Inhalt

VGH München, Urteil v. 28.05.2025 – 8 A 22.40063
Titel:

Klage gegen Planfeststellungsbeschluss

Normenketten:
BayStrWG Art. 36 Abs. 2 Nr. 2, Art. 58 Abs. 2 Nr. 1
VwVfG § 22 S. 2 Nr. 2, § 35, § 37 Abs. 1, § 73 Abs. 1 S. 1
UmwRG § 6 S. 1
VwGO § 67 Abs. 4
BNatSchG § 13 S. 1, § 15, § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5
Leitsätze:
1. Alle Unterlagen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die vom Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen, sind in den verfügenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses aufzunehmen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine lediglich pauschale Bezugnahme auf im Planfeststellungsverfahren erhobene Einwände oder deren wörtliche Wiederholung in der Klagebegründung ohne Würdigung des Planfeststellungsbeschlusses genügt den Begründungsanforderungen nicht. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Planfeststellungsbehörde ist verpflichtet, bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen zu berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen berührten öffentlichen und privaten Belange einzustellen. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine mögliche Existenzgefährdung eines Gewerbebetriebs ist im Rahmen der Abwägung unabhängig davon zu berücksichtigen, ob sie auf der Inanspruchnahme von (Grund-)Eigentum oder auf anderen Beeinträchtigungen beruht. (Rn. 74) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
straßenrechtlicher Planfeststellungsbeschluss zur Verlegung einer Staatsstraße (sog. „Kraglinger Spange“), Präklusion, Zuständigkeit des Staatlichen Bauamtes, Planrechtfertigung, Existenzgefährdung eines Kiesabbaubetriebs, Planfeststellungsbeschluss, Straße, Verkehrssicherheit, Existenzgefährdung, Alternativen, Abwägungsgebot, formelle Rechtswidrigkeit
Fundstelle:
BeckRS 2025, 20884

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von Oberbayern vom 21. November 2022 „St 2095 R. – St 2359 W. am Inn, Neubau K. S., St 2095 /160/1, 405 bis St 2359/280/0, 690“ zur Verlegung der S1. straße 2359 (V. Straße) hin zu einer direkten Anbindung an die S1. straße 2095 (M. Straße) im Ortsbereich der Gemeinde S … Mit der Planung soll der heutige Versatz über die S1. straße 2362 (S. Straße) und die Ortschaft G. beseitigt und auf einen erschließungsfreien Bereich gelenkt werden (sog. Kraglinger Spange).
2
Das Vorhaben beginnt an der Brücke der S1. straße 2362 (S. Straße) über die S1. straße 2095 (M. Straße), führt in einem Linksbogen zur bestehenden Trasse der S1. straße 2359 (V. Straße) und mündet ca. 250 nördlich der Einmündung der K1. Straße in diese. Das bisherige Stück der S1. straße 2359 nördlich des Ortsteils G.wird mit der neuen Trasse nachgeordnet verknüpft. Die S1. straße 2362 wird mittels Kreisverkehr und Bypass mit der Plantrasse verbunden. Die K1. Straße wird mittels eines Brückenbauwerks über die Plantrasse geführt. Die unterbrochene Erschließung des Kreutangerweges wird an anderer Stelle wiederhergestellt.
3
Der Kläger zu 1 ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Gemarkung S …, von dem Teilflächen dauerhaft und vorübergehend durch das Planvorhaben in Anspruch genommen werden. Die Klägerin zu 2, ein Kiesabbauunternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), betreibt auf der östlichen Teilfläche des Grundstücks Kiesabbau und plant, den westlichen, vom Planvorhaben betroffenen Teil als betriebliche Erweiterungsfläche zu verwenden.
4
Das Staatliche Bauamt R. beantragte mit Schreiben vom 19. März 2019 die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens. Im Anhörungsverfahren haben die Kläger mit Schreiben vom 3. Juni 2019 Einwendungen erhoben. Ein Erörterungstermin fand am 4. und 5. Oktober 2021 statt. Die Regierung von Oberbayern stellte den Plan mit Beschluss vom 21. November 2022 fest. Der Beschluss wurde den Klägern gegen Empfangsbekenntnis am 24. November 2022 zugestellt.
5
Am 21. Dezember 2022 haben die Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben. In formeller Hinsicht rügen sie im Wesentlichen, dass das Staatliche Bauamt keinen wirksamen Antrag auf Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens habe stellen können, da das Planvorhaben keine S1. straße, sondern eine Kreisstraße betreffe. Zudem hätte das Verkehrsgutachten planfestgestellt werden müssen. In materieller Hinsicht wenden sie ein, dass dem Vorhaben die Planrechtfertigung fehle, weil mit ihm das Planziel einer Entlastung des Ortsteils G. nicht gelinge. Zudem verstoße das Vorhaben in Bezug auf verschiedene Fledermausarten gegen das Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Die Alternativenprüfung sei abwägungsfehlerhaft. Die Nullvariante sei zu Unrecht ausgeschieden worden. Vorteilhafter, weil maximal bestandsorientiert, sei eine Trassenführung über den K2. Weg. Zudem behandle der Planfeststellungsbeschluss die Belange der Kläger abwägungsfehlerhaft. Zu Unrecht verneine er die Existenzgefährdung der Klägerin zu 2. Das Planvorhaben durchschneide die letzte Erweiterungsmöglichkeit für deren Kiesabbaubetrieb. Laut Gutachter verkürze sich dadurch die Geschäftstätigkeit des Betriebs um elf Jahre.
6
Die Kläger beantragen,
7
den Planfeststellungsbeschluss „St 2095 R. – St 2359 W. am Inn, Neubau K. S., St 2095 /160/1,405 bis St 2359/280/0,690“ vom 21. November 2022 aufzuheben.
8
Der Beklagte beantragt,
9
die Klage abzuweisen.
10
Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss und tritt dem klägerischen Vorbringen entgegen. Es lägen weder formelle noch materielle Fehler vor. Das Staatliche Bauamt R. habe als zuständige Straßenbaulastträgerin gehandelt. Der S1. straße 2359 komme die für Staatsstraßen erforderliche Netzfunktion zu. Sie sei mit zwei Autobahnanschlüssen, den Bundesstraßen 15 und 304 und sieben weiteren Staatsstraßen verknüpft. Das Verkehrsgutachten sei den Planunterlagen richtigerweise nur nachrichtlich beigefügt worden, da es das Vorhaben weder in Umfang noch Lage kennzeichne, sondern nur als Erkenntnisquelle gedient habe. Das Vorbringen gegen die Planrechtfertigung erfülle in verschiedenen Punkten nicht die Anforderungen des § 6 Satz 1 UmwRG und sei daher materiellrechtlich präkludiert. Eine Führung der Trasse über den K3.weg, wie es den Klägern vorschwebe, dränge sich nicht auf. Die Belange der Kläger seien ordnungsgemäß abgewogen worden. Der Planfeststellungsbeschluss habe sich mit der Existenzgefährdung der Klägerin zu 2 befasst und eine solche verneint.
11
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorgelegten Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
A.
13
Die Klage ist zulässig.
14
Die Kläger sind im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Dies folgt für den Kläger zu 1 daraus, dass er Eigentümer des Grundstücks FlNr. … ist, von dem eine Teilfläche dauerhaft für das Vorhaben in Anspruch genommen werden soll. Wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses (Art. 40 Abs. 2 BayStrWG) kann er geltend machen, durch den Planfeststellungsbeschluss in seinem grundrechtlich geschützten Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) verletzt zu werden (vgl. BVerwG, U.v. 9.11.2017 – 3 A 3.15 – juris Rn. 17; U.v. 14.3.2018 – 4 A 11.17 – juris Rn. 15).
15
Der Klägerin zu 2 steht als Pächterin des Grundstücks FlNr. … ein Besitzrecht zu, das den Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG genießt und Gegenstand der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses sein kann (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2021 – 4 A 12.19 – juris Rn. 17; U.v. 4.7.2023 – 9 A 5.22 – juris Rn. 13). Sie kann sich deshalb einem Eigentümer gleichgestellt gegen den Planfeststellungsbeschluss wenden. Als Inhaberin eines Kiesabbauunternehmens kann sie sich daneben auch auf eine mögliche Verletzung des hier unabhängig von einer gesetzlichen Regelung geltenden, aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abgeleiteten fachplanerischen Abwägungsgebots berufen (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 13.19 – BVerwGE 170, 262 Rn. 13). Eine mögliche Existenzgefährdung eines Gewerbebetriebs ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 808).
B.
16
Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss vom 21. November 2022 weist keinen Mangel auf, der die Kläger in ihren Rechten verletzt und zu seiner Aufhebung oder – als rechtliches Minus – zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
17
Als von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung Betroffene haben die Kläger einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses (sogenannter Vollüberprüfungsanspruch, vgl. BVerwG, U.v. 10.10.2012 – 9 A 19.11 – juris Rn. 13; U.v. 22.11.2016 – 9 A 23.15 – juris Rn. 10). Ein Anspruch auf Überprüfung des geltend gemachten Rechtsfehlers scheidet aber aus, wenn dieser aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen für die Inanspruchnahme des betreffenden Grundstücks nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 14.15 – juris Rn. 16; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 33 ff.).
18
Maßgeblich für die gerichtliche Prüfung ist die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 11. November 2022 (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.2017 – 7 A 2.15 – BVerwGE 158, 1 Rn. 21; U.v. 23.4.2024 – 9 A 3.23 – juris Rn. 17).
19
I. Der Senat ist auf die Prüfung derjenigen Tatsachen und Beweismittel beschränkt, welche die Kläger innerhalb der zehnwöchigen Begründungsfrist nach § 6 Satz 1 UmwRG angegeben haben. Innerhalb dieser Begründungsfrist hat die Klägerseite grundsätzlich den Prozessstoff festzulegen. Späterer, lediglich vertiefender Vortrag ist nicht ausgeschlossen (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 Rn. 14; U.v. 12.6.2024 – 11 A 13.23 – BVerwGE 183, 1 Rn. 17). Zudem sind die Kläger im vorliegenden Klageverfahren nach Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie nicht schon im behördlichen Anhörungsverfahren nach Art. 73 Abs. 4 Satz 1 und 2 BayVwVfG fristgerecht erhoben haben. Gem. § 7 Abs. 4 UmwRG, der auf landesrechtliche Präklusionsvorschriften entsprechend anzuwenden ist (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2017 – 4 C 6.16 – juris Rn. 11 f. mit Anm. Külpmann, jurisPR-BVerwG 10/2018 Anm. 4), findet Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG nur dann keine Anwendung, wenn eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG gerichtlich angegriffen wird (vgl. Happ in Eyermann, UmwRG, 16. Aufl. 2022, § 7 Rn. 7; Bunge, UmwRG, 2. Aufl. 2019, § 7 Rn. 71). Vorliegend liegt keine solche Entscheidung vor, sondern ein Verwaltungsakt nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG. Denn eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. -vorprüfung war sowohl nach § 6 bzw. § 7 Abs. 1 und 2 UVPG i.V.m Anlage 1 zum UVPG als auch nach Art. 37 BayStrWG ausgeschlossen (vgl. PFB S. 25).
20
II. Soweit sich die Kläger auf die formelle Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses berufen, hat die Klage keinen Erfolg.
21
1. Der Vorhalt der Kläger, das Staatliche Bauamt R. habe keinen wirksamen Antrag auf Planfeststellung nach Art. 22 Satz 2 Nr. 2, Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG i.V.m. Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayStrWG stellen können, weil es nicht der zuständige Straßenbaulast- und Vorhabenträger sei, trifft nicht zu.
22
Träger der Straßenbaulast für eine S1. straße ist der Freistaat Bayern (Art. 41 Satz 1 Nr. 1 BayStrWG). Die Straßenbaubehörden für Staatsstraßen sind nach Art. 58 Abs. 2 Nr. 1 BayStrWG die Staatlichen Bauämter. Damit ist der Freistaat Bayern als Rechtsträger des Staatlichen Bauamts R. hier der zuständige Vorhabenträger.
23
Zu Recht geht der Planfeststellungsbeschluss auch von einer Klassifizierung des von der Planfeststellung betroffenen Abschnitts der S1. straße 2359 als S1. straße aus (vgl. PFB S. 18; Unterlage 12). Sie entspricht der gegenwärtig bestehenden – bestandskräftigen – straßenrechtlichen Widmung nach Art. 6 Abs. 1 BayStrWG des betroffenen Straßenabschnitts. Das Planvorhaben betrifft eine kleinräumige Verlegung eines Teilstücks der bestehenden S1. straße 2359 (vgl. LAB, Schriftsatz vom 28.7.2023 S. 12 = elektronische Gerichtsakte [eGA] Bl. 247). Der bisherige, nördlich von G. auf der V1. Straße verlaufende Abschnitt soll lediglich auf einer Länge von 815 m auf eine neue Trasse verlegt werden, die unmittelbar an die S1. straße 2095 (M. Straße) und mittels eines Kreisverkehrs wieder an die S1. straße 2362 (S. Straße) angebunden wird (vgl. Erläuterungsbericht S. 30). Daraus wird deutlich, dass durch die Verlegung die durch die S1. straße 2359 vermittelten Verkehrsbeziehungen nicht entscheidend verändert werden. Die Frage der Klassifizierung stellt sich damit nicht grundsätzlich neu.
24
Unzweifelhaft kommt der S1. straße 2359 auch nach Durchführung des Planvorhabens die für eine S1. straße erforderliche Verkehrsbedeutung zu. Als solche wird sie gem. Nr. 5 des Beschlusstenors in Verbindung mit Unterlage 12 im Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe auch gewidmet. Nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayStrWG sind Staatsstraßen Straßen, die innerhalb eines Staatsgebiets zusammen mit den Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz bilden und dem Durchgangsverkehr zu dienen bestimmt sind. Der maßgebende Faktor für die Verkehrsbedeutung einer Straße im Sinn des Art. 3 Abs. 1 Bay-StrWG sind die von ihr vermittelten räumlichen Verkehrsbeziehungen. Entscheidend ist, ob und gegebenenfalls welche Funktion, d.h. Qualität der Straße im Verkehrsnetz zugedacht ist (sog. Netzfunktion, vgl. dazu BayVGH, U.v. 30.9.2014 – 8 B 13.72 – juris Rn. 34; Hinweisbeschluss v. 27.10.2015 – 8 B 15.1296 -juris Rn. 5). Der Streckenabschnitt der S1. straße 2359 ist konzipiert, um weiterhin der Abwicklung des weiträumigen (Durchgangs-)Verkehrs zu dienen. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Planvorhaben unter dem Projekt Nr. RO360-07„Neubau Kragling St. 2359“ im 7. Ausbauplan für die Staatsstraßen in Bayern vom 1. Januar 2011 gelistet ist, was bereits ein starkes Indiz für die zugedachte Netzfunktion ist (vgl. BayVGH, U.v. 10.4.2002 – 8 B 01.1170 – juris Rn. 14). Auch nach der Trassenverlegung verknüpft sie nach wie vor zwei Autobahnen (BAB 93 und BAB 8), die Bundesstraßen 15 und 304 und sieben weitere Staatsstraßen miteinander. Nicht zuletzt wickelt der Streckenabschnitt auch in tatsächlicher Hinsicht überwiegend Durchgangsverkehr ab (vgl. Erläuterungsbericht, Unterlage 1, S. 12).
25
2. Das Verkehrsgutachten von Prof. Dr. K. vom 26. November 2015 mit Ergänzung vom 28. Juni 2018 (vgl. Unterlage 21) konnte von der Planfeststellungsbehörde nur nachrichtlich dem Planfeststellungsbeschluss beigefügt werden. Anders als die Kläger meinen, musste es nicht „planfestgestellt“ werden.
26
Nach Art. 74 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG stellt die Planfeststellungsbehörde den Plan fest. Dieser Planfeststellungsbeschluss stellt einen Verwaltungsakt nach Art. 35 BayVwVfG dar. Gegenstand der Planfeststellung ist der Plan des Vorhabenträgers nach Durchführung des Planfeststellungsverfahrens (vgl. Art. 73 Abs. 1 BayVwVfG; Geiger in Ziekow, Handbuch des Fachplanungsrechts, 3. Aufl. 2024, § 3 Rn. 15). Der Verfügungsteil des Planfeststellungsbeschlusses muss gem. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG hinreichend bestimmt sein. Das Bestimmtheitsgebot dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit und verlangt, dass ein rechtsstaatlicher Mindeststandard eingehalten wird. Der Adressat muss in der Lage sein zu erkennen, was von ihm gefordert wird; zudem muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können (vgl. BVerwG, U.v. 27.6.2012 – 9 C 7.11 – BVerwGE 143, 222 Rn. 15; U.v. 22.10.2015 – 7 C 15.13 – juris Rn. 39). Nach diesem Maßstab sind zumindest alle Unterlagen (Zeichnungen und Erläuterungen, vgl. Art. 73 Abs. 1 Satz 2 BayVwVfG) „planfestzustellen“, d.h. in den verfügenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses aufzunehmen, welche das Vorhaben, seinen Anlass und die vom Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen (Kämper in Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand 1.7.2025, § 74 Rn. 4; Kupfer in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Band VwVfG, Stand November 2024, § 74 Rn. 9), soweit sich nicht aus dem Fachrecht noch weitere Vorgaben ergeben (vgl. z.B. § 17 Abs. 4 Satz 5 BNatSchG).
27
Danach handelt es sich bei der Verkehrsuntersuchung von Prof. Dr. K. vom 26. November 2015 nicht um eine Unterlage, die in den verfügenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses hätte aufgenommen werden müssen. Eine Verkehrsuntersuchung dient der Planfeststellungsbehörde als Erkenntnisquelle, um den verkehrlichen Bedarf (prognostisch) abschätzen, Lärmbetroffenheiten ermitteln und gegebenenfalls in einem weiteren Schritt Schutzmaßnahmen konzipieren zu können, legt aber nicht Art und Umfang des planfestzustellenden Vorhabens selbst fest. Mit der Erstellung des Verkehrsgutachtens kommt die Behörde vielmehr ihrer Amtsermittlungspflicht gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG nach. 
28
3. Die Klägerin zu 2 musste nach Erstellung des Gutachtens zur Frage der Existenzgefährdung durch den Sachverständigen Dr. J. nicht nochmals angehört werden.
29
Im Rahmen des Anhörungsverfahrens hat die Klägerin zu 2 gemäß Art. 73 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG Einwendungen erhoben (vgl. digitale BA Bl. 312). Diese wurden im Erörterungstermin am 4. und 5. Oktober 2021 behandelt (vgl. Art. 73 Abs. 6 BayVwVfG, vgl. Niederschrift zum Erörterungstermin S. 3 ff. = digitale BA Bl. 895 ff.). Damit hat es hier sein Bewenden. Das nach dem Erörterungstermin eingeholte Gutachten von Dr. J. zur Existenzgefährdung des Betriebs der Klägerin zu 2 vom 28. Oktober 2022 gab keine Veranlassung für eine erneute Anhörung der Klägerin zu 2 nach Art. 73 Abs. 8 BayVwVfG, da der ausgelegte Plan nicht geändert wurde mit der Folge, dass die Belange der Klägerin zu 2 erstmals oder stärker als bisher berührt worden wären. Mit der vertieften Prüfung der Existenzgefährdung gelangte die Planfeststellungsbehörde nicht zu grundlegend anderen Beurteilungsergebnissen (vgl. BVerwG, U.v. 18.3.2009 – 9 A 39.07 – BVerwGE 133, 239 Rn. 29).
30
III. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch an keinem materiellen Fehler.
31
1. Die Planrechtfertigung für das Vorhaben liegt vor. Die planfestgestellte Verlegung eines Teilstücks der S1. straße 2359 mit einer direkten Anbindung an die S1. straße 2095 ist vernünftigerweise geboten. Die Planrechtfertigung stellt eine praktisch nur bei groben und einigermaßen offensichtlichen Missgriffen wirksame Schranke der Planungshoheit dar (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 23.10.2014 – 9 B 29.14 – juris Rn. 4; U.v. 28.11.2017 – 7 A 17.12 – BVerwGE 161, 17 Rn. 47).
32
Einen solcher planerischen Missgriff liegt bei dem planfestgestellten Vorhaben nicht vor. Es dient den Zielen des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG, Straßen in einem dem gewöhnlichen Verkehrsbedürfnis und den Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung genügenden Zustand zu bauen und zu unterhalten. Unter dem gewöhnlichen Verkehrsbedürfnis sind die für den Gemeingebrauch erforderlichen durchschnittlichen Anforderungen zu verstehen, die sich bei der jeweiligen konkreten Funktion der öffentlichen Straße aus einer typisierenden Betrachtung ergeben (vgl. Häußler in Zeitler, BayStrWG, Stand Jan. 2025, Art. 9 Rn. 33). Staatsstraßen bilden zusammen mit den Bundesfernstraßen ein Verkehrsnetz und dienen dem Durchgangsverkehr (Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayStrWG). Der Planfeststellungsbeschluss (vgl. dort S. 27 ff.) legt dazu nachvollziehbar dar, dass durch das Vorhaben eine direkte Verkehrsverbindung von Vogtareuth nach R. geschaffen werden solle, die dem gewöhnlichen Verkehrsbedürfnis einer S1. straße genüge. Die bisherige Route verlaufe mit zwei Kreuzungen und einem Versatz über die S1. straße 2362 durch den Ortsteil G.. Der Ortsteil G. ist angesichts der schmalen Fahrbahn- und Gehwegbreite nicht für den starken Transitverkehr, insbesondere den Schwerverkehr ausgelegt. Durch das Vorhaben werde die S1. straße 2359 direkt an die S1. straße 2095 angebunden, so dass eine Ortsdurchfahrt in G. zukünftig entfiele. Damit werde der Verkehrsfluss verbessert und die Verkehrsströme der Staatsstraßen 2359 und 2362 entflochten. Zudem diene das Vorhaben der Verkehrssicherheit, da Abbiegevorgänge im Ortsteil G. entfielen und damit verbundene Unfallgefahren für Radfahrer und Fußgänger verringert würden (vgl. PFB S. 28 f.). In den Jahren 2018 bis 2020 hätten sich im Bereich der Kreuzung der Staatstraßen 2362 und 2359 sechs Unfälle während des Abbiegens ereignet, wobei in der Hälfte der Fälle Radfahrer bzw. Fußgänger beteiligt gewesen seien. Dies zeige, dass die 2014 installierte Ampel für einen verkehrssicheren Zustand nicht genüge (vgl. PFB S. 35).
33
Die von den Klägern dagegen vorgebrachten Einwendungen greifen, soweit sie die Vorgaben des § 6 Satz 1 UmwRG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO erfüllen, nicht durch.
34
a) Anders als die Kläger vorbringen, stellt die Entlastungswirkung für den Ortsteil G. zwar ein Planungsziel des Vorhabenträgers dar, nicht jedoch der Planfeststellungsbehörde (vgl. PFB S. 28, 4. Absatz). Da die Regierung von Oberbayern nach Art. 39 Abs. 1 BayStrWG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG die örtlich und sachlich zuständige Planfeststellungsbehörde ist, sind allein die von ihr für maßgeblich erachteten Planungsziele für die Frage ausschlaggebend, ob sie die Planrechtfertigung tragen.
35
b) Ihr Vorbringen, das Planungsziel werde nicht erreicht, weil der Durchgangsverkehr weiterhin die bisherige, kürzere Route über den Ortsteil G. nutzen werde, vermag die Planrechtfertigung ebenfalls nicht in Zweifel zu ziehen. Es lässt außer Acht, dass auf der bisherigen Route zwei Abbiegevorgänge erforderlich sind, die zu Wartezeiten führen (Ampelschaltung, Linksabbiegevorgang, Vorfahrtsregelung etc.), während die neue Route bis auf einen Verkehrskreisel kreuzungsfrei verläuft. Für die Ausgestaltung der Verknüpfung der Staatsstraßen 2359, 2095 und 2362 wurden fünf Varianten untersucht. Der Kreisverkehr mit Bypass wurde ausgewählt, weil damit der Verkehr zügig und sicher abgewickelt werden kann (vgl. PFB S. 77, 80).
36
c) Soweit die Kläger den fehlenden Vollanschluss der „Kraglinger Kreuzung“ (Kreuzung Staatsstraßen 2095 [Äußere S2. Straße] und S1. straße 2362 [S. straße]) bemängeln und die Verkehrsprognose als veraltet ansehen, erfüllt ihr Vorbringen nicht die Anforderungen des § 6 Satz 1 UmwRG i.V.m. § 67 Abs. 4 VwGO an eine ordnungsgemäße Klagebegründung. Die Regelungen erfordern, dass sich der Kläger in der fristgerecht vorzulegenden Klagebegründung mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss substantiiert auseinandersetzt; eine lediglich pauschale Bezugnahme auf im Planfeststellungsverfahren erhobene Einwände oder deren wörtliche Wiederholung in der Klagebegründung ohne Würdigung des Planfeststellungsbeschlusses genügt diesen Begründungsanforderungen nicht. Denn Gegenstand der Klage sind nicht die im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Einwände, sondern ist der Planfeststellungsbeschluss (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 – BVerwGE 163, 380 Rn. 14; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 Rn. 12; U.v. 8.1.2025 – 11 A 24.23 – juris Rn. 19 und 21). Diese erforderliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger in Bezug auf die obigen Einwände innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht erbracht. Sie wiederholen lediglich wörtlich ihre Einwendungen aus ihrem Schreiben vom 3. Juni 2019 (dort S. 7) ohne sich überhaupt mit den diesbezüglichen Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (vgl. PFB S. 46 f. und 38 f., 41 f.) auseinanderzusetzen. Der klägerische Hinweis, dass die dortigen Ausführungen defizitär seien, so dass eine Wiederholung der Einwendungen angezeigt erschiene, erfolgte erst nach Ablauf der 10-wöchigen Klagebegründungsfrist im Schriftsatz vom 26. Oktober 2023 (S. 4) und ist damit materiell präkludiert. Unabhängig davon legen die Kläger nicht dar, unter welchen Aspekten die mehrseitigen Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss defizitär sein sollen.
37
2. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht wegen eines Verstoßes gegen naturschutzrechtliche Kompensationsregelungen aufzuheben.
38
a) Für ihren Einwand, die Ausgleichsmaßnahmen zur Kompensation für die durch das Vorhaben verursachten Eingriffe in Natur und Landschaft reichten nicht aus, weil die Anpflanzung von 20 Bäumen auf dem Grundstück FlNr. … und deren Beseitigung in der Berechnung nicht berücksichtigt worden seien, fehlt den Klägern die Rügebefugnis. Der eingriffsrechtliche Dreiklang „Vermeidung – Ausgleich/Ersatz – Geldersatz“ (§ 15 BNatSchG) führt grundsätzlich nicht zu einer Unzulässigkeit der Maßnahme, sondern bestimmt deren (Rahmen-)Bedingungen im Sinne einer Stufenfolge: Ist ein Eingriff unvermeidbar, ist er auszugleichen bzw. zu ersetzen; sind Beeinträchtigungen nicht auszugleichen oder zu ersetzen, ist Ersatz in Geld zu leisten. Einwände gegen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie die Höhe oder den Empfänger des Ersatzgeldes führen damit zu keiner Unmöglichkeit des Vorhabens, da Beeinträchtigungen entweder durch andere Maßnahmen auszugleichen oder zu ersetzen sind oder für sie ein (entsprechend höheres) Ersatzgeld zu zahlen bzw. für dieses ein anderer Empfänger zu bestimmen ist. Auch hinsichtlich behördlicher Untersuchungs-/Ermittlungsdefizite, die in Bezug auf diese Punkte gerügt werden, entfällt mangels Kausalität regelmäßig die Rügebefugnis, da sie die Trassenführung nicht berühren (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 595; U.v. 24.2.2021 – 9 A 8.20 – BVerwGE 171, 346 Rn. 64).
39
Der Einwand trifft aber auch in der Sache nicht zu. Die Sachverständige S. vom Büro G. hat dazu in der mündlichen Verhandlung angeführt, dass sie den Ausgleich nach der Verordnung über die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft (Bayerische Kompensationsverordnung – BayKompV) vom 7. August 2013 (GVBl. S. 517), geändert durch § 2 des Gesetzes vom 23. Juni 2021 (GVBl. S. 352) in Verbindung mit den Vollzugshinweisen zur Bayerischen Kompensationsverordnung (BayKompV) vom 7. August 2013 für den staatlichen Straßenbau (Anlage 2 zum Rundschreiben der früheren Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom 28. Februar 2014 [Az.: II Z7-4021-001/11]) ermittelt habe. Sie erläuterte hierzu nachvollziehbar, dass der Eingriff durch den Verlust junger Obstbäume zwar höher zu bewerten ist als der Eingriff in einen Acker. Dies führt aber nur zu einer geringfügigen Erhöhung des Ausgleichsbedarfs. Dieser ist aller Voraussicht nach durch den bestehenden Überschuss bei der Kompensationsleistung abgedeckt (vgl. Unterlage 9.4 S. 8). Andernfalls wäre es unproblematisch möglich, einen solchen Ausgleich in dem betroffenen Landschaftsraum auf Eigentumsflächen des Freistaates Bayern zu schaffen (vgl. Sitzungsprotokoll S. 3 = eGA Bl. 333).
40
b) Die erstmals in der mündlichen Verhandlung geübte Kritik, die Rodung der Baumhecke auf FlNr. … sei nicht erforderlich, weil die Trasse zur Vermeidung dieses naturschutzrechtlichen Eingriffs geringfügig nach Westen hätte verlegt werden können, erfolgte außerhalb der 10-wöchigen Klagebegründungsfrist des § 6 Satz 1 UmwRG mit der Folge, dass der Kläger mit diesem Einwand ausgeschlossen ist. Ungeachtet dessen fordert das naturschutzrechtliche Eingriffsverbot nach § 13 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG weder einen Verzicht auf das Vorhaben noch eine andere räumliche Ausführungsvariante (vgl. unten Rn. 68).
41
3. Der Planfeststellungsbeschluss ist mit den artenschutzrechtlichen Vorgaben des § 44 Abs. 1 BNatSchG vereinbar.
42
a) Die lediglich in Form eines Verweises auf das Parallelverfahren 8 A 22.40062 geltend gemachten Kritikpunkte zum Artenschutz genügen nicht den Substantiierungsanforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO. Eine Klagebegründung muss aus sich heraus verständlich sein, den Gegenstand der Rüge deutlich machen und rechtlich einordnen (vgl. BVerwG, 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 Rn. 17 und 446). Dies ist hier nicht der Fall. Aus dem Vortrag der Kläger ist nicht erkennbar, welche Rügen aus dem Parallelverfahren gerichtlich überprüft werden sollen. Denn sie formulieren nicht eigene Kritikpunkte, sondern machen sich die im Parallelverfahren erhobenen Einwände zu eigen. Dabei wird schon nicht hinreichend deutlich, welche konkreten Kritikpunkte die Kläger ebenfalls erheben wollen. Denn der in Bezug genommene Punkt 2.4 in der Klageschrift vom 1. März 2023 im Parallelverfahren enthält nur Rügen, die die Kläger in ihrer eigenen Klageschrift identisch selbst erhoben haben, aber keine „weiteren Fehler im Umweltbericht“. Die artenschutzrechtlichen Rügen, die die Kläger möglicherweise in Bezug nehmen wollen, würden sich unter dem Gliederungspunkt 2.5 finden lassen, auf die die Kläger in ihrer Klageschrift aber nicht verweisen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich aus beigefügten oder wie hier sogar nur in Bezug genommenen Unterlagen den Inhalt der Kritik eines Klägers selbst zusammenzusuchen und zu erschließen (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.2022 – 9 A 7.21 – BVerwGE 175, 312 Rn. 24; U.v. 25.4.2024 – 7 A 11.23 – juris Rn. 47). Es ist vielmehr Aufgabe des Prozessvertreters den Prozessstoff festzulegen und zwar für jedes Klageverfahren gesondert (vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 7.19 – BVerwGE 170, 138 Rn. 446).
43
b) Unabhängig davon, treffen die im Parallelverfahren erhobenen Kritikpunkte zum Artenschutz nicht zu.
44
aa) Soweit vorgetragen wird, dass durch die Rodung einer über 60ig-jährigen Baumhecke auf dem Grundstück FlNr. … wichtige Fluglinien und Jagdhabitate durchtrennt würden, die nicht ausgleichbar seien, und dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG für die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme nicht erfüllt wären, trifft dies nicht zu.
45
Eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG hat die Planfeststellungsbehörde nicht erteilt. Vielmehr folgt sie den gutachtlichen Einschätzungen der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung, die eine vorgezogene, konfliktvermeidende Maßnahme nach § 44 Abs. 5 Satz 1, 3 und 5 BNatSchG für notwendig, aber auch ausreichend hält. Die Baumhecke stelle ein bedeutendes Jagdrevier für Fledermäuse dar. Insbesondere bei windigem Wetter fänden dort an der windabgewandten Seite intensive Jagdflüge statt. Andere nahgelegene Jagdreviere, die bei windigem Wetter erreichbar wären, bestünden nicht (vgl. PFB S. 109; saP, Unterlage 19.1.3, S. 31). Zur Konfliktvermeidung gibt die Planfeststellungsbehörde dem Vorhabenträger daher auf, sobald Zugriff auf das Grundstück besteht, mindestens jedoch in der Pflanzperiode vor Baubeginn, im östlichen Anschluss an die Hecke auf gesamter Länge eine neue mehrreihige Hecke aus gebietseigenen Bäumen und Sträuchern zu pflanzen (PFB S. 9 [Tenor Nr. 3.2.1] und S. 109; Unterlage 19.1.3, S. 31; Unterlage 9.3, S. 5). Die Vermeidungsmaßnahme könnte zwar die bestehende Baumhecke nicht gänzlich ohne Zeitverlust ersetzen, die Auswirkungen durch den Verlust des Jagdhabitats würden aber soweit minimiert, dass keine populationsökologischen Folgen zu befürchten seien (Art. 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG; vgl. PFB S. 117). Dies haben die Kläger nicht in Zweifel gezogen.
46
bb) Der Vorwurf, auf dem Grundstück FlNr. … seien Fledermaushabitate festgestellt worden, die in der Planung nicht ernst genommen worden seien, ist nicht berechtigt. Ausweislich der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung sind Fortpflanzungs- bzw. Ruhestätten von Fledermäusen durch das geplante Vorhaben nicht betroffen, da keine Beeinträchtigung von Gebäuden oder die Fällung von Höhlenbäumen geplant sind (vgl. Unterlage 19.1.3, S. 30).
47
4. Der Planfeststellungsbeschluss genügt dem unabhängig von einer gesetzlichen Regelung geltenden, aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abgeleiteten fachplanerischen Abwägungsgebot (vgl. BVerwG, U.v. 11.12.1981 – 4 C 69.78 – BVerwGE 64, 270 = juris Rn. 17; Hösch in Zeitler, BayStrWG, Stand Jan. 2025, Art. 38 Rn. 134).
48
Das Abwägungsgebot verlangt, dass – erstens – eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass – zweitens – in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass – drittens – weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 656; U.v. 7.7.2022 – 9 A 1.21 – BVerwGE 176, 94 Rn. 152).
49
Hiervon ausgehend liegen die von den Klägern geltend gemachten Abwägungsfehler in Bezug auf das Ausscheiden der Nullvariante, die Alternativenprüfung hinsichtlich der künftigen Trasse der S1. straße 2359 bzw. der Führung der K1. Straße, den öffentlichen Belang des Verlusts von Flächen zur Rohstoffgewinnung und deren persönlichen Belange nicht vor.
50
a) Die Nullvariante hat die Planfeststellungsbehörde zu Recht ausgeschieden.
51
Ein Abwägungsdefizit in Bezug auf die Nullvariante, wie die Kläger meinen, liegt nicht vor. Bei der Nullvariante handelt es sich um keine „echte“ Alternative. Der Plangeber hat in Bezug auf die Nullvariante nur zu prüfen, ob das Gewicht der entgegenstehenden Belange einen Verzicht auf das Vorhaben erzwingt (vgl. BVerwG, U.v. 5.10.2021 – 7 A 17.20 – juris Rn. 67; BayVGH, U.v. 5.10.2023 – 8 N 23.863 u.a. – juris Rn. 79; Neumann/Külpmann in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 74 Rn. 128). Diese Prüfung hat die Planfeststellungsbehörde vorgenommen. Sie hält die Nullvariante für ungeeignet, da die Planungsziele nicht erreicht werden. Auch unter Abwägung aller für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange sei ein Verzicht auf die Verwirklichung des Vorhabens nicht angezeigt. Mit der Plantrasse sei eine Variante gefunden worden, bei der unter weitest gehender Schonung entgegenstehender Interessen die Planziele bestmöglich verwirklicht werden könnten (vgl. PFB S. 57 f.).
52
b) Die Kläger haben nicht dargelegt, dass die Planfeststellungsbehörde durch Bevorzugung der Plantrasse gegenüber der von den Klägern favorisierten Trassenführung über den K2. Weg nach Norden und über die V2. straße die ihr zustehende planerische Gestaltungsfreiheit überschritten hätte.
53
aa) Der klägerische Vorhalt, die Planfeststellungsbehörde habe rechtsfehlerhaft den gerichtlichen Prüfungsmaßstab angewendet, weil sie nur geprüft habe, ob sich eine andere Trasse aufdränge, ist unberechtigt.
54
Die Planfeststellungsbehörde ist zwar nicht befugt, die planerischen Erwägungen des Vorhabenträgers durch abweichende eigene Überlegungen zu ersetzen. Sie kontrolliert aber, ob die vom Vorhabenträger getroffene Entscheidung rechtmäßig ist. Sie ist deshalb verpflichtet, bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen zu berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen berührten öffentlichen und privaten Belange einzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 21.1.2016 – 4 A 5.14 – BVerwGE 154, 73 Rn. 168 f.; U.v. 29.6.2017 – 3 A 1.16 – juris Rn. 131; BayVGH, U.v. 25.10.2019 – 8 A 16.40026 – juris Rn. 41). Sie ist befugt und ggf. verpflichtet, auch bisher noch nicht berücksichtigten abwägungsrelevanten Gesichtspunkten Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, B.v. 26.09.2013 – 4 VR 1.13 – juris Rn. 41).
55
Von diesem Maßstab ist die Planfeststellungsbehörde ersichtlich ausgegangen (vgl. PFB S. 56). Sie führt an, dass nach Prüfung der für das Vorhaben insgesamt sowie für einzelne Maßnahmen in Betracht kommenden Planungsvarianten die sonstigen vorgeprüften Varianten gegenüber der beantragten Trasse deutliche Nachteile aufwiesen. Die Entscheidung des Vorhabenträgers für die Planvariante sei somit nachvollziehbar und aus Sicht der Planfeststellungsbehörde konsequent und richtig.
56
bb) Von diesen – den Abwägungsvorgang betreffenden – Vorgaben zu unterscheiden ist, dass die eigentliche planerische Entscheidung zwischen zwei oder mehreren Trassenvarianten nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit ist erst überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. BVerwG, U.v. 22.6.2017 – 4 A 18.16 – juris Rn. 25; U.v. 30.11.2020 – 9 A 5.20 – BVerwGE 170, 378 Rn. 39; U.v. 10.4.2024 – 11 A 4.23 – juris Rn. 41).
57
Dass sich eine Trassenführung über den K2. Weg aufdrängt, haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt.
58
Die Planfeststellungsbehörde hat die Variante über den K2. Weg bereits in der Grobprüfung ausgeschieden (vgl. PFB S. 73 f.; zur Grobprüfung vgl. BVerwG, U.v. 15.10.2020 – 7 A 9.19 – juris Rn. 125; U.v. 10.11.2022 – 4 A 15.20 – juris Rn. 26). Sie hat hierzu ausgeführt, dass es sich beim K2. Weg um eine gemeindliche Straße mit Erschließungsfunktion handle, während das Planvorhaben als erschließungsfreie S1. straße geplant sei. Die Planungsziele Sicherheit des Verkehrs und Leistungsfähigkeit der künftigen Verkehrsverbindung könnten mit dieser Variante daher nicht erreicht werden. Zudem würden sich neue Betroffenheiten in Bezug auf die vom Vorhaben ausgehenden Immissionen und Grundinanspruchnahmen ergeben. Insbesondere müsste ein Eingriff inmitten des Kiesabbaugebiets der Klägerin zu 2 erfolgen (PFB S. 73).
59
Die Kläger haben im gerichtlichen Verfahren nicht aufgezeigt, dass sich ihre Variante entgegen der Ausführungen der Planfeststellungsbehörde eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellt. Das alleinige Argument der Kläger, die Führung über den K2. Weg sei maximal bestandsorientiert, trifft nicht zu. Für den geplanten Regelquerschnitt von RQ 11 mit einer Regelbreite von Fahrbahn und Banketten mit 11 m (vgl. PFB S. 79; Erörterungsbericht, Unterlage 1, S. 6) müsste der K2. Weg unter Inanspruchnahme von privatem Grundeigentum der Anlieger und unter erheblichen Eingriffen in den Kiesabbaubetrieb der Klägerin zu 2 massiv verbreitert werden (vgl. PFB S. 73).
60
c) Auch die Kritik der Kläger in Bezug auf die künftige Trasse der K1. Straße führt nicht zum Erfolg.
61
aa) Der Vorhalt, es sei weder begründet noch abgewogen worden, warum die K1. Straße nach Norden auf das Grundstück FlNr. … verschwenkt werde, anstatt sie auf der bisherigen Trasse zu lassen oder nach Süden zu verlegen, zeigt keinen Fehler der Planfeststellung auf.
62
Zum zukünftigen Verlauf der K4. Straße, die mittels einer Straßenbrücke über die Kraglinger Spange geführt wird, führt der Planfeststellungsbeschluss aus (vgl. PFB S. 81; Unterlage 11 Lfd. Nr. 1.07): Die K1. Straße hat zurzeit eine Breite von 4 m. Die Brücke wird entsprechend den Richtlinien für den ländlichen Wegebau mit einer Fahrbahnbreite zwischen den Borden von 4,50 m, einer Breite zwischen dem Geländer von 5,50 m und einer Bordhöhe von 20 cm konzipiert. Die damit verbundene Verbreiterung der Straße dient der Verkehrssicherheit; auf dem Brückenbauwerk ist ein entsprechend breiter Ausbau unabdingbar, um die Nutzung durch die landwirtschaftlichen Fahrzeuge nicht auszuschließen oder einzuschränken. Eine ausführlichere Auseinandersetzung des Planfeststellungsbeschlusses mit diesem Thema wäre nur im Falle einer substantiiert erhobenen Kritik im Verwaltungsverfahren erforderlich gewesen (vgl. BVerwG, U.v. 13.3.2024 – 11 A 6.23 – juris Rn. 29; U.v. 2.10.2024 – 11 A 15.23 – BVerwGE 183, 194 Rn. 19), die nicht erfolgt ist. Die Kläger haben dazu im Einwendungsschreiben vom 3. Juni 2019 lediglich einen einzigen Satz vorgetragen, nämlich es sei unverständlich, dass durch die geplante Verschwenkung der Überführung der K1. Straße ein weiterer vermeidbarer Flächenverlust provoziert werde (digitale BA Bl. 326).
63
bb) Die geplante Trasse der K1. Straße ist nicht abwägungsfehlerhaft.
64
Für die gerichtliche Prüfung der künftigen Trassierung der K1. Straße sind die Abwägungsgrundsätze zwischen den verschiedenen in Frage kommenden Trassenvarianten entsprechend heranzuziehen. Denn sie gelten nicht nur für die Festlegung der eigentlichen Straßentrasse, sondern sind auch auf sonstige Veränderungen des Wegenetzes, die im Rahmen der Planfeststellung für eine planfeststellungsbedürftige Straße mitgeregelt werden, aufgrund der betroffenen, auch gegenläufigen Belange übertragbar (vgl. BVerwG, U.v. 11.7.2019 – 9 A 14.18 – BVerwGE 166, 171 Rn. 78 f.; U.v. 1.10.2024 – 9 A 5.23 – juris Rn. 26). Danach ist die Grenze der planerischen Gestaltungsfreiheit erst überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (vgl. oben Rn. 56).
65
Ausgehend davon erweist sich die Entscheidung zugunsten der V3.strasse unter Verwerfung einer Verlegung der Trasse der K1. Straße zur Schonung des klägerischen Grundstücks FlNr. … auf das Grundstück Flnr. 3226 als abwägungsfehlerfrei.
66
(1) Die vom Beklagten vertiefend zu den Ausführungen im Erläuterungsbericht (vgl. EB, Unterlage 1, S. 30, 42 und 46) vorgetragenen Erwägungen zur Verschwenkung der K1. Straße nach Norden sind nachvollziehbar (vgl. LAB, Schriftsatz vom 28.7.2023 S. 8 f. = eGA S. 243 f.): Die geplante Lage der Brücke stelle einen Kompromiss aus baukonstruktiven Erwägungen und einer Minimierung von Grundinanspruchnahmen dar. Aus konstruktiven Gesichtspunkten (statische Bemessung und Bauausführung) sollten sich Verkehrswege möglichst rechtwinklig kreuzen und die Widerlager der Brücke parallel zur Längsachse des unterführten Verkehrsweges (hier die S1. straße 2359) angeordnet werden. Denn je schiefwinkliger sich die Verkehrswege kreuzten, umso größer seien die erforderlichen Stützweiten des Bauwerks. Ein rechtwinkliger Kreuzungswinkel von 100 gon sei vorliegend nicht möglich gewesen. Damit wäre durch die dann erforderliche S-förmige Straßenführung zu stark vom Bestand abgewichen und entweder bei einer Nordverschwenkung erheblich in die Grundstücke FlNr. … (Ostanfahrt der Brücke) und die FlNr. 3226 (Westanfahrt der Brücke) eingegriffen worden oder bei einer Südverschwenkung das dann alleine betroffene Grundstück FlNr. 3226 massivst betroffen gewesen. Letztlich hätten diese Verschwenkungen zu längeren Anschlussstrecken und damit höheren Grundinanspruchnahmen geführt. Der vorliegend geplante Kreuzungswinkel des Bauwerks Nr. 1 mit der S1. straße 2359 betrage zur Minimierung von Grundstückseingriffen lediglich 76,06 gon (68,45 Grad). Nach dieser für den Senat plausiblen Erläuterung stellt die klägerische Variante schon allein unter dem Gesichtspunkt der Grundinanspruchnahme keine schonendere Alternative dar.
67
(2) Der geplanten Trasse der K1. Straße steht entgegen der Auffassung der Kläger zwingendes Naturschutzrecht nicht entgegen, obwohl auf dem Grundstück FlNr. … sieben im Jahr 2020 gepflanzte Obstbäume gefällt werden müssen.
68
Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der Fällung der Obstbäume überhaupt um eine „erhebliche“ Beeinträchtigung von Natur und Landschaft nach § 13 Satz 1 BNatSchG handelt. Jedenfalls fordert das naturschutzrechtliche Eingriffsverbot gemäß § 13 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG keinen Verzicht auf das Vorhaben oder eine andere räumliche Ausführungsvariante. Denn gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG sind Beeinträchtigungen nur vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Wie sich aus der Formulierung „am gleichen Ort“ ableiten lässt, zielt das naturschutzrechtliche Vermeidungsverbot nur auf die Möglichkeit von Ausführungsvarianten an dem geplanten Standort des Vorhabens und nicht auf die Prüfung alternativer Standorte ab (vgl. BT-Drs. 16/12274 S. 57; BVerwG, B.v. 19.9.2014 – 7 B 6.14 – juris Rn. 15; Guckelberger in Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 4. Aufl. 2024, § 15 Rn. 27). Es verpflichtet den Verursacher, in allen Planungs- und Realisierungsphasen und somit auch bereits durch die Art der Bauausführung dafür Sorge zu tragen, das Vorhaben so umweltschonend wie möglich umzusetzen (vgl. BVerwG, B.v. 29.10.2014 – 7 VR 4.13 – juris Rn. 21; VGH BW, U.v. 28.11.2023 – 3 S 821/21 – juris Rn. 219). In diesem Sinne unvermeidbare Eingriffe sind nach den Mechanismen des § 15 Abs. 2 bis 6 BNatSchG i.V.m. mit den Regelungen der BayKompV zu kompensieren.
69
cc) Soweit die Kläger monieren, dass sich die Wegfläche der K1. Straße im Bestand tatsächlich nicht auf dem Straßengrundstück FlNr. 3451 befinde, sondern auf ihrem Grundstück FlNr. …, zeigen sie ebenfalls keinen Fehler der Planfeststellung auf. Der Verlauf der bestandskräftig gewidmeten K1. Straße im Bestand ist nicht Gegenstand der Planfeststellung. Bei der K1. Straße handelt es sich um eine Gemeindeverbindungsstraße (vgl. Unterlage 11, Nr. 2.01). Sie ist nach Art. 46 Nr. 1 BayStrWG eine Gemeindestraße für die nach Art. 47 Abs. 1 BayStrWG die Gemeinde S … Trägerin der Straßenbaulast ist. Einen möglichen Anspruch auf Rückbau der Verkehrsfläche auf dem Grundstück FlNr. … entsprechend §§ 1004, 906 BGB bzw. Duldung des Rückbaus aus § 903 BGB müsste der Kläger zu 1 gegenüber der Gemeinde S … verfolgen (vgl. BVerwG, B.v. 12.7.2013 – 9 B 12.13 – juris Rn. 3 ff.; BayVGH, B.v. 10.1.2013 – 8 B 12.305 – juris Rn. 16 ff.; U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1656 – juris Rn. 34 ff.).
70
d) Mit dem Vorhalt, wegen der fehlenden Berücksichtigung des Verlusts von 20 Bäumen müsse in der Alternativenprüfung bei der Planvariante eine größere Beeinträchtigung von Natur und Landschaft angesetzt werden mit der Folge, dass die Alternativenprüfung erneut durchgeführt werden müsse, stellen die Kläger die Alternativenprüfung nicht substantiiert in Frage. Sie legen nicht dar, dass sich dadurch die Schlussfolgerung der Planfeststellungsbehörde als fehlerhaft erweist, für Variante 2 spreche, dass Natur und Landschaft im Vergleich zu Variante 3 (= Planvariante) etwas geringer beeinträchtigt werde, wobei der bedeutendste Unterschied darin bestehe, dass bei Variante 2 die Baumhecke bei Höhensteig unberührt bleibe (vgl. PFB S. 65). Denn der Verlust junger Obstbäume führt nach Aussage der Sachverständigen S. vom Büro G. nur zur einem geringfügig höheren Eingriff gegenüber einer Ackerfläche, der voraussichtlich durch den bestehenden Überschuss der Kompensationsleistung der zugeordneten Ausgleichsfläche abgedeckt sei (vgl. Sitzungsprotokoll S. 3 = eGA Bl. 333). Abgesehen davon bestehen konkrete Anhaltspunkte, dass die Planfeststellungsbehörde gleichwohl dieselbe Entscheidung getroffen hätte (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.2025 – 11 A 12.24 – juris Rn. 52). Denn der Planfeststellungsbeschluss (vgl. dort S. 67 ff.) hält die Variante 3 für vorzugswürdig, weil sie deutliche Vorteile im Hinblick auf Zielerreichungsgrad, Verkehrssicherheit und vorallem im Hinblick auf die Schonung des im Regionalplan festgesetzten und aktiv genutzten Kiesabbaugebiets aufweist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass verkehrliche Belange in der straßenrechtlichen Planfeststellung von besonderem Gewicht sind (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2025 – 9 A 9.23 – juris Rn. 216). Vor diesem Hintergrund ist ausgeschlossen, dass sich geringfügige Fehler bei Detailfragen im Bereich der naturschutzrechtlichen Kompensation auf die Entscheidung ausgewirkt haben (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.2025 – 11 A 12.24 – juris Rn. 52).
71
e) Mit der Rüge, die Planfeststellungsbehörde habe den Verlust von Flächen zur Rohstoffgewinnung als öffentlichen Belang außen vorgelassen, obwohl Kies einen wichtigen Rohstoff für die öffentliche Volkswirtschaft darstelle, sind die Kläger nach Art. 73 Abs. 4 Satz 3 BayVwVfG präkludiert, da sie im Anhörungsverfahren einen entsprechenden Einwand nicht erhoben haben.
72
Ungeachtet dessen, trifft sie auch nicht zu. Die Planfeststellungsbehörde hat ausgeführt, dass durch das Vorhaben der Rohstoffabbau vor Ort nicht entscheidend beeinträchtigt werde. Im Regionalplan der Region Südostbayern 18 (vgl. § 1 des Regionalplans der Region Südostbayern [18] vom 8. November 1988 [GVBl. S. 370] in der Fassung der 5. und 6. Fortschreibung vom 12. Juli 2005 [ObbABl. S. 227]) würden Vorranggebiete für Kies und Sand mit einer Fläche von 1.900 ha ausgewiesen. Hingegen ginge durch das Vorhaben nur eine Teilfläche von 1,5 ha verloren (vgl. PFB S. 51 f.). Das sind 0,08% der zum Kiesabbau in der Region zur Verfügung stehenden Fläche, was die Einschätzung der Planfeststellungsbehörde als vertretbar erscheinen lässt.
73
f) Die Planfeststellungsbehörde hat eine Existenzgefährdung des Kiesabbaubetriebs der Klägerin zu 2 abwägungsfehlerfrei verneint.
74
Eine mögliche Existenzgefährdung eines Gewerbebetriebs ist im Rahmen der Abwägung unabhängig davon zu berücksichtigen, ob sie auf der Inanspruchnahme von (Grund-)Eigentum oder auf anderen Beeinträchtigungen beruht (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2016 – 9 A 7.15 – juris 14; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 808). Die Abwägungsbeachtlichkeit beschränkt sich auf solche Betroffenheiten, die für die planende Stelle bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind, weil sie – im Rahmen der Amtsermittlung – offenkundig sind oder weil sie von den Betroffenen im Zuge ihrer Beteiligung vorgetragen wurden (vgl. BVerwG, B.v. 9.11.1979 – 4 N 1.78 u.a. – BVerwGE 59, 87 – juris Rn. 51 f.; U.v. 3.11.2020 – 9 A 12.19 – BVerwGE 170, 33 Rn. 808; Ziekow, Handbuch des Planfeststellungsrechts, 3. Aufl. 2024, § 6 Rn. 15). Vor dem Hintergrund, dass die straßenrechtliche Planung zur Verwirklichung langfristiger Planungsziele auf eine dauerhafte Bodenbeanspruchung ausgerichtet ist, kommt es für die Frage der Existenzgefährdung auf die langfristige Ertragslage an (vgl. BVerwG, U.v. 14.04.2010 – 9 A 13.08 – BVerwGE 136, 332 Rn. 28; NdsOVG, U.v. 27.8.2019 – 7 KS 24/17 – juris Rn. 612; BayVGH, U.v. 22.4.2025 – 8 A 22.40053 – juris Rn. 61), also auch darauf, ob der Betrieb unter Berücksichtigung der Eingriffsfolgen längerfristig existenzfähig ist.
75
Im vorliegenden Fall hat das Staatliche Bauamt R. eine Existenzgefährdung des Betriebs der Klägerin zu 2 für möglich erachtet und im Wege des Amtsermittlungsgrundsatzes ein Existenzgefährdungsgutachten in Auftrag gegeben. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass dem Unternehmen der Klägerin zu 2 ein endlicher Geschäftsbetrieb zugrunde liege und diesem daher eine endliche Lebensdauer immanent sei (vgl. Dr. J., Beurteilung der Existenzgefährdung vom 28.10.2022 S. 8, 13, 27, 41). Die Umsetzung der Kraglinger Spange führe in Fortschreibung der bisherigen Geschäftstätigkeit im Analysezeitraum zu einer Verkürzung der Lebensdauer der Klägerin zu 2 von ca. 11 Jahren. Werde als Geschäftsziel die Existenzsicherung auf dem Niveau der Referenzperiode verfolgt und dieses Geschäftsziel als Beurteilungskriterium für eine Existenzgefährdung herangezogen, sei bei einem endlichen Geschäftsmodell mit der Fortführungsperspektive vom Stichtag 17. April 2019 bis zum Jahr 2043 bzw. im „Streckbetrieb“ bis maximal zum Jahr 2051, also von 24 bis zu 32 Jahren, keine Existenzgefährdung anzunehmen (vgl. Dr. J., Beurteilung der Existenzgefährdung vom 28.10.2022 S. 8 f., 41).
76
Die Planfeststellungsbehörde hat das Gutachten geprüft, für valide befunden und ihrer Abwägungsentscheidung zugrunde gelegt (vgl. PFB S. 152 ff.). In ihren Ausführungen kommt hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass sie sich mit der Existenzgefährdung der Klägerin zu 2 auseinandergesetzt hat, auch wenn die Klägerin zu 2 keine eigene Schlüsselnummer erhalten hat, sondern mit dem Kläger zu 1 formal unter einer solchen geführt wurde. Die Vergabe von Schlüsselnummern dient nur dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Planfeststellungsbeschluss (vgl. Art. 30 BayVwVfG), trifft aber keine Vorentscheidung über die Abwägungsbeachtlichkeit privater Belange. Die Schlussfolgerung der Planfeststellungsbehörde, dass wegen der – trotz der negativen Auswirkungen des Planvorhabens – prognostischen Restbetriebszeit von mindestens 24 Jahren eine durch das Vorhaben kausal verursachte Existenzgefährdung nicht bestehe und die Eingriffsfolgen durch eine zumutbare Betriebsumstellung weiter abgemildert werden können, ist nicht zu beanstanden. Allein bei einer prognostischen Restbetriebszeit von 24 Jahren ist der Betrieb der Klägerin zu 2 als längerfristig existenzfähig anzusehen. Der Einfluss des Planvorhabens gegenüber anderen Einflüssen auf die Ertragslage der Klägerin zu 2 (z.B. Veränderung des Absatzmarktes, unternehmerische Entscheidungen) verliert an Bedeutung, je weiter die Entwicklungsprognose in die Zukunft reicht.
77
Die von der Klägerin zu 2 vorgebrachten Einwände vermögen die gutachterlichen Feststellungen zur Existenzgefährdung bzw. die darauf gründende Einschätzung der Planfeststellungsbehörde nach Auffassung des Gerichts nicht zu erschüttern.
78
aa) Allein aus dem kurzen zeitlichen Abstand zwischen Gutachtenübersendung und Erlass des Planfeststellungsbeschlusses bzw. der gekürzten Darstellung des Gutachtens im Planfeststellungsbeschluss ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Planfeststellungsbehörde das Gutachten nicht ausreichend geprüft hätte.
79
Die Planfeststellungsbehörde hat klargestellt, dass die Darstellungen des Geschäftsbetriebs und der damit verbundenen Prüfung der Existenzgefährdung in dem Planfeststellungsbeschluss sich aus Datenschutzgründen auf wesentliche Punkte und relative Zahlenangaben beschränkten. Das ausführliche Gutachten sei jedoch Bestandteil der Planfeststellungsakte und werde der Beurteilung vollumfänglich zugrunde gelegt (vgl. PFB S. 153). Sie erfüllt damit die Vorgaben des Art. 30 BayVwVfG zur Geheimhaltung, der entsprechend auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Dritter anwendbar ist (vgl. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 25. Aufl. 2024, § 30 Rn. 3). Dass wesentliche tatsächliche und rechtliche Erwägungen in den dreiseitigen Ausführungen der Planfeststellungsbehörde fehlen würden, hat die Klägerin zu 2 nicht substantiiert dargelegt.
80
bb) Der Gutachter hat zu Recht als Referenzzeitraum die Geschäftsjahre 2016 bis 2020 ausgewählt, weil im Zeitpunkt der Gutachtenerstellung (28.10.2022) für diese Jahre ein finaler Jahresabschluss der Klägerin zu 2 vorgelegen hat, nicht jedoch für das Jahr 2021 (vgl. Dr. J., Beurteilung der Existenzgefährdung vom 28.10.2022 S. 20 und Stellungnahme vom 11.4.2023 S. 3 = eGA Bl. 256). Der Einwand der Klägerin zu 2, auf den Jahresabschluss komme es nicht an, überzeugt nicht. Der Jahresabschluss einer GmbH ist ein zentrales Instrument zur Dokumentation ihrer wirtschaftlichen Lage (vgl. BGH, U.v. 2.3.2009 – II ZR 264/07 – juris Rn. 15; Möller, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 3, 6. Aufl. 2023 § 56 Rn. 98). Erst durch die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafter (vgl. § 46 Nr. 1 GmbHG) erlangt der Jahresabschluss Verbindlichkeit. Vorher hat er nur den Charakter eines Entwurfs (vgl. Kanitz/Hamminger in Römermann, Münchner Anwaltshandbuch GmbH-Recht, 5. Aufl. 2023 § 16 Rn. 525). Demzufolge kann nur ein Jahresabschluss verbindlich Auskunft über die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens geben. Im Übrigen hat der Gutachter, soweit möglich, auch die Geschäftszahlen aus dem Jahr 2021 berücksichtigt (vgl. Dr. J., Beurteilung der Existenzgefährdung vom 28.10.2022 S. 21 f. und Stellungnahme vom 11.4.2023 S. 3 = eGA Bl. 256).
81
cc) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Gutachter in Bezug auf die Frage Trocken- oder Nassauskiesung und der erzielbaren Kippgebühren bei der Wiederverfüllung der Kiesgruben, seinen Annahmen stets die ungünstigste bzw. konservativste Konstellation zugrunde gelegt hat, da dies zugunsten der Klägerin zu 2 eher zu einer Existenzgefährdung führen würde (vgl. Dr. J., Stellungnahme von 11.4.2023 S. 5, 7 und 9 = eGA Bl. 258, 260 und 262).
82
dd) Die Klägerin zu 2 geht auch zu Unrecht davon aus, dass dem Gutachten nur die Ausbeutung der bisherigen genehmigten Teilfläche des Grundstücks FlNr. … (= Teilfläche 1 vgl. Dr. J., Beurteilung der Existenzgefährdung vom 28.10.2022, Anlage 15) zugrunde liegt. Vielmehr vergleicht der Gutachter die wirtschaftliche Situation der Klägerin zu 2 bei einer Ausbeute des gesamten Grundstücks FlNr. … (vgl. Dr. J., Beurteilung der Existenzgefährdung vom 28.10.2022 S. 28 f. und 34) mit der wirtschaftlichen Situation der Klägerin zu 2 bei einer Ausbeute des Grundstücks unter Berücksichtigung des Planvorhabens, d.h. der Teilflächen 1 und 2 des Grundstücks FlNr. … (Dr. J., Beurteilung der Existenzgefährdung vom 28.10.2022 S. 28 f., 32, 35, Anlagen 14 bis 17 und Stellungnahme vom 11.4.2023 S. 8 = eGA S. 261). Eine Ausbeute der Teilfläche 3 (vgl. Dr. J., Beurteilung der Existenzgefährdung vom 28.10.2022, Anlage 17) sei hingegen wirtschaftlich nicht sinnvoll möglich, zumal auch die Zufahrtsmöglichkeit ungeklärt sei, wie der Kläger zu 1 gegenüber dem Gutachter bestätigt habe (vgl. Dr. J., Stellungnahme vom 11.4.2023 S. 8 = eGA S. 261).
83
ee) Soweit die Klägerin zu 2 moniert, der Gutachter sehe nicht, dass durch das Planvorhaben die Dauer der betrieblichen Tätigkeit massiv verkürzt werde und dadurch erhebliche betriebliche Einbußen entstünden, lässt sie außer Acht, dass das Gutachten allein die Frage der Existenzgefährdung ihres Betriebs beurteilt hat (vgl. Dr. J., Stellungnahme vom 11.4.2023 S. 2 und 9 = eGA S. 254 und 262). Der Gutachter hat als Maßstab zur Messung einer Existenzgefährdung das gemittelte Umsatz- und Ergebnisniveau der Geschäftsjahre 2016 bis 2020 i.H.v 248 Tausend Euro (TEUR) pro Jahr zugrunde gelegt (vgl. Dr. J., Beurteilung der Existenzgefährdung vom 28.10.2022 S. 9 und Stellungnahme vom 11.4.2023 S. 2 = eGA Bl. 254). Daran anschließend hat der Gutachter das maximal verfügbare Absatzvolumen aus Vollausbeutung und Wiederverfüllung ohne und mit Planvorhaben ermittelt, weil dieses die maximale Gewinnerzielungsmöglichkeit darstellt. In einem weiteren Schritt hat der Gutachter berechnet, wie viele Jahre das maximale Absatz- und Wiederverfüllungsvolumen bei einem Umsatzziel von 248 TEUR pro Jahr ohne und mit Verwirklichung des Planvorhabens bei konservativer Betrachtung theoretisch reichen würde (sog. Reichweitenanalyse vgl. Dr. J., Beurteilung der Existenzgefährdung vom 28.10.2022 S. 28). Dabei ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass der Betrieb der Klägerin zu 2 bei Umsetzung der Kraglinger Spange ab dem Beurteilungsstichtag im Jahr 2019 noch 24 Jahre bis zum Jahr 2043 weitergeführt werden könne. Ohne Umsetzung des Planvorhabens könnte der Betrieb 11 Jahre länger betrieben werden (vgl. Dr. J., Beurteilung der Existenzgefährdung vom 28.10.2022 S. 35 ff. und 41). Aus welchen Gründen demgegenüber die Klägerin zu 2 ihren Kiesabbaubetrieb bei Umsetzung des Planvorhabens nur noch 8 bis 10 Jahre betreiben könnte, substantiiert sie nicht weiter.
84
Bei dem von der Klägerin zu 2 monierten „Streckbetrieb“ handelt es sich um eine bloße rechnerische Variante (vgl. Dr. J., Stellungnahme vom 11.4.2023 S. 4 und 12 = eGA Bl. 256 und 265). Um unter Berücksichtigung des Planvorhabens eine möglichst lange Betriebsdauer bis zum Maximum von 32 Jahren mit einem jährlichen Umsatzerlös von 248 TEUR zu erreichen, legt der Gutachter ein angepasstes Geschäftsmodell zugrunde, bei dem eine Wiederverfüllung der Ausbeutungsfläche auf dem Grundstück FlNr. … nicht zeitgleich mit dem Abbau des Kieses stattfindet, sondern sich erst an die Vollausbeutung der Teilflächen 1 und 2 des Grundstücks FlNr. … anschließt (vgl. Dr. J., Beurteilung der Existenzgefährdung vom 28.10.2022 S. 40 f.). Er stellt dabei klar, dass die Klägerin dazu nicht gezwungen sei, sondern es eine unternehmerische Entscheidung sei, auf wie viele Perioden sie das zur Verfügung stehende Ausbeutungs- und Wiederverfüllungsvolumen aufteilt (vgl. Dr. J., Stellungnahme vom 11.4.2023 S. 11 und 14= eGA Bl. 263 und 267), das heißt, wie intensiv die Klägerin zu 2 die zur Verfügung stehenden Flächen realiter ausbeutet und wiederverfüllt.
85
ff) Dass bei Realisierung des Planvorhabens die Möglichkeit der Eigenkapitalbildung der Klägerin zu 2 geschmälert wird, ist unbestritten, spielt aber für die Frage der Existenzgefährdung der Klägerin zu 2 keine Rolle (vgl. Dr. J., Stellungnahme vom 11.4.2022 S. 2 und 16 = eGA Bl. 255 und 269).
86
gg) Die Tatsache, dass durch das Planvorhaben betriebliche Belange der Klägerin zu 2 und Grundeigentum des Klägers zu 1 betroffen sind, hat die Planfeststellungsbehörde im Übrigen gesehen und in ihre Abwägung eingestellt (vgl. PFB S. 145 und 147). Sie hat dazu ausgeführt, dass das öffentliche Interesse am Bau der Maßnahme (wie die Verbesserung der Verkehrssicherheit und einer Verbesserung der Situation der Anwohner in G. in Bezug auf Lärm- und Schadstoffbelastung) das Interesse der Betriebe und Grundeigentümer an der weiteren Nutzung der betroffenen Teilflächen ihrer Grundstücke überwiege (vgl. PFB S. 145 f., 148). Wird die betriebliche Existenz weder vernichtet noch gefährdet, kann sich die Planfeststellungsbehörde damit begnügen, den Kläger wie hier auf das nachfolgende Enteignungsverfahren zu verweisen (vgl. PFB S. 146, 155; BVerwG, U.v. 28.1.1999 – 4 A 18.98 – juris Rn. 25; U.v. 12.6.2019 – 9 A 2.18 – BVerwGE 166, 1 Rn. 25). Aus welchem Grund die betrieblichen Belange der Klägerin zu 2 mit einem deutlich höheren Gewicht in die Abwägung hätten eingestellt werden müssen, legt sie nicht substantiiert dar, zumal die Planfeststellungsbehörde ausgeführt hat, dass durch die vom Gutachter vorgeschlagene Anpassung des Geschäftsmodells, d.h. die zeitliche Verschiebung der Wiederverfüllung der Teilflächen 1 und 2 auf dem Grundstück FlNr. …, die Eingriffsfolgen weiter gemindert werden könnten (vgl. PFB S. 155). Dass verkehrliche Belange bei der Trassenwahl einer Straße eine besonders große Rolle spielen, liegt zudem auf der Hand (vgl. BVerwG, U.v. 19.2.2025 – 9 A 9.23 – juris Rn. 216).
C.
87
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
88
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.
89
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.