Titel:
Anordnung einer mündlichen Verhandlung durch das Gericht im Zusammenhang mit der teilweisen Aufhebung eines inländischen Schiedsspruchs
Normenketten:
ZPO § 59, § 62 Abs. 1, Abs. 2, § 66, § 67, § 69, § 256, § 1059, § 1063 Abs. 2 Alt. 1
AktG § 248 Abs. 1, § 249 Abs. 1 S. 1
GG Art. 103 Abs. 1
DIS-ERGeS Art. 11.1 S. 1, S. 2
Leitsätze:
1. Die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung sind ergänzend heranzuziehen, soweit dies mit dem Charakter des Aufhebungsverfahrens als eines Erkenntnisverfahrens eigener Art vereinbar ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für eine Beschlussmängelstreitigkeit in einem Erkenntnisverfahren vor einem staatlichen Gericht gilt, dass ein Gesellschafter im Anfechtungsprozess als streitgenössischer Nebenintervenient nach § 69 ZPO auf Seiten der beklagten Gesellschaft dem Verfahren beitreten kann, weil das ergehende Urteil auch ihm gegenüber wirkt. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3. Im Gegensatz zu einem einfachen Nebenintervenienten (§§ 66, 67 ZPO) kann der auf Seiten der Gesellschaft beitretende Gesellschafter als streitgenössischer Nebenintervenient (§ 69 ZPO) auch gegen den Willen der Gesellschaft und unabhängig von der Hauptpartei selbstständig Berufung gegen ein zuungunsten der Gesellschaft ergangenes Urteil einlegen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die §§ 62, 69 ZPO sind auch in einem Aufhebungsverfahren gem. § 1059 ZPO über eine Beschlussmängelstreitigkeit entsprechend anzuwenden. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
mündliche Verhandlung, Aufhebung eines Schiedsspruchs, Aufhebungsverfahren, Anfechtungsklage, Schiedsvereinbarung, Schiedsverfahren, streitgenössische Nebenintervention, Streitverkündeter, Vollstreckbarerklärungsverfahren, Wirkungen des Schiedsspruchs
Rechtsmittelinstanz:
BayObLG, Beschluss vom 29.07.2025 – 101 Sch 139/24 e
Fundstellen:
BeckRS 2025, 21801
LSK 2025, 21801
NZG 2025, 1437
Tenor
1. Die mündliche Verhandlung wird angeordnet.
2. Auf der Grundlage einer vorläufigen Bewertung erteilt der Senat den bisherigen Beteiligten (Antragstellerin; Antragsgegnerin) sowie den Streitverkündeten zu 1), zu 2) und zu 3) folgende Hinweise:
a) Der Senat beabsichtigt, im Aufhebungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 2 ZPO die bisher untätige Gesellschaft (… GmbH) und die ebenfalls untätige Schiedsbeklagte zu 2) (…) als notwendige Streitgenossinnen der Antragstellerin zuzuziehen. Eine Beteiligung der Betroffenen des Schiedsverfahrens (…) analog § 62 Abs. 2 ZPO im Aufhebungsverfahren scheidet zwar aus; die Entscheidung im Aufhebungsverfahren entfaltete gemäß §§ 15.1 und 15.2 des Gesellschaftsvertrags i. V. m. Art. 1.1 und 11.1 DIS-ERGeS aber auch der Betroffenen gegenüber Wirkung und sie hätte die Wirkungen einer den Schiedsspruch aufhebenden Entscheidung anzuerkennen.
b) Nachdem die Gesellschaft (Streitverkündete zu 2]) und die Schiedsbeklagte zu 2) (Streitverkündete zu 1]) im Aufhebungsverfahren von Amts wegen entsprechend § 62 Abs. 2 ZPO zuzuziehen sind, ergeht die Entscheidung über den Aufhebungsantrag einheitlich gegenüber sämtlichen Beteiligten des Schiedsverfahrens und die Betroffene (Streitverkündete zu 3]) hat deren Wirkungen anzuerkennen; der Aufhebungsantrag ist zulässig.
c) Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme für die Antragstellerin, die Antragsgegnerin sowie die Streitverkündeten zu 1) bis 3) zu den Hinweisen bis einschließlich 28. Mai 2025.
3. Der Antragstellerin wird aufgegeben, bis zum 28. Mai 2025 beglaubigte deutsche Übersetzungen derjenigen Passagen aus Schriftsätzen und sonstigen Unterlagen zur Akte zu reichen, auf die sie sich konkret bezieht (mit Ausnahme des Schiedsspruchs, der bereits in beglaubigter deutscher Übersetzung vorgelegt worden ist).
4. Der Senat beabsichtigt, über den Aufhebungsantrag am 11. Juli 2025 um 9.30 Uhr in der Schleißheimer Straße 141 in München, Sitzungssaal 116, mündlich zu verhandeln. Eine Terminierung wird nach Eingang der zu erwartenden Stellungnahmen erfolgen.
Der Antragstellerin, der Antragsgegnerin sowie den Streitverkündeten zu 1) und zu 2) wird aufgegeben, den Termin zu reservieren.
Entscheidungsgründe
1
1. Die Anordnung der mündlichen Verhandlung beruht auf § 1063 Abs. 2 Alt. 1 ZPO.
2
2. Auf der Grundlage einer vorläufigen Bewertung ist der Aufhebungsantrag der Antragstellerin entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin zulässig, obwohl der Schiedsspruch über die isolierte positive Beschlussfeststellungsklage der Schiedsklägerin (Antragsgegnerin) die für Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH analog geltenden Wirkungen der § 248 Abs. 1, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG zeitigt und der Aufhebungsantrag nur gegen die Antragsgegnerin gerichtet ist.
3
In dem durch den Aufhebungsantrag der Antragstellerin eingeleiteten Aufhebungsverfahren sind vom Senat in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 2 ZPO die bisher untätige Gesellschaft (Schiedsbeklagte zu 1]; Streitverkündete zu 2]) und die Schiedsbeklagte zu 2) (…; Streitverkündete zu 1]) als notwendige Streitgenossinnen der Antragstellerin (Schiedsbeklagte zu 3]) zuzuziehen, da die Entscheidung in entsprechender Anwendung der §§ 62, 69 ZPO einheitlich gegenüber sämtlichen Beteiligten des Schiedsverfahrens zu ergehen hat. Eine Beteiligung der Betroffenen des Schiedsverfahrens (vgl. Art. 2. 1 DIS-ERGeS) im Aufhebungsverfahren analog §§ 62, 69 ZPO scheidet aus. Die Betroffene war über die Schiedsklage fristgerecht informiert, sie hat sich am Schiedsverfahren aber weder als Partei noch als Nebenintervenientin beteiligt. Die Entscheidung im Aufhebungsverfahren entfaltete aber auch der Betroffenen gegenüber Wirkung und die Betroffene hätte die Wirkungen einer den Schiedsspruch aufhebenden Entscheidung anzuerkennen (§§ 15.1 und 15.2 des Gesellschaftsvertrags i. V. m. Art. 1.1 und 11.1 DIS-ERGeS).
4
Die entsprechende Anwendung der §§ 62, 69 ZPO hat zur Folge, dass das Rechtsschutzbedürfnis für den Aufhebungsantrag gegeben ist, denn eine unter Beteiligung sämtlicher Parteien des Schiedsverfahrens im Aufhebungsverfahren ergehende Entscheidung entfaltete – wie der Schiedsspruch selbst – Wirkung auch im Verhältnis zur Gesellschaft und der Streitverkündeten zu 1) (vgl. § 325 Abs. 1 ZPO; § 248 Abs. 1, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG entsprechend). Da die Gesellschaft und die Streitverkündete zu 1) im Aufhebungsverfahren wie notwendige Streitgenossinnen der Antragstellerin (vgl. § 62 ZPO) zu behandeln sind, hat der Schiedsspruch auch im Verhältnis der Antragsgegnerin sowie der Betroffenen zur Gesellschaft und zur Streitverkündeten zu 1) noch keine Rechtskraft selbst dann erlangt, wenn die Frist des § 1059 Abs. 3 ZPO für die Stellung eines Aufhebungsantrags der Gesellschaft und der Streitverkündeten zu 2) bereits abgelaufen wäre. Die fristwahrende Einlegung des Aufhebungsantrags kommt sämtlichen Schiedsbeklagten, somit auch der Gesellschaft und der Streitverkündeten zu 1), zugute. Dass der Schiedsspruch wegen des Aufhebungsantrags der Antragstellerin noch keine Rechtskraft entfaltet, gilt auch für die Betroffene; sie hätte eine aufhebende Entscheidung kraft der privatautonom getroffenen Regelung im Gesellschaftsvertrag i. V. m. den Regelungen in der DIS-ERGeS über eine Rechtskrafterstreckung anzuerkennen.
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Die Frage der Teilbarkeit in subjektiver Hinsicht (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 2020, I ZB 108/19, SchiedsVZ 2021, 341 Rn. 16; Beschluss vom 1. März 1999, II ZR 305/97, NJW 1999, 1638 [juris Rn. 9]) stellt sich nicht, da durch die Beteiligung insbesondere der Gesellschaft als Partei im Aufhebungsverfahren eine Entscheidung über die Aufhebung mit der von § 248 Abs. 1, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG intendierten Einheitlichkeit der Rechtslage und damit verbundenen Unteilbarkeit des Schiedsspruchs nicht in Konflikt stünde.
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Der Bewertung liegen folgende Erwägungen zugrunde:
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1. Die Antragstellerin hat den Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gegen die Antragsgegnerin innerhalb der in § 1059 Abs. 3 ZPO bestimmten Frist gestellt.
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2. Der Schiedsspruch entfaltet Wirkungen erga omnes.
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a) Im Schiedsverfahren waren nicht nur die Antragstellerin (Schiedsbeklagte zu 3]) und die Antragsgegnerin (Schiedsklägerin), sondern auch die Streitverkündete zu 2) (Schiedsbeklagte zu 1]) und die Streitverkündete zu 1) (Schiedsbeklagte zu 2]) als Parteien beteiligt. Gemäß § 1055 ZPO sowie aufgrund § 15.1 des Gesellschaftsvertrags i. V. m. Art. 38 DIS-SchO entfaltet der Schiedsspruch unter ihnen die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils (vgl. § 325 Abs. 1 ZPO).
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Aus § 15.2 des Gesellschaftsvertrags i. V. m. Art. 11.1 DIS-ERGeS folgt, dass sich die Wirkungen des Schiedsspruchs auch auf die fristgemäß bezeichnete Betroffene erstrecken.
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b) Mit den Regelungen in §§ 15. 1 und 15.2 des Gesellschaftsvertrags haben die Gesellschafterinnen von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht, einem Schiedsgericht privatautonom unter den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Mindestanforderungen an eine Schiedsvereinbarung die Befugnis zu verleihen, Gesellschafterbeschlüsse nach den Maßstäben des objektiven Gesellschaftsrechts zu prüfen und mit den sich aus der entsprechenden Anwendung der §§ 248, 249 AktG für Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH ersichtlichen Wirkungen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 2015, I ZB 3/14, NJW 2015, 3234 Rn. 15) – eine wirksame Schiedsvereinbarung vorausgesetzt – zu entscheiden (BGH, Beschluss vom 6. April 2009, II ZR 255/08 – Schiedsfähigkeit II, BGHZ 180, 221 Rn. 14 f.).
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Die Schiedsvereinbarung erfüllt die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderten Mindeststandards. Eine statutarische Schiedsklausel, die die ergänzenden Verfahrensregeln der DIS für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten miteinbezieht, genügt den Voraussetzungen, die an eine auch Beschlussmängelstreitigkeiten umfassende wirksame Schiedsvereinbarung zu stellen sind (vgl. BayObLG, Beschluss vom 10. Oktober 2022, 101 SchH 46/22, SchiedsVZ 2023, 100 Rn. 62 [juris Rn. 83]; Beschluss vom 18. August 2020, 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315 Rn. 24 [juris Rn. 30]).
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c) Bei der hier in Rede stehenden Streitigkeit handelt es sich um eine Beschlussmängelstreitigkeit, wovon im Übrigen sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegnerin ausgehen.
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aa) Zu diesen gehören „Anfechtungs-, Nichtigkeitsfestellungs- und positive Feststellungsklagen entsprechend §§ 241 ff. AktG“, nicht aber „einfache“ Feststellungsklagen „unter den Gesellschaftern“ nach § 256 ZPO, die Wirkung lediglich inter partes entfalten (BGH NJW 2015, 3234 Rn. 15; Beschluss vom 29. März 1996, II ZR 124/95 – Schiedsfähigkeit I, BGHZ 132, 278 [juris Rn. 6]). Es kann offenbleiben, ob sich bereits aus der Nennung „positiver Feststellungsklagen entsprechend §§ 241 ff. AktG“ in den genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 16. April 2015 sowie „Schiedsfähigkeit I“ (BGH a. a. O.) ergibt, dass auch einer isolierten, also nicht mit einer Anfechtungsklage kombinierten, positiven Feststellungsklage „gemäß § 256 ZPO“ (vgl. BGHZ 76, 154 [juris Rn. 16]) zur Klärung des Zustandekommens und des Inhalts eines Gesellschafterbeschlusses, die gegen die GmbH erhoben wurde, inter-omnes-Wirkung entsprechend § 248 Abs. 1, § 249 AktG zukommt. Denn zumindest steht eine entsprechende Bewertung im Einklang mit der Auffassung der obergerichtlichen Rechtsprechung sowie einer weit verbreiteten Auffassung in der Literatur, der sich der Senat anschließt (vgl. BayObLG, Beschluss vom 4. Juli 2023, 101 Sch 28/22, juris Rn. 98 m. w. N. unter Hinweis auf OLG München, Urt. v. 27. März 1996, 7 U 6037/95, GmbHR 1996, 451 [452]; Beschluss vom 20. Januar 2023, 102 Sch 115/21, juris Rn. 129; a. A., d. h. die Wirkung erga omnes für eine bei der GmbH an die Stelle einer Anfechtungsklage tretende Feststellungsklage verneinend: Drescher in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl. 2024, § 248 AktG Rn. 2 und § 241 AktG Rn. 3 unter Hinweis darauf, dass das MoPeG für die Personengesellschaften das Anfechtungsmodell in §§ 110 ff. HGB neu eingeführt habe und die Vorschriften in den §§ 110 ff. HGB teilweise bessere Analogiegrundlagen für die GmbH abgäben als das Aktienrecht; Raiser/Schäfer in Habersack/Casper/Löbbe, GmbHG-Großkommentar, 3. Aufl. 2020, Anhang nach § 47 Rn. 259; Seibt in Scholz, GmbHG, 13. Aufl. 4/2024, § 48 Rn. 52).
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bb) Die Schiedsklage richtete sich gegen die Gesellschaft.
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Der Schiedsklägerin (Antragsgegnerin) ging es nicht um die Feststellung allein im Verhältnis zur Antragstellerin und der Streitverkündeten zu 2), dass diese unter Verstoß gegen die Stimmrechtsbindung aus dem ISA gegen die Bestellung von S zum Geschäftsführer und den Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrags gestimmt hätten. Ihre Hauptanträge zielten vielmehr in erster Linie auf die Gesellschaft und dieser gegenüber auf die Feststellung, dass die beantragten Beschlüsse (trotz der Gegenstimmen) gefasst worden seien.
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cc) Die Feststellung, dass ein Beschlussantrag angenommen wurde, also ein entsprechender Beschluss wirksam zustande gekommen ist, kann bei der GmbH – in entsprechender Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften – mit einer Anfechtungsklage gegen die vom Versammlungsleiter getroffene Feststellung, dass ein Beschlussantrag abgelehnt wurde, verbunden mit dem Antrag auf Feststellung, dass ein anderer Beschluss zustande gekommen ist, erreicht werden (vgl. BayObLG, Beschluss vom 4. Juli 2023, 101 Sch 28/22, juris Rn. 97 m. w. N.). Fehlt es an einer verbindlichen Beschlussfeststellung, kann ein Gesellschafter das Zustandekommen eines Beschlusses mit einer Feststellungsklage im Sinne des § 256 ZPO feststellen lassen (vgl. BayObLG a. a. O.).
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dd) Vorliegend hat der Versammlungsleiter nur das tatsächliche Abstimmungsverhalten und seine Auffassung zu Protokoll gegeben, dass die Beschlüsse nicht zustande gekommen seien. Dagegen hat er nicht als rechtliches Beschlussergebnis festgestellt, dass die Beschlüsse abgelehnt worden seien. Es war somit nichts vorhanden, wogegen sich eine Anfechtungsklage hätte richten können, so dass die Fassung des jeweiligen Hauptantrags als isolierte Feststellungsklage die richtige Form war, das Klageziel zu erreichen (vgl. BGH, Urt. v. 13. November 1995, II ZR 288/94, NJW 1996, 259 [juris Rn. 9] zu einer Gesellschafterversammlung einer GmbH, in der das rechtliche Beschlussergebnis nicht festgestellt worden ist, weil sich die Gesellschafter über die Stimmberechtigung nicht einigen konnten; Beschluss vom 28. Januar 1980, II ZR 84/79, BGHZ 76, 154 [juris Rn. 13] zu einer Gesellschafterversammlung, in der nur das tatsächliche Abstimmungsverhalten zu Protokoll gegeben worden ist). Der Versammlungsleiter hatte im Übrigen gemäß § 8.4 des Gesellschaftsvertrags keine Beschlussfeststellungskompetenz.
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d) Der zwischen drei der vier Gesellschafterinnen und der Gesellschaft ergangene Schiedsspruch entfaltet somit Wirkungen erga omnes. Dies gilt kraft privatautonomer Rechtskrafterstreckung auch im Verhältnis zur Betroffenen aufgrund § 15.2 des Gesellschaftsvertrags i. V. m. Art. 11.1 Satz 1 und 2 DIS-ERGeS.
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3. Anders als für den Instanzenzug vor dem staatlichen Gericht mit den Regelungen zur Streitgenossenschaft (§§ 59 ff. ZPO) und Nebenintervention (§§ 66 ff. ZPO), die wie sämtliche Vorschriften des Ersten Buches der Zivilprozessordnung unmittelbar auch für das Rechtsmittel der Berufung gelten, stellt die Rechtsordnung für das schiedsgerichtliche Aufhebungsverfahren keine ausdrücklichen Verfahrensregelungen durch den Gesetzgeber für einen in einem Mehrparteienverfahren erlassenen Schiedsspruch über eine Beschlussmängelstreitigkeit, der Wirkung erga omnes entfaltet, zur Verfügung. Insbesondere regeln die §§ 1061 ff. ZPO nicht, ob die durch einen Schiedsspruch beschwerte Gesellschaft, die nicht selbst einen Aufhebungsantrag stellt, auch dann am Aufhebungsverfahren zu beteiligen ist, wenn sich nur eine auf Seiten der Gesellschaft mitbeklagte Gesellschafterin mit einem Antrag gemäß § 1059 ZPO gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts wendet.
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Auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH können keine Grundsätze dazu entnommen werden, wie sich die Partei- oder Beteiligtenstellung in Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren, die sich an ein Schiedsverfahren anschließen, gestaltet, wenn der Schiedsspruch eine Beschlussmängelstreitigkeit betrifft. Insbesondere bleibt offen, welche Zulässigkeitsanforderungen an einen Aufhebungsantrag zu stellen sind, wenn dieser – wie vorliegend – nur von einer mehrerer im Schiedsverfahren unterlegener Gesellschafterinnen und nicht von der ebenfalls beschwerten Gesellschaft selbst gestellt ist (zu einer derartigen Konstellation vgl. bereits BayObLG, Beschluss vom 20. Januar 2023, 102 Sch 115/21, juris Rn. 91), und ob sich die Wirkung einer im Verfahren gemäß § 1059 ZPO ergehenden, gegebenenfalls aufhebenden Entscheidung auch auf eine Gesellschafterin wie die Streitverkündete zu 3) erstreckt, die sich im Schiedsverfahren nicht beteiligt hat. Soweit ersichtlich fehlen auch obergerichtliche Rechtsprechung sowie Stimmen in der Literatur speziell zu diesen Fragen (vgl. zu einem Verfahren gemäß § 1040 Abs. 3 ZPO: OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 10. Mai 2012, 26 SchH 11/10, juris Rn. 50 ff., wonach die Regelungen über die einfache Streithilfe [§§ 66, 67 ZPO] anwendbar seien; ebenfalls zur einfachen Streithilfe gemäß §§ 66, 67 ZPO in einem Aufhebungsverfahren: OLG Stuttgart, Beschluss vom 16. Juli 2002, 1 Sch 8/02, NJW-RR 2003, 495 [juris Rn. 30 ff.], wonach der im Schiedsverfahren zugelassene einfache Streithelfer befugt sei, die Aufhebung des Schiedsspruchs zugunsten der im Schiedsverfahren unterstützten Partei zu beantragen; zu einer einfachen Nebenintervention gemäß § 66 ZPO erst im Aufhebungsverfahren: OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 26. November 2020, 26 Sch 14/20, juris Rn. 30 ff.; die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Nebenintervention in Verfahren gemäß § 1062 ZPO ohne Differenzierung bejahend: Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren durch staatliche Gerichte in Deutschland, 2018, Abschn. 1 V Rn. 107; vgl. lediglich allgemein Niemeyer/Häger, BB 2014, 1737/1742 f., wonach ein durch einen Schiedsspruch belasteter Gesellschafter den Schiedsspruch aufheben lassen könne, wenn eine Schiedsklausel für Beschlussmängelstreitigkeiten nicht sämtlichen vom Bundesgerichtshof statuierten Voraussetzungen entspräche oder der Gesellschafter im konkreten Fall nicht informiert oder beteiligt worden sei). In der der genannten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG, Beschluss vom 20. Januar 2023, 102 Sch 115/21) zugrunde liegenden Konstellation war die Frage, ob ein Aufhebungsantrag zulässig allein von einer durch den Schiedsspruch beschwerten Gesellschafterin (gegen die obsiegenden Schiedsklägerinnen) gestellt werden könne, rechtlich nicht mehr relevant, nachdem zuletzt sowohl die Gesellschaft als auch die weitere unterlegene Gesellschafterin dem Verfahren auf Seiten der dortigen Antragstellerin beigetreten waren und der Aufhebungsantrag im Hinblick auf einen auf Vollstreckbarerklärung gerichteten Widerantrag übereinstimmend für erledigt erklärt worden war.
22
4. Die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung sind aber ergänzend heranzuziehen, soweit dies mit dem Charakter des Aufhebungsverfahrens als eines Erkenntnisverfahrens eigener Art vereinbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2002, III ZB 43/00, juris Rn. 6 zu einem Verfahren gemäß § 1061 ZPO; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren durch staatliche Gerichte in Deutschland, Abschn. 1 V Rn. 107 m. w. N.). Danach gelten für das vorliegende Aufhebungsverfahren die §§ 62, 69 ZPO entsprechend mit der Folge, dass die Gesellschaft und die Streitverkündete zu 1) in analoger Anwendung des § 62 Abs. 2 ZPO auf der Seite der Antragstellerin als Parteien zu beteiligen sind.
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Dem liegen folgende Erwägungen zugrunde:
24
a) Für eine Beschlussmängelstreitigkeit in einem Erkenntnisverfahren vor einem staatlichen Gericht gilt, dass ein Gesellschafter im Anfechtungsprozess als streitgenössischer Nebenintervenient nach § 69 ZPO auf Seiten der beklagten Gesellschaft dem Verfahren beitreten kann, weil das ergehende Urteil auch ihm gegenüber wirkt (BGH, Beschluss vom 31. März 2008, II ZB 4/07, NJW 2008, 1889 Rn. 8; Fischer in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 7, 6. Aufl. 2020, § 13 Streitverkündung und Streitbeitritt durch Gesellschafter und Organe Rn. 15 m. w. N.). Die Nebenintervention eines anderen Gesellschafters auf Seiten der Gesellschaft gegen die kassatorische Klage eines Gesellschafters ist immer streitgenössische Nebenintervention im Sinne von § 69 ZPO (BGH, Urt. v. 12. Juli 1993, II ZR 65/92, NJW-RR 1993, 1253 [juris Rn. 10]); Gesellschafter, die die Gesellschaft unterstützen, sind somit nicht Partei, sondern lediglich Nebenintervenienten. Der Gesellschafter der beklagten GmbH ist als streitgenössischer Nebenintervenient (§ 69 ZPO) aber wie ein notwendiger Streitgenosse (§ 62 ZPO) zu behandeln (vgl. BGH NJW 2008, 1889 Rn. 8). Er gilt als notwendiger Streitgenosse der Hauptpartei (vgl. BGH a. a. O. Rn. 10).
25
Im Gegensatz zu einem einfachen Nebenintervenienten (§§ 66, 67 ZPO) kann der auf Seiten der Gesellschaft beitretende Gesellschafter als streitgenössischer Nebenintervenient (§ 69 ZPO) auch gegen den Willen der Gesellschaft (vgl. § 67 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO für die einfache Streithilfe) und unabhängig von der Hauptpartei selbständig Berufung gegen ein zuungunsten der Gesellschaft ergangenes Urteil einlegen (BGH NJW 2008, 1889 Rn. 8, 10; Jacoby in Stein, ZPO, 24. Aufl. 2024, § 69 Rn. 12). Legt nur der Gesellschafter Berufung ein, nicht aber die beklagte und unterlegene Gesellschaft selbst, so ist die Berufung anders als bei der einfachen Streithilfe (vgl. zu solchen Konstellationen: BGH, Urt. v. 26. Juni 2020, V ZR 106/19, WM 2021, 1394 Rn. 6, 11 m. w. N.; Urt. v. 15. Juni 1989, VII ZR 227/88, NJW 1990, 190 [juris Rn. 10]) nicht für die unterstützte Hauptpartei eingelegt. Berufungskläger ist vielmehr der streitgenössische Nebenintervenient selbst; die mit dessen Berufung verbundenen prozessualen Wirkungen treten jedoch auch zugunsten der Gesellschaft als Hauptpartei ein (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 1998, II ZB 16/98, NJW-RR 1999, 285 [juris Rn. 10 f.]).
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b) Auch § 62 Abs. 1 ZPO fordert für die Rechtsmitteleinlegung in Erkenntnisverfahren vor den staatlichen Gerichten kein einheitliches Vorgehen. Ein notwendiger Streitgenosse kann ein ihn beschwerendes Urteil hinnehmen. Die übrigen Streitgenossen sind deshalb aber nicht an der Durchführung eines Rechtsmittels gehindert; eine einheitliche Sachentscheidung wird dadurch gewährleistet, dass die Streitgenossen, die von der Einlegung eines Rechtsmittels abgesehen haben, in der bisherigen Parteirolle als Kläger oder Beklagter an dem durch das Rechtsmittel des notwendigen Streitgenossen in Gang gesetzten Rechtsmittelverfahren gemäß § 62 Abs. 2 ZPO weiter zu beteiligen sind (vgl. BGH, Urt. v. 23. Oktober 2015, V ZR 76/14, NJW 2016, 716 Rn. 10 zu einem Beschlussmängelprozess nach dem WEG a. F.; vgl. auch BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2019, X ZB 16/17 – Karusselltüranlage, GRUR 2020, 110 Rn. 17; Urt. v. 27. Oktober 2015, X ZR 11/13 – Fugenband, GRUR 2016, 361 Rn. 49; Urt. v. 24. Januar 2012, X ZR 94/10 – Tintenpatrone II, BGHZ 192, 245 Rn. 22 f.; Urt. v. 26. Oktober 1984, V ZR 67/83, BGHZ 92, 351 [juris Rn. 5]). Diejenigen notwendigen Streitgenossen, die kein Rechtsmittel eingelegt haben, sind zwar keine Rechtsmittelführer, aber dennoch auch im Rechtsmittelverfahren Partei und können Prozesshandlungen vornehmen und zur Sache vortragen (BGH, Urt. v. 26. April 2004, II ZR 155/02 – Gelatine I, BGHZ 159, 30 [juris Rn. 33]; Urt. v. 25. September 1990, XI ZR 94/89, NJW 1991, 101 [juris Rn. 6]; BGHZ 92, 351 [juris Rn. 5]). Aus der Parteistellung folgt insbesondere, dass der untätige notwendige Streitgenosse im Berufungsverfahren zugezogen (§ 62 Abs. 2 ZPO; vgl. BGHZ 92, 351 [juris Rn. 5]) und nach § 63 ZPO geladen werden muss und er selbst auftreten kann (vgl. Jacoby in Stein, ZPO, § 62 Rn. 44). Die Wahrung der Rechtsmittelfrist durch einen notwendigen Streitgenossen und dessen Prozessführung kommt allen Streitgenossen zugute; dies gilt auch dann, wenn die Rechtsmittelfrist gegen den Untätigen schon abgelaufen war, als der Tätige sein noch zulässiges Rechtsmittel eingelegt hatte (vgl. Althammer in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 62 Rn. 32). Die Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz kann wie die erstinstanzliche Entscheidung nur einheitlich gegenüber sämtlichen notwendigen Streitgenossen erfolgen.
27
c) Ausgehend von diesen Erwägungen sind die §§ 62, 69 ZPO auch in einem Aufhebungsverfahren gemäß § 1059 ZPO über eine Beschlussmängelstreitigkeit entsprechend anzuwenden.
28
aa) Unter den hier interessierenden Aspekten besteht weitgehende Übereinstimmung zwischen dem Aufhebungsverfahren und einem Berufungsverfahren in einer Beschlussmängelstreitigkeit.
29
Die Entscheidung über eine isolierte, positive Beschlussfeststellungsklage vor einem staatlichen Gericht muss einheitlich ergehen, da das der Klage stattgebende Urteil Wirkungen entsprechend § 248 Abs. 1, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG entfaltet. Die Beteiligung von Gesellschaftern als streitgenössische Nebenintervenienten gilt als notwendige Streitgenossenschaft aus prozessrechtlichen Gründen (vgl. § 69, § 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO). Dies gilt unmittelbar auch für ein Berufungsverfahren. Die entsprechende Anwendung der §§ 62, 69 ZPO im Verfahren nach § 1059 ZPO gewährleistet, dass die Partei eines Schiedsverfahrens über eine Beschlussmängelstreitigkeit auch dann am Aufhebungsverfahren zu beteiligen ist, wenn zwar eine andere Schiedspartei, nicht aber sie selbst gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts einen Aufhebungsantrag gestellt hat. Wäre insbesondere die Gesellschaft, die nicht selbst einen Aufhebungsantrag stellt, nicht am Aufhebungsverfahren beteiligt, liefe sie Gefahr, auf die Entscheidung im Aufhebungsverfahren keinen Einfluss nehmen zu können. Die Entscheidung im Aufhebungsverfahren könnte nicht einheitlich ergehen und liefe der von § 248 Abs. 1, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG intendierten Einheitlichkeit der Rechtslage und der damit verbundenen Unteilbarkeit des Schiedsspruchs zuwider.
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Streitgegenstand im Aufhebungsverfahren ist zwar nur die Frage, ob der Schiedsspruch wegen Vorliegens einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO genannten Aufhebungsgründe aufzuheben ist. Wegen des Verbots der „révision au fond“ obliegt eine sachliche Änderung des Schiedsspruchs allein dem Schiedsgericht; eine Überprüfung des Schiedsspruchs auf seine materielle Richtigkeit ist mit dem grundsätzlichen Verbot der „révision au fond“ unvereinbar (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Februar 2025, I ZB 78/24, juris Rn. 31 m. w. N.). Dennoch liegt dem Aufhebungsverfahren eine – nach Maßgabe des § 1059 Abs. 2 ZPO beschränkte – Überprüfung des Schiedsspruchs zugrunde (vgl. BayObLG, Beschluss vom 20. Januar 2023, 102 Sch 115/21, juris Rn. 129). Eine Vergleichbarkeit hinsichtlich der hier relevanten Frage, wie die Einheitlichkeit einer Entscheidung gewährleistet werden kann, wenn nur eine von mehreren unterlegenen Parteien des Schiedsverfahrens beantragt, den Schiedsspruch aufzuheben, ist somit gegeben.
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bb) Die entsprechende Anwendung der §§ 62, 69 ZPO im Aufhebungsverfahren trägt dem vom Bundesgerichtshof mit der Entscheidung „Schiedsfähigkeit II“ verfolgten Gesichtspunkt Rechnung, dass das Recht eines Gesellschafters, Mehrheitsbeschlüsse der Gesellschafterversammlung durch unabhängige Gerichte auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen, nicht ausschließlich durch staatliche Gerichte gewährt werden muss, sondern die Gesellschafter einverständlich auch für kassatorische Streitigkeiten die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vorsehen können, wenn gewährleistet ist, dass der Rechtsschutz der überstimmten Mehrheit dadurch keine Einschränkung erfährt (vgl. BGHZ 180, 221 Rn. 10 – Schiedsfähigkeit II; BGHZ 132, 278 [juris Rn. 10] – Schiedsfähigkeit I). Sie ist nach Ansicht des Senats allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn die vom Bundesgerichtshof geforderten Mindestvoraussetzungen an eine wirksame Schiedsvereinbarung – wie vorliegend – tatsächlich erfüllt sind. Ist der am Maßstab des § 138 ZPO zu messende (BGHZ 180, 221 Rn. 13 – Schiedsfähigkeit II) Mindeststandard an Mitwirkungsrechten und damit Rechtsschutzmöglichkeiten im schiedsgerichtlichen Verfahren nicht sichergestellt, scheidet eine entsprechende Anwendung der §§ 62, 69 ZPO aus, da der Schiedsspruch in diesem Fall keine Wirkungen entsprechend § 248 Abs. 1, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG entfaltet. Ein Fall der Rechtskrafterstreckung aus prozessualen Gründen (§ 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO) liegt dann nicht vor.
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cc) Die entsprechende Anwendung von §§ 62, 69 ZPO bei Untätigkeit einzelner Beteiligter des Schiedsverfahrens im Aufhebungsverfahren steht nicht im Widerspruch zu den Besonderheiten des Verfahrens gemäß § 1059 ZPO. Vielmehr fügt sie sich in die Systematik des Verfahrens gemäß §§ 1060 ff. ZPO dadurch ein, dass, vergleichbar einem Berufungsverfahren, (auch) die Entscheidung über die Überprüfung des erga omnes wirkenden Schiedsspruchs einheitlich ergehen und ein Schiedsverfahren nach der Aufhebung eines Schiedsspruchs wiederholt bzw. fortgesetzt werden kann.
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Stellt nur einer der Schiedsbeklagten einen Aufhebungsantrag, wird ein Aufhebungsverfahren durchgeführt, an dem gemäß § 62 Abs. 2 ZPO analog alle Schiedsparteien zu beteiligen sind. Die Stellung der Parteien des Schiedsverfahrens im Verfahren nach § 1059 ZPO entspricht im Wesentlichen derjenigen einer erstinstanzlichen Beschlussmängelstreitigkeit vor dem staatlichen Gericht: Die Gesellschaft wäre im Prozess vor einem Landgericht alleinige Beklagte gewesen, im Schiedsverfahren nach der DIS-SchO und der DIS-ERGeS war sie Schiedsbeklagte zu 1). Die Streitverkündete zu 1) und die Antragstellerin waren im Schiedsverfahren Schiedsbeklagte zu 2) und zu 3), da sie sich an diesem, entsprechend den Regelungen der DIS-ERGeS (vgl. Art. 2.1 DIS-ERGeS), nicht als streitgenössische (vgl. BGHZ 180, 221 Rn. 31 – Schiedsfähigkeit II) Nebenintervenientinnen, sondern als Parteien beteiligt haben. Im Beschlussmängelprozess vor einem staatlichen Gericht hätten die beiden Gesellschafterinnen stets die Rolle streitgenössischer Nebenintervenientinnen (§ 69 ZPO) eingenommen. Für streitgenössische Nebenintervenientinnen gilt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung – wie ausgeführt – aber, dass sie wie notwendige Streitgenossinnen (§ 62 ZPO), daher also wie Parteien auf Beklagtenseite, zu behandeln gewesen wären (vgl. BGH NJW 2008, 1889 Rn. 8 und 10).
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Bleiben im Schiedsverfahren über eine Beschlussmängelstreitigkeit unterlegene Parteien trotz Aufhebungsantrags einer anderen Partei untätig, sei es, dass es sich um die Gesellschaft selbst handelt oder um einen weiteren Gesellschafter, stellt nur die entsprechende Anwendung der §§ 62, 69 ZPO im Aufhebungsverfahren sicher, dass vergleichbar der Verfahrenslage bei Stellung eines „isolierten“ Berufungsantrags lediglich eines unterlegenen Gesellschafters, sämtliche Parteien des Schiedsverfahrens auch im Aufhebungsverfahren beteiligt sind. Dies erscheint auch deshalb konsequent, weil im Falle einer Zurückverweisung des Verfahrens an das Schiedsgericht durch das für das Aufhebungsverfahren zuständige Oberlandesgericht bzw. Bayerische Oberste Landesgericht (vgl. § 1059 Abs. 4 ZPO) in einem neuerlichen Schiedsverfahren vom Schiedsgericht wiederum sämtliche Schiedsparteien zu beteiligen und die Betroffene gemäß Art. 5.1 DIS-ERGeS zu informieren wären. Entsprechendes würde gelten, wenn keine Zurückverweisung an das Schiedsgericht erfolgt, die Schiedsklägerin aber – bei fortbestehender Schiedsfähigkeit und Schiedsbindung – eine Entscheidung durch ein Schiedsgericht weiterhin anstrebt.
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d) Eine Beteiligung der Betroffenen im Aufhebungsverfahren in entsprechender Anwendung des § 62 Abs. 2 ZPO scheidet aus, da sie im Schiedsverfahren nicht Partei oder streitgenössische Nebenintervenientin war. Gemäß § 15.2 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags sowie § 15.1 des Gesellschaftsvertrags in Verbindung mit Art. 11.1 Satz 1 DIS-ERGeS erstrecken sich aber die Wirkungen einer Entscheidung im Aufhebungsverfahren auch auf sie; die Betroffene hat außerdem gemäß § 15.1 des Gesellschaftsvertrags i. V. m. Art. 11.1 Satz 2 DIS-ERGeS die Wirkungen der im Aufhebungsverfahren ergangenen Entscheidung anzuerkennen. Zwar gelten § 15.2 des Gesellschaftsvertrags sowie Art. 11.1 DIS-ERGeS nach ihrem Wortlaut nur für ergangene Schiedssprüche. Die privatautonom getroffenen Regelungen zur Begründung der Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten bewirken aber, dass die im Aufhebungsverfahren ergehende Entscheidung über den Bestand des Schiedsspruchs auch von der Betroffenen anzuerkennen ist. In Analogie zum staatlichen Verfahren ist eine Verpflichtung der Gesellschaft anzunehmen, die übrigen Gesellschafter – also hier die im Schiedsverfahren Betroffene – über das Aufhebungsverfahren zu informieren.
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Für die Betroffene besteht zudem die Möglichkeit, sich als streitgenössische Nebenintervenientin (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 26. November 2020, 26 Sch 14/20, juris Rn. 30 ff. zu einem erst im Aufhebungsverfahren möglichen Beitritt als Streithelfer) oder im Wege der Parteierweiterung (§ 263 ZPO) als notwenige Streitgenossin der Antragstellerin (vgl. BayObLG, Beschluss vom 20. Januar 2023, 102 Sch 115/21, juris Rn. 91, 129, 133) am Verfahren gemäß § 1059 ZPO zu beteiligen. Anders als die Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 13. Dezember 2024 meint, ergibt sich aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht, dass in einer Konstellation wie der vorliegenden keine Rechtskrafterstreckung auf die Nebenintervenientin stattfände. Die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. Oktober 1992 (VIII ZR 182/91, NJW 1993, 122 [juris Rn. 21]) betrifft die einfache (§§ 66, 67 ZPO) und nicht die streitgenössische Nebenintervention gemäß § 69 ZPO i. V. m. § 248 Abs. 1, § 249 Abs. 1 Satz 1 AktG analog.
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e) Eine Divergenz zu der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 20. Januar 2023, 102 Sch 115/21 (juris) besteht nicht. Soweit es in dem Beschluss heißt, „erst“ die Zulassung der Beitritte ermögliche die notwendig einheitlich zu treffende Entscheidung (BayObLG a. a. O. juris Rn. 133), betreffen die Ausführungen die Sachdienlichkeit der nach dem Hinweis des 2. Zivilsenats (vgl. BayObLG a. a. O. Rn. 91) erfolgten Parteierweiterung auf Seiten der die Aufhebung beantragenden Antragstellerin im Sinne des § 263 ZPO (vgl. BayObLG a. a. O. juris Rn. 92 f. und 129 ff.) und schließen die analoge Anwendung der §§ 62, 69 ZPO im Aufhebungsverfahren nicht aus.
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Entsprechendes gilt für den Leitsatz 3 zu der genannten Entscheidung. Denn in jenem Verfahren war nicht nur ein Aufhebungsantrag, sondern daneben auch ein Gegenantrag auf Vollstreckbarerklärung streitgegenständlich. Dieser von den dortigen Schiedsklägerinnen angebrachte Gegenantrag auf Vollstreckbarerklärung wäre gegen die Gesellschaft und die weitere Gesellschafterin, die …, zu richten gewesen, denn – anders als im vorliegenden Fall – war diese Gesellschafterin im Schiedsverfahren auf der Seite der Gesellschaft als Partei dem Verfahren beigetreten. Die Prozesshandlung eines notwendigen Streitgenossen wirkt zwar für alle notwendigen Streitgenossen, nicht aber auch zu Lasten des oder der anderen (BGH, Urt. v. 12. Januar 1996, V ZR 246/94, BGHZ 131, 376 [juris Rn. 11]; Urt. v. 9. Januar 1957, IV ZR 259/56, BGHZ 23, 73). Da der Gegenantrag auf Vollstreckbarerklärung mithin nicht auch zu Lasten der im Schiedsverfahren auf der Seite der Gesellschaft beteiligten und mit dieser eine notwendige Streitgenossenschaft bildenden Gesellschafterin wirkte, ermöglichte erst die Zulassung des Beitritts die notwendig einheitlich zu treffende Entscheidung.
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3. Die Gerichtssprache ist deutsch. Der Senat ist zwar in der Lage, auch englischsprachige Dokumente zu lesen, hält aber die Vorlage einer beglaubigten deutschen Übersetzung derjenigen Passagen aus Dokumenten, auf die sich die Antragstellerin zur Begründung ihres Aufhebungsantrags konkret bezieht, für erforderlich.
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Es wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass ein Schiedsspruch nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) ZPO aufgehoben werden kann, wenn das Gericht feststellt, dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG ist Bestandteil des (verfahrensrechtlichen) ordre public. Die Einhaltung des ordre public ist im Aufhebungsverfahren von Amts wegen zu prüfen. Dies führt jedoch nicht zu einer Amtsermittlung der hierfür erforderlichen Tatsachen. Es gilt der Beibringungsgrundsatz, so dass eine Gehörsrechtsverletzung regelmäßig nur auf eine ordnungsgemäß ausgeführte Rüge hin geprüft werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2021, I ZB 21/21, WM 2022, 576 Rn. 53).
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4. Nach Eingang der zu erwartenden Stellungnahmen wird eine Terminsverfügung auf den 11. Juli 2025, 9.30 Uhr ergehen. Den bisherigen Verfahrensbeteiligten (Antragstellerin; Antragsgegnerin) sowie der Streitverkündeten zu 1) und zu 2) wird aufgegeben, sich den Termin freizuhalten.