Inhalt

VG München, Urteil v. 03.06.2025 – M 30 K 23.4701
Titel:

Eichung eines Geschwindigkeitsmessgeräts, Klagebefugnis, Befundprüfung, Teilweise Klagerücknahme

Normenketten:
VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
MessEG § 3 Nr. 5
MessEG § 39
MessEV § 39
VwGO § 43
Schlagworte:
Eichung eines Geschwindigkeitsmessgeräts, Klagebefugnis, Befundprüfung, Teilweise Klagerücknahme
Fundstelle:
BeckRS 2025, 20510

Tenor

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger rügt das Ergebnis und den anschließenden Abbruch bzw. die Rücknahme der Befundprüfung einer Geschwindigkeitsüberwachungsanlage.
2
Ausweislich einer Messung mit der mobilen Rotlicht- und Geschwindigkeitsüberwachungsanlage POLISCAN FM1 (Ident-Nr. …), die am 8. Juli 2021, am 15. März 2022 sowie am 15. Mai 2023 geeicht wurde, überschritt der Kläger am 18. Oktober 2022, 19:17 Uhr in H* …, B12, Abschnitt 720, km 0.800-4.500 als Führer eines PKW die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 21 km/h. Infolgedessen erließ das Bayerische Polizeiverwaltungsamt – Zentrale Bußgeldstelle einen Bußgeldbescheid wegen der Begehung einer Verkehrsordnungswidrigkeit (Az. …). Gegen diesen Bußgeldbescheid hat der Kläger Einspruch eingelegt und mit Antrag vom 20. Juni 2023 bei dem Beklagten eine Befundprüfung samt Anwesenheit beantragt.
3
Der Beklagte teilte dem Kläger mit, dass eine Befundprüfung am Montag, 26. Juli 2023 in den Räumen des Bayerischen Polizeiverwaltungsamts in … stattfinden werde. Die Anwesenheit des Klägers und dessen Prozessbevollmächtigtem bei der Prüfung selbst wurde nicht gestattet. Es wurde jedoch Einsicht in den Messaufbau unmittelbar nach der Prüfung genehmigt. Bei der Befundprüfung wurden zur Beurteilung der konkreten Verwendungssituation diverse Unterlagen des Bayerischen Polizeiverwaltungsamts beigezogen, insbesondere das Messprotokoll vom 18. Oktober 2022 sowie die Serviceberichte und Eichscheine der letzten Eichungen.
4
Der am 31. Juli 2023 ausgefertigte Prüfschein über die bestandene Befundprüfung und der Kostenbescheid vom 16. August 2023 wurden dem Klägerbevollmächtigten per Post zugesandt. Eine Rechtsbehelfsbelehrungwar dem Prüfschein über die bestandene Befundprüfung nicht beigefügt.
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Der Kläger erhob am 25. September 2023 Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Ziel der Aufhebung des Kostenbescheids sowie des Prüfbescheids und Verpflichtung des Beklagten, die Befundprüfung erneut durchzuführen.
6
Begründet wurde die Klage im Wesentlichen damit, dass die Befundprüfung nicht korrekt durchgeführt worden sei. Insbesondere habe der Beklagte verkannt, dass die Befundprüfung gerade nicht unter Laborbedingungen durchgeführt werden dürfe, sondern in der konkreten Verwendungssituation geprüft werden müsse. Der Kläger habe ein begründetes Interesse an der Messrichtigkeit (§ 3 Nr. 16 MessEG) des gegenständlichen Messgerätes, seiner Zusatzeinrichtung oder seines Teilgeräts, da ihm durch das Bayerisches Polizeiverwaltungsamt – Zentrale Bußgeldstelle unter dem Aktenzeichen … der Vorwurf gemacht werde, am 18. Oktober 2022 eine Verkehrsordnungswidrigkeit – Geschwindigkeitsüberschreitung begangen zu haben.
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Mit Schriftsatz vom 8. März 2024 erweiterte der Kläger seine Anträge hinsichtlich der Aufhebung der Eichungen des streitgegenständlichen Messgeräts vom 8. Juli 2021, vom 15. März 2022 sowie vom 15. Mai 2023.
8
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2023 hörte der Beklagte den Kläger zu einer Aufhebung des Prüfscheins vom 31. Juli 2023 über die Befundprüfung sowie des diesbezüglichen Kostenbescheids vom 16. August 2023 und zu einer Ablehnung des Antrags auf Befundprüfung an. Hintergrund war, dass die Beklagte nach erneuter Prüfung nunmehr davon ausging, dass entgegen der ersten Einschätzung doch kein berechtigtes Interesse des Klägers gem. § 39 MessEG gegeben sei. Der bereits erteilte Prüfschein vom 31. Juli 2023 sei daher rechtswidrig und aufzuheben.
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Hierzu hat der Kläger nach gewährter Fristverlängerung mit ausführlichen Schriftsätzen Stellung genommen.
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Mit Bescheid vom 19. Juni 2024 hat der Beklagte den Prüfschein des Bayerischen Landesamtes für Maß und Gewicht vom 31. Juli 2023 über die Befundprüfung des Geschwindigkeitsmessgerätes Typ PoliScan FM1 sowie den Kostenbescheid vom 16.8.2023 zurückgenommen und den Antrag des Klägers vom 20. Juni 2023 auf Befundprüfung abgelehnt. In dem Bescheid wurde unter Nr. 4 festgehalten, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen habe, und unter Nr. 5 eine Gebühr in Höhe von 150,- Euro festgesetzt.
11
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19. Juli 2024 seine Klage erweitert und, in Ergänzung zu den bisherig gestellten Anträgen, Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 19. Juni 2024 erhoben. Schriftsätzlich wurde die Aufhebung des Bescheids des Bayerischen Landesamts für Maß und Gewicht vom 19.06.2024 in Nr. 4 und Nr. 5 begehrt.
12
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung die Klage bezüglich der Eichungen sowie der Nr. 4 und Nr. 5 aus dem Bescheid vom 19. Juni 2024 zurückgenommen und beantragt zuletzt,
festzustellen, dass die Ablehnung/Abbruch der Befundprüfung rechtswidrig war.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
14
Er ist insbesondere der Auffassung, dass der Kläger nicht über das berechtigte Interesse an einer Befundprüfung verfüge. Die Befundprüfung erfolge um zu verifizieren, ob ein Messgerät die wesentlichen Anforderungen nach § 6 Abs. 2 MessEG im Zeitpunkt der Befundprüfung erfülle. Die am 26. Juli 2023 durchgeführte Befundprüfung lasse daher keinen Rückschluss zu, ob die am 18. Oktober 2022 durchgeführte Geschwindigkeitsmessung korrekt durchgeführt worden sei. Zudem würden in dem sachnäheren Bußgeldverfahren die Umstände der Messung – soweit aufgrund des Messprotokolls ersichtlich – geprüft, wodurch ausreichender Rechtschutz gegeben sei. Das Bußgeldverfahren werde von dem Ergebnis der beantragten Befundprüfung in keiner Weise tangiert. Selbst ein negatives Ergebnis der Befundprüfung würde weder zu einem Beweisverwertungsverbot im Rahmen des Bußgeldverfahrens führen, noch den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 261 StPO einschränken. Insbesondere ließen sich bei einer Befundprüfung die äußeren Umstände, wie zum Beispiel Licht-, Sicht-, Witterungs- und Verkehrsverhältnisse nicht beziehungsweise allenfalls bedingt nachstellen. Bereits aufgrund dieser Unmöglichkeit, die Umstände der damaligen Messung unabhängig vom Messprotokoll zu prüfen, ergebe sich für den Kläger aus der Befundprüfung kein Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Richtigkeit der konkreten Messung zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen des Beklagten wird auf dessen schriftsätzliches Vorbringen sowie die Ausführungen in der mündlichen Verhandlung verwiesen.
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Bezüglich des Ordnungswidrigkeitenverfahrens fand am 15. Oktober 2024 die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Ebersberg statt, in welcher u.a. der Eichschein und das Eichprotokoll sowie das Messprotokoll verlesen wurden und der für die Aufstellung und den Betrieb des Messgeräts zuständige Polizeiangestellte als Zeuge vernommen wurde. Nachdem die Staatsanwaltschaft eine Reduzierung des Bußgeldes vorgeschlagen hat, wurde der Einspruch von dem Kläger auf die Rechtsfolgen beschränkt und der Kläger zu einer Geldbuße von 55,- Euro verurteilt. Rechtsmittel wurden gegen das Urteil nicht eingelegt.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte samt Protokoll über die mündliche Verhandlung sowie die vorgelegten Behördenunterlagen verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Entscheidungsgründe

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Soweit die Klage zurückgenommen wurde, somit die Eichungen vom 8. Juli 2021, vom 15. März 2022 und vom 15. Mai 2023 sowie Nr. 4 und Nr. 5 des Bescheids vom 19. Juni 2024 betreffend, ist das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO).
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Die im Übrigen aufrechterhaltene Klage, den Abbruch bzw. die Ablehnung der Befundprüfung betreffend, hat keinen Erfolg. Die erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresse unzulässig.
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Vorab ist klarzustellen, dass der Antrag des Klägers trotz der Formulierung als Feststellung bei einer dem Klageziel entsprechenden Auslegung (§ 88 VwGO) dahingehend verstanden wird, dass eine Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog begehrt wird. Zwar betrifft der Antrag auf Feststellung, dass der ablehnende Bescheid rechtswidrig gewesen ist, einen regelmäßig von der Verpflichtungsklage abweichenden Streitgegenstand, bei dem auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Bescheiderlasses abzustellen ist (BVerwG, U.v. 4.12.2014 – 4 C 33/13 –, juris Rn. 18). Bei unveränderter Sach- und Rechtslage ist es jedoch auch zulässig, die Feststellung auf die Rechtswidrigkeit des ablehnenden Bescheids zu beschränken (BVerwG, U.v. 16.06.1999 – 6 C 19/98 –, juris Rn. 20; BayVGH, U.v. 11.11.2013 – 4 B 13.1135 –, juris Rn. 20).
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Zulässigkeitsvoraussetzung für die analoge Fortsetzungsfeststellungsklage sind zum einen die ursprüngliche Statthaftigkeit einer Verpflichtungsklage (1.), die tatsächliche Erledigung des ursprünglichen Klagebegehrens (2.) und zum anderen das berechtigte Interesse an der Feststellung, dass die Ablehnung bzw. der Abbruch der Befundprüfung rechtswidrig war (3.).
21
1. Die ursprünglich als Verpflichtungsklage erhobene Klage war insbesondere statthaft, da es sich bei dem Ergebnis einer Befundprüfung um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt.
22
Ein Verwaltungsakt ist, zusammengefasst, die Regelung eines Einzelfalles mit Außenwirkung (Art. 35 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz). Die Regelung muss dabei nicht notwendig auf einen unmittelbaren Eingriff in Form einer Verhaltensanordnung gerichtet sein, sondern kann sich auch in einer bloßen Feststellung erschöpfen. Bei einem solchen sog. feststellenden Verwaltungsakt ist die Regelungswirkung dann in der gegenüber dem Adressaten eintretenden Bindungswirkung hinsichtlich des festgestellten Inhalts zu sehen (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 35 Rn. 219). Ob und inwieweit ein seitens der Behörde an einen Empfänger gerichtetes Schriftstück einen Verwaltungsakt darstellt, muss dabei im Wege der Auslegung bestimmt werden, wobei es hier entscheidend auf den objektiven Erklärungswert aus Sicht des Empfängers ankommt, ob die Behörde aus Sicht des Adressaten diesem gegenüber eine Rechtsfolge setzen wollte (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 35 Rn. 71).
23
Vergleichbar der Hauptuntersuchung nach § 29 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung sowie der Eichung nach § 37 MessEG handelt es sich bei dem Ergebnis einer Befundprüfung um einen sogenannten feststellenden Verwaltungsakt (vgl. zur Hauptuntersuchung VG Schleswig, U.v. 13.8.2021- 3 A 310/20 –, juris sowie zur Eichung bereits Hollinger in Hollinger/Schade, MessEG/MessEV, § 3 MessEG Rn. 10; zu einem Prüfbericht nach dem Pflege- und Wohnqualitätsgesetz vgl. BayVGH, B.v. 21.1.2020 – 12 ZB 16.268 –, jurisRn. 39). Denn durch die Befundprüfung wird festgestellt, ob ein geprüftes Gerät die wesentlichen Anforderungen nach § 6 Absatz 2 MessEG erfüllt, wobei anstelle der Fehlergrenzen nach § 6 Absatz 2 MessEG die in einer Rechtsverordnung nach § 41 Nummer 1 MessEG bestimmten Verkehrsfehlergrenzen (§ 3 Nr. 21 MessEG) einzuhalten sind (Schade in Hollinger/Schade, MessEG/MessEV, § 39 MessEV Rn. 2). Auch der Beklagte hat mit Schreiben vom 6. Dezember 2023 im Rahmen der Anhörung hinsichtlich der Rücknahme klargestellt, dass es sich bei dem Prüfbericht um einen Verwaltungsakt handelt. Letztlich geht auch der Kläger in seinem Schriftsatz vom 30. Mai 2025 von einem feststellenden Verwaltungsakt aus (Seite 14).
24
Insofern war die ursprünglich erhobene Verpflichtungsklage in Gestalt der Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft und wurde wegen der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrungauch fristgerecht erhoben (§ 58 Abs. 2 VwGO).
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2. Durch die vom Beklagten mit Bescheid vom 19. Juni 2024 erfolgte Rücknahme des Prüfberichts und des dazugehörigen Kostenbescheids, sowie den Abschluss des Ordnungswidrigkeitenverfahrens ist nach Klageerhebung Erledigung eingetreten.
26
In Verpflichtungskonstellationen ist der Erledigungseintritt nach anderen Kriterien zu beurteilen als bei Anfechtungsklagen. Er liegt vor, wenn der erstrebte Ausspruch des Gerichts aus tatsächlichen Gründen nicht mehr möglich oder sinnvoll ist und die Klage daher wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses als unzulässig abgewiesen werden müsste (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 131). Dabei kommt es auf den letzten Zeitpunkt an, in dem der Kläger noch ein Interesse am Erlass des Verwaltungsakts hatte (vgl. Ingold JA 2009, 711, 714). Spätestens mit Aufhebung des Prüfberichts und des diesbezüglichen Kostenbescheids, besteht kein Rechtsschutzinteresse des Klägers mehr im Hinblick auf die Kostentragung des zwischenzeitlich aufgehobenen Prüfverfahrens. Der Prüfbericht vom 31. Juli 2023 kann nicht mehr als Grundlage einer (erneuten) Kostenentscheidung dienen. Auch das notwendige begründete Interesse aus § 39 MessEG, die Messrichtigkeit des Geschwindigkeitsmessgeräts überprüfen zu lassen, um in einem gerichtlichen Ordnungswidrigkeitenverfahren konkrete Anhaltspunkte für Messfehler vortragen zu können (AG Altötting, U.v. 30.1.2023 – 3 OWi 380 Js 19791/22 –, juris Rn. 15), hat sich spätestens mit Abschluss des Ordnungswidrigkeitenverfahrens erübrigt. Insbesondere hat der Kläger aus eigener Veranlassung den Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränkt und gegen die anschließende Entscheidung keine Rechtsmittel eingelegt.
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3. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse liegt nicht vor. Weder ist eine der anerkannten Fallgruppen (konkrete Wiederholungsgefahr (a), Rehabilitationsinteresse (b), schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung bei sich kurzfristig erledigenden Rechtsgutverletzungen (c) sowie eine Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch (d)) gegeben, noch lässt sich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ableiten (e).
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Aus dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO und dem systematischen Zusammenhang mit § 42 VwGO ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichte nur ausnahmsweise für die Überprüfung erledigter Verwaltungsakte in Anspruch genommen werden können (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14/12 – juris Rn. 30). Nach dem Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer kann der Kläger – ebenso wie der Beklagte – nur bei Vorliegen eines besonderen Interesses eine Sachentscheidung erzwingen. Dieses Erfordernis ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG schließt nicht die Verpflichtung des Gerichts zu einer Sachentscheidung ein, wenn der Kläger des beantragten Rechtsschutzes nicht (mehr) bedarf. Maßgeblich ist stets, ob die Inanspruchnahme des Gerichts dem Kläger noch etwas „nützt“, also zur Verbesserung seiner Position geeignet ist. Nach Wegfall der mit dem Verwaltungsakt verbundenen Beschwer wird gerichtlicher Rechtsschutz grundsätzlich nur dann zur Verfügung gestellt, wenn der Kläger ein berechtigtes rechtliches, wirtschaftliches oder ideelles Interesse an einer nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Maßnahme hat. In diesem Fällen geht das berechtigte Feststellungsinteresse über das bloße Interesse an der Klärung der Rechtswidrigkeit der Verfügung hinaus. Führt ein erledigendes Ereignis zugleich zum Wegfall des berechtigten Interesses, so bleibt dem Kläger zur Vermeidung der Klageabweisung als unzulässig und der damit verbundenen Kostenlast nur noch die Erledigungserklärung (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 108 m.w.N.).
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Der Rechtsschutz gegen einen erledigten Verwaltungsakt nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO setzt daher im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein berechtigtes Interesse an der Feststellung voraus, dass der erledigte Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist. Die gerichtliche Feststellung muss geeignet sein, die betroffene Position des Rechtsschutzsuchenden zu verbessern. Auf erledigte Verpflichtungsbegehren, wie vorliegend, ist § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechend anzuwenden (vgl. BVerwG, U.v. 27.3.1998 – 4 C 14/96 -BVerwGE 106, 295; Schübel-Pfister in: Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 113 VwGO Rn. 127). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein solches Fortsetzungsfeststellungsinteresse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein. Es besteht typischerweise in den anerkannten Fallgruppen der konkreten Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses, der schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung bei sich typischerweise kurzfristig erledigenden Rechtsgutverletzungen sowie der Präjudizwirkung für einen beabsichtigten Schadensersatzanspruch, kann sich aber auch aus anderen besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben, sofern die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die klägerische Position in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht zu verbessern (vgl. BVerwG, U.v. 29.3.2017 – 6 C 1.16 – juris Rn. 29 m.w.N.; B.v. 17.12.2019 – 9 B 52/18 – juris Rn. 9; U.v. 12.1.2023 – 2 C 22/21 – juris Rn. 14; U.v. 16.2.2023 – 1 C 19/21 – juris Rn. 16). Dabei obliegt es dem jeweiligen Kläger, die Umstände darzulegen, aus denen sich sein Feststellungsinteresse ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 15.11.1990 – 3 C 49/87 – juris Rn. 25 m.w.N.; U.v. 7.12.1991 -1 C 42.90 – juris Rn. 13; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 110; BayVGH, B.v. 12.5.2015 – 10 ZB 13.632 – juris Rn. 8).
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(a) Die Voraussetzungen der anerkannten Fallgruppe einer konkreten Wiederholungsgefahr liegen nicht vor.
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Ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes setzt unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr die hinreichend bestimmte Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird. Ist dagegen ungewiss, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse eintreten wie im Zeitpunkt des Erlasses des erledigten Verwaltungsakts, kann das Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus einer Wiederholungsgefahr hergeleitet werden (vgl. stRspr BVerwG, z.B. U.v. 12.10.2006 – 4 C 12/04 – juris Rn. 8 m.w.N.; U.v. 16.5.2013 – 8 C 14/12 – juris Rn. 21; B.v. 25.4.2019 – 8 B 3/18 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 12.5.2015 – 10 ZB 13.629 – juris Rn. 8 m.w.N.). Ob dies der Fall ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls (vgl. BVerwG, B.v. 17.12.2019 – 9 B 52/18 – juris Rn. 9). Für das Feststellungsinteresse bei erledigten Verpflichtungsklagen gilt, dass eine maßgebliche Wiederholungsgefahr gegeben ist, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass die Behörde in naher Zukunft auf einen gleichartigen Antrag hin eine auf gleichartigen Erwägungen beruhende negative Entscheidung treffen könnte. Ist dies jedoch nicht anzunehmen, weil sich nach der Ablehnung die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse geändert haben, so fehlt es am berechtigten Interesse (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 133 m.w.N.). Die nur vage Möglichkeit einer Wiederholung reicht ebenso wenig aus wie der Wunsch nach einer Klärung abstrakter Rechtsfragen. Außerdem müssen die für die Beurteilung maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Umstände im Wesentlichen unverändert fortbestehen, damit der Kläger von der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit profitieren kann. Hierzu reichen vage Angaben des Klägers oder allein die nicht auszuschließende Möglichkeit einer Wiederholung nicht aus, sondern es müssen konkrete Anhaltspunkte für eine Wiederholung geltend gemacht werden und vorliegen (vgl. Riese in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 113 VwGO, Rn. 126 m.w.N.). Dem zukünftigen behördlichen Vorgehen müssen allerdings nicht in allen Einzelheiten die gleichen Umstände zugrunde liegen. Für das Feststellungsinteresse ist entscheidend, ob die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen künftigen Verwaltungshandelns unter Anwendung der dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften geklärt werden können (vgl. BVerwG, B.v. 21.10.1999 – 1 B 37/99 – juris Rn. 5 m.w.N.; B.v. 3.11.2022 – 6 B 22/22 – juris Rn. 13).
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Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Es lässt sich keine hinreichend bestimmte Gefahr prognostizieren, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut ein gleichartiger ablehnender Verwaltungsakt durch den Beklagten ergehen wird. Weder ist in naher Zukunft mit dem Erlass eines ähnlichen Verwaltungsakts konkret zu rechnen noch wären die Voraussetzungen für eine etwaige in der Zukunft erneut zu beantragende Befundprüfung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände im Wesentlichen unverändert. Daher könnten mit einer Sachentscheidung im vorliegenden Rechtsstreit die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen eines künftigen Handelns des Beklagten nicht abschließend geklärt werden.
33
So ist derzeit nicht konkret ersichtlich, dass in naher Zukunft durch den Beklagten eine ähnliche Entscheidung ergehen wird. Der Kläger hat bereits nicht vorgetragen, dass er zeitnah eine erneute Befundprüfung eines Geschwindigkeitsmessgeräts beantragen wird. Unabhängig davon würde es aber auch – selbst wenn der Kläger in Zukunft wieder eine entsprechende Befundprüfung beantragen würde – an der erforderlichen Kontinuität der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse fehlen. Ob ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 39 MessEG hinsichtlich einer Befundprüfung vorliegt, unterliegt dem jeweiligen Einzelfall, insbesondere dem Zeitpunkt der Antragstellung einer Befundprüfung, dem konkreten Einsatzort eines Messgeräts, zwischenzeitlicher Veränderungen am Gerät und vor allem dem Stand eines etwaigen Ordnungswidrigkeitenverfahrens. So ist beispielsweise mitentscheidend, ob ein Geschwindigkeitsmessgerät nach einer Geschwindigkeitsmessung aufgrund eines Defekts repariert wurde. Ist dies der Fall, so kann eine Befundprüfung keinerlei Erkenntnisgewinn hinsichtlich einer Messung vor einer Reparatur des Messgeräts entnommen werden. Ein künftiges Streitverfahren bezüglich dieser Thematik könnte daher auch mit einer Sachentscheidung nicht vermieden werden, die gerichtliche Entscheidung wäre mithin nicht geeignet, die klägerische Position für die absehbare Zukunft in rechtlicher Hinsicht zu verbessern. Dem Kläger geht es vielmehr primär um die Klärung der – vom konkreten Vorgang der hier streitgegenständlichen Befundprüfung losgelösten bzw. weit darüberhinausgehenden – abstrakten Rechtsfragen, inwieweit bei einer Befundprüfung die Verwendungssituation des Messgeräts zu berücksichtigen bzw. sogar nachzustellen sei (§ 39 Abs. 2 MessEV) und ob dem Kläger bei der Befundprüfung ein Anwesenheitsrecht zustehe. Zwar ist dieses Begehren des Klägers nach Klärung der aufgeworfenen abstrakten Rechtsfragen nachvollziehbar, reicht jedoch für ein berechtigtes Feststellungsinteresse im hiesigen Verfahren nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 12.1.2023 – 2 C 22/21 – juris Rn. 14; vgl. auch VG Köln, U.v. 26.7.2006 – 24 K 307/03 – juris Rn. 27 ff.). Der Kläger ist vielmehr darauf zu verweisen, gegen etwaige künftige konkrete Entscheidungen des Beklagten, die auf der Grundlage der von dort vertretenen Rechtsauffassung ergehen sollten, die hiergegen zulässigen Rechtsmittel zu ergreifen.
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(b) Der Kläger kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus der Fallgruppe des Rehabilitierungsinteresses herleiten.
35
Danach besteht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, wenn ein Rehabilitierungsinteresse bei vernünftiger Würdigung der Umstände des Einzelfalls als schutzwürdig zu erachten ist. Dies ist der Fall, wenn die begehrte Feststellung, dass der angegriffene Verwaltungsakt rechtswidrig war, als „Genugtuung“ und/oder zur Rehabilitierung erforderlich ist, weil der Verwaltungsakt diskriminierenden Charakter hatte und sich aus ihm eine objektive Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen ergeben hat (vgl. BVerwG, B.v. 4.10.2006 – 6 B 64.06 – juris Rn. 10). Die objektive Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts muss dabei geeignet sein, das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit oder in seinem sozialen Umfeld herabzusetzen, und in der Gegenwart noch fortbestehen (vgl. BayVGH, B.v. 12.5.2015 – 10 ZB 13.629 – juris Rn. 13 m.w.N.). Ein bloß ideelles Interesse an der endgültigen Klärung der Rechtmäßigkeit eines erledigten Verwaltungshandelns ohne Rücksicht darauf, ob abträgliche Nachwirkungen dieses Handelns fortbestehen, denen durch eine gerichtliche Sachentscheidung wirksam begegnet werden könnte, reicht demgegenüber für die Annahme eines schutzwürdigen Rehabilitierungsinteresses nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.1992 – 5 C 44/87 – juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 10.10.2012 – 10 ZB 12.1445 – juris Rn. 6).
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Diese Voraussetzungen sind im Fall des Klägers nicht gegeben und er hat solches auch nicht geltend gemacht. Weder ist ein diskriminierender Charakter des streitgegenständlichen Bescheids ersichtlich noch, dass das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit hierdurch herabgesetzt wäre. Hierbei ist entscheidend, dass nur auf die angegriffene Maßnahme, nämlich den Bescheid hinsichtlich der Aufhebung und der Ablehnung der Befundprüfung, abzustellen ist (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 20/12 – juris, Rn. 16; BayVGH, B.v. 25.4.2014 – 12 ZB 13.1197 – juris, Rn. 10). Obwohl daher der der Befundprüfung zugrundeliegende Vorgang der Geschwindigkeitsmessung und das daraus resultierende Ordnungswidrigkeitenverfahren für die Annahme einer ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auslösenden Maßnahme mit diskriminierendem Charakter nicht zu berücksichtigen ist, wäre auch diesbezüglich keine derartige Diskriminierung und Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers erkennbar, aus welchem sich ein Rehabilitationsinteresse ableiten ließe – ungeachtet des zwischenzeitlich rechtskräftigen Abschlusses.
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(c) Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich schließlich nicht aufgrund einer schwerwiegenden Grundrechtsbeeinträchtigung wegen einer sich kurzfristig erledigenden Rechtsgutverletzung.
38
Ein derartiges Rechtsschutzbegehren zur nachträglichen gerichtlichen Überprüfung sich kurzfristig erledigender Hoheitsakte ist jedenfalls dann zulässig, wenn eine Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) in Frage steht. Als schwerwiegend sind darüber hinaus solche Grundrechtseingriffe anzusehen, die das Grundgesetz selbst – wie in den Fällen der Art. 13 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 2 und 3 GG – unter Richtervorbehalt gestellt hat. Hinsichtlich anderer Grundrechte ist im Rahmen einer Einzelfallwürdigung zum einen dessen besondere Bedeutung im Gesamtsystem der Grundrechte zu berücksichtigen und zum anderen zu bewerten, inwieweit die fragliche Maßnahme die Möglichkeit individueller Selbstbestimmung in dem durch das Grundrecht erfassten Lebensbereich beschränkt (BVerwG, U. v. 24.4.2024 – 6 C 2.22 –, juris Rn. 34 m.w.N.). Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) sind beispielsweise nur ausnahmsweise als so gewichtig anzusehen, dass sie in dem Fall ihrer Erledigung die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses rechtfertigen. Ein das Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei folgenlos erledigten Maßnahmen rechtfertigender qualifizierter Eingriff in das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG setzt deshalb typischerweise voraus, dass das individuelle Verhalten, welches mangels spezieller Grundrechtsgarantien nur dem Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG unterfällt, eine gesteigerte, dem Schutzgut der übrigen Grundrechte vergleichbare Relevanz für die Persönlichkeitsentfaltung besitzt (BVerwG, U. v. 24.4.2024 – 6 C 2.22 –, juris, Rn. 34 m.w.N.).
39
Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen führt die Ablehnung bzw. der Abbruch einer Befundprüfung nicht zu einem schwerwiegenden Eingriff in Grundrechte des Klägers, dessen Wirkungen noch andauern würden. Ungeachtet dessen, dass der Kläger selbst einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff nicht behauptet, so fehlt dem allein hier in Frage kommenden Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG eine gesteigerte, dem Schutzgut der übrigen Grundrechte vergleichbare Relevanz für die Persönlichkeitsentfaltung des Klägers.
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(d) Ein Feststellungs- bzw. Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers folgt weiterhin auch nicht aus der Fallgruppe der Präjudizialität.
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Nach dieser Fallgruppe besteht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse, wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Amtshaftung nach Art. 34 GG, § 839 BGB, nach Maßgabe des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs oder von sonstigen Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen erheblich ist sowie ein entsprechender Prozess bereits anhängig, mit Sicherheit zu erwarten oder ernsthaft beabsichtigt und nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. BVerwG, U.v. 28.8.1987 – 4 C 31/86 – juris Rn. 13 m.w.N.; BayVGH, U.v. 9.12.2020 – 15 B 19.666 – juris Rn. 32; Riese in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 113 VwGO, Rn. 129). Dies gilt jedoch nur, wenn die Erledigung – wie hier – erst nach Klageerhebung eingetreten ist.
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Dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss der Kläger von sich aus substantiiert darlegen. Insbesondere muss er aufzeigen, was er konkret anstrebt, welchen Schaden bzw. welche Schadens- oder Entschädigungspositionen er im Zivilrechtsweg geltend machen will und dass ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Die bloße Behauptung, einen Schadensersatzprozess führen zu wollen, genügt hierfür nicht. Zwar dürfen an den Vortrag keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere bedarf es regelmäßig keiner Vorlage einer genauen Schadensberechnung. Jedoch muss der Vortrag zur Rechtfertigung des mit der Fortsetzung des Prozesses verbundenen Aufwands über die bloße Behauptung hinaus nachvollziehbar erkennen lassen, dass er einen Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozess tatsächlich anstrebt und dieser nicht offensichtlich aussichtslos ist. Hierzu gehört auch eine zumindest annähernde Angabe der Schadenshöhe (vgl. BayVGH, U.v. 9.9.2020 – 15 B 19.666 – juris Rn. 32 m.w.N.; OVG NW, B.v. 23.1.2003 – 13 A 4859/00 – juris Rn. 16 m.w.N.; B.v. 23.9.2015 – 12 A 1787/15 – juris Rn. 8 m.w.N.; OVG MV, B.v. 27.5.2010 – 2 L 329/06 – juris Rn. 8; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 116; Riese in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand März 2023, § 113 VwGO, Rn. 129 m.w.N.).
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Die Geltendmachung eines Amtshaftungsprozesses hat der Kläger nicht angekündigt. Soweit der Kläger in seinem Schriftsatz vom 30. Mai 2025 Ausführungen zu den Auswirkungen auf das Ordnungswidrigkeitenverfahren macht und sowohl materielle als auch rechtliche Fehler des amtsgerichtlichen Urteils geltend macht, wird das nur allgemein gehaltene Vorbringen des Klägers den obig genannten Anforderungen nicht gerecht. Zudem ist nach § 839 Abs. 2 S. 1 BGB eine Haftung des Staates für Fehler in Urteilen oder Beschlüssen ohnehin nur dann gegeben, wenn die Pflichtverletzung gleichzeitig eine Straftat darstellt, wie beispielsweise Rechtsbeugung (§ 339 StGB). Diesbezüglich wurde nichts vorgetragen und ist auch sonst nichts ersichtlich. Ungeachtet, ob in dem Vorbringen überhaupt die Geltendmachung eines Amtshaftungsprozesses entnommen werden kann, so fehlt es jedenfalls an konkreten Angaben zum behaupteten Schaden bzw. zur Schadenshöhe.
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(e) Auch lässt sich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ableiten.
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In der Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass neben den anerkannten Fallgruppen auch aus anderen besonderen Umständen des Einzelfalls ein besonderes Feststellungsinteresse hergeleitet werden kann, sofern die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die klägerische Position in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht zu verbessern (BVerwG, U.v. 29.11.2023 – 6 C 2.22 –, beck-online, Rn. 6; Decker in BeckOK, VwGO; 73. Ed. 1.4.2025; § 113 Rn. 87.5). Ein solcher Einzelfall liegt jedoch nicht vor.
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Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergibt sich insbesondere nicht, so aber die Auffassung des Klägers, aus Zwecken der Korrektur der aus klägerischer Sicht fehlerhaften Entscheidung des Amtsgerichts aus dem Ordnungswidrigkeitenverfahren. Entgegen der Meinung des Klägers folgt für das Verwaltungsgericht nicht die Pflicht, nunmehr in eigener Zuständigkeit für vollständige Aufklärung zu sorgen (Schriftsatz des Klägers vom 30. Mai 2025). Der Kläger wäre vielmehr gehalten gewesen, im Verfahren der ordentlichen Gerichtsbarkeit die jeweiligen (Beweis-)Anträge zu stellen und gegebenenfalls auf eine Aussetzung des Verfahrens bis zur durchgeführten Befundprüfung hinzuwirken (OLG Köln, B.v. 6.2.2024 – III-1 ORBs 399/23 –, juris Rn. 11), ggf. im Rechtsmittelwege. Im Übrigen wurde ein Wiederaufnahmeverfahren gem. § 85 OWiG vom Kläger weder in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angekündigt, noch dürfte ein solches zulässig sein, da der Kläger lediglich zu einem Bußgeld in Höhe von 55,- Euro verurteilt wurde (§ 85 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 OWiG). Zudem hat der Kläger seinen Einspruch im Bußgeldverfahren in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgerichts Ebersberg am 15. Oktober 2024 ausdrücklich auf die Rechtsfolgen beschränkt. Ein Interesse an der Klärung der tatsächlichen Umstände im Rahmen der Geschwindigkeitsmessung besteht insoweit nicht mehr.
Mangels Zulässigkeit der (Forsetzungs) Feststellungsklage bedarf es gerichtlicherseits schon keiner Auseinandersetzung mit dem im Verfahren kontrovers diskutierten Aspekt einer zwischenzeitlich defekten Sicherungsmarke am fraglichen Gerät und einer sich daraus – nach klägerischer Auffassung – ergebenden Notwendigkeit einer erneuten Konformitätsprüfung. Es sei nur darauf hingewiesen, dass noch vor der maßgeblichen Geschwindigkeitsmessung die Sicherungsmarke erneuert und das Gerät neu geeicht worden war. Die Relevanz dieses Aspekts für eine Befundprüfung erscheint daher zweifelhaft.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung.
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Der Auffangstreitwert von 5.000, – EUR (§ 52 Abs. 2 GKG) wurde vierfach angesetzt, da ursprünglich drei Eichungen und das Ergebnis der Befundprüfung angegriffen wurden (vgl. Nr. 1.1.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit). Zudem wurde der ursprünglich angegriffene Kostenbescheid bezüglich der Befundprüfung in Höhe von 150,- Euro dem Streitwert hinzugefügt.