Titel:
Erfolgloser Berufungszulassungsanspruch im Verfahren um die Aufhebung eines Baugenehmigungsbescheids für den Neubau eines Bankgebäudes bin einem festgesetzten Mischgebiet
Normenketten:
BauGB § 30, § 34
BauNVO § 6 Abs. 2 , § 12, § 20
PlanZV § 1 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
Leitsatz:
Das Vorhaben der Beigeladenen widerspricht insbesondere der typischen Eigenart eines Mischgebiets, weil die gewerbliche Nutzung nach dem Umfang der flächenmäßigen Inanspruchnahme des Gebiets ein beherrschendes Übergewicht über die dort vorhandenen und noch möglichen Wohnnutzungen erlangen würde. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bestimmtheit der Planunterlagen, Gebietserhaltungsanspruch, „Umkippen“ eines Mischgebiets, Art der baulichen Nutzung, Baugenehmigung, Bebauungsplan, Festsetzungen, gewerbliche Nutzung, Mischgebiet, Neubau, Durchmischung, gewerbliche Dominanz, Rücksichtnahmegebot
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 19.12.2023 – W 4 K 20.2092
Fundstelle:
BeckRS 2025, 20894
Tenor
I. Der Antrag der Beigeladenen auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 19. Dezember 2023 – W 4 K 20.2092 – wird abgelehnt.
II. Die Beigeladene hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger begehrt die Aufhebung eines Baugenehmigungsbescheids in der Fassung des Ergänzungsbescheids und der späteren Tekturgenehmigung für den Neubau eines Bankgebäudes.
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Die Beigeladene, die ein Bankgeschäft betreibt, begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung für den Neubau eines Verwaltungsgebäudes im nördlichen Teil des Grundstücks Fl.Nr. … der Gemarkung … (Vorhabengrundstück), das im westlichen Bereich bereits mit einem Bankgebäude einschließlich Tiefgarage bebaut ist. Darüber hinaus befinden sich auf dem Vorhabengrundstück drei weitere, von der Beigeladenen gewerblich genutzte zweigeschossige und mit einem Dachgeschoss versehene Lager- bzw. Geschäftsgebäude. Der Neubau soll aus drei Gebäudeteilen bestehen, der mittlere Teil ist mit vier Geschossen, die übrigen Gebäudeteile mit drei Geschossen vorgesehen. Das beantragte Gebäude hat eine Länge von bis zu 47,13 m und eine Breite von bis zu 21,61 m. Im Erdgeschoss sollen eine Tiefgarage, Technik- und Archivräume und in den Obergeschossen Büroräume untergebracht werden, die drei weiteren gewerblich genutzten Gebäude sollen in diesem Zuge zurückgebaut werden. Das klägerische Grundstück, Fl.Nr. …, Gemarkung …, liegt südöstlich des Vorhabengrundstück und weist entlang diesen Grenzen Wohnbebauung auf.
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Beide Grundstücke liegen im Bereich des Bebauungsplans „…“, bekannt gemacht am … … 1995, der für den maßgeblichen Bereich „Mischgebiet“, eine Grundflächenzahl von 0,6 und eine Geschossflächenzahl von 1,2 festsetzt. Laut Begründung zum Bebauungsplan war „unmittelbarer Anlaß für die Aufstellung des Bebauungsplanes (…) die Absicht der …bank … …, ihr Bankgebäude großzügig zu erweitern. Die Größe der Erweiterung läßt eine Baugenehmigung gem. § 34 BauGB nicht zu. Die durch eigene Dynamik und Fusion stark angewachsene Bank wird auch in den nächsten Jahren weiter expandieren; sie meldet daher Bedarf für weitere Flächen an.“ Der Beschreibung zur städtebaulichen Situation ist zu entnehmen: „Dem Wunsch der Bank nach weiterer Expansion soll nachgekommen werden, was eine überwiegend gewerbliche Nutzung des Planungsbereiches zur Folge hat. Im Sinne einer guten ‚Durchmischung‘ sollen auch Wohnungen und Läden zugelassen werden.“ Zur baulichen Nutzung heißt es: „Vorgesehen sind gewerblich genutzte Flächen über 2-3 Geschosse + DG verteilt. Die Gewerbeflächen sollen mit Wohnungen durchmischt werden.“
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Das ausgewiesene Mischgebiet hat eine Größe von ca. 6.000 m², wovon auf das Vorhabengrundstück ca. 4.560 m² entfallen, auf die mit Wohnhäusern bebauten Grundstücke Fl.Nrn. … … und … ca. 738 m² und auf einen Teilbereich der Fl.Nr* … ca. 702 m² (Straßenzug …straße, teilweise unbebaut).
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Mit Bescheid vom 23. November 2020 erteilte das Landratsamt … der Beigeladenen die begehrte Baugenehmigung unter Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplans wegen der Überschreitung der nördlichen Baulinie und südöstlichen Baugrenze sowie der Traufhöhe von 10,08 m im Bereich der dreigeschossigen Gebäudeteile (Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens * * * …*). Mit Ergänzungsbescheid vom 23. Mai 2023 wurde eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans „…“ hinsichtlich der Geschossigkeit erteilt (Ziffer I) sowie immissionsschutzrechtliche Nebenbestimmungen (Ziffer II) aufgenommen (ursprünglich Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens * * * …, fortgeführt als * * * …*).
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Mit weiterem Bescheid vom 22. November 2023 wurde die Tektur über die Änderung der Zufahrtssituation – Verlegung der Zufahrt von der Westauf die Ostseite – genehmigt.
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Der Kläger ließ gegen den Bescheid vom 23. November 2020 (* * * …*) in der Fassung des Änderungsbescheids vom 23. Mai 2023 (* * * …*) in der Fassung der Tekturgenehmigung vom 22. November 2023 Klage erheben wegen Verletzung des Bestimmtheitsgebots, da der Kläger bereits nicht nachvollziehen könne, was genehmigt worden sei. Es sei eine 3-4-geschossige Bebauung, die den Festsetzungen des Bebauungsplans entsprechen soll, genehmigt worden, wohingegen der Bebauungsplan eine 2-3 geschossige Bebauung festsetze. Zudem sei der Gebietserhaltungsanspruch verletzt. Die Baugenehmigung sei hinsichtlich der Art und des Maßes der baulichen Nutzung zu unbestimmt, das Vorhaben füge sich nicht in die Umgebungsbebauung ein. Auch die erteilte Befreiung zur Überschreitung der Traufhöhe sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Weiter sei das nachbarschützende Rücksichtnahmegebot verletzt. Die Einfahrt zur Tiefgarage sei direkt neben den Fenstern der Aufenthaltsräume des Klägers konzipiert.
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Im Verfahren * * * … fand am 22. November 2022 ein Augenschein statt.
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Mit Urteil vom 19. Dezember 2023 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid der Beklagten vom 23. November 2020 in der Fassung des Ergänzungsbescheids vom 23. Mai 2023 in der Fassung der Tekturgenehmigung vom 22. November 2023 auf. Zur Begründung führte es aus, bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans „…“ sei der dem Kläger zustehende Gebietserhaltungsanspruch verletzt, da das Bauvorhaben mit dem Charakter des festgesetzten Mischgebiets unvereinbar sei.
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Auch bei unterstellter Unwirksamkeit des Bebauungsplans „…“ wäre im Rahmen des § 34 BauGB eine Verletzung des Gebietserhaltungsanspruchs anzunehmen, so dass offenbleiben könne, ob der Bebauungsplan „…“ infolge fehlender Darstellung der Flurstücke und Bestandsgebäude zu unbestimmt und daher unwirksam sei. Die nähere Umgebung, die mit dem Geltungsbereich des Bebauungsplans übereinstimme, würde der Nutzungsstruktur eines Mischgebiet entsprechen. Durch die Zulassung des Bauvorhabens werde die qualitative als auch die quantitative Durchmischung des faktischen Mischgebiets erheblich gestört.
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Mit Antrag vom 26. Februar 2024 beantragte die Beigeladene die Zulassung der Berufung und macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend.
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Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil.
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Der Beklagte unterstützt die Beigeladene darin, dass der Antrag auf Zulassung der Berufung begründet sei.
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Mit Schreiben vom 27. März 2025 hat der erkennende Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass es ohne weiteren Augenschein die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass bei der Beurteilung der Zulässigkeit des streitgegenständlichen Vorhabens im Rahmen des § 34 BauGB die „nähere Umgebung“ betreffend die Art der baulichen Nutzung mit dem Planbereich gleichzusetzen sei, nicht bestätigen könne.
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Bezüglich der Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird ergänzend auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
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1. Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils nicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Solche sind nur dann anzunehmen, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426.17 – juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei unterstellter Wirksamkeit des Bebauungsplans „…“ der dem Kläger zustehende Gebietserhaltungsanspruch durch die Zulassung des beantragten Vorhabens verletzt wird, da der festgesetzte Mischgebietscharakter nicht mehr gewahrt ist. Auf die insoweit zutreffende Begründung wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen. Die Zulassungsbegründung vermag dies nicht infrage zu stellen.
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Soweit die Beigeladene der Auffassung ist, dass bei Wirksamkeit des Bebauungsplans (dazu a) unter Zugrundelegung des bei der Aufstellung des Bebauungsplans vorhandenen Planungswillens der Gemeinde die Zulassung des streitgegenständlichen Bauvorhabens nicht zu einem „Umkippen“ des Mischgebiets führt, begründet dies keine ernstlichen Zweifel am verwaltungsgerichtlichen Urteil (dazu b) <1>). Auch die Tatsache, dass kein weiterer Gewerbetreibender hinzutritt, vermag in der Gesamtwürdigung die deutliche Dominanz der gewerblichen Nutzung nicht zu beseitigen (dazu b) <2>).
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a) Der Bebauungsplan „…“, bekannt gemacht am … … 1995, ist wirksam. Er ist nicht infolge fehlender Darstellung der Flurstücke und Bestandsgebäude zu unbestimmt.
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Bebauungspläne müssen wie andere Rechtsnormen die Rechtslage für die Betroffenen eindeutig erkennbar umschreiben. Dies gilt sowohl für die Planzeichnung als auch für die textlichen Festsetzungen. Die Anforderungen an die zeichnerischen Darstellungen in der Planunterlage, auf die der Grundsatz der Bestimmtheit und der Normenklarheit Anwendung findet, ergeben sich im Einzelnen aus der auf § 2 Abs. 5 Nr. 4 BauGB (i.d.F. der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1986) beruhenden Planzeichenverordnung (PlanZV). Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 PlanZV sollen sich aus den Planunterlagen für Bebauungspläne die Flurstücke mit ihren Grenzen und Bezeichnungen in Übereinstimmung mit dem Liegenschaftskataster, die vorhandenen baulichen Anlagen, die Straßen, Wege und Plätze sowie die Geländehöhe ergeben. Diese Regelung ist als Soll-Vorschrift ausgestaltet und damit grundsätzlich verbindlich. Allerdings kann gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 PlanZV von diesen Angaben insoweit abgesehen werden, als sie für die Festsetzungen nicht erforderlich sind. Bei der Frage, was für die Festsetzungen erforderlich ist, kann auf die Maßgaben zurückgegriffen werden, die in der Rechtsprechung für die Frage aufgestellt worden sind, welches Maß an Konkretisierungen bauplanerische Festsetzungen überhaupt haben müssen. Dazu hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass sich keine allgemein gültigen Regeln dafür ableiten ließen, wie konkret bauplanerische Festsetzungen sein müssten, um insbesondere dem Gebot der Bestimmtheit von Rechtsnormen zu genügen. Vielmehr hänge das Maß gebotener Konkretisierung wesentlich von der Art der jeweiligen Festsetzung, von den Planungszielen und von den Umständen im Einzelfall, insbesondere auch von den örtlichen Verhältnissen ab, auf die ein Bebauungsplan treffe (vgl. BVerwG, U.v.11.3.1988 – BVerwG 4 C 56.84 – juris Rn. 19; OVG NW, U.v. 27.5. 2013 – 2 D 37/12.NE – juris Rn. 54).
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Danach war hier die Darstellung der Bestandsgebäude und der vorhandenen Flurstücke nicht nötig. Mit Blick auf die getroffenen Festsetzungen waren der tatsächliche Gebäudebestand und die Flurstücksgrenzen unerheblich, da sich die Festsetzungen hieran nicht orientieren. Die künftige Bebauung des Plangebiets konnte sich unabhängig vom Zuschnitt der überplanten Grundstücke und deren Bebauung vollziehen.
22
Auf die von der Beigeladenen aufgeworfenen Zweifel an der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Abgrenzung des faktischen Baugebiets kommt es folglich nicht mehr an.
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b) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Verletzung des Klägers in seinem Gebietserhaltungsanspruch durch die Verwirklichung des Bauvorhabens bejaht.
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Nach § 6 Abs. 1 BauNVO dienen Mischgebiete „dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören“, und damit zwei Hauptgruppen an unterschiedlichen Nutzungen. Eine bestimmte Relation oder ein Vorrang der einen gegenüber der anderen Nutzung wird nicht festgelegt. Keine der Nutzungsarten soll ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen. Durch dieses Nebeneinander drückt § 6 Abs. 1 BauNVO zugleich aus, dass die beiden Nutzungsarten nicht nur in ihrer Qualität, sondern auch in ihrer jeweiligen Quantität „gemischt“ sein sollen. In dieser sowohl qualitativ als auch quantitativ zu verstehenden Durchmischung von Wohnen und nicht wesentlich störendem Gewerbe liegt die in § 6 Abs. 1 BauNVO normativ bestimmte besondere Funktion des Mischgebiets, die sich gerade dadurch von den anderen Baugebietstypen der Baunutzungsverordnung unterscheidet; sie bestimmt damit zugleich dessen Eigenart (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1996 – 4 B 51.96 – juris Rn. 6). Die Störung des gebotenen quantitativen Mischungsverhältnisses und damit zugleich der Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets kann sich aus einem solchen übermäßig großen Anteil einer Nutzungsart an der Grundfläche des Baugebiets, aber auch aus anderen Umständen, z.B. auch aus einem Missverhältnis der Geschossflächen (§ 20 BauNVO), den Anteilen der beiden Hauptnutzungsarten an der Grundfläche (§ 12 BauNVO) oder der Zahl der eigenständigen gewerblichen Betriebe im Verhältnis zu den vorhandenen Wohngebäuden oder auch erst aus mehreren solcher Merkmale zusammengenommen ergeben. Dabei ist nicht erforderlich, dass die beiden Hauptnutzungsarten zu genau oder annähernd gleichen – wie auch immer rechnerisch zu bestimmenden – Anteilen im jeweiligen Gebiet vertreten sind (vgl. OVG LSA, U.v 4.9.2019 – 2 K 14/18 – juris Rn. 73). Der Mischgebietscharakter kann jedoch bei einem quantitativen Übergewicht der einen oder anderen Hauptnutzungsart zu verneinen sein, wenn dadurch eine der beiden Hauptnutzungsarten nach Anzahl und/oder Umfang beherrschend oder übergewichtig in Erscheinung tritt. Erforderlich ist stets eine Bewertung aller für eine quantitative Beurteilung in Frage kommenden tatsächlichen Umstände im einzelnen Fall (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.1988 – 4 C 34.86 – juris Rn. 18 m.w.N; Söfker/Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Söfker, BauGB, Stand November 2024, BauNVO § 6 BauNVO Rn. 10 b).
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An diese Vorgaben hat sich das Verwaltungsgericht gehalten. Es ist nach Einnahme eines Augenscheins zu dem Ergebnis gekommen, dass durch die Zulassung des Bauvorhabens sowohl die qualitative als auch die quantitative Durchmischung des festgesetzten Mischgebiets erheblich gestört werde. Das Vorhabengrundstück, das eine Größe von etwa 4.560 m² in dem ausgewiesenen Mischgebiet von einer Gesamtgröße von ca. 6.000 m² einnehme, werde einer rein gewerblichen Nutzung zugeführt. Die restliche Fläche bestehe aus vergleichsweise kleinen Grundstücken von insgesamt etwa 738 m², das mit Wohnhäusern bebaut sei, und dem Teilbereich des Grundstücks FlNr. … von etwa 702 m² Größe (Straßenzug …straße), das teilweise unbebaut sei. Aus der massiven Größe der gewerblichen Nutzfläche ergebe sich bereits die Dominanz der von der Beigeladenen geplanten gewerblichen Betriebe. Auch ein Vergleich der Geschossflächenzahl – das bereits bestehende Bankgebäude sowie das geplante Verwaltungsgebäude erreichten bereits eine Geschossfläche von 2.574 m² – zeige das Vorherrschen der gewerblichen Nutzung auf (UA S. 11).
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Dem ist nach Auffassung des Senats beizupflichten. Das Vorhaben der Beigeladenen widerspricht insbesondere der typischen Eigenart eines Mischgebiets, weil die gewerbliche Nutzung nach dem Umfang der flächenmäßigen Inanspruchnahme des Gebiets ein beherrschendes Übergewicht über die dort vorhandenen und noch möglichen Wohnnutzungen erlangen würde.
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(1) Dieses Ergebnis wird unter Berücksichtigung des Planwillens der Gemeinde nicht in Frage gestellt. Planwille der Gemeinde war ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan, der Bank eine weitere Expansion zu ermöglichen, was eine überwiegend gewerbliche Nutzung des Planungsbereiches zur Folge habe. Im Sinne einer guten „Durchmischung“ sollten aber gerade auch Wohnungen und Läden zugelassen werden (Bebauungsplan „…“, Begründung Nummer 1.2). Dem ist zu entnehmen, dass sich der Plangeber der (vorübergehenden) Dominanz von Gewerbe bewusst war, jedoch auf den Freiflächen weitere Wohnbebauung ermöglichen wollte. Bestätigt wird dieser planerische Wille, ein Vorherrschen der Gewerbefläche im Plangebiet nicht – dauerhaft – zu manifestieren, durch die in der Begründung zum Bebauungsplan festgeschriebene bauliche Nutzung, „die Gewebeflächen sollen mit Wohnungen gemischt werden“ (Bebauungsplan „…“, Begründung Nummer 4.). Nach der Verwirklichung des Bauvorhabens wäre aufgrund der überwiegenden Ausnutzung der derzeit noch freien Flächen im Baugebiet diese – im Zeitpunkt des Bebauungsplanerlasses gewünschte und noch mögliche – „Durchmischung“ des festgesetzten Mischgebiets nicht mehr realisierbar. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht erkannt, dass eine mögliche zukünftige Bebauung der noch unbebauten, sich im Plangebiet befindlichen Grundstücksteile aufgrund der Ausnutzung der (derzeit) freien Fläche durch die geplanten Gebäude und vorgesehenen Parkplätze mit weiterer, sogar mehrgeschossigen Wohnbebauung nicht realisierbar ist (UA S. 13).
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(2) Die Anzahl der eigenständigen gewerblichen Betriebe ist, wie die Beigeladene zutreffend vorträgt, ein Gesichtspunkt bei der Beurteilung, ob ein Missverhältnis der Hauptnutzungsarten vorliegt. Letztlich ist jedoch eine Gesamtbetrachtung – nicht ein einzelner Umstand – ausschlaggebend dafür, ob im konkreten Einzelfall die allgemeine Zweckbestimmung des Mischgebiets, also das prinzipiell gleichwertige und gleichgewichtige Nebeneinander der beiden Hauptnutzungsarten, gewahrt ist (vgl. BayVGH U.v. 3.2.2006 – 1 BV 05.613 – juris Rn. 27). Wird die Durchmischung bereits in quantitativer Hinsicht verneint, erübrigt sich eine weitere Prüfung, ob auch in qualitativer Hinsicht die Nutzungsarten nicht gleichwertig und gleichgewichtig sein würden (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1996 – 4 B 51.96 – juris Rn. 6). Angesichts der flächenmäßig erheblichen Dominanz gewerblicher Nutzung vermag der Aspekt, dass kein weiterer Gewerbetreibender hinzutritt, das bestehende Missverhältnis zwischen gewerblicher Nutzung und Wohnnutzung nicht auszuräumen. Daher ist, wie oben dargelegt, bei Verwirklichung des beantragten Bauvorhabens die allgemeine Zweckbestimmung des Mischgebiets nicht mehr gewahrt.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.6.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025 und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
30
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).