Titel:
Konkurrentenstreit um interimsweise Durchführung eines Rettungsdienstes
Normenketten:
VwGO § 40 Abs. 1 S. 1, § 80 Abs. 5, § 123
BayRDG Art. 1 S. 2, Art. 13 Abs. 2, Abs. 3, Abs. 4, Abs. 5 S. 1
BayVwVfG Art. 35 S. 1, Art. 58 Abs. 1
Leitsätze:
1. Mit Art. 13 Abs. 4 BayRDG soll den für den Rettungsdienst verantwortlichen Personen eine Möglichkeit an die Hand gegeben werden, schnell ohne Durchführung eines Auswahlverfahrens auf unwesentliche Änderungen reagieren zu können. (Rn. 75) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wird mit einem öffentlich-rechtlichen Vertrag lediglich die Erbringung von Dienstleistungen vereinbart, sodass der Vertrag selbst keine belastenden Auswirkungen für einen Konkurrenten des ausgewählten Dienstleistungserbringers mit sich bringt und der Konkurrent nur durch eine Minderung seiner Erwerbschancen aufgrund des Abschlusses des mit dem Dienstleistungserbringer statt mit ihm abgeschlossenen Vertrags indirekt betroffen ist, ist § 58 Abs. 1 BayVwVfG auf solche Wettbewerbs- bzw. Konkurrenzsituationen bei der Vergabe von Aufträgen nicht anwendbar. (Rn. 80) (redaktioneller Leitsatz)
3. Aus Art. 13 BayRDG kann kein subjektives Recht eines einzelnen abgeleitet werden, dass zwingend ein Auswahlverfahren für den Interimsbetrieb gem. Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG durchgeführt werden muss. (Rn. 91) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es obliegt dem Aufgabenträger für den öffentlichen Rettungsdienst, zu entscheiden, ob er seinem Sicherstellungsauftrag aus Art. 5 BayRDG durch Durchführung einer Interimsvergabe oder nach Art. 13 Abs. 4 BayRDG in Form einer unwesentlichen Änderung oder Erweiterung der bestehenden Dienstleistungskonzessionen nachkommt. (Rn. 91) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Postfach, Rettungsdienst, Rettungsdienstleistungen, Durchführung, Interimsvergabe, Konkurrenten, öffentlich-rechtlicher Vertrag, Ermessen, Verwaltungsakt, Außenwirkung, Auswahlverfahren, Zustimmung, Dienstleistungserbringer, Auswahlermessen, Dienstleistungskonzession
Fundstelle:
BeckRS 2025, 21289
Tenor
I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die interimsweise Durchführung des Rettungsdienstes am Standort R..
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Die Antragstellerin und die mit Beschluss vom 17.7.2025 Beigeladene sind private Rettungsdienstanbieter jeweils in Form einer gemeinnützigen GmbH (gGmbH).
3
Der Antragsgegner ist ein kommunaler Zweckverband, zu dessen Aufgabenbereich die Sicherstellung des öffentlich-rechtlichen Rettungsdienstes im Gebiet der Stadt und des Landkreises Passau sowie in den Landkreisen Freyung-Grafenau und Rottal-Inn (Rettungsdienstbereich Passau) gehört.
4
Zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner besteht ein öffentlich-rechtlicher Vertrag vom 10.12.2017 über die interimsweise Durchführung des Rettungsdienstes mit einem Rettungswagen (RTW) am Standort E.. Die Antragstellerin führt seit dem 1.12.2017 den Rettungsdienst mit einem RTW und der dazugehörigen Rettungswache an diesem Standort durch.
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Aufgrund einer gutachterlichen Nachbetrachtung zur Versorgungssituation durch das Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM) der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) vom Juni 2023 sollte zur Verbesserung der Versorgungssituation im Bereich der Notfallrettung des Antragsgegners der bisherige Interims-Standort E in ein. Regel-Standort überführt, die Vorhaltung um 23 Wochenstunden auf 133 Wochenstunden erweitert und der Standort örtlich in den Bereich R. / Gewerbegebiet R. mit Nähe zu BAB-Auffahrt A. (114) verlagert werden.
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Daraufhin schlossen der Antragsgegner und die Antragstellerin zur interimsweisen Zielerreichung zur bestehenden Interimsvereinbarung vom 10.12.2017 am 4.3.2024 eine Änderungsvereinbarung dahingehend, dass ab dem 1.3.2024 der RTW 133 Wochenstunden (statt wie bisher 110 Wochenstunden) vorgehalten wird und sich die Laufzeit der Vereinbarung über den interimsweisen Betrieb des hier gegenständlichen RTW bis nunmehr 31.12.2024 verlängert.
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Ferner wurden infolge des Gutachtens am 7.5.2024 unter anderem die Konzessionen für den Stellplatz R., RTW-Vorhaltung 133 Wochenstunden (Los 2) für die Dauer von 10 Jahren ab 1.1.2025 durch den Antragsgegner ausgeschrieben.
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Mit Vorabinformation über die Auswahlentscheidung vom 19.7.2024 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot für Los 2 nicht berücksichtigt habe werden können, da das Angebot der Beigeladenen die höchste Punktzahl erreicht habe. Mit Schreiben vom 29.7.2024 rügte die Antragstellerin erstmalig die Auswahlentscheidung des Antragsgegners für das Los 2, woraufhin der Antragsgegner die Auswahlentscheidung mit vorläufiger Rügeantwort vom 7.8.2024 aufhob und erneut in die Prüfung und Wertung der Angebote eintrat. Mit Schreiben vom 29.11.2024 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin im Wege der Vorabinformation mit, dass er beabsichtige, nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist den Zuschlag für das Los 2 auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen und, dass er der Rüge vom 29.7.2024 nicht abhelfe. Die Antragstellerin rügte erneut mit Schreiben vom 10.12.2024 die Auswahlentscheidung, woraufhin der Antragsgegner mit vorläufiger Rügeantwort vom 17.12.2024 ein weiteres Mal die Auswahlentscheidung aufhob und in die Angebotsprüfung und -wertung eintrat. Mit Datum vom 21.2.2025 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit bisher letztmaligem Vorabinformationsschreiben erneut mit, dass er der Rüge nicht abhelfe und beabsichtige, der Beigeladenen mit Ablauf der Rechtsbehelfsfrist, nicht jedoch vor dem 25.3.2025 auf deren Angebot für das Los 2 den Zuschlag zu erteilen. Dagegen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 21.3.2025 Klage erhoben, welche unter dem Aktenzeichen RN 4 K 25.663 geführt wird. Aufgrund der aufschiebenden Wirkung dieser Anfechtungsklage wurde der Zuschlag für die zehnjährige Konzession noch nicht erteilt und bislang kein öffentlich-rechtlicher Vertrag mit diesem Gegenstand geschlossen.
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Mit auf den 16.12.2024 datierter zweiter Änderungsvereinbarung zum öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 10.12.2017 wurde zwischen dem Antragsgegner und der Antragstellerin vereinbart, dass die Leistungen der Notfallrettung im Rahmen dieser Interimsvereinbarung ab dem 1.1.2025, 00.00 Uhr vom Standort R. zu erbringen ist (statt wie bisher vom Standort E.) und der Konzessionsnehmer für die Besatzung des Rettungswagens eine angemessene, den arbeits-, bau- und sicherheitsrechtlichen Vorschriften entsprechende Unterkunft bzw. Arbeitsstätte mit Umkleideräumen und Sanitäreinrichtungen sicherzustellen hat. Die Laufzeit des interimsmäßigen Durchführungsvertrages wurde bis 30.4.2025 verlängert.
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Am 14.4.2025 wurde zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner eine dritte Änderungsvereinbarung zum öffentlich-rechtlichen Vertrag vom 10.12.2017 geschlossen, dass die Leistungen der Notfallrettung im Rahmen dieser Vereinbarung weiterhin vom Standort R. aus zu erbringen ist und die Laufzeit des interimsmäßigen Durchführungsvertrages nunmehr bis 31.7.2025 verlängert werde.
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Bereits seit dem 13.9.2024 besteht zwischen der Beigeladenen und dem Antragsgegner ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über die Durchführung des Rettungsdienstes mit einem RTW am Standort S..
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Am 27.6.2025 schlossen der Antragsgegner und die Beigeladene eine Änderungsvereinbarung zu diesem öffentlich-rechtlichen Vertrag. Im Rahmen dieser Änderungsvereinbarung wurde vereinbart, dass die Beigeladene neben dem Standort S. interimsweise ab dem 1.8.2025 den RTW am Standort R., betreibt. Der Interimsbetrieb soll 133 Wochenstunden umfassen und endet ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit Ablauf des 31.3.2026.
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Der Bevollmächtigte des Antragsgegners teilte dem Bevollmächtigten der Antragstellerin am 2.7.2025 auf Nachfrage telefonisch mit, dass die Beigeladene bereits am 1.7.2025 mit dem Interimsbetrieb ab August 2025 am Standortort R. beauftragt worden sei.
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Mit Schreiben vom 4.7.2025 hat die Antragstellerin sodann den Antragsgegner bis zum 10.7.2025, 14:00 Uhr zur Abgabe einer Erklärung über die Unterlassung der Ausführung des Vertrags mit der Beigeladenden sowie zur interimsweisen Beauftragung mit der Durchführung des Rettungsdienstes am Standort R. bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beim Verwaltungsgericht (Az. RN 4 K 25.663) aufgefordert.
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Dieser Aufforderung ist der Antragsgegner nicht nachgekommen.
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Mit Schreiben des Bevollmächtigten des Antragsgegners vom 9.7.2025 an den Bevollmächtigten der Antragstellerin wurde Folgendes mitgeteilt:
„Zunächst können wir bestätigen, dass die Rettung und Katastrophenschutz S. gGmbH mit der Durchführung des Interimsbetriebs für den Stellplatz R. durch unsere Mandantin zum 01.08.2025 betraut wurde. Die entsprechende Vereinbarung ist bis zum 31.03.2026 befristet.
Im Übrigen können wir auch bestätigen, dass die vorliegende Interimsregelung in jeglicher Hinsicht rechtmäßig erfolgt ist.“
17
Im Vermerk über die Interimsvereinbarung Stellplatz R. (Verfahrensstand 15.7.2025) sind folgende Erwägungen zum Abschluss der Interimsvereinbarung enthalten:
„Dem ZRF ist einerseits bewusst, dass die I. Rettungsdienst und Katastrophenschutz gGmbH für den Interimsbetrieb am vorliegenden Standort Investitionen getätigt hat und Verpflichtungen eingegangen ist, die sich frustrieren könnten. Diesen Umstand hat der ZRF auch bei seiner Abwägung berücksichtigt. Zudem hat der ZRF berücksichtigt, dass der Interimsbetrieb am Stellplatz R. bislang einwandfrei erfolgt ist und mithin auch bei einer Fortsetzung des Interimsbetrieb durch die I. Rettungsdienst und Katastrophenschutz gGmbH voraussichtlich eine hohe Versorgungssicherheit gewährleistet wäre.
Andererseits ist zu beachten, dass auch der Rettung und Katastrophenschutz S. gGmbH in der Vergangenheit erhebliche Bereitstellungskosten für Personal, Material etc. entstanden sind und auch künftig entstehen werden. Diese Bereitstellungskosten muss die Rettung und Katastrophenschutz S. gGmbH tragen, um ihre Leistungsfähigkeit aufrechtzuerhalten, so wie sie sie in dem Angebot vom 16.06.2024 für Los 2 in dem Auswahlverfahren „XX“ versprochen hatte. Denn ohne die Aufrechterhaltung einer entsprechenden Leistungsfähigkeit kann das Angebot der Rettung und Katastrophenschutz S. gGmbH seine Zuschlagsfähigkeit verlieren. Anders als die I. Rettungsdienst und Katastrophenschutz gGmbH konnte die Rettung und Katastrophenschutz Stadler gGmbH diese Bereitstellungskosten bislang aber nicht über eine Interimsbeauftragung amortisieren. Auch für die Rettung und Katastrophenschutz S. gGmbH stehen also ganz erhebliche finanzielle Verpflichtungen / laufende Kosten im Raum, deren Amortisierung unmittelbar von der Übertragung des Interimsbetriebs abhängen.
Zudem konnte sich die Rettung und Katastrophenschutz S. gGmbH sich – anders als bei den ersten beiden Interimsvereinbarungen, die zur Wahrung maximaler Versorgungssicherheit kurzfristig an die I. Rettungsdienst und Katastrophenschutz gGmbH vergeben werden mussten – zwischenzeitlich hinreichend auf die Übernahme des Interimsbetriebs einstellen. Weiter hat sie einstweilen auch ihre angebotsgemäße Leistungsfähigkeit aufrechterhalten (siehe oben). Es ist deshalb davon auszugehen, dass bei einer Übernahme des Interimsbetriebs durch die Rettung und Katastrophenschutz S. gGmbH keine geringere Versorgungssicherheit gewährleistet wäre als in dem Fall einer Fortsetzung des Betriebs durch die I. Rettungsdienst und Katastrophenschutz gGmbH.
Hinzu kommt allerdings, dass die Rettung und Katastrophenschutz S. gGmbH in dem Auswahlverfahren „XX“ für Los 2 das wirtschaftlichere und insbesondere auch das kostengünstigere Angebot abgegeben hat. Mithin wird der künftige Interimsbetrieb, weil sich dessen Vergütung nach dem Angebot in dem Auswahlverfahren richten wird und die Rettung und Katastrophenschutz S. gGmbH ein niedrigeres Angebot abgegeben hat (siehe dazu unten Ziffer 7), kostengünstiger erbracht werden, als wenn die I. Rettungsdienst und Katastrophenschutz gGmbH auf der Grundlage ihres Angebotes beauftragt werden würde. So kann dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit besser Rechnung getragen werden. Eine kostengünstigere Leistungserbringung liegt dabei auch im erklärten Interesse der Sozialversicherungsträger bzw. der Gemeinschaft der Sozialversicherten.
Nach Abwägung all dieser Gesichtspunkte erscheint eine Übertragung des Interimsbetriebs auf die Rettung und Katastrophenschutz S. gGmbH interessen- und sachgerechter, insbesondere weil damit eine kostengünstigere Leistungserbringung verbunden ist.“
18
Mit Schreiben vom 16.7.2025 hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen des drohenden Rechtsverlustes ab 1.8.2025 beantragt. Im Rahmen der Begründung wird angeführt, dass die Antragstellerin keinerlei Kenntnis über die internen Vorgänge beim Antragsgegner zum Interimsbetrieb ab August 2025 gehabt habe. Ein Auswahlverfahren oder gar eine vorherige Anhörung, Ankündigung oder zumindest Andeutung der beabsichtigten kurzfristigen Interimsvergabe an die Beigeladene und dem daraus folgenden Durchführendenwechsel am Standort R. habe seitens des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin nicht stattgefunden. Bereits in der Kalenderwoche 28 sei es zu ersten Abwerbeversuchen der Beigeladenen bei den Mitarbeitern der Antragstellerin am Standort R. gekommen.
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Der Feststellungsantrag analog § 80 Abs. 5 i.V.m. § 80a Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sei zulässig. Der interimsweisen Beauftragung vermutlich vorgelagert sei eine Verwaltungsentscheidung ergangen, welche die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts i.S.d. Art. 35 S. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) erfülle. Auch wenn eine an die Beigeladen gerichtete Rechtsfolge nicht bereits vor Vertragsschluss gesetzt worden sei, sei spätestens mit der Übermittlung des öffentlich-rechtlichen Vertrags, mithin dem Angebot zum Vertragsschluss durch den Antragsgegner, eine Rechtsfolge zugunsten der Beigeladenen und zum Nachteil der Antragstellerin und anderen potenziell für die Leistungserbringung in Betracht kommenden Durchführenden gesetzt worden. Die interimsweise Verlängerung der Laufzeit der Konzession der Antragstellerin zur Durchführung des Rettungsdienstes gem. Art. 13 Abs. 4 Bayerisches Rettungsdienstgesetz (BayRDG) stelle einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 S. 1 BayVwVfG dar. Die interimsweise Verlängerung der Konzession der Antragstellerin setze, ebenso wie die interimsweise Erteilung der Konzession an die Beigeladende ab dem 1.8.2025 unmittelbar eine Rechtsfolge mit Außenwirkung zugunsten des Adressaten zur Regelung eines Einzelfalls. Die mit der Verlängerung der Konzession eingeräumte, exklusive Berechtigung zur (fortgesetzten) interimsweisen Durchführung des Rettungsdienstes gem. Art. 13 BayRDG sowie damit einhergehend zur Abrechnung der wirtschaftlichen Kosten bei den Kostenträgern des Rettungsdienstes gem. Art. 32 BayRDG hätten jeweils Regelungscharakter zugunsten des Durchführenden.
20
Mangels eines vorliegend durch den Antragsgegner durchgeführten Auswahlverfahrens gem. Art. 13 Abs. 2, 3 BayRDG, welches mit einer Mitteilung der Auswahlentscheidung abgeschlossen werden könne, liege zwar der streitgegenständliche Verwaltungsakt i.S.d Art. 35 S. 1 BayVwVfG nicht in einem etwaigen Vorabinformationsschreiben, das ein etwaiges Auswahlverfahren abschließen würde. Hierdurch entfiele jedoch nicht die Auswahlentscheidung zugunsten eines Durchführenden und zum Nachteil anderer geeigneter Durchführender, sodass nach der Rechtsprechung des BayVGH auch bei Verzicht auf die Vorabinformation ein Verwaltungsakt gegeben sei.
21
Nichts anderes sei bei einer Beauftragung nach Art. 13 Abs. 4 BayRDG der Fall. Die Entscheidung zugunsten eines Durchführenden setze diesem gegenüber unmittelbar eine Rechtsfolge in einem Einzelfall und entfalte nicht nur dem Begünstigten gegenüber, sondern auch anderen potenziell für Leistungserbringung in Frage kommenden Durchführenden gegenüber Außenwirkung. Diese Auffassung vertrete auch der BayVGH in seiner ständigen Rechtsprechung und unterscheide nicht ausdrücklich zwischen einer Auswahlentscheidung nach Art. 13 Abs. 2, 3 BayRDG und einer (Auswahl-) Entscheidung nach Art. 13 Abs. 4 BayRDG (vgl. B.v. 12.4.2016 – 21 CE 15.2559, BeckRS 2016, 45841 Rn. 25 und B.v. 26.7.2024 – 12 CE 24.1067, Rn. 25). Der BayVGH unterlasse es hierbei bewusst, den Art. 13 Abs. 4 BayRDG von seinen Wertungen auszunehmen, obwohl der Absatz ausdrücklich die Voraussetzungen regele, nach denen es gerade nicht der Durchführung eines Auswahlverfahrens bedürfe. Auch wenn der Bevollmächtigte des Antragsgegners es im Schreiben vom 9.7.2025 unterlassen habe, zu den Entscheidungsgründen zugunsten der Beigeladenden und damit auch zur Entscheidung als solchen konkret Stellung zu nehmen, wohne der ausweislich des Schreibens erfolgten „Betrauung“ der Beigeladenden mit der Durchführung des Rettungsdiensts eine Verwaltungsentscheidung inne, welche angesichts der ständigen Rechtsprechung des BayVGH die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts i.S.d. Art. 35 S. 1 BayVwVfG erfülle. In jedem Fall entfalte die Anfechtungsklage in der Hauptsache aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 1 VwGO, sodass die Ausführung des Vertrags zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenden gehemmt sei, gleich ob das Angebot des Antragsgegners zum Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags oder eine ggf. vorgelagerte Verwaltungsentscheidung die Voraussetzungen eines Verwaltungsakts erfülle.
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Sollte das Gericht entgegen den Ausführungen zu dem Ergebnis kommen, dass ein Verwaltungsakt des Antragsgegners zum streitbefangenen Vorgang nicht vorliege, sei der Hilfsantrag zu 2 als Sicherungsanordnung und die Anträge zu 3 und 4 als Regelungsanordnungen nach § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO statthaft. Die Antragstellerin begehre in der Hauptsache hilfsweise die Unterlassung der Ausführung des öffentlich-rechtlichen Vertrags des Antragsgegners mit der Beigeladenden im Wege der Leistungsklage und im Wege der verdrängenden Konkurrentenklage die Aufhebung der rechtswidrigen Interimsvergabe an die Beigeladende und die gleichzeitige Verpflichtung des Antragsgegners zur Interimsvergabe zugunsten der Antragstellerin (BayVGH B.v. 26.7.2024 – 12 CE 24.1035).
23
Die Antragstellerin sei hinsichtlich der Anträge zu 1-7 antragsbefugt, da sie als Bestandsdurchführende einen Anspruch auf die interimsweise Verlängerung der Konzession gem. Art. 13 Abs. 4 BayRDG i.V.m. Art. 12 GG und Art. 14 GG bzw. unmittelbar aus Art. 13 Abs. 4 BayRDG habe, weil das dem Antragsgegner im Rahmen des Art. 13 Abs. 4 BayRDG zustehenden Ermessens auf null reduziert sei. Durch den Vertragsschluss zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenden drohe die Vereitelung der Geltendmachung der Ansprüche der Antragstellerin im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO analog. Insbesondere bestehe durch die Ausführung bzw. die Vollziehung des öffentlich-rechtlichen Vertrags zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenden die Gefahr eines nicht reversiblen Rechtsverlusts zulasten der Antragsgegnerin (gemeint wohl Antragstellerin) hinsichtlich ihrer Rechte aus Art. 12 GG und Art. 14 GG. Die Anträge zu 3 – 7 seien auch begründet. Der Antragstellerin könne hinsichtlich dieser Anträge einen Anordnungsanspruch, insbesondere aus Art. 13 Abs. 4 BayRDG i.V.m. Art. 12, 14 GG sowie einen Anordnungsgrund geltend machen. Wie bereits aus dem Wortlaut des Art. 13 Abs. 4 BayRDG hervorgehe, könne nur dann auf ein Auswahlverfahren im Sinne der Abs. 2 und 3 verzichtet werden, wenn bestehende Einrichtungen des Rettungsdienstes unwesentlich geändert oder erweitert werden. Der Antragsgegner habe daher nur im Falle der fortgesetzten Beauftragung der Antragstellerin von einem Auswahlverfahren absehen dürfen. Die Beigeladende müsste zur interimsweisen Durchführung des Rettungsdiensts und dem Betrieb eines RTW ab dem 1.8.2025 erst eine Rettungswache eröffnen und könne daher gerade nicht auf eine bestehende Einrichtung zurückgreifen. Darüber hinaus könne nur der fortgesetzte Interimsbetrieb durch die Bestandsdurchführende eine unwesentliche Änderung bzw. Erweiterung darstellen. Die Übernahme eines Standorts durch einen anderen Betreiber stelle hingegen zweifelsohne eine wesentliche Änderung dar, unabhängig davon, ob die Übernahme zur mehrjährigen Durchführung der Rettungsdienstkonzession oder im Rahmen des Interimsbetriebs erfolge. Der Antragsgegner verkenne, dass dem Gesetzgeber angesichts der mit jeder Übernahme verbundenen Risiken hinsichtlich der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung und der erheblichen Nachteile für die Belegschaft der Bestandsdurchführenden keineswegs daran gelegen sein könne, den Zweckverbänden einen interimsweisen Wechsel von Durchführenden ohne jegliches Auswahlverfahren zu erlauben. Vor allem aber sei der im laufenden Betrieb erfolgende Durchführendenwechsel vollkommen unwirtschaftlich. Die mit der Inbetriebnahme einer Rettungswache und eines RTW verbundenen Anlaufkosten könnten sich bei einem Durchführendenwechsel im Zuge eines Interimsauftrags für die Kostenträger des Rettungsdiensts keineswegs amortisieren. Des Weiteren liege bei der interimsweisen Inbetriebnahme einer Rettungswache mit kurzem zeitlichen Vorlauf unweigerlich eine instabile Personallage vor.
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Nur hilfsweise für den Fall, dass dem Antragsgegner nach Auffassung des Gerichts gem. Art. 13 Abs. 4 BayRDG ein Auswahlermessen zwischen der interimsweisen unwesentlichen Erweiterung bzw. Änderung bestehender Einrichtungen und der Durchführung eines Auswahlverfahrens zur Interimsvergabe zustehe, sei auszuführen, dass ein etwaiges Auswahlermessen dem Anspruch der Antragstellerin nach Art. 13 Abs. 4 BayRDG (i.V.m. Art. 12, 14 GG) jedenfalls hinsichtlich des Zeitraums bis zum Abschluss des Eilverfahrens nicht entgegenstehe, da das Ermessen des Antragsgegners vorliegend auf null reduziert sei.
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Sofern das Gericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass keine Ermessensreduktion auf null hinsichtlich der Durchführung eines Auswahlverfahrens beim Antragsgegner vorliege, sei darauf hinzuweisen, dass die mit dem Vertragsschluss ausgeführte Entscheidung zur Interimsvergabe zugunsten der Beigeladenden rechtswidrig gewesen sei. Das BayRDG sehe keine Möglichkeit zum Verzicht auf ein Auswahlverfahren bei wesentlichen Änderungen vor. Der Wechsel des Durchführenden stelle, wie bereits ausgeführt, indes eine wesentliche Änderung dar. Die Interimsvergabe an die Beigeladende sei damit ohne jegliche Rechtsgrundlage erfolgt. Zudem sei festzuhalten, dass die Beigeladende wegen einer Mehrzahl in entsprechender Anwendung einschlägigen Ausschlussgründe von einem etwaigen Auswahlverfahren zur Interimsvergabe ohnehin auszuschließen wäre. Wird weiter ausgeführt.
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Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO gemäß den Anträgen 3 – 7 bestehe auch ein Anordnungsgrund. Der durch die Interimsvergabe vorgezogene Betriebsübergang sei eine Verletzung der Antragstellerin in dem ihr grundrechtlich zugesicherten Recht auf effektiven Rechtsschutz gem. Art. 19 Abs. 4 GG. Durch die Interimsvergabe zugunsten der Beigeladenden werde der Betriebsübergang auf den 1.8.2025 vorgezogen. Die Anlaufkosten für die Einrichtung der Rettungswache würden auf den Interimsauftrag „vorgezogen“, sodass sie nicht mehr im Rahmen der zehnjährigen Konzession anfallen bzw. durch die Beigeladende einzukalkulieren seien. Damit könne die Abgabe eines – in Auswahlverfahren nach BayRDG aufgrund des Kostenerstattungsprinzips gem. Art. 32 S. 2 BayRDG unzulässigen – Unterkostenangebots im Verfahren RN 4 K 25.663 nicht mehr mit dem im Angebotspreis der Beigeladenden zu berücksichtigenden Betriebsübergang begründet werden. Der Antragsgegner schaffe somit trotz der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage im Verfahren RN 4 K 25.663 eine neue Tatsachengrundlage, welche die Rechtsdurchsetzung für die Antragstellerin erheblich erschwere. Die Übernahme zum 1.8.2025 würde die Antragstellerin in ihrem Anspruch auf Verlängerung der bestehenden Konzession aus Art. 13 Abs. 4 BayRDG i.V.m. mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG und dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gem. Art. 14 GG verletzen. Mit dem Wechsel des Durchführenden käme es nämlich zu einem Betriebsübergang nach § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Folge dessen wäre ein Verlust sämtlicher dem Betriebsteil R. zugehörigen Mitarbeiter der Antragstellerin. Der Betriebsübergang hätte damit für die Antragstellerin den unwiederbringlichen Verlust ihres Rettungsdienstpersonals am Standort R. zur Folge. Selbst bei einer späteren „Rückübertragung“ des Betriebsteils würden die Rechte der Antragstellerin nicht wiederhergestellt werden. Die – in der stark unter Fachkräftemangel leidenden Rettungsdienstbranche – über Jahre akquirierten Arbeitnehmer könnten mit ihrem Widerspruchsrecht eine Rückübertragung auf die Antragstellerin verhindern.
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Die Antragstellerin beantragt wörtlich:
„1. Die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage in der Hauptsache festzustellen.
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, bis zum Abschluss des Eilverfahrens den mit der Beigeladenden zu 1. geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag zum interimsweisen Betrieb eines Rettungswagens am Standort R. ab dem 01.08.2025 auszuführen/zu vollziehen.
3. der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Beauftragung der Antragstellerin zum Betrieb eines Rettungswagens am Standort R. interimsweise vom 01.08.2025 bis zur Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Anordnung zu verlängern;
4. der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Beauftragung der Antragstellerin zum Betrieb eines Rettungswagens am Standort R. interimsweise vom Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag auf einstweilige Anordnung bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu verlängern;
5. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die Beigeladende oder einen Dritten ohne die Durchführung eines Auswahlverfahrens gem. Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG interimsweise zum Betrieb eines Rettungswagens am Standort R. bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu beauftragen.
6. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, bis zur Entscheidung in der Hauptsache weitere, die geltend gemachte Rechtsposition der Antragstellerin beeinträchtigende Handlungen vorzunehmen.
7. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Verfügung gemäß 2. wird dem Antragsgegner ein Ordnungsgeld angedroht, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.
8. Die Antragstellerin erhält gemäß § 100 VwGO Einsicht in die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners, soweit sie die interimsweise Beauftragung der Beigeladenden zum Betrieb eines Rettungswagens am Standort R. ab dem 01.08.2025 betreffen.“
28
Mit Schriftsatz vom 28.7.2025 wurde folgender Antrag ergänzt:
„8. Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, bis zum Abschluss des Eilverfahrens den mit der Beigeladenden zu 1. geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag zum interimsweisen Betrieb eines Rettungswagens am Standort R. ab dem 01.08.2025 auszuführen/zu vollziehen.“
29
Der Antragsgegner beantragt,
Die Anträge der Antragstellerin werden abgelehnt.
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Im Rahmen der Antragserwiderung vom 24.7.2025 wird vorgetragen, dass die Auswahlentscheidung für Los 2 (Durchführung des Rettungsdienstes am Standort R.) zugunsten der Beigeladenen aufgrund der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage der Antragstellerin (RN 4 K 25.663) nicht vollzogen werden könne. Der Antragsgegner habe zur Wahrung seines Sicherstellungsauftrages zunächst die Antragstellerin mit der interimsweisen Durchführung des Rettungsdienstes an diesem Standort beauftragt. Ab 1.8.2025 solle der Interimsbetrieb durch die Beigeladene erbracht werden, da diese im Auswahlverfahren für Los 2 auch für die Zuschlagserteilung vorgesehen sei. Diese Interimsvereinbarung sei dabei als Änderungsvereinbarung nach Art. 13 Abs. 4 Satz 1 BayRDG zu einem bestehenden öffentlichrechtlichem Vertrag, der die Durchführung des Rettungsdienstes mit einem RTW am Standort S. vorsehe, getroffen worden. § 1 Abs. 3 der Änderungsvereinbarung / Interimsvereinbarung sehe vor, dass sich die Leistungserbringung durch die Beigeladene und deren Vergütung nach ihrem Angebot aus dem Auswahlverfahren richte, um die geschuldete Leistung zu konkretisieren und zugleich im Sinne der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die Vergütung der Beigeladenen „nach oben“ zu begrenzen.
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Der Antrag Nr. 1 sei nicht statthaft, da die Anfechtungsklage der Antragstellerin mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts ins Leere gehe. Der Antragsgegner habe ein einstufiges Vorgehen nämlich eine Interimsvereinbarung ohne ein vorgelagertes Auswahlverfahren gewählt. Eine Auswahlentscheidung, die einen Verwaltungsakt darstellen könne, sei nicht getroffen worden. Lediglich interne Erwägungen zu dem Ob und dem Wie des Vertragsschlusses seien unter Ziffer 3 des Aktenvermerks dokumentiert worden, welche aber keinen Verwaltungsakt darstellten. Jeder Vertragsschluss setze zwingend eine Entscheidung darüber voraus, ob und mit wem der Vertrag geschlossen werden soll. Wenn diese vorgelagerten, internen Erwägungen aber per se einen Verwaltungsakt darstellen würden, könnte jeder unliebsame Vertragsschluss von Konkurrenten im Wege einer Anfechtungsklage angegriffen und somit zugleich aufgrund der aufschiebenden Wirkung dieser Klage blockiert werden. Deshalb erscheine es sinnvoll, nur solche vorgelagerten Erwägungen als Verwaltungsakt zu qualifizieren, bei denen auch ein formelles Auswahlverfahren durchgeführt oder zumindest eine förmliche Auswahlentscheidung getroffen worden sei. Vorliegend sei indes aufgrund von Art. 13 Abs. 4 S. 1 BayRDG ein solches formelles Verfahren bzw. eine förmliche Auswahlentscheidung nicht erforderlich gewesen und auch nicht durchgeführt worden. Es fehle insoweit an einer Regelung und Außenwirkung. Der maßgebliche Rechtsakt sei hier der Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrages (Änderungsvereinbarung / Interimsvereinbarung), welcher von Dritten nicht angefochten werden könne. Aus den beiden Entscheidung des BayVGH, aus denen die Antragstellerin wörtlich zitiere (BayVGH, B.v. 12.4.2016 – 21 CE 15.2559; B.v. 26.7.2024 – 12 CE 24.1067), ergebe sich nichts anderes, da sich diese Passagen explizit auf ein Auswahlverfahren bezögen. Die Behauptung der Antragstellerin, der BayVGH unterlasse es hierbei „bewusst“, den Art. 13 Abs. 4 BayRDG von seinen Wertungen auszunehmen, sei hingegen reine Spekulation.
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Aber selbst wenn man eine aufschiebende Wirkung annehmen sollte, sei der der vermeintliche Verwaltungsakt bereits durch den Abschluss der Interimsvereinbarung vollzogen. Diese Vereinbarung sei wirksam geschlossen und deshalb auch durchzuführen. Die aufschiebende Wirkung hätte auch nicht ohne weiteres zur Folge, dass der abgeschlossene Vertrag zu kündigen wäre. Insoweit könne auf die Ausführungen des BayVGH (B.v. 18.11.2018 – 21 CE 18.854 verwiesen werden).
33
Für die Anträge Nr. 2 bis 7 fehle es an einer Antragsbefugnis. Die Bestimmung des Art. 13 Abs. 4 BayRDG sei keine Anspruchsgrundlage, sondern begründe das Recht des Antragsgegners unter bestimmten Voraussetzungen auf die Durchführung eines Auswahlverfahrens zu verzichten. Dies begründe kein subjektives Recht (zu § 13 RettG NRW: OVG NRW, B.v. 19.7.2024 – 13 B 106/24, Rn. 37) und insbesondere keinen Anspruch der Antragstellerin, dass der Antragsgegner von dieser Verfahrensgestaltungsmöglichkeit auch Gebrauch machen müsse. Keinesfalls bestehe eine Ermessensreduzierung auf null dergestalt, dass sich eine solche vermeintliche Pflicht zugleich zu einem Kontrahierungszwang zugunsten der Antragstellerin verdichten könne. Auch eine Verletzung von Art. 12 und Art. 14 GG komme nicht in Betracht, ebenso sei kein qualifiziertes Rechtschutzbedürfnis gegeben (vgl. OVG NRW B.v. 11.3.2025 – 13 B 102/25). Unzumutbare Umstände, die ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin begründen könnten, würden von dieser nicht vorgetragen. Die Antragstellerin mache zwar finanzielle Nachteile geltend, es werde aber nicht behauptet, die Antragstellerin begegne wegen der fehlenden Weiterbeauftragung „einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung“.
34
Die Anträge seien auch unbegründet. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch, dem Antragsgegner zu untersagen, den wirksam abgeschlossenen Vertrag auszuführen oder zu vollziehen. Unabhängig davon, dass ihr dafür bereits kein subjektives Recht zustehe, sei der Abschluss der Interimsvereinbarung rechtmäßig erfolgt. Das wird weiter ausgeführt. Die Anträge 3 und 4 seinen unbegründet, da diese voraussetzen würden, dass der Antragsgegner einem Kontrahierungszwang unterliege. Zwar treffe den Antragsgegner hinsichtlich der Rettungsdienstversorgung nach Art. 5 Abs. 1 BayRDG ein Sicherstellungsauftrag. Dies ändere aber nichts daran, dass er gleichwohl im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens darüber entscheiden könne, wie er seinen Sicherstellungsauftrag erfülle. Zum Abschluss eines konkreten Vertrages zu konkreten Konditionen mit einem Durchführenden könne er deshalb nicht verpflichtet werden. Die Bedenken der Antragstellerin hinsichtlich der Versorgungssicherheit aufgrund des Betreiberwechsels teile der Antragsgegner ebenso wenig, wie hinsichtlich der vermeintlich drohenden Personalprobleme der Beigeladenen. Insoweit könne auf die Ausführungen in Ziffer 3 des Aktenvermerks verwiesen werden. Die Beurteilung dieser Fragen obliege dabei dem Antragsgegner und unterliege nicht einem etwaigen Ermessen oder einer etwaigen Einschätzungsprärogative der Antragstellerin. Auch die These der Antragstellerin, der im laufenden Betrieb erfolgende Durchführendenwechsel sei vollkommen unwirtschaftlich, sei unzutreffend. Insoweit sei zu beachten, dass die Beigeladene in dem Auswahlverfahren „XX“ für Los 2 das wirtschaftlichere und insbesondere auch das kostengünstigere Angebot abgegeben habe, sodass der künftige Interimsbetrieb, dessen Vergütung sich nach dem Angebot in dem Auswahlverfahren richte, kostengünstiger erbracht werden könne, als wenn die Antragstellerin auf der Grundlage ihres Angebotes beauftragt werden würde. So könne dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach Art. 5 Abs. 1 S. 3 BayRDG besser Rechnung getragen werden. Zudem hätten die Sozialversicherungsträger dem Betreiberwechsel für den Interimszeitraum nicht ausdrücklich zugestimmt, wenn dieser vollkommen unwirtschaftlich wäre.
35
Der Antragsgegner habe vorliegend nicht etwa einen laufenden Vertrag überraschend gekündigt oder auf andere, vergleichbare Weise ein berechtigtes Vertrauen der Antragstellerin enttäuscht. Vielmehr sei die Interimsvereinbarung mit der Antragstellerin von vornherein befristet gewesen. Dieses Enddatum sei der Antragstellerin mit dem Abschluss der zweiten Interimsvereinbarung bekannt gewesen. Der Antragsgegner habe im Vorfeld auch keine Zusagen getätigt, dass er diese Interimsvereinbarung noch ein weiteres Mal verlängern werde. Spätestens mit der ersten Vorabinformation aus dem Auswahlverfahren „XX“ vom 19.7.2024, also mittlerweile seit über einem Jahr, sei der Antragstellerin bekannt, dass sie auf eine Fortführung ihres Betriebs an dem vorliegenden Standort möglicherweise nicht weiter vertrauen könne. Dabei sei es das gute Recht der Antragstellerin, sich gegen die Auswahlentscheidung in diesem Auswahlverfahren rechtlich zur Wehr zu setzen. Dieses Recht begründe aber nicht zugleich den Anspruch der Antragstellerin, dass diese den Betrieb an dem Standort bis zur letztinstanzlichen Entscheidung zwingend fortführen könne.
36
Der Antragsgegner habe bei der Sicherstellung des Interimsbetriebes nicht nur die Interessen der Antragstellerin, sondern unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen. So seien beispielsweise auf Seiten der Beigeladenen zu berücksichtigen, dass auch dieser in der Vergangenheit erhebliche Bereitstellungskosten für Personal und Material entstanden seien, damit diese ihre Leistungsfähigkeit habe aufrechterhalten können. Auch seien die Interessen der Sozialversicherungsträger bzw. der Gemeinschaft der Sozialversicherten zu berücksichtigen und damit zu beachten, dass die Beigeladene das wirtschaftlichere und günstigere Angebot abgegeben habe und somit der Interimsbetrieb günstiger sein werde, als bei Durchführung durch die Antragstellerin. Anders als bei den ersten beiden Interimsvereinbarungen mit der Antragstellerin, bei welchen die Aspekte der Versorgungssicherheit in der Abwägung noch Vorrang eingeräumt worden sei, hätten nun die Interessen der Beigeladenen und der Gemeinschaft der Sozialversicherten nicht weiter hintenangestellt werden können.
37
Für keinen der Anträge bestehe ein Anordnungsgrund. Die in dem Gutachten des INM der LMU München festgestellten Versorgungslücken, also die Gefahr für Leib und Leben und Gesundheit der Bevölkerung habe der Antragsgegner durch die Zuschlagserteilung für Los 2 beheben wollen. Die gesetzlich geschuldete, unverzügliche Umsetzung der Vorschläge des INM werde jedoch durch die Klage der Antragstellerin verhindert. Deshalb habe der Antragsgegner zunächst mit der Antragstellerin und nun mit der Beigeladenen Änderungsvereinbarungen / Interimsvereinbarungen geschlossen, um seinem Sicherstellungsauftrag gerecht werden zu können. Durch die streitgegenständlichen Anträge, insbesondere die Anträge 2, 5, 6 und 7, solle aber im Ergebnis der Vollzug der Interimsvereinbarung bzw. der Abschluss weiterer Interimsvereinbarungen verhindert werden. Die vom INM festgestellten Versorgungsdefizite blieben so nicht nur bestehen, sondern würden so sogar noch erheblich verschärft werden. Denn bei einem Erfolg dieser Anträge würde nicht nur die Versorgung am aktuellen Standort R. für eine unbestimmte Zeit ersatzlos entfallen, sondern auch die (ohnehin schon defizitäre) Vorhaltung am Standort E. würde ihr Substitut verlieren. Denn künftig würden so weder ein Interimsbetrieb am Standort R. laufen, noch würde der ehemalige Betrieb in E. „wiederaufleben“. In den betroffenen Gebieten wären so die Hilfsfristen nicht ansatzweise in dem geforderten Umfang zu wahren. Mit wahrscheinlich letalen Folgen für die Bevölkerung. Demgegenüber müsse das wirtschaftliche Interesse bzw. das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin zurückstehen. Denn das überragende Gut sei vorliegend der Schutz von Leib, Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin, das mit dem Interimsbetrieb verbunden sei, könne ebenso wie deren Rechtsschutzinteresse diese Gefahren nicht überwiegen (vgl. BayVGH B. v. 26.7.2024 – 12 CE 24.1035, Rn. 30).
38
Soweit die Antragstellerin ihren vermeintlichen Anordnungsgrund mit dem hier angeblich drohenden Betriebsübergang nach § 613a BGB zu begründen versuche, sei anzumerken, dass die Beigeladene den Interimsbetrieb ab 1.8.2025 nicht mit dem Fahrzeug aufnehmen werde, welches die Antragstellerin derzeit im Rahmen des Interimsbetriebes nutze, sodass es ohnehin nicht zum einem Betriebsübergang komme und sich die Erwiderung auf die diesbezüglichen Ausführungen erübrige.
39
Die Beigeladene beantragt wörtlich:
„1. Die Anträge im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Antragstellerin gegen den Antragsgegner werden als unzulässig verworfen.
2. Hilfsweise: Die Anträge im einstweiligen Rechtsschutzverfahren der Antragstellerin gegen den Antragsgegner werden als unbegründet zurückgewiesen.
3. Die Antragstellerin sind die Kosten des Eilverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen aufzuerlegen.“
40
Mit vor Antragseingang vorgelegter Schutzschrift bzw. Antragserwiderung führt die Beigeladene aus, dass der Antrag keinen Erfolg habe, die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtschutzes sei abzulehnen und die Antragstellerin auf nachträglichen Rechtschutz zu verweisen (OLG Düsseldorf, B.v. 19.7.2024 – 13 B 106/24 BeckRS 18012 Rn. 63; OVG Münster, B. v. 16.12.2022 – 13 B 839 – BeckRS 2022, 39847 Rn. 88 f.). Der Beigeladenen seien insbesondere in Anbetracht der Rettungsdiensterbringung erhebliche Kosten entstanden. Seit der ersten Vorabinformation im vergangenen Jahr seien auf Seiten der Beigeladenen Personalkosten für Notfall- und Rettungssanitäter sowie Fahrer in Höhe von 70 Prozent der Angebotssumme angefallen. Weiter seien Kosten für die Beschaffung eines zweiten Rettungswagens angefallen, welcher als Ersatz diene. Zu diesen Kosten träten weitere Kosten der Versicherung, Standgebühr sowie Miete einer Garage hinzu, sodass von ca. 2.500 Euro pro Monat ausgegangen werden müsse. 50 Prozent der anfallenden Kosten beliefen sich auf sonstige Kosten. Seit der vergangenen Woche seien zusätzlich Personalkosten für Notfall- und Rettungssanitäter sowie Fahrer in Höhe von 100 Prozent der Angebotssumme angefallen. Weiter belaufe sich beinahe 100 Prozent der anfallenden Kosten auf sonstige Kosten, als auch Gebäudekosten in voller Höhe (100 Prozent). Zudem sei zum Juli des Jahres eine weitere Notfallsanitäterin eingestellt worden, ein weiterer Notfallsanitäter nehme nächsten Monat seine Tätigkeit auf. Zusätzliche Kosten in Höhe von 3.000 Euro entstünden auch bei der Interimslösung, welche ab dem 1.8.2025 in Betrieb gehe, da hierzu alle Verträge (rechtswirksam) abgeschlossen worden seien. Nunmehr liege der Beigeladenen für den Zeitraum der Interimsbeauftragung auch die in der Anlage beigefügte erforderliche Genehmigung zur Durchführung der Rettungsdienstleistungen mit dem Fahrzeug PA – P 1703 vor.
41
Der Antrag zu 1 analog §§ 80, 80a VwGO sei nicht statthaft, denn es fehle vorliegend an einem Verwaltungsakt. Für die Auswahlentscheidung, wie sie in der Hauptsache unter dem rechtshängigen Verfahren Az. RN 4 K 25.663 angegriffen werde, liege zwar ein Verwaltungsakt vor, denn die Beauftragung eines Dienstleistenden für die bodengebundene Durchführung von Notfallrettung und Krankentransport erfolgt nach Maßgabe des Art. 13 Abs. 1 S. 1 BayRDG in einem zweistufigen Verfahren, bei dem der zuständige Zweckverband zunächst mittels eines Verwaltungsakts i.S.v. Art. 35 S. 1 BayVwVfG unter verschiedenen Bewerbern eine Auswahlentscheidung treffe, deren Umsetzung durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags („Zuschlag“) erfolge. Die Interimsbeauftragung selbst mit Änderungsvereinbarung zum öffentlich-rechtlichen Vertrag sei aber kein Verwaltungsakt, da diese nur als übergangsweiser Auftrag in dringlichen Fällen wie der Daseinsfürsorge ausgestaltet sei, bis das Auswahlverfahren wieder betrieben werden könne (hier wegen der aufschiebenden Wirkung durch Angriff der Auswahlentscheidung i.R.d. Anfechtungs- und Verpflichtungsklage im Az. RN 4 K 25.663). Unter Beachtung der beamtenrechtlichen Ausführungen fehle es nicht nur an der ersten Stufe, vielmehr liege auch eine zweite Stufe durch den Vertragsschluss nicht vor, denn der reine Vertragsschluss könne eine Rechtsschutzwirkung nicht entfalten. Es sei zu keiner Zeit verbindliche oder abschließende Informationen unter Eröffnung einer Rechtsschutzmöglichkeit kommuniziert worden. Demgemäß fehle es an einem Regelungsgehalt. Selbst mit einer Mitteilung der Antragstellerin dazu, dass der Vertrag – wie bekannt – ausgelaufen sei und nicht interimsweise verlängert werde bzw. eine anderweitige interimsweise Beauftragung erfolge, würden keine Rechte der Antragstellerin verbindlich festgelegt werden. Denn eine solche (formlose) Mitteilung beende das Auswahlverfahren nicht mit unmittelbarer und verbindlicher Wirkung durch Beauftragung eines anderen, erfolgreichen Bieters.
42
Zwar könne im Rahmen eines Vollzugsfolgenbeseitigungsantrags analog § 80 Abs. 5 S. 3 VwGO grundsätzlich, wenn die Behörde bereits Vollziehungsmaßnahmen ergriffen habe, die Aufhebung der Vollziehung beantragt werden. Aber für einen Antrag, dem Antragsgegner im Wege der Aufhebung der Vollziehung aufzugeben, den mit der Beigeladenen geschlossenen Vertrag zu kündigen, fehle es zum einen am Vorliegen eines Verwaltungsaktes und darüber hinaus am Feststellungsinteresse. Die Änderungsvereinbarung zum öffentlich-rechtlichen Vertrag sei keine Interimsbeauftragung, welche wegen der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage gegen die Auswahlentscheidung des Antragsgegners und der Notwendigkeit der Erbringung der Rettungsdienstleistungen im Bereich der Daseinsfürsorge zwischenzeitlich erfolgen müsse, sodass es sich gerade nicht um einen Vertragsschluss in Ausführung der angefochtenen Auswahlentscheidung handele. Zwischen der Hauptleistung der Auswahlentscheidung und der Leistung der Interimsbeauftragung bestehe keine Identität im Rechtssinne, auch nicht unter funktioneller Betrachtungsweise.
43
Ferner fehle das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Das verfolgte Rechtsschutzziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, könne deshalb bereits nicht erreicht werden, weil eine Unterlassung des Interimsbetriebs durch die Beigeladene als auch die Fortführung des Interimsbetriebs durch die Antragstellerin selbst nicht auf die Vermeidung vollendeter Tatsachen, sondern auf die Sicherung der wirtschaftlichen Vorteile gerichtet sei (vgl. hierzu VG Düsseldorf, B.v. 26.1.2024 – 29 L 3176/23). Durch die Interimsvergabe an die mutmaßliche Beigeladene zum 1.8.2025 drohe der endgültige Verlust der Beauftragung der Antragstellerin zur Durchführung der Rettungsdienstleistungen gemäß Los 2 im betroffenen Standort nicht.
44
Sofern der Auftrag im Rahmen eines Auswahlverfahrens an die Antragstellerin hätte vergeben werden müssen, werde diese damit in der Hauptsache (Az.: RN 4 K 25.663) durchdringen und eine Neuausschreibung herbeiführen. Die mutmaßlich angegriffene Interimsbeauftragung gehe auf Seiten der Antragstellerin lediglich mit finanziellen Einbußen für die in der Änderungsvereinbarung festgelegte Dauer einher.
45
Aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf gehe hervor, dass eine Interimsbeauftragung – selbst wenn sie zu Unrecht vom Antragsgegner veranlasst worden wäre, die Antragstellerin hierbei zu Unrecht nicht in den Kreis der kontaktierten Bewerber miteinbezogen worden wäre und / oder der hierfür gewählte Zeitraum unangemessen lang wäre – lediglich mit finanziellen Einbußen für die Dauer der Interimsbeauftragung verbunden sei (VG Düsseldorf, B. v. 20.12.2023- 29 L 3176/23, BeckRS 2024, 18013, Rn. 4). Mit der Interimsbeauftragung gehe kein endgültiger Verlust des Auftrags einher. Gemäß Ziff. 1 zu (3) der Änderungsvereinbarung zum öffentlich – rechtlichen Vertrag ende die Laufzeit des Interimsbetriebs, ohne dass es einer Kündigung bedürfe, mit Ablauf des 31.3.2026. Angesichts der Dauer von unter einem Jahr könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragstellerin wegen des kurzfristigen Verlusts der vorab von ihr durchgeführten Interimsbeauftragung eine Existenzgefährdung ernsthaft drohe. Hierfür spreche ebenso, dass die Antragstellerin 18 Standorte in Deutschland unterhalte (vgl. URL: https://www.i.com/kontakt-und-anfahrt/), mithin nicht auf die Durchführung der expliziten Rettungsdienstleistung am streitgegenständlichen Standort angewiesen sei.
46
Der Antrag sei weiter unzulässig, da dieser die Hauptsache vorwegnehmen würde. Es fehle an den drohenden irreversiblen Umständen auf Seiten der Antragstellerin, sodass eine Vorwegnahme der Hauptsache hier nicht nach Art. 19 Abs. 4 GG indiziert sei.
47
Im Hinblick auf einen Antrag nach § 123 VwGO fehle es der Antragstellerin ebenfalls einer Antragsbefugnis und dem notwendigen Rechtschutzbedürfnis. Die Antragstellerin könne nicht schlüssig behaupten, einen Anspruch auf (vorläufige) Beauftragung oder zumindest Verlängerung der Interimsbeauftragung, gar Neuausschreibung, glaubhaft machen zu können. Hier sei von vornherein ausgeschlossen, dass ein geltend gemachter Anspruch auf Grundlage eines Bewerbungsverfahrensanspruchs aus Art. 3 Abs. 1 GG zumindest möglicherweise bestehe. Das vor dem hiesigen Gericht laufende Verfahren unter dem Az.: RN 4 K 25.663 zum Auswahlverfahren (Hauptauftrag) sei nicht von der Interimsbeauftragung betroffen. Hierbei handele es sich um voneinander zu trennende Beauftragungen, wobei eine im Auswahlverfahren (ggf. erneut) zu treffende Entscheidung von der Interimsbeauftragung gerade nicht berührt werde. Insbesondere bestehe keine Gefahr eines irreversiblen Rechtsverlusts zulasten der Antragstellerin durch die interimsweise Beauftragung. Die interimsweise Beauftragung der Antragstellerin durch öffentlich-rechtlichen Vertrag führe grundsätzlich nicht zu einem Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG. Das gelte vor allem vor dem Hintergrund der vereinbarten Dauer der interimsweise zu erbringenden Leistungen von unter einem Jahr. Die Vergabe eines öffentlichen Auftrags an einen Mitbewerber berühre grundsätzlich nicht den Schutzbereich der Berufsfreiheit des erfolglosen Bewerbers. Diese schütze einen Gewerbetreibenden weder davor, dass ihm durch staatliche Maßnahmen Konkurrenz erwachse, noch biete sie Schutz gegen eine bloß faktische Benachteiligung durch Vereitelung künftiger Erwerbschancen (OVG Münster, B. v. 11.3.2025 – 13 B 102/25, BeckRS 2025, 4612 Rn. 15).
48
Das verfolgte Rechtsschutzziel, die Schaffung vollendeter Tatsachen zu verhindern, könne deshalb bereits nicht erreicht werden, weil eine Unterlassung des Interimsbetriebs durch die Beigeladene als auch die Fortführung des Interimsbetriebs durch die Antragstellerin selbst nicht auf die Vermeidung vollendeter Tatsachen, sondern auf die Sicherung der wirtschaftlichen Vorteile gerichtet sei. Soweit die Antragstellerin sich auf unzumutbare Kosten berufen sollte, so verweise die Beigeladene ebenso auf ihre Kosten. Gerade im Bereich der Daseinsfürsorge bedürfe es bereits vor Abgabe eines Angebots und auch weit vor Beginn einer Interimsbeauftragung einer Vorbereitung dahingehend, sich nicht nur wettbewerbsfähig aufzustellen, sondern die Rettungsdienstleistungen auch wie antizipiert erbringen zu können. Sofern der Antragstellerin – insbesondere in Anbetracht der kürzer der Zeit, nämlich der unmittelbar bevorstehend beginnenden Interimsbeauftragung – im einstweiligen Verfahren Rechtsschutz gewährt werden sollte, würde dies zu irreversiblen Nachteilen auf Seiten der Beigeladenen führen. Ferner sei darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin selbst jeweils befristet beauftragt worden sei und es demnach ihrem Organisationsverschulden unterliege, wenn ein nicht reversibler Rechtsverlust infolge der laufenden Kosten ohne Gegenleistung für die Sozialversicherungsträger oder die Antragstellerin drohe. Im Fall der befristeten Beauftragung könne sich ein vernünftiger, besonnener und wirtschaftlich denkender durchschnittlicher Auftragnehmer nicht darauf verlassen, dass sich seine Kosten amortisierten, auch wenn ein Auftragsverhältnis beendet sei.
49
Einzustellen sei weiter, dass die Interimsvergabe im Lichte der Daseinsfürsorge nicht nur notwendig, sondern auch dringend sei. Der Antragsgegner würde ohne die Interimsbeauftragung eines Rettungsdienstleisters gegen seine Pflicht nach Art. 1 S. 2 BayRDG verstoßen, die bedarfsgerechte und flächendeckende Notfallrettung den Krankentransport sicherzustellen (vgl. hierzu OVG NRW, B.v. 18.8.2022 – 13 B 851/22 – juris Rn. 9). Dies würde ersichtlich zu erheblichen und unmittelbaren Gefahren gewichtiger Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit einer Vielzahl von Menschen führen. Gleichzeitig würde die Eröffnung der einstweiligen Rechtsschutzmöglichkeit mit dieser Pflicht kollidieren, den Antragsgegner praktisch handlungsunfähig machen.
50
Zudem sei der Antrag unbegründet, da der erteilte Interimsauftrag bei summarischer Prüfung nicht unwirksam sei. Denn die unwesentliche Erweiterung bestehender Einrichtungen um einen Standort, wie es die Änderungsvereinbarung zum bereits bestehenden Durchführungsvertrag zum Gegenstand habe (Änderungsvereinbarung zu Ziff. 1 (1)), sei unter Verweis auf Art. 13 Abs. 4 S. 1 BayRDG sowie unter Heranziehung der Regelungen des §§ 132 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 154 Nr. 3 GWB ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig.
51
Die Antragstellerin stütze sich erfolglos auf einen Anspruch auf Verlängerung der laufenden Konzession gem. Art. 13 Abs. 4 BayRDG (i.V.m. Art. 12, 14 GG), der ihr spiegelbildlich einen Anspruch auf Unterlassung der Vertragsausführung mit der Beigeladenen ab dem 1.8.2025 gewähren würde. Das Ermessen des Antragsgegners sei auch nicht dahingehend auf null reduziert, dass dieser nur die Antragstellerin nochmals interimsweise hätte beauftragen können. Der Antragsgegner sei nicht gehalten, Rückgriff auf die bestehende Einrichtung der Antragstellerin zu nehmen, denn diese sei nicht die einzige bestehende Einrichtung des Rettungsdienstes im betreffenden Versorgungsgebiet, die zum 1.8.2025 verfügbar sei. Auch die Beigeladene verfüge über eine erforderliche Wache, Räumlichkeiten, Personal sowie Betrieb zur Sicherstellung. Personalausfälle, Verzögerungen oder weitere Defizite zur Arbeitssicherheit oder zu Hygienevorgaben seien demgemäß nicht zu erwarten.
52
Ferner bestehe auch kein Anordnungsgrund. Es seien keine Anhaltspunkte dafür glaubhaft gemacht, dass ein Zuwarten der Entscheidung in der Hauptsache und insbesondere die gegenständliche Interimsbeauftragung der Antragstellerin unzumutbar seien. Der Vortrag, die Antragstellerin könne für den Zeitraum der Interimsvergabe nun keine Konzession mehr erhalten, könne den Anforderungen an eine Unzumutbarkeit bereits deshalb nicht genügen, da die Interimsvergabe für weniger als ein Jahr erfolgt sei und die Antragstellerin damit allenfalls wirtschaftliche – zumutbare – Einbußen zu verzeichnen habe.
53
Mit Schriftsatz vom 22.7.2025 erhob die Antragstellerin Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage im Hinblick auf die Interimsvergabe zur Stationierung und dem Betrieb eines Rettungswagens am Standort R. ab dem 1.8.2025, welche unter dem Aktenzeichen RN 4 K 25.1752 geführt wird.
54
Mit Schriftsatz vom 28.7.2025 repliziert die Antragstellerin auf die Ausführungen des Antragsgegners und der Beigeladenen, dass die von der Beigeladenen geltend machten vermeintlichen Kosten ausdrücklich bestritten würden. Trotz laufender Klage und Rügen gegen eine Zuschlagserteilung habe die Beigeladene seit vergangenem Jahr keine Notfall- und Rettungssanitäter für den Standort R. eingestellt. Stattdessen habe sie versucht, Personal der Antragstellerin abzuwerben, was auf akute Personalprobleme hinweise. Ausweislich einer eidesstattlichen Versicherung des Betriebsleiters der Antragstellerin halte die Beigeladene kein Personal vor. Der Geschäftsführer der Beigeladenen sei regelmäßig im Dienst, was auf Personalmangel hindeute. Die Vorlage des Kostenblatts aus dem Auswahlverfahren sei kein Nachweis für tatsächliche Personalkosten oder die Beschaffung eines Ersatzwagens, da sie lediglich die kalkulierten Kosten zeige und nicht, ob die Kosten tatsächlich entstanden seien. Die Beschaffung eines Rettungswagens sei kurzfristig möglich und falle nicht in die Verantwortlichkeit oder das Budget der Beigeladenen. Die Beschaffung eines eigenen Ersatzfahrzeugs sei ohnehin unwirtschaftlich und gegen die Systematik des bayerischen Rettungsdienstes. Im Rettungsdienstbereich des Antragsgegners würden ausreichend öffentlich-rechtliche Reservefahrzeuge vorgehalten werden, die bei Bedarf von jedem Durchführenden bei dem mit der Vorhaltung des Reservefahrzeuges durch den ZRF beauftragten Durchführenden angefordert und verwendet werden könnten.
55
Die Interimsbeauftragung erfolge aufgrund einer Änderungsvereinbarung zum Durchführungsvertrag zum Standort S.. Der Stellplatz R. befinde sich im Versorgungsbereich der Rettungswache V.. Der Standort S. befinde sich hingegen im Versorgungsbereich P..
56
Zur Klarstellung des Streitgegenstandes wird vorgetragen, dass nicht die vor dem hiesigen Gericht rechtshängige Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (RN 4 K 25.663) gegen das Ergebnis des Auswahlverfahrens „XX“ des Antragsgegners das Hauptsacheverfahren darstelle, sondern die mit Schriftsatz vom 22.7.2025 erhobene Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zum einstweiligen Rechtsschutzverfahren.
57
Der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung analog § 80 Abs. 5 i.V.m. § 80a VwGO sei – entgegen der Auffassung der Beigeladenen – statthaft. Der gemäß der Rechtsprechung des BayVGH janusköpfige Verwaltungsakt zur Auswahlentscheidung im Rahmen der Interimsvergabe sei der Antragstellerin mündlich im Telefonat am 3.7.2025 bzw. schriftlich durch den Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners im Schreiben vom 9.7.2025 bekanntgegeben worden. Wird weiter ausgeführt.
58
Der Antrag zu 8. werde den Anträgen zu 3.-7. und dem Hilfsantrag zu 2. logisch vorangestellt, da er als Annex zum Feststellungsantrag zu 1. zu sehen sei. Der Hilfsantrag zu 2. bleibe durch die Antragserweiterung unberührt und sei hilfsweise für den Fall gestellt, dass die Kammer zum Ergebnis komme, dass die Anfechtungsklage in der Hauptsache keine aufschiebende Wirkung habe und damit die Anträge zu 1. und 8. unbegründet seien. Der Antrag zu 8. sei gemäß § 80 Abs. 5 S. 3 VwGO statthaft. Die vorläufige Anordnung der Aufhebung der Vollziehung sei gem. § 80 Abs. 5 S. 3 VwGO bis zur Entscheidung über die Anfechtungsklage in der Hauptsache wegen des aus der rechtswidrigen Interimsvergabe folgenden Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs der Antragstellerin statthaft.
59
Es liege auch ein Feststellungsinteresse für den Antrag analog § 80 Abs. 5 i.V.m. § 80a VwGO dahingehend vor, dass der Antragsgegner in Ausführung der angefochtenen Auswahlentscheidung zur Interimsvergabe mit der Beigeladenen bezüglich der Durchführung der Notfallrettung am Standort R. gem. Art. 13 Abs. 5 Satz 1 BayRDG einen öffentlich-rechtlichen Vertrag geschlossen habe und die Antragstellerin erreichen wolle, dass die Vollzugsfolgen in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO rückgängig gemacht bzw. gehemmt würden (BayVGH, B.v. 18.11.2018 – 21 CE 18.854, Rn. 62).
60
Es liege auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis vor. Die Inanspruchnahme vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes sei erforderlich, um die Schaffung vollendeter Tatsachen bereits hinsichtlich des möglichen bloß vorübergehenden Verlusts der Konzession für den Stellplatz R. zu verhindern. Diese spezielle, wohl einmalige Sachlage, die der Antragsgegner mit seiner Auswahlentscheidung für die Interimsvergabe ab dem 1.8.2025 herbeigeführt habe, unterscheide sich von sämtlichen bislang zu rettungsdienstlichen Auswahlentscheidungen getroffenen gerichtlichen Entscheidungen im Zusammenhang mit Interimsvergaben. Die Antragstellerin begehre mit den Anträgen zu 1.-4. sowie dem Antrag zu 8. auch keinen vorbeugenden Rechtsschutz. Es bedürfe anders als der Antragsgegner und die Beigeladene meinten, auch nicht zwingend drohender Nachteile in Form einer Existenzgefährdung. Wie schon vom OVG NRW ausgeführt werde, könnten unzumutbare Nachteile in Form einer wirtschaftlichen Existenzgefährdung oder der Schaffung irreversibler Zustände drohen. Die ausdrückliche Benennung der Existenzgefährdung erfolge insoweit, weil es sich gerade um einen Nachteil handele, der zwar reversibel, aber dennoch unzumutbar sei. Sämtliche Nachteile, die irreversibel seien, seien demgegenüber unzumutbar, da die Antragstellerin diese mit dem Hauptsacheverfahren weder verhindern noch nachträglich beheben könne. Im vorliegenden Fall drohe der Antragstellerin bereits bei einer vorübergehenden Übernahme des Standorts durch die Beigeladene neben einem finanziellen Schaden, den die Antragstellerin dann beim Antragsgegner geltend machen müsse, auch ein irreversibler Verlust ihres Personalbestands am Standort. Die Mitarbeiter der Antragstellerin vor Ort würden entweder im Rahmen des Betriebsübergangs Arbeitnehmer der Beigeladenen werden oder – was noch viel schwerer wiege – sie könnten sich aufgrund der Unsicherheiten, die sich für sie aus der plötzlichen Interimsvergabe ergeben, einen gänzlich anderen Arbeitgeber suchen.
61
Der Antrag zu 6. sei auch hinreichend bestimmt, da zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar sei, welche weiteren Maßnahmen der Antragsgegner treffen könnte, welche die Antragstellerin in ihrer geltend gemachten Rechtsposition beeinträchtigen könnte. In derartigen Fällen seien keine hohen Anforderungen an die Bestimmtheit des Antrags zu stellen.
62
Der Antrag zu 8 sei begründet. Die Antragstellerin habe einen Vollzugfolgenbeseitigungsanspruch auf Beseitigung des rechtswidrigen Zustands, welcher durch den rechtswidrigen Verwaltungsakt des Antragsgegners verursacht worden sei. Art. 13 Abs. 4 BayRDG stelle keine taugliche Rechtsgrundlage für die Beauftragung der Beigeladenen dar. Mangels Anhörung der Antragstellerin vor der Entscheidung zur Interimsvergabe sei die Auswahlentscheidung auch in formell rechtswidriger Weise ergangen. Äußerst hilfsweise sei auszuführen, dass die Entscheidung auch materiell rechtswidrig wäre, da der Antragsgegner ausweislich der Verwaltungsakte eine ermessensfehlerhafte Entscheidung getroffen habe.
63
Die Anträge in Nr. 3 bis 7 seien begründet. Die Antragstellerin habe hinsichtlich der Anträge zu 3. und 4. einen Anordnungsanspruch auf Verlängerung ihrer Interimsbeauftragung bis zum Abschluss des Verfahrens RN 4 K 25.663 gem. Art. 13 Abs. 4 BayRDG (i.V.m. Art. 12, 14 Abs. 1 GG), da sie als Bestandsdurchführende in R. die einzige bestehende Einrichtung des Rettungsdiensts im Sinne des Art. 13 Abs. 4 BayRDG führe bzw. innehabe. Das Ermessen des Antragsgegners sei hinsichtlich der interimsweisen Beauftragung eines Durchführenden am Standort R. somit auf null reduziert. Weiterhin sei das Ermessen des Antragsgegners wegen der Kurzfristigkeit der notwendigen Interimsbeauftragung auf null reduziert. Bis zum 1.8.2025 habe der Antragsgegner keine andere Möglichkeit als die Antragstellerin interimsweise mit dem Betrieb des RTW am Stellplatz R. zu beauftragen. Die Durchführung eines Auswahlverfahrens als einzig theoretisch in Betracht kommende Alternative sei bis zum 1.8.2025 gar nicht umsetzbar. Hilfsweise könne die Antragstellerin einen Anspruch auf Durchführung eines Auswahlverfahrens zur Interimsvergabe aus Art. 13 BayRDG und ihren Bewerbungsverfahrensanspruch gem. Art. 3 Abs. 1 GG glaubhaft machen. Schließlich stelle auch Art. 13 Abs. 4 BayRDG keine taugliche Rechtsgrundlage für die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen dar bzw. seien die Voraussetzungen der Vorschrift nicht gegeben, sodass der Verwaltungsakt materiell rechtswidrig sei. Das wird weiter ausgeführt.
64
Die Ermessensentscheidung des Antragsgegners im Vermerk vom 15.7.2025 sei fehlerhaft. Mangels tauglicher Rechtsgrundlage könne die Beigeladene nicht beauftragt werden. Mangels anderer für die kurzfristige Beauftragung zum 1.8.2025 in Betracht kommender Durchführender aus dem Versorgungsbereich reduziere sich das Ermessen des Antragsgegners auf null. Selbst wenn man von einem Auswahlermessen des Antragsgegners ausgehen sollte, könnten die angeblichen wirtschaftlichen Nachteile der Beigeladenen nicht berücksichtigt werden. Denn es gehe insofern um Einbußen, die darauf zurückzuführen seien, dass die Vergabeentscheidung angegriffen worden sei. Damit sei bei der Neuvergabe eines Standortes aber zu rechnen. Es könne der Antragstellerin nicht entgegengehalten werden, Kosten dadurch zu verursachen, dass sie den ihr zustehenden Rechtsschutz suche. Auch dem Antragsgegner scheine bewusst zu sein, dass die finanziellen Einbußen der Beigeladenen für eine aus ihrer Sicht vermeintlich zu treffende Ermessensentscheidung keine Rolle spielen dürfe. Andernfalls hätte der Antragsgegner in § 3 der Änderungsvereinbarung keinen Haftungsausschluss für den Fall der Unwirksamkeit der Änderungsvereinbarung vorgesehen. Dennoch habe der Antragsgegner die vermeintlichen finanziellen Einbußen der Beigeladenen in seinem Vermerk vom 15.7.2025 berücksichtigt, sodass ein Ermessensfehlgebrauch vorliege.
65
Ferner stünden einer etwaigen Interimsbeauftragung der Beigeladenen im Zuge eines Auswahlverfahrens ohnehin Ausschlussgründe nach § 124 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 9 lit. c) GWB entgegen. Dies gelte auch im Rahmen einer Auswahlentscheidung nach Art. 13 Abs. 4 BayRDG. Wird weiter ausgeführt.
66
Die Antragstellerin könne auch einen Anordnungsgrund glaubhaft machen. Die Antragstellerin könne eine irreversible Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gem. Art. 14 Abs. 1 GG sowie der Berufsausübungsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 GG glaubhaft machen. Wenn die öffentliche Stelle den privaten Wettbewerb indirekt verzerre, indem sie einzelne Unternehmen gegenüber ihren Konkurrenten bevorzugt behandele, lasse sich dies nicht mit dem stets hinzunehmenden Wettbewerb durch andere private Unternehmen vergleichen. Weiterhin stehe zu befürchten, dass der Antragsgegner hinsichtlich des Verfahrens RN 4 K 25.663 durch die Interimsbeauftragung der Beigeladenen vollendete Tatsachen schaffe, Da mit der Interimsvergabe an die Beigeladene Anlaufkosten für die Eröffnung der Rettungswache der Beigeladenen in R. von der zehnjährigen Konzession in den Interimsauftrag „vorgezogen“ würden, sodass es der Beigeladenen im Verfahren RN 4 K 25.663 leichter falle, darzulegen, dass sie kein gegen die Vorgaben des § 60 VgV verstoßendes Unterkostenangebot abgegeben habe.
67
Die durch den Antragsgegner vorgelegte Verwaltungsakte sei offensichtlich unvollständig. Es fehlten eine Vielzahl an Unterlagen.
68
Für den Sachverhalt und das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten mit den wechselseitigen Schriftsätzen sowie die vorgelegten Behördenakten. Die Akten der Verfahren RN 4 K 25.663 und RN 4 K 25.1752 wurden beigezogen.
69
Die Anträge der Antragstellerin haben keinen Erfolg.
70
1. Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist für alle Anträge eröffnet.
71
Bei den hier seitens der Antragstellerin geltend gemachten Anträgen im Hinblick auf die interimsweise Durchführung von Rettungsdienstleistungen handelt es sich um öffentlich-rechtliche Streitigkeiten. Die flächendeckende Versorgung mit rettungsdienstlichen Leistungen ist nach Art. 1 Satz 2 BayRDG vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 eine öffentliche Aufgabe und durch einen öffentlichen Rettungsdienst sicherzustellen. Die streitgegenständliche (interimsweise) Vergabe von Rettungsdienstleistungen findet ihre Rechtsgrundlage in der öffentlich-rechtlichen Vorschrift des Art. 13 BayRDG. Nach Art. 13 Abs. 5 S.1 BayRDG kann der Träger rettungsdienstlicher Aufgaben die Durchführung des Rettungsdienstes auf anerkannte Hilfsorganisationen und andere Leistungserbringer durch öffentlich-rechtlichen Vertrag übertragen. Da die Rechtsnatur des Vertrages damit kraft Gesetzes dem öffentlichen Recht zugewiesen ist, ist die Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur (BayVGH, B. v. 23.12.2009 – 21 CE 09.3131- juris). Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht aufgrund einer abdrängenden Sonderzuweisung ausgeschlossen. Die Sonderzuweisung an die Vergabenachprüfungsinstanzen nach §§ 155, 156 Abs. 2 des vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) greift hier aufgrund der Bereichsausnahme gem. § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB bzw. Art. 10 Abs. 8 lit. g) RL 2014/23/EU nicht. Mit der Novellierung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes durch das Gesetz zur Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes und des Bayerischen Krankenhausgesetzes vom 22. April 2022 (GVBl. 2022, 132) hat der Landesgesetzgeber unter Inanspruchnahme der sog. Bereichsausnahme nach § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB das Auswahlverfahren für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen an gemeinnützige Organisationen und Vereinigungen nunmehr ausschließlich verwaltungsrechtlich ausgestaltet.
72
2. Der Antrag in Nr. 1 auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage gegen die interimsweise Durchführung des Rettungsdienstes am Standort R. ist unzulässig.
73
Für vorläufigen Rechtsschutz gegen Einzelmaßnahmen stellt die Verwaltungsgerichtsordnung in § 80 Abs. 5 den Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und in § 123 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verfügung. Rechtsschutz im Wege der letztgenannten Vorschrift kommt nach § 123 Abs. 5 VwGO nur subsidiär in Betracht. Ist daher in der Hauptsache eine Anfechtungsklage statthaft, dann ist einstweiliger Rechtsschutz regelmäßig im Wege des § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren; handelt es sich hingegen um ein Verpflichtungs- oder Leistungsbegehren, dann ist der Antrag nach § 123 VwGO statthaft (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 9). Welcher Eilrechtsbehelf im Einzelfall statthaft ist, richtet sich daher nach der in der Hauptsache zu erhebenden Klage. In Anfechtungsverfahren wird einstweiliger Rechtsschutz durch Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gewährt, bei Verpflichtungsbegehren und in allen anderen Streitigkeiten ist hingegen § 123 VwGO einschlägig (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 67). Im vorliegenden Verfahren wäre in der Hauptsache die Anfechtungsklage nicht statthaft. Zwar kann ein solcher Antrag statthaft sein, wenn zwischen den Beteiligten eines Verwaltungsrechtsverhältnisses Streit darüber besteht, ob eine Anfechtungsklage gegen eine behördliche Maßnahme kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) aufschiebende Wirkung hat. Dem Anliegen des Betroffenen, einer sogenannten faktischen Vollziehung entgegenzuwirken, wird dadurch Rechnung getragen, dass das Verwaltungsgericht in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs feststellt (vgl. BayVGH, B.v. 15.11.2018 – 21 CE 18.854).
74
a) Allerdings liegt im vorliegenden Fall mit dem für die interimsweise Durchführung des Rettungsdienstes ab 1.8.2025 mit der Beigeladenen abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrag kein Verwaltungsakt i.S.v. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG vor. Zutreffend sind zwar die Ausführungen der Antragstellerin dahingehend, dass die Vorabinformation im Rahmen des Vergabeverfahrens (Los 2) für den Standort R. vom 21.2.2025, welche mit Klage vom 21.3.2025 angegriffen wurde (RN 4 K 25.663) einen Verwaltungsakt dargestellt und der erhobenen Klage aufschiebende Wirkung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2024 – 12 CE 24.1035). Dieser Sachverhalt unterscheidet sich allerdings grundlegend von der hier vorliegenden Situation, in welcher der Antragsgegner mittels eines Änderungsvertrages den Rettungsdienst gem. Art. 13 Abs. 4 BayRDG am genannten Standort interimsweise vom 1.8.2025 bis 31.3.2026 sichergestellt hat. Zwar ist es auch insoweit zutreffend, dass sich der Antragsgegner bei der Durchführung des Rettungsdiensts für den genannten Zeitraum für die Beigeladene und damit gegen die Antragstellerin entschieden hat. Aber diesem Vertragsschluss lag insoweit gerade kein Vergabeverfahren gem. Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG zugrunde. Diesbezüglich fehlt es bereits an einer Ausschreibung, wie sie bei einer Interimsvergabe erfolgt, wie auch an entsprechenden Angeboten seitens der Antragstellerin bzw. der Beigeladenen. Bereits vor diesem Hintergrund hat sich der Antragsgegner, anders als im Vergabeverfahren für die zehnjährige Konzession am benannten Standort auch nicht gegen ein Angebot der Antragstellerin entschieden. Vielmehr hat sich der Antragsgegner im Rahmen seines ihm zustehenden Ermessens zur Sicherstellung des Versorgungsauftrages gem. Art. 5 Abs. 1 BayRDG für eine Interimsbeauftragung gem. Art. 13 Abs. 4 BayRDG mit der Beigeladenen entschieden. Auch wenn die Antragstellerin und die Beigeladene Konkurrentinnen sind, liegt dennoch mangels durchgeführten Vergabeverfahrens und daraufhin abgegebener Angebote der Konkurrenten nicht die einer Konkurrentenklage vergleichbare Situation vor. Infolgedessen findet sich auch keine Ablehnung eines Angebotes durch den Antragsgegner, sodass es gegenüber der Antragstellerin insoweit an einer Regelung fehlt und gerade kein janusköpfiger Verwaltungsakt angenommen werden kann. Eine Regelung in diesem Sinne ist auf die Bewirkung einer Rechtsfolge, also der Begründung, Aufhebung, Änderung, Feststellung oder Ablehnung von Rechten oder Pflichten des Betroffenen gerichtet. Entscheidend ist, dass die Maßnahme ihrem objektiven Sinngehalt nach dazu bestimmt ist, Außenwirkung zu entfalten, nicht aber davon, wie sie sich im Einzelfall auswirkt (vgl. BVerwG, U. v. 15.2.1989 – 6 A 2/87, juris). Allein die Information, dass der mit der Antragstellerin bestehende Interimsvertrag tatsächlich wie vereinbart, zum 31.7.2025 endet, ist gerade nicht auf Bewirkung einer Rechtsfolge gerichtet und soll in diesem Sinn auch keine Außenwirkung entfalten, sodass dieser eine Regelung i.S.v. Art. 35 BayVwVfG nicht entnommen werden kann.
75
Auch wenn man berücksichtigt, dass nach der Gesetzesbegründung für das Bayerische Rettungsdienstgesetz bei allen Überlegungen das Ziel Vorrang hat, die rettungsdienstliche Versorgung der bayerischen Bevölkerung auch in Zukunft sicherzustellen und dabei mit den vorhandenen Ressourcen wirtschaftlich und sparsam umzugehen (vgl. Drucks. 15/10391, Seite 3) wird deutlich, dass in Art. 13 Abs. 4 BayRDG den für den Rettungsdienst verantwortlichen Personen eine Möglichkeit an die Hand gegeben werden sollte, schnell ohne Durchführung eines Auswahlverfahrens auf unwesentliche Änderungen reagieren zu können. Dies würde aber gerade konterkariert, wenn auch in dieser Vorgehensweise letztlich eine Auswahlentscheidung vergleichbar eines tatsächlich durchgeführten Auswahlverfahrens nach Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG hineingelesen werden würde, mit der Folge, dass auch bei nur unwesentlichen Änderungen bestehender Einrichtungen des Rettungsdiensts immer eine Auswahlentscheidung getroffen und den Beteiligten bekannt gegeben werden müsste und infolgedessen Rechtschutz nach Art. 42 VwGO in Anspruch genommen werden könnte.
76
b) Aber selbst wenn man einen Verwaltungsakt annehmen wollte, wäre der Antrag gleichwohl unzulässig, da ein Feststellungsinteresse der Antragstellerin abzulehnen ist.
77
Ein solches Feststellungsinteresse könnte zwar grundsätzlich damit begründet werden, dass die Antragstellerin erreichen möchte, dass die mit der Beigeladenen am 27.6.2025 geschlossene Änderungsvereinbarung zum öffentlich-rechtliche Vertrag über die interimsweise Durchführung des Rettungsdienstes am Standort R. als Vollzugsfolge der nach ihrer Ansicht getroffenen Auswahlentscheidung in entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO rückgängig gemacht wird (vgl. BayVGH B.v. 15.11.2018 – 21 CE 18.854 – BeckRS 2019, 29069 Rn. 48). Insoweit ist aber festzustellen, dass ein solcher Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch auf Aufhebung oder Kündigung der Änderungsvereinbarung vom 27.6.2025 mit der Beigeladenen von der Antragstellerin nicht ausdrücklich gestellt wurde. Zwar wurde die Aussetzung der Vollziehung beantragt, insoweit liegt aber als Vollzugsfolge vorliegend nicht lediglich die Vollziehung der Auswahlentscheidung vor (wenn man davon ausgehen sollte, dass eine solche gegeben ist und einen Verwaltungsakt darstellt), sondern darüber hinaus weitergehend eine abgeschlossene Änderungsvereinbarung vom 27.6.2025 vor. Ein bereits abgeschlossener öffentlich-rechtlicher Vertrag kann insoweit aufgrund des Gegenseitigkeitsverhältnisses nicht einseitig außer Vollzug gesetzt werden, anders als dies bei einem Verwaltungsakt der Fall wäre. Der seitens der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 28.7.2025 als Nr. 8 beantragte Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruch kann insoweit ihre Rechtsposition nicht verbessern.
78
3. Wenn man zugunsten der Antragstellerin im Rahmen der Auslegung gem. §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO des mit Schriftsatz vom 28.7.2025 als Nr. 8 beantragten Vollzugsfolgenbeseitigungsanspruchs davon ausgehen sollte, dass dieser analog § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO auf Kündigung der Änderungsvereinbarung vom 27.6.2025 gerichtet ist, führt auch dieser nicht zum Erfolg, da dem Antragsgegner nicht aufgegeben werden kann, den Vertrag mit der Antragstellerin zu kündigen.
79
Zum einen sieht der öffentlich-rechtliche Vertrag zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen keine Kündigungsmöglichkeit vor. Zum anderen ist dieser Vertrag wirksam zustande gekommen (dazu a)) und nicht nichtig (dazu b)).
80
a) Der Vertrag ist insbesondere nicht mangels erforderlicher Zustimmung der Antragstellerin gemäß Art. 58 Abs. 1 BayVwVfG unwirksam. Zweck dieser Vorschrift ist es, zu verhindern, dass die bei Erlass eines Verwaltungsakts mit Drittwirkung bestehende Anfechtungsmöglichkeit des betroffenen Dritten dadurch umgangen wird, dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag abgeschlossen wird. Dies setzt voraus, dass durch den Regelungsgehalt des Vertrags in eine bestehende materiell-rechtliche Position eines Dritten eingegriffen wird, was hier nicht der Fall ist. Mit dem streitgegenständlichen Vertrag wurde lediglich die Erbringung von Dienstleistungen durch die Beigeladene vereinbart, so dass der Vertrag selbst keine belastenden Auswirkungen für die Antragstellerin mit sich bringt. Diese ist nur durch eine Minderung ihrer Erwerbschancen aufgrund des Abschlusses des mit der Beigeladenen statt mit ihr abgeschlossenen Vertrags indirekt betroffen. Auf solche Wettbewerbs- bzw. Konkurrenzsituationen bei der Vergabe von Aufträgen ist diese Vorschrift nicht anwendbar (vgl. VG Bayreuth, U.v. 11.12.2012 – B 1 K 12.445 –, Rn. 88); VG Ansbach, B.v. 10.4.2018 – AN 14 E 18.200 – BeckRS, 22396 Rn. 78).
81
b) Eine Nichtigkeit i.S.v. Art. 59 BayVwVfG liegt ebenfalls nicht vor. Zwar bestehen rechtliche Bedenken im Hinblick auf die mit der Beigeladenen am 27.6.2025 abgeschlossenen Änderungsvereinbarung, da eine Interimsvergabe gem. Art. 13 Abs. 4 Satz 1 BayRDG ohne Durchführung eines Auswahlverfahrens nach Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG nur dann rechtmäßig wäre, wenn eine bestehende Einrichtung des Rettungsdienstes unwesentlich geändert oder erweitert wird. Insoweit hat das Gericht erhebliche Zweifel, dass ein Wechsel des Leistungserbringers an einem Rettungsdienststandort mit der Folge einer neuen Örtlichkeit an einer neuen Adresse, mit neuem Personal und Material (u.a. auch ein neu genehmigter RTW) noch als unwesentlich im Sinne des Gesetzes angesehen werden kann. Insoweit sieht aber Art. 59 BayVwVfG die wolle Wirksamkeit auch rechtswidriger öffentlich-rechtlicher Verträge vor, wenn keine der genannten Nichtigkeitsgründe einschlägig sind (vgl. Spieth/Hellerman in: BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, Stand: 1.4.2025, § 59 Rn. 1 f). Anhaltspunkte dafür, dass der Vertrag nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nichtig wäre, weil er gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen würde, sittenwidrig wäre, gegen Formvorschriften verstoße oder anfechtbar wäre, sind aber weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine Nichtigkeit nach Art. 59 Abs. 2 BayVwVfG scheidet schon von vornherein aus, da es sich bei dem öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Beigeladenen gem. Art. 13 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 BayRDG nicht um einen Subordinationsvertrag handelt (vgl. Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, November 2024, § 59 VwVfG, Rn. 131).
82
4. Über die Anträge in Nr. 2 und 3 war insoweit nicht zu entscheiden, da diese nur unter der innerprozessualen Bedingung gestellt waren, dass eine Entscheidung im einstweiligen Rechtschutz nicht vor dem 1.8.2025 getroffen werden kann. Insoweit erübrigt sich aufgrund der Bezugnahme zu Nr. 2 auch eine Entscheidung über den Antrag in Nr. 7.
83
5. Die Anträge in Nr. 4 und 5 sind insoweit zwar als Anträge gem. § 123 Abs. 1 VwGO zulässig, haben allerdings im Ergebnis keinen Erfolg.
84
a) Die Anträge sind zulässig.
85
Zwar kommt ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 5 VwGO nur subsidiär in Betracht. Allerdings ist, wie bereits unter Nr. 2 ausgeführt, in der Hauptsache eine Anfechtungsklage nicht statthaft. Vielmehr ist das Begehren der Antragstellerin, einen öffentlichrechtlichen Vertrag mit dem Antragsgegner abzuschließen bzw. dem Antragsgegner die interimsweise Durchführung des Rettungsdiensts ohne Durchführung eines Auswahlverfahrens zu untersagen, in der Hauptsache im Wege der Leistungs- bzw. Unterlassungsklage durchzusetzen.
86
b) Die Anträge sind unbegründet.
87
Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ist nur begründet, wenn die Antragstellerin gemäß § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Tatsachen glaubhaft gemacht hat, aus denen sich der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund ergeben. Dabei bezeichnet der Anordnungsanspruch denjenigen materiellrechtlichen Anspruch, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird (BVerwG, B.v. 21.1.1994 – 7 VR 12/93 – NVwZ 1994, 370). Ergibt eine summarische Prüfung des betreffenden Begehrens, dass der Antragsteller in der Hauptsache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, dann ist das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs zu bejahen (BVerfG, B.v. 25.10.1998 – 2 BvR 745/88 – NJW 1989, 827; BayVGH, B.v. 23.7.2012 – 11 AE 12.1013 – juris Rn. 27). Der Anordnungsgrund ergibt sich aus der Notwendigkeit, schon vor einer gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache Rechtsschutz zu gewähren (BayVGH, B.v. 19.2.2018 – 10 CE 17.2258 – juris Rn. 7). Wird die Anordnung zur Sicherung eines bestehenden Zustands begehrt, dann ist ein Anordnungsgrund gegeben, wenn durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Soll die gerichtliche Entscheidung hingegen zur vorläufigen Regelung eines streitigen Rechtsverhältnisses erfolgen, dann ist ein Anordnungsgrund zu bejahen, wenn die Anordnung nötig ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, dann ist abschließend zu beachten, dass die einstweilige Anordnung die Entscheidung in der Hauptsache in der Regel nicht endgültig vorwegnehmen darf (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 66a).
88
Die Antragstellerin hat insoweit aber weder einen Anordnungsanspruch (dazu aa)), noch einen Anordnungsgrund (dazu bb)) glaubhaft machen können (§ 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO).
89
aa) Im vorliegenden Fall fehlt es der Antragstellerin an einem Anordnungsanspruch sowohl für den Antrag in Nr. 4 auf interimsweise Beauftragung zum Betrieb eines Rettungswagens am Standort R. bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, wie auch für Nr. 5 auf Unterlassung einen Dritten oder die Beigeladene interimsweise zum Betrieb eines Rettungswagens am vorgenannten Standort ohne ein entsprechendes Auswahlverfahren gem. Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG zu beauftragen.
90
Dem Antragsgegner obliegt es im Rahmen eines Auswahlermessens, ob er seinen Sicherstellungauftrag aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 BayRDG durch Durchführung einer Interimsvergabe oder nach Art. 13 Abs. 4 BayRDG in Form einer unwesentlichen Änderung oder Erweiterung der bestehenden Dienstleistungskonzessionen nachkommt (vgl. BayVGH, 26.7.2024 – 12 CE 24.1035, Rn. 30). Art. 13 Abs. 4 Satz 1 BayRDG begründet insoweit keinen Anspruch der Antragstellerin auf Abschluss eines öffentlich-rechtlich Vertrages nur mit der Antragstellerin. Eine Ermessensreduktion auf Null, dass nur dann der Rettungsdienst am Standort R. sichergestellt wäre, liegt nicht vor. Zwar mag es zutreffend sein, dass es auf den ersten Blick sich einfacher gestaltet, dass die Antragstellerin, die bereits den Rettungsdienst am Standort R. interimsweise sichergestellt hat, diese Leistung auch weiterhin erbringt. Allerdings sind die Erwägungen des Antragsgegners, welche gemeinnützige Organisation herangezogen wird, nicht zu beanstanden, sodass die getroffene Ermessensentscheidung nicht zu beanstanden ist.
91
Auch kann aus Art. 13 BayRDG kein subjektives Recht eines einzelnen abgeleitet werden, dass zwingend ein Auswahlverfahren für den Interimsbetrieb gem. Art. 13 Abs. 2 und 3 BayRDG hätte durchgeführt werden müssen. Zwar ist es der Antragstellerin zuzugeben, dass ein Durchführendenwechsel an einem Standort keine unwesentliche Änderung oder Erweiterung eines Vertrages darstellt, insbesondere, wenn insoweit neue Personen den Rettungsdienst durchführen und ein neuer Rettungswagen erst genehmigt werden muss. Gleichwohl obliegt es dem Antragsgegner zu entscheiden, ob er seinen Sicherstellungsauftrag aus Art. 5 BayRDG durch Durchführung einer Interimsvergabe oder nach Art. 13 Abs. 4 BayRDG in Form einer unwesentlichen Änderung oder Erweiterung der bestehenden Dienstleistungskonzessionen nachkommt (vgl. BayVGH, B.v. 26.7.2024 – 12 CE 24.1035).
92
bb) Unabhängig davon konnte die Antragstellerin jedenfalls keinen Anordnungsgrund glaubhaft machen, da eine Regelungsanordnung, wie in Nr. 4 bzw. Nr. 5 beantragt zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder einer Gefahr nicht erforderlich ist.
93
Für die Antragstellerin ist eine solche Interimsbeauftragung der Beigeladenen – selbst wenn sie zu Unrecht vom Antragsgegner veranlasst worden wäre, die Antragstellerin hierbei zu Unrecht nicht in den Kreis der kontaktierten Bewerber miteinbezogen worden wäre und/oder der hierfür gewählte Zeitraum unangemessen lang wäre – lediglich mit finanziellen Einbußen für die Dauer der Interimsbeauftragung verbunden. Ein endgültiger Verlust der dem Hauptauswahlverfahren vorbehaltenen zehnjährigen Konzession, der ihrer Auffassung nach an sie hätte vergeben werden müssen, droht ihr hierdurch gerade noch nicht. Dass die mit der Interimsbeauftragung einhergehenden finanziellen Einbußen die Antragstellerin in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährden würden, hat sie weder vorgetragen noch ist dies angesichts dessen, dass die Antragstellerin an einer Vielzahl weiterer Standorte aufgrund von Konzessionen Rettungsdienstleistungen erbringt, sonst ersichtlich. Derartige irreversible Folgen dürften jedoch erforderlich sein, um die begehrte vorläufige Regelungsanordnung zu rechtfertigen (Vgl. OVG NRW, B. v. 18. 8. 2022 – 13 B 851/22- juris Rn. 9; BayVGH B.v. 26.7.2024 – 12 CE 24.1035 Rn. 30; VG Ansbach, B.v. 10.4.2018 – AN 14 E 18.200 – BeckRS 2018, 22396 Rn. 86). Zudem ist zu beachten, dass jedenfalls bei Erfolg des Antrages in Nr. 5 einerseits die Rechtstellung der Antragstellerin nicht verbessert werden kann, da selbst bei zukünftiger Unterlassung einer Interimsbeauftragung ohne Durchführung eines Auswahlverfahrens noch immer der öffentlich-rechtliche Vertrag mit der Beigeladenen besteht und anderseits die rettungsdienstliche Versorgung der Bevölkerung jedenfalls ab 1.8.2025 nicht mehr gesichert wäre (vgl. VG Ansbach B.v. 10.4.2018 – AN 14 E 18.200 – BeckRS 2018, 22396 Rn. 86).
94
6. Soweit die Antragstellerin erreichen möchte, dass der Antragsgegner bis zu einer Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache verpflichtet wird, weitere die geltend gemachte Rechtsposition der Antragstellerin beeinträchtigende Handlungen zu unterlassen (Antrag Nr. 6) bleibt auch dieser ohne Erfolg. Unabhängig von der Frage der Bestimmtheit eines solchen Antrages besteht schon kein schützenswertes Interesse der Antragstellerin, weil nach allem nicht ersichtlich ist, welche weitere Handlungen des Antragsgegners nach Abschluss der Interimsvereinbarung mit der Beigeladenen drohen, die die geltend gemachte Rechtsposition der Antragstellerin beeinträchtigen können.
95
7. Der Antrag gem. § 100 VwGO, die Akten des Antragsgegners vorzulegen, soweit die die Interimsvergabe betreffen, hat insoweit keinen Erfolg, da die Akten wie beantragt bereits vorgelegt wurden Soweit die Antragstellerin ausführt, dass die Akten unvollständig seien, kann auch dies dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen, da weitere Unterlagen aus Sicht des Gerichts für die vorgenannte Entscheidung nicht erforderlich waren.
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Selbst wenn man den Antrag der Antragstellerin, als Antrag gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO auf Feststellung, ob die Verweigerung der uneingeschränkten Vorlage der Akten des Auswahlverfahrens rechtmäßig sei, auslegen wollte, bliebe auch dieser ohne Erfolg. Eine vollständige Aktenvorlage ist für die Eilentscheidung nicht erforderlich, wie sich aus dem vorstehenden Ausführungen ergibt, sodass die vorgelegten Akten nicht dem zuständigen Fachsenat zugeleitet werden mussten.
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8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht vorliegend billigem Ermessen, der Beigeladenen ihre außergerichtlichen Kosten zu ersetzen, da sie eigene Anträge gestellt hat und damit das Risiko einer eigenen Kostentragungspflicht eingegangen ist (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
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9. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m § 52 Abs. 2 GKG unter Berücksichtigung von Nr. 1.5 und 16.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025.