Titel:
Ein erst im einstweiligen Rechtsschutz gegen den Entzug der Fahrerlaubnis benannter Zeuge bleibt unbeachtlich
Normenketten:
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 46 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen iVm Art. 10, Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG kann sich eine reduzierte behördliche Aufklärungspflicht bei Fragen ergeben, zu denen ein Beteiligter Aufklärung geben könnte, dies aber unterlässt, obwohl ihm die Bedeutung für das Verfahren bewusst ist oder sein musste oder obwohl er von der Behörde ausdrücklich dazu aufgefordert wurde und die Beantwortung auch erwartet werden kann, da sie in seinem Interesse liegt oder jedenfalls nicht unzumutbar ist. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Benennt der Betroffene eines Ermittlungsverfahrens einer Fahrerlaubnisbehörde zur Entziehung einer Fahrerlaubnis trotz Möglichkeit einen potenziell entlastenden Zeugen nicht, kann es auf eine Benennung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht mehr ankommen, weil sich die Behörde vor Entziehung der Fahrerlaubnis über die maßgeblichen Tatsachen klar werden muss. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Konsums harter Drogen (Methamphetamin), schlüssiger und glaubhafter Vortrag zu unbewusster Einnahme (verneint), Fahrerlaubnisentzug, harte Drogen, Amtsermittlungspflicht, unbewusster Konsum, unbewussten Betäubungsmittelaufnahme, Amphetamin
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Beschluss vom 24.04.2025 – B 1 S 25.307
Fundstelle:
BeckRS 2025, 20797
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, B und L.
2
Durch polizeiliche Mitteilung vom 27. Dezember 2024 wurde dem Landratsamt Kulmbach bekannt, dass der Antragsteller am 28. Oktober 2024 um 15:06 Uhr im Rahmen einer Geschwindigkeitsmessung angehalten worden war und die Polizei dabei drogentypische Auffälligkeiten (glasige, gerötete Augen, geweitete und zuckende Pupillen) festgestellt hatte. Dem Antragsteller sei ein freiwilliger Urintest angeboten worden. Er habe nach einem längeren Gespräch gestanden, gegen 4:30 Uhr Amphetamin konsumiert zu haben. Daraufhin sei eine Blutentnahme angeordnet und um 16:21 Uhr durchgeführt worden. Der Antragsteller sei bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten.
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Nach dem forensisch-toxikologischen Gutachten vom 19. November 2024 konnten 5,4 µg/l Amphetamin und 20 µg/l Methamphetamin im Blutserum/Plasma des Antragstellers festgestellt werden. Der Nachweis von Methamphetamin und ggf. dessen Metaboliten Amphetamin beweise eine kürzlich erfolgte Aufnahme von Methamphetamin.
Aufgrund dieser Befundkonstellation könne für den Tatzeitpunkt ohne Weiteres eine Wirkung der nachgewiesenen berauschenden Mittel Methamphetamin und Amphetamin angenommen werden.
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Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis ließ der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 28. Februar 2025 vortragen, er sei als Schichtleiter tätig. Seine Schicht beginne regelmäßig um 2:30 Uhr. Er sei Diabetiker und habe aufgrund dessen im Oktober 2024 unter erheblichen Schlafstörungen gelitten. Sein behandelnder Arzt habe ihm bei Bedarf den Konsum von Koffeintabletten empfohlen. Am 28. Oktober 2024 habe er zu Beginn des Schichtdienstes unter extremer Müdigkeit gelitten und dies gegenüber seinen Kollegen geäußert bzw. sei dies für sie offensichtlich gewesen. Daraufhin habe ihm ein Kollege einen Schluck aus seiner Thermoskanne angeboten mit dem Hinweis, dies werde ihm helfen. Er habe daraufhin – nach seiner Erinnerung gegen 4:30 Uhr – aus der Thermoskanne getrunken. Der Kollege habe nicht darauf hingewiesen, dass es sich um Amphetamin bzw. ein wirkungsgleiches Betäubungsmittel gehandelt habe. Eine besondere Wirkung des Betäubungsmittels nach Einnahme des Kaffees, das ihn auf die Einnahme von Amphetamin hätte schließen lassen, habe er nicht feststellen können. Infolge der bereits seit längerer Zeit anhaltenden Schlafstörung, der regelmäßigen Einnahme von Koffeintabletten und dem zu leistenden Schichtdienst habe bei ihm zu diesem Zeitpunkt ein vom normalen Körperbefinden erheblich abweichender Zustand vorgelegen. Erst als die Polizei ihn bei der Geschwindigkeitskontrolle wegen seiner geweiteten Pupillen und der verzögerten Pupillenreaktion auf einen vermeintlichen Konsum von Amphetamin angesprochen habe, habe er das mit dem konsumierten Kaffee des Kollegen in Zusammenhang gebracht. Vor diesem Hintergrund sei von einer unbewussten Einnahme von Betäubungsmitteln auszugehen. Der dargestellte Sachverhalt sei ernsthaft möglich und zumindest auch teilweise der Nachprüfung zugänglich. Insbesondere sei auch zu berücksichtigen, dass er vor der Aufnahme von Amphetamin mit Personen Kontakt gehabt habe, die aufgrund seiner Übermüdung während des Schichtdienstes einen Beweggrund dafür gehabt hätten, ihm Amphetamin als Aufputschmittel zu verabreichen. Aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung habe er die Aufnahme des Betäubungsmittels und deren Wirkung tatsächlich nicht bemerkt. Er sei bereit, durch eine entsprechende Laboruntersuchung zu belegen, dass er außer der unbewussten Einnahme keine Betäubungsmittel konsumiere.
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Mit Bescheid vom 10. März 2025 entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis und verpflichtete ihn unter Androhung eines Zwangsgelds, seinen Führerschein innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Bescheids abzugeben. Ferner ordnete es die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an.
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Hiergegen ließ der Antragsteller am 26. März 2025 Widerspruch einlegen und mit Schreiben vom 7. April 2025 das Ergebnis einer Haaranalyse vorlegen, aus der sich kein Hinweis auf den Konsum von Amphetaminen ergab.
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Mit Schriftsatz vom 27. März 2025 beantragte sein Prozessbevollmächtigter beim Verwaltungsgericht Bayreuth die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.
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Den Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. April 2025 ab, da der Widerspruch des Antragstellers voraussichtlich unbegründet sei. Ihm sei die Fahrerlaubnis rechtmäßig entzogen worden. Das Landratsamt habe nicht gegen die Amtsermittlungspflicht nach Art. 24 BayVwVfG verstoßen. Es sei nicht entscheidungserheblich, ob der Antragsteller mehrmals bzw. regelmäßig Betäubungsmittel konsumiere. Es habe daher kein Gutachten zu dieser Frage eingeholt werden müssen. Überdies ergäben sich aus jenem keine Erkenntnisse zu der Frage, ob er das Betäubungsmittel willentlich oder unwillentlich eingenommen habe. Insoweit habe die Behörde im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung von typischen Lebenssachverhalten ausgehen dürfen und abweichenden Umständen, die sich nicht geradezu aufdrängen, nicht weiter nachgehen müssen. Die Angaben des Antragstellers gegenüber dem Landratsamt seien in Bezug auf den Arbeitskollegen unsubstantiiert geblieben. Dessen Namen habe er erstmals im gerichtlichen Verfahren erwähnt. Da der Nachweis von Methamphetamin und Amphetamin nach dem Gutachten vom 19. November 2024 eine kürzlich erfolgte Aufnahme von Methamphetamin beweise, stehe fest, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der polizeilichen Kontrolle bzw. während der Fahrt mit seinem Pkw am 28. Oktober 2024 unter dem Einfluss dieser Substanzen gestanden habe. Unerheblich sei insofern, dass der in § 24a Abs. 2 StVG festgelegte Grenzwert von 75 ng/ml für die Verhängung eines Bußgelds bzw. die Schwelle zur Strafbarkeit nicht erreicht worden sei. Nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung schließe schon der einmalige Konsum sogenannter harter Drogen im Regelfall die Fahreignung aus. Zwar sei nach Nr. 2 der Vorbemerkung zur Anlage 4 zur FeV für die Beurteilung, ob im Einzelfall noch eine Eignung vorliegt, in der Regel ein ärztliches oder medizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen. Dies könne jedoch unterbleiben, wenn wie hier kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die in der Anlage 4 vorgenommene Regelfallbeurteilung der Fahreignung im zu entscheidenden Fall ausnahmsweise nicht zum Tragen komme. Ferner fehle es an einem Vortrag, der eine unbewusste Einnahme von Betäubungsmitteln als ernsthaft möglich erscheinen lasse. Die Einlassung des Antragstellers, sein Arbeitskollege habe ihm Kaffee angeboten, der mit Amphetamin oder einem wirkungsgleichen Betäubungsmittel versetzt gewesen sei, erscheine zweifelhaft und werde den strengen Anforderungen an einen schlüssigen und glaubhaften Sachverhalt nicht gerecht. Mit den tatsächlichen Feststellungen bei der Verkehrskontrolle vom 28. Oktober 2024 sei nicht in Einklang zu bringen, dass der Antragsteller Amphetamine eingenommen habe, ohne dies zu bemerken. Es sei widersprüchlich, wenn er weder die Einnahme noch die Wirkung von Amphetamin bemerkt haben wolle, obwohl er bei der Verkehrskontrolle den Konsum von Amphetamin eingeräumt habe. Ein solches Geständnis lasse sich auch nicht mit einem Vorhalt der Polizeibeamten erklären. Überdies führe der Antragsteller an, von den Polizeibeamten „auf einen vermeintlichen Konsum von aufputschenden Betäubungsmitteln, wie z.B. Amphetamin, angesprochen“ worden zu sein. Insofern sei nicht plausibel, wieso der Antragsteller den Konsum von Amphetamin habe schlussfolgern können, da das Getränk des Arbeitskollegen auch mit anderen aufputschenden Betäubungsmitteln hätte versetzt sein können. Somit erweise sich auch die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins als rechtmäßig.
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Mit seiner Beschwerde macht der Antragsteller einen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nach Art. 24 BayVwVfG geltend. Auch wenn es nicht darauf ankomme, ob der Antragsteller mehrmals Betäubungsmittel konsumiert habe, könne sich aus dem Gutachten ergeben, dass kein regelmäßiger Konsum von Betäubungsmitteln vorliege, da in diesem Fall bereits seine Einlassung unglaubhaft gewesen wäre. Es treffe auch nicht zu, dass seine Angaben in Bezug auf seinen Arbeitskollegen unsubstantiiert geblieben seien. Der Antragsteller habe nicht die Angabe des Namens verweigert, sondern sei vom Landratsamt nicht danach gefragt worden. In einem mit dem Bevollmächtigten geführten Telefonat habe das Landratsamt erklärt, man sehe eine weitere Sachverhaltsaufklärung für nicht erforderlich an. Bei seiner Würdigung der Angaben des Antragstellers lasse das Verwaltungsgericht vollkommen außer Acht, dass sein körperliches Befinden am 28. Oktober 2024 erheblich vom Normalzustand abgewichen sei. Ein halbes Jahr vorher sei bei ihm Diabetes mellitus diagnostiziert worden. Im Zusammenhang damit und der Schichtarbeit habe der Antragsteller unter einem gestörten Tag-/Nachtrhythmus mit erheblichen Schlafstörungen und sich hieraus ergebender Tagesmüdigkeit gelitten. Auf Anraten seines behandelnden Arztes habe er dagegen mit Koffeintabletten anzukämpfen versucht. An jenem Tag habe er zwar eine wesentlich verringerte Müdigkeit bei sich festgestellt, dies jedoch auf seinen augenblicklichen wechselhaften Gesundheitszustand, insbesondere auf die eingenommenen Koffeintabletten zurückgeführt. Als ihn dann die Polizeibeamten bei der Geschwindigkeitskontrolle wegen seiner geweiteten Pupillen sowie verzögerter Pupillenreaktion konkret auf einen vermeintlichen Konsum von aufputschenden Betäubungsmitteln wie z.B. Amphetamin angesprochen hätten, habe er dies zunächst für abwegig gehalten, da er keine Betäubungsmittel konsumiere. Bei genauem Nachdenken aufgrund des polizeilichen Vorhalts sei ihm dann der Konsum des Kaffees und der Hinweis des Kollegen dazu eingefallen. Im Übrigen werde auf den erstinstanzlichen Vortrag vollumfänglich Bezug genommen.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
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Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 1, 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre. Das Verwaltungsgericht ist vielmehr zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antragsgegner den Antragsteller aufgrund Betäubungsmittelkonsums zu Recht als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen und ihm die Fahrerlaubnis entzogen hat.
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Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Oktober 2024 (BGBl I Nr. 323), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2024 (BGBl I Nr. 299), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV). Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV entfällt bei Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis), hier Amphetamin (vgl. § 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage III), die Fahreignung. Dies gilt unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 28.2.2024 – 11 CS 23.1387 – juris Rn. 14; B.v. 5.10.2023 – 11 CS 23.1413 – juris Rn. 11; B.v. 12.6.2023 – 11 C 23.559 – juris Rn. 18; B.v. 30.1.2023 – 11 CS 22.2596 – juris Rn. 13 jeweils m.w.N.; SächsOVG, B.v. 3.2.2025 – 6 B 160/24 – juris Rn. 12; OVG LSA, B.v. 26.10.2022 – 3 M 88/22 – juris Rn. 5; OVG SH, B.v. 11.2.2022 – 5 MB 2/22 – juris Rn. 9; OVG NW, B.v. 23.7.2015 – 16 B 656/15 – juris Rn. 2 ff.; B.v. 5.1.2015 – 16 B 1026/14 – juris Rn. 7; vgl. auch BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 9.18 – Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 21 Rn. 30). Dementsprechend ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig sog. harte Drogen im Körper des Fahrerlaubnisinhabers und damit deren Einnahme nachgewiesen worden sind oder der Fahrerlaubnisinhaber die Einnahme solcher Substanzen eingeräumt hat. Bei Ungeeignetheit des Fahrerlaubnisinhabers ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend; ein Ermessensspielraum steht der Fahrerlaubnisbehörde nicht zu (vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2021 – 11 CS 21.1933 – juris Rn. 9).
14
Die eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln setzt dabei grundsätzlich einen willentlichen Konsum voraus. Die unbewusste Einnahme von Betäubungsmitteln stellt jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung eine seltene Ausnahme dar. Daher muss, wer sich darauf beruft, einen detaillierten, in sich schlüssigen und glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt und der insoweit der Nachprüfung zugänglich ist. Auch hat der Senat derartige Behauptungen nur dann für beachtlich gehalten, wenn überzeugend aufgezeigt werden konnte, dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper eines Fahrerlaubnisinhabers Kontakt mit Personen vorausgegangen ist, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund hatten, dem Betroffenen ein drogenhaltiges Getränk bzw. Nahrungsmittel zugänglich zu machen; ferner, dass dieser selbst die Aufnahme des Betäubungsmittels und deren Wirkung tatsächlich nicht bemerkt hat (vgl. stRspr, BayVGH, B.v. 28.2.2024 a.a.O. Rn. 14; B.v. 7.3.2023 – 11 CS 22.2608 – juris Rn. 11 m.w.N.; vgl. auch SächsOVG, B.v. 3.2.2025 a.a.O. Rn. 18; B.v. 19.1.2024 – 6 B 70/23 – juris Rn. 13; OVG MV, B.v. 20.6.2024 – 1 M 166/24 – juris Rn. 15; OVG LSA, B.v. 26.10.2022 – 3 M 88/22 – Blutalkohol 60, 168 = juris Rn. 6; OVG Saarland, B.v. 2.9.2021 – 1 B 196/21 – juris Rn. 47; OVG NW, B.v. 18.9.2020 – 16 B 655/20 – juris Rn. 4 ff.; VGH BW, U.v. 27.7.2016 – 10 S 1880/15 – ZfSch 2017,60 Rn. OVG Bremen, B.v. 12.2.2016 – 1 LA 261/15 – juris Rn. 6; OVG Berlin-Bbg, B.v. 9.2.2015 – 1 M 67.14 – VerkMitt 2015, Nr. 38 = juris Rn. 4).
15
Die plausible und glaubhafte Schilderung einer unbewussten Betäubungsmittelaufnahme obliegt dem betroffenen Fahrerlaubnisinhaber, der mit dem Vortrag dieses seltenen, atypischen und ausschließlich in seinem Einflussbereich angesiedelten Sachverhalts das in seinem eigensten Interesse liegende Absehen von einer gesetzlich vorgesehenen Maßnahme verfolgt. Ihn trifft insoweit eine Darlegungs- bzw. Behauptungslast (vgl. Kallerhoff/Fellenberg in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 24 Rn. 54). Für das Landratsamt stellte hier der Konsum einer sog. harten Droge den für das Tätigwerden maßgeblichen und daher von Amts wegen zu ermittelnden Sachverhalt dar. Es war nicht verpflichtet, auf die ausführliche, anwaltlich gefertigte Erklärung vom 28. Februar 2025 hin weitere Ermittlungen anzustellen oder die Angaben des Antragstellers durch entsprechende Nachfragen zu vervollständigen. Denn es lag – zumal für einen Rechtskundigen – auf der Hand, dass das Landratsamt den vom Antragsteller behaupteten Sachverhalt nur nach Benennung des Arbeitskollegen, der ihm angeblich das Amphetamin verabreicht hat, oder sonstiger Zeugen und ggf. der Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung dieser Personen nachprüfen könnte. Eine Behörde darf relevanten Vortrag der Beteiligten nicht unbesehen übernehmen, sondern muss jedenfalls prüfen, ob er glaubhaft ist (Kallerhoff/Fellenberg, a.a.O. § 24 Rn. 43). Unsubstantiiertes Vorbringen eines Beteiligten zwingt sie nicht zu weiteren Ermittlungen (Kallerhoff/Fellenberg, a.a.O. Rn. 48). Aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen i.V.m. Art. 10, Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG ergibt sich, dass sich die Aufklärungspflicht der Behörde bei Fragen reduzieren kann, zu denen ein Beteiligter oder sein Vertreter Aufklärung geben könnte, dies aber unterlässt, obwohl ihm – wie hier – die Bedeutung für das Verfahren bewusst ist oder bewusst sein musste oder obwohl ihn die Behörde ausdrücklich dazu auffordert und die Beantwortung u.ä. von ihm erwartet werden kann, weil sie in seinem Interesse liegt oder jedenfalls nicht unzumutbar ist (vgl. Ramsauer/ Schlatmann in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 25. Aufl. 2024, § 24 Rn. 12a).
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Die Äußerungen des Behördenvertreters in dem Telefonat mit dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 6. März 2025 zeigen darüber hinaus, dass das Landratsamt deshalb nicht weiter ermittelt hat, weil es den Vortrag vom 28. Februar 2025 wegen des hohen Amphetaminwerts der Blutprobe nach angeblichem Konsum um 4:30 Uhr und der direkten Schlussfolgerung des Antragstellers, der Kaffee seines Arbeitskollegen, den er um 4:30 Uhr zu sich genommen hatte, müsse mit Amphetamin versetzt gewesen sein, als ihn die Polizei auf Betäubungsmittel ansprach, für unglaubhaft hielt. Spätestens in diesem Telefongespräch, in dem der Bevollmächtigte den Behördenvertreter fragte, ob nicht weiter ermittelt werde, und dies verneint wurde, hätte sich ihm aufdrängen müssen, von sich aus den Arbeitskollegen zur Untermauerung der Darstellung des Antragstellers als Zeugen zu benennen.
17
Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, er habe den Namen seines Arbeitskollegen später, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes preisgegeben, kann es darauf nicht ankommen, weil sich die Fahrerlaubnisbehörde vor Entziehung der Fahrerlaubnis darüber klarwerden muss, ob der Betreffende bewusst zu einem Betäubungsmittel gegriffen hat oder ob ihm unbewusst eines verabreicht worden ist. Abgesehen davon beseitigt auch die Benennung des Arbeitskollegen nicht die gegen die Darstellung des Antragstellers sprechenden Gründe (vgl. dazu die erstinstanzliche Antragserwiderung vom 3.4.2025, S. 2).
18
Das Landratsamt war auch nicht verpflichtet, ein Gutachten zu der nicht entscheidungserheblichen Frage einzuholen, ob der Antragsteller regelmäßig Betäubungsmittel konsumiert hat, weil sich aus einer derartigen Feststellung negative Rückschlüsse auf die Wahrhaftigkeit seiner Darstellung einer unbewussten Aufnahme von (Meth-) Amphetamin hätten ergeben können. Denn die gegenteilige Feststellung, dass er nicht regelmäßig Betäubungsmittel konsumiert hat, würde seine Darstellung des Geschehens nicht bestätigen. Gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben spricht sein Verhalten bei der Geschwindigkeitskontrolle, als er auf die polizeiliche Frage nach einem Betäubungsmittelkonsum die Einnahme von Amphetamin einräumte. Ihm war zu diesem Zeitpunkt offenbar klar, welches Betäubungsmittel in seinem Blut festgestellt werden würde, obwohl er mit Amphetamin angeblich überhaupt nicht vertraut war. Hinzu kommt, dass es auch nicht überzeugend erscheint, dass sein Arbeitskollege zur Bekämpfung allein der Müdigkeit das hohe Risiko (strafrechtlich und für die eigene Fahrerlaubnis) auf sich genommen haben soll, dem angeblich drogenunerfahrenen Antragsteller ohne dessen Einwilligung heimlich ein illegal zu beschaffendes, gesundheitlich gefährliches und in seiner Wirkung nicht berechenbares Betäubungsmittel zu verabreichen.
19
Hierzu verhält sich die Stellungnahme seines Bevollmächtigten vom 28. Februar 2025 nicht. Die in der Beschwerdebegründung in diesem Zusammenhang angeführte gesundheitliche Verfassung des Antragstellers, seine Müdigkeit und die Gründe, denen er die in der Nacht des 28. Oktober 2024 sodann verflogene Müdigkeit zuschrieb, erklären diese Ungereimtheiten ebenfalls nicht, sondern sind allenfalls ein Motiv für die Einnahme einer stimulierenden Substanz bzw. schildern die Beobachtung ihrer Wirkung. Sie stellen aber die Würdigung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Antragstellers durch das Verwaltungsgericht nicht in Frage. Selbst wenn der Polizeibeamte sich nicht nur auf die offene Frage nach Betäubungsmitteln beschränkt, sondern – was sich so aus der polizeilichen Sachverhaltsdarstellung vom 4. November 2024 nicht ergibt – Amphetamin als Beispiel genannt haben sollte, erklärt dies nicht, weshalb der Antragsteller „nach einem längeren Gespräch“ ohne Erklärung der Vorgeschichte den Konsum gerade von Amphetamin „gestanden“ hat. Vielmehr wäre zu erwarten gewesen, dass sich ein Betroffener in dieser Situation sofort mit der Wiedergabe des vorangegangenen Geschehens und der daraus gezogenen Schlüsse entlastet, nicht erst nach Akteneinsicht und anwaltlicher Beratung, und dass er das in seinem Blut erst später festgestellte Betäubungsmittel nicht genau benennen kann. Amphetamin bzw. Methamphetamin ist nicht das einzige stimulierende Betäubungsmittel (Schäfer/Möller in Berz/Burmann, Handbuch des Straßenverkehrsrechts, Stand August 2023, B. Drogen Rn. 30).
20
Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
21
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1, 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen aus Nr. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025 (https://www.bverwg.de/user/data/media/streitwertkatalog. pdf).
22
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).