Titel:
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen den Widerruf einer Gaststättenerlaubnis, trotz Unzuverlässigkeit der Gewerbetreibenden, wenn bis zur Entscheidung in der Hauptsache keine konkrete Gefahr für ein wichtiges Gemeinschaftsgut zu erwarten ist., Strohmannverhältnis (unzuverlässiger Angestellter als faktischer Geschäftsführer)
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
GG Art. 12 Abs. 1
GastG § 15 Abs. 2
GastG § 15 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Schlagworte:
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen den Widerruf einer Gaststättenerlaubnis, trotz Unzuverlässigkeit der Gewerbetreibenden, wenn bis zur Entscheidung in der Hauptsache keine konkrete Gefahr für ein wichtiges Gemeinschaftsgut zu erwarten ist., Strohmannverhältnis (unzuverlässiger Angestellter als faktischer Geschäftsführer)
Fundstelle:
BeckRS 2025, 201
Tenor
I. Die aufschiebende Wirkung der von der Antragstellerin erhobenen Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.10.2024 (Az. 320.823 –...) wird wiederhergestellt, soweit sie sich gegen die Nrn. 1, 2 und 5 des Bescheids richtet. Soweit sie sich gegen die Nr. 3 richtet, wird die aufschiebende Wirkung angeordnet.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin, mit dem die der Antragstellerin erteilte Gaststättenerlaubnis widerrufen und sie zur Schließung der Gaststätte unter Androhung unmittelbaren Zwangs verpflichtet wurde.
2
Die Antragstellerin – eine GmbH – betreibt die Gaststätte „…“ in der Betriebsform einer Schank- und Speisewirtschaft in der …straße …, ... Die erforderliche Gaststättenerlaubnis nach § 2 Abs. 1 des Gaststättengesetzes (GastG) wurde ihr am 21.1.2010 erteilt.
3
Aufgrund von Zweifeln hinsichtlich der Zuverlässigkeit der Antragstellerin stellte die Antragsgegnerin im Jahr 2024 diesbezügliche Ermittlungen an, die dazu führten, dass der streitgegenständliche Bescheid erlassen wurde. Mit am 23.10.2024 zugestelltem Bescheid vom 22.10.2024 widerrief die Antragsgegnerin die der Antragstellerin am 21.1.2010 erteilte Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft in der Gaststätte „…“, …straße … in ... (Nr. 1). Der Antragstellerin wurde der Betrieb der genannten Gaststätte untersagt und für die Abwicklung der Schließung des Betriebs wurde eine Frist bis einschließlich 8.11.2024 (24:00 Uhr) eingeräumt (Nr. 2). Für den Fall der Nichtbeachtung der Anordnung unter Nr. 2 wurde die Schließung im Wege des unmittelbaren Zwangs angedroht (Nr. 3). Ferner wurde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheids angeordnet (Nr. 4). Der Antragstellerin wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt, wobei Gebühren in Höhe von 2.000,- EUR sowie Auslagen in Höhe von 3,50 EUR erhoben wurden (Nr. 5).
4
Zur Begründung wird ausgeführt, die Ermittlungen der Antragsgegnerin hätten Folgendes ergeben:
1. Wirtschaftliche Situation der Antragstellerin:
5
Laut Mitteilung des Finanzamts ... vom 6.5.2024 seien die Umsatzsteuererklärungen 2022 trotz mehrfacher Aufforderung nicht abgegeben worden. Die Besteuerungsgrundlagen hätten im Schätzungsverfahren ermittelt werden müssen. Die Voranmeldungen für die Monate Januar bis März 2024 seien nicht eingereicht worden. Bis zum 16.4.2024 wären Steuerrückstände in Höhe von 11.159,33 EUR aufgelaufen. In einem Telefonat vom 9.7.2024 teilte das Finanzamt Y* … mit, dass die Steuerrückstände teilweise beglichen worden seien. Allerdings seien die Rückstände zwischenzeitlich auf etwa 30.000,- EUR angestiegen und dann wieder auf etwa 13.000,- EUR abgesunken. Nach erneuter telefonischer Rückfrage der Antragsgegnerin vom 22.8.2024 teilte das Finanzamt ... mit, dass die Rückstände nunmehr vollständig beglichen seien. Deshalb sei auch der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vom 18.1.2024 zurückgenommen worden.
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Die Stadtkasse der Stadt ... teilte am 1.2.2024 mit, dass zur Beitreibung der Gewerbesteuer und der Grundsteuer seit 2020 immer wieder Kontopfändungen hätten veranlasst werden müssen.
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Im Schuldnerverzeichnis waren am 7.6.2024 fünf Eintragungen wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft vorhanden (Anordnungsdaten: 11.4.2023, 12.12.2023, 9.1.2024 sowie zwei Mal 12.3.2024). Eine erneute Abfrage am 8.8.2024 ergab 10 Eintragungen wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft (Anordnungsdaten: 12.3.2024, 16.7.2024 sowie acht Mal 17.7.2024).
8
Bei der Berufsgenossenschaft bestanden nach deren Mitteilung am 6.2.2024 offene Forderungen in Höhe von 458,32 EUR. Ihren Zahlungsverpflichtungen komme die Antragstellerin nur im Rahmen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach. Schließlich ergab sich aus einem Auskunftsersuchen aus dem Gewerberegister der Minijobzentrale vom 15.7.2024, dass die Antragstellerin auch Sozialversicherungsbeiträge schuldet. Die Höhe der Rückstände wurde nicht mitgeteilt.
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Probleme habe es auch bei der Beitreibung privater Forderungen gegeben. So habe es deshalb einmal einen Haftbefehl gegen die Geschäftsführerin der Antragstellerin gegeben. Ferner sei einmal ein Fahrzeug nach Nichtzahlung der Raten beschlagnahmt worden. Diesbezüglich gebe es einen Vorgang bei der Staatsanwaltschaft ... Eine Verurteilung sei noch nicht erfolgt. Probleme habe es darüber hinaus in einer Zwangsvollstreckungssache der ... gegen die Antragstellerin gegeben. Eine beabsichtigte Zählersperrung habe nicht durchgeführt werden können, da die Rechtslage unklar gewesen sei. Es sei behauptet worden, dass die Gaststätte an die ... UG (haftungsbeschränkt) vermietet worden sei. Nach den Ermittlungen der Antragsgegnerin sei Geschäftsführerin dieser Gesellschaft die Schwiegertochter der Geschäftsführerin der Antragstellerin. Der Termin sei daher abgebrochen worden. Bei einem weiteren Termin am 20.8.2024 habe die Stromzählersperre durchgeführt werden können, obwohl es auch hier Schwierigkeiten gegeben habe. Bezüglich der Einzelheiten dieser Vorfälle wird auf den Inhalt der Behördenakten Bezug genommen (Behördenakten Teil II, Bl. 25 ff.).
2. Nichtbeachtung geltender Rechtsvorschriften:
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Im Rahmen einer Hausdurchsuchung hätten Beamte der Polizeiinspektion (PI) ... Hygienemängel in der Küche der Gaststätte festgestellt. Daraufhin habe am 20.6.2024 eine Gaststättenkontrolle durch die Lebensmittelüberwachung des Landratsamts ... stattgefunden. In den Bereichen Küche/Vorratsräume/Flur der Gaststätte seien erhebliche Hygienemängel unter anderem in Form eines massiven Schädlingsbefalls (Mäuse) festgestellt worden. Ein sicherer Umgang und ein sicheres Verarbeiten von Lebensmitteln seien zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Deshalb sei eine vorübergehende Nutzungsuntersagung ausgesprochen worden. Die Wiederbenutzung der Räume sei davon abhängig gemacht worden, dass wieder ein sicheres Be- und Verarbeiten von Lebensmitteln möglich sein müsse. Außerdem sei verlangt worden, dass die notwendige Schädlingsbekämpfung durch einen befähigten Schädlingsbekämpfer durchgeführt werde. Nach mehreren Nachkontrollen sei die Gaststätte am 28.7.2024 durch die Lebensmittelüberwachung wieder vollumfänglich freigegeben worden.
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Anlässlich einer Polizeikontrolle der PI ... sei am 20.6.2024 festgestellt worden, dass im Eingangsbereich der Gaststätte „…“ ein Warenautomat aufgestellt gewesen sei. Darin hätten sich verschiedene Süßwaren sowie Alkoholika in Form von Sekt, Wein und Kräuterschnaps befunden. Eine Jugendschutzvorrichtung z.B. zur Ausweiskontrolle sei nicht vorhanden gewesen. Jugendliche hätten daher Getränke erwerben können. Im Rahmen der Anhörung zum dazu eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahren habe die Antragstellerin mitgeteilt, dass eine Entnahme alkoholischer Getränke aufgrund der Programmierung des Automaten nicht möglich gewesen wäre. Habe man nämlich auf der Eingabetastatur des Automaten die Zahlenkombination für ein Ausgabefach, das Alkoholika enthalten habe, eingegeben, so sei der Hinweis „ausverkauft“ erschienen. Wäre dies im Rahmen der Kontrolle ausprobiert worden, hätte dies problemlos festgestellt werden können. Die Antragstellerin habe zum Nachweis ein Video vorgelegt. Das Ordnungswidrigkeitenverfahren sei daraufhin eingestellt worden.
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Bei der Polizeikontrolle am 20.6.2024 seien auch zwei Geldspielgeräte festgestellt worden. Beide Automaten seien in Betrieb gewesen. Die Geräte hätten sich in einem gesonderten und für jedermann zugänglichen Raum direkt neben dem Eingang befunden. Eine Geeignetheitsbescheinigung für den Aufstellungsort durch die Stadt ... sei nicht erteilt worden. Außerdem seien die Automaten nicht an das Spieler-Sperrsystem OASIS angeschlossen gewesen. Deshalb habe der Verdacht einer „unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels“ (§ 284 Abs. 1 StGB) bestanden. Im Rahmen einer Nachkontrolle am 27.6.2024 sei festgestellt worden, dass die Spielgeräte vom Stromnetz genommen worden seien. Gleichwohl seien die Geräte beschlagnahmt und zur Asservatenaußenstelle der Staatsanwaltschaft ... verbracht worden.
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Die Antragstellerin betreibe eine Autovermietung, ohne dass dieses Gewerbe angemeldet worden sei. Darüber hinaus betreibe sie …busse, die sie über ihre F...-Seite bewerbe. Auch insoweit liege keine gewerberechtliche Anmeldung vor. Entsprechendes gelte für die Betriebskantine der Firma ... in ... Die Kantine werde von der Antragstellerin betrieben, ohne dass diese angemeldet sei.
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Im Rahmen eines weiteren Strafverfahrens habe sich herausgestellt, dass die Geschäftsführerin der Antragstellerin im Rahmen einer Autovermietung eine Fahrt ohne Fahrerlaubnis geduldet habe. Im gerichtlichen Verfahren wegen fahrlässigen Anordnens oder Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis sei das Verfahren vorläufig eingestellt worden. Der Geschäftsführerin der Antragstellerin sei zur Auflage gemacht worden, einen Geldbetrag in Höhe von 800,- EUR zu zahlen.
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Der Sohn der Geschäftsführerin der Antragstellerin, Herr … G., trete in der Öffentlichkeit als „Wirt“ des Gasthauses … auf. Bei den Kontrollen durch die PI ... sei überwiegend Herr … G. als Ansprechpartner angetroffen worden. Auch auf Seiten in den sozialen Medien, in Zeitungsberichten und in sonstigen Einträgen auf Webseiten trete Herr … G. als „…“ oder „Chef des …“ in Erscheinung. Die PI ... habe dazu mitgeteilt, dass sich Herr … G. seit der Gründung der GmbH im Jahr 2009 im Betrieb befinde und immer wieder als deren Verantwortlicher auftrete. Er organisiere Projekte der Antragstellerin, nehme öffentliche Auftritte der Gesellschaft war und werde auch in Zeitungsartikeln und sonstigen Beiträgen als „…“ und als „Chef des …“ bezeichnet. Auch gegenüber Behörden und der Polizei trete er als Verantwortlicher der Gesellschaft auf. Zudem sei er nachweisbar der Ansprechpartner für Lieferanten und Geschäftspartnern. Dass der Sohn der Geschäftsführerin der eigentliche Verantwortliche sei, zeige sich auch darin, dass er in der Öffentlichkeit angekündigt habe, dass die Antragstellerin künftig ihr eigenes Bier brauen werde. In der Öffentlichkeit stelle er sich als der Verantwortliche dar. Der Sohn habe auch die Ergänzung der Eintragung der GmbH im Handelsregister um die Tätigkeit „Betrieb einer Brauerei“ ergänzt.
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Ferner betreibe der Sohn der Geschäftsführerin mehrere …busse. Er habe zunächst einen alten …bus, der für private Partys angemietet werden könne, gekauft. Die Gäste würden dann von Herrn … G. durch den Landkreis ... gefahren. Diesbezüglich sei Herr … G. bereits mehrfach polizeilich auffällig geworden, da die Partygäste auf dem offenen Deck während der Fahrt feiern und tanzen würden. Teilweise werde sogar Live-Musik dargeboten. Die Busse seien zunächst auf die … GmbH zugelassen gewesen, nunmehr allerdings auf eine Busfirma in ... Sämtliche Geschäfte im Zusammenhang mit den Bussen würden ausschließlich von Herrn … G. erledigt. Die eigentliche Geschäftsführerin der Antragstellerin – also die Mutter des Herrn … G. – trete hier überhaupt nicht in Erscheinung. Bei einer Busfahrt sei es bereits einmal zu einem Unfall gekommen, weil ein Partygast während einer Fahrt mit seinem Kopf gegen einen Betonpfeiler einer Brücke gestoßen sei. Die Busfahrten könnten als sogenanntes „Flatratesaufen“ gebucht werden, weshalb gegen Herrn … G. ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Verstoßes gegen die § 28 Abs. 1 Nrn. 9 und 20 Nr. 2 GastG (Vorschubleisten von Alkoholmissbrauch) eingeleitet worden sei. Dieses sei dann jedoch aus rechtlichen Gründen eingestellt worden. Die Einstellungsverfügung sei wiederum ausschließlich an Herrn … G. geschickt worden.
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Nach alledem zeige sich, dass der eigentliche Verantwortliche nicht die Geschäftsführerin der GmbH sei, sondern Herr … G.. Dieser sei unzuverlässig, was sich daraus ersehen lasse, dass es nach einer Abfrage aus dem Informationssystem der Polizei (INPOL) (Stand: 14.8.2024) 13 abgeschlossene Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen ihn gegeben habe, und zwar wegen Leistungsbetrugs gemäß § 263 StGB, Beleidigung gemäß § 185 StGB, Überschreitens der 0,5-Promille-Grenze gemäß § 24a StVG, Verstoßes gegen das Personenbeförderungsgesetz und die Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft), wegen Insolvenzverschleppung, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, Bankrotts, wegen Verstößen gegen das Gaststättengesetz, das Kreislaufwirtschaftsgesetz, wegen falscher uneidlicher Aussage gemäß § 153 StGB, wegen Verstößen gegen das Bayerische Straßen- und Wegegesetz und wegen Verstoßes gegen das Wasserhaushaltsgesetz. Die Tatzeiten der genannten Delikte hätten zwischen dem 15.11.2018 und dem 12.6.2024 gelegen. Zusätzlich würden in weiteren 5 Verfahren Ermittlungen gegen Herrn … G. laufen. Seit dem 9.1.2019 habe es ferner insgesamt 31 Entstempelungsersuchen des Landratsamts ... gegen ihn und die Geschäftsführerin der Antragstellerin gegeben. Herr … G. sei von 2014 bis 2017 bereits drei Jahre wegen Betrugs und Urkundenfälschung in Haft gewesen. Er sei schließlich am 23.4.2021 wegen vorsätzlichen Bankrotts in sieben tatmehrheitlichen Fällen verurteilt worden. Das Urteil sei seit dem 13.5.2021 rechtskräftig.
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Aufgrund des ermittelten Sachverhalts müsse die gaststättenrechtliche Erlaubnis gemäß den §§ 15 Abs. 2, 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG widerrufen werden. Es seien nachträglich Tatsachen eingetreten, die eine Versagung der erteilten Erlaubnis rechtfertigen würden. Aus der Gesamtschau der vorliegenden Erkenntnisse ergebe sich, dass die Antragstellerin unzuverlässig im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG sei.
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So seien die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin nicht geordnet. Sie verletze ihre Zahlungsverpflichtungen gegenüber öffentlichen Kassen und Privaten. Ihren Mitwirkungspflichten gegenüber Behörden und sonstigen Institutionen komme sie nicht nach. Es sei davon auszugehen, dass ihre Steuerrückstände sowie sonstige Forderungen weiter anwachsen würden. Die schlechte Zahlungsmoral zeichne sich durch Eintragungen im Schuldnerverzeichnis wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft aus. Die Eintragungen würden zeigen, dass die Gewerbetreibende weder freiwillig Zahlungen leiste noch mit ihren Gläubigern ein tragfähiges Sanierungskonzept erarbeite. Wenn es zu Zahlungen komme, so seien diese auf Kontopfändungen zurückzuführen, was zumindest die Zahlungsunwilligkeit der Antragstellerin belege. Nach alledem sei zu erwarten, dass die Antragstellerin weitere Schulden aufbauen werde. Eine Besserung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit sei nicht ersichtlich. Sie sei leistungsunfähig und -unwillig.
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Ferner habe sie kein Interesse daran, ihren Betrieb im Einklang mit geltenden Rechtsvorschriften zu führen. Dies gelte für das Lebensmittelrecht (Verstoß gegen hygienerechtliche Anforderungen), den Jugendschutz (Verkauf alkoholischer Getränke in Automaten mit Entnahmemöglichkeit für Jugendliche) und das Glücksspielrecht (Veranstaltung unerlaubten Glücksspiels durch Geldspielgeräte). Ferner missachte die Antragstellerin das Gewerberecht; denn sie betreibe eine Autovermietung sowie eine Betriebskantine, ohne dass die erforderliche Gewerbeanmeldung abgegeben worden sei. Dies alles zeige, dass die Antragstellerin nicht gewillt sei, geltendes Recht zu beachten, weshalb die Prognose gerechtfertigt sei, dass sie auch in Zukunft nicht gewillt sei, sich rechtskonform zu verhalten.
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Schließlich liege ein Strohmannverhältnis mit Herrn … G. vor. Dieser sei für die Abläufe in der Gaststätte verantwortlich und trete auch nach außen als Verantwortlicher und Ansprechpartner der Gesellschaft auf. Dies zeige sich auch beim Betrieb der …busse durch die Gesellschaft. Dieser Geschäftsbereich werde ausschließlich von Herrn … G. verantwortet. Die gesamten im Verwaltungsverfahren angestellten Ermittlungen hätten gezeigt, dass Herr... G. im Hintergrund tätig sei und die Geschäfte der Antragstellerin führe. Der Sohn der Geschäftsführerin der Antragstellerin sei selbst im höchsten Maße unzuverlässig, was sich unter anderem daran zeige, dass er bereits häufig mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sei. Insbesondere sei er bereits wegen Bankrotts in sieben tatmehrheitlichen Fällen vorbestraft. Die Mutter und Geschäftsführerin der Antragstellerin werde von ihm lediglich als „Strohfrau“ vorgeschoben. In Wahrheit übe Herr … G. das Gewerbe unter dem Schutz seiner Mutter aus, mit dem Ziel, nicht selbst die Verantwortung für gewerberechtlich relevante Tatbestände übernehmen zu müssen. Diese Unzuverlässigkeit des eigentlichen Geschäftsführers müsse sich die Antragstellerin zurechnen lassen.
22
Nach alledem sei festzustellen, dass die Antragstellerin nicht mehr die für den Betrieb einer Gaststätte erforderliche Zuverlässigkeit besitze. Die Gaststättenerlaubnisse sei somit zwingend zu widerrufen.
23
Die Schließungsanordnung unter Nr. 2 des Bescheids stütze sich auf § 31 GastG i.V.m. § 15 Abs. 2 der Gewerbeordnung (GewO). Die Untersagung des weiteren Betriebs entspreche pflichtgemäßer Ermessensausübung. Sie sei geeignet, rechtmäßige Zustände wiederherzustellen und weitere Gesetzesübertretungen hinsichtlich des Gaststättenbetriebs zu verhindern. Mildere und gleich geeignete Maßnahmen zur Herstellung rechtmäßiger Zustände seien nicht ersichtlich.
24
Der Sofortvollzug in Nr. 4 des Bescheids sei im besonderen öffentlichen Interesse angeordnet worden. Ohne die Anordnung des Sofortvollzugs müsse erwartet werden, dass vor dem rechtskräftigen Abschluss eines möglichen Gerichtsverfahrens weiterhin in erheblicher Weise gegen die Rechtsordnung verstoßen werde. Die Hauptakteure der Gaststätte hätten über die Jahre hinweg einen Hang zur Nichtbeachtung von Vorschriften entwickelt. Insbesondere aufgrund des uneinsichtigen und unkooperativen Verhaltens des Herrn … G. sei mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass eine Verhaltensänderung nicht erfolgen werde. Dies könne bis zum bestandskräftigen Abschluss des Verfahrens nicht toleriert werden.
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Am 19.11.2024 ließ die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid erheben, die unter dem Aktenzeichen RO 5 K 24.2.7.2008 geführt wird. Zugleich ließ sie um Eilrechtschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO nachsuchen.
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Unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis setze die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG voraus, dass eine weitere Berufstätigkeit während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lasse; denn der Widerruf der Gaststättenerlaubnis komme einem Berufsverbot gleich. Dass dies hier der Fall sei, werde von der Antragsgegnerin nicht hinreichend dargelegt und sei auch nicht ersichtlich. Im Hinblick auf die steuerliche Thematik sei festzustellen, dass die Rückstände gegenüber dem Finanzamt bereits vor Erlass des Bescheids vollständig beglichen worden seien. Bezüglich der Eintragungen im Schuldnerverzeichnis falle auf, dass von den am 8.8.2024 vorhandenen Eintragungen acht auf den 17.7.2024 datieren, sodass es sich offenbar nicht um 10 verschiedene Angelegenheiten handele. Näheres sei dazu nicht bekannt. Auch bei der Stromzählersperrung handele es sich um eine einmalige Angelegenheit, die den Sofortvollzug nicht rechtfertigen könne. Ein Verstoß gegen das Jugendschutzgesetz habe nicht vorgelegen, da eine Entnahme alkoholischer Getränke aus dem Automaten nicht möglich gewesen sei. Bezüglich des vermeintlichen glücksspielrechtlichen Verstoßes müsse bedacht werden, dass die Geräte nicht von der Antragstellerin betrieben worden seien. Außerdem seien die Geräte beschlagnahmt, sodass weitere Verstöße während des Verfahrens nicht zu erwarten seien. Die hygienerechtlichen Verstöße in der Gaststätte seien ebenfalls abgestellt. Dass die Kantine bei der Firma ... hätte gewerberechtlich angemeldet werden müssen, sei nicht bekannt gewesen. Die Tätigkeit dort sei zwischenzeitlich auch bereits beendet. Die Antragstellerin betreibe auch keine Autovermietung, sondern stelle lediglich gelegentlich und von völlig untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung für Veranstaltungen von Kunden auf Nachfrage einen …bus, der mit Getränken bestückt sei und im Wesentlichen über den Verzehr der Gäste finanziert werde. Dass ein Strohmannverhältnis mit dem Sohn der Geschäftsführerin der Antragstellerin bestehe, werde bestritten.
27
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.10.2024 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
28
Die Antragsgegnerin beantragt,
29
Bezüglich der Steuerrückstände komme es nicht nur auf die Entwicklung innerhalb der letzten vier Wochen vor Bescheidserlass an. Es sei zu sehen, dass vorher erhebliche Steuerrückstände bestanden hätten, die zur Unzuverlässigkeit führen würden. Bezüglich der Geldspielgeräte sei festzustellen, dass die Antragstellerin für den ordnungsgemäßen Betrieb in den konzessionierten Räumlichkeiten vollumfänglich verantwortlich sei. Sie könne daher ihre Verantwortung nicht auf den Betreiber der Geräte abschieben. Auch die Hygienemängel in der Gaststätte seien erheblich gewesen, weshalb diese eine Unzuverlässigkeit der Antragstellerin begründen würden. Hinzu komme, dass es auch in der Kantine der Firma ... zu Hygieneverstößen gekommen sei. Nach dem gesamten Akteninhalt sei es auch offensichtlich, dass Herr … G. die Geschicke der Gesellschaft leite und damit der eigentliche Geschäftsführer sei. Ein Strohmannverhältnis sei damit nicht anzuzweifeln. Dementsprechend sei die Antragsgegnerin zu Recht von der Unzuverlässigkeit der Antragstellerin ausgegangen.
30
Die Anordnung des Sofortvollzugs sei nicht zu beanstanden. Das Gaststättenrecht und insbesondere die Tatsache der Verknüpfung der Erlaubnis mit der Zuverlässigkeit des Betreibers diene grundsätzlich dem Schutz der Allgemeinheit vor Gefahren, die aus dem Betrieb einer Gaststätte erwüchsen. Würde man der Klage die aufschiebende Wirkung zuerkennen, so würde eine Gefährdungslage für die öffentliche Sicherheit und Ordnung über einen längeren Zeitraum faktisch aufrechterhalten.
31
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behördenakten, die dem Gericht vorgelegen haben, sowie auf die Gerichtsakten im Hauptsache- und im Eilrechtschutzverfahren Bezug genommen.
32
Der Antrag hat Erfolg.
33
Es spricht zwar einiges dafür, dass die Antragstellerin die für den Betrieb einer Gaststätte erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Allerdings vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass der Weiterbetrieb der Gaststätte während der Dauer des Hauptsacheverfahrens konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt.
34
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise anordnen, wenn ein Verwaltungsakt gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3a VwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, bzw. wiederherstellen, wenn die Behörde den Sofortvollzug gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat.
35
1. Der Antrag ist zulässig. Er ist insbesondere statthaft.
36
Bezüglich der Nrn. 1 und 2 des streitgegenständlichen Bescheids hat die Antragsgegnerin den Sofortvollzug in Nr. 4 des Bescheids angeordnet. Im Hinblick auf die Androhung unmittelbaren Zwangs in Nr. 3 des Bescheids ergibt sich die sofortige Vollziehbarkeit aus Art. 21a des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Die Kostenentscheidung in Nr. 5 des Bescheids teilt als Nebenentscheidung zur Sachentscheidung deren rechtliches Schicksal, weshalb sich die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs insoweit nach der Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Sachentscheidung richtet. Daher entfällt auch insoweit die aufschiebende Wirkung der Klage (so BayVGH, B.v. 8.11.2013 – 22 CS 13.1186 – juris, str. vgl. zum Streitstand: Schoch in: Schoch/Schneider, 46. EL August 2024, VwGO § 80 Rn. 140 ff.).
37
2. Der Antrag ist begründet.
38
Zwar spricht nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage einiges dafür, dass die Antragstellerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses unzuverlässig war. Gleichwohl fällt die gebotene Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerin aus, da die Anordnung des Sofortvollzugs in Nr. 3 des Bescheids vom 22.10.2024 in nicht hinnehmbarer Weise in die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Antragstellerin eingreift. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die Fortsetzung des Gaststättenbetriebs der Antragstellerin während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt.
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Grundsätzlich ist im Rahmen der Begründetheitsprüfung eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO eine eigenständige Interessenabwägung durch das Gericht vorzunehmen, im Rahmen derer zu ermitteln ist, ob das Suspensivinteresse der Antragstellerin oder das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt. Dabei sind maßgeblich die bereits überschaubaren Erfolgsaussichten einer Klage im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen: Während dem Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer voraussichtlich unzulässigen oder unbegründeten Klage kein hohes Gewicht zukommt, ist die aufschiebende Wirkung im Regelfall anzuordnen, wenn der in der Hauptsache erhobene bzw. noch zu erhebende Rechtsbehelf bei summarischer Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein wird (vgl. nur BayVGH, B.v. 25.10.2021 – 20 CS 20.3147 – juris Rn. 2; B.v. 27.3.2019 – 8 CS 18.2398 – juris Rn. 25 m.w.N.). Sind die Erfolgsaussichten hingegen als offen anzusehen, ist die Entscheidung des Gerichts auf der Grundlage einer reinen Interessenabwägung zu treffen, wobei die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen an einer Herstellung des Suspensiveffekts den öffentlichen Interessen an einem Vollzug schon vor Bestandskraft des Verwaltungsakts gegenüberzustellen sind (vgl. Hoppe in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 93 m.w.N.).
40
a) Ordnet eine Behörde den Sofortvollzug gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwGO an, so muss sie in formeller Hinsicht gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich begründen. Die Pflicht zur Begründung soll der Behörde den bestehenden Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Vollziehungsinteresse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert. Diese vom Gesetzgeber beabsichtigte „Warnfunktion“ beruht letztlich auf dem besonderen Stellenwert, den die Verfassung der aufschiebenden Wirkung beimisst (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 80 Rn. 84 m.w.N.). Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht bereits genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird. Es bedarf vielmehr einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (BVerwG, B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26.01 – juris m.w.N. aus Rspr. und Lit). Nicht ausreichend sind dagegen formelhafte Begründungen, die nicht auf den konkreten Einzelfall abstellen (BayVGH, B.v. 7.3.2016 – 10 CS 16.301 – juris Rn. 3; B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris Rn. 16; Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 80 Rn. 85 m.w.N.). Auf die materielle Richtigkeit der Begründung kommt es an dieser Stelle nicht an, da das Gericht insofern eine eigene Abwägungsentscheidung zu treffen hat (BayVGH, B.v. 8.2.2021 – 6 CS 21.111 – juris Rn. 29; B.v. 19.8.2014 – 22 CS 14.1597 – juris Rn. 14; B.v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 3). Entscheidend ist allein, dass die gegebene Begründung erkennen lässt, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst war und dennoch aufgrund konkreter Erwägungen zum Einzelfall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung bejaht hat (VG Augsburg, B.v. 9.10.2009 – Au 6 S 09.1495 – juris Rn. 54).
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Diesen Anforderungen entspricht die auf den Seiten 24 und 25 des streitgegenständlichen Bescheids gegebene Begründung. Dort ist unter anderem ausgeführt, dass schon vor Abschluss eines möglichen Gerichtsverfahrens zu erwarten wäre, dass weiterhin in erheblicher Weise gegen die Rechtsordnung verstoßen werde. Dies gelte vor dem Hintergrund, dass die Hauptakteure der Gaststätte über die Jahre hinweg einen Hang zur Nichtbeachtung von Vorschriften entwickelt hätten und diesen nicht hätten ablegen können. Daher sei mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass mit einer Verhaltensänderung nicht zu rechnen sei.
42
Auf die materielle Richtigkeit der gegebenen Begründung kommt es an dieser Stelle nicht an; denn § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO normiert eine formelle und keine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung. (vgl. nur BayVGH, B.v. 5.5.2022 – 11 CS 22.927 – juris Rn. 18 m.w.N.; B.v. 7.6.2021 – 8 CS 21.720 – juris Rn. 25 m.w.N.). Hinsichtlich der Tragfähigkeit der gegebenen Begründung hat das Gericht eine eigene Interessenabwägung vorzunehmen, im Rahmen derer die für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Umstände gegeneinander abzuwägen sind (vgl. dazu unten 2. c)).
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b) Die Antragsgegnerin stützt den Widerruf der Gaststättenerlaubnis auf § 15 Abs. 2 GastG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG. Danach ist die Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis rechtfertigen würden. Nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG ist die Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende die für den Betrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Der Begriff der Unzuverlässigkeit im Sinne des Gaststättengesetzes stimmt mit dem des § 35 Abs. 1 GewO überein (BVerwG, B.v. 23.9.1991 – 1 B 96.91 – juris Rn. 4). Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Gewerbetreibender unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Die Unzuverlässigkeit kann sich insbesondere aus der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung ergeben (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6.14 – juris Rn. 14 m.w.N.).
44
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids. Bei der Beurteilung der Unzuverlässigkeit ist eine Prognose anzustellen, im Rahmen derer aus den vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten der Gaststättengewerbetreibenden zu schließen ist (BVerwG, B.v. 25.1.1994 – 1 B 212.93 – juris Rn. 6). Hier kommt es somit darauf an, ob die „… GmbH“ als juristische Person des Privatrechts zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses unzuverlässig im eben beschriebenen Sinn war. Dabei muss sie sich ein Verhalten oder Unterlassen ihrer Geschäftsführerin zurechnen lassen (Marcks/Heß in: Landmann/Rohmer GewO, 92. EL Dezember 2023, GewO § 35 Rn. 65).
45
Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erforderlichen aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage spricht einiges dafür, dass die Antragstellerin zum maßgeblichen Zeitpunkt unzuverlässig war.
46
aa) Fraglich ist, ob der Antragstellerin eine wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit und/oder -unwilligkeit vorgeworfen werden kann, wie dies im angegriffenen Bescheid ausgeführt ist. Insoweit ist zu bedenken, dass die überwiegenden Verbindlichkeiten in der Vergangenheit in Steuerrückständen bestanden. Diese waren zwischenzeitlich im Jahr 2024 von etwa 13.000,- EUR auf ca. 30.000,- EUR angestiegen. Nachdem die Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt ... dann im Juli 2024 erneut auf etwa 13.000,- EUR zurückgeführt werden konnten, teilte das Finanzamt am 22.8.2024 mit, dass die Antragstellerin ihre Rückstände mittlerweile vollständig beglichen habe. Von einer Überschuldung zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses kann daher nicht mehr gesprochen werden.
47
Ob und in welcher Höhe weitere Rückstände bei öffentlichen Kassen zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses bestanden, lässt sich nach Aktenlage nicht hinreichend sicher einschätzen. Aktenkundig ist, dass bei der Berufsgenossenschaft am 6.2.2024 – also acht Monate vor Bescheidserlass – ein Rückstand in Höhe von 458,32 EUR bestand. Ferner teilte die Minijobzentrale am 15.7.2024 mit, dass die Antragstellerin Sozialversicherungsbeiträge schulde. Zur Höhe wurde jedoch nichts gesagt. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass die Antragstellerin im Rahmen der vor Bescheidserlass erfolgten Anhörung gemäß Art. 28 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) der Antragsgegnerin am 5.7.2024 mitgeteilt hat, dass ihre Geschäftsführerin die Auszahlung eines Bausparvertrages über 50.000,- EUR erwarte sowie eine weitere Zahlung wegen des Löschungsversprechens für ein Grundpfandrecht in Höhe von 13.000,- EUR. Bezüglich des Bausparvertrages legte sie einen Nachweis vor. Von daher hätte es sich der Antragsgegnerin aufdrängen müssen, weitere Ermittlungen zu den noch offenen Rückständen anzustellen. Nach summarische Prüfung ist nach alledem nicht davon auszugehen, dass die (mögliche) Überschuldung ein nicht mehr zu tolerierendes Ausmaß angenommen hat.
48
Nicht von der Hand zu weisen ist es jedoch, dass am 8.8.2024 noch zehn Einträge im Vollstreckungsportal wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft vorhanden waren. Diese Einträge weisen deutlich auf eine Zahlungsunwilligkeit der Antragstellerin hin. Auffällig ist in diesem Zusammenhang allerdings – worauf der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hingewiesen hat –, dass acht der Eintragungen vom 17.7.2024 datieren, weshalb ein Sachzusammenhang naheliegt. Auch insoweit hätte es wohl einer näheren Aufklärung bedurft.
49
bb) Fraglich ist darüber hinaus, ob die am 20.6.2024 im Rahmen einer Gaststättenkontrolle vorgefundenen Hygienemängel die Zukunftsprognose der Unzuverlässigkeit rechtfertigen können. Aus den sich in den Akten befindlichen Lichtbildern ist unzweifelhaft zu erkennen, dass die Mängel ganz erheblich waren (Teilakte I der Behördenakte, S. 171 ff). Andererseits hat die Antragstellerin jedoch – wie vom Landratsamt X* … gefordert – einen Schädlingsbekämpfer eingeschaltet, sodass die Gaststätte am 28.7.2024 durch die Lebensmittelüberwachung wieder vollumfänglich freigegeben werden konnte. In der Folgezeit kam es zu keinen weiteren Beanstandungen. Auch insoweit bestehen somit Zweifel daran, ob die Hygienemängel zum Nachweis der Unzuverlässigkeit ausreichend sind.
50
cc) Schließlich vermag das Gericht im Rahmen der summarischen Überprüfung auch keinen jugendschutzrechtlichen Verstoß zu erkennen, weil die Antragstellerin Alkoholika in einem unüberwachten Getränkeautomaten angeboten haben soll. Nachgewiesen ist insoweit lediglich, dass sich in dem Automaten entsprechende Getränke befanden. Allerdings hat die Antragstellerin insoweit angegeben, dass eine Ausgabe dieser Getränke nicht möglich gewesen sei, weil man bei entsprechendem Drücken der Zahlenkombination für die betroffenen Ausgabefächer den Hinweis „ausverkauft“ erhalten habe. Ob diese Behauptung der Antragstellerin der Wahrheit entspricht, lässt sich im Nachhinein nicht mehr nachprüfen. Gegenüber dem Landratsamt, welches den Sachverhalt als Ordnungswidrigkeit verfolgte, legte sie zum Nachweis ihrer Behauptung ein entsprechendes Video vor, das dazu führte, dass das Ordnungswidrigkeitenverfahren eingestellt wurde.
51
dd) Dagegen ist ein Verstoß gegen das Glücksspielrecht gegeben. Unstreitig wurden bei einer Polizeikontrolle am 20.6.2024 in den Räumen der Gaststätte der Antragstellerin zwei Geldspielautomaten vorgefunden, die betriebsbereit waren. Allerdings war weder eine Geeignetheitsbescheinigung nach § 33c Abs. 3 GewO vorhanden, noch waren die Automaten an das Spieler-Sperrsystem OASIS angeschlossen. Insoweit ist der Antragstellerseite zwar Recht zu geben, dass die Geeignetheitsbescheinigung vom Geräteaufsteller zu beantragen ist und nicht vom Gastwirt, in dessen Räumen die Spielautomaten aufgestellt werden. Allerdings trifft den Gastwirt die Pflicht des § 3a der Spielverordnung (SpielV) wonach er die Aufstellung nur zulassen darf, wenn eine Geeignetheitsbescheinigung vorliegt. Verstößt er gegen diese Verpflichtung, handelt er ordnungswidrig gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 SpielV. Ferner waren die Automaten nicht an das verpflichtende Spieler-Sperrsystem OASIS angeschlossen (vgl. dazu § 8 des Glücksspielstaatsvertrages – GlüstV). Nach § 8 Abs. 3 GlüstV muss jeder Aufstellplatz von Spielgeräten an das Spieler-Sperrsystem angeschlossen sein, wobei der Gastwirt verpflichtet ist, spielwillige Personen durch Ausweiskontrolle zu identifizieren und mit der Sperrdatei abzugleichen. Auch insoweit lag folglich ein Verstoß vor, der schwer wiegt, weil § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG das Vorschubleisten zu verbotenem Glückspiel ausdrücklich als Unzuverlässigkeitsgrund auflistet.
52
ee) Soweit der Antragstellerin vorgeworfen wird, sie betreibe eine Betriebskantine, eine Autovermietung und vermiete auch …busse, ohne diese Tätigkeiten gewerberechtlich angemeldet zu haben, ist fraglich, inwieweit diese Sachverhalte die Unzuverlässigkeit als Betreiberin einer Schank- und Speisewirtschaft herbeiführen können. Die Nichtanzeige dieser Gewerbe mag zwar einerseits einen Hang zur Missachtung der Rechtsordnung belegen. Andererseits stehen sie aber in keinem unmittelbaren Zusammenhang zur Gaststättenerlaubnis, die mit dem streitgegenständlichen Bescheid widerrufen worden ist. Hinzu kommt, dass insbesondere der Betrieb der …busse offenbar im Wesentlichen durch den Sohn der Geschäftsführerin der Antragstellerin, der bei dieser angestellt ist, durchgeführt wird. Insoweit stellt sich die Frage, inwieweit hier das Verhalten von Herrn … G. überhaupt der Antragstellerin zugerechnet werden kann.
53
ff) Zugleich hat das Gericht nach Aktenlage aber keinen Zweifel daran, dass Herr … G. diejenige Person ist, die die Geschicke der Gesellschaft in Bezug auf das Gaststättengewerbe in Händen hält und den bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft ausübt. Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sachlage ist nach der Überzeugung des Gerichts ein Strohmannverhältnis gegeben. Ein solches liegt vor, wenn eine natürliche oder juristische Person (Strohmann) zur Verschleierung der wirklichen Machtverhältnisse ohne eigene unternehmerische Tätigkeit nur als eine von einem anderen gesteuerte Marionette am Wirtschaftsleben teilnimmt. Es ist durch die Absicht gekennzeichnet, den wirklichen Gewerbetreibenden (Hintermann) zu verbergen. Ist der Hintermann gaststättenrechtlich unzuverlässig, ergibt sich daraus zwingend die gaststättenrechtliche Unzuverlässigkeit des Strohmannes, da er einem unzuverlässigen Hintermann die gewerbliche Betätigung ermöglicht (BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 3.81 – juris Rn 21 f., VG Schleswig, B.v. 4.7.2019 – 12 B 18/19 – juris Rn. 23). Darüber hinaus rechtfertigt im Bereich des Gaststättenrechts bereits die Existenz eines Strohmannverhältnisses die Annahme der gaststättenrechtlichen Unzuverlässigkeit der beteiligten Personen, da sie sich im Zusammenwirken vorsätzlich über die Notwendigkeit, für den Hintermann eine Erlaubnis einzuholen, hinwegsetzen. Da dieses Verhalten einen Rechtsverstoß darstellt, bedarf es für die Annahme der Unzuverlässigkeit der an einem Strohmannverhältnis mitwirkenden Personen grundsätzlich keiner weiteren Umstände (so VG Schleswig, B.v. 4.7.2019 – 12 B 18/19 – juris Rn. 23 unter Verweis auf OVG NRW, U.v. 30.7.1991 – 4 A 699/90 – juris Rn. 13).
54
Dass Herr … G. der eigentliche Geschäftsführer der Antragstellerin ist, ergibt sich aus den umfangreichen Behördenakten. Er war bei den Kontrollen durch die PI ... jeweils in der Gaststätte anwesend und fungierte als Ansprechpartner. Seine Mutter – die Geschäftsführerin – hielt sich dagegen jeweils im Hintergrund. Auch in der Öffentlichkeit trat Herr … G. immer wieder als „…“ oder „Chef des …“ auf. Den nicht von der Gaststättenerlaubnis gedeckten Geschäftszweig der …busse vermarktete er in den Medien ebenfalls als „…“. Bezüglich der Stellung des Herrn … G. in der „… GmbH“ wird bezüglich der Einzelheiten auf die umfangreichen Behördenakten verwiesen, aus denen sich die exponierte Stellung von Herrn … G. ergib und zwar insbesondere auf das Schreiben der PI ... vom 18.6.2024 „Zur Frage des faktischen Geschäftsführers der … GmbH“ (Behördenakte Teil I, S. 113 ff.) sowie auf die sich in den Akten befindlichen Presseveröffentlichungen (Behördenakte Teil I, S. 133 ff.).
55
Nach alledem hat das Gericht keine Zweifel dahingehend, dass der eigentliche Geschäftsführer der Gesellschaft Herr … G. ist und nicht dessen Mutter. Diese wurde lediglich als „Strohfrau“ vorgeschoben, weil Herr … G. unzuverlässig ist und somit nicht als Geschäftsführer eingesetzt werden kann. Seine Unzuverlässigkeit ergibt sich aus den 13 abgeschlossenen Strafverfahren, die im Zeitraum vom November 2018 bis Juni 2024 gegen ihn geführt wurden. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Strafbefehl vom 23.4.2021, der am 13.5.2021 rechtskräftig geworden ist. Gegen Herrn … G. wurde darin wegen vorsätzlichen Bankrotts in sieben tatmehrheitlichen Fällen (§§ 283 Abs. 1 Nrn. 1 und 4, Abs. 6, §§ 41, 53 StGB) eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3b) des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) kann er damit schon von Gesetzes wegen nicht zum Geschäftsführer einer GmbH bestimmt werden; denn nach der genannten Vorschrift kann Geschäftsführer nicht sein, wer wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Taten nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs (Insolvenzstraftaten) zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist. Seine Unzuverlässigkeit folgt mithin unmittelbar aus der genannten gesetzlichen Regelung.
56
c) Auch wenn somit vieles dafür spricht, dass die Klage gegen den Widerruf der Gaststättenerlaubnis im Hauptsacheverfahren erfolglos sein wird, hat der Eilrechtschutzantrag gleichwohl keinen Erfolg, da das Interesse der Antragstellerin am (vorläufigen) Weiterbetrieb der Gaststätte das öffentliche Interesse an der sofortigen Betriebseinstellung überwiegt.
57
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Gaststättenerlaubnis nach § 15 Abs. 2 GastG setzt nämlich im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) zusätzlich zur voraussichtlichen Rechtmäßigkeit dieses Widerrufs als Grundverfügung weiter voraus, dass die Fortsetzung der Berufstätigkeit des Erlaubnisinhabers während der Dauer des Rechtsstreits konkrete Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter befürchten lässt. Darüber hinaus gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG effektiven Rechtsschutz durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs und einen Anspruch darauf, dass eine hoheitliche Maßnahme vor ihrem Vollzug einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt wird. Die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ist daher verfassungsrechtlich wie einfachgesetzlich nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Regel und der Sofortvollzug die Ausnahme. Die Anordnung des Sofortvollzugs kann daher nur ausnahmsweise durch kollidierende Verfassungsgüter wie die Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter gerechtfertigt sein (vgl. zum Ganzen: BVerfG, B.v. 12.8.2003 – 1 BvR 1594/03 – juris Rn. 15 f; B.v. 24.10.2003 – 1 BvR 1594/03 – juris Rn. 14 f; BayVGH, B.v. 16.10.2020 – juris Rn 40; B.v. 28.4.2014 – 22 CS 14.182 – juris Rn. 19; B.v. 2.7.2014 – 22 CS 14.1186 – juris Rn. 11; B.v. 3.5.2013 – 22 CS 13.594 – juris Rn. 27).
58
Derartige Gefahren bestehen vorliegend nicht bzw. es kann ihnen anderweitig begegnet werden.
59
aa) Soweit die Antragsgegnerin die in der Vergangenheit bestehenden Zahlungsschwierigkeiten der Antragstellerin ins Feld führt, ist festzustellen, dass zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses gegenüber dem Finanzamt ... keinerlei Verbindlichkeiten mehr bestanden. Die Steuerrückstände, die zwischenzeitlich einmal auf 30.000,- EUR angewachsen waren, wurden noch vor Bescheidserlass vollständig getilgt. Ob dies auch bezüglich der übrigen Verbindlichkeiten gegenüber öffentlichen Kassen gilt, hat die Antragsgegnerin nicht ermittelt. Dies wäre aber im Hinblick darauf geboten gewesen, dass die Antragstellerin im Rahmen ihrer Anhörung zum bevorstehenden Widerruf der Gaststättenerlaubnis vorgetragen hat, dass ihre Geschäftsführerin einen größeren Mittelzufluss aus einem Bausparvertrag sowie wegen der Tilgung eines Grundpfandrechts erwarte. Im Übrigen war der einzige der Antragsgegnerin bekannte Rückstand bei der Berufsgenossenschaft im Februar 2024 nicht besonders hoch. Er betrug gerade einmal 458,32 EUR. Aufgrund dieser Situation ist nicht zu erwarten, dass während des Hauptsacheverfahrens Rückstände gegenüber öffentlichen Kassen in beträchtlichem Umfang anfallen werden, die zu einer konkreten Gefahr im oben beschriebenen Sinne führen könnten.
60
Soweit sich die Antragsgegnerin schließlich auf Eintragungen im Schuldnerverzeichnis stützt, ist zu bedenken, dass auch diese Eintragungen bereits im März 2024 bzw. Juli 2024 angeordnet wurden. Ob diese Eintragungen zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses noch bestanden, ist ebenfalls offen. Insoweit ist wiederum zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin mit Schreiben vom 5.7.2024 einen nicht unerheblichen Mittelzufluss angekündigt hatte, wobei die Tilgung der Steuerrückstände dafür spricht, dass dieser tatsächlich erfolgt ist.
61
bb) Im Hinblick auf die der Antragstellerin vorgeworfenen Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Hygienevorschriften wurde bereits oben dargelegt, dass diesbezüglich wohl keine Sachverhalte vorliegen, die eine Unzuverlässigkeit der Antragstellerin bewirken könnten (vgl. oben 2. b) bb)). Selbst wenn dies jedoch der Fall sein sollte, muss bedacht werden, dass die Verstöße vollumfänglich beseitigt worden sind. Der Schädlingsbefall wurde durch einen befähigten Schädlingsbekämpfer durchgeführt, sodass nicht zu erwarten ist, dass sich dieser in nächster Zeit während der Dauer des Hauptsacheverfahrens wiederholen wird.
62
cc) Bezüglich der Möglichkeit der Abgabe von alkoholischen Getränken durch einen Automaten an Jugendliche wurde bereits dargelegt, dass der Antragstellerin kein Verstoß zur Last gelegt werden kann. Es ist nicht nachgewiesen, dass eine Ausgabe von Alkoholika durch den fraglichen Getränkeautomat überhaupt möglich war (vgl. oben 2 b) cc)).
63
dd) Ein Verstoß gegen Glücksspielrecht, der grundsätzlich zur Unzuverlässigkeit eines Gastwirts führen kann, lag dagegen vor (vgl. oben 2 b) dd)). Allerdings hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin in seiner Antragsbegründung zu Recht darauf hingewiesen, dass weitere Verstöße während der Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht zu erwarten sind. Die beiden fraglichen Geldspielgeräte wurden beschlagnahmt und befinden sich nicht mehr in der Gaststätte, sodass diese nicht mehr in Betrieb genommen werden können.
64
ee) Die noch verbleibenden Verstöße gegen Gewerberecht (Betreiben einer Autovermietung, Betreiben von …-Bussen) können zwar grundsätzlich auf eine Unzuverlässigkeit der Antragstellerin hinweisen. Andererseits stehen sie jedoch in keinem Zusammenhang mit der ihr erteilten Gaststättenerlaubnis. Diese bezieht sich nicht auf die genannten Geschäftszweige und hat mit diesen unmittelbar nichts zu tun. Der Widerruf der Gaststättenerlaubnis würde nicht bewirken, dass diese Geschäftszweige nicht mehr betrieben werden können. Insoweit wären gesonderte gewerberechtliche Maßnahmen zu treffen, die unter Umständen auch gegen Herrn … G. gerichtet sein müssten; denn nach Aktenlage ist dieser der Hauptverantwortliche für diese Geschäftszweige (vgl. dazu auch sogleich den nachfolgenden Punkt).
65
ff) Am schwerwiegendsten wiegt nach Auffassung der entscheidenden Kammer der Umstand, dass die Antragstellerin die Geschicke der Gesellschaft durch den unzuverlässigen Angestellten Herrn … G. führen lässt. Dieser leitet faktisch die Gesellschaft. Insoweit ist der Antragsgegnerin zuzugestehen, dass wohl auch während der Dauer des Hauptsacheverfahrens zu befürchten wäre, dass Herr … G. weiterhin als faktischer Geschäftsführer tätig sein würde. Allerdings kann dieser Gefahr durch ein für die Antragstellerin milderes Mittel begegnet werden, als der sofortigen Unterbindung des Geschäftsbetriebs durch den Widerruf der Gaststättenerlaubnis. Insofern wäre es wohl möglich, gegenüber der Antragstellerin ein Beschäftigungsverbot bezüglich des Herrn … G. nach § 21 Abs. 1 GastG auszusprechen. Danach kann dem Gewerbetreibenden die Beschäftigung einer Person in einem Gaststättenbetrieb untersagt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person die für ihre Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Ein derartiges Verbot würde das Ziel, den Herrn … G. von der Geschäftsführung fern zu halten, ebenso erreichen. Für die Antragstellerin wäre dies jedoch ein weniger einschneidendes Mittel, da sie den Betrieb – zumindest bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens – fortsetzen könnte.
66
Nach alledem war die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Widerruf der Gaststättenerlaubnis in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids wiederherzustellen.
67
d) In der Folge war auch die aufschiebende Wirkung der Klage in Hinblick auf die Anordnung der Schließung des Betriebs in Nr. 2 des Bescheids wiederherzustellen. Dabei kann dahinstehen, ob es sich bei der Anordnung in Nr. 2 des Bescheids tatsächlich um eine gesonderte Schließungsanordnung im Sinne der §§ 31 GastG, 15 Abs. 2 GewO handelt, wie dies die Antragsgegnerin meint, oder lediglich um die Bestimmung einer hinreichenden Abwicklungsfrist, die der Antragstellerin eine geordnete Betriebseinstellung ermöglichen soll. Beides würde in jedem Fall voraussetzen, dass der Widerruf der Gaststättenerlaubnis zum Zeitpunkt des Fristablaufs vollziehbar ist.
68
e) Bezüglich der Androhung unmittelbaren Zwangs in Nr. 3 des Bescheids vom 22.10.2024 für den Fall der Nichtbeachtung der Verfügung unter Nr. 2 war die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Nachdem bezüglich der Nr. 2 die aufschiebende Wirkung wiederhergestellt wurde, fehlt es insoweit an einem vollziehbaren Grundverwaltungsakt im Sinne des Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Die Frage, ob vorliegend überhaupt die Androhung unmittelbaren Zwangs im Sinne des Art. 34 VwZVG möglich war, braucht daher nicht beantwortet zu werden. Problematisch erscheint insoweit, dass gemäß Art. 34 Satz 1 VwZVG unmittelbarer Zwang nur angewendet werden darf, wenn sonstige zulässige Zwangsmittel nicht zum Ziel führen würden. Daher stellt sich die Frage, ob nicht zunächst vorrangig ein Zwangsgeld hätte angedroht werden müssen.
69
f) Zuletzt war die aufschiebende Wirkung auch in Bezug auf die Kostenentscheidung in Nr. 5. Bescheids vom 22.10.2024 wiederherzustellen. Da die Vollziehbarkeit der Kostenentscheidung als Nebenentscheidung nach der hier vertretenen Auffassung der Vollziehbarkeit der Grundentscheidung folgt, führt die vorzunehmende Interessenabwägung dazu, dass der Antrag auch insoweit Erfolg hat.
70
Die Kostenentscheidung des Gerichts ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
71
Die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG und den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Bei einem Streit um eine Gaststättenkonzession ist danach in der Hauptsache ein Mindeststreitwert in Höhe von 15.000,- EUR vorgesehen, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren ist.