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VG München, Urteil v. 24.07.2025 – M 10 K 25.50135
Titel:

Asylrecht (Herkunftsland: Türkei), Dublin III-VO (Zielstaat, Kroatien), Abschiebungsanordnung, Keine systemischen Mängel im kroatischen Asylverfahren, Bezugnahme auf Bescheid und Gerichtsbescheid

Normenketten:
AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1
AsylG § 34a
AsylG § 77 Abs. 3
Dublin III-VO
VwGO § 84 Abs. 4
Schlagworte:
Asylrecht (Herkunftsland: Türkei), Dublin III-VO (Zielstaat, Kroatien), Abschiebungsanordnung, Keine systemischen Mängel im kroatischen Asylverfahren, Bezugnahme auf Bescheid und Gerichtsbescheid
Fundstelle:
BeckRS 2025, 20559

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen die angeordnete Überstellung nach Kroatien im Rahmen des sogenannten „Dublin-Verfahrens“.
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Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 14. Juni 2024 in das Bundesgebiet ein und äußerte ein Asylgesuch, von dem das Bundesamt durch behördliche Mitteilung am 14. Juli 2024 Kenntnis erlangt hat. Der förmliche Asylantrag datiert vom 3. Juli 2024.
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Aufgrund der Eurodac-Treffermeldungen vom 14. Juni 2024, die einen Treffer der Kategorie 1 für Kroatien (HR12300101417K vom 17.5.2023) enthielt, richtete die Beklagte am 5. Juli 2024 ein Wiederaufnahmegesuch an die kroatischen Behörden, das am gleichen Tag dort einging. Mit Schreiben vom 19. Juli 2024 erklärten die kroatischen Behörden ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrags nach Art. 18 Abs. 1 b) Dublin III-VO.
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Im Rahmen seiner Anhörung über die Zulässigkeit seines Asylantrags am 12. Juli 2024 erklärte der Kläger, er könne sich nicht daran erinnern, wann und über welche Länder er eingereist sei. Er sei in der Vergangenheit psychisch gefoltert worden und könne sich daher an viele Dinge nicht erinnern. Er sei in der Schweiz aber vier Monate in einem Krankenhaus gewesen. Er sei mit seinem Vater eingereist. Dieser habe ihm gesagt, dass sie in Kroatien Fingerabdrücke abgegeben hätten. Sie seien etwa elf Monate in der Schweiz in einem Camp in … gewesen. Sie seien von der Schweiz direkt nach Deutschland gereist. Er werde seit drei Monaten nicht mehr behandelt. In der Schweiz hätten sie Sozialleistungen erhalten. Er leide an Depressionen.
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Mit Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2024 wurde der Asylantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt und festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, die Abschiebung nach Kroatien angeordnet und ein Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 19 Monate ab dem Tag der Abschiebung angeordnet. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom 25. Juli 2024, eingegangen am 26. Juli 2024, erhob der Kläger Klage und beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2024 aufzuheben.
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Eine Begründung erfolgte nicht. Er legte weitere Unterlagen vor, darunter ärztliche Bescheinigungen aus der Schweiz nach welchen er an einer bereits im Heimatland bekannten paranoiden Schizophrenie, einer Depression mit Zwangsstörung (Besessenheit von Sauberkeit) sowie an einem Zustand nach einem Adenokarzinom des Magens (2021 operiert) leidet.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung bezieht sie sich auf den angefochtenen Bescheid.
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Auf Antrag des Klägers hat das Gericht mit Beschluss vom 19. August 2024 (Az. M 10 S 24.50760) die aufschiebende Wirkung seiner Klage angeordnet. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.
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Mit Beschluss vom 18. September 2024 ist das Verfahren mit dem damaligen Az. M 10 K 24.50759 gemäß § 94 VwGO bis zur abschließenden Entscheidung der beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängigen Berufungszulassungsverfahren zur Frage systemischer Mängel im Asylverfahren von Kroatien ausgesetzt worden. Das Verfahren ist am 16. Mai 2025 mit dem neuen Az. M 10 K 25.50135 fortgesetzt worden.
14
Mit Beschluss vom 16. Mai 2025 ist der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylG auf den Berichterstatter zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen worden. Mit gerichtlichem Schreiben vom 19. Mai 2025 sind die Beteiligten zum Erlass eines Gerichtsbescheids angehört worden.
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Mit Gerichtsbescheid vom 5. Juni 2025, dem Kläger zugestellt gegen Postzustellungsurkunde am 13. Juni 2025, hat das Gericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat mit Schreiben vom 26. Juni 2025, eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tag, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten, auch im Verfahren Az. M 10 K 24.50579 und im Verfahren Az. M 10 S 24.50760, das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 24. Juli 2025 sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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1. Der Gerichtsbescheid vom 5. Juni 2025 gilt als nicht ergangen, § 84 Abs. 3 Alt. 2 VwGO, da der Antrag auf mündliche Verhandlung rechtzeitig gestellt worden ist (§ 78 Abs. 7 AsylG, § 84 Abs. 2 Nr 2 VwGO).
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2. Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg, da sie nicht begründet ist. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 2024 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Asylantrag wurde zutreffend nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AsylG als unzulässig abgelehnt. Es besteht auch kein Anspruch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Auch die Abschiebungsandrohung und das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AsylG erweisen sich als rechtmäßig. Das Gericht folgt der ausführlichen Begründung des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 3 AsylG). Zudem wird auf den Gerichtsbescheid vom 5. Juni 2025 Bezug genommen (§ 84 Abs. 4 VwGO). Der Kläger hat seit Erlass des Gerichtsbescheids keine Umstände vorgetragen, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten. Die nach Erlass des Gerichtsbescheids vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen des …-Klinikums vom 4. Juni 2025 sowie vom 17. Juni 2025 und 16. Juli 2025 bestätigen lediglich das Vorliegen der bereits bekannten Erkrankung (paranoide Schizophrenie) sowie der Medikation. Weiterhin wird eine Minimierung der exogenen Belastungsfaktoren (Trennung vom Vater, drohende Ausreisepflicht, Wohnsituation) für sinnvoll erachtet. Zum einen entsprechend die erneuten ärztlichen Stellungnahmen nicht den Voraussetzungen des § 60a Abs. 2c AufenthG, zum anderen bestand die Erkrankung bereits im Herkunftsland und wurde dort auch behandelt. Eine Behandlung in Kroatien erscheint grundsätzlich ebenfalls möglich.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).