Inhalt

OLG München, Endurteil v. 08.08.2025 – 36 U 3489/24 e
Titel:

Aufzehrung des Differenzschadens in Dieselfall durch Anrechnung der Nutzungsvorteile und des Restwerts

Normenketten:
BGB § 31, § 823 Abs. 2
EGFGV § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1
FahrzeugemissionenVO Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2
Leitsatz:
Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs sind erst dann und nur insoweit schadensmindernd anzurechnen, als sie den Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags (gezahlter Kaufpreis abzüglich Differenzschaden) übersteigen. Die Vorteilausgleichung kann der Gewährung eines Schadensersatzes aus § 823 Abs. 2 BGB sogar gänzlich entgegenstehen, ohne dass dem Grundsätze des Unionsrechts entgegenstehen, wenn der Differenzschaden vollständig ausgeglichen ist (hier bejaht). (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Schadensersatz, Schutzgesetz, Dieselskandal, unzulässige Abschalteinrichtung, EA 896, Thermofenster, EG-Typgenehmigung, Differenzschaden, Vorteilsausgleichung, Schadensaufzehrung
Vorinstanz:
LG Ingolstadt, Urteil vom 18.09.2024 – 33 O 1642/23 Die
Fundstelle:
BeckRS 2025, 20909

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 18.09.2024, Az. 33 O 1642/23 Die, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Ingolstadt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 25.088,96 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

I.
1
Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche, die der Kläger gegen die Beklagte als Herstellerin wegen des Erwerbs eines Diesel-Pkws geltend macht.
2
1. Der Kläger erwarb am 06.11.2020 von einem nicht am Rechtsstreit beteiligten Dritten das gebrauchte Fahrzeug Audi A6 Avant, 3.0 TDI quattro, 240 KW, Erstzulassung 07.05.2015, mit einem Kilometerstand bei Kauf von 104.250 km für 28.200 €. Das Fahrzeug mitsamt dem darin verbauten 3,0 Liter V6-Turbodieselmotor, Typ: EA 896Gen2BiT, wurde von der Beklagten hergestellt. Es unterfällt der Abgasnorm Euro 6 und verfügt über einen SCR-Katalysator als Abgasnachbehandlungssystem.
3
Der Pkw verfügte ursprünglich auch über eine sog. schnelle Motoraufwärmfunktion. Diese war vom KBA im Jahre 2018 als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft worden (vgl. Pressemitteilung des KBA vom 23.01.2018, Anlage B3). Das daraufhin von der Beklagten zur Beseitigung der Aufwärmstrategie entwickelte Software-Update wurde am 26.11.2018 vom KBA freigegeben (vgl. Anlage B 1). Die entsprechende Aktualisierung der Motorsteuerungssoftware erfolgte für den streitgegenständlichen Pkw am 03.02.2020.
4
In dem Fahrzeug kommt eine Abgasrückführung zur Anwendung, die sich mindernd auf die Stickoxidemissionen auswirkt, die jedoch außerhalb eines bestimmten Außentemperaturbereichs (sogenanntes Thermofenster) und eines gewissen Umgebungsluftdruckbereichs abgeschaltet beziehungsweise reduziert wird.
5
Das Fahrzeug wurde vom Kläger am 20.07.2024 bei einem Kilometerstand von 148.211 km zu einem Preis von 26.000 € weiterveräußert.
6
Die Klagepartei behauptet, das Fahrzeug verfüge über mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen, neben dem Thermofenster und der umgebungsluftdruckabhängigen Anpassung der AGR-Rate auch über die Motorlastmessungs-Abgasrückführungs-Abschalteinrichtung, die Motordrehzahlmessungs-Abgasrückführungs-Abschalteinrichtung, die Lenkwinkel/Lenkwinkelgradient-Abgasrückführungs-Abschalteinrichtung, die Leerlaufbetriebsmessungs-Abgasrückführungs-Abschalteinrichtung, die Klimaanlagenbetriebsmessungs-Abgasrückführungs-Abschalteinrichtung, die Radiobetriebsmessungs-Abgasrückführungs-Abschalteinrichtung, die Kühlwassertemperaturmessungs-Abgasrückführungs-Abschalteinrichtung, die Geschwindigkeitsmessungs-Abgasrückführungs-Abschalteinrichtung, die Geschwindigkeits- und Kühlwassertemperaturmessungs-Abgasrückführungs-Abschalteinrichtung. Die Beklagte habe das von ihr sogenannte Thermofenster exakt mit 20 Grad Celsius bis 30 Grad Celsius, also dem für den Prüfstand vorgeschriebenen Umgebungslufttemperaturbereich bedatet.
7
Dem Kläger stehe daher ein Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 826 BGB und parallel hierzu auch aus § 823 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 EG-FGV i. V. m. § 27 Abs. 1 EG-FGV zu.
8
Erstinstanzlich beantragte der Kläger,
1.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 25.088,96 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diesen Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug um Zug gegen (hilfsweise: nach) Herausgabe und Übereignung des Fahrzeuges Audi A6 Avant mit der Fahrzeugidentifikationsnummer  ... nebst Fahrzeugschlüssel;
2.
Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenpartei mit der Rücknahme des unter Ziffer 1 genannten Fahrzeuges nebst Fahrzeugschlüssel in Annahmeverzug befindet.
3.
hilfsweise bezogen auf den Antrag zu I. 1. für den Fall der Unbegründetheit des Antrags auf den sogenannten großen Schadensersatz gemäß Antrag zu I. 1.:
1.
a): die Beklagtenpartei zu verurteilen, an die Klagepartei einen Betrag, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch mindestens 22.268,96 EUR, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diesen Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
b) hilfsweise, bezogen auf die Anträge zu I.1. und II.1.a), für den Fall der Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Antrags zu II.1.a): die Beklagtenpartei zu verurteilen, an die Klagepartei 4.230,00 EUR [15% bezogen auf den gezahlten Kaufpreis] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diesen Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
c) hilfsweise, bezogen auf die Anträge zu I.1., II.1.a) und II.1.b), für den Fall, dass das Gericht entscheidet, dass ein ersatzfähiger Schaden dergestalt, dass die Klagepartei den Kaufgegenstand – gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung – zu teuer erworben hat, nicht gegeben ist: die Beklagtenpartei zu verurteilen, an die Klagepartei 25.088,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diesen Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen Zug-um-Zug gegen [hilfsweise: nach] Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi A6 Avant mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... nebst Fahrzeugschlüssel;
2. die Beklagtenpartei zu verurteilen [hilfsweise: festzustellen, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist], aus der Motor-Steuerungssoftware des Fahrzeugs Audi A6 Avant mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... die Softwarefunktion, die die Temperatur ermittelt, um die Öffnung des Abgasrückführungsventils zu verringern [die AGR-Rate zu reduzieren], zu beseitigen;
3. a) festzustellen, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klagepartei allen weiteren materiellen Schaden zu ersetzen, der der Klagepartei wegen der in den Rechner zur Motorsteuerung des von ihr erworbenen Fahrzeugs Audi A6 Avant mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... integrierten oder auf ihn einwirkenden Softwarefunktionen, die die Temperatur und weitere Parameter ermitteln, um die Öffnung des Abgasrückführungsventils zu verringern, wodurch die Wirksamkeit des Abgasrückführungssystems des streitgegenständlichen Fahrzeugs unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird, noch entstehen wird;
b) hilfsweise, bezogen auf den Antrag zu 3. a), für den Fall der Unbegründetheit dieses Antrags: festzustellen, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klagepartei allen weiteren materiellen Schaden zu ersetzen, der der Klagepartei wegen der in den Rechner zur Motorsteuerung des von ihr erworbenen Fahrzeugs Audi A6 Avant mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... integrierten oder auf ihn einwirken den Softwarefunktion, die die Temperatur ermittelt, um die Öffnung des Abgasrückführungsventils zu verringern, wodurch die Wirksamkeit des Abgasrückführungssystems des streitgegenständlichen Fahrzeugs unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, nämlich Umgebungstemperaturen zwischen -15 °C und +40 °C, verringert wird, noch entstehen wird.
9
Die Beklagte beantragt die Klageabweisung.
10
Sie bringt vor, in dem Fahrzeug sei keine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut, insbesondere sei der streitgegenständliche Dieselmotor nicht mit dem Motor der Baureihe EA 189 und der darin verbauten Umschaltlogik vergleichbar. Mit dem vom KBA – nach Vorlage der gesamten AES / BES-Dokumentation zu den verwendeten Abgasreinigungsstrategien – freigegebenen und im streitgegenständlichen Pkw vor Kauf durch den Kläger installierten Software-Update sei die Aufheizstrategie folgenlos beseitigt worden. Das Temperaturfenster wiederum liege in einem Temperaturbereich zwischen 0° Celsius und + 38° Celsius. Das vorhandene Thermofenster in Bezug auf die Abgasrückführung sei aus Motorschutzgründen nach den geltenden Vorschriften (Art. 5 Abs. 2, S. 2 EG (VO) 715/2007) zulässig.
11
Im Übrigen schließe die Verhaltensänderung zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses, wie sie in dem Vorgehen der Beklagten im Zusammenhang mit dem Software-Update zum Ausdruck gekommen sei, eine deliktische Haftung insgesamt aus.
12
2. Mit Endurteil vom 05.01.2024 wies das Landgericht die Klage ab. In den Urteilsgründen führt das Landgericht aus, dass ein Anspruch nach § 826 BGB ausscheide. Die vom KBA beanstandete Funktion sei vor dem Kauf durch ein Software-Update beseitigt worden, so dass der Sachvortrag des Klägers hierzu und zu weiteren nicht näher dargelegten Abschalteinrichtungen ersichtlich unsubstantiiert ins Blaue hinein erfolge. Dem Kläger wäre es im Rahmen seiner Darlegungspflicht zuzumuten gewesen, bei einem Fachhändler diesen Umstand nachzufragen und/oder sich bei seiner Verkäuferin über diesen Umstand zu erkundigen, § 138 Abs. 4 ZPO. Eine etwaige Sittenwidrigkeit sei zudem aufgrund der Verhaltensänderung zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses entfallen. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6, 27 EG-FGV in Bezug auf das Thermofenster scheitere daran, dass der Vorteilsausgleich einen etwaigen Differenzschaden vollständig aufzehre. Die Beklagte habe durch eine Bewertung vom 07.05.2024 (Anlage B 27) schlüssig und nachvollziehbar dargestellt, dass das Fahrzeug noch einen Restwert von 23.155 € habe. Zusammen mit dem Nutzungsersatz in Höhe von 8.002,03 € ergebe sich ein Vorteilsausgleich in Höhe von 31.157,03 €, der über dem Kaufpreis liege.
13
Im Übrigen wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts Ingolstadt, Az. 33 O 1642/23 Die, Bezug genommen.
14
3. Hiergegen wendet sich die Klagepartei mit Berufung und begründet diese mit Schriftsatz vom 18.11.2024. Sie verfolgte zunächst ihre erstinstanzlichen Anträge einschließlich der Hilfsanträge weiter. Sie trägt vor, im Fahrzeug seien mehrere Abschalteinrichtungen verbaut, insbesondere verfüge das streitgegenständliche Fahrzeug über ein Thermofenster, welches bewirke, dass bereits bei einer Außentemperatur von unter + 20 °C und über 30 °C mehr Stickoxide ausgestoßen werden als zulässig. Der Kläger habe keine Kenntnis darüber, ob durch ein Software-Update die beanstandeten Funktionen entfernt oder nur Parameter verändert worden seien. Auch bei Nachfragen an den Händler oder die Verkäuferin sei hierüber keine Auskunft möglich. Deshalb sei davon auszugehen, dass auch durch ein Software-Update nicht sämtliche Abschalteinrichtungen entfernt worden seien. Der aktuelle DAT-Zeitwert des streitgegenständlichen Fahrzeugs belaufe sich auf 19.700,00 € (vgl. Anlage T 2). Bei der Berechnung des Gebrauchsvorteils sei eine Gesamtfahrleistung von 382.983 km zugrunde zu legen (19 Jahre Lebensdauer bei 20.157 km Jahreslaufleistung bei Durchschnitts-Dieselfahrzeug). Nach Mitteilung von der Weiterveräußerung des streitgegenständlichen Fahrzeugs beantragte der Kläger mit Schriftsatz vom 02.07.2025 nur noch den Ersatz des Differenzschadens in Höhe von 15% des Kaufpreises nebst Zinsen. Im Übrigen erklärte er den Rechtstreit wegen der Fahrzeugveräußerung für in der Hauptsache (teilweise) für erledigt.
15
Zuletzt beantragt der Kläger,
das Urteil des Landgerichts Ingolstadt vom 18.09.2024 – 33 O 1642/23 Die – abzuändern und die Beklagtenpartei zu verurteilen, an die Klagepartei 4.230,00 EUR [15% bezogen auf den gezahlten Kaufpreis] nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf diesen Betrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
16
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
17
Die Beklagte widerspricht der Erledigterklärung.
18
Sie trägt vor, die Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch lägen nicht vor. Im Übrigen wäre ein etwaiger Schaden durch den Vorteilsausgleich entfallen. Der Restwert des streitgegenständlichen Fahrzeugs betrage nach einer DAT-Abfrage für den 21.01.2025 unter Zugrundelegung einer Laufleistung des Fahrzeugs von 153.928 Kilometern mindestens 25.883,00 €. Tatsächlich könne auf dem freien Markt sogar noch ein höherer Preis erzielt werden. Die Preise der aktuell zehn angebotenen Fahrzeuge mit vergleichbaren Parametern reichten von EUR 28.000,00 bis hin zu EUR 32.999,00. Der mittlere Angebotspreis von EUR 30.003,00 liege deshalb durchaus im Bereich dessen, was von der Klagepartei derzeit am Markt erzielbar wäre. Letztlich sei von dem tatsächlich erzielten Veräußerungserlös in Höhe von 26.000 € auszugehen. Der Differenzschaden werde durch den Vorteilsausgleich vollständig aufgezehrt.
19
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der Anträge erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, sowie auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
20
Der Senat hat mündlich verhandelt im Termin vom 07.07.2025. Auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
21
Einer weitergehenden Darstellung des Sachverhalts bedarf es vorliegend nicht, da ein Rechtsmittel – nach Umstellung der Berufungsanträge des Klägers – mangels Überschreitung einer Beschwer von 20.000,00 € (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) unzweifelhaft nicht zulässig ist, § 540 Abs. 1 Nr. 1, 2 ZPO i.V.m. § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO.
II.
22
Die zulässige Berufung des Klägers hat mit dem zuletzt gestellten Antrag auf den Differenzschaden keinen Erfolg.
23
1. Die Umstellung von dem sog. großen Schadensersatz auf den Differenzschadensersatz ist eine auch in der zweiten Instanz stets zulässige Antragsänderung nach §§ 525 S. 1, 264 Nr. 2 ZPO, denn dem großen Schadensersatz einerseits und einem Differenzschadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV andererseits liegen lediglich unterschiedliche Methoden der Schadensberechnung zugrunde, die im Kern an die Vertrauensinvestition des Käufers bei Abschluss des Kaufvertrags anknüpfen (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2023, Vla ZR 335/21, NJW 2023, 2259, juris Rdnr. 45; BGH, Urteil vom 20.07.2023, III ZR 267/20, ZIP 2023, 1903, juris Rdnr. 35; BGH, Urteil vom 25.09.2023, Vla ZR 1/23, WM 2023, 2064, juris Rdnr. 17). Wechselt der Kläger jedoch nur die Art der Schadensberechnung, ohne seinen Antrag auf einen abgewandelten Lebenssachverhalt zu stützen, liegt keine Klageänderung i. S. d. § 263 ZPO vor (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.2015, XI ZR 536/14, juris Rdnr. 33).
24
2. Zwar könnte der Klagepartei dem Grunde nach ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 6, 26, 27 Abs. 1 EG-FGV nach Maßgabe der Entscheidungen des BGH vom 26.06.2023 (BGH VIa ZR 335/21, VIa ZR 533/21 und VI a ZR 1031/22) auf Ersatz des Differenzschadens im Bereich von 5 bis 15% des Kaufpreises zustehen. Dieser wäre hier jedoch durch den vorzunehmenden Vorteilsausgleich vollständig aufgezehrt.
25
a) Selbst bei Berücksichtigung eines Differenzschadens in Höhe von 15% des Kaufpreises verbliebe kein zu ersetzender Schaden mehr. Der Nutzungsvorteil und der Restwert des Fahrzeugs sind auch unter Ansatz eines Differenzschadens in dieser maximalen Höhe in voller Höhe vorteilsausgleichend zu berücksichtigen, weil sie in der Summe den tatsächlich gezahlten Kaufpreis übersteigen.
26
b) Der Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV unterliegt genauso wie der Anspruch auf kleinen Schadenersatz nach § 826 BGB dem Vorteilsausgleich (BGH, Urteil vom 24.07.2023, VIa ZR 752/22, NJW 2023, 3010, juris Rdnr. 12). Es können daher nach den im Bereich des Schadensersatzrechts entwickelten, auf dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) beruhenden Grundsätzen des Vorteilsausgleichs dem Geschädigten diejenigen Vorteile anzurechnen sein, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zufließen. Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Allerdings sind nur diejenigen durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, d. h. bei denen dem Geschädigten die Anrechnung zumutbar ist und die den Schädiger nicht unangemessen entlastet. Vor- und Nachteile müssen bei wertender Betrachtung gleichsam zu einer Rechnungseinheit verbunden sein (BGH, Urteil vom 24.01.2022, VIa ZR 100/21, NJW-RR 2022, 1033, juris Rdnr. 17 f.; BGH, Urteil vom 20.07.2021, VI ZR 575/20, MDR 2021, 1261, juris Rdnr. 28; BGH, Urteil vom 06.07.2021, VI ZR 40/20, NJW 2021, 3041, juris Rdnr. 23).
27
aa) Die Voraussetzungen für eine schadensmindernde Berücksichtigung später eintretender Umstände hat der Fahrzeughersteller darzulegen und zu beweisen (BGH, Urteil vom 26.06.2023, VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259, juris Rdnr. 80). Maßgeblich hierfür ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in einer Tatsacheninstanz (BGH, Urteil vom 20.07.2021, VI ZR 533/20, NJW 2021, 3594, juris Rdnr. 29; BGH, Urteil vom 24.01.2022, VIa ZR 100/21, NJW-RR 2022, 1033, juris Rdnr. 23). Die Bemessung der Höhe der anzurechnenden Vorteile ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters (BGH, Urteil vom 24.07.2023, VIa ZR 752/22, juris NJW 2023, 3010, Rdnr. 12). Die Regelung des § 287 ZPO befreit das Gericht vom Erfordernis des Strengbeweises nach § 286 ZPO und ermöglicht eine Schätzung. Sie schafft damit Erleichterungen für das Beweismaß und das Beweisverfahren (vgl. MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 287 Rn. 3) auch aus Gründen der Prozessökonomie. Dabei muss in Kauf genommen werden, dass das Ergebnis der Schätzung mit der Wirklichkeit vielfach nicht übereinstimmt. Doch soll die Schätzung möglichst nahe an diese heranführen. Das Gericht muss daher die schätzungsbegründenden Tatsachen feststellen und berücksichtigen (BGH, Urteil vom 16. 12. 1963 – III ZR 47/63, NJW 1964, 589, beck-online).
28
bb) Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs sind jedoch erst dann und nur insoweit schadensmindernd anzurechnen, als sie den Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags (gezahlter Kaufpreis abzüglich Differenzschaden) übersteigen. Die Vorteilausgleichung kann der Gewährung eines Schadensersatzes aus § 823 Abs. 2 BGB sogar gänzlich entgegenstehen, ohne dass dem Grundsätze des Unionsrechts entgegenstehen, wenn der Differenzschaden vollständig ausgeglichen ist (BGH-Urteil vom 24.07.23 – VIa ZR 752/22 – Rn. 12; BGH, Urteil vom 26.06.2023, VIa ZR 335/21, NJW 2023, 2259, juris Rdnr. 80; BGH, Urteil vom 24.01.2022, VIa ZR 100/21, NJW-RR 2022, 1033, juris Rdnr. 22).
29
cc) Die vom BGH entwickelten Grundsätze zum Vorteilsausgleich im Rahmen des Differenzschadens stehen nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des EuGH. Wie der EuGH in seiner Entscheidung vom 21. März 2023 in der Rechtssache C-100/21 betont, ist es in Ermangelung unionsrechtlicher Vorschriften über die Modalitäten für die Erlangung eines Ersatzes durch die Käufer, die vom Erwerb eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Fahrzeugs betroffen sind, Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats, diese Modalitäten festzulegen, sofern der unionsrechtliche Grundsatz der Effektivität gewahrt wird. Unter dieser Prämisse sind die nationalen Gerichte befugt, dafür Sorge zu tragen, dass der Schutz der unionsrechtlich gewährleisteten Rechte nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Anspruchsberechtigten führt (Rn. 92 ff). Diese Grundsätze wurden in dem Urteil des EuGH vom 01.08.2025 in der Rechtssache C-666/23 nochmals bestätigt.
30
c) Als Restwert des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist hier beim Vorteilsausgleich ein Wert von 26.000 € zu berücksichtigen.
31
aa) Die grundsätzliche Kritik, dass es zu Wertungswidersprüchen und zu einer europarechtswidrigen Bereicherung der Herstellerin führen würde, wenn positive Wertentwicklungen auf dem Gebrauchtwagenmarkt über den Restwert den Schadenersatzanspruch schmälern könnten, verfängt nicht. Zunächst verkennt diese Auffassung, dass es sich beim Vorteilsausgleich nicht um eine Methode der Schadensberechnung handelt. Ausgangspunkt der Schadensberechnung sowohl beim „kleinen Schadenersatz“ als auch beim Differenzschaden ist der objektive Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses unter Berücksichtigung der mit der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung verbundenen Nachteile, insbesondere des Risikos behördlicher Anordnungen (BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, Rn. 76). Beim Vorteilsausgleich werden hingegen nur Vorteile berücksichtigt, die sich nicht unmittelbar aus dem schädigenden Ereignis ergeben, sondern die auf einen zusätzlich, vielleicht gar zeitlich versetzt hinzutretenden Umstand zurückzuführen sind. Diese nachträglich eingetretenen Umstände – wie hier die Entwicklung des Gebrauchtwagenmarktes – fließen also nicht in die Schadensberechnung ein, sondern sind nur im Wege der auf dem Gedanken von Treu und Glauben beruhenden Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen (hierzu ausführlich BGH, Urteil vom 24.07.2023 – VIa ZR 752/22- NJW 2023, 3010 Rn. 14, beck-online). Der Geschädigte soll im Hinblick auf das schadenersatzrechtliche Bereicherungsverbot nämlich nicht bessergestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Wertungswidersprüche ergeben sich hieraus nicht, vielmehr ergäben sich Wertungswidersprüche gerade dann, wenn zwar der erzielte Veräußerungserlös, in dem sich ja ebenfalls die Entwicklung auf dem Gebrauchtwagenmarkt abbildet, Berücksichtigung fände, jedoch nicht der Restwert beim Behalten des Fahrzeugs. In dem Fall wäre der Geschädigte, der eine positive Wertentwicklung durch Veräußerung zeitnah realisierte, durch die Anrechnung schlechter gestellt, als derjenige, der mit der Veräußerung zuwartete, bis er den kleinen Schadenersatz oder den Differenzschaden erhalten hätte. Im Falle der Veräußerung setzt sich der anzurechnende Vorteil aus dem Fahrzeugerwerb, der beim großen Schadensersatz durch die Übereignung des BGH an den Schädiger ausgeglichen wird, in dem Erlös fort (BGH, Urteil vom 20.7.2021 – VI ZR 533/20, SVR 2021, 383, beck-online). Behält der Geschädigte das Fahrzeug, findet dies seine Entsprechung in dem Restwert, welcher den Vorteil abbildet, der sich daraus ergibt, dass der Käufer das Fahrzeug weiter nutzen und auch weiterveräußern kann.
32
bb) Unzutreffend ist auch die Auffassung, der Restwert sei im Rahmen des Vorteilsausgleichs lediglich eine mathematische Größe, die sich unabhängig von der tatsächlichen Marktsituation aus der Differenz von tatsächlichem Wert zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses und dem Nutzungsersatz ergebe. Folgte man dieser Ansicht, käme dem Restwert im Ergebnis keinerlei eigenständige Bedeutung für den Vorteilsausgleich zu; vielmehr wäre der Restwert lediglich umgekehrt proportional zum Nutzungsersatz und würde, sollte der Nutzungsersatz den tatsächlichen Wert bei Kaufvertragsschluss überschreiten, sogar negativ werden. Dem steht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des BGH auch der Restwert in die Berechnung des Vorteilsausgleichs einfließt, soweit die anzurechnenden Vorteile, einschließlich Restwert, den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs bei Kaufvertragsabschluss überschreiten (vgl. BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21, Rn. 80). Diese Beschränkung der Vorteilsausgleichung erklärt sich aus dem Umstand, dass es sich um ein Korrektiv zur Umsetzung des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots handelt, welches folglich nur dann greift, wenn der Geschädigte tatsächlich durch das schädigende Ereignis bessergestellt wäre.
33
cc) Nach der Schätzung des Senats beträgt der Restwert vorliegend 26.000,00 €. Der Kläger geht auf Grundlage eines Online-Bewertungsangebots über DAT zu einem früheren Zeitpunkt von einem Restwert in Höhe von 19.700 € aus. Grundsätzlich tritt im Falle der Veräußerung des Fahrzeugs – sowohl im Rahmen des sog. großen Schadenersatzes, gerichtet auf Rückabwicklung, als auch im Zuge des Vorteilsausgleichs beim Differenzschaden – der tatsächlich erzielte Veräußerungserlös an die Stelle des Fahrzeugwertes. In diesem Verkaufserlös setzt sich nämlich der anzurechnende Vorteil aus dem Fahrzeugerwerb fort (BGH, Urteil vom 20.7.2021 – VI ZR 575/20, SVR 2021, 455, beck-online). Jedoch gilt dies nur dann, wenn der erzielte Veräußerungserlös auch marktgerecht erscheint (vgl. BGH, Urteil vom 20.7.2021 – VI ZR 533/20, NJW 2021, 3594). Dies ist hier der Fall. Anhaltspunkte für eine nicht marktgerechte Veräußerung werden nicht vorgebracht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere deckt sich der Veräußerungspreis in etwa mit den von der Beklagten vorgelegten Vergleichsangeboten.
34
d) Der Nutzungsvorteil aus dem Gebrauch des Fahrzeugs beträgt mindestens 8.505,66 €.
35
aa) Der Senat schätzt den Nutzungsvorteil gemäß § 287 ZPO grundsätzlich unter Zugrundelegung der linearen Formel „Kaufpreis multipliziert mit der seit Erwerb gefahrenen Strecke geteilt durch die erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt“ (vgl. BGH, Urteil vom 30.07.2020, VI ZR 354/19, NJW 2020, 2796, juris Rdnr. 12; BGH, Urteil vom 24.01.2022, Vla ZR 100/21, NJW-RR 2022, 1033, juris Rdnr. 24; BGH, Urteil vom 20. 07.2021, VI ZR 575/20, MDR 2021, 1261, juris Rdnr. 33).
36
bb) Für den streitgegenständlichen Audi A6 geht der Senat unter Würdigung aller Umstände von einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km aus, die solche Fahrzeuge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit i. S. d. § 287 Abs. 1 S. 1 ZPO erreichen werden (vgl. zum Schätzungsermessen BGH, Urteil vom 23.03.2021, VI ZR 3/20, NJW-RR 2021, 1534, juris Rdnr. 11; BGH, Urteil vom 27.07.2021, VI ZR 480/19, VersR 2022, 115, juris Rdnr. 23 ff.; BGH, Urteil vom 24.01.2022, Vla ZR 100/21, NJW-RR 2022, 1033, juris Rdnr. 23). Die Erholung eines Sachverständigengutachtens ist entbehrlich. Der Bundesgerichtshof hat Laufleistungen zwischen 200.000 km und 300.000 km für angemessen erachtet. Dass es vereinzelt Fahrzeuge gibt, die eine geringere oder höhere Laufleistung aufweisen, ändert daran nichts. Die Rechtsprechung stellt bei der Beurteilung der voraussichtlichen Gesamtlaufleistung nicht auf die minimal oder maximal von einzelnen Fahrzeugen des fraglichen Typs erreichte Laufleistung ab, sondern darauf, mit welcher Laufleistung in der Regel zu rechnen ist (vgl. auch BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962, juris Rdnr. 82; BGH, Urteil vom 27.04.2021, VI ZR 812/20, NJW-RR 2021, 1388, juris Rdnr. 15 ff.; BGH, Urteil vom 18.05.2021, VI ZR 720/20, NJW-RR 2021, 1386, juris Rdnr. 13; BGH, Beschluss vom 21. 07.2021, VII ZR 56/21, juris Rdnr. 1). Der Senat bewegt sich mit seiner Bemessung innerhalb der Bandbreite der von anderen Gerichten jeweils vorgenommenen Schätzung der Gesamtlaufleistung, und zwar nicht am unteren Rand (vgl. Übersicht bei Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Auflage 2020, Rdnr. 3574).
37
cc) Ausgehend von den Parametern 28.200 € (Bruttokaufpreis), 104.250 km (Kilometerstand bei Erwerb), 148.211 km (Kilometerstand zum 20.07.2024), 250.000 km (Gesamtlaufleistung) ergibt sich als Nutzungsentschädigung ein Betrag in Höhe von 8.505,66 €.
38
Damit übersteigt hier der auszugleichende Vorteil in Höhe von 34.505,66 € (26.000 € + 8.505,66 €) den ursprünglichen Kaufpreis (28.200 €) deutlich. Auf die Frage einer etwaigen Wertverbesserung durch das aufgespielte Software-Update kommt es deshalb nicht mehr entscheidungserheblich an.
39
3. Eine Teilerledigung liegt hier nicht vor, so dass der hierauf gerichtete Antrag ebenfalls abzuweisen war.
40
Nachdem die Beklagte der Teilerledigterklärung widersprochen hat, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO (übereinstimmenden Erledigterklärung) nicht vor.
41
In der einseitigen Erledigungserklärung durch den Kläger liegt, entsprechend der heute herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, eine Klageänderung, da der Kläger nunmehr Feststellung der ursprünglich gegebenen und infolge der Erledigung weggefallenen Zulässigkeit und Begründetheit der Klage beantragt. Das rechtliche Interesse an der nunmehr begehrten Feststellung folgt daraus, dass es unbillig wäre, den Kläger nach § 91 ZPO (wenn er auf das erledigende Ereignis nicht reagiert) oder nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO (wenn er die Klage zurücknimmt) mit den Kosten zu belasten (Stein/Jonas/Muthorst, 23. Aufl. 2016, ZPO § 91a Rn. 47; Musielak/Voit/Flockenhaus, 22. Aufl. 2025, ZPO § 91a Rn.  29). a) In der Weiterveräußerung des Fahrzeugs liegt kein erledigendes Ereignis.
42
Der ursprüngliche Antrag auf großen Schadensersatz und der damit verbundene Annexantrag auf Feststellung des Annahmeverzugs (ursprüngliche Hauptanträge zu 1. und 2.) sind im Rahmen einer stets zulässige Antragsänderung in den Antrag auf Differenzschaden umgestellt worden (siehe oben Ziff. II. 1.). Es handelt sich damit nicht um eine Erledigung der Hauptanträge, sondern um eine zulässige Umstellung der Hauptanträge. Die Erledigterklärung im Sinne des § 91a ZPO soll dem Kläger für den Fall, dass die Klage erst im Verlauf des Prozesses durch ein erledigendes Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist, eine Alternative zur Klagerücknahme an die Hand geben, um die Kostentragungslast abzuwenden. Wurde jedoch – wie hier der Fall – von der Möglichkeit der Antragsumstellung Gebrauch gemacht, geht die Erledigungserklärung insoweit ins Leere, da im Zuge der Antragsumstellung weiterhin über die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage und damit auch über die Kostentragungslast nach dem Obsiegen und Unterliegen in der Hauptsache entschieden wird. Die Antragsumstellung von „großem Schadenersatz“ auf den „Differenzschaden“ beinhaltet auch keine teilweise Klagerücknahme, da § 269 ZPO bei der qualitativen Klagebeschränkung nach § 264 Nr. 2 ZPO – wie hier der Fall – unanwendbar ist (MüKoZPO/Becker-Eberhard, 7. Aufl. 2025, ZPO § 264 Rn. 23 m.w.N.). Ein berechtigtes Interesse des Klägers daran, abstrakt festzustellen, dass die Klage auch in der ursprünglichen Antragstellung zulässig und begründet gewesen wäre, besteht vor diesem Hintergrund nicht.
43
b) Die unter der prozessualen Bedingung der Unbegründetheit des ursprünglichen Hauptantrages hilfsweise gestellten Anträge auf kleinen Schadenersatz, auf Feststellungen zu weiteren Schäden und auf Beseitigung der beanstandeten Softwarekonfiguration, wurden mit dem zuletzt gestellten Antrag nicht mehr aufrecht erhalten. Die ursprünglichen Hilfsanträge wirken sich wegen § 45 Abs. 1 S. 2 GKG nicht streitwerterhöhend aus und sind damit kostenrechtlich unbeachtlich. Für eine Feststellung dazu, ob diese Anträge ohne die Weiterveräußerung und die Antragsumstellung erfolgreich gewesen wären, fehlt es mangels kostenrechtlicher Relevanz an einem Feststellungsinteresse.
44
c) Der zuletzt als Hauptantrag geltend gemachte Differenzschadenersatzanspruch hingegen wurde gerade nicht für erledigt erklärt. Die „Erledigterklärung im Übrigen“ bezieht sich ganz offensichtlich nicht auf die Erledigung des Rechtsstreits im Ganzen. Auf die Frage, ob zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung des Fahrzeugs der Differenzschadensersatzanspruch auch im Hinblick auf den Vorteilsausgleich noch bestand, d. h. bei Heranziehung eines fiktiven Restwertes und der Nutzungsentschädigung zum Veräußerungszeitpunkt der errechnete Vorteil den Kaufpreis noch nicht erreicht hat, ist damit nicht einzugehen. Nach zutreffender Ansicht ist auch für eine hilfsweise Erledigungserklärung kein Raum. Derjenige Kläger, der an seinem Hauptsachebegehren festhält, obwohl er selbst über den Eintritt der Erledigung im Zweifel ist, muss auch das volle Streit- und Kostenrisiko tragen (MüKoZPO/Schulz, 7. Aufl. 2025, ZPO § 91a Rn. 81, beck-online).
45
4. Der Anspruch auf die Prozesszinsen teilt das Schicksal des Hauptanspruchs. Soweit die Klagepartei vorbringt, zumindest bis zum Zeitpunkt der Veräußerung seien die Prozesszinsen aus dem Differenzschaden zu entrichten, verkennt der Kläger, dass dies voraussetzen würde, dass der Vorteilsausgleich vom Zeitpunkt der Klageerhebung bis zur Veräußerung den tatsächlichen Wert (Kaufpreis abzüglich Differenzschaden) nicht überschritten hat. Hierzu wären unter anderem die Mitteilung und Darlegung der jeweiligen Kilometerstände und Restwerte im Zeitraum zwischen Klageerhebung und Weiterveräußerung erforderlich. An solchen Darlegungen fehlt es. Allein der Sachvortrag der Klagepartei, das Fahrzeug habe zum 07.05.2024 einen Kilometerstand von 145.608 km aufgewiesen und der DAT-Zeitwert habe zu diesem Zeitpunkt 19.700 € betragen, reicht hierfür nicht aus, nachdem das Landgericht auf Grundlage des Sachvortrages der Beklagten von einem deutlich höheren Restwert ausgegangen war und tatsächlich bei der Weiterveräußerung kurze Zeit später ein Veräußerungserlös von 26.000 € erzielt wurde. Hinreichende Ausführungen dazu, dass der Veräußerungserlös außergewöhnlich hoch und damit nicht marktgerecht gewesen wäre, fehlen. Der Senat geht insoweit davon aus, dass der Veräußerungserlös marktgerecht ist und als Restwert beim Vorteilsausgleich zu berücksichtigen ist. Vor diesem Hintergrund wäre auch zum Zeitpunkt der Klageerhebung bei einem Kilometerstand von 135.000 km ein etwaiger Differenzschadensersatzanspruch aufgezehrt gewesen.
46
Aber selbst unter Zugrundelegung des Vortrags der Klagepartei zu einem Restwert von nur 19.700 € zum 07.05.2024 und der vom Senat verwendeten Formel zur Nutzungsentschädigung (8.002,03 € vgl. Berechnungsmethode nach Ziff.II.2.d) bei Kilometerstand 145.608) würde der Vorteil den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt des Kaufvertrages – auch bei Annahme eines Differenzschadens von 15% – deutlich überschreiten, so dass ein etwaiger Differenzschadensersatzanspruch zu kürzen gewesen wäre. Eine etwaige Verzinsung des Differenzschadens wäre damit zeitlich gestaffelt im Hinblick auf den fortschreitenden Nutzungsersatz und der Entwicklung des Restwertes für den gesamten Prozesszeitraum bis zum Zeitpunkt, indem der Vorteil den Kaufpreis erreicht, darzustellen. Hieran fehlt es jedoch.
III.
47
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
48
Die vorläufige Vollstreckbarkeit regelt sich nach §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
49
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47 Abs. 1 S. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO und gründet sich auf die ursprünglichen Berufungsanträge des Berufungsklägers. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung des Gebührenstreitwertes ist nach § 40 GKG der Zeitpunkt der Antragstellung, also der Eingang der Berufungsanträge. Später eingetretene Veränderungen (teilweise Berufungsrücknahme; teilweise Erledigterklärung etc.) bleiben in Bezug auf den Gebührenstreitwert außer Betracht (vgl. (OLG München, Beschluss vom 13.12.2016, 15 U 2407/16, NJW-RR 2017, 700, juris Rdnr. 16).
50
Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs erhöht den Streitwert als rechtlich unselbständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung nicht (BGH, Beschluss vom 06.07.2010, XI ZB 40/09, NJW-RR 2010, 1295, juris Rdnr. 16).
51
Wegen der wirtschaftlichen Identität der Streitgegenstände ist die Umstellung vom „großen Schadenersatz“ auf den „Differenzschaden“ nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG).
52
Über die ursprünglich hilfsweise gestellten Feststellungs- und Beseitigungsanträge, war nicht mehr zu entscheiden, nachdem diese im Rahmen der Antragsumstellung nicht mehr aufrechterhalten wurden. Damit erhöhen diese Hilfsanträge den Streitwert gemäß § 45 Abs. 1 S. 2 GKG nicht.
IV.
53
Die Revision ist nicht zuzulassen, die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
54
Die aufgeworfenen Rechtsfragen lassen sich auf Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beantworten. Im Übrigen handelt es sich um einzelfallbezogene, tatrichterliche Würdigungen.