Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 11.06.2025 – Verg 9/24 e
Titel:

Bayerisches Oberstes Landesgericht, Nachprüfungsverfahren, Zuschlagskriterien, Antragsbefugnis, Vergabeverfahren, Sofortige Beschwerde, Angebotsausschluss, Ungewöhnliches Wagnis, Verfahrensbevollmächtigter, Vergabeverstoß, Vergabeunterlagen, Wertungsmatrix, Vergaberechtsverstoß, Vergabekammer, Beiladung, Vergaberechtsreform, Nachprüfungsantrag, Bauunternehmer, Vergaberechtswidrigkeit, Honorarzuschlag

Schlagworte:
Vergabeverfahren, Angebotskalkulation, Honorarbewertung, Präsentationswertung, Vertragsgestaltung, Nachprüfungsverfahren, Kommunikationsmittel
Vorinstanz:
Vergabekammer Ansbach, Beschluss vom 22.11.2024 – RMF-SG21-3194-9-33
Fundstelle:
BeckRS 2025, 21031

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 22. November 2024, Az. RMF-SG21-3194-9-33, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Vergabeverfahren bei Fortbestehen der Vergabeabsicht in den Stand vor Aufforderung der Abgabe von Erstangeboten zurückzuversetzen und unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut durchzuführen ist.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragstellerin. Der Antragsgegner und die Beigeladene tragen ihre notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung jeweils selbst.
III. Bei der Kostenentscheidung der Vergabekammer hat es sein Bewenden.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu […] € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsgegner schrieb mit am 26. Dezember 2023 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union unter Nr. … veröffentlichter Bekanntmachung einen Wettbewerb zur „Planung und Realisierung von Appartmenthäusern an der Klinik H in K als Architektenleistung, einschl. Freianlagen“ aus, wobei das Vergabeverfahren als „Planungswettbewerb mit beschränkter Teilnehmerzahl mit vorherigem Teilnahmewettbewerb (nicht offener Planungswettbewerb) und anschließendem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb“ durchgeführt werden sollte.
2
Die Platzierung im Planungs- und Realisierungswettbewerb sollte im nachfolgenden Vergabeverfahren mit 40% bewertet werden. Von den ursprünglich drei Wettbewerbern erzielte die Antragstellerin den ersten, die Beigeladene den dritten Platz; der weitere Wettbewerber nahm am Vergabeverfahren nicht mehr teil.
3
Die Vergabeunterlagen enthielten einen Verfahrensleitfaden, eine (auch im Verfahrensleitfaden in Bezug genommene und teilweise wiedergegebene) Wertungsmatrix und die Bedingungen des abzuschließenden Planungsvertrags.
4
Der Verfahrensleitfaden enthält hinsichtlich des Ablaufs unter anderem folgende Vorgaben:
„5. Ablauf des Vergabeverfahrens
Das Vergabeverfahren erfolgt in zwei Schritten:
5.1 Angebotsphase: Erstangebot
[…]
5.1.2 Abgabefrist zur Einreichung eines Erstangebot …] Die Erstangebote sind im ‚PPM Raum‘ hochzuladen/ einzustellen. Hierfür wurde für jeden Bieter ein individualisierter Ordner erstellt [… auf den nur er Zugriff hat. Jeder Bieter hat sein Erstangebot in seinem individualisierten Ordner fristgerecht hochzuladen/ einzustellen. Die Angebote sind deutlich mit ‚Erstangebot, Frist 25. Juli 2024, 12:00 h‘ zu kennzeichnen.
[…]
5.1.5 Angebotswertung der Erstangebote
Die wertbaren Erstangebote werden nach den festgelegten Zuschlagskriterien (siehe unter Ziffer 6) bewertet. Die Auftraggeberin behält sich vor, den Zuschlag auf das Erstangebot zu erteilen.
5.1.6 Präsentations- und Verhandlungstermin
Diejenigen Bieter, die gemäß Ziffer 5.1.5 ein wertbares Erstangebot eingereicht haben und am weiteren Vergabeverfahren teilnehmen, werden von der Auftraggeberin zu Präsentations- und Verhandlungsterminen eingeladen, bei denen die Bieter nach näherer Maßgabe der Wertungsmatrix die Angebotsbestandteile ‚Konzept zum Kosten- & Nachtragsmanagement‘, ‚Konzept zur Terminsicherheit‘ sowie ‚Vorschläge und konkrete Vorgehensweise zur entwurflichen Entwicklung im Planungsprozess‘ vorstellen und einer Diskussion und der Beantwortung von Fragen stellen. Zu den Präsentations- und Verhandlungsterminen haben bieterseitig teilzunehmen:
1. der Inhaber des Büros bzw. der geschäftsführende Architekt und der das Projekt leitende Architekt/Ingenieur für die Planungsleistungen Gebäude- und Innenräume nach § 34 HOAI
2. der Inhaber des Büros bzw. der geschäftsführende Architekt und der das Projekt leitende Architekt/Ingenieur für die Planungsleistungen Freianlagen nach § 39 HOAI […].
Zusätzliche Projektmitarbeiter nehmen nicht teil. Die Teilnehmer des Bieters sind aufgefordert, als Team aufzutreten.
Anschließend besteht Gelegenheit zu Verhandlungsgesprächen zwischen Auftraggeberin und Bieter. Die Verhandlungsgespräche werden über die angemeldeten Verhandlungsbedarfe geführt. Verlauf und Inhalt der Verhandlungsgespräche werden nicht bewertet. Falls die Bieter Verhandlungsbedarfe sehen, müssen ihre Verhandlungsbedarfe mit der Abgabe der Erstangebote einreichen (Unterlage: A-04).
Die Präsentations- und Verhandlungstermine sollen nach aktueller Planung am Montag, dem 5. August 2024, durchgeführt werden. […]
5.1.7 Überarbeitung der Vergabeunterlagen
[…]
Ein Anspruch der Bieter auf Änderungen der Vergabeunterlagen einschl. der Berücksichtigung / Umsetzung der angemeldeten Verhandlungsbedarfe besteht nicht; nicht erfolgte derartige Änderungen dürfen der Angebotskalkulation nicht zugrunde gelegt werden.
5.2 Angebotsphase: Verbindliche Angebote
5.2.1 Aufforderung zur Einreichung verbindlicher Angebote
[…]
Die Bieter dürfen beim verbindlichen Angebot die Preise im Verhältnis zu den Erstangeboten nicht erhöhen.
Die Auftraggeberin behält sich vor, die Aufforderung auf einzelne Angebotsbestandteile – namentlich den Preis – zu beschränken.
[…]
5.3 Änderung des Ablaufs des Vergabeverfahrens
Die Auftraggeberin behält sich vor, den in diesem Verfahrensleitfaden erläuterten Ablauf, insbesondere Fristen und Termine, unter Beachtung des Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsgrundsatzes zu ändern und anders auszugestalten. […]“
Hinsichtlich der Wertung der Angebote enthält der Verfahrensleitfaden (unter Verweis auf die Wertungsmatrix im Übrigen) in Nr. 6.2 unter der Überschrift „Wertungskriterien im Überblick“ eine Tabelle mit unter anderem folgenden Einträgen:

„Honorar

Stundensätze inkl. USt (EUR) insgesamt

2,5%

Honorarabschläge

10%

Honorarzuschläge

bis zu 200 Punkte Abzug“

sowie

„Präsentationstermin

Präsentationstermin Vorstellung der Angebotsbestandteile

,Konzept zum Kosten- &

Nachtragsmanagement‘, ‚Konzept zur Terminsicherheit‘ sowie ‚Vorschläge und konkrete Vorgehensweise zur entwurflichen Entwicklung im Planungsprozess‘ Diskussion und Beantwortung von Fragen

10%“

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Gemäß Nr. 7.4 des Leitfadens sollte die gesamte Kommunikation während des Vergabeverfahrens ausschließlich über den „PPM Raum“ und die in Nr. 7.3 genannte E-Mailadresse („Wohnanlage.***@klinikum-[…].de“) erfolgen, und in Nr. 7.8 heißt es unter der Überschrift „Unklarheiten in den Vergabeunterlagen“: „Sind Bieter der Auffassung, dass die Vergabeunterlagen Lücken, Unklarheiten, Widersprüche oder Fehler enthalten, haben sie die Auftraggeberin hierauf unverzüglich hinzuweisen.“
6
Nach der Wertungsmatrix kann ein Bieter maximal 1.000 Bewertungspunkte erlangen. Wie viele Punkte zu einem in der Matrix genannten Zuschlagskriterium (in der Kopfzeile der Wertungsmatrix als Eignungskriterium bezeichnet) maximal erreicht werden können, bemisst sich nach der Gewichtung dieses Kriteriums gemäß der Wertungsmatrix wie folgt: Das Kriterium „Lösung der Aufgabenstellung“ wird mit insgesamt 52,5% (525 Punkten) bewertet und unterteilt sich in die Unterkategorien „Platzierung im Planungs- und Realisierungswettbewerb“ (40% bzw. 400 Punkte; diese erhält der im Wettbewerb Erstplatzierte), „Vorschläge und konkrete Vorgehensweise zur entwurflichen Weiterentwicklung nach etwaigen Empfehlungen aus dem Preisgerichtsprotokoll […]“ (2,5% bzw. 25 Punkte) und „Vorschläge und konkrete Vorgehensweise zur entwurflichen Entwicklung im Planungsprozess“ (10% bzw. 100 Punkte). Das mit 12,5% (125 Punkten) gewichtete Kriterium „Honorar“ unterteilt sich in „Stundensätze inkl. USt (EUR) insgesamt“ (2,5% bzw. 25 Punkte; diese erhält das Angebot „mit dem niedrigsten ‚Wertungspreis Stundensätze‘“) und „Honorarabschläge“ (10% bzw. 100 Punkte; diese erhält der Bieter mit dem höchsten Honorarabschlag). Außerdem enthält die Wertungsmatrix im Block „Honorar“ das Unterkriterium „Honorarzuschläge“; insoweit ist kein Prozentwert ausgewiesen und angeordnet, dass das Angebot mit dem höchsten Honorarzuschlag 200 Wertungspunkte abgezogen bekommt. Das mit 25% (250 Punkten) gewichtete Kriterium „Projektumsetzung“ unterteilt sich in die Unterkategorien „Personalkonzept“ (5% bzw. 50 Punkte), „Konzept zum Kosten- und Nachtragsmanagement“ (10% bzw. 100 Punkte) und „Terminsicherheit“ (10% bzw. 100 Punkte). Schließlich wird das Kriterium „Präsentationstermin“ mit 10% (100 Punkten) gewichtet. Es bezieht sich auf eine 20-minütige Präsentation zu den bereits in der Wertungsmatrix aufgeführten Angebotsbestandteilen „Konzept zum Kosten- & Nachtragsmanagement“, „Konzept zur Terminsicherheit“ und „Vorschläge und konkrete Vorgehensweise zur entwurflichen Entwicklung im Planungsprozess“. Bewertet wird hier, „inwieweit das Auftreten des Teams, die Souveränität im Vortrag und fachliche Kompetenz bei der anschließenden Diskussion und Beantwortung von Fragen folgende Qualität der Leistungserbringung im Hinblick auf die präsentierten Angebotsbestandteile erwarten lässt“. Ist danach eine mit „Gut“ zu bewertende Qualität der Leistungserbringung zu erwarten, erhält der jeweilige Bieter 100 Punkte.
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Der in einer ursprünglichen und einer zweiten Version vom 16. August 2024 vorliegende Planungsvertrag enthält unter anderem folgende Bestimmungen:
„2.4.1 Allgemeine Beratung
Die Planungsleistungen nach den Ziffern 2.1 und 2.2 beinhalten jeweils neben den Leistungen nach §§ 34, 39 HOAI mit Anlage 10.1 bzw. Anlage 11.1 zur HOAI, auf Basis der im Planungs- und Realisierungswettbewerbs eingereichten Wettbewerbsarbeit, auch die jeweils notwendigen Teilnahmen an sämtlichen von der Auftraggeberin gewünschten Beratungen mit sämtlichen Bauunternehmern, Sonderfachleuten (z. B. Fachingenieuren) und sonst am Bau Beteiligten, die erforderlichen Behördenabstimmungen und -gespräche (insbesondere auch mit der Fördermittelstelle) sowie die Koordinierung mit allen übrigen von den Baumaßnahmen Betroffenen.
Ferner beinhalten die Leistungen auch Prüfungen von Nachtragsforderungen von Bauunternehmen und sonst am Bau Beteiligten (detaillierte Prüfung der abgerechneten Leistungen und der Vergütungshöhe) nach den Vorgaben der Auftraggeberin. Die Erbringung dieser Leistungen wird nicht gesondert vergütet.
[…]
5. Recht zur Leistungsminderung bei Abruf der Planungsleistungen Die Auftraggeberin ist berechtigt, Leistungsminderungen im Rahmen der beauftragten Leistungen nach Ziffer 3 und im Falle der Ausübung des Optionsrechts nach Ziffer 4 der Beauftragungsstufen nach Ziffern 4.1.1 und 4.1.2 anzuordnen.
Für entfallende Teilleistungen, welche die Auftraggeberin selbst übernimmt oder durch Dritte ausführen lässt, wird vereinbart, dass die Vergütung des jeweiligen Auftragnehmers nach Ziffer 9 und 10 [in Version 2: nach Ziffer 12 und 13] insofern anteilig entfällt.
[…]
6.1.2 [in Version 2: 9.1.2] Koordinierungsleistungen
Der Auftragnehmer 1 schuldet überdies sämtliche Planungsleistungen im weiteren Sinne (insbesondere einschließlich Bauüberwachung und einschließlich Beauftragung, Überwachung, Koordination, Steuerung und Integration aller von ihm zu stellenden Planer, Fachplaner, Sonderfachleute und Gutachter), die erforderlich und zweckmäßig sind, um die durch den Vertragsgegenstand nach Ziffer 2 und die Bestandteile/ Grundlage des Vertrags nach Ziffer 1 definierten Werkerfolge zu erreichen.
Der Auftragnehmer 1 übernimmt zudem in allen beauftragten Leistungsphasen auch umfassende Koordinierungsleistungen für das Gesamtprojekt. Er wird die Leistungen der weiteren vom Auftraggeber beauftragten Planer, Fachplaner Technische Ausrüstung sowie ggf. weiterer fachlich Beteiligter (Gutachter, Sonderfachleute etc.) zeitlich und fachlich koordinieren, um den Planungserfolg über die eigene Planung hinaus („Gesamtplanung“) sicherstellen. […]
Klargestellt wird, dass durch die vorgenannten Koordinierungsaufgaben seitens der Auftraggeberin keine Projektsteuerung im klassischen Sinn (etwa nach AHO) beauftragt ist. Das Planungsvorhaben soll vor dem Hintergrund der umfassenden Planungs- und Bauüberwachungsverantwortung des Auftragnehmers 1 vielmehr ohne gesonderte Projektsteuerung durchgeführt werden. Eine gesonderte Vergütung erhält der Auftragnehmer 1 für die Koordinierungsleistungen nicht.“
8
Die Antragstellerin reichte (ebenso wie die Beigeladene) fristgerecht ein Erstangebot ein, dem ein ausgefülltes Formular zur Anmeldung von Verhandlungsbedarfen beigegeben war. Die Befüllung des Formulars erfolgte nach dem Vortrag der Antragstellerin mit Hilfe des Rechtsanwalts S, dessen Mandat sich darauf sowie auf die Prüfung des Planungsvertrags beschränkt habe. Am 6. August 2024 präsentierte die Antragstellerin dem Antragsgegner ihr Erstangebot, wobei es aus zwischen den Parteien streitigen Gründen nicht zu einer Verhandlung über die angemeldeten Verhandlungsbedarfe kam; während der Antragsgegner vorträgt, die Antragstellerin habe nicht verhandeln wollen und durch den anwesenden Architekten F erklärt, dass erst nach der Zuschlagserteilung über den Vertrag verhandelt werden solle, macht die Antragstellerin geltend, sie habe zu diesem Termin nicht angemessen verhandeln können, da sie, im Unterschied zum Antragsgegner, nicht anwaltlich vertreten gewesen sei. Daraufhin kam es am 13. August 2024 zu einem Videotelefonat, an dem aufseiten der Antragstellerin Rechtsanwalt S teilnahm; während dieses Gesprächs teilte der Antragsgegner mit, dass die angemeldeten Verhandlungsbedarfe nicht umgesetzt würden. Mit E-Mail vom 17. August 2024 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin dazu auf, bis zum 23. August 2024, 12:00 Uhr, per E-Mail an einen anwaltlichen Vertreter des Antragsgegners ein verbindliches Angebot einzureichen; die E-Mail sollte den Betreff tragen: „Klinikum [K]: Angebot Wohnanlage [H], nicht vor 23. August 2024, 12:00 h öffnen“. Statt dieser Aufforderung nachzukommen, machte die nunmehr durch eine andere Rechtsanwaltskanzlei vertretene Antragstellerin mit Schriftsatz vom 23. August 2024 gegenüber dem Antragsgegner geltend, die Angebotskalkulation sei auf der Grundlage der unveränderten vertraglichen Regelungen unzumutbar und die Zuschlagskriterien nach der Wertungsmatrix seien ebenso vergaberechtswidrig wie die verlangte Kommunikation über einen Plandatenserver sowie per E-Mail. Mit Schriftsatz vom 13. September 2024 wies der Antragsgegner die Rügen zurück.
9
Mit am selben Tag bei der Vergabekammer Nordbayern eingegangenem Schriftsatz vom 23. September 2024 beantragten die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens. In der Antragsschrift führten die Antragsteller u. a. aus, das Erstangebot basiere auf den übermittelten Änderungswünschen, sei also „unter der Prämisse kalkuliert“ worden, „dass die unzumutbaren Vertragsbestandteile entsprechend in den Vertragsverhandlungen aufgelöst werden“; auch der angebotene (geringe) Honorarabschlag beruhe auf diesem Umstand. Unter Hinweis auf diese Formulierungen forderte der Antragsgegner von der Antragstellerin mit Schreiben vom 2. Oktober 2024 „wegen nachträglichen Zweifeln am Angebotsinhalt“ Aufklärung dazu, welche Annahmen oder Prämissen sie ihrem Angebot vom 25. Juli 2024 zugrunde gelegt habe. Hierauf antwortete die Antragstellerin, es werde nicht erläutert, woran konkret welche Zweifel bestehen sollten. Sie könne daher nur ausführen, dass sie ihr Angebot „auf Basis der ihr vorliegenden Vergabeunterlagen und den dort enthaltenen Vorgaben, Ausführungen und Anforderungen abgegeben“ habe. Daraufhin schloss der Antragsgegner mit Schreiben vom 21. Oktober 2024 das Erstangebot der Antragstellerin gemäß § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV vom Vergabeverfahren aus; da es unter der Prämisse kalkuliert worden sei, dass die unzumutbaren Vertragsbestandteile in den Vertragsverhandlungen aufgelöst würden, wichen die bepreisten Leistungen von den Vergabeunterlagen ab.
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Die Antragstellerin hat im Nachprüfungsverfahren im Wesentlichen vorgetragen, ihre Rügen seien nicht präkludiert. Hinsichtlich der gerügten Unzumutbarkeit der Kalkulation sei nicht erkennbar gewesen, dass entgegen der Ausgestaltung des Verfahrens im Leitfaden tatsächlich keine Verhandlungen stattfinden würden; die Möglichkeit, auf das Erstgebot den Zuschlag zu erteilen (Nr. 5.1.5 des Leitfadens) und die Bestimmung, dass kein Anspruch auf Berücksichtigung der angemeldeten Bedarfe besteht (Nr. 5.1.7), seien Pro-forma-Vorbehalte, die durch die Verfahrensgestaltung der Vergabestelle konterkariert seien. Die Verfahrensunterlagen sähen alternativlos Verhandlungen nach Einreichung der Erstangebote und erst dann verbindliche Angebote vor. Erst als der Antragsgegner nach dem Verhandlungsgespräch mit Rechtsanwalt S am 13. August 2024 zum Ausdruck gebracht habe, an dem Vertrag keine Änderungen vornehmen zu wollen, habe Erkennbarkeit dahingehend bestanden, dass die vertraglichen Regelungen in ihrer Unkalkulierbarkeit unverrückbar festgestanden hätten. Die Vergabeverstöße der unbestimmten Bewertungsmaßstäbe und der disproportionalen Bewertungskriterien in der Wertungsmatrix seien für einen objektiven Empfängerkreis der Architekten nicht erkennbar gewesen; die Rüge der Nichtdurchführung des Vergabeverfahrens mit elektronischen Mitteln sei nicht präkludiert, weil für die Antragstellerin nicht erkennbar gewesen sei, was elektronische Mittel im Sinne des Vergaberechts seien.
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Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet. Die Einreichung eines vollständig bepreisten Erstangebots spreche nicht gegen die Unkalkulierbarkeit des Vertrags. Wie sich aus dem Leitfaden ergebe, sei das Erstangebot nicht verbindlich. Zudem habe die Antragstellerin von der Möglichkeit der Anmeldung von Verhandlungsbedarfen Gebrauch gemacht. Der Vertrag sei so ausgestaltet, dass er umfassende Projektmanagement- und -steuerungsleistungen beinhalte, ohne sie als besondere, vergütungspflichtige Leistungen anzuerkennen und ohne die Möglichkeit einer Vergütung vorzusehen. Die Leistungspflichten gemäß HOAI seien durch unkalkulierbare intransparente Erweiterungen vergrößert worden, ohne dass diese Leistungen als solche ausgewiesen worden wären und ‒ wegen des Abschlags auf Honorarzuschläge nach der Wertungsmatrix ‒ ohne die Möglichkeit, entsprechende Zuschläge einzukalkulieren. Die Zuschlagskriterien seien vergaberechtswidrig, vor allem, weil die Bewertungsmaßstäbe disproportional und intransparent seien. Die Notenstufen bezüglich der Bewertung der Konzepte seien vergaberechtswidrig, da die zweitbeste Bewertung bereits zu einem Punktabzug von 50% gegenüber der Bestnote führe. Der vorgesehene Abschlag für Honorarzuschläge sei vergaberechtswidrig, da er zu einem „Alles-oder-nichts-Ergebnis“ führen könne. Auch die Unterkriterien zu Stundensätzen und Honorarabschlägen seien vergaberechtswidrig. Insgesamt würden die Preise nicht mehr linear bewertet. Vergaberechtswidrig seien auch die Kriterien für die Bewertung der Präsentation, weil sie einen nicht prüfbaren subjektiven Maßstab enthielten und nicht auf der Wertung der schriftlichen Angebote beruhten. Zudem sei gegen den Grundsatz der Durchführung der Vergabe mit elektronischen Mitteln verstoßen worden. Der Angebotsausschluss vom 21. Oktober 2024 sei unzulässig. Mit dem Erstangebot habe die Antragstellerin gerade keine Änderung der Vergabeunterlagen vorgenommen, sondern sich im Gegenteil an die Vorgaben des Antragsgegners zur Anmeldung von Verhandlungsbedarfen gehalten; mit der Begründung des vermeintlichen Angebotsausschlusses verkehre der Antragsgegner seine eigene Gestaltung der Vergabeunterlagen in ihr Gegenteil.
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Die Antragstellerin hat beantragt,
gemäß § 168 Abs. 1 GWB geeignete Maßnahmen zu treffen, um die festgestellte Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern.
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Der Antragsgegner hat beantragt,
diesen Antrag zurückzuweisen.
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Die Beigeladene hat die Abweisung des Nachprüfungsantrags beantragt.
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Der Antragsgegner ist der Auffassung, der Ausschluss des Angebots der Antragstellerin sei wirksam. Da sich der Antragsgegner gemäß Nr. 5.1.5 des Verfahrensleitfadens vorbehalten habe, den Zuschlag auf das Erstangebot zu erteilen, habe bereits dieses verbindlich sein müssen, was mit der im Nachprüfungsantrag kund getanen Bedingung nicht in Einklang stehe; selbst wenn man mit Blick auf das Procedere zur Anmeldung von Verhandlungsbedarfen die Zulässigkeit einer Bedingung unterstelle, habe spätestens mit der (gemäß Nr. 5.1.7 des Verfahrensleitfadens möglichen) Ablehnung der Verhandlungsbedarfe durch den Antragsgegner am 13. August 2024 festgestanden, dass die Bedingung, unter die das Erstangebot gestellt worden sei, endgültig nicht eingetreten sei. Die Rüge der angeblichen Unzumutbarkeit der Kalkulation sei präkludiert, insbesondere mit Blick auf die Mitwirkung eines im Bau- und Architektenrecht erfahrenen Rechtsanwalts aufseiten der Antragstellerin; die Präklusion ergebe sich aus § 160 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 3 GWB. In der Sache erlaube der Planungsvertrag eine zumutbare und auskömmliche Kalkulation; insbesondere handle es sich bei vielen der angegriffenen Regelungen im Planungsvertrag lediglich um Konkretisierungen bzw. Präzisierungen der Grundleistungen gemäß HOAI. Auch die Rüge, die Wertungsmatrix sei vergaberechtswidrig, sei präkludiert. Die vorgetragenen Verstöße seien, auch im Hinblick auf die Einbindung des genannten Rechtsanwalts, vor Angebotsabgabe erkennbar gewesen. Die Wertungsmatrix sei auch sachlich nicht zu beanstanden. Der 1. Preisträger erhalte einen deutlichen Punktevorsprung, so dass die weiteren Preisträger hohe Hürden überwinden müssten, um ihn zu überholen. Der ganz erhebliche Wertungsvorsprung des 1. Preisträgers könnte es ihm erlauben, seine Honorarvorstellungen einseitig durchzusetzen, falls die Wertungsmatrix keine gegensteuernden Mechanismen enthielte. Die Rüge in Bezug auf elektronische Kommunikation sei ebenfalls präkludiert; zudem sei die Antragstellerin nicht beschwert, da der Antragsgegner nachweisen könne, dass tatsächlich keine vorfristige Kenntnisnahme stattgefunden habe. Präkludiert sei schließlich auch die Rüge der zudem zulässigen Präsentationswertung. Es bestehe eine Verbindung der Kriterien zum Auftragsgegenstand: Mit der Durchführung eines Planungsvertrags seien unter anderem eine Vielzahl von Besprechungen verbunden, wofür die geprüften Qualitäten erforderlich seien.
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Die Beigeladene hat sich zu einzelnen Aspekten wie aus der Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. November 2024 ersichtlich geäußert, schriftsätzlich aber nicht Stellung genommen.
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Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 22. November 2024 festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt sei und den Antragsgegner bei Fortbestehen der Vergabeabsicht unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer verpflichtet, das Vergabeverfahren in den Stand vor Aufforderung zur Abgabe von Erstangeboten zurückzuversetzen. Mit Blick auf die hier noch im Streit stehenden Aspekte hat sie im Wesentlichen ausgeführt: Der Nachprüfungsantrag sei zulässig. Die Antragstellerin sei gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt, da sie geltend mache, durch Vergabeverstöße an der Einreichung eines chancenreichen Angebots gehindert bzw. erheblich beeinträchtigt worden zu sein. Das Vorbringen zur Nichtkalkulierbarkeit des Vertrags sei nicht nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB präkludiert, da nicht davon auszugehen sei, dass der geltend gemachte Verstoß vor der Frist von zehn Kalendertagen vor der Rüge vom 23. August 2024 (von der Antragstellerin oder dem für sie handelnden Rechtsanwalt) erkannt worden sei. Insbesondere könne aus der Anmeldung einer Reihe von Verhandlungsbedarfen mit dem Erstangebot nicht auf die erforderliche positive Kenntnis geschlossen werden. In der Verhandlungsbedarfsliste würden eine ganze Reihe von Verhandlungsbedarfen zu unterschiedlichen Regelungen des Vertrags genannt; es werde teilweise zum Ausdruck gebracht, dass Regelungen nicht gewünscht seien oder angepasst werden sollten (etwa Nr. 5), überwiegend jedoch Klarstellungen (Präambel, Nr. 2.3) oder Präzisierungen (Nr. 2.4) gewünscht oder Gesprächsbedarf angekündigt (Nr. 9). Die Verhandlungsbedarfsliste sei auch nicht deckungsgleich mit der Liste der später gerügten vertraglichen Regelungen; so werde auf das später gerügte Optionsrecht in Nr. 4 des Vertrags nicht eingegangen. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass der vorgetragene Vergabeverstoß in tatsächlicher Hinsicht erkannt worden sei. Das gelte auch mit Blick auf die oben wiedergegebenen Formulierungen im Nachprüfungsantrag zu den Prämissen des Erstangebots, deren Einordnung auch insofern fraglich sei, als die Beschreibung der im Verhandlungsbedarf angegebenen Vertragsbestandteile als unzumutbar womöglich auf einer späteren Wertung durch den nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten beruhe. Auch in rechtlicher Hinsicht sei mit Blick auf die Komplexität der zu beurteilenden Frage nicht von einem positiven Erkennen des vorgetragenen Vergabeverstoßes auszugehen. Zur Frage der Vergaberechtswidrigkeit aufgrund Unzumutbarkeit der Kalkulation bestehe eine umfangreiche Kasuistik, wobei sich allgemeine Regeln noch nicht herausgebildet hätten und die vorliegende Konstellation noch nicht entschieden worden sei. Hinzu komme, dass die Frage der Unzumutbarkeit der Kalkulation hier auch von der Kombination verschiedener Regeln abhänge. Die Rechtsprechung gehe bei komplexen, ungeklärten vergaberechtlichen Fragen nicht von der Erkennbarkeit eines Vergabeverstoßes aus, so dass erst recht nicht von einem positiven Erkennen des vorgetragenen Vergaberechtsverstoßes auszugehen sei, auch nicht im Sinne eines mutwilligen Sich-Verschließens der Erkenntnis. Dafür spreche auch, dass der Verfahrensleitfaden das Instrument der Anmeldung von Verhandlungsbedarfen ausdrücklich vorsehe, auch wenn auf die Umsetzung der angemeldeten Verhandlungsbedarfe gemäß Nr. 5.1.7 des Leitfadens kein Anspruch bestehe. Die Erwartung, dass über die (zum Teil lediglich eine Klarstellung / Präzisierung / Erörterung betreffenden) angemeldeten Verhandlungsbedarfe gesprochen und verhandelt werde und sie ggf. zumindest zum Teil umgesetzt werden könnten, sei daher nachvollziehbar. Dem Argument der Erwartbarkeit von Verhandlungen stehe auch nicht entgegen, dass sich der Antragsgegner vorbehalten hatte, den Zuschlag auf das Erstangebot zu erteilen (Nr. 5.1.5 des Leitfadens), da Nr. 5.1.6 des Leitfadens einen Präsentations- und Verhandlungstermin vorsehe. Der geltend gemachte Vergabeverstoß im Hinblick auf die Kalkulation sei auch nicht gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert, da der dargelegte Verstoß nach dem anzulegenden objektiven Maßstab eines durchschnittlichen Bieters zumindest in rechtlicher Hinsicht nicht erkennbar gewesen sei. Dafür spreche die (bereits benannte) Komplexität und Ungeklärtheit der Rechtsfrage sowie der Umstand, dass ggf. eine Reihe von Regelungen im Zusammenhang zu betrachten sei. Daran ändere auch die Einbindung eines Rechtsanwalts aufseiten der Antragstellerin nichts; selbst wenn (entgegen der Auffassung der Vergabekammer) hinsichtlich der Erkennbarkeit auch auf diesen abzustellen wäre, wäre mangels vergaberechtlicher Spezialisierung nicht von einer Erkennbarkeit auszugehen. Mit Ausnahme der Rüge, der Bewertungsmaßstab der nichtpreislichen Zuschlagskriterien sei disproportional, seien auch die weiteren Rügen der Antragstellerin mangels Erkennbarkeit vor Abgabe der Erstangebote nicht gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert. Das gelte insbesondere für die Rüge disproportionaler und intransparenter Bewertungsmaßstäbe bezüglich der Honorarbewertung. Die Antragstellerin habe nicht erkennen müssen, wie sich die Honorarbewertung, insbesondere der Punktabzug für Honorarzuschläge und die Bepunktung für Honorarzuschläge auswirken könne und wie das rechtlich zu bewerten sei, da die Auswirkungen dieser Kriterien von den (unbekannten) Angeboten der anderen Bieter abhingen. Hinzu komme die Komplexität der zu beurteilenden Rechtsfrage und der Umstand, dass Bewertungssysteme bzw. -methoden eine Domäne des Auftraggebers seien, mit denen sich Bieter im Grundsatz nicht auskennen könnten und müssten. Nicht präkludiert sei auch die Rüge der bei dem Präsentationstermin bewerteten Kriterien; die vergaberechtlichen Anforderungen an die Wertung von Präsentationen seien eine durch Rechtsprechung geprägte Spezialmaterie, deren Kenntnis vom maßgeblichen durchschnittlichen Bieter nicht verlangt werden könne. Schließlich sei schon mangels tatsächlicher Erkennbarkeit die Rüge, die Verwendung des PPM-Raums und die vorgesehene Kommunikation per E-Mail verstoße gegen die Anforderungen an elektronische Mittel, nicht präkludiert.
18
Der Nachprüfungsantrag sei begründet. Der Angebotsausschluss sei vergaberechtswidrig, da entgegen der Auffassung des Antragsgegners eine Abweichung von den Vergabeunterlagen im Sinne des § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV nicht vorliege; die oben wiedergegebenen Äußerungen der nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im Nachprüfungsantrag zu den Prämissen des Erstangebots zeigten eine solche nicht auf. Das Erstangebot der Antragstellerin werde in der Sache nicht davon berührt, ob sich ihre subjektive Annahme hinsichtlich der angemeldeten Verhandlungsbedarfe erfülle oder nicht, wofür auch spreche, dass die Äußerungen im Nachprüfungsantrag ausdrücklich auf die angemeldeten Verhandlungsbedarfe und mithin auf ein nach dem Verfahrensleitfaden (Nr. 5.1.7) vorgesehenes Instrument Bezug nähmen. Auch sei die Einordnung der Äußerungen fraglich, da sie im Zusammenhang mit der Begründung von Kalkulationsrisiken trotz Abgabe eines Erstangebots getroffen worden seien. Es sei von einer Vergaberechtswidrigkeit aufgrund einer Unzumutbarkeit der Kalkulation auszugehen. Der Planungsvertrag enthalte eine Reihe von Regelungen, bei denen es den Bietern nicht möglich sei, die abverlangten Leistungen abzuschätzen, so dass die Kalkulation aufgrund der Anzahl und Summenwirkung dieser Regelungen unzumutbar erschwert werde, auch unter Berücksichtigung dessen, dass die Wertungssystematik Bieter von Zuschlägen abhalte. Das gelte für die in Nr. 2.4.1 des Planungsvertrags vorgesehenen notwendigen Teilnahmen an sämtlichen von der Auftraggeberin gewünschten Beratungen, das Recht zur Leistungsminderung bei anteiligem Entfall der Vergütung gemäß Nr. 5 des Planungsvertrags und für die nach Nr. 6.1.2 des Planungsvertrags (bzw. Nr. 9.1.2 der zweiten Version des Planungsvertrags) geschuldeten Koordinierungsleistungen, die sich mit Blick auf Umfang und Wortlaut entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht unter den Katalog der Grundleistungen der HOAI subsumieren ließen. Hinzu komme, dass nach dem Verfahrensleitfaden eine Erhöhung der Preise bei den verbindlichen Angeboten gegenüber den Erstangeboten nicht zulässig gewesen sei und dass (gegebenenfalls schon geringe) Honorarzuschläge zu einem Punktabzug von bis zu 200 Punkten in der Wertung führen könnten, wodurch Bieter effektiv von der Erhebung von Zuschlägen abgehalten würden, so dass Schwierigkeiten bei der Kalkulation infolge unklarer Leistungsumfänge nur schwer durch die Erhebung von Zuschlägen ausgeglichen werden könnten. Jedenfalls die Summierung und Kombination der diskutierten Bestimmungen, insbesondere auch die Kombination mit der fehlenden Möglichkeit, die verbindlichen Angebote zu erhöhen, und mit der Systematik der Abwertung von Honorarzuschlägen führe zu einer Unzumutbarkeit der Kalkulation. Die vom Antragsgegner vorgesehenen Wertungskriterien seien teilweise vergaberechtswidrig. Das gelte für den Punktabzug für Honorarzuschläge, insbesondere auch in Kombination mit der Ausgestaltung des Bewertungskriteriums für Honorarabschläge. Es liege insoweit eine wettbewerbsverzerrende Bewertungsmethode vor, die geeignet sei, die Bedeutung anderer Bewertungskriterien zu unterminieren. Im Extremfall könnten sich geringe Unterschiede (sehr geringer Zuschlag, sehr geringer Abschlag) stark auf die Bewertung auswirken, was bei einem Verhandlungsverfahren mit drei Teilnehmern auch sehr wahrscheinlich sei. Die Bewertungssystematik könne dazu führen, dass die Honorarbewertung gegenüber den nichtpreislichen Zuschlagskriterien einen zu starken Ausschlag bekomme, so dass nicht mehr nach dem von den Vergabeunterlagen vorgegebenen Preis-Leistungs-Verhältnis entschieden werde. Insbesondere sei die Bewertungssystematik geeignet, das Wettbewerbsergebnis, welches mit 40% in die Bewertung eingehe, zu konterkarieren. Der für den Punktabzug vom Antragsgegner angeführte Grund des Schutzes vor überhöhten Preisen durch den Wettbewerbsgewinner rechtfertige keine Bewertungsmethode, die bei der Preisbewertung zu derart verzerrenden Ergebnissen führen könne. Bereits in der Eignung der Bewertungsmethodik, wettbewerbsverzerrende Ergebnisse zu produzieren, sei ein Vergabeverstoß zu erblicken. Mangels Verbindung mit dem Auftragsgegenstand im Sinne des § 127 Abs. 3 Satz 1 GWB sei auch das für die Präsentationswertung angesetzte Bewertungskriterium vergaberechtswidrig. Bewertet würden insoweit Aspekte, die mit dem Auftreten der Vortragenden zusammenhingen; es gehe somit um das „Wie“ des Vortrags, nicht um das „Was“, obwohl die zu erwartende Qualität der Leistungserbringung beurteilt werden solle. Schließlich sei auch die vorgesehene Kommunikation über den sogenannten PPM-Raum bzw. per E-Mail vergaberechtswidrig, insbesondere verstoße sie gegen § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VgV, der verlange, dass kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten, insbesondere die Angebote, möglich sein dürfe. Dass ein vorfristiger Zugriff nach dem Vortag des Antragsgegners tatsächlich nicht stattgefunden habe, ändere daran nichts.
19
Gegen diesen seinen Verfahrensbevollmächtigten am 16. Dezember 2024 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 29. Dezember 2024 beim Bayerischen Obersten Landesgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der er im Wesentlichen Folgendes geltend macht: Da nachweislich kein vorfristiger Zugriff auf die Daten erfolgt sei, fehle es mit Blick auf die Rüge der unzulässigen Kommunikation bereits an der Antragsbefugnis (§ 160 Abs. 2 GWB). Gleiches gelte hinsichtlich des beanstandeten Abzugs von bis zu 200 Punkten für Honorarzuschläge, da die Antragstellerin nicht mit Zuschlag angeboten habe. Die Rüge der Kalkulationsunzumutbarkeit sei (gerade mit Blick auf die Mitwirkung eines im Bau- und Architektenrecht spezialisierten Rechtsanwalts, die angemeldeten Verhandlungsbedarfe und den Vortrag der nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten zu den Prämissen des Erstangebots) gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB, jedenfalls aber nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert. Auch die Rügen hinsichtlich der Honorarbewertung und der Kriterien, die bei dem Präsentationstermin gewertet wurden, seien, zumal mit Blick auf die anwaltliche Beratung, gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert; dass die Antragstellerin vor Abgabe ihres Angebots das Verhalten anderer Bieter nicht kannte und nicht wissen konnte, welche Auswirkungen dies nach den Bewertungsmaßstäben hat, sei unerheblich, da diese Ungewissheit zum Wesen des Vergabeverfahrens gehöre. Der Angebotsausschluss vom 21. Oktober 2024 sei wirksam. Das Erstangebot sei nicht verbindlich gewesen, da es nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin unter der Bedingung der Umsetzung angemeldeter Verhandlungsbedarfe abgegeben worden sei; darin liege eine Änderung der Vergabeunterlagen im Sinne des § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV. Selbst wenn man die Zulässigkeit der gestellten Bedingung unterstellte, sei diese jedenfalls mit der Ablehnung der Verhandlungsbedarfe am 13. August 2024 endgültig nicht eingetreten und damit das Erstangebot der Antragstellerin nachträglich unwirksam geworden. In der Sache sei mit Blick auf die geltend gemachte Kalkulationsunzumutbarkeit zu berücksichtigen, dass das im Planungsvertrag vorgesehene Honorar insofern bieterfreundlich ausgestaltet sei, als (in Honorarzone III gemäß HOAI) nicht der übliche Honorarbasissatz, sondern der Honorarmittelsatz und außerdem eine pauschale Vergütung von Nebenkosten in Höhe von 4% vorgesehen sei. Die in Nr. 2.4.1 des Planungsvertrags enthaltene Pflicht zur Teilnahme an Besprechungen gehöre (ohne Deckelung auf eine bestimmte Anzahl von Terminen) zu den Grundleistungsbildern nach der HOAI; außerdem beschränke sich die Pflicht auf die „notwendigen Teilnahmen“ an Beratungen. Das in Nr. 5 des Planungsvertrags vorgesehene Leistungsminderungsrecht entspreche dem gesetzlichen Leitbild (§ 650q Abs. 1 und 2 i. V. m. § 650b Abs. 1 Satz 1 und § 650c Abs. 1 BGB); die vorgesehene Rechtsfolge (anteiliger Entfall des Vergütungsanspruchs) erleichtere für beide Seiten die Bestimmung des Vergütungsumfangs und sei nicht zu beanstanden. Nr. 9.1.2 des Planungsvertrags präzisiere lediglich die Grundleistungspflichten nach der HOAI und führe deshalb nicht zur Unzumutbarkeit der Kalkulation. Der in der Wertungsmatrix vorgesehene Abzug von 200 Wertungspunkten sei vor dem Hintergrund der bieterfreundlichen und sehr auskömmlichen Preisgestaltung (Honorarmittelsatz 12,36% über dem Honorarbasissatz und Honorarzuschlag in Höhe von 4% für Nebenkosten) zu sehen; weiteren Zuschlägen in nicht vorhersehbarer Höhe habe entgegengewirkt werden sollen. Dem für die Präsentationswertung angesetzten Bewertungskriterium fehle es nicht an der gemäß § 127 Abs. 3 Satz 1 GWB erforderlichen Verbindung zum Auftragsgegenstand. Dem Architekten komme in der Koordination und Abstimmung zwischen allen Planern eine zentrale Rolle zu, zudem müsse er mit anderen Beteiligten und Behörden kommunizieren und unvorhergesehene Probleme oft unter hohem zeitlichen Druck lösen. Kommunikationsfähigkeit und ein souveränes Auftreten seien daher wichtig.
20
Der Antragsgegner beantragt,
1.
Der Beschluss der Vergabekammer Nordbayern (Az.: RMF-SG21-3194-9-33) vom 22. November 2024 wird aufgehoben.
2.
Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 23. September 2024 wird zurückgewiesen.
21
Die Antragstellerin beantragt,
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners und Beschwerdeführers wird zurückgewiesen.
22
Die Beigeladene hat sich mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 14. Januar 2025 den Ausführungen des Antragsgegners angeschlossen, aber keinen Antrag gestellt.
23
Die Antragstellerin wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag. Das Vorbringen hinsichtlich der Kalkulationsunzumutbarkeiten sei nicht präkludiert. Die nachträglichen Ausführungen ihrer Verfahrensbevollmächtigten im Nachprüfungsantrag könnten keine Anhaltspunkte für subjektive Kenntnisse der Antragstellerin im Zeitpunkt der Angebotsabgabe bieten. Da die Beurteilung vergaberechtlicher Fragen weder zur Expertise noch zum Mandatsumfang des vormals beauftragten Rechtsanwalts S gehört habe, habe er weder positive Kenntnis von einem Vergabeverstoß gehabt, noch sei ihm ein mutwilliges „Sich-der-Erkenntnis-Verschließen“ vorzuwerfen; auch ergebe sich vor diesem Hintergrund aus seiner Einschaltung keine Erkennbarkeit des gerügten Verstoßes. Für den maßgebenden durchschnittlichen fachkundigen Bieter seien die vergaberechtlichen Komplikationen, die sich gerade aus der Kombination der Vertragsregelungen, des intransparent gestalteten Verfahrensablaufs und der komplexen und ungewöhnlichen Wertungssystematik ergeben hätten, nicht erkennbar. Die Rüge hinsichtlich der Honorarbewertung sei nicht gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB präkludiert; die Wertungsmatrix mit dem versteckten Honorarabschlag sei äußerst untypisch und noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung gewesen. Eine Erkennbarkeit im Sinne des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB sei auch mit Blick auf die Rüge der bei dem Präsentationstermin gewerteten Kriterien nicht gegeben. Der Angebotsausschluss vom 21. Oktober 2024 sei vergaberechtswidrig. Der Antragsgegner selbst habe mit der Gestaltung der Vergabeunterlagen, insbesondere mit der Zurverfügungstellung des Formblatts zur Anmeldung von Verhandlungsbedarfen und der Aufforderung in Nr. 5.1.6 des Leitfadens, die Vorgabe gemacht, gesehene Verhandlungsbedarfe anzumelden; die Antragstellerin habe sich daran gehalten, worin kein manipulativer Eingriff in die Vergabeunterlagen zu sehen sei. Die Äußerungen der späteren Verfahrensbevollmächtigten im Nachprüfungsantrag könnten für die Auslegung des Angebots mangels entsprechender Anhaltspunkte in diesem nicht beachtlich sein. Die Antragstellerin habe ihr Erstangebot nicht unter eine Bedingung gestellt. Die Behauptung des Antragsgegners, das Erstangebot sei verbindlich einzureichen gewesen, widerspreche seiner eigenen Gestaltung der Vergabeunterlagen. Mit Blick auf eine Unzumutbarkeit der Kalkulation ist die Antragstellerin den Ausführungen des Antragsgegners im Einzelnen entgegengetreten; anders als von diesem geltend gemacht, sehe der Planungsvertrag keine bieterfreundliche Honorierung vor, weil das außergewöhnlich komplexe Projekt statt in die Honorarzone III richtigerweise in die Honorarzone IV nach der HOAI einzuordnen gewesen wäre. Der versteckte Abzug von 200 Punkten bedeute, dass im Extremfall ein Honorarzuschlag von 1 € zu einem Punktverlust von 20% führe, namentlich dann, wenn kein anderes Angebot einen Honorarzuschlag vorsehe. Die Bewertung der Beantwortung von Fragen und der Souveränität des Vortrags hätten keinen Bezug zur Qualität der Leistungen und keinen Auftragsbezug. Auch die Rüge bezüglich der vorgegebenen Kommunikation über den PPM-Raum und per E-Mail sei begründet; bereits die Möglichkeit eines vorfälligen Datenzugriffs begründe gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VgV den Vergaberechtsverstoß.
II.
24
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, insbesondere gemäß § 172 Abs. 1 und 2 GWB form- und fristgerecht eingelegt, bleibt aber in der Sache weitgehend ohne Erfolg. Das Vergabeverfahren ist bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht in den Stand vor Aufforderung der Abgabe von Erstangeboten zurückzuversetzen und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut durchzuführen.
25
1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig.
26
a) Die Antragstellerin ist gemäß § 160 Abs. 2 GWB antragsbefugt.
27
aa) Sie hat mit der fristgerechten Abgabe eines Erstangebots ihr Interesse am Auftrag im Sinne des § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB bekundet. Dass sie in der Folge kein „verbindliches Angebot“ abgegeben und damit am weiteren Wettbewerb nicht teilgenommen hat, steht dem nicht entgegen, da die Antragsgegnerin geltend macht, daran gerade durch die gerügten Vergaberechtsverstöße gehindert worden zu sein; mit der entsprechenden Rüge vom 23. August 2024 und dem folgenden Nachprüfungsantrag vom 23. September 2024 hat sie ihr (fortbestehendes) Interesse am Auftrag dargelegt (vgl. OLG München, Beschluss vom 13. März 2017, Verg 15/16, VergabeR 2017, 470 [juris Rn. 70]; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Januar 2013, Verg 35/12, VergabeR 2013, 605 [juris Rn. 19]). Indem sie vorträgt, die Vergabeunterlagen verstießen wegen einer durch sie bedingten Unzumutbarkeit der Kalkulation, wegen vergaberechtswidriger Bewertungskriterien sowie wegen der Vorgabe vergaberechtlich unzulässiger Kommunikationsmittel gegen vergaberechtliche Bestimmungen, macht die Antragstellerin auch gemäß § 160 Abs. 2 Satz 1 GWB eine Verletzung in ihren Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB geltend.
28
bb) Dem Einwand des Antragsgegners, bezüglich der Rüge der Unzulässigkeit der vorgegebenen Kommunikationsmittel fehle es bereits an der Antragsbefugnis, da hinsichtlich des abgegebenen Erstangebots nachweislich tatsächlich kein vorfälliger Datenzugriff erfolgt und ein „verbindliches Angebot“ nicht abgegeben worden sei, ist nicht zu folgen.
29
(1) Mit Blick auf das nicht abgegebene „verbindliche Angebot“ ergibt sich das bereits aus dem soeben zu aa) Ausgeführten.
30
(2) Hinsichtlich des abgegebenen Erstangebots begründet gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VgV bereits die (vom Antragsgegner nicht in Abrede gestellte) Möglichkeit der vorfristigen Kenntnisnahme die Antragsbefugnis; ob eine solche tatsächlich erfolgt ist oder nicht, ist für die Frage der Antragsbefugnis unerheblich.
31
cc) Fehl geht auch der Einwand des Antragsgegners, die Antragstellerin sei hinsichtlich des beanstandeten Abzugs von (bis zu) 200 Wertungspunkten bei Honorarzuschlägen nicht antragsbefugt, weil sie nicht mit einem Honorarzuschlag angeboten habe. Die Antragstellerin macht gerade geltend, die Vergabeunterlagen seien vergaberechtswidrig so ausgestaltet, dass Bieter effektiv davon abgehalten würden, mit Honorarzuschlag anzubieten.
32
b) Die Antragstellerin ist mit ihrer Rüge, die in der Wertungsmatrix vorgesehene Honorarbewertung enthalte disproportionale und intransparente Bewertungsmaßstäbe, nicht nach § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB präkludiert. Insofern steht der in der Wertungsmatrix vorgesehene Abzug von bis zu 200 Punkten für (gegebenenfalls geringfügige) Honorarzuschläge im Vordergrund.
33
aa) Die Vergabekammer hat zu Recht eine Präklusion gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB verneint.
34
(1) Wie der Antragsgegner zutreffend ausführt, setzt die Erkennbarkeit des Verstoßes gegen eine Vergabevorschrift einerseits die Erkennbarkeit der maßgeblichen Tatsachen, andererseits die Erkennbarkeit des Rechtsverstoßes voraus. Dabei muss der Verstoß so deutlich zutage treten, dass er einem verständigen Bieter bei der Vorbereitung seines Angebots auffallen muss; übersteigerte tatsächliche oder rechtliche Anforderungen dürfen diesbezüglich an den Bieter nicht gestellt werden. Maßstab ist ein durchschnittlich fachkundiger Bieter, der die übliche Sorgfalt anwendet (BayObLG, Beschluss vom 11. Dezember 2024, Verg 7/24 e, ZfBR 2025, 193 [juris Rn. 56]; Beschluss vom 6. September 2023, Verg 5/22, juris Rn. 28 m. w. N.). Hinsichtlich der rechtlichen Erkennbarkeit kommt es auf die laienhaften rechtlichen Wertungsmöglichkeiten an, die dieser Bieter ohne Bemühung besonderen Rechtsrats hat (BayObLG ZfBR 2025, 193 [juris Rn. 68]; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. Mai 2024, Verg 35/23, NZBau 2025, 249 [juris Rn. 75]; Beschluss vom 15. Februar 2023, Verg 6/22, juris Rn. 37; OLG Frankfurt, Beschluss vom 4. Dezember 2023, 11 Verg 5/23, juris Rn. 92). Dass der Inhalt der Vergabeunterlagen für einen solchen Bieter auf einen Vergaberechtsverstoß hindeutet, setzt regelmäßig voraus, dass die Rechtsvorschriften, gegen die verstoßen wird, zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise gehören; eine Rügepräklusion kommt in der Regel nur für auf allgemeiner Überzeugung der Vergabepraxis beruhende und ins Auge fallende auftragsbezogene Rechtsverstöße in Betracht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Februar 2023, Verg 6/22, juris Rn. 37 m. w. N.; Dicks/Schnabel in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 5. Aufl. 2024, § 160 GWB Rn. 49). Ist dies der Fall, genügt allerdings die laienhafte Erkenntnis, dass es „so nicht geht“ (OLG Frankfurt, Beschluss vom 4. Dezember 2023, 11 Verg 5/23, juris Rn. 92); eine rechtliche Gewissheit vom Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes ist nicht erforderlich, sondern es genügt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass die konkrete Maßnahme des öffentlichen Auftraggebers, hier die Ausgestaltung der Wertungsmatrix, vergaberechtswidrig ist (OLG Naumburg, Beschluss vom 1. März 2021, 7 Verg 1/21, juris Rn. 40).
35
(2) An diesen Vorgaben gemessen, ist die Rüge der Antragstellerin nicht präkludiert. In tatsächlicher Hinsicht war allerdings aus der Wertungsmatrix erkennbar, dass Honorarabschläge mit bis zu 100 Wertungspunkten „belohnt“ und Honorarzuschläge umgekehrt mit Abzug von bis zu 200 Wertungspunkten „bestraft“ werden. Nach Auffassung des Senats fehlt es aber an der Erkennbarkeit der rechtlichen Problematik im dargelegten Sinne.
36
(a) Von einem durchschnittlich fachkundigen Bieter, auf den hier abzustellen ist, sind vertiefte Rechtskenntnisse, die es erlauben, die Vergaberechtskonformität des Bewertungssystems zu beurteilen, nicht zu erwarten (OLG Düsseldorf NZBau 2025, 249 [juris Rn. 75]; Beschluss vom 26. Oktober 2022, Verg 18/22, VergabeR 2024, 386 [juris Rn. 73]; Beschluss vom 2. Mai 2018, Verg 3/18, VergabeR 2019, 425 [juris Rn. 24]). Hinsichtlich der hier inmitten stehenden Honorarbewertung kommt im Besonderen hinzu, dass (wie die Antragstellerin zu Recht geltend macht) die gewählte Ausgestaltung eines Abzugs anderweitig erlangter Wertungspunkte für den Fall eines Honorarzuschlags, gegebenenfalls auch über die der vorgesehenen Gewichtung von 12,5% entsprechenden 125 Punkte hinaus, soweit ersichtlich, bisher nicht Gegenstand von Rechtsprechung war. Die vergaberechtliche Problematik dieser Regelung musste einem durchschnittlichen Bieter des angesprochenen Bieterkreises (Architekten) daher nicht ins Auge fallen, zumal die Regelung eines Punktabzugs, um Honorarzuschlägen entgegenzuwirken, prima vista vom Interessenhorizont des Auftraggebers her sinnvoll und nachvollziehbar erscheint.
37
(b) Der auch in diesem Zusammenhang vom Antragsgegner gegebene Hinweis auf die rechtliche Beratung der Antragstellerin durch Rechtsanwalt S führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Umstand, dass es auf die laienhaften rechtlichen Wertungsmöglichkeiten eines durchschnittlichen Bieters ohne Bemühung besonderen Rechtsrats ankommt und auch keine Obliegenheit des Bieters besteht, juristischen Rat einzuholen, spricht bereits gegen eine Verschiebung des Prüfungsmaßstabs im Rahmen des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB für den Fall, dass dennoch ein Rechtsanwalt eingeschaltet wird (vgl. BayObLG ZfBR 2025, 193 [juris Rn. 56 und 68 je m. w. N.]; Dicks/Schnabel in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 160 GWB Rn. 50 m. w. N.). Zudem lässt sich der Vortrag der Antragstellerin, Rechtsanwalt S sei nur punktuell mit der Befüllung der Verhandlungsbedarfsliste beauftragt worden und daher mit der Prüfung vergaberechtlicher Probleme nicht beauftragt worden, nicht widerlegen. Dafür spricht im Übrigen indiziell, dass die Antragstellerin mit der Rüge vom 23. August 2024 und dem nachfolgenden Nachprüfungsverfahren nicht Rechtsanwalt S, sondern ihre nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten beauftragt hat. Es kann daher nicht unterstellt werden, dass Rechtsanwalt S die vergaberechtliche Problematik im Rahmen der Bearbeitung seines Mandats hätte erkennen müssen (vgl. [zur Frage einer zuzurechnenden positiven Kenntnis im Rahmen des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB bei gegenständlich beschränktem Mandat] BayObLG ZfBR 2025, 193 [juris Rn. 69]). Der vom Antragsgegner in der Replik gegebene Hinweis auf die vollständige Aufklärungspflicht des Rechtsanwalts führt zu keinem anderen Ergebnis, denn eine solche Pflicht reicht nicht über den Rahmen des erteilten Mandats hinaus.
38
bb) Aus dem zuletzt Gesagten ergibt sich zugleich, dass keine positive Kenntnis des Rechtsanwalts S von der vergaberechtlichen Problematik unterstellt werden kann, die der Antragstellerin im Rahmen des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB gemäß § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen wäre; Gleiches gilt mit Blick auf ein mutwilliges „Sich-der-Erkenntnis-Verschließen“ durch Rechtsanwalt S. Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin mehr als zehn Kalendertage vor ihrer Rüge vom 23. August 2024 positive Kenntnis von der vergaberechtlichen Problematik der Honorarbewertung erlangt hätte.
39
c) Auch die Rüge hinsichtlich der Kriterien, die beim Präsentationstermin gewertet werden sollten, ist nicht nach § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB präkludiert.
40
aa) Zwar ist in tatsächlicher Hinsicht aus der Wertungsmatrix wiederum ohne Weiteres im Sinne des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB erkennbar, dass nicht nur das „Was“, sondern auch das „Wie“ der Präsentation betreffende Aspekte bewertet und auch aus diesen auf die zu erwartende Qualität der Leistungserbringung geschlossen werden sollte. Die Frage, ob die daraus resultierende vergaberechtliche Problematik erkennbar war, ist jedoch zu verneinen.
41
(1) Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einem Beschluss aus der Zeit vor der Vergaberechtsreform von 2016 (Beschluss vom 21. Dezember 2012, 15 Verg 10/12, VergabeR 2013, 622 [juris Rn. 81]) entschieden, dass die Bewertung einer Präsentation unter anderem aufgrund der Kriterien „Auftreten des Büroinhabers“, „Auftreten der vorgesehenen Projektleitung“, „Form und Klarheit der Darstellung“ eine unzulässige Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien sei, da es sich ausnahmslos um bieterbezogene Kriterien handle, die nicht der Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots dienen und die daher bei der Wertung, welches Angebot am ehesten die Gewähr für eine sachgerechte und qualitätsvolle Leistung bietet, nicht hätten verwendet werden dürfen. Die strenge Trennung von Zuschlags- und Eignungskriterien gehört inzwischen zum allgemeinen und grundlegenden Wissen der beteiligten Bieterkreise (OLG München, Beschluss vom 25. Juli 2013, Verg 7/13, VergabeR 2014, 52 [juris Rn. 50]; s. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 4. Dezember 2023, 11 Verg 5/23, juris Rn. 90). Dies würde eine Erkennbarkeit im Sinne des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB nahelegen.
42
(2) Andererseits hat das Oberlandesgericht München mit Blick auf eine ausgeschriebene Ingenieurleistung mit Beschluss vom 2. November 2012 (Verg 26/12, VergabeR 2013, 264 [juris Rn. 20]) ausgeführt, die Präsentation von Planung und Team stelle ein übliches Verfahren bei der Auswahl des am besten erscheinenden Bieters dar, und nicht beanstandet, dass auch der „Gesamteindruck des Projektteams“ (mit 40%) und der „Gesamteindruck der Präsentation und Bewerbung“ (mit 5%) bewertet werden sollten. Unter Verweis auf diesen Beschluss hat die Vergabekammer Südbayern in ihrem Beschluss vom 2. April 2019 (Z3-3-3194-1-43-11/18, VergabeR 2020, 414 [juris Rn. 154]) ausgeführt, dass gerade bei der Vergabe von Planungsleistungen eine Angebotswertung anhand einer Präsentation weit verbreitet und üblich sei und unter Geltung der vor 2016 bestehenden Rechtslage auch von der Rechtsprechung akzeptiert worden sei.
43
(3) Zudem ist mit Blick auf das Inkrafttreten des § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV, der auf Erwägungsgrund 94 der RL 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der RL 2004/18/EG beruht, fraglich geworden, ob die hier inmitten stehenden oder die dem Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe zugrunde liegenden Präsentationsbewertungskriterien nach geltendem Recht wegen einer Vermischung von Zuschlags- und Eignungskriterien als unzulässig anzusehen sind. Nach der ‒ nicht abschließenden (BR-Drs. 87/16, S. 213) ‒ Aufzählung dieser Vorschrift können die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots berücksichtigt werden, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann. Die Vergabekammer Südbayern hat in ihrem bereits genannten Beschluss vom 2. April 2019 (VergabeR 2020, 414 [juris Rn. 176 f.]) unter Hinweis auf § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV die Auffassung vertreten, dass eine doppelte Berücksichtigung derselben Aspekte bei der Eignungsprüfung und Zuschlagswertung nicht generell unzulässig sei.
44
(4) Vor diesem Hintergrund ist eine mögliche Vergaberechtswidrigkeit der Präsentationswertung für den maßgeblichen durchschnittlichen Bieter nicht nach dem dargelegten Maßstab erkennbar. Die nicht widerlegbar auf die Befüllung der Verhandlungsbedarfsliste beschränkte Beauftragung des Rechtsanwalts S ändert daran aus den dargelegten Gründen nichts.
45
bb) Für eine positive Kenntnis im Sinne des § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GWB gibt es keine Anhaltspunkte.
46
d) Ob die Rüge, bereits aus einzelnen Vorschriften des Planungsvertrags (Nrn. 2.4.1, 5 und 6.1.2 bzw. [in Version 2] 9.1.2) oder ihrer Kombination ergebe sich eine vergaberechtswidrige Unzumutbarkeit der Kalkulation, gemäß § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 oder 3 GWB präkludiert ist, kann offenbleiben. Die Antragstellerin hat mit ihrer Rüge vom 23. August 2024 auch geltend gemacht, dass die von ihr angenommene Unzumutbarkeit der Kalkulation durch die ebenfalls gerügte Ausgestaltung der Wertungsmatrix hinsichtlich Honorarzu- oder -abschlägen weiter verschärft werde. Da die Antragstellerin hinsichtlich dieses Aspekts, wie oben zu b) dargelegt, nicht präkludiert ist, gilt Gleiches auch für die Rüge eines Vergaberechtsverstoßes, der sich (erst) aus der Kombination von Vorschriften des Planungsvertrags mit der Bewertung von Honorarzu- oder -abschlägen ergibt.
47
e) Die Rüge, das Vergabeverfahren werde nicht mit elektronischen Mitteln, sondern über einen Plandatenserver sowie per E-Mail durchgeführt, ist nicht nach § 160 Abs. 3 Satz 1 GWB präkludiert. Es ist nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin vor Ablauf der Frist zur Abgabe des Erstangebots ein möglicher Verstoß gegen das vergaberechtlich geforderte Sicherheitsniveau erkennbar war oder dass sie einen solchen tatsächlich erkannt hätte. Dieser Auffassung der Vergabekammer ist der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren in der Sache nicht mehr entgegengetreten.
48
2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet. Mehrere Bestimmungen der Vergabeunterlagen erweisen sich als vergaberechtswidrig (s. zu a], c] und d]), und die Antragstellerin ist auch in eigenen Rechten verletzt (s. zu e]).
49
a) Der Abzug von bis zu 200 Wertungspunkten für einen (unter Umständen auch geringfügigen) Honoraraufschlag verstößt gegen die Vorgaben des § 127 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 GWB und des § 58 Abs. 1 VgV zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots.
50
aa) Grundsätzlich hat der Auftraggeber bei der Organisation und Strukturierung der Bewertung zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots einen ‒ nur auf Einhaltung der rechtlichen Grenzen kontrollierbaren ‒ Beurteilungsspielraum; allerdings darf die Methode unter Beachtung des Transparenz- und Wettbewerbsgrundsatzes nicht zu einer Abweichung von den zuvor festgelegten Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung führen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. März 2021, Verg 34/20, VergabeR 2021, 494 [juris Rn. 35]; Beschluss vom 8. März 2017, Verg 39/16, VergabeR 2017, 381 [juris Rn. 43]; Beschluss vom 29. April 2015, Verg 35/14, VergabeR 2015, 678 [juris Rn. 85]; Beschluss vom 22. Januar 2014, Verg 26/13, VergabeR 2014, 424 [juris Rn. 18]; Lausen in Beck'scher Vergaberechtskommentar, 3. Aufl. 2019, § 58 VgV Rn. 22). Dem entsprechend darf eine Bewertungsmethode nicht dazu führen, dass Kriterien faktisch keine Rolle mehr spielen (OLG Düsseldorf VergabeR 2014, 424 [juris Rn. 22]) bzw. dass einzelne Bewertungskriterien (gemessen an der bekanntgegebenen Gewichtung) praktisch einen unverdienten, ausschlaggebenden Rang erhalten; es besteht eine Selbstbindung an die Gewichtung der Zuschlagskriterien (OLG Düsseldorf VergabeR 2015, 678 [juris Rn. 87]).
51
bb) Diesen Vorgaben wird der in der Wertungsmatrix vorgesehene Abzug von 200 Wertungspunkten für das Angebot mit dem höchsten Honorarzuschlag nicht gerecht.
52
(1) Das ergibt sich schon daraus, dass ‒ sofern zumindest ein Bieter mit einem Honorarzuschlag anbietet und damit die Regelung zum Punktabzug greift ‒ jedenfalls ein Angebot einen Abzug von 20% der erreichbaren Wertungspunkte erhält, was mit der in der Wertungsmatrix vorgesehenen Gewichtung des Zuschlagskriteriums „Honorar“ mit 12,5% (125 Wertungspunkten) nicht vereinbar ist.
53
(2) Im Einzelnen wirkt sich dieser Mechanismus nach den Vorgaben der Wertungsmatrix dahingehend aus, dass sich der Abzug notwendigerweise fast vollständig auf Wertungspunkte bezieht, die der Bieter hinsichtlich anderer Zuschlagskriterien als dem Honorar erlangt hat. Daraus ergibt sich eine im Widerspruch zu der ausgewiesenen Relation stehende Gewichtung der Zuschlagskriterien auch insofern, als ein und dasselbe Kriterium in den verschiedenen Angeboten faktisch ein unterschiedliches Gewicht erhalten kann. Enthalten beispielsweise zwei Angebote (A und B) keinen Honorarabschlag, aber dieselben (geringsten) Stundensätze, so erhalten beide Angebote zum Zuschlagskriterium „Honorar“ 25 Wertungspunkte. Enthält nun Angebot A als einziges von allen Angeboten einen Honorarzuschlag, so verliert es zunächst die 25 Punkte (2,5%) zum Zuschlagskriterium „Honorar“ sowie weitere 175 Punkte (17,5%), die von den im Übrigen erreichten Wertungspunkten, also gedanklich bei einem anderen Zuschlagskriterium (oder mehreren anderen Zuschlagskriterien) abzuziehen sind. Unterstellt, beide Angebote (A und B) erhielten zum Zuschlagskriterium „Projektumsetzung“ jeweils in allen Unterkategorien die volle Punktzahl, insgesamt also 250 Punkte, und man rechnete die beim Angebot A abzuziehenden weiteren 175 Wertungspunkte beim Kriterium „Projektumsetzung“ an, dann erzielte Angebot B hier das Maximum von 250 Wertungspunkten (25%), während Angebot A trotz insoweit exakt gleicher Bewertung nur auf 75 Wertungspunkte (7,5%) käme. Eine derartige Ungleichgewichtung ergibt sich stets, egal bei welchem anderen Zuschlagskriterium bzw. welchen anderen Zuschlagskriterien man den Abzug (gedanklich) vornimmt.
54
(3) Die Bewertung von Honorarzuschlägen kann auch insofern zu (gemessen an der ausgewiesenen Gewichtung) wettbewerbsverzerrenden Ergebnissen führen, als es zu einem Abzug der vollen 200 Wertungspunkte immer dann kommt, wenn es zumindest ein Angebot mit einem (egal wie geringen) Honorarzuschlag gibt. Zumal wenn es nur ein einziges solches Angebot gibt, besteht die Möglichkeit, dass bereits für einen sehr geringen Honorarzuschlag 20% der maximal erreichbaren Wertungspunkte abgezogen werden. Dieser Mechanismus wird, worauf die Vergabekammer zutreffend hingewiesen hat, noch dadurch verschärft, dass das Angebot mit dem höchsten Honorarabschlag 100 Wertungspunkte erhält. Im Extremfall können sich also sehr geringe Unterschiede (einziges Angebot mit sehr geringem Zuschlag, einziges Angebot mit sehr geringem Abschlag) stark auf die Bewertung auswirken und so dazu führen, dass die Honorarbewertung gegenüber den nichtpreislichen Bewertungskriterien einen überproportional starken Ausschlag bekommt, so dass nicht mehr nach dem von den Vergabeunterlagen vorgegebenen Preis-Leistungs-Verhältnis entschieden wird.
55
(4) Hiergegen lässt sich nicht, wie vom Antragsgegner geltend gemacht, ins Feld führen, dass die vorgesehene Honorierung (Mittelstatt Basishonorarsatz nach der HOAI) großzügig bemessen sei, so dass es der Einführung von Mechanismen bedurft habe, um einer weiteren Erhöhung der Honorare und damit einer Unwirtschaftlichkeit der Angebote entgegenzuwirken. Unabhängig davon, ob die Auffassung des Antragsgegners hinsichtlich der Bewertung der Höhe des Honorars zutrifft oder nicht, ändert sie jedenfalls ebenso wenig an den dargelegten Disproportionalitäten wie der Hinweis des Antragsgegners darauf, dass der erhebliche Wertungsvorsprung des 1. Preisträgers ohne den diskutierten Abzug dazu führen könnte, dass dieser versucht, seine Honorarvorstellungen einseitig durchzusetzen. Dem legitimen Interesse des Auftraggebers, Vorkehrungen gegen ein „Preisdiktat“ des 1. Preisträgers zu treffen, kann nicht durch die dargelegte intransparente und im Widerspruch zu den vorgegebenen Gewichtungen stehende Ausgestaltung der Zuschlagskriterien Rechnung getragen werden.
56
b) Der Senat teilt nicht die Auffassung der Vergabekammer, dass die in der Wertungsmatrix zum Kriterium „Präsentationstermin“ vorgesehene Bewertung (auch) von Kriterien, die nicht den Inhalt („Was“), sondern die Art („Wie“) der Präsentation betreffen („Auftreten des Teams“, „Souveränität im Vortrag“), mangels Auftragsbezugs im Sinne des § 127 Abs. 3 GWB i. V. m. § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV vergaberechtswidrig sei.
57
aa) Zuschlagskriterien stehen mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung im Sinn des § 127 Abs. 3 GWB, wenn sie sich in irgendeiner Hinsicht und in irgendeinem Lebenszyklus-Stadium auf die gemäß dem Auftrag zu erbringenden Bauleistungen, Lieferleistungen oder Dienstleistungen beziehen (BayObLG ZfBR 2025, 193 [juris Rn. 72]; OLG München, Beschluss vom 24. März 2021, Verg 12/20, juris Rn. 96). Der auf Erwägungsgrund 94 der RL 2014/24/EU beruhende und damit insbesondere auch auf Architektenverträge anwendbare (vgl. auch OLG Celle, Beschluss vom 2. Februar 2021, 13 Verg 8/20, VergabeR 2021, 378 [juris Rn. 99]) § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV verlangt für die Bewertung der Qualität des eingesetzten Personals im Rahmen der Zuschlagskriterien darüber hinaus, dass diese erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann, wobei die hinsichtlich der Qualität des Personals genannten Aspekte seiner Organisation, Qualifikation und Erfahrung nach dem Willen des Verordnungsgebers, wie bereits erwähnt, nicht als abschließend zu verstehen sind (BR-Drs. 87/16, S. 213).
58
bb) Die in der Wertungsmatrix vorgesehene Bewertung (auch) von Aspekten der Qualität des Vortrags im Rahmen der Bieterpräsentation verstößt vorliegend nicht gegen diese Vorgaben.
59
(1) Nach der Wertungsmatrix wird bewertet, „inwieweit das Auftreten des Teams, die Souveränität im Vortrag und fachliche Kompetenz bei der anschließenden Diskussion und Beantwortung von Fragen folgende Qualität der Leistungserbringung im Hinblick auf die präsentierten Angebotsbestandteile erwarten lässt: Unzureichend = 0 / Mit einigen Mängeln = 20 / Durchschnittlich = 50 / Gut = 100“. An dem Präsentationstermin haben ausweislich des Verfahrensleitfadens (Nr. 5.1.6) und der Wertungsmatrix bieterseitig (jedenfalls von fachlicher Seite) ausschließlich teilzunehmen: der Inhaber des Büros bzw. der geschäftsführende Architekt und der das Projekt leitende Architekt/Ingenieur, jeweils für die Planungsleistungen Gebäude- und Innenräume sowie Freianlagen. Die „präsentierten Angebotsbestandteile“ werden in der mittleren Spalte der Wertungsmatrix zum Kriterium „Präsentationstermin“ wie folgt bezeichnet: „‚Konzept zum Kosten- & Nachtragsmanagement‘, ‚Konzept zur Terminsicherheit‘ sowie ‚Vorschläge und konkrete Vorgehensweise zur entwurflichen Entwicklung im Planungsprozess‘“. Der sachliche Gehalt des Konzepts zum Kosten- & Nachtragsmanagement sowie des Konzepts zur Terminsicherheit wird in der mittleren Spalte der Wertungsmatrix zum Kriterium „Projektumsetzung“ erläutert. Dort heißt es zum Kosten- & Nachtragsmanagement (Hervorhebung ergänzt): „[…] Hierbei hat der Bieter insbesondere darzustellen, mit welchen Maßnahmen er dafür sorgt, dass das Vorhaben wirtschaftlich umgesetzt wird, dass er eine belastbare und nachvollziehbare Kostenberechnung erstellt, dass die beauftragten Bauunternehmer die berechneten Kosten einhalten werden, mit welchen Mitteln der Bieter der Entstehung und Durchsetzung von Nachträgen der Bauunternehmer entgegen wirkt und wie der Bieter Nachtragsanmeldungen handhabt.“ Zur Terminsicherheit wird in der Wertungsmatrix ausgeführt (Hervorhebung wiederum ergänzt): „[…] Terminkonzept vorzulegen, welches die Maßnahmen zur Festlegung und Einhaltung von Vergabe- und Vertragsterminen darlegt. Hierbei hat der Bieter insbesondere darzustellen, mit welchen Maßnahmen der Bieter im Rahmen seiner Koordinierungs-/Überwachungspflichten dafür sorgt, dass andere Planungsbeteiligte (insbesondere Fachplaner) und Bauunternehmer die Termine einhalten und ihre Leistungspflichten fristgerecht erfüllen.“ Was unter „Konzept und konkrete Vorgehensweise zur entwurflichen Entwicklung im Planungsprozess“ zu verstehen ist, ergibt sich aus der entsprechenden Zeile der Wertungsmatrix zum Kriterium „Lösung der Aufgabenstellung“. Demnach hat der Bieter (Hervorhebung ergänzt) „darzulegen, wie er auf Entwicklungen während des Planungsprozesses reagiert. […] Der Bieter hat seine Vorgehensweise konkret darzustellen und darzulegen, wie er den Abstimmungsprozess mit dem Auftraggeber und Fachplanern gestaltet und Ergebnisse dieses Abstimmungsprozesses umsetzt […]“.
60
(2) Die hervorgehobenen Passagen zeigen, dass die im Rahmen der Präsentation vorzustellenden Konzepte jeweils insbesondere auch den Austausch mit und die Leitung bzw. Anweisung von anderen an der Projektrealisierung beteiligten Akteuren (Fachplanern, Bauunternehmern) beinhalten, und zwar gerade mit Blick auf kritische bzw. unvorhergesehene Situationen und Entwicklungen; dieses Anforderungsprofil ergibt sich im Übrigen auch aus der in Nr. 2.4.1 des Planungsvertrags geregelten Pflicht zur Teilnahme an Beratungen mit den verschiedensten sonst am Bau Beteiligten. Vor diesem Hintergrund tritt der Senat der Auffassung des Antragsgegners bei, dass die bewerteten Kriterien zur Qualität der Präsentation und zumal die bewertete fachliche Kompetenz bei der Diskussion und Beantwortung von Fragen den erforderlichen Bezug zur erwarteten Qualität der Leistungserbringung aufweisen, da es ohne Weiteres nachvollziehbar ist, dass das Gelingen der erforderlichen Führungs- und Leitungstätigkeiten des Architekten auch davon abhängt, wie souverän und durchsetzungsstark er und sein Projektleiter (gegebenenfalls auch gemeinsam) auftreten können. Dass die Präsentation von Konzepten gegenüber einem potenziellen Auftraggeber etwas anderes ist als die Durchsetzung eines solchen Konzepts „auf der Baustelle“, steht dem nicht entgegen, da die Fähigkeit zu souveränem und sicherem Auftreten mit Blick auf die Themen des Konzepts in dem einen wie in dem anderen Zusammenhang erforderlich ist. Aufgrund dieser konkreten Umstände ist deshalb zu erwarten, dass die bewerteten Kriterien im Sinn des § 58 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 VgV einen erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben können, wobei dem Auftraggeber insoweit ein von den Nachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommt (vgl. OLG Celle VergabeR 2021, 378 [juris Rn. 99 f.]; Steck in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 58 VgV Rn. 29), für dessen Überschreiten hier nichts ersichtlich ist.
61
c) Einen Vergabeverstoß wegen Unzumutbarkeit der Angebotskalkulation sieht der Senat nicht bereits in den von der Vergabekammer erörterten Vertragsbestimmungen (Nrn. 2.4.1, 5 und 6.1.2 bzw. [in Version 2] 9.1.2) oder dem Zusammenwirken dieser Vorschriften, wohl aber darin, dass es die Vergabebedingungen den Bietern mit Blick auf die bereits diskutierten Bestimmungen zur Wertung von Honorarauf- und -abschlägen effektiv verwehren, den durch die genannten Vertragsbestimmungen bewirkten, über das gesetzliche Leitbild hinausgehenden Pflichten und Risiken durch Einreichung eines Angebots mit Honorarzuschlag zu begegnen.
62
aa) Ob die genannten Vertragsbestimmungen (einzeln oder in Kombination) dem Bieter ein gemessen am gesetzlichen Leitbild „ungewöhnliches Wagnis“ auferlegen oder nicht, ist für die Entscheidung unerheblich, da das Vergaberecht einer solchen Gestaltung nicht (mehr) entgegensteht. Das ursprünglich in § 8 Nr. 1 Abs. 3 VOL/A 2006 enthaltene Gebot, dass dem Auftragnehmer kein „ungewöhnliches Wagnis“ aufgebürdet werden dürfe, ist bereits im Zuge der Novellierung der VOL/A 2009 entfallen; dass die Neuregelungen im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und in der Vergabeverordnung (VgV) dazu keine Regelung enthalten, ist als Verzicht des Verordnungsgebers auf das Verbot bei Dienst- und Lieferleistungen zu verstehen (BayObLG, Beschluss vom 1. August 2024, Verg 19/23 e, VergabeR 2025, 48 [juris Rn. 103]; vgl. Trutzel/Meeßen in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 31 VgV Rn. 30).
63
bb) Das Verbot des ungewöhnlichen Wagnisses ist in der Rechtsprechung durch die Prüfung der Unzumutbarkeit der Vertragskalkulation ersetzt worden (Trutzel/Meeßen, a. a. O., § 31 VgV Rn. 31). Zu den vom öffentlichen Auftraggeber zu beachtenden Vorschriften über das Vergabeverfahren im Sinne des § 97 Abs. 6 GWB zählen auch die für jedes Handeln der öffentlichen Verwaltung geltenden ungeschriebenen, aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) fließenden Grundsätze, soweit sie gerade auch den Schutz der potenziellen Auftragnehmer bezwecken (BayObLG, Beschluss vom 6. Dezember 2023, Verg 7/23 e, VergabeR 2024, 163 [juris Rn. 37 m. w. N.]). Zu den bieterschützenden Verhaltenspflichten des öffentlichen Auftraggebers gehört das Verbot von Vorgaben, die eine kaufmännisch vernünftige Angebotskalkulation unzumutbar machen und dadurch die Aussichten des Bieters auf eine Berücksichtigung seines Angebots bei der Zuschlagserteilung beeinträchtigen können. Eine kaufmännisch vernünftige Angebotskalkulation ist unzumutbar, wenn Preis- und Kalkulationsrisiken über das Maß hinausgehen, das Bietern typischerweise obliegt. Erforderlich ist eine die Umstände des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigende Abwägung der Interessen der Bieter und des öffentlichen Auftraggebers (BayObLG, a. a. O., juris Rn. 38 m. w. N.), wobei bezüglich der Unzumutbarkeit einer Risikoübertragung auch von Bedeutung ist, ob der Auftragnehmer das Risiko abschätzen und durch Risikoaufschläge in den Vertragspreis einkalkulieren kann (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 5. Dezember 2012, Verg 29/12, VergabeR 2013, 614 [juris Rn. 28 f.]; vgl. auch BayObLG VergabeR 2025, 48 [juris Rn. 115]; VergabeR 2024, 163 [juris Rn. 42]).
64
cc) Diesen Vorgaben werden die Vergabeunterlagen nicht gerecht. Die Vertragsvorschriften der Nummern 2.4.1, 5 und 6.1.2 bzw. (in Version 2) 9.1.2 bürden dem Auftragnehmer erheblich über das gesetzliche Leitbild hinausgehende Pflichten und Risiken auf (s. zu [1]), denen die Bieter nicht effektiv dadurch begegnen können, dass sie mit Honorarzuschlag anbieten (s. zu [2]), und die Gestaltung ist auch nicht mit Blick darauf gerechtfertigt, dass der Antragsgegner eine Honorierung nach dem Honorarmittelsatz der HOAI vorgesehen hat (s. zu [3]).
65
(1) Entgegen der Auffassung des Antragsgegners begründen die Vertragsvorschriften zu den Nummern 2.4.1, 5 und 6.1.2 bzw. (in Version 2) 9.1.2 für den Auftragnehmer erheblich über das gesetzliche Leitbild hinausgehende Pflichten und Risiken.
66
(a) Nr. 2.4.1 des Planungsvertrags enthält ‒ ohne gesonderte Vergütung (vgl. Nr. 2.4.1 am Ende) ‒ in einem kaum abschätzbaren Maß über die Grundleistungen nach der HOAI hinausgehende Pflichten.
67
(aa) Anlage 10 Nr. 10.1 zu § 34 Abs. 4, § 35 Abs. 7 HOAI enthält für das Leistungsbild Gebäude und Innenräume in der linken Spalte zu den verschiedenen Leistungsphasen Grundleistungen und in der rechten Spalte dagegen gestellte Beispiele für Besondere Leistungen, also Leistungen, die definitionsgemäß keine Grundleistungen sind (Haack/Heinlein in BeckOK HOAI, 16. Ed. 1. Februar 2025, § 34 Rn. 1). Eine entsprechende Systematik findet sich in Anlage 11 Nr. 11.1 zu § 39 Abs. 4, § 40 Abs. 5 HOAI für das Leistungsbild Freianlagen.
68
(bb) Der Antragsgegner weist zutreffend darauf hin, dass sich den Grundleistungspflichten, soweit sie „denklogisch“ Besprechungen enthalten, diesbezüglich keine quantitative Beschränkung entnehmen lässt. Allerdings scheint der Antragsgegner eine Beschränkung insoweit anzunehmen, als der Auftragnehmer nach den Vorgaben im Planungsvertrag nur verpflichtet sei, an den (in der Sache) notwendigen Besprechungen teilzunehmen. Genau diese Beschränkung ist der Nr. 2.4.1 des Planungsvertrags aber entgegen der Auffassung des Antragsgegners nicht zu entnehmen. Die Klausel verpflichtet nicht zur Teilnahme an „notwendigen Beratungen“, sondern zu den „jeweils notwendigen Teilnahmen an sämtlichen von der Auftraggeberin gewünschten Beratungen“, was ‒ zumal in Verbindung mit der ausdrücklichen Aussage, dass die normierten Pflichten „neben den Leistungen nach §§ 34, 39 HOAI mit Anlage 10.1 bzw. Anlage 11.1 zur HOAI“ bestehen sollen ‒ dafür spricht, dass die Notwendigkeit der Teilnahme sich schon allein aus dem Wunsch des Antragsgegners ergeben soll.
69
(cc) Darüber hinaus enthält Nr. 2.4.1 des Planungsvertrags zum Teil Leistungspflichten, die nach den genannten Anlagen zur HOAI nicht zu den mit dem Honorar abgegoltenen Grundleistungen, sondern zu den beispielhaft aufgezählten Besonderen Leistungen gehören.
70
Nach der HOAI ist das „Mitwirken bei der Kredit- und Fördermittelbeschaffung“ eine Besondere Leistung; diese verlangt Nr. 2.4.1 des Planungsvertrags dem Auftragnehmer ab, indem „die erforderlichen Behördenabstimmungen und -gespräche (insbesondere auch mit der Fördermittelstelle)“ zu seinen Pflichten gehören. Der hiergegen von den Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung vorgebrachte Einwand, es sei zwischen „Mitwirken“ und dem (hier allein verlangten) Beraten zu unterscheiden, überzeugt nicht. Zwar lautet die Überschrift der Nr. 2.4.1 „Allgemeine Beratung“, und dem entsprechend wird der Auftragnehmer zunächst zu Teilnahmen an den von der Auftraggeberin gewünschten Beratungen verpflichtet. Sodann wird der Auftragnehmer jedoch nicht zur Beratung des Antragsgegners mit Blick auf Fördermittel verpflichtet, sondern zu den „erforderlichen Behördenabstimmungen und -gesprächen (insbesondere auch mit der Fördermittelstelle)“, was zum Ausdruck bringt dass der Auftragnehmer im Außenverhältnis (insbesondere auch) mit der Fördermittelstelle zu kommunizieren habe.
71
Jedenfalls fraglich ist des Weiteren, ob die „Mitwirkung bei der Beschaffung der nachbarlichen Zustimmung“ (Besondere Leistung nach der HOAI in Leistungsphase 4), sofern eine solche nötig ist, zur „Koordinierung mit allen übrigen von den Baumaßnahmen Betroffenen“ im Sinne der Nr. 2.4.1 des Planungsvertrags gehört.
72
Schließlich ist es nicht fernliegend, die Besondere Leistung „Mitwirken bei der Prüfung von bauwirtschaftlich begründeten Nachtragsangeboten“ (Leistungsphase 7 unter die Pflicht zu den „jeweils notwendigen Teilnahmen an sämtlichen von der Auftraggeberin gewünschten Beratungen mit sämtlichen Bauunternehmern […] und sonst am Bau Beteiligten“ im Sinne der Nr. 2.4.1 zu subsumieren.
73
(dd) Selbst wenn nicht alle zu (cc) dargelegten Auslegungen zwingend sein mögen, ist jedenfalls zu sehen, dass der Rechtsanwender durch den ausdrücklichen Hinweis, dass die in Nummer 2.4.1 des Planungsvertrags geregelten Pflichten „neben“ den Leistungen nach §§ 34, 39 HOAI mit Anlage 10.1 bzw. Anlage 11.1 zur HOAI bestehen sollen, geradezu dazu aufgefordert wird, die Klausel so auszulegen, dass sie sich eben nicht auf Grundleistungen nach der HOAI bezieht. Daher muss der Bieter zumindest damit rechnen, dass die Klausel im Zweifelsfall entsprechend weit verstanden wird, was hinsichtlich des Umfangs der ihm obliegenden Pflichten erhebliche Risiken und Unwägbarkeiten mit sich bringt.
74
(b) Nr. 5 des Planungsvertrags berechtigt den Auftraggeber zu (umfänglich nicht beschränkten) „Leistungsminderungen im Rahmen der beauftragten Leistungen nach Ziffer 3 und im Falle der Ausübung des Optionsrechts nach Ziffer 4“, in welchem Fall „die Vergütung des jeweiligen Auftragnehmers nach Ziffer 9 und 10 [in Version 2: nach Ziffer 12 und 13] insofern anteilig entfällt“. Durch diese Bestimmung wird dem Auftragnehmer, gemessen am gesetzlichen Leitbild, ein erhebliches Risiko aufgebürdet.
75
(aa) Zwar weist der Antragsgegner zutreffend darauf hin, dass das Leistungsminderungsrecht tatbestandlich dem gesetzlichen Leitbild entspricht, wie sich aus dem Verweis des § 650q Abs. 1 BGB auf § 650b BGB ergibt.
76
(bb) Die Rechtsfolge des vollständigen Entfalls des auf die gekündigten Teilleistungen entfallenden Anteils des Honorars weicht jedoch erheblich vom gesetzlichen Leitbild ab. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners geht der Verweis der Vergabekammer auf § 648 BGB nicht fehl, weil §§ 650b, 650c BGB speziellere Regelungen für den Fall von Anordnungen durch den Besteller bei Fortbestand der Vertragsbeziehung träfen. Führt eine einseitige Änderung des Leistungsumfangs nämlich ‒ wie hier nach Nummer 5 des Planungsvertrags ‒ zum Entfallen ursprünglich beauftragter Leistungen, so handelt es sich, soweit der Planer dies nicht zu vertreten hat, um eine freie Teilkündigung des Auftraggebers, auf die über den Verweis des § 650q Abs. 1 BGB auf Kapitel 1 des Untertitels 1 § 648 BGB anwendbar ist (Fuchs/Seifert in Beck'scher HOAI- und Architektenrechtskommentar, 3. Aufl. 2022, § 10 HOAI Rn. 24; Busche in Münchener Kommentar zum BGB, 9. Aufl. 2023, § 650q Rn. 7 am Ende). Danach wird der Auftraggeber des Architekten, der sich aus freien Stücken zur (hier teilweisen) Kündigung entschließt, von seiner Pflicht zur Vergütung nur insofern frei, als sich der Architekt infolge der (Teil-)Kündigung ersparte Aufwendungen, einen anderweitigen Verdienst oder einen böswillig unterlassenen anderweitigen Verdienst anrechnen lassen muss. Demgegenüber soll der Auftragnehmer nach Nr. 5 des Planungsvertrags den auf die Leistungsminderung entfallenden Teil seiner Vergütung ohne Rücksicht darauf vollständig verlieren, dass die Leistungsminderung allein auf dem freien Willen der Gegenseite beruht und der Auftragnehmer womöglich im Vertrauen auf die Durchführung der bereits beauftragten Leistungen Dispositionen getroffen hat.
77
(c) Auch Nr. 6.1.2 bzw. (in Version 2) 9.1.2 des Planungsvertrags geht über den Pflichtenkatalog der Grundleistungen gemäß HOAI hinaus, wie sich mit Blick auf einige vom Antragsgegner in der sofortigen Beschwerde aufgelistete Grundleistungen zeigt, die nach den Ausführungen des Antragsgegners „denklogisch“ Koordinierungsaufwand beinhalten.
78
(aa) Buchst. e) zur Leistungsphase 2 betrifft die als Grundleistung geschuldete „Koordination und Integration von Leistungen anderer an der Planung fachlich Beteiligter“. Diese Koordinierungspflicht stellt jedoch keine Projektsteuerungsaufgabe dar, die typischerweise Bauherrenvertretung ist oder sie ersetzt und mit dem Grundleistungshonorar nicht abgegolten wäre (Haack/Heinlein in BeckOK HOAI, § 34 Rn. 48). In Nr. 6.1.2 (9.1.2) des Planungsvertrags wird zwar „[k]largestellt“, dass durch die Koordinierungsaufgaben gemäß dieser Vorschrift keine Projektsteuerung im klassischen Sinne beauftragt werde. Zugleich wird jedoch ausgeführt, dass das Planungsvorhaben gerade „vor dem Hintergrund der umfassenden Planungs- und Bauüberwachungsverantwortung des Auftragnehmers 1 […] ohne gesonderte Projektsteuerung durchgeführt werden“ soll. Zusammen mit den weitreichenden und in ihrem genauen Umfang unklaren Formulierungen zu den Pflichten des Auftragnehmers (s. dazu auch sogleich zu [bb]), entsteht damit aus der objektivierten Bietersicht der Eindruck, dass der Antragsgegner eine „gesonderte Projektsteuerung“ gerade deshalb nicht für erforderlich hielt, weil er die Koordinierungspflichten des Auftragnehmers so sehr ausgeweitet hat, dass es einer Projektsteuerung nicht mehr bedarf.
79
(bb) Buchst. c) zur Leistungsphase 6 legt dem Architekten das „Abstimmen und Koordinieren der Schnittstellen zu den Leistungsbeschreibungen der an der Planung fachlich Beteiligten“ als Grundleistung auf. Hierzu führen Haack/Heinlein (a. a. O., § 34 Rn. 148) aus, der Verordnungsgeber habe mit der Grundleistung Abstimmen und Koordinieren der Schnittstellen den bei den Leistungen zur Technischen Ausrüstung Beteiligten mehr Verantwortung übertragen, indem eigenständige werkvertragliche Erfolge beschrieben würden und nicht nur Mitwirkungspflichten; damit komme es nur noch auf die Schnittstellen an. Eine solche Beschränkung findet in Nr. 6.1.2 (9.1.2) des Planungsvertrags keinen Anhalt, wonach der Architekt, dem „sämtliche Planungsleistungen im weiteren Sinne“ obliegen, im Rahmen seiner „umfassende[n] Koordinierungsleistungen für das Gesamtprojekt“ die anderen fachlich Beteiligten zeitlich und fachlich zu koordinieren hat, „um den Planungserfolg über die eigene Planung hinaus (,Gesamtplanung') sicher[zu]stellen“. Dem entsprechend ist die Pflicht zum Schnittstellenmanagement nur ein Posten in der ‒ nicht abschließenden ‒ Aufzählung der „umfassende[n] Koordinierungsleistungen für das Gesamtprojekt“.
80
(cc) Auch bezüglich der Grundleistungspflicht zu Buchst. c) in Leistungsphase 8 (Koordinieren der an der Objektüberwachung fachlich Beteiligten) heben Haack/Heinlein (a. a. O., § 34 Rn. 197) hervor, der Architekt müsse sich immer wieder vor Augen halten, dass die Koordinierungspflicht nicht so weit gehe, dass er Projektsteuerungsaufgaben des Bauherrn übernehme. Auch dieser Beschränkung wird Nr. 6.1.2 (9.1.2) des Planungsvertrags aus den zu (aa) und (bb) dargelegten Gründen nicht gerecht.
81
(2) Den zu (1) dargelegten erheblichen Risiken und deutlich über das gesetzliche Leitbild hinausgehenden, zum Teil hinsichtlich ihres Umfangs unwägbaren Pflichten können die Bieter nicht effektiv durch Honorarzuschläge begegnen. Wie oben zu a) bb) (1) bis (3) ausgeführt, hält der in der Wertungsmatrix vorgesehene Abzug von 20% aller erreichbaren Wertungspunkte bereits für einen unter Umständen sehr geringen Honorarzuschlag, zumal in Kombination mit dem Zugewinn von 100 Punkten für einen womöglich sehr geringen Honorarabschlag, Bieter effektiv davon ab, mit einem Zuschlag anzubieten. Dass dies der Zweck der Regelung war, stellt der Antragsgegner nicht in Abrede.
82
(3) Der Verweis des Antragsgegners auf eine angeblich überdurchschnittliche Honorierung (Mittelhonorarsatz statt Basishonorarsatz) kann nicht als Kompensation für die dargelegten Risiken und Pflichtenerweiterungen angesehen werden, die es erübrigte, ihnen durch Honoraraufschläge effektiv begegnen zu können. Eine solche Zwecksetzung der Vergütungshöhe lässt sich dem Planungsvertrag nicht entnehmen; der Mittelhonorarsatz könnte ebenso gut vor dem Hintergrund erfolgt sein, dass der Antragsgegner das Projekt innerhalb der Honorarzone III für relativ komplex hielt oder er eine Zuordnung zu Honorarzone III oder IV für möglich hielt (vgl. die Objektliste in Anlage 10 Nr. 10.2 zu § 34 Abs. 4, § 35 Abs. 7 HOAI zum Eintrag „Wohnheime, Gemeinschaftsunterkünfte, Jugendherbergen, -freizeitzentren, -stätten“) und deshalb als Kompromiss zwar die Honorarzone III, innerhalb dieser aber den Mittelhonorarsatz gewählt hat. Der Antragsgegner hat zunächst selbst nicht behauptet, die Wahl der Honorarzone III sei erfolgt, da dem Auftragnehmer ein umfangreicher Pflichtenkatalog auferlegt werde. Noch in seiner Antwort vom 13. September 2024 auf das Rügeschreiben vom 23. August 2024 ist davon nicht die Rede; erst in der Erwiderung auf den Nachprüfungsantrag spricht der Antragsgegner in einer Zwischenüberschrift davon, die Kalkulation sei „zumutbar wegen auskömmlicher bieterfreundlicher Kalkulationsgrundlagen“, deren Vorliegen zuvor mit der Wahl des Mittelhonorarsatzes begründet worden war. Der Annahme, die Wahl des Mittelhonorarsatzes habe einen Ausgleich für die dargelegten Unwägbarkeiten schaffen sollen, fehlt schließlich schon deshalb die Grundlage, weil es solche Unwägbarkeiten nach dem Vortrag des Antragsgegners nicht gegeben hat. Der Antragsgegner beruft sich gerade darauf, dass die im Planungsvertrag vorgesehenen Pflichten nicht über die Grundleistungspflichten nach der HOAI hinausgingen.
83
d) Erfolg hat der Nachprüfungsantrag schließlich auch insoweit, als die Antragstellerin die vom Antragsgegner vorgegebenen Kommunikationsmittel rügt. Weder der in Nr. 7.4 des Verfahrensleitfadens genannte „PPM Raum“ noch die in Nr. 7.3 des Leitfadens vorgesehene Kommunikation per E-Mail werden der Anforderung des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VgV gerecht, wonach kein vorfristiger Zugriff auf die empfangenen Daten möglich sein darf. Entsprechendem Vortrag der Antragstellerin ist der Antragsgegner nicht entgegengetreten. Er macht vielmehr unter Verweis auf den Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 29. Juli 2022 (Verg 13/21, VergabeR 2022, 737 [juris Rn. 59]) geltend, dem Erfolg des Nachprüfungsantrags stehe insoweit entgegen, dass nachweislich tatsächlich kein vorfristiger Zugriff erfolgt sei, so dass der Antragstellerin kein Schaden entstanden sei. Richtig ist, dass der Antragstellerin mit Blick auf das von ihr abgegebene Erstangebot kein Schaden entstanden ist, nachdem sie den diesbezüglichen Sachvortrag des Antragsgegners nicht bestritten hat. Mit Blick auf das von der Antragstellerin nicht mehr eingereichte verbindliche Angebot ist der Einwand des Antragsgegners hingegen nicht tragfähig, da die Antragstellerin die Unzulässigkeit gerügt und kein finales Angebot abgegeben hat. Ihre Aussicht auf Erhalt des Auftrags ist damit (auch) durch die vergaberechtswidrige Vorgabe, das Angebot an ein nicht gesichertes E-Mailpostfach zu senden, beeinträchtigt worden. Auf die Frage, ob bezüglich der eingereichten Angebote ein Zugriff erfolgt ist oder auf ein Angebot der Antragstellerin zugegriffen worden wäre, kommt es damit nicht mehr an. Auch aus der zuletzt genannten Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts folgt nichts anderes. Der Antragsgegner wird bei erneuter Durchführung des Vergabeverfahrens darauf zu achten haben, dass dem Erfordernis des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VgV Genüge getan wird. Dass E-Mailpostfächer anwaltlicher Vertreter des Antragsgegners, auf welche der Antragsgegner die Antragstellerin für die Abgabe des verbindlichen Angebots verweisen wollte, § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VgV nicht entsprechen, versteht sich von selbst und bedarf keiner weiteren Begründung. Der im Zusammenhang mit den gewählten Kommunikationsmitteln vom Antragsgegner gegebene Hinweis auf § 12 Abs. 1 VgV erschließt sich nicht; diese Vorschrift erlaubt nicht die Wahl von Kommunikationsmitteln, die der Anforderung des § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VgV nicht entsprechen.
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e) Die Antragstellerin ist in ihren Rechten verletzt. Dass das aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) hergeleitete Verbot von Vorgaben, die eine kaufmännisch vernünftige Angebotskalkulation unzumutbar machen und dadurch die Aussichten des Bieters auf eine Berücksichtigung seines Angebots bei der Zuschlagserteilung beeinträchtigen können, zu den bieterschützenden Vorschriften im Sinne des § 97 Abs. 6 GWB gehört, wurde bereits ausgeführt (s. oben zu c] bb]). Gleiches gilt auch für die oben zu a) diskutierten Bestimmungen des § 127 Abs. 1 bis 3 GWB (Ziekow in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 127 GWB Rn. 49) und § 58 VgV (Steck in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, § 58 VgV Rn. 45) und den zu d) diskutierten § 10 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VgV (Jauch in Dieckmann/Scharf/Wagner-Cardenal, VgV, UVgO, 3. Aufl. 2022, § 10 VgV Rn. 30). Der Ausschluss des Erstangebots der Antragstellerin durch Schreiben vom 21. Oktober 2024 ändert nichts an deren Verletzung in eigenen Rechten, da der Ausschluss unwirksam war. Der Antragsgegner stützt den Ausschluss auf den Vorwurf, die Antragstellerin habe ihrem Erstangebot nicht bedingungslos die Vergabeunterlagen zugrunde gelegt und diese damit im Sinne des § 57 Abs. 1 Nr. 4 VgV abgeändert. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Der Senat sieht weder in den oben wiedergegebenen Äußerungen der späteren Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im Nachprüfungsantrag noch in den Äußerungen des Architekten F im Präsentationstermin vom 6. August 2024 einen Beleg dafür, dass die Antragstellerin ihr Erstangebot unter der auflösenden Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB) eingereicht hätte, dass den von ihr angemeldeten Verhandlungsbedarfen entsprochen würde; mindestens ebenso nahe liegt das Verständnis, dass die Antragstellerin eine entsprechende Erwartung hegte, ohne damit eine (im Übrigen stillschweigende und gar nicht zum Ausdruck gebrachte) Bedingung im Rechtssinn stellen zu wollen. Im Übrigen kommt ein Ausschluss auch deshalb nicht in Betracht, weil die Vorgaben zur Angebotskalkulation, welche die Antragstellerin nach Auffassung des Antragsgegners nicht eingehalten hat, ohnehin vergaberechtswidrig waren (vgl. oben c]).
III.
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1. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ergibt sich aus § 175 Abs. 2, § 71 GWB. Der Antragsgegner hat die Kosten seines unbegründeten Rechtsmittels sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen der Antragstellerin zu tragen. Die Beigeladene, die in der mündlichen Verhandlung keinen Antrag gestellt hat, hat ihre Aufwendungen selbst zu tragen.
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Die Kostenentscheidung der Vergabekammer lässt (Ermessens-)Fehler nicht erkennen, § 182 Abs. 3 Satz 5, Abs. 4 GWB.
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2. Der Streitwert für das Verfahren ist nach § 50 Abs. 2 GKG festzusetzen. Da die Antragstellerin kein verbindliches Angebot eingereicht hat, ist als Bruttoauftragssumme das geschätzte Bruttohonorar anzusetzen, das sich auf der Grundlage der geschätzten Herstellungskosten ergibt, wobei nach dem Planungsvertrag optionale Auftragspositionen jeweils zu 50% anzusetzen sind (vgl. BayObLG, Beschluss vom 7. September 2022, Verg 8/22, NZBau 2022, 764 [juris Rn. 22]). Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Antragsgegner den Wert des Bruttohonorars gemäß Nummern 12.2.1 und 12.2.2 des Planungsvertrags (Version 2) unter Heranziehung der Honorartafel zu § 35 Abs. 1 HOAI und der erweiterten RifT-Tabelle Freianlagen (Bestimmung des Mittelwertes bei linearer Interpolation zwischen dem nächst niedrigeren und dem nächst höheren Tabellenwert) sachlich und rechnerisch richtig bestimmt, weshalb der Streitwert in Übereinstimmung mit dieser Darlegung und Herleitung festgesetzt wird.