging eine Stellungnahme der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), deren Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP), vom 15.09.2022 voraus (Anlage B 16). Aufgrund der Bewertung der CHMP vom 30.08.2023 wurde der auf die Omikron-Variante des SARS-CoV-2-Virus angepasste Impfstoff Comirnaty ebenfalls von der Europäischen Kommission europaweit am 31.08.2023 zugelassen. Am 27.06.2024 und am 19.09.2024 erfolgten erneute Zulassungsempfehlungen durch das CHMP für den an die Omikron-Varianten JN.1 und KP.2 angepassten Impfstoff. Die EU-Kommission setzte die Empfehlung um und änderte mit Beschlüssen vom 03.07.2024 (Anlage B 24) und vom 26.09.2024 (Anlage B 25) den Durchführungsbeschluss vom 10.10.2022.
5
Die am ... 1987 geborene Klägerin wurde am ... 05.2021, ... 06.2021 und ... 01.2022 mit dem hier streitgegenständlichen mit Impfstoff „Comirnaty“ der Beklagten geimpft. (Impfausweis Anlage K02).
6
Am ... 07.2022 wurde seitens des Allgemeinarztes die Diagnose Thrombose gestellt. Nähere Angaben enthält die hierzu vorgelegte Anlage K03 diesbezüglich nicht.
7
Die Klägerin behauptet im Wesentlichen, sie sei vor der Impfung gesund gewesen. Sie habe durch die Impfung Atemnot und Ateminsuffizienz, eine Durchblutungsstörung, Herzrhythmusstörungen, eine Störung der Blutgerinnung sowie Thrombose erlitten. Die Impfung sei für diesen Schaden ursächlich.
8
Hinsichtlich des Impfstoffes müsse ein positives Nutzen-Risiko Verhältnis im Sinne des § 84 Abs. 1 Nr. 1 AMG verneint werden. Die Standardzulassung führe nicht zu einem positiven Nutzen-Risiko Verhältnis, da keine aussagekräftigen Daten vorgelegen hätten. Es fehle bei dem Impfstoff an Langzeitstudien. Eine Impfung mit Comirnaty schütze nicht vor der Erkrankung durch das Coronavirus, der Weiterübertragung oder schweren Verläufen und habe allenfalls einen geringen therapeutischen Nutzen. Die Impfung mit Comirnaty sei zudem wegen ihres Wirkmechanismus schlimmer als die Krankheit selbst. Die EU-Kommission hätte beiden Impfstoffen keine Standardzulassung erteilen dürfen, da die den Empfehlungen zugrundeliegenden Studien auf unzulänglichen Tatsachengrundlagen erfolgt seien.
9
Des Weiteren hätten die Produktinformationen zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprochen. Ihrer Aufklärungspflicht sei die Beklagte nicht nachgekommen und habe ihre Impfdosen stattdessen in Kartonagen verpackt, in denen leere Beipackzettel beigefügt waren. Die Schäden der Klagepartei seien auch wegen dieser fehlerhaften Instruktionen eingetreten. Denn wäre die Klagepartei über die vorstehend dargelegten Mängel der Herstellung und Entwicklung informiert gewesen und hätte den potenziellen Schadensumfang und die Wahrscheinlichkeit seines Eintritts gekannt, hätte sie sich nicht impfen lassen.
10
Die Klagepartei ist der Auffassung, dass ihr ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 84 Abs. 1 AMG, § 823 BGB, §§ 32 Abs. 1, 5 Satz 2 GenTG und § 826 BGB zustehe. Es gebe hinreichende medizinische Anhaltpunkte dafür, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Impfung und den Beschwerden bestehe. Dabei komme ihr ein Anscheinsbeweis sowie eine Kausalitätsvermutung nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AMG zugute. Eine Risiko-Nutzen-Abwägung dürfe nicht abstrakt-generell vorgenommen werden, sondern müsse einen individuellen Maßstab anlegen. Die Sittenwidrigkeit ergebe sich aus der unterlassenen Aufklärung der Beklagten über die bei der Klagepartei eingetretenen Nebenwirkungen.
11
Die Klagepartei reichte mit Schriftsatz vom 26.03.2024 Klage beim Landgericht Aschaffen burg ein. Diese änderte sie im Schriftsatz vom 14.10.2024 im Hinblick auf den Aus kunftsantrag nach § 84a AMG.
12
Die Klagepartei beantragt zuletzt,
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch EUR 50.000,00 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2023 zu zahlen.
2.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei sämtliche sonstigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die künftig noch aus der Impfung mit dem Impfstoff der Beklagten resultieren werden und derzeit noch nicht bezifferbar sind, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
3.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 5.625,13 nebst Zinsen in Höhe fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2023 zu zahlen.
4.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klagepartei Auskunft zu erteilen über die ihr im Zeitraum vom 21.12.2020 bis zur letzten mündlichen Verhandlung bekannten Wirkungen und Nebenwirkungen sowie über sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen des Impfstoffs „Comirnaty“ von Bedeutung sein können, soweit diese die dargelegten Beschwerden Atemnot und Ateminsuffizienz, Durchblutungsstörung, Herzrhythmusstörungen, Störung der Blutgerinnung, Thrombose betreffen. Insbesondere sind dazu die folgenden Auskünfte zu erteilen:
a. Auskunft über Art und Schwere der Toxizität der verwendeten Lipidnanopartikel ALC-0159 und ALC-0315 für den Menschen sowie über deren immunologische Auswirkungen auf den menschlichen Organismus.
b. Auskunft über den pharmazeutischen Reinheitsgrad von ALC-0159 und ALC-0315 unddarüber, wie diese bestimmt werden und welche Auswirkungen ein abweichender Reinheitsgrad auf die vorstehenden gesundheitlichen Schäden hat.
c. Auskunft darüber, welcher Lieferant für die Lieferung der hier streitgegenständlichen Impf-Charge zuständig war und welche Technologie dieser für die Herstellung nutzte.
d. Auskunft über die Funktion der im Spike-Protein „Wuhan 1“ verbauten Furin-Schnittstelle zur Trennung des S1-Proteins vom S2-Protein und zu den gesundheitlichen Folgen, bezogen auf die streitgegenständlichen Gesundheitsschäden der Klagepartei.
e. Auskunft über den verwendeten P2-Lock und die Auswirkung auf den S1-Teil es Spike-Proteins, bezogen auf ein Lösen des S1-Teils und ein Andocken an den menschlichen ACE2-Rezeptor.
f. Auskunft darüber, ob es Biarcore-Messungen (Oberflächenplasmonenresonanzspektroskopie) gibt die belegen, dass das Spike-Protein nicht an den ACE2-Rezeptor andockt.
g. Auskunft zu erteilen, welche Cluster von HIV-Sequenzen und GP-120 im Spike-Protein verbaut sind und welche Auswirkungen dies auf das Immunsystem der Klagepartei sowie die weiteren gesundheitlichen Schäden hat.
h. Auskunft über die Neuropilin-Schnittstelle im Spike-Protein und darüber, ob das Spike-Protein auch auf Nervenzellen und Gehirnzellen exponiert sowie über die Folgen einer solchen Exposition auf die Nervenzellen, bezogen auf die konkreten gesundheitlichen Schäden der Klagepartei.
i. Auskunft über alle von der Beklagten im Rahmen der Pharmakovigilanz erfassten gesundheitlichen Schäden am Menschen, soweit diese mit den konkreten gesundheitlichen Schäden der Klagepartei übereinstimmen, sowie Vorlage der entsprechenden Auswertungen.
j. Auskunft dazu wie die Beklagte sicherstellte, dass das Spike-Protein im Impfstoff von der Zellwand gehalten werden konnte (Membrananker) und nicht stattdessen frei im Körper verfügbar wurde, sowie Auskunft darüber, ob ein freies, im Blut verfügbares Spike-Protein die konkreten gesundheitlichen Schäden der Klagepartei hätte bewirken können.
k. Auskunft über die Auswertungen und Feststellungen der Beklagten auf den ACE-Rezeptor menschlicher Zellen und der Blockade des Renin-Angiotensin-Aldosteron-System am menschlichen Organismus, bezogen auf die gesundheitlichen Schäden der Klagepartei.
l. Auskunft über die festgestellte Genotoxizität beim Menschen durch den Impfstoff BNT162b2.
m. Auskunft über Unterschiede zwischen der Faltung des Proteins zwischen BNT162b2.8 und BNT162b2.9 und welche der beiden Varianten die Klagepartei verimpft bekommen hat.
n. Auskunft über eigene Feststellungen der Beklagten zur Feststellung von Prof. M. von der T. US zur Verwendung von Plasmid-DANN in dem Impfstoff BNT162b2, insbesondere zum SV40-Promotor/Enhencer, bezogen auf die streitgegenständlichen Schäden. Ergänzend: Seit wann wird der SV40-Promotor/Enhencer von der Beklagten genutzt? Welche Funktion übt die Plasmid-DNA nach der Vorstellung der Beklagten in dem Vakzin aus und welche gesundheitlichen Schäden stellte die Beklagte in „Process 2“ in ihrer Versuchsgruppe fest?
o. Auskunft über die von der Beklagten unternommenen Maßnahmen gegen negative Auswirkungen des Vakzins in Bezug auf die Fruchtbarkeit von geimpften Personen im Hinblick auf die Feststellungen im Abschlussgutachten zur Prä-Klinik vom 21.01.2021.
p. Auskunft über den Inhalt des Zwischenberichts C4591022 zu Fehl- und Totgeburten (Pflichtbestandteil des EPAR-Riskmanagement der EMA) zur Eruierung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses.
q. Auskunft zu den Maßnahmen, die die Beklagte unternahm, nachdem sie gemäß folgender Gutachten (peer-reviewed) feststellte, dass ihr Vakzin BNT162b2 die Blockade/Zerstörung des P53-Protein an menschlichen Körperzellen die Krebszellenerkennung verhindert:
- Zeitliche metabolische Reaktion auf mRNA-Impfungen bei Onkologiepatienten, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34463888/
- Koordinierung und Optimierung von FDG-PET/CT und Impfung; Erfahrungen aus der Anfangsphase der Massenimpfung, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34029956/
- Lymphadenopathie nach Impfung: Bericht über zytologische Befunde aus einer Feinnadelaspirationsbiopsie, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34432391/
- Axilläre Lymphadenopathie nach Impfung bei einer Frau mit Brustkrebs, Quelle:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34940788/
- Feinnadelaspiration bei einer impfassoziierten Lymphadenopathie, Quelle:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34286849/
- Hypermetabolische Lymphadenopathie nach Pfizer-Impfung, Inzidenz bewertet durch FDG PET-CT und Bedeutung für die Interpretation der Studie, eine Überprüfung von 728 geimpften Patienten, Quelle: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33774684/ Ergänzung: In welchem Zusammenhang steht diesbezüglich die Zulassung im Jahr 2022 von 23 neuen Krebsmedikamenten des Pfizer-Konzerns?
r. Auskunft über etwaige Feststellungen zu Oncomiren – d.h. mit Krebs assoziierte miRNA – in dem streitgegenständlichen Impfstoff Comirnaty und welche Feststellungen der Beklagten zu den gesundheitlichen Schäden der Beklagten vorliegen.
s. Auskunft über alle Feststellungen und Rohdaten der Beklagten, nach denen Frauen ein dreifach höheres Risiko besitzen, gesundheitliche Schäden infolge der Impfung mit BNT162b2 zu erleiden (PSUR #1) sowie Auskunft über die Erhöhung des Risikos bei Frauen, bezogen auf die gesundheitlichen Schäden der Klagepartei.
t. Auskunft darüber zu erteilen, ob sich Herr US und sämtliche Mitarbeiter der Beklagten selbst mit Comirnaty haben impfen lassen und falls bejahend, welche Abweichung im Inhalt und in der Produktionsart bei den sog. Mitarbeiterchargen und den Sonderchargen bestand, die u.a. für das Personal der Bundesregierung vorgehalten wurden. Gibt es in der Erfassung gesundheitlicher Schäden Unterschiede zwischen den Mitarbeiterchargen und jenen Chargen, die für die übrige Bevölkerung produziert wurden?
u. Auskunft über das Patent US 2015/0086612 A1 und die dortige Feststellung „Bei der Immuntherapie auf RNA-Basis kann die Teerbildung in Lunge oder Leber nachteilig sein, da das Risiko einer Immunreaktion bei diesen Organen besteht. (engl.: For RNA based immunotherapy, lung or liver tar geting can be detrimental, because of the risk of an immune response against these organs.)“ zu erteilen, inwieweit Folgeschäden für die Klagepartei zu erwarten sind. Ergänzend: Welche Änderungen in der Kenntnis liegen der Beklagten vor, die diese Einschätzung zum streitgegenständlichen Vakzin widerlegen?
v. Auskunft über die Gesundheit der Klagepartei zu erteilen, wenn die Kombination von Salzen mit Nanolipiden vorgesehen ist (Patent US 10,485,884 B2)? Welche Erkenntnisse über das Ausflocken von Spike-Proteinen liegen der Beklagten vor und welche gesundheitlichen Schäden ließen sich dazu verzeichnen?
w. Auskunft der Beklagten über das Spike-Protein „Wuhan 1“ und die proteinbiochemischen Grundlagen wie: – Thermostabilität; – PH-Sensitivität Verhält sich bspw. ein im Fuß der Klagepartei auf 7 Grad heruntergekühltes Spike-Protein anders als bei 36,6 Grad (Kältedenaturierung)?
x. Auskunft über Art und Häufigkeit fehlgefalteter Proteine und die Prüfung, ob Einschlusskörperchen in den Zellen festgestellten wurden. Falls bejahend, mit welchen gesundheitlichen Folgen?
y. Auskunft über den Einbau von N1- Methylpseudouridin in der rRNA der Ribosmen der Mitochondrien und denen der Zelle, zellulärer mRNA und tRNA zu erteilen. Falls der Einbau bejaht wird: Welche gesundheitlichen Schäden wurden bisher dazu festgestellt?
z. Auskunft über die Feststellungen der Quantifizierung zu erteilen, d.h. wieviel SpikeProtein durch einen Menschen mengenmäßig nach der Verabreichung von Comirnaty tatsächlich produziert wird. Um welchen Faktor erhöht dabei das N1- Methylpseudouridin die Produktion der Spike-Proteine im gesamten Körper?
aa. Für den Fall der Bejahung der vorausgegangenen Frage mag die Beklagte dazu Auskunft erteilen wie sie sicherstellte, dass die Spike-Proteine bei zu hoher Konzentration nicht thermodynamisch instabil werden (life on the edge of solubility).
bb. Auskunft über konkrete biologische/chemische/und oder physikalische Eigenschaften ihres Produktes zu erteilen, die nach Ansicht der Beklagten zu einem feststellbaren Nutzen führen sollen.
cc. Auskunft über den Verbleibt des N1-Methylpseudouridin als Nukleotid im Körper der Klagepartei zu erteilen, nachdem die modRNA in die menschliche Zelle transfiziert wurde, sowie darüber, ob das N1-Methylpseudouridin in der ribosomalen RNA der Mitochondrien verbaut.
dd. Auskunft über den Herstellungsprozess „Process 2“ zu erteilen und welche konkreten DNA-Verunreinigungen die Beklagte vor der Chargenfreigabe bei den hier streitgegenständlichen Chargen feststellte (Messprotokolle und Sequenzierung für die streitgegenständliche(n) Charge(n)).
ee. Auskunft über die Menge der festgestellten Verunreinigung in Nanogramm an DANN (alle DANN-Schnipsel) zu erteilen, die sich in den streitgegenständlichen Chargen der Klagepartei befanden.
ff. Auskunft über das gesamte Konformitätsverfahren zum Produktionsprozess „Process 2“ zu erteilen und darüber, inwieweit das Produkt und die Qualität des Produkts verändert wurde.
gg. Auskunft über die üblichen Beschreibungen „Integrität, Reinheit und produzierte Wirkstoffmenge“ zu den streitgegenständlichen Chargen zu geben, da Comirnaty im Arzneimittelhandbuch nicht als Arzneimittel aufgenommen wurde und diese Daten daher nicht einsehbar sind.
hh. Auskunft über die Gefahrguteinstufung der Lipide ALC-0315 und ALC-0159 mit der Gefahrenklasse 3 – „gefährlich“ sowie über das Gesamtprodukt Comirnaty mit OEB 5 „sehr hohes toxisches Potential ab 1 Mikrogramm“ zu erteilen.
13
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung
14
Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage unsubstantiiert sei. Die vorgelegten Unterlagen würden bereits keinen Kausalzusammenhang zwischen der Impfung und den behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen belegen.
15
Es gäbe keinerlei Anhaltspunkte, dass die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf der Impfung beruhen würden. Völlig unklar sei, wann die vorgetragenen Nebenwirkungen eingetreten seien. Zudem sei die Thrombose 6 Monate nach der letzten Impfung diagnostiziert worden, wobei keinerlei Unterlagen zu weitergehenden Feststellungen vorlägen. Darüber hinaus sei aus der in Anlage K 28 vorgelegten Leistungsübersicht ersichtlich, dass die Klägerin bereits Vorerkrankungen habe. Beispielsweise seien bereits 2019 Ödeme bei der Klägerin festgestellt worden.
16
Kausalitätsvermutungen gem. § 84 Abs. 2 AMG oder aus anderen Rechtsquellen würden nicht zugunsten der Klägerin greifen. Die Unterlagen würden keinerlei Rückschluss auf die Kausalität ergeben.
17
Zum behaupteten negativen Nutzen-Risiko-Verhältnis verliere sich die Klägerin in Vermutungen und Spekulationen. Sämtliche wissenschaftlichen Studien und die Zulassungsbehörden hätten Comirnaty stets ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis bescheinigt. Die wissenschaftlichen Studien würden zudem zeigen, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Impfstoff Entzündungen in den Blutgefäßen verursachen könne. Das CHMP habe im Rahmen der letzten Zulassung 27.06.2024 ausdrücklich erklärt, sämtliche relevanten Daten ausgewertet zu haben. Die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit des Impfstoffs seien durchgängig gewährleistet gewesen. Der Vortrag der Klägerseite leide weiter darunter, dass die Zahl der Verdachtsmeldungen nicht in Bezug zu den tatsächlich verabreichten Impfdosen gestellt werde. Comirnaty sei bis Juni 2022 weltweit geschätzt 2,6 Milliarden Mal verimpft worden. Ohnehin seien Verdachtsmeldungen nicht geeignet, eine Schadensneigung zu belegen.
18
Ein Anspruch nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 AMG bestehe nicht. Die Informationen zu Comirnaty seien stets auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft gewesen. Darüber hinaus ergebe sich eine Ersatzpflicht nur dann, wenn der Schaden infolge einer nicht korrekten Kennzeichnung, Fach- oder Gebrauchsinformation eingetreten sei. Dabei müsse die Fachinformation kausal für den eingetretenen Schaden gewesen sein und bei Vorliegen der Information der Schaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden sein.
19
Auch ein Anspruch gemäß § 84a AMG bestehe vorliegend nicht, weil bereits ein Schadensersatzanspruch gem. § 84 AMG unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt in Betracht komme. Darüber hinaus würde ein etwaiger Anspruch nicht im geltend gemachten Umfang bestehen.
20
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
21
Die Kammer hat am 15.07.2025 mündlich zur Sache verhandelt und die Klägerin informa torisch angehört. Hinsichtlich des Inhalts wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A..
22
Die zulässige Klage ist unbegründet.
23
Der Klagepartei steht ein Schadensersatzanspruch oder ein Anspruch auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht im Zusammenhang mit den am .05.2021, .06.2021 und .01.2022 erhaltenen Impfungen mit „Comirnaty“ gegenüber der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Die Klagepartei hat auch keinen Auskunftsanspruch gemäß § 84a AMG gegenüber der Beklagten.
I.
24
Ein Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 2, 87 S. 2 AMG besteht nicht. Die Klagepartei ist einerseits ihrer Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die Ursächlichkeit der Impfung für die behaupteten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht nachgekommen. Zudem besteht weder eine unvertretbare schädliche Wirkung, noch beruht die Gesundheitsverletzung auf einer unzureichenden Produktinformation.
25
1. Wird infolge der Anwendung eines zum Gebrauch bei Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich dieses Gesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung befreit worden ist, ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen nicht unerheblich verletzt, so ist der pharmazeutische Unternehmer, der das Arzneimittel im Geltungsbereich dieses Gesetzes in den Verkehr gebracht hat, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 84 Abs. 1 Satz 1 AMG).
26
Die Ersatzpflicht besteht gem. § 84 Abs. 1 Satz 2 AMG nur, wenn (1) das Arzneimittel bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen oder (2) der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist.
27
2. Die bei der Klägerin eingetretene Gesundheitsverletzung ist nicht zur Überzeugung der Kammer (§ 286 ZPO) „infolge der Anwendung“ der Impfstoffe eingetreten. Die Klägerin, die für den Ursachenzusammenhang zwischen der Anwendung des Arzneimittels und der Rechtsgutverletzung den Vollbeweis zu führen hat, ihrer Beweis- und Darlegungslast nicht nachgekommen.
28
Zwischen der Anwendung des Arzneimittels und der Rechtsgutverletzung muss ein naturwissenschaftlicher Ursachenzusammenhang gegeben sein. Dieser ist zu bejahen, wenn die Anwendung des Arzneimittels nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass die Gesundheitsbeeinträchtigung entfiele (conditio sine qua non). Ein Unterlassen, welches insbesondere im Zusammenhang mit der Arzneimittelinformation in Betracht kommt, ist dann kausal, wenn der Verletzungserfolg bei pflichtgemäßem Tun nicht eingetreten wäre.
29
Grundsätzlich hat die Klagepartei den Vollbeweis zu führen, sodass die Kausalität zur vollen Überzeugung des Gerichts feststehen muss (§ 286 ZPO), vgl. OLG Frankfurt a.Main, Urteil vom 10.04.2003, 3 U 30/00; OLG Brandenburg, Urteil vom 30.05.2012, Az. 13 U 73/07.
30
Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 AMG besteht die Vermutung, dass der Schaden durch das Arzneimittel verursacht worden ist, wenn das angewendete Arzneimittel nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Die Eignung im Einzelfall beurteilt sich gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 AMG nach der Zusammensetzung und der Dosierung des angewendeten Arzneimittels, nach der Art und Dauer seiner bestimmungsgemäßen Anwendung, nach dem zeitlichen Schadensbild und dem gesundheitlichen Zustand des Geschädigten im Zeitpunkt der Anwendung sowie allen sonstigen Gegebenheiten, die im Einzelfall für oder gegen die Schadensverursachung sprechen (vgl. BGH, Beschluss vom 01.07.2008, Az. ZR 287/07).
31
Eine bloße Vermutung im Sinne einer bloßen Hypothese reicht nicht aus (vgl. OLG Brandenburg, Urteil vom 30.05.2012, Az. 13 U 73/07). Vielmehr muss die Eignung aufgrund der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls festgestellt werden. Um ein weitgehendes Leerlaufen der Vorschrift zu verhindern, dürfen allerdings keine zu hohen Anforderungen an die Darlegungslast des Arzneimittelanwenders gestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 26.03.2013, Az.VI ZR 109/12 m.w.N.). Eine Verletzungseignung kann angenommen werden, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass das Arzneimittel die Rechtsgutverletzung verursacht hat. Es genügt allerdings nicht, wenn nur eine ungesicherte Hypothese für den ursächlichen Zusammenhang spricht (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 10.04.2003, Az. 3 U 30/00; Franzi in: BeckOGK, Stand 01.06.2025, § 84 Rn. 52 m.w.N.). Die Tatsachen, die bezüglich der Verletzungseignung vom Geschädigten vorgebracht werden, müssen dabei im Bestreitensfalle zur vollen richterlichen Überzeugung bewiesen werden (vgl. Franzi in: BeckOGK, Stand 01.06.2025, § 84 Rn. 52 m.w.N.).
32
Diese Vermutung gilt gemäß § 84 Abs. 2 S. 3 AMG jedoch nicht, wenn ein anderer Umstand nach den Gegebenheiten des Einzelfalls geeignet ist, den Schaden zu verursachen. Als andere Umstände im Sinne des § 84 Abs. 2 S. 3 AMG kommen etwa der Gesundheitszustand des Geschädigten, insbesondere eine sich schicksalhaft verschlechternde Grunderkrankung oder eine hinzutretende Erkrankung, oder besondere Lebensgewohnheiten des Geschädigten wie starker Alkohol- oder Zigarettenkonsum in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 26.03.2013, Az.VI ZR 109/12 m.w.N.). So kann § 84 Abs. 2 S. 3 AMG im Einzelfall eingreifen, wenn der Geschädigte Risikofaktoren für den eingetretenen Schaden aufweist (vgl. BGH, Beschluss vom 26.01.2010, Az.VI ZR 72/09; Urteil vom 26.03.2013, Az. ZR 109/12 m.w.N.). Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Vorliegens eines anderen verletzungsgeeigneten Umstands liegt beim pharmazeutischen Unternehmer. Diesbezüglich gilt derselbe Prüfungsmaßstab wie bei S. 1. Daher muss der andere Umstand ebenfalls konkret und nicht nur abstrakt verletzungsgeeignet sein.
33
Die Klagepartei ist unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe im Hinblick auf den Ursachenzusammenhang zwischen der Impfung und ihren Gesundheitsbeeinträchtigungen beweisfällig geblieben.
34
Vorliegend beschränkt sich die Klagepartei im Wesentlichen darauf mitzuteilen, dass die Impfstoffe der Beklagten abstrakt-generell dazu geeignet seien, entsprechende Erkrankungen herbeizuführen. Für das Vorliegen dieses Ursachenzusammenhangs legt die jedoch keine greifbaren tatsächlichen Anknüpfungspunkte dar. Vielmehr handelt es sich bei seiner Behauptung lediglich um eine ungesicherte Hypothese „ins Blaue hinein“.
35
Die vorgelegten Unterlagen legen keinerlei Kausalzusammenhang zwischen der bei der Klägerin eingetretenen Thrombose und der Impfung nahe. Auch aus der Leistungsübersicht ist nicht ersichtlich, dass sich die Thrombose bei der Klägerin über Monate entwickelt hat. Soweit die Klagepartei im Schriftsatz vom 25.07.2025 die Schilderungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 15.07.2025 aufgreift, führt dies nicht zu einer ausreichenden Darlegung des Kausalzusammenhangs. Die von der Klägerin zwar behaupteten durchaus erheblichen Beschwerden korrespondieren nicht mit den seitens der Klagepartei vorgelegten Unterlagen zu den ärztlichen Feststellungen, auch nicht mit den Feststellungen anderer Ärzte als dem Hausarzt. So ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere auch der bis ins Jahr 2019 zurückgehenden Leistungsauskunft (Anlage K 28), keine konkreten Hinweise auf bei der Klägerin aufgetretene Herzrhythmusstörungen, Dauerschwindel, diffusen Haarausfall oder eine Immunschwäche.
36
Die beantragte Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. Vernehmung der im Schriftsatz vom 25.07.2025 benannten Zeugen ist unzulässig, da sie auf eine Ausforschung hinausläuft. Das ist der Fall, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur das Fehlen tatsächlicher Anhaltspunkte rechtfertigen können (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.1998, Az. ZR 174/97 m.w.N.). Vorliegend fehlen – wie dargestellt – für eine abstrakt-generelle Eignung der Impfung als Ursache der seitens der Klägerin vorgetragenen Beeinträchtigungen jedoch tatsächliche greifbare Anhaltspunkte. Vielmehr hat der Kläger den Ursachenzusammenhang lediglich „ins Blaue hinein“ bzw. „auf gut Glück“ behauptet, um eine Beweisaufnahme zu erreichen, deren Ausgang völlig ungewiss ist.
37
Dem Beweisangebot, sämtliche Krankenunterlagen beizuziehen, musste die Kammer schon deshalb nicht nachgehen, weil die Ärzte, deren Krankenakten beigezogen werden sollen, gar nicht konkret benannt werden. Zwar werden pauschal in der Replik vom 14.10.2024 (Bl. 198 f. a. E.) alle behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden, allerdings ohne zu nennen, welche Ärzte dies konkret überhaupt sein sollen. Eine Erklärung, warum sich die Klägerin nicht in der Lage sieht, die Unterlagen selbst vorzulegen und es der gerichtlichen Beiziehung bedarf, wird gleichfalls nicht gegeben. Die Klägerin hat im vorliegenden Fall letztlich auch im Schriftsatz vom 25.07.2025 lediglich Beweis durch „Beiziehung der Patientenakten“ angetreten, ohne die Ärzte deren Akten beigezogen werden sollen, konkret zu benennen.
38
3. a) Die von der Klägerseite behauptete negative Nutzen-Risiko-Bilanz besteht nicht.
39
Die Kammer schließt sich insoweit der bisherigen einhelligen Judikatur an, wie sie in diversen obergerichtlichen Entscheidungen ergangen ist (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 12. Februar 2025, Az. 5 U 738/24, zitiert nach juris, Rn. 22 ff. (rechtskräftig); Urteil vom 18. Dezember 2024, Az. 5 U 168/24, zitiert nach juris, Rn. 99 ff.; Urteil vom 25. September 2024, Az. 5 U 379/24, zitiert nach juris, Rn. 42; Urteil vom 10. Juli 2024, Az. 5 U 1375/23, zitiert nach juris, Rn. 32 ff. (rechtskräftig);
OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 19. Februar 2025, Az. 23 U 13/24, zitiert nach juris, Rn. 236 ff.
(rechtskräftig); OLG Oldenburg, Urteil vom 18. Dezember 2024, Az. 5 U 53/24, zitiert nach juris, Rn. 83 ff.; OLG Celle, Beschluss vom 11. Oktober 2024, Az. 5 U 323/23, zitiert nach juris, Rn. 15 ff.; vgl. auch OLG München, Verfügung vom 12. Dezember 2024, Az. 14 U 3100/24 e, BeckRS 2024, 36083 Rn. 122 ff.; Hinweisbeschluss vom 5. November 2024, Az. 14 U 2313/24e, BeckRS 2024, 31623 Rn. 235 ff).
40
Die Nutzen-Risiko-Abwägung hat abstrakt-generellen Charakter und findet unter Berücksichtigung sämtlicher schädlichen Wirkungen für die vollständige durch die Indikationsangabe des pharmazeutischen Unternehmers anvisierte Patientengruppe statt; sie wird hingegen nicht bezogen auf den individuell Geschädigten oder bezogen auf Untergruppen innerhalb der durch die Indikation angesprochenen Patientengruppe vorgenommen (OLG Koblenz, Urteil vom 25.09.2024 – 5 U 379/24, juris Rn. 34; Kügel/Müller/Hofmann/Brock, 3. Aufl. 2022, AMG § 84 Rn. 82; BeckOGK/Franzki, 01.02.2025, AMG § 84 Rn. 83; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 20.12.2013 – 4 U 121/11, juris Rn. 46 m.w.N.). Das erklärt sich daraus, dass im Zulassungsverfahren stets auf anonymisierte Studien zurückgegriffen und die Gesamtheit der Ergebnisse bewertet wird. Demgegenüber liegen Daten zu den jeweils individuellen Risiken nicht vor. Die Spezifika des konkreten Einzelfalls können dagegen (nur) von dem das Arzneimittel einsetzenden Arzt beurteilt und beachtet werden, der hier aber keine Rolle spielt. Erfahrungen aus Einzelfällen fließen wiederum in Form der Art, Schwere und statistischen Häufigkeit von unerwünschten Nebenwirkungen in die Gesamtabwägung ein. Meldepflichten sichern, dass solche Erfahrungen aus Einzelfällen auch tatsächlich Berücksichtigung finden können.
41
Nach § 4 Abs. 28 AMG umfasst das Nutzen-Risiko-Verhältnis „eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 Buchstabe a“, welches sich definiert als „jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten oder die öffentliche Gesundheit“. Dabei gilt: Je besser der therapeutische Nutzen und je schwerwiegender die Erkrankung ohne Impfung, desto eher können auch gravierende schädliche Wirkungen akzeptiert werden (statt vieler: BeckOGK/Franzki, 01.02.2025, AMG § 84 Rn. 88). Risiken für den Einzelnen lassen sich also nicht gänzlich ausschließen und werden hingenommen, wenn der Nutzen bezogen auf die Gesamtheit der potentiellen Anwender in der Verhältnismäßigkeitsabwägung höher ausfällt.
42
§ 84 AMG begründet danach keine Haftung des Arzneimittelherstellers oder des das Medikament vertreibenden Unternehmers für solche Nebenwirkungen, die bereits bei der Zulassung bekannt und im Hinblick auf den Nutzen des Arzneimittels im Zulassungsverfahren hingenommen wurden, soweit in der Fachinformation und der Packungsbeilage darauf hingewiesen ist (OLG Karlsruhe, Urteil vom 08.10.2008 – 7 U 200/07, juris Rn. 6 ff.). Anders kann es sein bei im Rahmen der umfangreichen Prüfung der Arzneimittelzulassung als vertretbar eingestuften schädlichen Wirkungen, wenn die Schwere oder Häufigkeit der schädlichen Wirkungen sich im Vergleich zum Zeitpunkt der Zulassung verändert haben (BeckOGK/Franzki, 01.06.2025, AMG § 84 Rn. 67). Solche nachträglichen Erkenntnisse sind dann bei der (Neu-)Bewertung zu berücksichtigen und belasten gegebenenfalls den Hersteller (OLG Koblenz, Urteil vom 25.09.2024 – Az. 5 U 379/24., Rn. 39 ff.).
43
Hinsichtlich der schädlichen Wirkungen kommt es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 12. Februar 2025, Az. 5 U 738/24, zitiert nach juris, Rn. 21; Urteil vom 10. Juli 2024, Az. 5 U 1375/23, zitiert nach juris, Rn. 29-33). Als Zeitpunkt der Rückprojektion ist der Zeitpunkt der Anwendung des Arzneimittels heranzuziehen; dies wird dem Charakter der Vorschrift als Gefährdungshaftung am besten gerecht.
44
Die Klagepartei trifft die Darlegungs- und Beweislast nach allgemeinen Grundsätzen. b)
45
Die vorgenannten Maßstäbe zugrunde gelegt, ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis für den Impfstoff der Beklagten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung als positiv zu bewerten.
46
aa) Der Impfstoff der Beklagten hat fortwährend jegliche behördliche Zulassung erhalten, insbesondere auch die Standardzulassung am 10.10.2022. Dem Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission vom 10.10.2022 zur unbedingten Zulassung kommt insoweit Tatbestandswirkung zu (vgl. OLG Koblenz, Urt. V. 10.07.2024 – 5 U 1375/23 BeckRs 2024, 16169, Rn. 28). Zudem wurden auch weitere Zulassungsempfehlungen durch das CHMP für den an die Omikron-Varianten JN.1 und KP.2 angepassten Impfstoff erteilt. Die EU-Kommission setzte die Empfehlung um und änderte mit Beschlüssen vom 03.07.2024 und vom 26.09.2024 den Durchführungsbeschluss vom 10.10.2022.
47
Mit der Feststellung der rechtswirksamen Zulassung wird inzident das Vorliegen eines positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses festgestellt, da ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis Tatbestandsvoraussetzung der Zulassung eines Arzneimittels ist, gleichgültig, ob auf nationaler oder europäischer Ebene (OLG Koblenz, Urteil vom 25.09.2024 – Az. 5 U 379/24, Rn. 45). Die Prüfung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses war mithin wesentliche Voraussetzung sowohl für die bedingte Zulassung des Impfstoffs als auch für die Erteilung der unbedingten Zulassung, so dass mit der Zulassungsentscheidung zugleich das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis mit Bindungswirkung auch für die Zivilgerichte festgestellt wurde (zum Umfang der Tatbestandswirkung vgl. auch BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245-280, Rn. 12; wie hier auch LG Frankfurt, Urteil vom 14.02.2024 – 2-12 O 264/22, juris Rn. 12; für die Verwaltungsgerichtsbarkeit allein in Bezug auf die Zulassungsentscheidung: BVerwG, Beschluss vom 07.07.2022 – 1 WB 2/22, BVerwGE 176, 138-211, juris Rn. 206 unter Bezugnahme auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15.10.2009 – 1 BvR 3522/08, juris Rn. 50).
48
Die am 10.10.2022 erteilte unbedingte Zulassung ist bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung weder ausgesetzt oder widerrufen worden (Art. 20a Verordnung (EG) 726/2004) und auch die Verwendung des Impfstoffs ist nicht durch die Kommission ausgesetzt worden (Art. 20 Abs. 4 Verordnung (EG) 726/2004), so dass die Bindungswirkung unverändert fortbesteht. Vielmehr wurde zuletzt mit Beschluss vom 26.09.2024 der Durchführungsbeschluss vom 10.10.2022 infolge einer Empfehlung des CHMP für den an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff entsprechend geändert.
49
bb) Die Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung im Zivilprozess kann in Frage gestellt werden, wenn substantiiert dargelegt wird, welche der Beklagten damals bereits bekannten Umstände bei der Zulassungsentscheidung nicht berücksichtigt worden sein sollen, bei deren Berücksichtigung eine andere Zulassungsentscheidung gerechtfertigt gewesen wäre, oder aber, wenn dargelegt wird, dass nach der Zulassung Nebenwirkungen des Impfstoffs bekannt geworden sind, deren Kenntnis im Zeitpunkt der Zulassung einer Zulassung entgegen gestanden hätten (OLG Koblenz a.a.O., Rn. 49; OLG Bamberg, Beschluss vom 14.08.2023 – 4 U 15/23 e, juris Rn. 15; vgl. auch BGH, Urteil vom 12.05.2015 – ZR 328/11, BGHZ 205, 270-287, Rn. 28). Gleiches dürfte gelten, wenn im Einzelnen begründet wird, dass ein Ermessensfehler bei der Nutzen-Risiko-Abwägung vorliegt, d. h. das Ermessen nicht ausgeübt oder überschritten wurde oder das Ermessen wider der gesetzlichen Bestimmungen erfolgte.
50
Dazu hat die Klagepartei jedoch nichts Erhebliches vorgetragen.
51
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der EMA nicht alle erforderlichen Informationen erteilt wurden, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Comirnaty zutreffend zu bewerten. Insbesondere ist die Beklagte verpflichtet, in regelmäßigen Abständen periodic safety update reports (PSUR) bei den Zulassungsbehörden einzureichen, in denen die Daten statistisch und epidemiologisch aufbereitet wurden. Dass die Beklagte ihren umfänglichen Berichtspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist, ist nicht substantiiert dargelegt. Die Klägerin hat dahingehend vorgetragen, die Zulassungsentscheidung der EMA sei ermessensfehlerhaft gewesen und es bestünden Zweifel an der Unabhängigkeit der EMA von der Pharmaindustrie. Zudem sei aufgrund der Schnelligkeit des Zulassungsverfahrens keineswegs von einer positiven Nutzen-Risiko-Bilanz auszugehen. Dieser Vortrag erfolgt ins Blaue hinein und vermag keine Zweifel an dem Zulassungsverfahren zu begründen. Dabei wird von Klägerseite verkannt, dass die zunächst vorläufige Zulassung durch die unbedingte Zulassung bestätigt wurde und der Impfstoff auch nach wie vor zugelassen ist.
52
Insbesondere hat die Klagepartei keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die europäischen Behörden bei ihren fortlaufenden Prüfungen Tatsachen unbeachtet gelassen hätten, die bei ihrer Beachtung zu einem abweichenden Ergebnis geführt hätten.
53
Auch der Vortrag der Klagepartei zu einer Verunreinigung der Chargen ist als unsubstantiiert zu werten. Eine solche Verunreinigung war ursprünglich durch ein Schreiben als angeblicher Rote-Hand-Brief verbreitet worden. Hierzu nahm das Paul-Ehrlich-Institut am 05.12.2023 Stellung und gab an, dass das Schreiben ebenso wie die dort abgeleiteten Schlussfolgerungen falsch seien und der Aufruf keine behördlich geprüfte und autorisierte Information darstelle, sondern der Verunsicherung durch gezielte Desinformation diene. Dabei werde ausdrücklich betont, dass ein Nutzen der COVID-19-mRNA-Impfstoffe gegenüber möglichen Risiken deutlich überwiege.
54
Die Kammer gelangt daher zu dem Ergebnis, dass schädliche Wirkungen des Impfstoffs bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Eine positive Nutzen-Risiko-Abwägung darf nicht dahin verstanden werden, dass es nicht auch Fälle geben darf und gibt, in denen sich ein Risiko verwirklicht. Der Betroffene erhält darauf die versicherte Heilfürsorge, aber eben keinen darüber hinausgehenden Schadensersatzanspruch; insoweit wird ein „Sozialopfer“ für die Gemeinschaft der Anwender des Impfstoffs erbracht. Die in diesem Sinne verstandene Nutzen-RisikoAbwägung fällt daher positiv aus. Dies gilt sowohl für den heutigen Zeitpunkt als auch für die Zeitpunkte der Anwendung des Impfstoffs, zuletzt am .01.2022.
55
Die Voraussetzungen des Haftungstatbestandes § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG liegen somit nicht vor.
56
4. Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus §§ 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 87 S. 2 AMG.
57
Danach besteht eine Ersatzpflicht des pharmazeutischen Unternehmers nur dann, wenn der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung (§ 10 AMG), Gebrauchsinformation (= Packungsbeilage, § 11 AMG) oder Fachinformation (§ 11a AMG) eingetreten ist.
58
Vorliegend bestehen keine Anhaltspunkte, dass eine der Produktinformationen zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprach. In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass nicht jede entfernte Möglichkeit eventueller Nebenwirkungen in die Produktinformationen aufgenommen werden muss. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AMG sind „die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft“ der Maßstab dessen, was der pharmazeutische Unternehmer an Informationen in die Informationsträger (Kennzeichnung, Gebrauchs- und Fachinformation) aufzunehmen hat. Hierfür reicht bereits ein ernst zu nehmender Verdacht, solange dieser auf validen, wissenschaftlichen Daten beruht (vgl. im OLG Koblenz Urteil vom 10.07.2024 – 5 U 1375/23, juris Rn. 113 mwN).
59
Darüber hinaus setzt die Haftung nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG voraus, dass der Schaden infolge einer fehlerhaften Instruktion eingetreten ist. Es genügt also nicht, dass der Schaden durch das Arzneimittel verursacht wurde und die Arzneimittelinformation fehlerhaft war. Vielmehr muss der Schaden gerade auf die fehlerhafte Arzneimittelinformation zurückgehen (doppelte Kausalität) (vgl. OLG Bamberg, Beschluss v. 14.08.2023 – 4 U 15/23 e).
60
Hinsichtlich der Frage, ob der Schaden bei ordnungsgemäßer Arzneimittelinformation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre, genügt es, wenn der Anwender – vergleichbar zur nicht ordnungsgemäßen ärztlichen Aufklärung – einen echten Entscheidungskonflikt darlegt (vgl. OLG Bamberg, Hinweisbeschluss v. 14.08.2023, – 4 U 15/23 e).
61
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen konnte die Kammer nicht feststellen.
62
Die Klagepartei gab in der mündlichen Verhandlung am 15.07.2025 an:
63
Sie habe sich damals impfen lassen, damit sie ihre Tochter in den Kindergarten bringen konnte und keine Tests habe selbst bezahlen müssen. Selbst wenn sie über eine mögliche Thrombose aufgeklärt worden wäre, hätte sich die Klägerin nach eigenen Angaben impfen lassen.
64
Darüber hinaus hat die Klägerin weder vorgetragen noch behauptet, dass sie die Fach- und Gebrauchsinformationen vor den Impfungen überhaupt gelesen hat, sodass diese schon aus diesem Grund keinen Einfluss auf seine Entscheidung gehabt haben können.
65
Unter diesen Umständen kann die Kammer – unterstellt es läge eine nicht der medizinischen Wissenschaft entsprechende Kennzeichnung, Gebrauchsinformation oder Fachinformation vor, weder einen echten Entscheidungskonflikt der Klagepartei noch das Vorliegen einer doppelten Kausalität erkennen.
II.
66
Der Klagepartei steht kein Anspruch auf Schadensersatz aus § 32 Abs. 1 und Abs. 5 Gentechnikgesetz (GenTG) zu. Ein solcher Anspruch scheitert schon daran, dass die Anwendung der Vorschrift durch § 37 Abs. 1 GenTG ausgeschlossen ist. Gemäß § 37 Abs. 1 GenTG ist § 32 GenTG im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes (AMG) nicht anzuwenden, es kommt insoweit nur die Haftung nach dem AMG in Betracht. Es handelt sich bei dem streitgegenständlichen Impfstoff zudem nicht um ein Gentherapeutikum.
III.
67
Die Klagepartei hat auch keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 823 Abs. 1 BGB. Sie konnte keine rechtswidrige Handlung der Beklagten darlegen. Die Beklagte hat einen von der zuständigen Behörde zugelassenen Impfstoff in Verkehr gebracht. Dass sie dabei im Rahmen des Zulassungsverfahrens vorsätzlich falsche Angaben gemacht oder Studien manipuliert haben könnte, ist nicht ersichtlich.
IV.
68
Auch ein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 95 Abs. 1 Nr. 3a, 96 Nr. 3 AMG i.V.m. § 8 AMG oder aus § 823 Abs. 2 i.V.m. §§ 223 ff. StGB scheidet aus. Ein solcher Anspruch scheitert jedenfalls mangels Verschulden der Beklagten. Aus den im Rahmen der Darstellung zu § 84 AMG oben angeführten Gründen kann weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit der Beklagten angenommen werden.
V.
69
Auch ein Anspruch aus § 826 BGB ist nicht gegeben. Hiernach ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlichen Schaden zufügt, zum Ersatz dieses Schadens verpflichtet. Sittenwidrig handelt, wer gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Hierfür genügt es grundsätzlich nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten verletzt, gegen eine gesetzliche Vorschrift verstößt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zu Tage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 20.11.20212 – ZR 268/1 1). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, da die Entwicklung eines Impfstoffes mit einem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis, dessen therapeutischer Nutzen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse seine etwaigen schädlichen Wirkungen überwiegt, nicht verwerflich sein kann (vgl. so auch LG Detmold, Urteil vom 13.02.2024 – 02 O 85/23, PharmR 2024, 228, 233). Die Klagepartei vermag auch nicht substantiiert vorzutragen, welche konkreten Personen bei der Beklagten vorsätzlich unzutreffende Gebrauchsinformationen in Verkehr gebracht haben oder notwendige Aufklärungen unterlassen haben sollen.
VI.
70
Mangels Vorliegen einer Haftung dem Grunde nach besteht weder ein Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Schäden noch ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
VII.
71
Auch ein Anspruch gem. § 84a AMG besteht nicht.
72
Ein solcher Auskunftsanspruch kommt nach § 84a Abs. 1 S. 1 AMG in Betracht, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme begründen, dass ein Arzneimittel einen Schaden verursacht hat, es sei denn, dies ist zur Feststellung eines Schadensersatzanspruchs nicht erforderlich. Nach § 84a Abs. 1 S. 2 AMG richtet sich der Anspruch auf dem pharmazeutischen Unternehmer bekannte Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie ihm bekannt gewordene Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen und sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Bedeutung sein können.
73
An der Erforderlichkeit einer Auskunft fehlt es hierbei, wenn ein Anspruch nach § 84 Abs. 1 AMG von vornherein nicht besteht oder nicht durchsetzbar ist, beispielsweise wenn die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 AMG nicht vorliegen (Franzki, in: BeckOK Großkommentar, Stand: 01.02.2025, AMG, § 84a, Rn. 15). Aus den oben dargestellten Gründen kommt ein solcher Anspruch nach § 84 Abs. 1 AMG vorliegend nicht in Betracht, sodass es unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen bereits an der Erforderlichkeit der Auskunft fehlt.
74
Etwas anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung des OLG Bamberg, Teilurteil v. 19.02.2024, Az. 4 U15/23 e. Im dortigen Verfahren ist die Erkrankung als Impfkomplikation anerkannt. Darüber hinaus wurde im dortigen Verfahren angenommen, dass die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG vorliegen dürften. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
75
Ein Anspruch der Klagepartei auf Auskunft nach § 84a Abs. 1 AMG besteht demnach nicht.
B.
76
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
77
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 48 GKG i. V. m. § 3 ZPO.
78
Unter Berücksichtigung des Vortrags zum Feststellungantrag war dieser mit 18.000 € und der Auskunftsanspruch mit dem Auffangstreitwert von 5.000 € anzusetzen. Der Streitwert beträgt somit 73.000 €.