Inhalt

LG Nürnberg-Fürth, Endurteil v. 25.07.2025 – 6 O 393/25
Titel:

Vertrauensschadenversicherung, Sicherungsübereignungsverträge, Sicherungsgut, Verzugsschaden, Schadenminderungspflicht, Prozeßbevollmächtigter, Übersicherung, Darlehensverträge, Darlehensrückführung, Darlehensnehmer, Darlehensforderung, Darlehensschuld, Gesicherte Darlehen, Darlehensbetrages, Elektronisches Dokument, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Sicherungsgeber, Sicherungsinteresse, Versicherungsprämie, Sicherungsnehmer

Leitsätze:
1. Gibt der Sicherungsgeber bei Eintritt des Sicherungsfalls das Sicherungsgut trotz entsprechenden Verlangens nicht heraus, so kann der Sicherungsnehmer die Prämie einer Vertrauensschadensversicherung ersetzt verlangen, die bis zur Rückführung des gesicherten Darlehens anfällt.
2. Der Schadensersatzanspruch ergibt sich aus einer vertraglichen Pflichtverletzung wie auch aus der verschärften Verzugshaftung des unredlichen Besitzers gemäß den Regeln des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses.
3. Die Pflicht zur Schadensminderung erfordert es, jedenfalls bei zeitlich knappen Umständen, nicht, den Sicherungsgeber vor Abschluss / Verlängerung der Vertrauensschadensversicherung auf die Kostenfolge hinzuweisen, seine Zustimmung einzuholen oder bei dessen Sachversicherer nach möglicherweise günstigeren Prämien anzufragen.
4. Eine anfängliche Übersicherung führt nur dann zur Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit des Sicherungsübereignungsvertrags, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen Sicherungswert und Sicherungsinteresse sowie eine verwerfliche Gesinnung des Sicherungsnehmers vorliegt. (Rn. 28-30)
Schlagworte:
Sicherungsübereignung, Pflichtverletzung, Verzögerungsschaden, Vertrauensschadensversicherung, Sittenwidrigkeit, Herausgabepflicht, Verzugshaftung
Rechtsmittelinstanz:
OLG Nürnberg vom -- – 14 U 1333/25
Fundstelle:
BeckRS 2025, 21347

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 68.734,14 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.02.2025 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 68.734,14 € festgesetzt.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über einen Verzugsschaden aus Darlehens- und Sicherungsübereignungsvertrag.
2
Die Klägerin gewährte dem Beklagten mit Vertrag vom … / … ein Verbraucherdarlehen in Höhe von …€ (Anlage K1). Vereinbarungsgemäß war das Darlehen in voller Höhe am 30.11.2023 zurückzuzahlen.
3
Zur Sicherung der Darlehensschuld übereignete der Beklagte sieben hochwertige Oldtimerfahrzeuge an die Klägerin (Anlage K2, Sicherungsübereignungsvertrag vom … / …). Im sogenannten Sicherungsübereignungsvertrag ist unter Ziff. 3.3 festgehalten:
„Die Bank ist befugt, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, insbesondere, wenn Sicherungsgeber oder Schuldner ihren Verpflichtungen der Bank gegenüber nicht nachkommen, die Kraftfahrzeuge in ihren unmittelbaren Besitz zu nehmen. In diesem Fall ist es der Bank auch gestattet, die Kraftfahrzeuge an anderer Stelle einzustellen.“
4
Für die sicherungsübereigneten Fahrzeuge hatte der Beklagte Oldtimer-Versicherungen mit einem Gesamtversicherungswert von insgesamt …€ abgeschlossen (Anlage B1).
5
Der Beklagte, dessen Vermögen den Darlehensbetrag um ein Vielfaches übersteigt, zahlte zum Fälligkeitstermin am 30.11.2023 das Darlehen nicht zurück. Allerdings bot die Klägerin dem Beklagten den Abschluss eines neuen Kreditvertrags an (Anlage K4, Email der Klägerin vom 16.12.2023 „Darlehensprolongation“). Als Sicherheit sollten hierfür die bislang sicherungsübereigneten Oldtimerfahrzeuge an die Klägerin nunmehr verpfändet werden. Hintergrund hierfür war, dass die Klägerin zum Ende des Jahres 2023 ihre Geschäftspolitik änderte und fortan keine Darlehen mit besitzlosen Sicherungsrechten mehr vergab. Der Beklagte nahm das klägerische Angebot nicht an, so dass ein neuer Darlehensvertrag nicht zu Stande kam.
6
Am 21.12.2023 teilte die Klägerin dem Beklagten dann mit, dass sie durch eine Spedition die sicherungsübereigneten Oldtimer am 27.12.2023 abholen und in ein eigenes Lager transportieren werde (Anlage K6).
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Am 22.12.2023 erklärte der Beklagte über seinen Prozessbevollmächtigten gegenüber der Klägerin, dass er eine Fahrzeugabholung ablehne (Anlage K7). Hierauf erwiderte die Klägerin am selben Tag, dass sie aufgrund des eingetretenen Zahlungsverzugs nunmehr nach Ziff. 3.3 des Sicherungsübereignungsvertrags berechtigt sei, die sicherungsübereigneten Fahrzeuge in ihren unmittelbaren Besitz zu nehmen und an anderer Stelle einzustellen (Anlage K7). Eine Herausgabe erfolgte allerdings nicht.
8
Aufgrund der sich zum Jahreswechsel 2023 / 2024 geänderten Geschäftspolitik hatte die Klägerin die für ihren bisherigen Geschäftsbetrieb bestehende Vertrauensschadensversicherung bei der A. zum 31.12.2023 gekündigt (Anlage K5). Mit dieser Versicherung war bislang das Risiko der Klägerin abgesichert worden, dass sich durch den beim Sicherungsgeber verbleibenden unmittelbaren Besitz am Sicherungsgut ergab.
9
Die vom Beklagten abgeschlossenen Versicherungen für seine Oldtimerfahrzeuge, die während der gesamten Darlehenslaufzeit und auch bis zur tatsächlichen Rückführung der Darlehensschuld bestanden, deckten das vorgenannte Risiko nicht ab.
10
Aufgrund der Nichtherausgabe der Oldtimer durch den Beklagten, bei dem es sich um den einzig noch verbliebenen Darlehensnehmer der Klägerin mit unmittelbaren Besitz am Sicherungsgut handelte, verlängerte die Klägerin ihre Vertrauensschadensversicherung über den vorgenannten Kündigungstermin hinaus. Hierdurch wurde nunmehr über den 31.12.2023 hinaus das Risiko abgesichert, das sich aus dem Verbleib des Sicherungseigentums, das als Kreditsicherheit diente, beim Sicherungsgeber ergab (z.B. Unterschlagung, Untreue, Entzug des Zugriffs, siehe Anlage K17a Ziff. 4, 5.3.). Die Verlängerung der Vertrauensschadensversicherung kündigte die Klägerin gegenüber dem Beklagten vorab nicht an.
11
Mit Schreiben vom 15.02.2024 forderte die Klägerin den Beklagten, unter Fristsetzung bis 27.02.2024, nochmals zur Herausgabe der Oldtimerfahrzeuge auf und machte zugleich die für das erste Quartal 2024 entstandene Prämie der Vertrauensschadensversicherung von 49.777,70 €, als Verzugsschaden geltend (Anlage K9).
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Der Beklagte führte das ihm ausgereichte Darlehen in Teilbeträgen am … 2024, … 2024 und schließlich am 06.05.2024 zurück.
13
Die Klägerin gab nach der Teilzahlung vom … 2024 zwei Oldtimerfahrzeuge und nach der Schlußzahlung vom 06.05.2024 die restlichen sicherungsübereigneten Oldtimerfahrzeuge frei. Diese hatten sich bis dahin stets weiterhin im unmittelbaren Besitz des Beklagten befunden und waren zu keinem Zeitpunkt an die Klägerin herausgegeben worden.
14
Ebenso am 06.05.2024 kündigte die Klägerin dann die Vertrauensschadensversicherung.
15
Die für den Zeitraum vom 01.01.2024 bis 06.05.2024 insgesamt angefallene Versicherungsprämie beträgt 68.734,14 € (Anlagen K13, K14). Diesen Betrag machte die Klägerin gegenüber dem Beklagten zuletzt mit Schreiben vom 14.11.2024, unter Fristsetzung bis 30.11.2024, erfolglos geltend. Die Erstattung des Prämienbetrags ist Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.
16
Die Klägerin meint, dass sie die aufgewendete Versicherungsprämie vom Beklagten als Verzugsschaden ersetzt verlangen könne. Denn er sei sowohl mit der Rückführung des Darlehens als auch der Herausgabe der Oldtimer im Verzug gemäß § 286 BGB gewesen. Von der Schadensersatzpflicht seien auch Aufwendungen umfasst, die zur Verhinderung eines drohenden Schadenseintritts oder zur Geringhaltung eines Schadens für erforderlich gehalten werden durften. Beim Beklagten habe sich das Risiko des Sicherheitenentzugs sogar bereits realisiert gehabt, da er den Zugriff auf die Oldtimerfahrzeuge verweigert habe. Für die Klägerin als Unternehmen sei es daher geboten gewesen, sich gegen das vertragswidrige Verhalten des Beklagten abzusichern.
17
Die Klage wurde am 10.02.2025 zugestellt.
18
Die Klägerin beantragt,
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 68.734,14 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 11.02.2025 zu zahlen.
19
Der Beklagte beantragt
Klageabweisung.
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Der Beklagte meint, dass es der Vertrauensschadensversicherung nicht bedurft hätte und diese vermeidbar gewesen wäre. Denn die Oldtimerfahrzeuge seien von ihm bereits umfassend versichert gewesen und ihr Wert hätte sogar eine Übersicherung des Darlehensbetrags dargestellt. Auch bei Herausgabe der Oldtimer hätte es keiner zweiten Versicherung bedurft, da es dann ausgereicht hätte, den neuen Lagerort an die Versicherungen mitzuteilen, die bereits vom Beklagten abgeschlossen waren. Die Versicherung der Klägerin sei unnötig und die damit zusammenhängenden Kosten seien vermeidbar gewesen. Jedenfalls hätte die Klägerin beim Beklagten eine Zustimmung einholen müssen, um die Oldtimerfahrzeuge abzuholen, bevor sie eine zweite Versicherung abschließt. Ferner wäre sie gehalten gewesen, mit dem Beklagten den Fortbestand der Versicherung abzuklären und mit ihm über den Neuabschluss einer Versicherung zu befinden. Aufgrund der Bonität von ihm, dem Beklagten, sei auch zu keinem Zeitpunkt einen Zahlungsausfall zu befürchten gewesen.
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Das Gericht hat keinen Beweis erhoben.
22
Die Parteien haben mit nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 10.06.2025 (Klägerin) bzw. 16.06.2025 (Beklagter) nochmals vorgetragen.
23
Zur Vervollständigung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 03.06.2025 verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet.
I. Hauptforderung
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1. Die Klägerin kann von dem Beklagten verlangen, die Prämie der Vertrauensschadensversicherung ersetzt zu bekommen, §§ 280 Abs. 1, 2, 311 Abs. 1 i.V.m. § 286 Abs. 1, 2 Nr. 3 BGB.
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1.1 Die Parteien waren neben dem Darlehensvertrag durch den Sicherungsübereignungsvertrag vom … / … 2021, der eine Sicherungsabrede beinhaltete, miteinander verbunden. Bei diesem Sicherungsübereignungsvertrag handelte es sich um ein wirksames Schuldverhältnis.
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Denn der Beklagte kann dem Sicherungsübereignungsvertrag nicht entgegenhalten, dass das Darlehen durch den Versicherungswert der von ihm, dem Beklagten, abgeschlossenen Versicherungen und den bei der Sicherungsübereignung übergebenen Fahrzeugpapieren übersichert gewesen sei.
28
Die zur Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach § 138 Abs. 1 BGB führende anfängliche Übersicherung setzt voraus, dass ein grobes Missverhältnis zwischen dem Sicherungswert und dem Sicherungsinteresse sowie eine verwerfliche Gesinnung des Sicherungsnehmers vorliegt (BGH, Urteil v. 19.03.2010, V ZR 52/09, NJW-RR 2010, 1529, 1530). Eine solche Gesinnung würde beim Sicherungsnehmer erfordern, aus eigensüchtigen Gründen eine Rücksichtslosigkeit gegenüber den Belangen des Sicherungsnehmers an den Tag zu legen, die nach sittlichen Maßstäben unerträglich ist (BGH, a.a.O., NJW-RR 2010, 1529, 1530). Dabei wird mitunter vertreten, dass eine anfängliche Übersicherung erst vorliege, wenn Sicherheiten in Höhe von mehr als 200% des zu deckenden Betrags gestellt werden (OLG Brandenburg, Urteil vom 27.04.2016, 4 U 76/14, BeckRS 2016, 111777 Rn. 18 mit Verweis auf Grüneberg, BGB, 84. Aufl. 2025, § 138 BGB Rn. 97).
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Ein solches ist vorliegend weder substantiiert vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Der insoweit darlegungsbelastete Beklagte gibt hierzu lediglich an, dass die sicherungsübereigneten Oldtimer einen Versicherungswert von …€ hatten und dies wertmäßig mehr als 100% über der nominellen Darlehensforderung von …€ liege. Dieses prozentuale Verhältnis befindet sich allerdings schon erheblich unter den vorgenannten Sicherungsgrenzen. Des Weiteren wurden die Oldtimerfahrzeuge auf entsprechende Teilzahlungen des Beklagten auch sukzessive von der Klägerin freigegeben. Schließlich kann es hier im Ergebnis zudem dahinstehen, ob es sich bei der „200% – Grenze“ um einen starren Schwellenwert handelt oder, ob eine Einzelfallbetrachtung erforderlich ist. Denn es fehlt schon ein Beklagtenvortrag dazu, dass die Klägerin als Sicherungsnehmerin mit einer verwerflichen Gesinnung gehandelt hätte. Die Annahme der Sittenwidrigkeit scheidet daher aus.
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1.2 Der Beklagte hat seine Pflicht aus dem Sicherungsübereignungsvertrag verletzt, indem er die sicherungsübereigneten Oldtimerfahrzeuge nicht an die Klägerin herausgab. Denn aus dem Vertrag ergibt sich, dort insbesondere Ziff. 3.3, dass die Klägerin bei Eintritt des Sicherungsfalls berechtigt war, die Oldtimerfahrzeuge in ihren unmittelbaren Besitz zu nehmen. Nachdem der Beklagte die besicherte Darlehensforderung der Klägerin zum vertraglich vereinbarten 30.11.2023 nicht zurückgeführt hatte, konnte diese hiervon Gebrauch machen. Dementsprechend teilte sie dem Beklagten mit E-Mail vom 21.12.2023 mit, dass sie die sicherungsweise übereigneten Oldtimerfahrzeuge am 27.12.2023 bei ihm abholen und an einem anderen Ort einstellen würde. Hierzu, so forderte die Klägerin auf, solle der Beklagte eine bevollmächtigte Person vor Ort bereithalten, um die Fahrzeuge zu übergeben. Entgegen seiner Verpflichtung übergab der Beklagte die Fahrzeuge jedoch nicht an die Klägerin und überließ ihr daher nicht den unmittelbaren Besitz an ihnen.
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1.3 Der Beklagte befand sich auch in Verzug nach § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB. Dies ist jedenfalls gegeben, wenn der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. So liegt es auch hier. Denn der Beklagte erklärte durch Email seines Prozessbevollmächtigten gegenüber der Klägerin am 22.12.2023, „dass eine Fahrzeugabholung durch unseren Mandanten abgelehnt wird…, die Anreise eines Fuhrunternehmers am 27.12.2023 ist daher zu unterlassen“.
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1.4 Das für die Pflichtverletzung und den Verzug erforderliche Verschulden wird vermutet, §§ 280 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 4 i.V.m. 276 BGB, und ist auch beklagtenseits nicht widerlegt worden.
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1.5 Bei dem nach §§ 249 ff. BGB auszugleichenden Schaden ist es anerkannt, dass dieser auch dasjenige umfasst, was während und infolge der verzögerten Herausgabe einer Sache als Schaden entstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 18.03.2016, V ZR 89/15, NJW 2016, 3235, 3238; Staudinger, BGB, Neubearb. 2012, § 346 Rn. 29). Ein solcher Verzögerungsschaden ist vorliegend gegeben.
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a) Denn durch die verzögerte – und bis zur tatsächlichen Rückführung des Darlehens – sogar zu keinem Zeitpunkt erfolgte Herausgabe der Oldtimerfahrzeuge durch den Beklagten war die Klägerin in ihrem Sicherungsinteresse schwerwiegend beeinträchtigt. Die Situation stellte sich für die Klägerin seinerzeit so dar, dass der Beklagte das am 30.11.2023 zur Rückzahlung fällige Darlehen von …€ nicht beglich und zugleich, am 27.12.2023, eindeutig die Herausgabe der sicherungsübereigneten Oldtimerfahrzeuge verweigerte. Die Klägerin musste daher zumindest in Betracht ziehen, dass der Beklagte erhebliche Liquiditätsprobleme hatte und möglicherweise sogar mit dem Verlust des Sicherungsguts zu rechnen war. Dieser Eindruck musste sich auch deshalb verstärken, da der Beklagte zuvor das Prolongationsangebot für das Darlehen der Klägerin nicht angenommen hatte, für das er die Oldtimer zur Fremdeinlagerung hätte pfandweise übergeben müssen. Vor diesem Hintergrund und der Höhe der ausstehenden Darlehensforderung war die Klägerin selbstredend nicht gehalten, sich damit zufrieden zu geben, dass der Beklagte über ein erhebliches Vermögen verfügt. Denn dieses bietet für sich betrachtet noch nicht dieselbe Sicherheit wie das Sicherungseigentum. Dem Sicherungsinteresse der Klägerin konnte also nur durch die Verlängerung der Vertrauensschadensversicherung über den 31.12.2023 hinaus wieder Genüge getan werden. Die dazu für den Zeitraum bis zur tatsächlichen Darlehensrückführung aufgewendete Prämie betrug 68.734,14 €.
35
b) Insoweit der Beklagte die Erforderlichkeit der Vertrauensschadensversicherung und damit die Kompensierbarkeit der Prämie anzweifelt, so verfängt dies nicht.
36
Denn zunächst bestreitet der Beklagte schon nicht den klägerischen Vortrag, dass die Vertrauensschadensversicherung vor einem Risiko schützte, das nicht von den durch ihn abgeschlossenen Versicherungen gedeckt war. Dies ergibt sich zudem aus den Versicherungsscheinen des Beklagten (Anlage B1). Bei diesen handelt es sich um Kasko- und damit um Sachschadensversicherungen. Dies ist aber nicht derselbe Schadensfall, der von der Vertrauensschadensversicherung umfasst ist, welche Risiken abdeckt, die sich gerade durch den Verbleib des Sicherungsguts beim Sicherungsgeber ergeben (siehe Anlagen K17a, 17b).
37
Ferner war die Verlängerung der Vertrauensschadensversicherung im konkreten Fall auch erforderlich. Hierzu wird auf die voranstehenden Ausführungen verwiesen (Ziff. 1.5 a). Daran hätte es auch nichts geändert, wie der Beklagte meint, den bestehenden Versicherungen den geplanten neuen Lagerort mitzuteilen. Denn der Beklagte hatte gerade die Abholung und Verbringung dorthin ausdrücklich verweigert. Das eingangs genannte, von der Vertrauensschadensversicherung abgedeckte Risiko und der eingetretene Schaden für die Klägerin wäre eben nur dadurch zu vermeiden gewesen, indem der Beklagte die Oldtimerfahrzeuge auf die klägerische Aufforderung hin im Dezember 2024 herausgegeben hätte.
38
Dies hat er allerdings unterlassen.
39
c) Die Klägerin hat nicht gegen eine Schadensabwehr- und Schadenminderungspflicht verstoßen, sie muss sich also ihren Erstattungsanspruch nicht kürzen lassen, § 254 Abs. 2 BGB.
40
Bei der Schadensabwehr und -minderungspflicht handelt es sich um eine Obliegenheit des Gläubigers. Er verstößt dagegen, wenn er Maßnahmen unterlässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensabwendung oder -minderung ergreifen würde (Grüneberg, a.a.O., § 254 Rn. 36 m.w.N.).
41
An diesen Maßstäben gemessen, war die Klägerin nicht gehalten, den Beklagten darauf hinzuweisen, dass bei Weigerung der Fahrzeugherausgabe eine weitere Versicherung mit entsprechenden Kosten abgeschlossen werde, oder seine Zustimmung für deren Abschluss einzuholen. Vielmehr musste der Beklagte damit rechnen und tat dies offenkundig auch. Denn über seinen Prozessbevollmächtigten ließ er der Klägerin am 27.12.2023 mitteilen, dass soweit ihr weitergehende Ansprüche aus Verzug zustehen, diese selbstverständlich in berechtigter Höhe ebenfalls durch ihn, den Beklagten, erfüllt werden würden (Anlage K8). Für den Beklagten muss es als erheblich geschäftserfahrene Person erkennbar gewesen sein, dass zusätzliche Versicherungen für die Klägerin erforderlich sein mussten, um ihr Sicherungsinteresse am Sicherungsgut zu schützen. Es ist auch kein Grund erkennbar, dem pflichtwidrig handelnden Schuldner zuzugestehen, dass seine Zustimmung für eine Handlung / einen Vertragsabschluss eingeholt wird, der gerade wegen seiner Pflichtverletzung erforderlich ist. Dies gilt auch hinsichtlich des Beklagtenvorbringens, dass bei seinem Versicherungsträger gegebenenfalls eine günstigere Prämie zu erzielen gewesen wäre. Im Übrigen ist zu bedenken, dass die Klägerin zum Jahreswechsel ihre Vertrauensschadensversicherung gekündigt hatte und nunmehr nur noch wenige Tage für den Abschluss einer nahtlosen Weiterversicherung vorhanden waren. Für die Klägerin war es daher erforderlich und sachgerecht, eigenständig den notwendigen Versicherungsschutz zu besorgen. Letztendlich steht der Prämienbetrag von 68.734,14 € auch nicht außer Verhältnis zum Darlehensbetrag von …€ und dem Wert der sicherungsweise übereigneten Oldtimer von etwas mehr als …€.
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1.6 Schließlich kann es dahinstehen, ob die geltend gemachten Versicherungskosten unüblich und unangemessen hoch waren. Dieses Vorbringen des Beklagten erfolgte erstmals nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung und mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 16.06.2025, war daher nach § 296a S. 1 ZPO präkludiert.
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2. Im Übrigen würde sich der Anspruch auch aus der verschärften Verzugshaftung des unredlichen Besitzers nach §§ 990 Abs. 1, 2 i.V.m. 280 Abs. 1, 2, 286 BGB ergeben.
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2.1 Denn durch die Verweigerung der Herausgabe wird der Sicherungsgeber zum unberechtigten Besitzer gegenüber dem Eigentümer und haftet nach den Vorschriften des Eigentümer-BesitzerVerhältnisses nach §§ 987 ff. BGB (Grüneberg, a.a.O., § 930 Rn. 30). Die Herausgabepflicht ergibt sich aus dem Sicherungsvertrag wie auch dem dinglichen Herausgabeanspruch der §§ 985 f. BGB (BeckOK, BGB, Stand 01.05.2025, § 930 Rn. 39). Dabei erfordert eine verschärfte Haftung des § 990 Abs. 1, 2 BGB die Bösgläubigkeit des Besitzers (Grüneberg, a.a.O., § 990 Rn. 9 mit Verweis auf BGH, Urteil vom 12.11.1992, V ZR 230/91, NJW 1993, 389, 392). Dies liegt jedenfalls vor, wenn dem Besitzer sein fehlendes Besitzrecht, gegebenenfalls auch erst nach dem Besitzerwerb, positiv bekannt ist (BGH, Urteil vom 19.09.2003, V ZR 360/02, NJW 2003, 3621 f.). Dies gilt auch für den Fall, dass der Besitzer seinen ursprünglichen Fremdbesitz in einen Eigenbesitz umwandelt, was einem erstmaligen Besitzerwerb gleichkommt (MüKo, BGB, 9. Aufl. 2023, § 990 Rn. 15 m.w.N.). So liegt der Fall auch hier. Denn dem Beklagten war bekannt, dass durch die nicht erfolgte Rückführung der Darlehensschuld der Sicherungsfall eingetreten war, die Klägerin die Herausgabe der Oldtimerfahrzeuge einforderte und er dem bewusst nicht nachkam.
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2.2 Hinsichtlich des eingetretenen Verzugs wird auf die voranstehenden Ausführungen verwiesen (1.3). Ferner verhält es sich auch hier so, dass der Vorenthaltungsschaden zu ersetzen ist, der sich aus der verzögerten (letztlich überhaupt nicht erfolgten) Herausgabe ergibt (BGH, Urteil vom 18.03.2016, V ZR 89/15, NJW 2016, 3235, 3238). Dieser entspricht, wie ausgeführt, dem Betrag der klägerseits aufgewendeten Versicherungsprämie von 68.734,14 €.
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Vor alledem war die Hauptforderung zuzusprechen.
II. Nebenforderung und -entscheidungen
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1. Die Nebenforderung auf Zahlung von Prozesszinsen folgt aus §§ 291 S. 1 Hs. 1, S. 2 i.V.m. 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
48
2. Kosten: § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO
49
3. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 S. 1, 2 ZPO
50
4. Der Streitwert ergibt sich aus der bezifferten Hauptforderung, § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO (vgl. Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 3 Rn. 16.145 „Schadensersatz“).