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VG München, Beschluss v. 25.07.2025 – M 5 K 25.3858
Titel:

Verweisung an anderes Verwaltungsgericht, Örtliche Unzuständigkeit, Dienstlicher Wohnsitz

Normenketten:
VwGO § 83
GVG § 17a Abs. 2 S. 1
VwGO § 52 Nr. 4 S. 1
Schlagworte:
Verweisung an anderes Verwaltungsgericht, Örtliche Unzuständigkeit, Dienstlicher Wohnsitz
Fundstelle:
BeckRS 2025, 20558

Tenor

I. Das Verwaltungsgericht München ist zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich unzuständig.
II. Der Rechtsstreit wird an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht Ansbach verwiesen.

Gründe

1
Das Verwaltungsgericht München ist zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich nicht zuständig, da sich der nach § 52 Nr. 4 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) maßgebliche dienstliche Wohnsitz des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (Kraft in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 52 Rn. 7) im Regierungsbezirk Mittelfranken und damit im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Ansbach (Art. 1 Abs. 2 Nr. 4 Gesetz zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung – AGVwGO) befindet.
2
Dienststelle im Sinne dieser Regelung ist die den Dienstposten des Beamten einschließende kleinste organisatorisch abgrenzbare Verwaltungseinheit, der ein örtlich und sachlich bestimmtes (Teil-) Aufgabengebiet zugewiesen ist. Das kann auch die Außenstelle einer Behörde sein (Kraft, a.a.O., § 52 Rn. 32; Schenk in Schoch/Schneider, VwGO, Stand: August 2024, § 52 Rn. 39; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 52 Rn. 35). Es kommt maßgeblich nur darauf an, an welchem Ort der Beamte ständig oder überwiegend seinen Dienst verrichtet, sofern die dortige Dienststelle über ein Mindestmaß an personeller und sachlicher Ausstattung verfügt, die eine äußere Abgrenzung ermöglicht; auf den Grad der organisatorischen Verselbständigung der Außenstelle im Behördenaufbau kommt es dagegen nicht maßgeblich an (Reich in Reich/Preißler, Bundesbesoldungsgesetz, 2. Auflage 2022; § 15 Rn. 6).
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So verhält es sich für den Kläger. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat seinen Sitz und die Mehrzahl seiner Senate zwar in München. Der Kläger ist jedoch in einem der auswärtige Senate des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in Ansbach (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 AGVwGO) tätig. Unter „B. Senate in Ansbach“ des aktuellen Geschäftsverteilungsplanes des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (https://www.vgh.bayern.de/mam/gerichte/bayvgh/gvp-richterlich.pdf) ergibt sich, welche Senate in Ansbach sitzen. Auch wird diesen Senaten durch den Geschäftsverteilungsplan eine gewisse (Teil-)Aufgabe in Form der Verteilung der Rechtsgebiete zugewiesen.
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Soweit der Kläger Rechtsprechung zitiert und vorträgt, dass es sich bei einer Behörde im Sinne des § 52 Nr. 4 VwGO nur um eine selbständige Außenstelle handele, ist betreffend die zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Stuttgart (B.v. 26.2.2016 – 2 K 678/16 – juris) darauf hinzuweisen, dass sich aus den Entscheidungsgründen in Rn. 2 ergibt, dass „Behörde“ im Sinne des § 52 Nr. 4 VwGO auch eine selbständige Außenstelle einer Behörde sein kann. Der Schluss, wie er im Leitsatz gezogen wird, dass Behörde nur eine selbständige Außenstelle sein kann, ergibt sich gerade nicht. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden (B.v. 28.5.2018 – 3 K 1764/16.W – juris Rn. 6) führt aus, dass Außenstellen regelmäßig nicht als besondere Behörden anzusehen sind, es sei denn es handelt sich um Dienststellen mit selbständiger Entscheidungsbefugnis. Die Senate des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in Ansbach haben jedoch eine selbständige Entscheidungsbefugnis. Auch die Annahme des Verwaltungsgerichtes Regensburg (B.v. 28.10.2019 – RO 12 K 19.1399 – juris Rn. 5), dass die Zuweisung von Aufgaben und Zuständigkeiten durch Geschäftsverteilungspläne keine ausreichende Eigenständigkeit begründen, da es sich dabei nicht um Rechtsnormen mit Außenwirkung, sondern um verwaltungsinterne Organisationsregelungen handelte, bedingt nichts Anderes. Zum einen ergibt sich aus dem Geschäftsverteilungsplan des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs der gesetzliche Richter (Art. 101 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/Grundgesetz), sodass die Wirkungen nach außen unmittelbarer wirkend als bei einer bloßen Verwaltungszuständigkeitsregelung sind. Zum anderen bezieht sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Regensburg auf den Begriff der Behörde im Sinne des § 52 Nr. 4 Satz 2 VwGO und nicht auf den Behördenbegriff im Sinne des dienstlichen Wohnsitzes aus § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO.
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Für eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Ansbach spricht im Übrigen auch die mit § 52 Nr. 4 VwGO verfolgte Intention des Gesetzgebers, dass
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„der Kläger seine Klage bei einem Gericht anbringen kann, das für ihn leicht erreichbar ist. Maßgebend war auch an dieser Stelle und in den anderen Fällen örtlicher Zuständigkeit der Grundsatz, dass Zusammenballungen vieler Klagen bei einzelnen Gerichten am Sitz der Bundes- und Landeszentralbehörden unerwünscht sind.“ (BT-Drucks. 3/1094 S. 6, Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses zum damaligen § 53 VwGO).
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Leichter zu erreichen ist für den Kläger das Verwaltungsgericht Ansbach, in dessen Bezirk er seinen regulären dienstlichen Wohnsitz hat.
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Der Rechtsstreit ist daher nach Anhörung der Beteiligten an das Verwaltungsgericht Ansbach zu verweisen, § 83 Satz 1 VwGO, § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).
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Der Beschluss ist gemäß § 83 Satz 2 VwGO unanfechtbar.