Titel:
Erfolgloser Eilantrag gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung im Zusammenhang mit dem Ausbau eines Bahnhofs
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3a, Abs. 5 S. 1 Alt. 1, § 80a Abs. 3 S. 1, S. 2, § 113 Abs. 1 S. 1
AEG § 21 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 4 S. 5, Abs. 6, Abs. 7 S. 2
BayEG Art. 39
Leitsätze:
1. Im Besitzeinweisungsverfahren ist nicht die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Planfeststellung zu prüfen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der sofortige Beginn von Bauarbeiten ist iSv § 21 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 AEG geboten, wenn das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Beginn der Ausführung des Vorhabens das Interesse des Betroffenen im Rahmen einer Abwägung überwiegt. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Weigerung iSv § 21 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 AEG liegt vor, wenn der Vorhabenträger dem Eigentümer oder Besitzer durch ein entsprechendes Angebot die Möglichkeit eröffnet, die Überlassung des Besitzes durch Vereinbarung unter Vorbehalt sämtlicher Entschädigungsansprüche herbeizuführen, und dieser das Angebot nicht annimmt. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine vorzeitige Besitzeinweisung ist zwar Teil der Vollziehung eines Planfeststellungsbeschlusses; sie dient jedoch selbst nicht der Vollzugskontrolle. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Vorzeitige Besitzeinweisung, Verhandlungsgebot, (Kein) konkretes Entschädigungsangebot im Besitzeinweisungsverfahren, Eingriff in die Substanz des Eigentums auf Basis einer vorläufigen Besitzeinweisung, Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, vorzeitige Besitzeinweisung, Eisenbahn, Hauptbahnhof Ausbau, sofortiger Baubeginn, Überwiegen des Interesses der Allgemeinheit, Weigerung, Vereinbarung unter Vorbehalt sämtlicher Entschädigungsansprüche, Ablehnung Angebot, Anforderungen an das Verhandlungsgebot, vorübergehende Inanspruchnahme, Ermittlung Grundstückszustand, Zwischenverfügung, Erledigung, barrierefreier Ausbau, Grundstückstausch, Streitwert für vorzeitige Besitzeinweisung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 21163
Tenor
I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 16. Juni 2025 gegen den Besitzeinweisungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 6. Juni 2025 wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird auf 16.300 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Besitzeinweisungsbeschluss der Antragsgegnerin, der im Zusammenhang mit einem Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamts nach § 18 Abs. 1 AEG zugunsten der beigeladenen Vorhabensträgerin erlassen wurde.
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Mit Planfeststellungsbeschluss vom 7. Februar 2024 stellte das Eisenbahn-Bundesamt den Plan bezüglich des Vorhabens „Barrierefreier Ausbau der Bahnsteige in Kempten (Allgäu) in der Stadt Kempten (Allgäu)“ fest. Vorhabengegenstand ist u.a. der Rück- und Neubau der Bahnsteige und der zugehörigen Bahnsteigdächer.
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Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 2369/1 der Gemarkung Kempten. Das Grundstück grenzt unmittelbar an den östlich gelegenen Hauptbahnhof bzw. an den Bahnsteig A / Hausbahnsteig und ist mit einer ehemals von der Bundespost genutzten Immobilie bebaut, welche die Antragstellerin nun gewerblich nutzt. Im Südosten des Grundstücks der Antragstellerin befindet sich eine unmittelbar an das Hauptgebäude angrenzende Überdachung, die zugleich einen Teil des sich auf mehrere Flurstücke erstreckenden Hausbahnsteigdaches (sog. Wetterschutzdach, ca. 443 m²) bildet. Die sich auf ihrem Grundstück befindliche überdachte Fläche nutzt die Antragstellerin laut eigenen Angaben als Park- und Lagerfläche; der Zugang bzw. die Zufahrt erfolgten bisher von Norden/Nordosten.
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Nach dem Planfeststellungsbeschluss sollen zwei Teilflächen des Grundstücks für das Vorhaben in Anspruch genommen werden: Eine rund 22 m² große Teilfläche, in den als Unterlage 5.1a und 5.2 planfestgestellten Grunderwerbsplänen als Fläche 05 dargestellt, soll laut Planfeststellungsbeschluss dauerhaft in Anspruch genommen werden, um einen Umbau bzw. Teilrückbau der Dachkonstruktion des Hausbahnsteigs zu ermöglichen. Soweit das Dach am Hausbahnsteig sich auf dem Grundstück der Antragstellerin befindet, soll es (da die Antragstellerin einen Rückbau „ihres“ Dachteils abgelehnt hat) laut Planfeststellungsbeschluss belassen und im Übrigen, soweit es sich auf Grundstücksflächen der Beigeladenen (im Folgenden: Bahngrund) befindet, rückgebaut werden. Dazu sieht der Planfeststellungsbeschluss eine Unterfangung des Dachteils der Antragstellerin per Stahlträgerkonstruktion vor, deren Träger, Stützen und Fundamente teilweise auf Bahngrund liegen. Insoweit ist eine dingliche Sicherung zugunsten der Antragstellerin vorgesehen. Die für einen Teilrückbau des Dachs statisch/technisch maßgeblichen Bauwerksfugen stimmen allerdings nicht mit der derzeitigen gemeinsamen Grundstücksgrenze überein. Daher soll das derzeitige Dach an den Bauwerksfugen, die der gemeinsamen Grundstücksgrenze am nächsten liegen, getrennt und die gemeinsame Grundstücksgrenze durch einen Grundstückstausch an die neue „Dachgrenze“ (als dem Abschluss des Dachs, das auf dem Grundstück der Antragstellerin verbleibt) angepasst werden. Hierfür ist eine Übertragung der Fläche 05 von der Antragstellerin an die Beigeladene erforderlich. Die Antragstellerin soll im Tausch für Fläche 05 die rund 83,36 m² große Fläche 04 von der Beigeladenen erhalten.
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Eine zweite, rund 425 m² umfassende überdachte Teilfläche, die (im Eigentum der Antragstellerin stehende und von ihr als Park-/Lagerfläche genutzte) Fläche 01, soll laut Grunderwerbslageplänen vorübergehend (v.a. zur Baustelleneinrichtung) in Anspruch genommen werden.
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Gegen den Planfeststellungsbeschluss erhob die Antragstellerin am 11. März 2024 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Az. 22 A 24.40009), über die noch nicht entschieden wurde. Das Klageverfahren wurde ruhend gestellt, nachdem die Beteiligten dies unter Verweis auf laufende außergerichtliche Verhandlungen übereinstimmend beantragt hatten. Gegenstand dieser Verhandlungen war u.a. auch eine freiwillige Besitzüberlassung der Fläche 01. Zuletzt hatte die Beigeladene der Antragstellerin dazu am 17. April 2025 den Entwurf einer Bauerlaubnisvereinbarung übersandt, den die Antragstellerin mit umfangreichen Änderungsvorschlägen versehen der Antragstellerin zurückgab.
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Mit Schreiben vom 30. April 2025 beantragte die Beigeladene daraufhin bei der Antragsgegnerin nach § 21 AEG ihre vorzeitige Einweisung in den Besitz der beiden Teilflächen mit Wirkung ab dem dritten auf die Zustellung des Besitzeinweisungsbeschlusses folgenden Werktag.
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Am 28. Mai 2025 fand anlässlich des Besitzeinweisungsantrags ein Gütetermin bei der Antragsgegnerin statt; am 5. Juni 2025 wurde der Antrag mündlich verhandelt.
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Am 6. Juni 2025 erließ die Antragsgegnerin den streitgegenständlichen Besitzeinweisungsbeschluss. Damit wurde die Beigeladene mit Wirkung ab dem dritten auf die Zustellung des Beschlusses folgenden Werktag in den Besitz der Fläche 05 (Nr. B.1. des Tenors) und, insoweit befristet bis 20. Juni 2027, in die Fläche 01 (Nr. B.2. des Tenors) eingewiesen. Der Beigeladenen (Antragstellerin im Besitzeinweisungsverfahren) wurde zudem auferlegt, den Zugang und Ausgang der Antragstellerin (= Antragsgegnerin im Besitzweinweisungsverfahren) über eine Fluchttür im Gebäude der Antragstellerin zu Fläche 01 während der Bauphase herzustellen und zu gewährleisten (Nr. B.3. des Tenors). Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 11. Juni 2025 zugestellt.
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Am 16. Juni 2025 erhob die Antragstellerin Klage (aufgrund der diesbezüglichen Rechtsbehelfsbelehrung im Besitzeinweisungsbeschluss) zunächst zum Verwaltungsgericht Augsburg. Dieses verwies die Klage wie auch den von der Antragstellerin zugleich gestellten vorliegenden Eilantrag jeweils mit Beschluss vom 20. Juni 2025 an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die aufschiebende Wirkung der Klage vom 16. Juni 2025 gegen den Besitzeinweisungsbeschluss der Antragsgegnerin vom 6. Juni 2025 anzuordnen.
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Zudem beantragte sie eine Zwischenverfügung (Hängebeschluss).
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Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen jeweils, den Antrag abzulehnen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten verwiesen.
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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Besitzeinweisungsbeschluss der Antragsgegnerin bleibt ohne Erfolg.
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Für die Entscheidung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist der Verwaltungsgerichtshof erstinstanzlich zuständig (allerdings ausschließlich aufgrund § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO, d.h. ohne Rückgriff auf § 48 Abs. 1 Satz 3 VwGO i.V.m. Art. 5 AGVwGO; vgl. dazu zur vergleichbar bundesrechtlich geregelten Besitzeinweisung nach § 29a PBefG BayVGH, B.v. 5.11.2024 – 22 AS 24.40034 – juris Rn. 16 m.w.N.).
18
Der Antrag ist zulässig; insbesondere wurde er innerhalb der Frist des § 21 Abs. 7 Satz 2 AEG gestellt und (durch Schriftsätze vom 18. und 27. Juni 2025) begründet.
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1. Der Antrag ist unbegründet.
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Das Gericht kann gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs auf Antrag anordnen, wenn das Interesse des Antragstellers am vorläufigen Aufschub der Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts das Interesse des begünstigten Dritten an seiner sofortigen Vollziehung überwiegt; dafür ist maßgeblich auf die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs abzustellen (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80a Rn. 23). Vorliegend muss das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage hinter das Vollzugsinteresse der Beigeladenen zurücktreten, weil die Klage der Antragstellerin aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird. Nach summarischer Prüfung ist der vorzeitige Besitzeinweisungsbeschluss der Antragsgegnerin rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Dabei ist der Senat auf die Prüfung der binnen der Begründungsfrist des § 21 Abs. 7 Satz 2 AEG vorgetragenen Gründe beschränkt (vgl. BVerwG, B.v. 15.6.2021 – 4 VR 6.20 – juris Rn. 6 zur Parallelnorm des § 43b Abs. 1 Satz 2 EnWG). Der Senat entscheidet zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und nach entsprechender Anhörung der Antragstellerin noch vor Ablauf der (Begründungs-)Frist des § 21 Abs. 7 Satz 2 AEG.
22
Formelle Fehler im Besitzeinweisungsverfahren und Besitzeinweisungsbeschluss sind nicht vorgetragen.
23
Das Vorbringen der Antragstellerin begründet voraussichtlich auch keine Rechtswidrigkeit des Beschlusses in materieller Hinsicht.
24
Eine vorzeitige Besitzeinweisung nach § 21 Abs. 1 AEG setzt neben dem hier unstreitig gegebenen, nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a VwGO sofort vollziehbaren Planfeststellungsbeschluss vom 7. Februar 2024 (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 2 AEG) voraus, dass der sofortige Beginn von Bauarbeiten geboten ist und der Eigentümer oder Besitzer sich weigert, den Besitz des für den Bau benötigten Grundstücks durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche zu überlassen (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 AEG). Weiterer Voraussetzungen bedarf es nicht (§ 21 Abs. 1 Satz 3 AEG); insbesondere ist im Besitzeinweisungsverfahren nicht die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Planfeststellung zu prüfen (BayVGH, B.v. 9.3.2020 – 8 AS 19.40041 – juris Rn. 29 zur „Parallelnorm“ § 71a WHG; B.v. 13.5.2013 – 22 AS 13.40009 – juris Rn. 13 zur „Parallelnorm“ § 44b EnWG).
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Die insoweit von der Antragstellerin vorgetragenen Einwände bezüglich eines gebotenen sofortigen Baubeginns (dazu 1.1) und einer (behaupteten) fehlenden Weigerung, den Besitz durch Vereinbarung zu überlassen (dazu 1.2), greifen nicht durch. Auch die übrigen Einwände der Antragstellerin führen nicht zur Rechtswidrigkeit des Besitzeinweisungsbeschlusses (dazu 1.3).
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1.1 Der sofortige Baubeginn i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AEG ist geboten.
27
Der sofortige Beginn von Bauarbeiten ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung dann geboten, wenn das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Beginn der Ausführung des Vorhabens das Interesse des Betroffenen im Rahmen einer Abwägung überwiegt (BVerwG, B.v. 22.2.2024 – 11 VR 3.24 – juris Rn. 21 zu § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG; OVG NW, B.v. 16.9.2010 – 11 B 1179.10 – juris Rn. 19).
28
1.1.1 Die Antragstellerin trägt insoweit unter Verweis (auch) auf Art. 39 BayEG vor, dass die vom Vorhabenträger gegenüber der Enteignungsbehörde substantiiert und nachvollziehbar darzulegende Dringlichkeit der beabsichtigten Maßnahme (gemäß BayVGH, U.v. 11.9.2002 – 8 A 02.40028 – juris) nicht gegeben sei. Die bereits veranlasste Ausschreibung als bloßes fiskalisches Interesse genüge insoweit nicht (unter Verweis auf BayVGH, U.v. 29.11.2019 – 8 A 19.40015 – juris). Die Beigeladene habe sich die Dringlichkeit selbst geschaffen, indem sie trotz anhängigem Klageverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss, ohne gesicherten Zugriff auf das Grundstück der Antragstellerin und ohne Einigung mit dieser die Ausschreibung gestartet und entsprechende Bauzeiten festgelegt habe. Zudem sei nicht nachgewiesen, warum die Flächen der Antragstellerin für das weitere Bauvorhaben entscheidend seien bzw. warum die Arbeiten am Bahnsteigdach nicht zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden könnten.
29
1.1.2 Dem ist nicht zu folgen; der sofortige Baubeginn ist geboten i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 AEG.
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Soweit die Antragstellerin mit der „Dringlichkeit“ nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayEG argumentiert, ist zunächst festzuhalten, dass sich der Wortlaut des hier einschlägigen § 21 Abs. 1 Satz 1 AEG vom Wortlaut des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 AEG unterscheidet. Da das BayEG nach § 21 Abs. 9 AEG nur „im Übrigen“, also soweit gilt, wie das AEG selbst keine (nach Art. 31 GG vorrangige) Regelung enthält, sind die materiell-rechtlichen (einfachgesetzlichen) Voraussetzungen für die Besitzeinweisung insoweit abschließend in § 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 AEG geregelt (so auch § 21 Abs. 1 Satz 3 AEG). Ein Rückgriff auf Art. 39 BayEG verbietet sich jedenfalls insoweit, als die Antragstellerin daraus möglicherweise strengere Voraussetzungen des Gebotenseins der Besitzeinweisung ableiten möchte (vgl. dazu zur „Parallelnorm“ § 18f FStrG BayVGH, B.v. 10.3.2022 – 8 AS 22.40002 -juris Rn. 25).
31
Nach den Darlegungen der Beigeladenen im Besitzweisungsverfahren und ergänzend mit Schriftsatz vom 26. Juni 2025 spricht alles dafür, dass der sofortige Baubeginn (bezogen auf Fläche 01 und Fläche 05) im Interesse der Allgemeinheit geboten ist. Der barrierefreie Ausbau des Hauptbahnhofs soll aufgrund einer Planungsvereinbarung mit dem Freistaat Bayern und als Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege dem in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3a VwGO zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Willen folgend grundsätzlich beschleunigt vollzogen werden. Zu diesem (allgemeinen) öffentlichen Interesse an der zeitnahen Realisierung tritt vorliegend ein spezifisches weiteres öffentliches Interesse hinzu (vgl. zu diesem Erfordernis auch VGH BW, B.v. 14.12.2016 – 5 S 1920/16 – juris Rn. 20), das einen sofortigen Baubeginn gebietet. Notwendige Vor- und Bauarbeiten auf den betroffenen Grundstücken standen zum Zeitpunkt des Besitzeinweisungsbeschlusses nach dem Bauablaufplan des Vorhabenträgers (vgl. S. 288 der Behördenakte) unmittelbar bevor; die entsprechenden Vergabeentscheidungen wurden bereits getroffen und die Bauarbeiten hatten insgesamt (an anderer Stelle) bereits begonnen. Die Beigeladene war angesichts des öffentlichen Interesses an der Vorhabenrealisierung und der intensiven Einigungsversuche mit der Antragstellerin auch nicht verpflichtet, mit der Ausschreibung und der Festsetzung der Bauzeiten weiter abzuwarten (vgl. zum Aspekt, dass selbst anstehende Vergabeentscheidungen als notwendige Vorarbeiten zu werten sein können, BayVGH, B.v. 9.3.2020 – 8 AS 19.40041 – juris Rn. 33). Bereits im Antrag auf Besitzaufweisung vom 30. April 2025 (S. 176 ff. der Behördenakten) hat die Beigeladene zudem schlüssig dargelegt, dass die Flächen (v.a. Fläche 01) für die Fortsetzung der Bauarbeiten (vgl. dazu VGH BW, B.v. 14.12.2016 – 5 S 1920/16 – juris Rn. 20), etwa zum Einbau der neuen Entwässerungseinrichtung des Hausbahnsteigs, aber auch insgesamt zur Erreichbarkeit der eigentlichen Arbeitsstätten (auch auf Bahngrund) unabdingbar sind. Dies ist schlüssig, zumal beide Flächen unmittelbar an den Hausbahnsteig grenzen. Ein Teilrückbau des Daches – das über der Fläche 01 situiert ist – kann ohne Inanspruchnahme der Fläche 05 nicht erfolgen. Ohne vorzeitige Besitzeinweisung in diese beiden Flächen drohen somit erhebliche Nachteile, auch in Form erheblicher zeitlicher Verzögerungen (vgl. BVerwG, B.v. 22.1.2024 – 11 VR 3.24 – juris Rn. 20). Laut Bauablaufplan (dort lfd.Nr. 12 bis 18) sind sog. Sperrpausen und insbesondere eine Vollsperrung des (am Hausbahnsteig gelegenen) Gleis 1 von 1. April 2025 bis 1. August 2025 vorgesehen. Sollten die begonnenen Bauarbeiten nicht korrelierend zu diesen Sperren fortgesetzt und innerhalb des dafür vorgesehenen Zeitfenster abgeschlossen werden können, sind auch insofern erheblich negative Auswirkungen auf den Betriebsablauf des Hauptbahnhofs zu erwarten. All dies unterstreicht das spezifische öffentliche Interesse am bzw. die Gebotenheit des sofortigen Baubeginns.
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1.2 Die Antragstellerin hat sich i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AEG geweigert, der Beigeladenen durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche den Besitz an den benötigten Flächen freiwillig zu überlassen.
33
Eine Weigerung in diesem Sinne liegt vor, wenn der Vorhabenträger dem Eigentümer oder Besitzer durch ein entsprechendes Angebot die Möglichkeit eröffnet, die Überlassung des Besitzes durch Vereinbarung unter Vorbehalt sämtlicher Entschädigungsansprüche herbeizuführen, und dieser das Angebot nicht annimmt (vgl. BVerwG, B.v. 19.11.2024 – 11 VR 10.24 – juris Rn. 20 zur „Parallelnorm“ des § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG m.w.N.).
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1.2.1 Die Antragstellerin meint, es fehle an einem ernsthaften Verhandlungsangebot, wie es gesetzlich in § 21 Abs. 1 AEG i.V.m. Art. 39 BayEG normiert sei. Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens und auch anlässlich des Klageverfahrens gegen den Planfeststellungsbeschluss (s.o.) hätten zwar intensive Gespräche zwischen den Beteiligten betreffend eine dauerhafte Sicherung der Zuwegung zum östlichen Gebäudeteil der Antragstellerin („Erschließung“) und der Entwässerungsplanung stattgefunden. Ein Entwurf für eine Bauerlaubnis sei aber erst unmittelbar vor dem Antrag auf Besitzeinweisung übersandt worden. Auf die von der Antragstellerin daraufhin geäußerten Änderungswünsche – die sich nicht nur auf eine langfristige Sicherung der Zufahrt, sondern auch auf andere relevante Punkte bezogen hätten – sei die Beigeladene nicht eingegangen, habe die Verhandlungen abgebrochen und stattdessen unmittelbar die Besitzeinweisung beantragt. Der Antragstellerin sei bis heute kein vollständiges und den gesetzlichen Anforderungen entsprechendes Entschädigungs- oder Tauschangebot unterbreitet worden; weder für die dauerhafte noch für die vorübergehende Flächeninanspruchnahme. Insbesondere sei auch kein angemessenes Angebot für eine Bereitstellung von 10 (Ersatz-)Parkplätzen erfolgt. Ein solches Angebot sei nun für Mitte Juli 2025 angekündigt worden. Angesichts dessen sei die Besitzeinweisung offenkundig rechtswidrig und unverhältnismäßig.
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1.2.2 Der Vortrag vermag die Feststellung der Antragsgegnerin, dass sich die Antragstellerin einer freiwilligen Besitzüberlassung im Hinblick auf die Flächen 01 und 05 i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AEG verweigert hat, nicht zu erschüttern.
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Auch hier ist klarzustellen, dass in Bezug auf § 21 Abs. 1 Satz 1 (Alt. 2) AEG aus Art. 39 BayEG keine weiteren oder strengeren Voraussetzungen abgeleitet werden können (s.o. unter 1.1.2).
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Die Beigeladene hat der Antragstellerin Verhandlungen mit dem Ziel einer freiwilligen Besitzüberlassung durch Vereinbarung angeboten bzw. sich um solche Verhandlungen ernsthaft und ausreichend bemüht. Im Ergebnis hat die Antragstellerin das Angebot zum Abschluss einer solchen Vereinbarung abgelehnt.
38
Die Beigeladene ist an die Antragstellerin herangetreten und hat ihr den Abschluss einer Bauerlaubnisvereinbarung angeboten. Der entsprechende Entwurf (Stand 17. April 2025) sieht in seinem § 2 ausdrücklich vor, dass die Nutzung der antragsgegenständlichen Grundstücksflächen „vorbehaltlich aller Entschädigungsansprüche“ erfolgt. Dem Entwurf vorangegangen sind umfangreiche Verhandlungen zwischen Beigeladener und Antragsgegnerin – auch zur Besitzüberlassung – (vgl. Anlage 6 zum Besitzeinweisungsantrag vom 30.4.2025; Behördenakte S. 289 ff.). Auch im Rahmen des Gütetermins am 28. Mai 2025 (vgl. die entsprechende Gesprächsnotiz, S. 686 ff. Behördenakte) und in der mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 2025 (vgl. S. 3 ff. der Niederschrift, Anlage A5) war der Abschluss einer Vereinbarung zur freiwilligen Besitzüberlassung Gegenstand der Gespräche.
39
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin hat die Beigeladene bis zum Erlass des Besitzeinweisungsbeschlusses auch kein weitergehendes, substantiiertes Entschädigungs-/Tauschangebot für die benötigten Grundstücks(teil) flächen vorlegen müssen.
40
Mit Blick auf Fläche 05 führt dieser Einwand nicht weiter, weil der – bereits im Planfeststellungsverfahren diskutierte – Grundstückstausch als solcher planfestgestellt wurde und damit die wesentlichen Parameter festgelegt wurden. Eines „konstitutiven“ Tauschangebots im Rahmen des Besitzeinweisungsverfahren bedarf es angesichts dessen nicht mehr bzw. besteht kein wesentlicher „Verhandlungsspielraum“ mehr.
41
Aber auch im Hinblick auf die Fläche 01 überspannt die Antragstellerin die Anforderungen an das Verhandlungsgebot. Zwar ist ihr zuzugeben, dass eine konkrete Abstimmung über die für eine Entschädigung (aufgrund vorübergehender Inanspruchnahme) maßgeblichen Parameter / Bedingungen zwischen den Beteiligten (noch) nicht stattgefunden hat. In welchem Umfang das Verhandlungsangebot bereits derartige Parameter umfassen muss, hängt – neben den insoweit maßgeblichen Festlegungen des Planfeststellungsbeschlusses – vom Einzelfall und dabei auch davon ab, ob es sich um eine dauerhafte oder vorübergehende Inanspruchnahme handelt. Da die Fläche 01 von der Antragstellerin nicht dauerhaft erworben werden soll, sondern nur vorübergehend genutzt wird, bedarf es für die Erfüllung des Verhandlungsgebots keines Kaufangebots für diese Fläche, sondern lediglich eines Angebots bezüglich der vorübergehenden Besitzüberlassung. Bei vorübergehender Inanspruchnahme ist grundsätzlich eine Erstattung des Nutzungsausfalls zu leisten, orientiert an der ortsüblichen Miete oder Pacht (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2021 – 22 ZB 20.1428 – juris Rn. 13 m.w.N.), Das auf Beschleunigung angelegte Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung soll allerdings weder mit Entschädigungsverhandlungen noch mit der Frage der Angemessenheit einer etwaigen Entschädigung belastet werden (vgl. Schoen in Kühling/Otte, AEG ERegG, § 21 AEG Rn. 9 m.w.N.). Die definitive Klärung teilweise schwierig zu beurteilender Entschädigungsfragen ist Aufgabe des Entschädigungsverfahrens (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2004 – 22 AS 04.40028 – juris Rn. 17). Der in § 21 Abs. 1 Satz 1 AEG für eine etwaige Besitzüberlassungsvereinbarung vorgeschriebene „Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche“ unterstreicht dies deutlich. Diesen Anforderungen entspricht die von der Beigeladenen der Antragstellerin übersandte Bauerlaubnisvereinbarung, nach deren § 2 die Nutzung vorbehaltlich aller Entschädigungsansprüche erfolgt.
42
Vorliegend muss sich die Antragstellerin aber ohnehin entgegenhalten lassen, dass sie einen näheren Austausch über weitere Parameter / Bedingungen der Entschädigung – unabhängig davon, in welchem Umfang die Beigeladene zu einem solch konkreten Angebot verpflichtet war – selbst vereitelt hat. Denn ihre – auch im Rahmen der Verhandlungen über eine freiwillige Besitzüberlassung aufrechterhaltene – Forderung nach einer fortbestehenden Zufahrt („Erschließungsfrage“, „Rampenlösung“ uä.) stand nicht im Zusammenhang mit der eben erörterten gesetzlichen Zielsetzung des Besitzeinweisungsverfahrens. Die vorzeitige Besitzeinweisung dient der Umsetzung und dem Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses (vgl. dazu auch 1.3). Dieser setzt sich ausführlich mit der – zuvor im Planfeststellungsverfahren von der Antragstellerin vorgetragenen – Forderung einer fortbestehenden Zufahrt auseinander (vgl. PFB S. 71 ff.), „verwirft“ diese aber ausdrücklich (vgl. PFB S. 77 f. unter B.4.11.5) und stellt folglich („negativ“) fest, dass ihr keine derartigen Ansprüche zustehen. Die Frage, ob dies rechtswidrig war, ist im Besitzweisungsverfahren nicht zu prüfen (s.o. unter 1.; dazu auch BayVGH, B.v. 9.3.2020 – 8 AS 19.40041 – juris Rn. 29). Der Antragstellerin war es zwar unbenommen, ihre – im Hinblick auf den Verfahrenszweck folglich nicht gerechtfertigte – Forderung auch im Zuge der Besitzeinweisungsverhandlungen weiter zu formulieren. Soweit das „Beharren“ der Antragstellerin auf dieser Forderung aber ursächlich dafür war, dass es im Rahmen der Besitzeinweisungsverhandlungen nicht zu einem (weitere Bedingungen und Parameter umfassenden) Angebot kam, ist dies bzw. das Scheitern der freiwilligen Überlassung ihr und nicht der Beigeladenen zuzurechnen. Die Beigeladene war zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bzw. des Verhandlungsgebots zunächst dazu verpflichtet, sich um ernsthafte Verhandlungen über die freiwillige Besitzüberlassung zu bemühen und der Antragstellerin solche anzubieten. Dieser Pflicht hat sie entsprochen. Überdies von ihr zu verlangen, ein (weitergehendes) konkretes Entschädigungsangebot für die vorübergehende Nutzung abzugeben, obwohl die Antragstellerin das Fortbestehen einer Zufahrt bis zuletzt im Ergebnis als eine Art unabdingbare Voraussetzung für die Erteilung einer Bauerlaubnis formuliert hat (vgl. bspw. Gesprächsnotiz zum Gütetermin am 28.5.2025 S. 2 f.; Niederschrift vom 5.6.2025 S. 4; laut Beigeladener zuvor auch im Rahmen eines Telefonats am 10.4.2025), ginge zu weit. Würde man vor diesem Hintergrund darauf bestehen, dass die Beigeladene ein konkretes Entschädigungsangebot hätte abgeben müssen, wäre dies letztlich eine „leere Förmelei“ (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 10.3.2022 – 8 AS 22.40002 – juris Rn. 28). Aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts stand vielmehr fest, dass von der Antragstellerin – ohne eine solche Modifikation der im Planfeststellungsbeschluss bereits abschließend geregelten Zufahrtsfragen – keine Zustimmung zu einer Einigung im Besitzeinweisungsverfahren zu erlangen war.
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1.3 Auch mit ihren weiteren Darlegungen zeigt die Antragstellerin eine Rechtswidrigkeit des Besitzeinweisungsbeschlusses nicht auf.
44
Soweit sie anführt, dass die unter A.4.5 des Planfeststellungsbeschlusses verfügten Auflagen noch nicht erfüllt seien, spielt dies für die Rechtmäßigkeit der Besitzeinweisung keine Rolle. Denn die Auflagen sehen vor, dass die Beigeladene der Antragstellerin eine statische Berechnung betreffend des verbleibenden Restdaches zur Verfügung zu stellen und die technische Ausführung mit der Antragstellerin abzustimmen hat. Es handelt sich um Fragen der Bauausführung bzw. des Vollzugs des Planfeststellungsbeschlusses; für die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 1 AEG sind sie irrelevant (arg. e. § 21 Abs. 1 Satz 3 AEG). Auch eine vorzeitige Besitzeinweisung ist zwar Teil der Vollziehung eines Planfeststellungsbeschlusses; sie dient jedoch selbst nicht der Vollzugskontrolle (vgl. dazu ausführlich OVG SH, B.v. 23.9.2021 – 4 MB 32/21 – juris Rn. 42 ff.).
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Gleiches gilt für die aus Sicht der Antragstellerin im Besitzeinweisungsbeschluss fehlende Auflage, die Beigeladene zur Durchführung einer umfassenden Beweissicherung mit Fotodokumentation zu verpflichten. Eine Pflicht zur Ermittlung des Grundstückzustands könnte sich nur aus § 21 Abs. 3 AEG ergeben, bei dem es sich aber nicht um eine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für das Besitzeinweisungsverfahren handelt (vgl. BayVGH, B.v. 27.8.2021 – 22 ZB 20.1428 – juris Rn. 12 m.w.N.). Selbst wenn man § 21 Abs. 3 AEG heranziehen würde, ist (auch im Hinblick auf § 21 Abs. 5 AEG) nicht dargelegt und auch nicht erkennbar, dass eine Ermittlung bzw. eine Dokumentation des Grundstückszustands für die verfügte vorzeitige Besitzeinweisung von Relevanz gewesen wäre.
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Dem Vortrag der Antragstellerin, dass ein Eingriff in die Substanz der in ihrem Eigentum stehenden Dachkonstruktion erfolgen soll, eine Besitzeinweisung sich aber nur auf den Entzug des Besitzes und nicht des Eigentums beziehe, ist zu entgegnen, dass die Beigeladene mit dem Besitzeinweisungsbeschluss laut § 21 Abs. 4 Satz 5 AEG das zugrundeliegende Vorhaben durchführen und dafür erforderliche Maßnahmen treffen darf. Davon sind im Grundsatz auch Eingriffe in die Substanz umfasst, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die für die Ausführung des Vorhabens erforderlich sind; ansonsten wäre die im Gesetz ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit einer vorzeitigen Besitzeinweisung zur dauernden Inanspruchnahme sinn- und zwecklos (vgl. etwa Beckmann in Stüer/Beckmann, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 6. Aufl. 2025, Rn. 6514; Fischer in Ziekow, Handbuch des Fachplanungsrechts, 3. Aufl. 2024, § 3 Rn. 334; Wichert in Theobald/Kühling, Energierecht, Stand Dezember 2024, § 27 NABEG Rn. 63, jew. m.w.N.). Soweit der Einwand der Antragstellerin auch darauf abzielt, dass im Rahmen der vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmenden Interessenabwägung berücksichtigt werden soll, dass sie durch den Vollzug des angefochtenen Besitzeinweisungsbeschlusses Nachteile durch die Schaffung vollendeter Tatsachen erleiden würde, die auch bei einem Erfolg im Klageverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss nur noch schwer aus der Welt geschafft werden könnten, trifft dies nicht zu. Der Gesetzgeber hat in § 21 Abs. 6 AEG ausdrücklich bestimmt, dass bei Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses auch die vorzeitige Besitzeinweisung aufzuheben ist, dass der vorherige Besitzer wieder in den Besitz einzuweisen ist und dass der Träger des Vorhabens in einem solchen Fall für alle durch die Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile Entschädigung zu leisten hat. Der Vorhabenträger muss dann die von ihm zwischenzeitlich durchgeführten Maßnahmen wieder rückgängig machen (vgl. Fischer a.a.O.) und das Grundstück dem Besitzer zurückgeben (vgl. dazu auch BayVGH, B.v. 13.5.2013 – 22 AS 13.40009 – juris Rn. 18 m.w.N. und OVG NW, B.v. 9.7.2019 – 21 B 1378/18 – juris Rn. 24, jew. zum gleichlautenden § 44b Abs. 6 EnWG sowie zu § 20 Abs. 6 WaStrG BayVGH, U.v. 29.11.2019 – 8 A 19.40015 – juris Rn. 43 f.). Es gibt keinen Grund, zu bezweifeln, dass dies hier erforderlichenfalls technisch und wirtschaftlich umsetzbar wäre. Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich schon nicht, durch welche Maßnahmen der Beigeladenen in die Substanz ihres Eigentums eingegriffen wird. Nach dem – insoweit unwidersprochenen – Vortrag der Beigeladenen (Schriftsatz vom 26. Juni 2025) wird im ersten Bauschritt ohnehin nur das Dach auf Bahngrund rückgebaut; für das Restdach der Antragstellerin hat dies keine (auch keine statische) Relevanz.
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2. Der von der Antragstellerin begehrte Erlass einer Zwischenverfügung hat sich aufgrund der Entscheidung über den Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 1, 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO erledigt.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Vorliegend entsprach es der Billigkeit, der unterliegenden Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO), da die Beigeladene einen eigenen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
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4. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie orientiert sich an der in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung aufgegriffenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, U.v. 27.9.1973 – III ZR 131.71 – juris Rn. 53), wonach in gerichtlichen Verfahren betreffend die vorzeitige Besitzeinweisung der Streitwert in aller Regel in Höhe von 20% des Werts des betroffenen Grundstücksteils anzusetzen ist, jedenfalls in Bezug auf Grundstücksteile, die für die Verwirklichung des planfestgestellten Vorhabens dauerhaft in Anspruch genommen werden sollen (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 5.11.2024 – 22 AS 24.40034 – juris Rn. 51 m.w.N.). Mangels konkreter Angaben in den Gerichts- und Behördenakten betreffend das Grundstück der Antragstellerin setzt der Senat für die 22 m² große, dauerhaft in Anspruch genommene Fläche einen Wert von 44.000 € an (22 x 2.000 €/m², grob gegriffener Quadratmeterpreis für die Gewerbeimmobilie der Antragstellerin), so dass sich daraus ein für den Streitwert zu berücksichtigender Betrag in Höhe von 8.800 € (20%) ergibt. Da der Vollzug der Besitzeinweisung infolge der Entscheidung über den vorliegenden Eilantrag der Hauptsache gleichkommt (vgl. BVerwG, B.v. 22.2.2024 – 11 VR 4.24 u.a. – juris Rn. 46), wird auf eine Halbierung dieses Betrags verzichtet. Hinsichtlich des Grundstücksteils von 425 m², der nur vorübergehend in Anspruch genommen werden soll, folgt der Senat der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 22.2.2024 – 11 VR 4.24 u.a. – juris Rn. 46) und orientiert sich an Nr. 34.2.6 Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, wonach insoweit ein Streitwert von 7.500 € anzusetzen ist, der ebenfalls nicht halbiert wird. Insgesamt ergeben sich so 16.300 €. Von der Anwendung des „neuen“ Streitwertkatalogs 2025 sieht der Senat ab, weil dieser erst am 1. Juli 2025 (also zwei Tage vor diesem Beschluss) veröffentlicht wurde.
50
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).