Inhalt

VG Ansbach, Beschluss v. 28.07.2025 – AN 1 S 25.50535
Titel:

Erfolgloser Eilantrag gegen Abschiebungsanordnung nach Polen, Wiederaufnahmepflicht Polens nach Art. 12 Abs. 1 Dublin-III-VO, Keine systemischen Mängel des polnischen Asylsystems, Erfolgreicher Eilantrag gegen die Anordnung eines auf 60 Monate befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots ohne Vorliegen besonderer Umstände

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 114 Satz 1
AsylG § 34a
Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO)
Art. 12 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO)
AufenthG § 11 Abs. 1 Satz 1
AufenthG § 11 Abs. 3 Satz 1 und 2
Schlagworte:
Erfolgloser Eilantrag gegen Abschiebungsanordnung nach Polen, Wiederaufnahmepflicht Polens nach Art. 12 Abs. 1 Dublin-III-VO, Keine systemischen Mängel des polnischen Asylsystems, Erfolgreicher Eilantrag gegen die Anordnung eines auf 60 Monate befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots ohne Vorliegen besonderer Umstände
Fundstelle:
BeckRS 2025, 21061

Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11. Juli 2025 gegen Ziffer 4 des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 7. Juli 2025 wird angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Von den Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens trägt der Antragsteller ¾, die Antragsgegnerin 1/4.

Gründe

I.
1
Der am … 1978 in … geborene Antragsteller ist k. Staatsangehöriger.
2
Der Antragsteller reiste am 21. Mai 2025 über den Flughafen … von … mit Umstieg in … auf dem Luftweg in das Bundesgebiet, äußerte gegenüber der … Landespolizei ein beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 2. Juni 2025 eingegangenes Asylgesuch und stellte am 10. Juni 2025 einen förmlichen Asylantrag.
3
In einem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates und Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags vor dem Bundesamt am 10. Juni 2025 gab der Antragsteller insbesondere an, er habe sein Herkunftsland 2022 verlassen, sei im Juli 2022 nach P. eingereist und habe sich dort bis März 2025 aufgehalten. Er habe dort einen temporären Aufenthaltstitel gehabt.
4
In seiner Anhörung vor dem Bundesamt am 16. Juli 2025 gab der Antragsteller an, er leide unter Fibromyalgie, die schon in K. behandelt worden sei. In P. habe er aufgehört, Medikamente dafür zu nehmen. Vor drei Jahren sei er nach P. gekommen, habe dort gearbeitet. Am 20. Mai 2025 sei er wieder nach K. In P. sei er wegen der schlechten Arbeitsbedingungen nicht geblieben, er habe seinen Daumen verloren, habe 12 Stunden gearbeitet und nur 4,00 EUR/Std. verdient. Er habe zurück nach K. wollen, wo er bleiben habe wollen. Er habe dann Probleme bekommen. Es habe 2002/2003 mit Drohungen angefangen. Er habe im Dorf mit Jugendlichen gearbeitet und sich politisch engagiert. Daraufhin sei er bedroht worden und habe nach … ziehen müssen. Da sei er dann bis 2022 geblieben, bis er im März 2024 nach P. ausgereist sei. Er sei dann in sein Dorf zurückgekommen. Die Organisation habe das mitbekommen und habe gedacht, dass er reich sei und habe ihn erpresst. Daraufhin habe er nach … ziehen müssen, weil er den Behörden in seinem Dorf nicht trauen habe können. In … habe er Anzeige erstattet. Weil sie ihn dort gefunden hätten, habe er aus … rausmüssen und hierher kommen. Er sei gebeten worden, Schutzgeld zu zahlen. Bedroht hätten ihn … Das seien Verbrecher, die Leute erpressten. Ihn hätten sie bedroht, weil er mit Jugendlichen gearbeitet habe, um sie von Drogen wegzubringen.
5
Der Antragsteller legte dem Bundesamt insbesondere zwei ihm in Polen erteilte Aufenthaltstitel vor: eine ihm am 5. Juni 2023 mit Gültigkeit bis 21. März 2024 von der Woiwodschaftsverwaltung von … sowie eine ihm am 3. Dezember 2024 mit Gültigkeit bis 2. Dezember 2027 von der Woiwodschaftsverwaltung von … ausgestellte Aufenthaltserlaubnis.
6
In einer Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags am 26. Juni 2025 gab der Antragsteller dem Bundesamt gegenüber an, er habe in P. eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, nachdem er die Arbeit begonnen habe. Die Firma habe das für ihn geklärt. Es seien zwei verschiedene Firmen gewesen. In der ersten habe er seinen Daumen verloren. In der ersten habe er Hähnchen aufgehangen, in der zweiten Fleisch geschnitten. Er habe 700 bis 800 Euro im Monat verdient. Auf die Frage, ob er Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Behörden in P. gehabt habe, verneinte der Antragsteller. Auf die Frage, ob er Probleme mit nichtstaatlichen Akteuren in Polen gehabt habe, verneint der Antragsteller. Auf die Frage, was gegen eine Rückführung spreche, gab der Antragsteller an, es sei sehr schlimm da. Er sei rassistisch behandelt worden. Im Unternehmen hätten sie ihn schlecht behandelt. Auf die Frage, wie er dies meine, gab der Antragsteller an, sie hätten viel arbeiten müssen und zu acht ein Zimmer teilen müssen und 200 Euro dafür zahlen.
7
Mit Bescheid vom 7. Juli 2025 lehnte das Bundesamt den Antrag des Antragstellers als unzulässig ab (1.), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (2.), ordnete die Abschiebung nach Polen an (3.) und ordnete gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG ein auf 60 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot an (4.)
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Der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG unzulässig, da P. auf Grund des noch gültigen p. Aufenthaltstitels gemäß Art. 12 Abs. 1 Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG lägen nach Erkenntnissen des Bundesamtes nicht vor. Die Ausreise sei rechtlich und tatsächlich möglich. Die Anordnung der Abschiebung nach Polen beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot werde gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG angeordnet und nach § 11 Abs. 2 AufenthG auf 60 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Im Fall einer Abschiebungsandrohung nach §§ 34, 35 AsylG oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG habe das Bundesamt gemäß § 75 Nr. 12 AufenthG das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG anzuordnen. Die Dauer dieses Einreise- und Aufenthaltsverbots werde gemäß § 11 Abs. 3 AufenthG in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalles festgesetzt und dürfe grundsätzlich fünf Jahre nicht überschreiten. Die Frist sei nach Monaten zu bemessen, individuell festzulegen und beginnend am Tag der Abschiebung. Der Antragsteller habe keine weiteren schutzwürdigen Belange vorgetragen, welche sich auf die Festsetzung der Frist hätten auswirken können. Der Antragsteller verfüge im Bundesgebiet über keine wesentlichen persönlichen, wirtschaftlichen oder sonstigen Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen wären. Er habe auch sonst keine Belange vorgetragen, die es angezeigt erscheinen ließen, eine kürzere Frist festzusetzen. Es lägen auf der anderen Seite keine Anhaltspunkte vor, die das Festsetzen einer höheren Frist rechtfertigen würden. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 60 Monate sei daher im vorliegenden Fall geeignet, erforderlich und angemessen.
9
Gegen den ihm am 9. Juli 2025 zugestellten Bescheid erhob der Antragsteller am 11. Juli 2025 zur Protokoll der Urkundsbeamtin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach und beantragte zugleich,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
10
Zur Begründung führten die Bevollmächtigten des Antragstellers aus, eine Überstellung nach P. würde für den Antragsteller unzumutbare, insbesondere gesundheitsgefährdende Folgen nach sich ziehen, da dort systemische Mängel im Aufnahmesystem bestünden. Systemische Mängel im Sinne der ständigen Rechtsprechung des EuGH und des BVerwG seien im polnischen Asylsystem hinreichend dokumentiert, insbesondere in Bezug auf Obdachlosigkeit und fehlende Unterbringungskapazitäten für Rücküberstellte, mangelnde Versorgung mit Lebensmitteln, medizinischer Betreuung und sanitären Einrichtungen, Berichte über Polizeigewalt und willkürliche Inhaftierungen an der Grenze zu Belarus sowie mangelnde Zugangsmöglichkeiten zum Asylverfahren. Aktuelle Berichte belegten diese Missstände eindrücklich. Auch verschiedene Verwaltungsgerichte hätten in jüngeren Entscheidungen Rücküberstellungen nach P. ausgesetzt. Darüber hinaus sei der Antragsteller besonders schutzbedürftig. Er sei durch seine Flucht aus K. und die dort erlebte Bedrohung traumatisiert und fürchte bei einer Abschiebung nach K. um sein Leben. Ein Aufenthalt in den mangelhaften Aufnahmebedingungen Polens wäre für ihn nicht zumutbar und würde eine ernsthafte Gefahr für Leib und Leben darstellen. Der Aufenthaltstitel des Antragstellers in Polen sei automatisch im Rahmen eines Dublin-Verfahrens ausgestellt worden, jedoch nicht tatsächlich in Anspruch genommen. Selbst wenn Polen formell zuständig wäre, könne die Bundesrepublik Deutschland das Verfahren aus humanitären oder praktischen Gründen selbst übernehmen. Angesichts der dargestellten Missstände und der besonderen Schutzbedürftigkeit des Antragstellers wäre eine Wahrnehmung dieses Selbsteintrittsrechts geboten.
11
Die Antragsgegnerin beantragte,
den Antrag abzulehnen.
12
Zur Begründung bezog sich die Antragsgegnerin auf die angefochtene Entscheidung.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Behörden- und Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wie im Klageverfahren (AN 1 K 25.50536) Bezug genommen.
II.
14
Der vom damals noch unvertretenen Antragsteller formulierte Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 11. Juli 2025 anzuordnen, richtet sich nach sachgerechter Auslegung sowohl gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids vom 7. Juli 2025 als auch gegen die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 4 des Bescheids, die beide einen vollziehbaren Inhalt haben und somit einer Suspendierung im Sinne des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO zugänglich sind.
15
Der so verstandene Antrag ist zulässig.
16
Der Antrag ist statthaft. Dies gilt auch, soweit sich die Klage gegen die Verfügung eines auf 60 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots richtet (vgl. VGH BW, B.v. 13.11.2019 – 11 S 2996/19 – juris Rn. 40). Die Klage hat nicht bereits aus sich selbst heraus aufschiebende Wirkung, da sie sich gegen – nach § 83c AsylG auch hinsichtlich der Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG – Entscheidungen nach dem Asylgesetz richtet und keine Fälle des § 38 Abs. 1 AsylG bzw. des § 73b Abs. 7 Satz 1 AsylG vorliegen (§ 75 Abs. 1 Satz 1 AsylG). Auch die einwöchige Antragsfrist nach § 34a Abs. 2 AsylG ist eingehalten.
17
Der Antrag ist aber nur im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
18
Die nach § 80 Abs. 5 VwGO durch das erkennende Gericht zu treffende Ermessensentscheidung fällt hinsichtlich der Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids zu Lasten des Antragstellers aus, hinsichtlich der Anordnung eines auf 60 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids dagegen zu Lasten der Antragsgegnerin.
19
Von besonderem Gericht im Rahmen der Abwägung der widerstreitenden Interessen, des Suspensivinteresses des Antragstellers und des Vollzugsinteresses der Antragsgegnerin, sind dabei die anhand einer summarischen Prüfung zu beurteilenden Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache (vgl. etwa: BVerwG, B.v. 7.7.2010 – 7 VR 2.10 u.a. – juris Rn. 20; auch zum allgemeinen Maßstab: BVerwG, B.v. 23.1.2015 – 7 VR 6.14 – juris Rn. 8).
20
Nach diesem Maßstab ist der Antrag, soweit er sich auf die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids bezieht, nicht begründet.
21
Die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung ergibt hier, dass die Anordnung der Abschiebung des Antragstellers nach P. in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids vom 7. Juli 2025, gegen die sich der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 11. Juli 2025 in erster Linie richtet, nicht rechtswidrig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), mit der Folge, dass das öffentliche Interesse an einer sofortigen Beendigung des Aufenthalts des Antragstellers im Bundesgebiet dessen privates Interesse an einem – vorläufig – weiteren Verbleib überwiegt.
22
Auch nach der maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (§ 77 Abs. 1 AsylG) hat die Antragsgegnerin zu Recht die Abschiebung des Antragstellers nach P. angeordnet.
23
Die angefochtene Abschiebungsanordnung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 bis 3 AsylG. Danach ordnet das Bundesamt dann, wenn ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat im Sinne des § 26a AsylG oder in einen im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll, ohne vorherige Androhung und Fristsetzung die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat.
24
Der Antragsteller soll hier nach Polen abgeschoben werden, weil mit P. im Sinne des § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig ist.
25
Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO sieht vor, dass der Asylantrag von dem Mitgliedsstaat geprüft wird, der nach den Kriterien des Kapitels III, somit der Art. 7 ff., der Dublin-III-VO als zuständiger Staat bestimmt wird. Nach diesen Kriterien ist Polen für die Durchführung des Asylverfahrens des Antragstellers zuständig.
26
Gemäß Art. 12 Abs. 1 Dublin-III-VO ist der Mitgliedsstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, wenn der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel besitzt. Nach Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO ist dabei bei der Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates von der Situation auszugehen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der mit der Durchführung des Asylverfahrens betrauten Behörde, in der Bundesrepublik Deutschland dem Bundesamt, ein Schriftstück zugegangen ist, das von einer Behörde erstellt wurde und bescheinigt, dass ein Drittstaatsangehöriger um internationalen Schutz ersucht hat, und, ggfs., wenn hier nur die wichtigsten in einem solchen Schriftstück enthaltenen Informationen, nicht aber das Schriftstück oder eine Kopie davon, zugegangen sind (EuGH, U.v. 26.7.2017 – C-670/16 Rn. 103). Dies ist hier der Zugang des von der … Landespolizei aufgenommenen Asylgesuchs des Antragstellers beim Bundesamt am 2. Juni 2025.
27
Im Fall des Antragstellers ergibt sich aus dem von ihm vorgelegten p. Aufenthaltserlaubnissen, dass deren zweite am 3. Dezember 2024 von der Woiwodschaftsverwaltung von … ausgestellte Aufenthaltserlaubnis noch bis 2. Dezember 2027 gültig ist, und ihr Gültigkeitszeitraum damit die gesamte bisherige Dauer des Asylverfahrens des Antragstellers abdeckt und auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch knapp eineinhalb Jahre Gültigkeit aufweist. Dass es sich hierbei um eine automatisch im Rahmeneines Dublin-Verfahrens ausgestellte Aufenthaltserlaubnis, von der der Antragsteller zu keinem Zeitpunkt Gebrauch gemacht hätte, wie die Bevollmächtigten des Antragstellers meinen, erschließt sich nicht und findet auch keine auch nur ansatzweise Stütze im Vorbringen des Antragstellers selbst. Vielmehr hat der Antragsteller selbst angegeben, in Polen mehrere Jahre über wiederholt ausgestellte Aufenthaltserlaubnisse verfügt zu haben, sich auf deren Grundlage legal dort zur Erwerbstätigkeit aufgehalten zu haben. Ein Dublin-Verfahren hat er Antragsteller seinen Angaben und nach Aktenlage entgegen der Darstellung seiner Bevollmächtigten zu keinem Zeitpunkt durchlaufen.
28
Folglich ergibt sich daraus, auch weil vorrangige Kriterien im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO dagegen nicht ersichtlich sind, die Zuständigkeit Polens für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz des Antragstellers.
29
Die sich nach Art. 12 Abs. 1 Dublin-III-VO ergebende Zuständigkeit P. ist auch nicht infolge Zeitablaufs auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. So hat das Bundesamt sein Rückübernahmeersuchen vom 18. Juni 2025 innerhalb der dreimonatigen Frist des Art. 21 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin-III-VO nach der Antragstellung (Art. 20 Abs. 2 Dublin-III-VO) an die polnischen Behörden gerichtet. Ein Übergang der Zuständigkeit nach Art. 21 Abs. 1 UAbs. 3 Dublin-III-VO ist damit nicht erfolgt. Die p. Behörden haben mit Schreiben vom 27. Juni 2025 ihre Zustimmung zur Übernahme des Antragstellers fristgerecht innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt des Gesuchs erklärt, Art. 22 Abs. 1 Dublin-III-VO. Das Rücknahmeersuchen war auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Insbesondere war den p. Behörden mit den dort getätigten Angaben die Prüfung der Zuständigkeit nach den Kriterien der Dublin-III-VO möglich, was sich letztlich auch darin widerspiegelt, dass diese ihre Zustimmung explizit auf Art. 12 Abs. 1 Dublin-III-VO gestützt haben.
30
Die Zuständigkeit ist auch nicht nach Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, denn die Überstellungsfrist, die nach Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO sechs Monate nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs beträgt, ist nicht abgelaufen.
31
Die Zuständigkeit ist auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 UAbs. 3 Dublin-III-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, weil eine Überstellung nach Polen als dem zuständigen Mitgliedsstaat nach Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 Dublin-III-VO scheitern würde. Danach hat der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat die Prüfung (der Zuständigkeit) fortzusetzen, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst zuständigen Mitgliedsstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen der Antragsteller in diesem Mitgliedsstaat systemische Schwachstellenaufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh mit sich bringen. Kann unter diesen Voraussetzungen an keinen anderen zuständigen Mitgliedsstaat überstellt werden, wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedsstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig.
32
Das p. Asylverfahren und die dortigen Aufnahmebedingungen weisen entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten des Antragstellers keine systemischen Schwachstellen auf, die für den Antragsteller die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRCh, Art. 3 EMRK mit sich brächten.
33
Nach dem System der normativen Vergewisserung (siehe dazu BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93 – juris Rn. 181 ff.) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (siehe dazu EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 u. C-493/10 – juris Rn. 75 ff.; U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 80 ff.) gilt die Vermutung, dass die Behandlung von Asylbewerbern in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention, der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entspricht. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine unwiderlegliche Vermutung; vielmehr obliegt es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte, einen Antragsteller nicht an den zuständigen Mitgliedstaat zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden (EuGH, U.v. 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 – juris Rn. 105 f.; U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 84 f.). An die Feststellung systemischer Mängel sind hohe Anforderungen zu stellen. So fallen Schwachstellen nur dann unter Art. 4 GRCh, der Art. 3 EMRK entspricht und nach Art. 52 Abs. 3 GRCh die gleiche Bedeutung und Tragweite hat, wie sie ihm in der genannten Konvention verliehen wird, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falls abhängt. Dies wird indessen erst dann anzunehmen sein, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-163/17 – juris Rn. 91 f.).
34
Bei Anlegung dieses Maßstabs ergeben sich insbesondere auch mit Blick auf das dem Gericht gegenwärtig vorliegende Erkenntnismaterial keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller bei einer Überstellung nach P. wegen dort bestehender systemischer Schwachstellen im Asylverfahren oder in den Aufnahmebedingungen oder im Falle einer etwaigen Anerkennung als international Schutzberechtigte eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 GRCh drohen würde.
35
Hierzu wird zunächst gemäß § 77 Abs. 3 AsylG auf die Feststellungen und die Begründung des angefochtenen Bescheids vom 7. Juli 2025 Bezug genommen, denen das Gericht folgt.
36
Ergänzend wird auch im Hinblick auf die sich zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ergebende aktuelle Auskunftslage für Polen wie folgt ausgeführt:
37
In P. besteht ein mehrstufiges Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten. Befindet sich ein Dublin-Rückkehrer in einem laufenden Asylverfahren oder stellt er einen weiteren Asylantrag oder wurde sein Verfahren zwar eingestellt, kann aber wiedereröffnet werden, kann der Rückkehrer an ein offenes Unterbringungszentrum verwiesen werden. Stellt der Rückkehrer einen Erstantrag auf internationalen Schutz, durchläuft er zunächst die Erstaufnahme. Im Falle der Rücküberstellung von Ausländern aus anderen Mitgliedsstaaten nach Polen im Rahmen der Dublin-III-VO werden diese, wenn ihr Asylverfahren noch läuft, meist an eine offene Aufnahmestelle des Fremdenamtes weitergeleitet, wo sie versorgt werden. Bei u. a. erheblicher Fluchtgefahr, zur Vollstreckung der Außerlandesbringung, oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, kann der Rückkehrer auch festgenommen werden und in einem bewachten Flüchtlingszentrum oder in einer Hafteinrichtung für Ausländer untergebracht oder alternative Maßnahmen zur Inhaftierung angewendet werden. Dublin-Rückkehrer nach P. haben Zugang zum Asylverfahren, sowie zu Unterbringung und Versorgung. Wurde ohne Schuld des Antragstellers nach sechs Monaten noch keine Entscheidung in seinem Asylverfahren getroffen, hat dieser zudem unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Das polnische Ausländeramt ist zuständig für die Versorgung der Asylwerber in P. Auf der Webseite der Behörde ist eine Liste mit mehr als 20 Organisationen verfügbar, welche Asylwerbern verschiedenste Hilfestellung bieten. Das Recht auf Versorgung entsteht mit der Registrierung in einem Erstaufnahmezentrum (lediglich das Recht auf medizinische Versorgung besteht ab Antragstellung). Es gibt zwei Formen von materiellen Aufnahmebedingungen. Die Asylwerber können in einem Aufnahmezentrum wohnen oder finanzielle Unterstützung erhalten, welche die Kosten für die private Unterbringung decken soll. Asylwerber, die in einem Zentrum leben, erhalten Unterkunft, Mahlzeiten (oder PLN 11,- (EUR 2,58)/Tag für Selbstverpflegung), Taschengeld (PLN 50,- (EUR 11,72)/Monat), Geld für Hygieneartikel (PLN 20,- (EUR 4,69)/Monat) und eine Einmalzahlung (bzw. Coupons) für Bekleidung (PLN 140,- (EUR 32,83). Asylwerber, die außerhalb der Zentren leben, erhalten PLN 25,- (EUR 5,86)/Tag für eine Einzelperson bis hin zu PLN 12,50 (EUR 2,93) pro Tag und Person für Familien mit vier oder mehr Familienmitgliedern als finanzielle Beihilfe. Beide Gruppen erhalten einen P.-Sprachkurs und Unterrichtsmaterialien, Unterstützung für Schulkinder (und außerschulische Aktivitäten), Geld für notwendige Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln und medizinische Versorgung. NGOs kritisieren immer wieder die finanziellen Zuwendungen für Asylwerber in den Zentren als zu niedrig, weswegen NGOs und Privatpersonen in den Zentren kontinuierlich humanitäre Hilfe leisten. Offiziell gibt es keine Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Asylwerbern. Wenn jedoch das Zentrum grundlos für mehr als zwei Tage verlassen wird, wird die Unterstützung bis zur Rückkehr einbehalten. Die Asylbehörde entscheidet, in welche Aufnahmeeinrichtung Asylsuchende aufgenommen werden. In der Praxis bleiben Kernfamilien generell im selben Zentrum. Auch Vulnerabilität oder die Fortsetzung der medizinischen Behandlung wird bei dieser Entscheidung berücksichtigt. Aus dem Erstaufnahmezentrum werden Asylwerber nach einigen Tagen in andere Zentren verlegt. In P. gibt es neun Unterbringungszentren mit insgesamt 1.479 Plätzen. 2023 dienten die Zentren P. L.-D. und B. P. als Erstaufnahmezentren (für Registrierung, medizinische Untersuchungen usw.). Die Unterbringungsbedingungen in den Zentren sind unterschiedlich. Gewisse Grundlagen müssen vertraglich erfüllt werden, der Rest ist abhängig vom Willen und den finanziellen Möglichkeiten des Vertragspartners. Die Unterbringungsbedingungen haben sich in den letzten Jahren verbessert, werden laut NGOs von den Untergebrachten selbst aber als eher dürftig bewertet. Alle diese Zentren sind offen, das bedeutet, sie dürfen bis 23.00 Uhr frei verlassen und betreten werden. Antragsteller mit besonderen Bedürfnissen sind entsprechend unterzubringen. Spezielle Unterbringungsbedürfnisse bestehen, wenn eine behindertengerechte Unterbringung, eine Unterbringung in einem Einzelzimmer für alleinstehende Frauen mit Kindern, eine Unterbringung in einer medizinischen (Pflege-)Einrichtung (auch aus psychologischen Gründen) oder die Beachtung angepasster Ernährung erforderlich ist. Die Identifizierung von vulnerablen Gruppen geschieht durch die Grenzwache bei der Registrierung des Asylantrags bzw. durch die Asylbehörde. Als vulnerabel gelten in Polen laut Gesetz Minderjährige, Behinderte, Alte, Schwangere, Alleinerziehende, Opfer von Menschenhandel, ernsthaft Kranke, psychisch Beeinträchtigte, Folteropfer und Opfer psychischer, physischer bzw. sexueller Gewalt. Die Behörde ist verpflichtet, bei Verfahren von Angehörigen dieser Gruppen unmittelbar nach Antragstellung, bzw. zu jedem Zeitpunkt im Verfahren, zu prüfen, ob sie spezielle Bedürfnisse haben. Dazu kann die Behörde eine medizinische oder psychologische Untersuchung des Antragstellers veranlassen. Seit Juni 2019 wird jeder Asylwerber, der den sogenannten epidemiologischen Filter (medizinische Eingangsuntersuchung) durchläuft, auch einem Vulnerabilitätsscreening unterzogen. Das Zentrum für alleinstehende Frauen und solche mit Kindern in Warschau wurde im August 2021 geschlossen und Frauen mit Kindern daher seither im Aufnahmezentrum P. L.-D. in einem separaten, eigens für diesen Zweck renovierten Gebäude mit 138 Plätzen, untergebracht. Ein weiteres Zentrum für alleinstehende Frauen und solche mit Kindern in J. ist in Planung. Das Gesetz fördert für alleinstehende Frauen das Leben außerhalb des Zentrums. Wenn nötig wird eine finanzielle Unterstützung gewährt. Seit 2008 hat die Behörde eine spezielle Vereinbarung mit der Polizei, UNHCR, der Stiftung „L. S.“ und dem Rechtshilfezentrum H. N. getroffen, um geschlechtsspezifische Gewalt in Aufnahmezentren besser zu erkennen, zu verhindern und darauf zu reagieren. Für alle Aufnahmezentren wurden spezielle Teams gebildet. Ihre Aufgabe ist es, Gewalttaten in den Aufnahmezentren wirksam zu verhindern und schnell zu reagieren, wenn es zu solchen kommt. UNHCR berichtete, dass es in den Zentren für Asylwerber keine größeren oder anhaltenden Probleme mit Missbrauch gab. In den Zentren kam es zu einigen Vorfällen von geschlechtsspezifischer Gewalt, die aber von lokalen Teams aus Ärzten, Psychologen, Polizisten und Sozialarbeitern behandelt wurden. Derzeit verfügt P. über sechs geschlossene Unterbringungszentren (guarded centers) mit zusammen 877 Plätzen und ein sogenanntes rigoroses Haftzentrum mit 24 Plätzen. Geschlossene Zentren sind für Asylwerber und Migranten gleichermaßen verwendbar. Ein rigoroses Haftzentrum ist gefängnisähnlicher und dient etwa der Unterbringung von Personen, welche die Regeln in geschlossenen Zentren verletzt haben. Geschlossene Unterbringung ist für Asylwerber in P. prinzipiell in jeglichem Verfahren aus einer Reihe von Gründen (z. B. Identitätsabklärung, Fluchtgefahr, Sicherheitsgründe) für maximal sechs Monate möglich. Aufnahmebedingungen werden gewährt bis zwei Monate nach einer endgültigen positiven Asylentscheidung; oder bis 14 Tage nach einer rechtskräftigen Entscheidung über die Einstellung des Asylverfahrens (z. B. in Zulassungsverfahren); oder bis 30 Tage nach einer endgültigen negativen Asylentscheidung der Asylbehörde oder der ersten Beschwerdeinstanz, nicht aber während weiterer Beschwerden vor einem Woiwodschaftsverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, außer das Gericht erkennt dieses Recht wieder zu. Asylwerber in P. haben ab Registrierung ihres Asylantrags (in Notfällen schon ab Asylantragstellung) das gesetzlich garantierte Recht auf medizinische Versorgung im selben Ausmaß wie für versicherte p. Staatsbürger. Dieses Recht besteht auch dann weiter, wenn die materielle Versorgung, aus welchen Gründen auch immer, reduziert oder eingestellt wird. Die medizinische Versorgung von Asylwerber wird öffentlich finanziert. Sie wird über die Krankenreviere der Unterbringungszentren gewährleistet, in denen Ärzte und Krankenschwestern medizinische Hilfe leisten und umfasst auch spezialisierte Behandlungen, psychologische Betreuung und zahnärztliche Versorgung. P. M. ist gemäß Vertrag mit der Ausländerbehörde UDSC für die Organisation des medizinischen Versorgungssystems für Asylwerber in P. zuständig. Für Ausländer, die einen Flüchtlingsstatus beantragen und sich beim Sozialamt gemeldet haben, ist die medizinische Versorgung kostenlos, unabhängig davon, ob sie in einem Zentrum für Ausländer oder außerhalb des Zentrums leben. Die von P. M. koordinierten Gesundheitsdienste umfassen medizinische Versorgung in Aufnahmezentren, einschließlich eines epidemiologischen Filters, der die Implementierung von Früherkennung für Tuberkulose-, Infektions-, Geschlechts- und Parasitenkrankheiten gewährleistet; medizinische Versorgung in den Unterbringungseinrichtungen durch den Betrieb medizinischer Reviere, in denen grundlegende Gesundheits- und psychologische Betreuung geboten werden; medizinische Versorgung von Asylwerbern, die außerhalb eines Zentrums leben, auf der Grundlage eigener Ressourcen und eines Netzwerks an Partnerinstitutionen. Bei gesundheitlichen Problemen meldet sich der Patient beim Medical Center des nächstgelegenen Ausländerzentrums oder vereinbart einen Termin in einer kooperierenden Einrichtung. Dort werden gegebenenfalls Überweisungen an Fachärzte ausgestellt bzw. autorisiert. Nach Erhalt der Entscheidung über die Schutzgewährung dürfen die Betroffenen für die Dauer von höchstens zwei Monaten in einer Unterbringungseinrichtung für Asylbewerber verbleiben. Sie genießen volle Niederlassungsfreiheit in ganz P., wenngleich sich die Wohnungssuche aufgrund des generellen, d.h. sowohl für Schutzberechtigte wie auch für p. Staatsbürger bestehenden, Mangels an Wohnraum und Sozialwohnungen oftmals schwierig gestaltet und die Situation im Jahr 2022 zusätzlich durch den Zuzug von Menschen aus der Ukraine im Rahmen des Ukrainekonflikts erschwert wurde. Die Stadt Warschau, in der die meisten Schutzberechtigten leben, unterhält neben der Möglichkeit, sich im herkömmlichen Wege um eine Kommunalwohnung zu bewerben, ein spezielles Programm „geschützter Wohnungen“ für Fremde in Integrationsprogrammen, welche in der Regel für 12 Monate vergeben werden. Schutzberechtigte haben in P. vollen Zugang zum Arbeitsmarkt, es besteht keine Differenzierung zwischen anerkannten Flüchtlingen oder subsidiär Schutzberechtigten, wobei sich in der Praxis die mangelnde Sprachkompetenz und Qualifikation vieler Schutzberechtigter als Problem darstellt. Innerhalb von 60 Tagen ab Statuszuerkennung besteht die Möglichkeit, die Teilnahme an dem zwölfmonatigen „Individual Integration Program“ (IPI), welches verschiedene Integrationshilfen wie etwa eine Beihilfe für die Teilnahme an Sprachkursen, die Übernahme der Kosten für eine Krankenversicherung, Sozialberatung, Unterstützung bei der Wohnungs- und Arbeitssuche sowie finanzielle Unterstützungsleistungen – 1.376 PLN/318,79 EUR/Monat für eine Einzelperson in den ersten sechs Monaten und 1238 PLN/286,82 EUR/Monat für eine Einzelperson in den zweiten sechs Monaten – umfasst, zu beantragen. Sozialarbeiter bieten im Rahmen des IPI Unterstützung bei der Zusammenstellung der erforderlichen Unterlagen für die Registrierung als arbeitssuchend, der Suche nach Arbeitsmöglichkeiten sowie der Kontaktaufnahme zu potentiellen Arbeitgebern an. Schutzberechtigte verfügen des Weiteren im selben Maße wie auch p. Staatsbürger über Zugang zum polnischen Sozialsystem und können Sozialhilfe erhalten, wenn gewisse Einkommensgrenzen nicht überschritten werden. Ebenfalls besteht Zugang zu verschiedenen Familienbeihilfen, wie finanzielle Unterstützung zu Beginn des Schuljahres oder für kinderreiche Familien. Im Hinblick auf die medizinische Versorgung stehen Schutzberechtigten dieselben Leistungen wie p. Staatsbürgern zu, was allerdings in der Regel das Bestehen einer Krankenversicherung voraussetzt. International Schutzberechtigte (und deren Familienangehörige) besitzen eine befristete Aufenthaltserlaubnis und erhalten somit auch unversichert Zugang zu den öffentlichen Gesundheitsdiensten, solange ihr Einkommen den Vorgaben des Gesetzes über Sozialhilfe entspricht. Schutzberechtigte im Integrationsprogramm IPI sind zudem im Rahmen dieses Programms für die Dauer des IPI durch die öffentliche Hand in der Nationalen Krankenkasse versichert; anschließend muss die Krankenversicherung durch den Arbeitgeber, ein regionales Jobcenter des Sozialhilfezentrums oder aber durch den Betroffenen selbst bezahlt werden. Personen unter 18 Jahren haben stets Zugang zu medizinischer Versorgung, die in ihrem Fall voll vom Staat übernommen wird. Schülern unter 19 Jahren steht zudem Zugang zur präventiven Gesundheitsvorsorge zu. Die p. Krankenversicherung deckt – mit Ausnahme einiger Zahnbehandlungen und bestimmter Medikamentenkosten sowie der Altenpflege – die meisten medizinischen Behandlungen, unter anderem medizinische Grund- und Spezialbehandlungen, Impfungen, diagnostische Tests (Labor oder andere), Rehabilitation, Krankenhausbetreuung und medizinische Rettungsdienste, Notfallambulanz und Krankentransport ab. Als größte Hürde für den Zugang zu medizinischer Versorgung gelten sprachliche und kulturelle Barrieren. Andere Herausforderungen – wie etwa lange Wartezeiten bei Fachärzten sowie teure Privatleistungen und Medikamente – treffen Schutzberechtigte und p. Staatsangehörige gleichermaßen (vgl. zum Ganzen: Republik Österreich – BFA, Länderinformationsblatt Polen, 8.5.2025, S. 2 ff.; Republik Österreich – BFA, Länderinformationsblatt Polen, 28.6.2024, S. 3 ff.; Republik Österreich – BFA, Länderinformationsblatt Polen, 5.7.2023, S. 13 ff.; AIDA, Country Report Poland, 2023 Update, S. 129 ff.).
38
Soweit die Bevollmächtigten des Antragstellers ausführen, dieser befürchte, eine Abschiebung nach K., ist festzuhalten, dass es keine Berichte oder Anschuldigungen gibt, dass Polen belarussische Staatsbürger, die in P. Asyl beantragten, nach B.s oder Personen aus Drittländern in ihre Verfolgerländer zurückschickte (Republik Österreich – BFA, Länderinformationsblatt Polen, 8.5.2025, S. 5).
39
Zwar hat der p. Präsident A. D. im März 2025 ein Gesetz unterzeichnet, das es erlaubt, das Asylrecht von Migranten in solchen Situationen für jeweils 60 Tage auszusetzen, die eine ernsthafte und reale Bedrohung für die nationale Sicherheit darstellen. Mit dem Gesetz sollte die Möglichkeit geschaffen werden, das Recht aus Stellung eines Asylantrags zeitlich und territorial begrenzt einzuschränken. Die Bedingungen, welche zu einer Aussetzung dieses Rechts führen, sind kumuliert die Instrumentalisierung der Migration (insbesondere unter Anwendung von Gewalt), eine ernsthafte und reale Bedrohung für die Sicherheit des polnischen Staates oder der Gesellschaft und das Fehlen anderer Mittel, mit denen diese Bedrohung verhindert werden kann. Die effektive Einführung dieser vorübergehenden Einschränkung des Asylrechts geschieht durch eine Verordnung des Ministerrats auf Antrag des Innenministers. Sie ist zeitlich auf max. 60 Tage begrenzt und kann um weitere 60 Tage verlängert werden. Der Ministerrat bestimmt die Gültigkeitsdauer der Maßnahme und den betroffenen Grenzabschnitt, an dem die Beschränkung angewendet wird. Von der Aussetzung des Asylrechts ausgenommen sind schutzwürdige Gruppen, wie unbegleitete Minderjährige, Schwangere und Personen mit einem besonderen Pflegebedürfnis aufgrund von Alters- und Gesundheitsproblemen, sowie Personen, bei denen nach Einschätzung der Grenzbeamten eindeutig ist, dass in dem Land, aus dem sie eingereist sind eine reale Gefahr besteht, dass sie erheblichen Schaden erleiden und weiter Bürger des Landes, das die Instrumentalisierung betreibt. Den Grenzschutzbeamten kommt eine verstärkte Entscheidungskompetenz bei der Beurteilung der jeweiligen Situation zu. Auf Basis des genannten Gesetzes wurde am 26. März 2025 beschlossen, das Asylrecht für Migranten, die über die Grenze zu B. nach P. kommen, vorübergehend auszusetzen. Diese können nun vorerst keine Asylanträge mehr stellen. Es sind Ausnahmen für o. g. Personengruppen vorgesehen. Die neue Regelung gilt zunächst für 60 Tage und betrifft ausschließlich die Grenze zu Belarus (vgl. auch hierzu Republik Österreich – BFA, Länderinformationsblatt Polen, 8.5.2025, S. 7 f.).
40
Nach alledem bestehen keine Anhaltspunkte, dass dem Antragsteller bei einer Überstellung nach P. wegen dort bestehender systemischer Schwachstellen im Asylverfahren, in den Aufnahmebedingungen oder im Falle einer etwaigen Anerkennung als international Schutzberechtigter eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde (vgl. zur Einschätzung ebenso VG München, B.v. 5.3.2025 – M 3 S 25.50086 – juris; VG Potsdam, B.v. 1.8.2024 – VG 1 L 652/24.A – juris; VG Kassel, U.v. 22.4.2024 – 7 K 1423/23.KS.A – juris Rn. 23 ff.; VG Ansbach, B.v. 22.1.2024 – AN 18 S 22.50404 – juris; VG Bremen, U.v. 12.12.2023 – 3 K 107/23 – juris Rn. 27 ff.; VG München, B.v. 10.10.2023 – M 10 S 23.50893 – juris Rn. 19 f.; VG Berlin, B.v. 6.4.2023 – 33 L 54/23 A – juris).
41
Auch die derzeit fortdauernde Kriegslage in der Ukraine und die sich hieraus ergebenden Flüchtlingsbewegungen nach P. führen zu keiner anderen Betrachtung. Zwar hat sich die Situation für Flüchtlinge nach Beginn des Ukrainekrieges infolge des Zustroms einer Vielzahl u. Flüchtlinge nach Polen verschärft; dennoch geht das Gericht davon aus, dass die Aufnahmebedingungen in Polen nicht regelhaft so defizitär sind, dass Flüchtlingen dort eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. So ist nicht ersichtlich, dass P. seine Pflichten im Rahmen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen könnte, zumal P. wie auch andere Mitgliedstaaten Unterstützung bei der Deckung des Bedarfs für Flüchtlinge erhält. Zudem müssen Schutzsuchende aus der U. aufgrund des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/382 des Rates der Europäischen Union vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der U. im Sinne des Artikels 5 der RL 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes kein üblicherweise vorgesehenes Asylverwaltungsverfahren durchlaufen, sondern können in einem vereinfachten Verwaltungsverfahren einen europaweit gültigen vorübergehenden Schutz mit entsprechendem Zugang zum Arbeitsmarkt und etwaigen Sozialleistungen erhalten. Nach der aktuellen Länderinformation des ö. Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl sieht das am 27. Juni 2023 überarbeitete Gesetz zur Unterstützung u. Bürger im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten vor, dass U. legal im Land bleiben können und gewährt das Recht auf Arbeit und freien Zugang zur Gesundheitsversorgung und Bildung. Mit Stand 12. Dezember 2023 waren ca. 950.000 Ukrainer registriert, die sich im Rahmen des EU-Mechanismus für vorübergehenden Schutz in Polen befanden. Im Mai 2024 wurde der vorübergehende Schutz für u. Staatsangehörige bis zum 30. September 2025 verlängert (Republik Österreich – BFA, Länderinformation der Staatendokumentation Polen, 28.6.2024, S. 1). Überdies haben im Rahmen einer vom UNHCR durchgeführten und am 25. Mai 2023 veröffentlichten Befragung von Flüchtlingen aus der U. lediglich 7% der Befragten erklärt, eine der staatlich angebotenen Unterkünfte in P. in Anspruch zu nehmen (vgl. UNHCR, Refugee Arrivals from Ukraine into Poland, 25.5.2022), stattdessen leben die meisten der aus der U. vertriebenen Personen privat in P. (Republik Österreich – BFA, Länderinformation der Staatendokumentation Polen, 5.7.2023, S. 1).
42
Zudem hat Polen vorliegend mit Schreiben vom 18. November 2024 das Rückübernahmeersuchen des Bundesamtes fristgerecht beantwortet und der Aufnahme des Antragstellers ausdrücklich zugestimmt. Es gilt somit zur Überzeugung des Gerichts nach wie vor die Vermutungswirkung des Prinzips des gegenseitigen Vertrauens (vgl. auch VG Bremen, U.v. 12.12.2023 – 3 K 107/23 – juris Rn. 32 ff; VG München, B.v. 10.10.2023 – M 10 S 23.50893 – juris Rn. 20; OVG SH, U.v. 22.6.2023 – 4 LB 6/22 – juris Rn. 80).
43
Eine abweichende Betrachtung ergibt sich auch im Einzelfall des Antragstellers sowie unter Berücksichtigung seiner individuellen Umstände und seines Vortrags nicht. Der Antragsteller, der sich seinem Vortrag nach bereits über Jahre mit einer Aufenthaltserlaubnis in Polen aufgehalten hat und dort auch einer Beschäftigung nachging, dabei auch einmal den Arbeitgeber wechselte, hat keine Belange vorgetragen, die systemische Mängel in Polen aufzeigen könnten. Soweit er rassistische Diskriminierung durch seinen Arbeitgeber und allgemein schlechte Arbeitsbedingungen geltend gemacht hat, greift dies nicht durch, um systemische Mängel des p. Asylsystems aufzuzeigen, mit dem der Antragsteller seinen Angaben nach noch gar keine Berührungspunkte hatte.
44
Auch aus Art. 16 Abs. 1 Dublin-III-VO ergibt sich nichts Anderes. Danach entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, einen Antragsteller und ein Kind, ein Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, wenn ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen ist. Derartiges hat der Antragsteller nicht vorgebracht und ist auch sonst nicht ersichtlich.
45
Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen würden, sind ebenso weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dabei ist davon auszugehen, dass die Dublin-III-VO nicht darauf ausgelegt ist, subjektive Rechte der Antragsteller gegenüber einem bestimmten Mitgliedsstaat auf Durchführung eines Asylverfahrens gerade durch diesen zu begründen (VG Ansbach, B.v. 5.3.2015 – AN 14 S 15.50026 – juris Rn. 22). Stimmt, wie hier, der nach den Kriterien der Dublin-III-VO zuständige Mitgliedsstaat der Übernahme eines Asylbewerbers zu, kann dieser der Heranziehung der die (anhaltende) Zuständigkeit dieses Mitgliedsstaates begründende Kriterium nur damit entgegentreten, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRCh ausgesetzt zu werden (EuGH, U.v. 10.12.2014 – C-394/12 – Rn. 60). Dies ist, wie ausgeführt, nicht der Fall.
46
Die rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit der Abschiebung des Antragstellers nach P. ist gegeben, so dass der Tatbestand des § 34a Abs. 1 AsylG erfüllt ist.
47
Nach der Rechtsprechung u.a. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.429 und vom 28.10.2013 – 10 CE 13.2257 – juris) ist neben der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ferner Voraussetzung einer Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylG, dass sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende Vollzugshindernisse (inlandsbezogene Abschiebungshindernisse) nicht entgegenstehen.
48
Dies ist hier der Fall. Die Abschiebung nach P. kann gemäß § 34a Abs. 1 AsylG durchgeführt werden. P. ist nach den obigen Ausführungen nach wie vor nach Art. 12 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 2 Dublin-III-VO verpflichtet, den Antragsteller aufzunehmen. Dass sich P. -entgegen der Wiederaufnahmezusage vom 27. Juni 2025 – nun weigern würde, ist nicht ersichtlich. Der Abschiebung entgegenstehende Vollzugshindernisse (inlandsbezogene Abschiebungshindernisse) sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse kommen zwar grundsätzlich nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG in Betracht. Nach den obigen Feststellungen liegen die Voraussetzungen für ein Abschiebungshindernis nach § 60 Abs. 5 AufenthG, nachdem ein Ausländer nicht abgeschoben werden darf, soweit sich aus der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist, nicht vor. Auch aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ergibt sich kein Abschiebungsverbot hinsichtlich des Antragstellers. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von einer Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht, wobei nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vorliegt, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist damit, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers auf Grund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d.h., dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (BVerwG, B.v. 17.8.2011 – 10 B 13.11 – juris Nr. 3). Nach diesen Maßstäben ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass hinsichtlich des Antragstellers ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorläge. Soweit der Antragsteller selbst den Verlust eines Daumens angeführt hat, ist mit einer Verschlechterung dieses Zustandes nicht zu rechnen. Zudem hat der Antragsteller selbst angegeben, nach dem Arbeitsunfall medizinisch versorgt worden zu sein. Soweit der Antragsteller selbst auf eine Fibromyalgie hingewiesen hat, ist diese schon nicht durch ärztliche Atteste nachgewiesen. Zudem ist in keiner Weise ersichtlich, dass diese sich in Polen verschlechtern würde. Soweit schließlich die Bevollmächtigten des Antragstellers auf eine Traumatisierung des Antragstellers hinweisen, ist auch diese nicht durch medizinische Unterlagen, wie dies aber nach § 60 Abs. 7 Satz 2 i.V.m. § 60a Abs. 2c Sätze 2 und 3 AufenthG erforderlich wäre, nachgewiesen.
49
Hinsichtlich der Abschiebungsanordnung ergibt sich auch nichts Anderes aus dem Umstand, dass, wie im Folgenden auszuführen ist, die Anordnung des befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots voraussichtlich rechtswidrig sein dürfte. Denn ein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Abschiebungsanordnung und dem Einreise- und Aufenthaltsverbot besteht nicht (vgl. BVerwG, U.v. 21.8.2018 – 1 C 21.17 – juris Rn. 22 f. zu einer Abschiebungsandrohung). Selbst wenn man entgegen gewichtiger Gründe in der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylG eine Rückkehrentscheidung im Sinne der RL 2008/115/EG erblickte, stellen die Abschiebungsanordnung und die Anordnung eines (befristeten) Einreise- und Aufenthaltsverbots jeweils eigenständige Entscheidungen dar, die auch gesondert anfechtbar sind (BVerwG, U.v. 21.8.2018 – 1 C 21.17 – juris Rn. 22).
50
Der Antrag ist dagegen begründet, soweit die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids begehrt wird.
51
Die im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene, aber auch ausreichende summarische Prüfung ergibt hier, dass die Anordnung des auf 60 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheids vom 7. Juli 2025 im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) voraussichtlich rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Dies führt insoweit zum Überwiegen des Suspensivinteresses des Antragstellers über das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin.
52
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG ist gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist oder gegen den eine Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG erlassen wurde, ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Dieses ist nach § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen, wobei nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden wird. Die Frist darf nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG – außer in den Fällen der § 11 Abs. 5 bis 5b AufenthG – fünf Jahre nicht überschreiten. Zuständig ist nach § 75 Nr. 12 AufenthG im Fall einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG, wie vorliegend, das Bundesamt.
53
Nach § 114 Satz 1 VwGO prüft das Gericht bei Ermessensentscheidungen auch, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Letzteres ist hier der Fall, so dass sich die Anordnung des befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots als rechtswidrig erweist. Die im vorliegenden Fall vom Bundesamt vorgenommene Befristung auf 60 Monate stellt sich nach diesem Maßstab als ermessensfehlerhaft dar, weil von dem Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Dies führt zur Rechtswidrigkeit der Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbost insgesamt.
54
Denn die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist als ein einheitlicher, auch in sich nicht teilbarer belastender Verwaltungsakt anzusehen (vgl. nur: BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 47.20 – juris Rn. 10; OVG Greifswald, U.v. 19.2.2024 – 4 LB 179/23 OVG – juris Rn. 17; auch bereits OVG Lüneburg, U.v. 6.5.2020 – 13 LB 190/19 – juris Rn. 54). Folglich führt ein Ermessensfehler bei der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zur Rechtswidrigkeit des einheitlichen Verwaltungsaktes insgesamt (BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 47.20 – juris Rn. 10).
55
Bei der Ermessensausübung im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ist speziell in asylrechtlichen Verfahren nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch das Bundesamt in einem ersten Schritt eine Prognose anzustellen, wie lange das Verhalten des Betroffenen das öffentliche Interesse an einer Gefahrenabwehr durch Fernhaltung des Ausländers von dem Bundesgebiet zu tragen vermag (BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 47.20 – juris Rn. 16). Das Gewicht des gefahrenabwehrrechtlich geprägten öffentlichen Interesses an einem befristeten Fernhalten des abgeschobenen Ausländers wird maßgeblich durch den Zweck des § 11 Abs. 1 AufenthG geprägt, mit dem der Gesetzgeber gewichtige spezial- und generalpräventive Zwecke verfolgt. Das unter der aufschiebenden Bedingung einer Abschiebung zu erlassende Einreise- und Aufenthaltsverbot ist zum einen in Bezug auf den betroffenen ausreisepflichtigen Ausländer zur Durchsetzung des Vorrangs der freiwilligen Ausreise vor der Abschiebung und zum anderen auch in Bezug auf sonstige ausreisepflichtige Ausländer zur Förderung der freiwilligen Ausreise zu dienen bestimmt (BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 47.20 – juris Rn. 16). In spezialpräventiver Hinsicht soll der Ausländer aus dem Unionsgebiet ferngehalten werden, weil er Anlass zu Vollstreckungsmaßnahmen gegeben hat und die Besorgnis besteht, dass selbige bei einem künftigen Aufenthalt erneut erforderlich werden. Zugleich soll in generalpräventiver Hinsicht verhindert werden, dass sich andere Ausländer in dem Vorhaben, ebenfalls nicht freiwillig auszureisen, ohne ein an die erforderlich gewordene Vollstreckungsmaßnahme anknüpfendes Einreise- und Aufenthaltsverbot bestärkt fühlen könnten (BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 47.20 – juris Rn. 16). Dem gefahrenabwehrrechtlich geprägten öffentlichen Interesse sind in einem zweiten Schritt die Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die private Lebensführung des Ausländers gegenüberzustellen (BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 47.20 – juris Rn. 17). Dieser zweite Prüfungsschritt zielt im Lichte von Art. 6 und Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und Art. 7 GRCh sowie des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf eine Begrenzung der einschneidenden Folgen eines Einreise- und Aufenthaltsverbots für das Familien- und Privatleben des Betroffenen (BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 47.20 – juris Rn. 17). Es bezweckt zudem, dem Interesse des Ausländers an einer „angemessenen Rückkehrperspektive“ bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen Rechnung zu tragen, weshalb zwar weder die Gründe für die Beendigung eines vormals bestehenden Aufenthaltsrechts noch die Erfüllung der Voraussetzungen für die Erteilung eines neuerlichen Aufenthaltstitels, wohl aber das Gewicht des individuellen Interesses, sich wieder im Bundesgebiet aufhalten zu dürfen, bei der Bemessung der Frist zu berücksichtigen ist (BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 47.20 – juris Rn. 17 m.w.N.).
56
Gemessen an diesen Maßstäben stellt sich die Befristung auf 60 Monate, mithin auf die nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG zulässige Höchstfrist als ermessensfehlerhaft dar. Weder den Gerichts- und Behördenakten noch dem streitgegenständlichen Bescheid sind Umstände zu entnehmen, die es aus gefahrenabwehrrechtlichen, spezial- oder generalpräventiven Gründen angezeigt erscheinen ließen, die Höchstfrist des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG auszuschöpfen, um den Antragsteller für diesen Zeitraum nach einer gegebenenfalls erfolgten Abschiebung aus dem Bundesgebiet fernzuhalten. Zwar weist die Antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass keine wesentlichen persönlichen, wirtschaftlichen oder sonstigen Bindungen des Antragstellers ersichtlich sind, die zu Gunsten des Antragstellers zu berücksichtigen wären. Gleichwohl vermag dies die Verfügung der maximal zulässigen Frist nicht zu tragen. Denn hierfür reicht es nicht aus, dass keine besonderen zu Gunsten des Antragstellers sprechenden Umstände gegeben sind, sondern es müssten demgegenüber positive Anhaltspunkte dafür vorliegen, den Antragsteller nach einer etwaigen Abschiebung so lange wie es gesetzlich im höchsten Fall möglich ist vom Bundesgebiet fernzuhalten. Dies ist aber, wie die Antragsgegnerin selbst im streitgegenständlichen Bescheid ausführt, nicht der Fall. Andernfalls würde die Höchstfrist des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG entgegen der gesetzlichen Zielsetzung der Ermächtigungsgrundlage zur Ausübung von behördlichem Ermessen zu einer Regelfrist (vgl. so schon: OVG Koblenz, U.v. 8.11.2016 – 7 A 11058/15 – juris Rn. 38 f.; VG Würzburg, Gerichtsbescheid v. 14.1.2025 – W 6 K 24.50466 – juris Rn. 28 f.; VG Würzburg, U.v. 29.1.2025 – W 5 K 25.50003 – juris Rn. 38 ff.; VG Ansbach, B.v. 7.3.2025 – AN 18 S 25.50061 – juris Rn. 57 ff.; VG Aachen, U.v. 26.3.2025 – 4 K 207/25.A – juris Rn. 76 ff.; VG Hannover, Beschluss vom 10.4.2025 – 15 B 2388/25 – juris Rn. 61 ff.; VG Gelsenkirchen, U.v. 23.6.2025 – 2a K 749/25.A – juris Rn. 37 ff.).
57
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 161 Abs. 1, 155 Abs. 1 VwGO. Dabei geht das Gericht davon aus, dass der Antrag, soweit er sich gegen die Abschiebungsanordnung in Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids richtet, größeres Gewicht hat, zumal bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung auch die Entscheidungen über die Zulässigkeit des Asylantrages des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland (Ziffer 1) und die Frage der Abschiebungsverbote (Ziffer 2) inzident zu prüfen sind. Im Ergebnis erscheint eine Gewichtung im Verhältnis von ¾ zu ¼ angemessen.
58
Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
59
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).