Inhalt

VG Regensburg, Beschluss v. 31.07.2025 – RN 5 S 25.960
Titel:

Rechtmäßigkeit einer Vielzahl von Anordnungen zur Beseitigung von Hygienemängeln in einer Bäckerei inklusive der Anordnung zur Vorlage eines Sanierungsplans., Unzulässigkeit des Eilrechtsschutzverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO, sofern Anordnungen bereits erfüllt wurden., Unerheblichkeit einer fehlerhaften Anhörung vor Bescheidserlass, da keine andere Entscheidung hätte ergehen können, Art. 46 BayVwVfG.

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
LFGB § 39 Abs. 2 i.V.m. Art. 138 Abs. 1 VO (EU) Nr. 2017/625 (KontrollV)
Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II VO (EG) Nr. 852/2004
BayVwVfG Art. 28 Abs. 1, 46
Schlagworte:
Rechtmäßigkeit einer Vielzahl von Anordnungen zur Beseitigung von Hygienemängeln in einer Bäckerei inklusive der Anordnung zur Vorlage eines Sanierungsplans., Unzulässigkeit des Eilrechtsschutzverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO, sofern Anordnungen bereits erfüllt wurden., Unerheblichkeit einer fehlerhaften Anhörung vor Bescheidserlass, da keine andere Entscheidung hätte ergehen können, Art. 46 BayVwVfG.
Fundstelle:
BeckRS 2025, 20081

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 15.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin, der 64 zwangsgeldbewehrte lebensmittelrechtliche Anordnungen enthält.
2
Aufgrund eines am 24.2.2025 bei der Regierung von Niederbayern eingegangenen und an die Antragsgegnerin weitergeleiteten anonymen Hinweises, wonach in der von der Antragstellerin angemieteten Backstube in der …, … … „nicht annehmbare hygienische und erhebliche bautechnische Mängel“ vorhanden seien, führte die Antragsgegnerin am 12.3.2025 eine unangekündigte Betriebskontrolle nach dem Vier-Augen-Prinzip mit zwei fachlich ausgebildeten Verbraucherschutzbeamten durch. Die Kontrolle betraf das Obergeschoss der Backstube. Die dabei festgestellten Mängel wurden fotografisch dokumentiert (Bl. 7 bis 385 der Behördenakte) und in einem umfangreichen Kontrollbericht vom 12.3.2024 festgehalten (Bl. 386 bis 403 ff. der Behördenakte).
3
Einleitend wird in dem Bericht ausgeführt, das Gebäude sowie dessen Instandhaltung befänden sich in einem unzureichenden Zustand. Während der Kontrolle seien in sämtlichen überprüften Räumlichkeiten wiederholt schimmelähnliche Verunreinigungen sowie bauliche Mängel festgestellt worden. Besonders betroffen seien beschädigte Fliesen, defekte oder fehlende Fugen sowie ablösende Wand- und Deckenfarben gewesen, die eine hygienische Reinigung erheblich erschweren und potenzielle Nistplätze für Schädlinge bieten würden. Zudem sei ein Schädlingsbefall festgestellt worden, dessen Ausmaß sich im Verlauf der Berichterstellung als umfangreicher herausgestellt habe. Mäusekot sei in mehreren Bereichen, darunter in Lager- und Produktionsräumen, nachgewiesen worden. Der Befall mit Reismehlkäfern sowie weitere Hinweise auf Insekten seien insbesondere im Bereich des Mehlsilos dokumentiert. Ein systematisches Schädlingsmonitoring fehle, sodass eine rechtzeitige Früherkennung und Bekämpfung nicht gewährleistet gewesen sei. Darüber hinaus seien technische Einrichtungen wie Verdampferschutzgitter, Lüftungssysteme und Oberflächen von Einrichtungen stark verunreinigt gewesen, wodurch die Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung offener Lebensmittel bestanden habe. Die festgestellten Mängel beträfen sowohl die bauliche und hygienische Instandhaltung als auch grundlegende Anforderungen an das Schädlingsmanagement. Zur Sicherstellung der Lebensmittelsicherheit seien umfangreiche Maßnahmen erforderlich.
4
Eine weitere Kontrolle, die das Untergeschoss der Backstube betraf, erfolgte am 20.3.2025 durch die gleichen Verbraucherschutzbeamten der Antragsgegnerin. Auch insoweit wurden die vorgefundenen Mängel fotografisch dokumentiert (Bl. 438 bis 545 der Behördenakte) und in einem Kontrollbericht festgehalten (Bl. 546 bis 558 der Behördenakte). Im Kontrollbericht wird eingangs ausgeführt, dass sich die bei der Kontrolle am 12.3.2025 im Obergeschoss festgestellten baulichen und hygienischen Mängel im Untergeschoss fortsetzten. Erhebliche Verschmutzungen, Feuchtigkeitsschäden, Schimmelbildung und Schädlingsrisiken würden die Lebensmittelsicherheit gefährden. Besonders kritisch seien strukturelle Mängel, der unbekannte Zustand der Wasserver- und Entsorgungsleitungen sowie eine unzureichende Instandhaltung. Eine umfassende Reinigung, regelmäßige Kontrollen und nachhaltige bauliche Sanierungen seien erforderlich.
5
Mit Schreiben vom 12.3.2025 sowie vom 21.3.2025 übermittelte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die beiden Kontrollberichte. Die Antragstellerin wurde zur Beseitigung der Verstöße innerhalb der in den Berichten genannten Erledigungsfristen aufgefordert. Vorsorglich wurde sie im Hinblick auf den Erlass etwaiger Anordnungen oder Maßnahmen angehört. Im Schreiben vom 12.3.2025 wurde ihr die Gelegenheit zur Stellungnahme zum Kontrollbericht vom 12.3.2025 bis zum 26.3.2025 eingeräumt. Zu den Mängeln der Kontrolle vom 20.3.2025 erhielt sie im Schreiben vom 21.3.2025 eine Stellungnahmefrist bis zum 4.4.2025.
6
Am 26.3.2025 erließ die Antragsgegnerin folgenden Bescheid:
7
1. Die Bäckerei … hat spätestens einen Tag nach Bekanntgabe dieses Bescheides einwandfreie hygienische Zustände in Ihrer Bäckerei/Produktion in der …, … herzustellen und aufrechtzuerhalten. Hierzu sind folgende Maßnahmen erforderlich und, sofern nicht einzeln anders gefordert, spätestens einen Tag nach Zugang dieses Bescheides umzusetzen:
1.1. Vorraum/Kommissionierung (vgl. Nr. 1 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
8
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche in einem hygienisch einwandfreien Zustand zu halten. Es ist sicherzustellen, dass Wandfliesenfugen, Silikondichtungsfugen sowie Decken & Wände frei von Verunreinigungen sind.
1.2. Vorraum/Kommissionierung (vgl. Nr. 2 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
9
Die ablösende Farbe an der Decke ist zu entfernen und eine glatte, leicht zu reinigende Oberfläche herzustellen. Die offenen Stellen in der Decke sind bis spätestens 12.05.2025 fachgerecht zu verschließen.
1.3. Vorraum/Kommissionierung (vgl. Nr. 3 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
10
Die beschädigte Wand ist bis spätestens 12.05.2025 instand zu setzen, sodass keine offenen Stellen oder freiliegenden Bauteile mehr vorhanden sind.
1.4. Vorraum/Kommissionierung (vgl. Nr. 4 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
11
Die Verunreinigungen am Heizkörper sind zu entfernen und der Bereich in einem hygienisch einwandfreien Zustand zu halten. Der Rost ist bis spätestens 12.05.2025 zu beseitigen.
1.5. Vorraum/Kommissionierung (vgl. Nr. 5 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
12
Die beschädigten Kantenumleimer sind bis spätestens 12.05.2025 instand zu setzen oder auszutauschen, sodass eine glatte, leicht zu reinigende Oberfläche gewährleistet ist.
1.6. Vorraum/Kommissionierung (vgl. Nr. 6 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
13
Die Verunreinigungen am Sicherungskasten sind zu entfernen und der Bereich in einem hygienisch einwandfreien Zustand zu halten.
1.7. Kühlzelle/Versand (vgl. Nr. 7 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
14
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen an den Silikonfugen sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen. Die beschädigten Silikonfugen sind bis spätestens 12.05.2025 fachgerecht zu erneuern.
1.8. Kühlzelle/Versand (vgl. Nr. 8 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
15
Das Verdampferschutzgitter, das Lüftungsgitter, alle Bewandungen sowie der Fußboden sind zu reinigen und in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen. Der beschädigte Bereich ist bis spätestens 12.05.2025 fachgerecht instand zu setzen oder auszutauschen.
1.9. Kühlzelle/Versand (vgl. Nr. 9 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
16
Die Schmutzansammlung zwischen der Fußbodenleiste und dem innenliegenden Fußboden ist zu entfernen und der Bereich in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen.
1.10. Kühlzelle/Versand (vgl. Nr. 10 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
17
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen an der Türdichtung sind zu entfernen und der Bereich in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen. Die beschädigte Türdichtung ist bis spätestens 12.05.2025 fachgerecht zu erneuern.
1.11. Nebenraum/Altbackwarenlagerung (vgl. Nr. 11 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
18
Der Rost am Türrahmen ist bis spätestens 12.05.2025 zu entfernen und die Oberfläche instand zu setzen. Es ist sicherzustellen, dass der Türrahmen in einem einwandfreien Zustand gehalten wird.
1.12. Nebenraum/Altbackwarenlagerung (vgl. Nr. 12 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
19
Die Verunreinigungen auf dem Fußboden sind zu entfernen und der Bereich in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen.
1.13. Nebenraum/Altbackwarenlagerung (vgl. Nr. 13 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
20
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen und Spinnweben sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen.
1.14. Konditorraum (vgl. Nr. 14 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
21
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen.
1.15. Konditorraum (vgl. Nr. 15 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
22
Die Verunreinigungen auf dem Fußboden sowie die schimmelähnlichen Ablagerungen und Spinnweben sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen.
1.16. Konditorraum (vgl. Nr. 16 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
23
Das beschädigte Band der Teigausrollmaschine ist bis spätestens 01.04.2025 auszutauschen oder fachgerecht instand zu setzen, um ein Fremdkörperrisiko zu vermeiden. Es ist sicherzustellen, dass alle Komponenten der Maschine in einem einwandfreien und hygienisch unbedenklichen Zustand gehalten werden.
1.17. Konditorraum (vgl. Nr. 17 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
24
Die Verunreinigungen an den Heizkörpern sind zu entfernen und der Bereich in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen.
1.18. Konditorraum (vgl. Nr. 18 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
25
Die beschädigten Decken- und Wandbereiche sind bis spätestens 12.05.2025 fachgerecht instand zu setzen, sodass eine glatte, leicht zu reinigende Oberfläche gewährleistet ist.
1.19. Raum: Froster/Gärunterbrecher (vgl. Nr. 19 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
26
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen sowie die Spinnweben an den Wänden sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen. Der Fußboden ist ebenfalls gründlich zu reinigen.
1.20. Raum: Froster/Gärunterbrecher (vgl. Nr. 20 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
27
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen an den Dachfenstern sowie sonstige Ablagerungen sind zu entfernen und die Dachfenster innenseitig in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen.
1.21. Raum: Froster/Gärunterbrecher (vgl. Nr. 21 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
28
Die ablösende Farbe an der Wand sowie der Decke ist zu entfernen und die betroffenen Bereiche in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen. Bis spätestens 12.05.2025 ist eine glatte, leicht zu reinigende Oberfläche herzustellen.
1.22. Gärunterbrecher (vgl. Nr. 22 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
29
Die Ablagerungen am Verdampferschutzgitter, am Gehäuse sowie an der gegenüberliegenden Wandseite sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen.
1.23. Gärunterbrecher (vgl. Nr. 23 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
30
Der gesamte Innenraum des Gärunterbrechers ist einer Grundreinigung zu unterziehen. Die beschädigten Silikonfugen sind bis spätestens 12.05.2025 fachgerecht zu erneuern.
1.24. Gärunterbrecher (vgl. Nr. 24 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
31
Die beschädigte Wandverkleidung ist bis spätestens 12.05.2025 instand zu setzen oder auszutauschen.
32
Die defekte Silikonfuge ist bis spätestens 12.05.2025 fachgerecht zu erneuern, um eine leicht zu reinigende, geschlossene Oberfläche herzustellen.
33
Die Öffnung zwischen Wand und Fußboden ist bis spätestens 12.05.2025 fachgerecht zu verschließen.
34
Die Verunreinigungen an Türschalter, Filter und Verteilerdose sind zu entfernen.
1.25. Froster (vgl. Nr. 25 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
35
Die Verunreinigungen an den Verdampferschutzgittern und der Rohrleitung sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche sind in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen.
1.26. Froster (vgl. Nr. 26 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
36
Der Fußboden ist in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen.
1.27. Froster (vgl. Nr. 27 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
37
Die beschädigten und verunreinigten Silikonfugen des Fußbodens sind zu reinigen. Die defekten Fugen sind bis spätestens 12.05.2025 fachgerecht zu erneuern.
1.28. Froster (vgl. Nr. 28 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
38
Die Verunreinigungen an der Auffahrrampe für den Froster sowie die ausgetretene Flüssigkeit sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche, einschließlich des Bereichs unterhalb der Rampe, sind gründlich zu reinigen und zu desinfizieren.
1.29. Backstube (vgl. Nr. 29 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
39
Alle offen gelagerten Lebensmittel sind abzudecken oder in geeigneten, verschließbaren Behältnissen aufzubewahren.
1.30. Backstube (vgl. Nr. 30 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
40
Die Verunreinigungen, insbesondere der Mäusekot, sind gründlich zu entfernen und die betroffenen Bereiche vollständig zu reinigen und zu desinfizieren.
41
Ein professioneller Schädlingsbekämpfer ist hinzuzuziehen, um den Befall zu beurteilen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
1.31. Backstube (vgl. Nr. 31 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
42
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche gründlich zu reinigen und zu desinfizieren.
43
Die beschädigten Fliesen sowie die defekten, verunreinigten oder fehlenden Fugen sind bis spätestens 12.05.2025 fachgerecht instand zu setzen, um eine leicht zu reinigende Oberfläche sicherzustellen und potenzielle Schädlingsnistplätze zu vermeiden.
1.32. Backstube (vgl. Nr. 32 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
44
Die Verunreinigungen an den Heizkörpern sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche gründlich zu reinigen.
1.33. Backstube (vgl. Nr. 33 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
45
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen an den Wand- und Deckenbereichen an den Fenstern sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche gründlich zu reinigen sowie in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen.
46
Lebensmittel sind stets abgedeckt oder verschlossen zu lagern, um eine Kontamination zu vermeiden.
1.34. Backstube (vgl. Nr. 34 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
47
Das Mehlsilo ist bis spätestens zum 12.05.2025 zu öffnen und ggf. zu reinigen. Das Panzerband am Silo und am Austragssystem ist vollständig zu entfernen und alle betroffenen Flächen sind so instand zu setzen, dass eine glatte, leicht zu reinigende Oberfläche gewährleistet ist. Zudem ist der defekte Textilschlauch am Auslauf zu entfernen oder durch ein einwandfreies Material zu ersetzen, um eine Fremdkörpergefahr zu vermeiden.
1.35. Backstube (vgl. Nr. 35 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
48
Die Verunreinigungen am Wandlüfter sind zu entfernen und der Bereich in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen.
1.36. alter Gärraum (vgl. Nr. 37 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
49
Die Verunreinigungen am Fußboden unterhalb der Wandverkleidung sind zu entfernen und der betroffene Bereich ist gründlich zu reinigen und zu desinfizieren.
1.37. Eigenkontrollregime (vgl. Nr. 39 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
50
Ein geeignetes Verfahren zur Früherkennung von Schädlingen (Schädlingsmonitoring) ist einzuführen, um eine mögliche Kontamination von Lebensmitteln zu verhindern.
51
Es sind regelmäßige, beispielsweise monatliche, Kontrollen durchzuführen, die folgende Maßnahmen umfassen:
- Einsatz von wirkstofffreien Monitorfallen, Köderboxen für Schadnager sowie Pheromon(klebe) fallen für Schaben, Käfer und Motten.
- Regelmäßige Erneuerung der eingesetzten Monitorfallen gemäß den Herstellerangaben.
- Dokumentation der Kontrollergebnisse (Befall ja/nein, Art der Schädlinge, betroffene Bereiche) sowie der ggf. durchgeführten Maßnahmen.
- Kennzeichnung der Positionierung der Monitorfallen auf einem Gebäudegrundrissplan.
Hinweis:
52
Wird ein Befall von Schadnagern (Ratten, Mäusen) festgestellt, darf die Bekämpfung nur durch eine sachkundige Person mit Sachkundenachweis gemäß § 4 TierSchG erfolgen.
1.38. Betrieb – Allgemein (vgl. Nr. 40 Kontrollbericht vom 12.03.2025)
53
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen an den Fenstern sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche gründlich zu reinigen und zu desinfizieren.
54
Die baulichen Mängel an den Fenstern sind bis spätestens 12.05.2025 fachgerecht instand zu setzen, um eine intakte und leicht zu reinigende Oberfläche sicherzustellen.
1.39. Nebenraum/UG-Treppe (vgl. Nr. 1 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
55
Die Verunreinigungen an der Verbindungstür vom Untergeschoss zur Produktion im Obergeschoss sind zu entfernen und der Bereich gründlich zu reinigen und zu desinfizieren.
1.40. Nebenraum/UG-Treppe (vgl. Nr. 2 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
56
Die Verunreinigungen am Heizkörper sind zu entfernen und der Bereich gründlich zu reinigen.
1.41. UG/Mehlsilos (vgl. Nr. 3 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
57
Die Spinnweben an der Decke, den Rohrleitungen, den Mehlsilos und teilweise an den Wänden sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche sind gründlich zu reinigen.
1.42. UG/Mehlsilos (vgl. Nr. 4 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
58
Die verkrusteten Ablagerungen unter dem Mehlsilo sind vollständig zu entfernen und der betroffene Bereich gründlich zu reinigen und zu desinfizieren.
1.43. UG/Mehlsilos (vgl. Nr. 5 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
59
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen sowie der lose Putz/Wandfarbe an der Wand hinter den Filtern im Mehlsiloraum sind zu entfernen und der betroffene Bereich gründlich zu reinigen und zu desinfizieren.
60
Die feuchtigkeitsbedingten Schäden an der Wand sind bis spätestens 20.05.2025 fachgerecht instand zu setzen.
1.44. UG/Mehlsilos (vgl. Nr. 6 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
61
Die offenen Rohrleitungen des Mehlsilos Nr. 2, das nicht mehr genutzt wird, sind bis spätestens 20.04.2025 fachgerecht zu verschließen, um potenzielle Schädlingsnistplätze zu vermeiden.
1.45. UG/Waschraum (vgl. Nr. 7 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
62
Die Spinnweben im Wand-Deckenbereich sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche gründlich zu reinigen.
1.46. UG/Waschraum (vgl. Nr. 8 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
63
Das stehende Wasser und die darin befindlichen Ablagerungen im eingelassenen Bodenablauf sind zu entfernen. Der betroffene Bereich ist gründlich zu reinigen und zu desinfizieren.
64
Falls der Abfluss weiterhin benötigt wird, ist dieser mit einem geeigneten, engmaschigen Gitter, einer abnehmbaren Abdeckung, einer Klappe oder einer anderen Alternative zu sichern und regelmäßig zu spülen, um eine einwandfreie Funktion zu gewährleisten und Wasseransammlungen mit Ablagerungen zu vermeiden.
65
Falls der Abfluss nicht mehr benötigt wird, ist dieser bis spätestens 20.05.2025 fachgerecht zu verschließen.
1.47. UG/Waschraum (vgl. Nr. 9 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
66
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen an den Wänden rechts vom Eingang und der ablösende Putz/Wandfarbe sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche gründlich zu reinigen und zu desinfizieren.
67
Die feuchtigkeitsbedingten Schäden an den Wänden sind bis spätestens 20.05.2025 fachgerecht instand zu setzen, sodass eine intakte Oberfläche gewährleistet ist.
1.48. UG/Waschraum (vgl. Nr. 10 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
68
Die betroffenen Deckenbereiche sind bis spätestens 20.05.2025 fachgerecht instand zu setzen, sodass eine intakte Oberfläche gewährleistet ist.
1.49. UG/Heizungsraum (vgl. Nr. 11 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
69
Der Mäusekot ist zu entfernen und der gesamte Raum gründlich zu reinigen und zu desinfizieren. Ein professioneller Schädlingsbekämpfer ist hinzuzuziehen, um den Befall zu beurteilen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
1.50. UG/Heizungsraum (vgl. Nr. 12 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
70
Die Öffnungen im Wandbereich sind bis spätestens 20.05.2025 fachgerecht zu verschließen oder so abzusichern, dass weder Schädlinge noch Fremdstoffe eindringen können.
1.51. UG/Heizungsraum (vgl. Nr. 13 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
71
Die Gegenstände, die für den Lebensmittelkontakt vorgesehen sind, sind ordnungsgemäß zu reinigen und hygienisch einwandfrei zu lagern. Falls diese und die anderen gelagerten Gegenstände nicht mehr genutzt werden, sind sie aus dem Lebensmittelbetrieb zu entfernen.
1.52. UG/Heizungsraum (vgl. Nr. 14 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
72
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen und Schmutzablagerungen an den Wänden, besonders im Bereich der Heizungsleitungen, sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche gründlich zu reinigen und zu desinfizieren. Die feuchtigkeitsbedingten Schäden an den Wänden sind bis spätestens 20.05.2025 fachgerecht instand zu setzen, sodass eine intakte Oberfläche gewährleistet ist.
1.53. UG/Heizungsraum (vgl. Nr. 15 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
73
Das Fenster ist entweder geschlossen zu halten oder bis spätestens 20.05.2025 mit einem zu Reinigungszwecken leicht entfernbaren Insektenschutz auszustatten.
1.54. UG/Heizungsraum (vgl. Nr. 16 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
74
Die feuchtigkeitsbedingten Schäden an der Decke sind bis spätestens 20.05.2025 fachgerecht instand zu setzen, sodass eine intakte und hygienisch einwandfreie Oberfläche gewährleistet ist.
1.55. UG/Personalumkleide (vgl. Nr. 17 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
75
Die Verunreinigungen am Fußboden unter den Einrichtungen sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche gründlich zu reinigen und zu desinfizieren. Die unter dem Spind gelagerten Schuhe sind zu entfernen und der Bereich vollständig zu säubern.
1.56. UG/Personalumkleide (vgl. Nr. 18 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
76
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen und Feuchtigkeitsrückstände an Wand- und Deckenbereichen sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche gründlich zu reinigen und zu desinfizieren. Die feuchtigkeitsbedingten Schäden an der Decke sind bis spätestens 20.05.2025 fachgerecht zu sanieren, sodass eine intakte, leicht zu reinigende Oberfläche gewährleistet ist und das Risiko von Materialablösungen ausgeschlossen wird.
1.57. UG/Personalumkleide (vgl. Nr. 19 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
77
Die Verunreinigungen in den Spinden sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche gründlich zu reinigen und zu desinfizieren. Der Unrat ist sofort zu beseitigen.
1.58. UG/Personalumkleide (vgl. Nr. 20 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
78
Der Durchbruch im Bodenbereich des Türrahmens ist bis spätestens 20.05.2025 fachgerecht zu verschließen.
1.59. UG/Personalumkleide (vgl. Nr. 21 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
79
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen an den unteren Wandbereichen sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche gründlich zu reinigen und zu desinfizieren. Die feuchtigkeitsbedingten Schäden an den Wänden sind bis spätestens 20.05.2025 fachgerecht instand zu setzen, um eine intakte, leicht zu reinigende Oberfläche zu gewährleisten und eine weitere Freisetzung von Partikeln oder Schimmelsporen zu verhindern.
1.60. UG/Gang/Verbindungsgang (vgl. Nr. 22 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
80
Die schimmelähnlichen Verunreinigungen an der Wand sind zu entfernen und die betroffenen Bereiche gründlich zu reinigen und zu desinfizieren. Die feuchtigkeitsbedingten Schäden an der Wand sind bis spätestens 20.05.2025 fachgerecht zu sanieren, sodass eine intakte, leicht zu reinigende Oberfläche gewährleistet ist und eine weitere Freisetzung von Schimmelsporen oder Putzpartikeln ausgeschlossen wird.
1.61. UG/Personaltoilette (vgl. Nr. 23 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
81
Die Verunreinigungen an der Tür sind zu entfernen und die Tür gründlich zu reinigen und zu desinfizieren.
1.62. Eigenkontrollregime (vgl. Nr. 24 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
82
Die vollständige Dokumentation der Schädlingsbekämpfung und des Schädlingsmonitorings der letzten drei Jahre ist bis spätestens 03.04.2025 vorzulegen und zukünftig auf Verlangen der zuständigen Behörde zur Einsicht vorzuhalten.
1.63. Eigenkontrollregime (vgl. Nr. 25 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
83
Die Dokumentation der Wiederholungsbelehrung(en) gemäß Infektionsschutzgesetz ist der Überwachungsbehörde bis spätestens 01.04.2025 vorzulegen und zukünftig im Betrieb vorzuhalten. Beim Fehlen einer solchen müssen die Personen unverzüglich an einer Wiederholungsbelehrung teilnehmen. Die Teilnahme an der Belehrung ist zu dokumentieren.
1.64. Sanierungskonzept (vgl. Nr. 26 Kontrollbericht vom 21.03.2025)
84
Es ist bis spätestens 30.06.2025 ein vollumfänglicher Sanierungsplan der Betriebsstätte vorzulegen, welcher insbesondere die kausalen Ursachen für die baulichen Mängel und den Feuchtigkeitseintrag/Schimmelbefall sowie geeignete Maßnahmen zur Behebung dieser und letztlich zur Herstellung einer dauerhaft einwandfreien Lebensmittelhygiene umfasst.
85
Der o. g. Sanierungsplan muss daher insbesondere umfassen:
- eine detaillierte und fachliche Ursachenanalyse der Feuchtigkeitsschäden bzw. des Feuchtigkeits-/Schimmeleintrags,
- eine umfassende und fachliche Prüfung der Frisch- und Abwasserleitungen,
- eine umfassende fachliche Prüfung der baulichen Mängel,
- zu den vorgenannten Punkten jeweils zielführende fachliche Maßnahmen bzw. Lösungsvorschläge, die eine dauerhaft einwandfreie Lebensmittelhygiene gewährleisten.
86
Die Anforderungen basieren auf der Verordnung (EG) Nr. 852/2004, insbesondere Anhang II, der bauliche Vorgaben zur Lebensmittelsicherheit regelt.
87
Die Sanierung der Produktionsstätte, welche das Ziel der Herstellung einer einwandfreien Lebensmittelhygiene in der Betriebsstätte hat, muss bis spätestens 31.03.2026 vollständig abgeschlossen sein. Alternativ kann ein mit der Lebensmittelüberwachung der Stadt X … abgestimmter detaillierter Zeitplan mit plausiblen Etappenzielen vorgelegt werden, der die notwendigen Sanierungsmaßnahmen bis spätestens 31.05.2026 gewährleistet.
88
Die bauliche Sanierung muss folgende Maßnahmen umfassen:
a) Feuchtigkeitsschäden und Schimmelbildung
- Identifikation und nachhaltige Beseitigung der Ursachen der Feuchtigkeitseinwirkung (z. B. aufsteigende Feuchte, Undichtigkeiten, Kondensationsprobleme).
- Fachgerechte und nachhaltige Trockenlegung aller betroffenen Wand-, Decken- und Fußbodenbereiche.
- Nachhaltige Erneuerung von beschädigten Putz- und Wandstrukturen, die durch Feuchtigkeit geschädigt wurden.
- Sicherstellung einer ausreichenden Belüftung, um erneute Feuchtigkeitsbildung zu vermeiden.
89
Diese Maßnahmen entsprechen den Anforderungen der VO (EG) Nr. 852/2004, Anhang II, Kapitel I, bezüglich der Beschaffenheit von Betriebsräumen und der Vermeidung von Kontaminationen durch bauliche Mängel.
b) Sanierung der Rohrleitungen
- Umfassende Überprüfung des gesamten Rohrleitungssystems zur Frisch- und Abwasserversorgung.
- Fachgerechte Instandsetzung oder Erneuerung von undichten oder nicht sachgemäßen Rohrleitungen.
- Vermeidung von Leckagen und Feuchtigkeitseintrag in Wand- und Bodenstrukturen.
90
Gemäß VO (EG) Nr. 852/2004, Anhang II, Kapitel I und II, müssen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung so gestaltet sein, dass sie keine Kontaminationsrisiken für Lebensmittel darstellen.
c) Sanierung von Oberflächen und Bausubstanz
- Beseitigung aller baulichen Mängel, insbesondere in hygienisch sensiblen Bereichen.
- Erneuerung schadhafter oder nicht hygienischer Boden-, Wand- und Deckenbeläge.
- Sicherstellung, dass alle Oberflächen glatt, dicht, leicht zu reinigen und instandhaltbar sind.
91
Diese Anforderungen richten sich nach VO (EG) Nr. 852/2004, Anhang II, Kapitel II, wonach Oberflächen glatt, dicht und leicht zu reinigen sein müssen.
92
Alle durchgeführten Sanierungsmaßnahmen sind vollständig zu dokumentieren. Nachweise über die fachgerechte Umsetzung sind der zuständigen Behörde unverzüglich nach Abschluss der Maßnahmen vorzulegen.
93
Die Bäckerei … kann sich an der Branchenleitlinie für eine gute Lebensmittelhygiene-Praxis im Bäcker- und Konditorenhandwerk orientieren. Diese wurde vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks erstellt, von den zuständigen Bundes- und Landesbehörden geprüft und von der EU-Kommission anerkannt. Sie konkretisiert die Anforderungen der VO (EG) Nr. 852/2004.
94
2. Die sofortige Vollziehung der Anordnungen unter Ziffer 1 dieses Bescheides wird hiermit im öffentlichen Interesse angeordnet.
95
3. Für den Fall der Nichteinhaltung oder nicht fristgerechten Einhaltung der oben getroffenen Anordnungen …
96
[Es folgen Zwangsgeldandrohungen in unterschiedlicher Höhe für alle Anordnungen im Bescheid. Soweit in einer Anordnung mehrere Handlungen gefordert werden, werden insoweit auch jeweils gesonderte Zwangsgelder für jede Anordnung angedroht. Diesbezüglich wird auf den streitgegenständlichen Bescheid (Bl. 608 ff. der Behördenakte) Bezug genommen.]
97
4. Die Bäckerei … hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
98
5. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 1.551,04 € festgesetzt. Die Auslagen betragen 3,60 €.
99
In den Gründen des Bescheides werden die Feststellungen in den Kontrollberichten vom 12.3.2025 und vom 21.3.2025, die den einzelnen Anordnungen zugrunde liegen, detailliert dargestellt. Dann wird ausgeführt, dass eine Anhörung der Antragstellerin vor Erlass des Bescheids unterblieben sei. Sie sei gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 und 2 BayVwVfG verzichtbar, da die Beseitigung der Mängel sofort erforderlich sei, da ansonsten erhebliche Gefahren für die Verbraucher zu befürchten seien.
100
Die rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass der Anordnungen seien nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB und nach Art. 54 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 882/2014 gegeben. Danach treffe die Antragsgegnerin als zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich seien. Im Einzelnen seien die Anordnungen aufgrund folgender Verstöße angeordnet worden:
̶ Zu Ziffer 1.1, 1.7, 1.13, 1.14, 1.19, 1.24: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. II Nr. 1 a VO (EG) Nr. 852/2004 seien die Bodenbeläge in einwandfreiem Zustand zu halten und müssten leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein. Sie müssten entsprechend wasserundurchlässig, wasserabstoßend und abriebfest sein und aus nichttoxischem Material bestehen.
̶ Zu Ziffer 1.1, 1.2, 1.3, 1.7, 1.13, 1.14, 1.18, 1.19, 1.21, 1.24, 1.31, 1.38, 1.43, 1.60: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. II Nr. 1 b VO (EG) Nr. 852/2004 seien die Wandflächen in einwandfreiem Zustand zu halten und müssten leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein. Sie müssten entsprechend wasserundurchlässig, wasserabstoßend und abriebfest sein und aus nichttoxischem Material bestehen sowie bis zu einer den jeweiligen Arbeitsvorgängen angemessenen Höhe glatte Flächen aufweisen.
̶ Zu Ziffer 1.1, 1.2, 1.7, 1.13, 1.14, 1.18, 1.19, 1.21, 1.31: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. II Nr. 1 c VO (EG) Nr. 852/2004 müssten Decken und Deckenstrukturen so gebaut und verarbeitet sein, dass Schmutzansammlungen vermieden und Kondensation, unerwünschter Schimmelbefall sowie das Ablösen von Materialteilchen auf ein Mindestmaß beschränkt würden.
̶ Zu Ziffer 1.1, 1.2, 1.5, 1.7, 1.14, 1.34, 1.60: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. II Nr. 1 f VO (EG) Nr. 852/2004 seien Flächen (einschließlich Flächen von Ausrüstungen) in Bereichen, in denen mit Lebensmitteln umgegangen werde, und insbesondere Flächen, die mit Lebensmitteln in Berührung kämen, in einwandfreiem Zustand zu halten und müssten leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein. Sie müssten entsprechend aus glattem, abriebfestem, korrosionsfestem und nichttoxischem Material bestehen.
̶ Zu Ziffer 1.1, 1.2, 1.3, 1.7, 1.8, 1.14, 1.18, 1.22, 1.23, 1.25, 1.29, 1.30, 1.31, 1.33, 1.38, 1.39, 1.42, 1.43, 1.49, 1.52, 1.54, 1.56, 1.59, 1.60, 1.61: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. IX Nr. 3 VO (EG) Nr. 852/2004 seien Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebs vor Kontaminationen zu schützen, die sie für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder gesundheitsschädlich machten bzw. derart kontaminierten, dass ein Verzehr in diesem Zustand nicht zu erwarten wäre.
̶ Zu Ziffer 1.7, 1.8, 1.14, 1.18, 1.29, 1.30, 1.31, 1.33 1.38, 1.43, 1.56, 1.59, 1.60: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. IX Nr. 2 VO (EG) Nr. 852/2004 seien Rohstoffe und alle Zutaten, die in einem Lebensmittelunternehmen vorrätig gehalten würden, so zu lagern, dass gesundheitsgefährdender Verderb verhindert werde und Schutz vor Kontamination gewährleistet sei.
̶ Zu Ziffer 1.4, 1.6, 1.8, 1.9, 1.10, 1.11, 1.12, 1.13, 1.15, 1.17, 1.19, 1.20, 1.22, 1.23, 1.24, 1.25, 1.26, 1.27, 1.28, 1.32, 1.33, 1.35, 1.36, 1.38, 1.39, 1.40, 1.41, 1.42, 1.45, 1.46, 1.47, 1.48, 1.55, 1.56, 1.57, 1.58, 1.59, 1.60, 1.61: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. I Nr. 1 VO (EG) Nr. 852/2004 müssten Betriebsstätten sauber und stets instandgehalten sein.
̶ Zu Ziffer 1.14, 1.38, 1.53: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. II Nr. 1 d VO (EG) Nr. 852/2004 müssten Fenster und andere Öffnungen so gebaut sein, dass Schmutzansammlungen vermieden würden. Soweit sie nach außen öffnen könnten, müssten sie erforderlichenfalls mit Insektengittern versehen sein, die zu Reinigungszwecken leicht entfernt werden könnten. Soweit offene Fenster die Kontamination begünstigten, müssten sie während des Herstellungsprozesses geschlossen und verriegelt bleiben.
̶ Zu Ziffer 1.16, 1.34: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. V Nr. 1b VO (EG) Nr. 852/2004 müssten Gegenstände, Armaturen und Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kämen, so gebaut, beschaffen und instandgehalten sein, dass das Risiko einer Kontamination so gering wie möglich sei.
̶ Zu Ziffer 1.19, 1.30, 1.43, 1.44, 1.46, 1.47, 1.48, 1.50, 1.51, 1.52, 1.54, 1.56, 1.58, 1.59, 1.60: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. I Nr. 2 a-b VO (EG) Nr. 852/2004 müssten Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen werde, so angelegt, konzipiert, gebaut, gelegen und bemessen sein, dass eine angemessene Instandhaltung, Reinigung und/oder Desinfektion möglich sei, aerogene Kontaminationen vermieden oder auf ein Mindestmaß beschränkt würden und ausreichende Arbeitsflächen vorhanden sein, die hygienisch einwandfreie Arbeitsgänge ermöglichten sowie die Ansammlung von Schmutz, der Kontakt mit toxischen Stoffen, das Eindringen von Fremdteilchen in Lebensmittel, die Bildung von Kondensflüssigkeit oder unerwünschte Schimmelbildung auf Oberflächen vermieden werde.
̶ Zu Ziffer 1.30, 1.44, 1.46, 1.49, 1.50, 1.51, 1.52, 1.54, 1.56, 1.58, 1.59, 1.60: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. I Nr. 2 c VO (EG) Nr. 852/2004 müssten Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen werde, so angelegt, konzipiert, gebaut, gelegen und bemessen sein, dass gute Lebensmittelhygiene, einschließlich Schutz gegen Kontaminationen und insbesondere Schädlingsbekämpfung, gewährleistet sei.
̶ Zu Ziffer 1.30, 1.34, 1.37, 1.49, 1.62: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. IX Nr. 4 VO (EG) Nr. 852/2004 seien geeignete Verfahren zur Bekämpfung von Schädlingen vorzusehen.
̶ Zu Ziffer 1.34: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. V Nr. 1a VO (EG) Nr. 852/2004 müssten Gegenstände, Armaturen und Ausrüstungen, mit denen Lebensmittel in Berührung kämen, gründlich gereinigt und erforderlichenfalls desinfiziert werden. Die Reinigung und die Desinfektion müsse so häufig erfolgen, dass kein Kontaminationsrisiko bestehe.
̶ Zu Ziffer 1.46: Gemäß Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anh. II Kap. I Nr. 8 VO (EG) Nr. 852/2004 müssten Abwasserableitungssysteme zweckdienlich sein. Sie müssten so konzipiert und gebaut sein, dass jedes Kontaminationsrisiko vermieden werde. Offene oder teilweise offene Abflussrinnen müssten so konzipiert sein, dass die Abwässer nicht aus einem kontaminierten zu einem oder in einen reinen Bereich, insbesondere einen Bereich fließen könnten, in dem mit Lebensmitteln umgegangen werde, die ein erhöhtes Risiko für die Gesundheit des Endverbrauchers darstellen könnten.
̶ Zu Ziffer 1.63: Gemäß § 43 Abs. 4 IfSG habe der Arbeitgeber Personen, die eine der in § 42 Abs. 1 Satz 1 oder 2 genannten Tätigkeiten ausübten, nach Aufnahme ihrer Tätigkeit und im Weiteren alle zwei Jahre über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtung nach Absatz 2 zu belehren. Die Teilnahme an der Belehrung sei zu dokumentieren.
̶ Zu Ziffer 1.64: Die Anforderungen des Sanierungskonzepts basierten auf der Verordnung (EG) Nr. 852/2004, insbesondere Anhang II.
101
Durch den ordnungswidrigen Betrieb der Bäckerei/Produktion sowie auch als Inhaberin der tatsächlichen Herrschaft sei die Antragstellerin Handlungs- und Zustandsstörerin und als solche für die Einhaltung lebensmittelrechtlicher Bestimmungen verantwortlich. Die Maßnahmen seien nach pflichtgemäßem Ermessen angeordnet worden, um Gefahren für die Verbraucher abzuwehren und rechtmäßige Zustände herzustellen. Die geforderten Maßnahmen seien tatsächlich und rechtlich möglich sowie auch geeignet, ordnungsgemäße Zustände herzustellen und diese aufrecht zu erhalten. Mildere, gleich wirksame Mittel zur Sicherstellung der erforderlichen Hygiene und der Verkehrssicherheit zum Schutz der Verbraucher seien nicht ersichtlich. Die getroffenen Maßnahmen würden zwar in die Berufsfreiheit der Antragstellerin (Art. 12 Abs. 1 Satz 1, 19 Abs. 3 GG) eingreifen, sie seien jedoch als berufsregelnde Verbraucherschutzmaßnahmen (Schutz der Gesundheit und des Lebens) möglich. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung seien die Belange der Verbraucher höherrangig. Bei fehlender bzw. auch bei nicht ausreichender allgemeiner Hygiene sei eine Kontamination von Lebensmitteln zu besorgen, weshalb es legitimen Gründen des Gemeinwohls entspreche, die Verbraucher vor dadurch entstehenden Gesundheitsgefahren und inakzeptablen Produkten zu schützen.
102
Der Sofortvollzug sei gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse angeordnet worden, weil es sich um Anordnungen lebensmittelrechtlicher Art handele, deren Beachtung im öffentlichen Interesse liege. Bei Nichtbeachtung der angeordneten Verpflichtungen könnten gesundheitliche Nachteile für den Verbraucher entstehen. Es liege im öffentlichen Interesse, dass nur sichere Lebensmittel in den Verkehr gebracht würden. Die Notwendigkeit, die erforderlichen hygienisch einwandfreien Zustände herzustellen und die Verbraucher zu schützen, überwiege das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.
103
Hinsichtlich der weiteren Begründung des Bescheids wird auf den Inhalt des der Antragstellerin am 28.3.2025 zugestellten Bescheids verwiesen.
104
Am 25.4.2025 ließ die Antragstellerin Klage gegen den Bescheid erheben, die unter dem Aktenzeichen RN 5 K 25.961 geführt wird, und zugleich um vorläufigen Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO nachsuchen.
105
So sei schon die Anordnung des Sofortvollzugs rechtswidrig. Es werde hier der Schutz der Verbraucher ins Feld geführt, ohne die Interessen der Antragstellerin angemessen zu gewichten. Der Sofortvollzug werde letztlich allein mit der Argumentation begründet, dass es sich um lebensmittelrechtliche Anordnungen handele, die dem Schutz der Verbraucher dienten. Mit dieser Argumentation könnten im Ergebnis lebensmittelrechtliche Anordnungen jeglicher Art für sofort vollziehbar erklärt werden, was der Intention des Gesetzgebers widerspräche. Die Anordnung verletze das Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) und greife in unzulässiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und in die Eigentumsgarantie der Antragstellerin als GmbH (Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 3 GG) ein. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass sich die Zustände in der Backstube im Vergleich zum vorherigen Betreiber, der nicht beanstandet worden sei, nicht geändert hätten.
106
Die getroffenen Anordnungen seien formell und materiell rechtswidrig. So sei die Antragstellerin schon nicht ordnungsgemäß gemäß Art. 28 BayVwVfG angehört worden.
107
In materieller Hinsicht trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, sie habe die Betriebsstätte in der …Straße … am …2021 vom Eigentümer – Herrn … – gepachtet. Die Räumlichkeiten seien über Jahrzehnte von der Firma des Herrn … – der … – zur Herstellung von Back- und Konditoreiwaren genutzt worden. Beim Voreigentümer sei es zu keinen Beanstandungen gekommen. Obwohl antragstellerseits keine Änderungen vorgenommen worden seien, komme es nunmehr jedoch zu umfangreichen Beanstandungen. Die Antragstellerin vermute, dass der derzeit bei der Antragsgegnerin zuständige Verbraucherschutzbeamte – Herr … – besonders kleinlich und voreingenommen agiere. Es würden nunmehr Zustände bemängelt, die bereits über Jahrzehnte vorhanden gewesen und von den damals zuständigen Berufskollegen des Überwachungsbeamten als nicht rügenswert angesehen worden seien. Es werde daher beantragt, auch die Akten zu Betriebskontrollen vorzulegen, die vor der Übernahme der Räumlichkeiten durch die Antragstellerin beim Vorgängerbetrieb durchgeführt worden seien.
108
Ferner werde bemängelt, dass einzelne Positionen aus dem Kontrollbericht vom 12.3.2025 spätestens einen Tag nach Bekanntgabe umzusetzen seien. Für eine ordnungsgemäße Umsetzung sei dieser Zeitraum zu kurz.
109
Bauliche Maßnahmen, deren Durchführung bis zum 12.5.2025 verlangt würde, seien seit Jahrzehnten seitens der Antragsgegnerin nicht gefordert worden. Nunmehr werde jedoch eine kurzfristige Umsetzung erbeten, wobei im Bescheid lediglich unsubstantiiert angegeben werde, dass die jeweiligen Gegebenheiten „in einen hygienisch einwandfreien Zustand zu versetzen“ seien. Eine substantiierte Angabe, welche Handlungen durchzuführen seien, fehle. Der Bescheid sei mithin unverhältnismäßig und nicht hinreichend bestimmt genug. Auch sei die Antragstellerin vor Bescheidserlass nicht angehört worden. Ferner sei zu bedenken, dass der Antragstellerin auch Eingriffe in die Bausubstanz – etwa die Sanierung des Rohrleitungssystems – abverlangt würden, die diese überhaupt nicht erbringen könne. Insoweit sei der Eigentümer gefragt, der hätte beteiligt werden müssen. Auch das abverlangte Sanierungskonzept sei nur unter Beteiligung des Gebäudeeigentümers umsetzbar. Die Antragstellerin habe somit überhaupt nicht die rechtliche Möglichkeit, alle geforderten Maßnahmen umzusetzen.
110
Schließlich seien die Feststellungen in den dem Bescheid zugrundeliegenden Kontrollberichten zu bestreiten. So gebe es im Betrieb der Antragstellerin keine „schimmelähnliche Verunreinigungen“. Wenn mit Mehl gearbeitet werde, gebe es naturgemäß Staub, der sich mit vorhandener Feuchtigkeit verbinde. Dieses Gemisch setzte sich dann an Gebäudeteilen ab. Diese würden jedoch regelmäßig – wenn auch nicht täglich – gereinigt. Tatsächlich sei aber Schimmel überhaupt nicht festgestellt worden.
111
Decken und Wände würden abgesaugt, sodass es dort keine Verunreinigungen gebe. Sich ablösende Farbreste würden im Übrigen ebenfalls abgesaugt. Vereinzelt vorhandener Rost an Heizkörpern sitze dort fest und könne nicht auf im gleichen Raum gelagerte Backwaren übertragen werden. Soweit sich Rost an Türrahmen befinde, gelte das gleiche. Seitens der Antragsgegnerin werde hier lediglich die Optik beanstandet, die zu keiner Beeinträchtigung der Lebensmittelsicherheit führe. Auch auf dem Fußboden gebe es keine Verunreinigungen. Hier gebe es Verfärbungen, die schon seit Jahren vorhanden und in der Vergangenheit niemals beanstandet worden seien. Die Behauptung, dass es in der Backstube Spinnweben gebe, werde ebenso bestritten. Im Übrigen handele es sich bei dem Raum, in dem Spinnweben festgestellt worden seien, um einen Nebenraum, in welchem Altbackwaren gelagert würden, die dann z.B. in Pferdeställe geliefert würden. Ein Zusammenhang mit Lebensmitteln, die zum Verzehr durch Menschen bestimmt seien, bestehe damit nicht.
112
Hinsichtlich der Einzelheiten der umfangreichen Antragsbegründung wird auf deren Inhalt Bezug genommen.
113
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26.3.2025 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
114
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Antrag abzulehnen.
115
Eine Anhörung der Antragstellerin sei ordnungsgemäß mit Schreiben vom 12.3.2023 durchgeführt worden. Trotz der Einräumung einer Stellungnahmefrist von zwei Wochen habe sich die Antragstellerin nicht geäußert. Dass im streitgegenständlichen Bescheid fälschlicherweise aufgeführt sei, eine Anhörung habe nicht stattgefunden, sei unerheblich.
116
Der streitgegenständliche Bescheid sei auch materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage seien § 39 Abs. 1, 2 und 4 LFGB i.V.m. Art. 137 Abs. 2, 138 Abs. 1 der VO (EU) Nr. 2017/625. Dass im Bescheid noch die veraltete Rechtsgrundlage (VO (EG) Nr. 882/2014) genannt sei, führe nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids, da auch die tatbestandlichen Voraussetzungen der nunmehr geltenden Rechtsgrundlage erfüllt seien. Zu den einzelnen Beanstandungen werde auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.
117
Wenn die Antragstellerin vortrage, für einen Teil der Mängel überhaupt nicht verantwortlich zu sein, weil sie nicht die Eigentümerin der Immobilie sei, müsse ihr entgegengehalten werden, dass sie als Lebensmittelunternehmerin ganz alleine als Störerin anzusehen sei. Anknüpfungspunkt für das Einschreiten der Lebensmittelüberwachung sei das unternehmerische Handeln in Bezug auf die Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln und nicht die Eigentumsverhältnisse.
118
Die Anordnungen seien auch nicht zu unbestimmt. Es reiche aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, insbesondere seiner Begründung sowie den weiteren den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lasse. Hier sei zu bedenken, dass die vorgefundenen Mängel ausführlichst protokolliert worden seien und der Geschäftsführer der Antragstellerin zudem bei den Kontrollen anwesend gewesen sei.
119
Mit den der Antragstellerin gesetzten Umsetzungsfristen sei auch nichts Unmögliches verlangt worden. Die Antragsgegnerin habe hier sehr wohl ein abgestuftes Fristenkonzept angewendet. So gebe es Anordnungen, die bereits am Tag nach Zustellung des Bescheids hätten erfüllt sein müssen (z.B. Reinigungsarbeiten), aber auch Maßnahmen, die erst zu einem viel späteren Zeitraum abgeschlossen sein müssten. So sei ein Sanierungsplan erst am 30.6.2025 vorzulegen und für den Abschluss der Sanierungsarbeiten sei eine Frist bis zum 31.3.2026 gesetzt worden.
120
Zuletzt sei auch die Anordnung des Sofortvollzugs ausreichend begründet. Bei dem Gesundheits- und Verbraucherschutz dienenden lebensmittelrechtlichen Anordnungen falle nach obergerichtlicher Rechtsprechung das besondere öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung regelmäßig mit dem Erlassinteresse zusammen. Einer darüberhinausgehenden Begründung bedürfe es im Regelfall nicht.
121
Am 2.4.2025 hat die Antragsgegnerin eine Nachkontrolle durchgeführt, im Rahmen derer die Kontrollbeamten 36 Verstöße gegen den Bescheid vom 26.3.2025 feststellten. Mit Schreiben/Bescheid vom 7.4.2025 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin deshalb mit, dass die Zwangsgelder bezüglich der festgestellten Verstöße gegen die Ziffern 1.1, 1.2, 1.4, 1.6, 1.9, 1.12, 1.13, 1.14, 1.15, 1.16, 1.19, 1.30, 1.31, 1 und 32, 1.33, 1.35, 1.36, 1.37, 1.38, 1.39, 1.40, 1.41, 1.42, 1.43, 1.45, 1.47, 1.49, 1.51, 1.52, 1.55, 1.56, 1.59, 1.60, 1.61, 1.62 und 1.63 fällig geworden seien. Bezüglich der aus ihrer Sicht noch nicht erledigten Anordnungen drohte sie weitere – im Vergleich zu den bereits angedrohten Zwangsgeldern erhöhte – Zwangsgelder an. Gegen die Fälligstellung und erneuten Zwangsgeldandrohungen hat die Antragstellerin am 29.4.2025 Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen RN 5 K 25.1014 geführt wird.
122
Bei einer weiteren Nachkontrolle am 21.5.2025 stellte die Antragsgegnerin aus ihrer Sicht noch 34 Verstöße gegen den Bescheid vom 26.3.2025 fest. Sie teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 2.6.2025 mit, dass die insoweit angedrohten Zwangsgelder im Bescheid vom 2.4.2025 fällig geworden seien. Bezüglich der noch nicht erfüllten Anordnungen drohte sie weitere – erneut erhöhte – Zwangsgelder an. Auch insoweit hat die Antragstellerin Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen RN 5 K 25.1573 geführt wird.
123
Auf Nachfrage des Gerichts hat die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 11.6.2025 mitgeteilt, dass die Anordnungen in den Ziffern 1.7, 1.9, 1.12, 1.17, 1.20 bis 1.30, 1.34 bis 1.37, 1.39, 1.41, 1.44, 1.45, 1.49, 1.50, 1.53, 1.57, 1.61 und 1.63 zwischenzeitlich erfüllt seien. Einer Teilerledigungserklärung werde bereits vorab zugestimmt. Noch nicht erfüllt seien somit die Anordnungen in den Ziffern 1.1 bis 1.6, 1.8 sowie 1.10 (jeweils nur teilweise erfüllt), 1.11, 1.13 (teilweise erfüllt) 1.14 bis 1.16, 1.18 bis 1.19, 1.31 bis 1.33, 1.38, 1.40, 1.42, 1.43 sowie 1.46 und 1.47 (jeweils nur teilweise erfüllt), 1.48, 1.51 bis 1.52, 1.54 bis 1.55, 1.56 (teilweise erfüllt), 1.58 bis 1.60 sowie 1.62.
124
Mit Schreiben vom 25.6.2025 hat die Antragstellerin sinngemäß mitgeteilt, keine Teilerledigungserklärung abgeben zu wollen. Eine Erledigung des Eilrechtsschutzantrags könne nur erfolgen, wenn die Antragsgegnerin die Vollziehung des zugrundeliegenden Verwaltungsakts aussetze oder das Zwangsgeld nicht mehr weiterverfolge. Eine Erledigung könne aus ihrer Sicht nur dann vorliegen, wenn die Antragsgegnerin von ihren finanziellen Forderungen dauerhaft Abstand nehme.
125
Trotz eines weiteren Aufklärungsschreibens des Gerichts vom 30.6.2025 hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 8.7.2025 nochmals sinngemäß mitgeteilt, dass aus ihrer Sicht keine (Teil-)Erledigung eingetreten sei.
126
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die dem Gericht vorliegenden Akten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
127
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist zum Teil schon unzulässig (vgl. 1. a)). Im Übrigen ist er unbegründet (vgl. 2.).
128
Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung einer Klage gegen einen Verwaltungsakt gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ganz oder teilweise anordnen, wenn der Verwaltungsakt nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3a VwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, oder wiederherstellen, wenn die Behörde die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet hat.
129
1. Der Antrag ist nur zum Teil zulässig.
130
a) Der Antrag ist insgesamt statthaft. Das Landratsamt hat sämtliche Anordnungen in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids in Ziffer 2 für sofort vollziehbar erklärt. Die sofortige Vollziehung der Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 3 ergibt sich kraft Gesetzes, nämlich aus Art. 21a Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Die Kostenentscheidung in den Ziffern 4 und 5 teilt als Nebenentscheidung zur Sachentscheidung deren rechtliches Schicksal, weshalb sich die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs insoweit nach der Wirkung des Rechtsbehelfs gegen die Sachentscheidung richtet. Daher entfällt auch diesbezüglich die aufschiebende Wirkung der Klage (so BayVGH, B.v. 8.11.2013 – 22 CS 13.1186 – juris, str., vgl. zum Streitstand: Schoch in: Schoch/Schneider, 46. EL August 2024, VwGO § 80 Rn. 140 ff.).
131
b) Dem Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, soweit er die Anordnungen in den Ziffern 1.7, 1.9, 1.12, 1.17, 1.20 bis 1.30, 1.34 bis 1.37, 1.39, 1.41, 1.44, 1.45, 1.49, 1.50, 1.53, 1.57, 1.61 und 1.63 betrifft. Die Antragsgegnerin hat im gerichtlichen Verfahren durch Schreiben vom 11.6.2025 mitgeteilt, die genannten Anordnungen seien erfüllt. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie eine (ggf. zwangsweise) Durchsetzung dieser Anordnungen nicht mehr verfolgen wird, da das Ziel der Anordnungen aus ihrer Sicht erreicht ist. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung soll gerade bewirken, dass die Erfüllung von auferlegten Handlungspflichten – jedenfalls bis zur Entscheidung über die Hauptsache – seitens der Behörde nicht mehr verlangt bzw. durchgesetzt werden kann. Der Verpflichtete soll also nicht handeln müssen, bevor eine rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache ergangen ist. Diese Gefahr besteht offensichtlich dann nicht mehr, wenn die Behörde selbst davon ausgeht, dass die mit einer Anordnung durchzusetzende Handlungspflicht bereits erfüllt ist. Die Behörde gibt damit klar zu erkennen, dass sie in der Angelegenheit nichts mehr unternehmen wird. Der Antragstellerin fehlt damit das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag. Einen Anspruch auf gerichtliche Sachentscheidung hat nämlich nur, wer mit dem von ihm angestrengten Verfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt. Der gestellte Antrag muss also geeignet sein, die Rechtsstellung eines Antragstellers zu verbessern. Der angestrebte Rechtsschutz darf somit nicht nutzlos sein (Wöckel in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022 Rn. 16). Aus den soeben angestellten Erwägungen ist aber gerade dies der Fall. Die Antragstellerin hat nicht mehr mit behördlichen Maßnahmen zu rechnen, was bereits dadurch ersichtlich wird, dass die Antragsgegnerin für die von ihr als erfüllt angesehenen Verpflichtungen keine weiteren Zwangsgelder mehr angedroht hat (vgl. die erneuten Zwangsgeldandrohungen vom 7.4.2025 sowie vom 2.6.2025).
132
Der Antrag ist darüber hinaus unzulässig, soweit er die Zwangsgeldandrohungen in Ziffer 3 des angegriffenen Bescheids betrifft, die sich auf die erfüllten Anordnungen in den Ziffern 1.7, 1.9, 1.12, 1.17, 1.20 bis 1.30, 1.34 bis 1.37, 1.39, 1.41, 1.44, 1.45, 1.49, 1.50, 1.53, 1.57, 1.61 und 1.63 beziehen. Auch insoweit fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da die Zwangsgelder seitens der Antragsgegnerin nicht mehr beigetrieben werden können.
133
Wurden die Anordnungen vor der im Bescheid vorgegebenen Erledigungsfrist erfüllt, so ist das Zwangsgeld schon nicht fällig geworden. Der Eintritt der Fälligkeit bedarf keiner besonderen Anordnung der Behörde. Sie tritt bei Nichterfüllung der Verpflichtung mit Ablauf der Erfüllungsfrist kraft Gesetzes ein (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG). Umgekehrt bedeutet dies, dass bei rechtzeitiger Erfüllung der Verpflichtung kein Zwangsgeld fällig wird. Eine Beitreibung ist damit nicht möglich, sodass sich die Zwangsgeldandrohung erledigt hat. Sollte gleichwohl eine Fälligstellung und Beitreibung erfolgen, könnte die Antragstellerin dagegen vorgehen. Sie könnte dies in einem Hauptsacheverfahren im Wege einer Feststellungsklage erreichen, die auf die Feststellung gerichtet ist, dass das angedrohte Zwangsgeld nicht fällig geworden ist (vgl. dazu etwa VG Würzburg, U.v. 21.9.2023 – W 3 K 21.350 – juris Rn. 58 m.w.N.). Mit dem vorliegenden Eilrechtsschutzverfahren hätte dies jedoch nichts zu tun.
134
Erfolgte die Erfüllung dagegen nach der gesetzten Erfüllungsfrist, so wäre das Zwangsgeld zunächst fällig geworden. In diesem Fall ist dann aber die Beitreibung des Zwangsgeldes gemäß Art. 37 Abs. 4 VwZVG seitens der Antragsgegnerin einzustellen, da es sich bei den angeordneten Pflichten um Handlungspflichten handelt. Auch insoweit geht das Gericht davon aus, dass sich die Antragsgegnerin gesetzeskonform verhält und von einer Beitreibung der betreffenden Zwangsgelder absieht. Das Eilrechtsschutzverfahren bezüglich der Zwangsgeldandrohungen ist auch in diesem Fall erledigt, weil der Zweck des Eilrechtsschutzes – die Verhinderung der Beitreibung des Zwangsgeldes – erreicht wäre. Würde die Behörde gleichwohl die Beitreibung des Zwangsgeldes weiterverfolgen, könnte dagegen gesondert Rechtsschutz erhoben werden (vgl. dazu etwa BayVGH, B.v. 21.5.2019 – 22 CS 19.547 – juris Rn. 10 m.w.N.).
135
c) Bezüglich der übrigen Maßnahmen in den Ziffern 1 und 3 sowie bezüglich der Kostenentscheidung in den Ziffern 4 und 5 ist der Antrag dagegen zulässig.
136
2. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er nicht begründet.
137
Im Rahmen der Begründetheitsprüfung hat das Gericht eine eigene, originäre Interessenabwägung vorzunehmen, im Rahmen derer zu ermitteln ist, ob das Suspensivinteresse der Antragstellerin oder das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt. Dabei sind maßgeblich die bereits überschaubaren Erfolgsaussichten einer Klage im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen. Während dem Interesse an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer voraussichtlich unzulässigen oder unbegründeten Klage kein hohes Gewicht zukommt, ist die aufschiebende Wirkung im Regelfall anzuordnen, wenn der in der Hauptsache erhobene bzw. noch zu erhebende Rechtsbehelf bei summarischer Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein wird (vgl. nur BayVGH, B.v. 25.10.2021 – 20 CS 20.3147 – juris Rn. 2; B.v. 27.3.2019 – 8 CS 18.2398 – juris Rn. 25 m.w.N.). Sind die Erfolgsaussichten hingegen als offen anzusehen, ist die Entscheidung des Gerichts auf der Grundlage einer reinen Interessenabwägung zu treffen, wobei die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen an einer Herstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs den öffentlichen Interessen an einem Vollzug schon vor Bestandskraft des Verwaltungsakts gegenüberzustellen sind (vgl. Hoppe in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 93 m.w.N.).
138
a) Ordnet eine Behörde den Sofortvollzug gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VwGO an, wie dies bei den Anordnungen unter Ziffer 1 geschehen ist, so muss sie in formeller Hinsicht gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich begründen. Die Pflicht zur Begründung soll der Behörde den bestehenden Ausnahmecharakter der Vollziehungsanordnung vor Augen führen und sie veranlassen, mit Sorgfalt zu prüfen, ob tatsächlich ein überwiegendes Vollziehungsinteresse den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erfordert. Diese vom Gesetzgeber beabsichtigte „Warnfunktion“ beruht letztlich auf dem besonderen Stellenwert, den die Verfassung der aufschiebenden Wirkung beimisst (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 80 Rn. 84 m.w.N.). Dem Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht bereits genügt, wenn überhaupt eine Begründung gegeben wird. Es bedarf vielmehr einer schlüssigen, konkreten und substantiierten Darlegung der wesentlichen Erwägungen, warum aus Sicht der Behörde gerade im vorliegenden Einzelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung gegeben ist und das Interesse des Betroffenen am Bestehen der aufschiebenden Wirkung ausnahmsweise zurückzutreten hat (BVerwG, B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26.01 – juris m.w.N. aus Rspr. und Lit). Nicht ausreichend sind dagegen formelhafte Begründungen, die nicht auf den konkreten Einzelfall abstellen (BayVGH, B.v. 7.3.2016 – 10 CS 16.301 – juris Rn. 3; B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris Rn. 16; Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 80 Rn. 85 m.w.N.). Auf die materielle Richtigkeit der Begründung kommt es an dieser Stelle nicht an, da § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO eine formelle und keine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung normiert (vgl. nur BayVGH, B.v. 5.5.2022 – 11 CS 22.927 – juris Rn. 18 m.w.N.; B.v. 7.6.2021 – 8 CS 21.720 – juris Rn. 25 m.w.N.) und das Gericht in materieller Hinsicht eine eigene Abwägungsentscheidung zu treffen hat (BayVGH, B.v. 8.2.2021 – 6 CS 21.111 – juris Rn. 29; B.v. 19.8.2014 – 22 CS 14.1597 – juris Rn. 14; B.v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 3). Entscheidend ist allein, dass die gegebene Begründung erkennen lässt, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst war und dennoch aufgrund konkreter Erwägungen zum Einzelfall ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung bejaht hat (VG Augsburg, B.v. 9.10.2009 – Au 6 S 09.1495 – juris Rn. 54).
139
Diesen Anforderungen entspricht die im streitgegenständlichen Bescheids gegebene Begründung (vgl. Nr. II. 3. der Gründe des Bescheids). Die Antragsgegnerin begründet dort die Anordnung des Sofortvollzugs nicht nur – wie die Antragstellerin meint – damit, dass es sich um lebensmittelrechtliche Anordnungen handelt. Sie führt darüber hinaus ausdrücklich aus, dass die Nichtbeachtung der getroffenen Anordnungen gesundheitliche Nachteile für den Verbraucher zur Folge haben könne. Es liege im öffentlichen Interesse, dass nur sichere Lebensmittel in den Verkehr gebracht würden. Insbesondere, wenn mangels allgemeiner Hygiene und fehlendem Eigenkontrollregime die Verkehrssicherheit der Produkte nicht garantiert sei, gebiete es das Schutzbedürfnis der Verbraucher, dass auch die sofortige Vollziehung angeordnet werde. Ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit des Bescheids sei nicht vertretbar. Die Notwendigkeit, die erforderlichen hygienisch einwandfreien Zustände herzustellen und damit den Betriebsablauf in Einklang mit den geltenden Rechtsvorschriften zu bringen und die Verbraucher zu schützen, überwiege das Interesse der Betreiberin der Bäckerei an der aufschiebenden Wirkung.
140
Nach alledem hat die Antragsgegnerin eine auf den Einzelfall bezogene Begründung in den Bescheid aufgenommen, die aufzeigt, dass aus Sicht der Antragsgegnerin ein Abweichen von der gesetzlichen Regel der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs wegen der im Betrieb vorgefundenen, konkreten Zustände angezeigt war. Dies genügt dem formellen Begründungserfordernis.
141
b) Nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage wird die Anfechtungsklage gegen die noch nicht erfüllten Anordnungen in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids keinen Erfolg haben.
142
Die Antragsgegnerin hat die Anordnungen auf § 39 Abs. 2 Satz 1 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) und auf Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (ABl. L 191 vom 28.5.2004, S. 1 ff.) gestützt. Gemeint war mit § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB wohl eine Vorgängerfassung des derzeit geltenden § 39 LFGB; denn die aktuelle Fassung hat nur noch einen Satz. Sowohl nach der genannten EG-Verordnung als auch nach § 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB a.F. trifft die zuständige Behörde die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind.
143
Die Antragsgegnerin hat übersehen, dass die genannte EG-Verordnung zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses nicht mehr in Kraft war. An ihre Stelle trat die Verordnung (EU) Nr. 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.3.2017 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel sowie zur Änderung verschiedener anderer europarechtlicher Vorschriften (KontrollV – ABl. L 95 vom 7.4.2017 S. 1 ff.). Der aktuell geltende § 39 Abs. 2 LFGB bestimmt dabei sinngemäß und im Einklang mit der nationalen Rechtsprechung (vgl. nur BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 3 C-7/14 – juris Rn. 11 ff.; BayVGH, U.v. 9.7.2015 – 20 BV 14.1490 – juris Rn. 42 m.w.N.), dass die nationalen Befugnisse gegenüber den in Art. 137 Abs. 2 und 3 KontrollV und Art. 138 KontrollV geregelten Befugnissen nachrangig sind (vgl. dazu Holle in: Streinz/Meisterernst, BasisVO/LFGB, § 39 LFGB Rn. 1 ff.).
144
Im vorliegenden Fall ist Art. 138 Abs. 1 Buchst. b) KontrollV einschlägig. Wird danach ein Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften festgestellt, ergreifen die zuständigen Behörden geeignete Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass der betreffende Unternehmer den Verstoß beendet und dass er erneute Verstöße dieser Art verhindert. Ausgehend von dem in Art. 1 Abs. 2 KontrollV definierten Anwendungsbereich der Verordnung sind Verstöße gegen Bestimmungen erfasst, die entweder auf Unionsebene oder von den Mitgliedstaaten zur Anwendung von Unionsrecht erlassen wurden in – unter anderem – den Bereichen Lebensmittel und Lebensmittelsicherheit, Lauterkeit und gesundheitliche Unbedenklichkeit auf allen Stufen der Produktion, der Verarbeitung und des Vertriebs von Lebensmitteln (vgl. Art. 1 Abs. 2 Buchst. a) KontrollV). Dementsprechend ergreifen die zuständigen Behörden, wenn sie tätig werden, gemäß Art. 138 Abs. 2 Hs. 1 KontrollV alle ihnen geeignet erscheinenden Maßnahmen, um die Einhaltung der Vorschriften gemäß Art. 1 Abs. 2 KontrollV zu gewährleisten (vgl. auch BVerwG, U.v. 15.2.2024 – 3 C 14.22 – juris Rn. 12).
145
Die Nennung der unzutreffenden Rechtsgrundlage im streitgegenständlichen Bescheid führt nicht dazu, dass dieser rechtswidrig ist. Die Nennung einer falschen Rechtsgrundlage ist unschädlich, solange die tatbestandlichen Voraussetzungen einer einschlägigen Rechtsgrundlage erfüllt sind. Bei der Prüfung, ob ein Verwaltungsakt rechtswidrig ist und den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, hat das Verwaltungsgericht alle einschlägigen Rechtsvorschriften zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob und gegebenenfalls welche Normen die erlassende Behörde zur Begründung des Verwaltungsaktes angeführt hat. Die Heranziehung anderer als im angefochtenen Bescheid genannter Normen ist dem Gericht nur insoweit verwehrt, als die anderweitige rechtliche Begründung zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Bescheides führen würde (BVerwG, U.v., 27.1.1982 – 8 C 12/81 – juris Rn. 12; U.v. 21.11.1989 – 9 C 28/89 – juris Rn. 12; BayVGH, U.v. 20.3.2025 – 24 B 24.1931 – juris Rn. 17). Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zieht die Grenze der Wesensänderung dort, wo auch ein Nachschieben von Gründen nicht mehr möglich ist (BVerwG, B.v. 27.1.1982 – 8 C 12/81 – juris Rn. 12 m.w.N), d.h. wenn dem Bescheid dann eine anderweitige rechtliche Begründung oder andere Tatsachen zugrunde gelegt werden müssten. Deshalb ist im vorliegenden Fall der Austausch der Rechtsgrundlage durch das Gericht ohne weiteres möglich. Die rechtliche Begründung der Anordnungen bleibt auch unter der nunmehr herangezogenen Rechtsgrundlage gleich. Die Antragsgegnerin hat lediglich die falsche Befugnisnorm zur Durchsetzung der verletzten und im Bescheid dargestellten Hygieneanforderungen gewählt. Die tragenden rechtlichen Erwägungen sowie die festgestellten Tatsachen bleiben gleich und demnach liegt keine Wesensänderung vor (vgl. auch VG Regensburg, U.v. 13.11.2024 – RN 5 K 14.1125 – juris Rn. 36 f.).
146
§ 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB a.F., Art. 54 Abs. 1 VO (EG) Nr. 882/2004 und der einschlägige Art. 138 Abs. 1 Buchst. b) KontrollV sind ähnlich aufgebaut. Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen im Anwendungsfall relevante Unterschiede auf (vgl. zum Verhältnis des Art. 54 der VO (EG) Nr. 882/2004 zu § 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB a.F.: VGH BW, U.v. 16.6.2014 – 9 S 1273/13 – juris Rn. 26). Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorgaben fest, so hat sie die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Ein Entschließungsermessen hinsichtlich der Frage des „Ob“ des Einschreitens steht ihr nach allen Vorschriften nicht zu. Lediglich bei der Frage des „Wie“ des Einschreitens hat sie ein Auswahlermessen, wobei sie den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und insbesondere die Erforderlichkeit und Geeignetheit der zu treffenden Maßnahmen in den Blick zu nehmen hat.
147
aa) Ein formeller Mangel, der zur Aufhebung der noch nicht erfüllten Anordnungen führen könnte, liegt nicht vor. Zwar erfolgte keine ordnungsgemäße Anhörung vor Erlass des streitgegenständlichen Verwaltungsakts, allerdings hat dieser Mangel die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst.
148
Nach Art. 28 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) ist vor Erlass eines Verwaltungsakts, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dieser Pflicht zur Anhörung ist die Antragsgegnerin nicht ordnungsgemäß nachgekommen. Zwar finden sich zu den im Rahmen der beiden Betriebskontrollen vom 12.3.2025 und 20.3.2025 festgestellten Mängeln und den konkreten Abhilfeforderungen der Antragsgegnerin Anhörungsschreiben vom 12.3.2025 und 21.3.2025 in den Behördenakten (Bl. 386, 546). Allerdings hat die Antragsgegnerin die der Antragstellerin eingeräumten Anhörungsfristen nicht vollständig abgewartet. Bezüglich der bei der ersten Kontrolle festgestellten Mängel wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 26.3.2025 eingeräumt. An diesem Tag erging aber bereits der streitgegenständliche Bescheid. Bezüglich der Mängel der zweiten Kontrolle wurde eine Stellungnahmefrist bis zum 4.4.2025 eingeräumt.
149
Dieser formelle Fehler hat jedoch die Entscheidung offensichtlich in der Sache nicht beeinflusst, weshalb der Fehler nach Art. 46 BayVwVfG nicht dazu führt, dass die Aufhebung des Bescheids beansprucht werden kann. Insoweit ist zu bedenken, dass der Antragsgegnerin kein Entschließungsermessen zustand. Aufgrund der festgestellten hygienischen Mängel im Betrieb musste sie Maßnahmen ergreifen (vgl. 2. b)). Darüber hinaus bestanden im Rahmen des Auswahlermessens aufgrund des konkreten und eindeutigen Wortlauts der verletzten Hygienevorschriften im Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über Lebensmittelhygiene vom 29.4.2004 (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 1 ff.) keine Spielräume. Die Antragsgegnerin konnte nur die Beseitigung der vorhandenen Mängel anordnen. Insoweit hat sie im Wesentlichen nur gesetzeswiederholende Verfügungen erlassen, die der Antragstellerin alle Möglichkeiten offenließen, um hygienisch einwandfreie Zustände herzustellen, die der genannten Verordnung gerecht werden (vgl. dazu unten 2 b) cc)). Andere Entscheidungsmöglichkeiten im Rahmen des Auswahlermessens sind nicht ersichtlich.
150
bb) Das Gericht hat nach der im Eilrechtsschutzverfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sachlage keine Zweifel daran, dass die den bislang noch nicht erfüllten Anordnungen zu Grunde liegenden Verstöße tatsächlich vorhanden sind. Allen Anordnungen liegen Hygienemängel nach Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II der VO (EG) Nr. 852/2004 zugrunde. Nach Art. 4 Abs. 2 VO (EG) Nr. 852/2004 haben Lebensmittelunternehmer, die auf Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln tätig sind, die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II sowie etwaige spezielle Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 853/2004, die Lebensmittel tierischer Herkunft betrifft, zu erfüllen. Die einzelnen tatsächlichen Feststellungen zu den vorgefundenen Mängeln sind im Bescheid detailliert aufgeführt, wobei jeder Feststellung der jeweilige Verstoß gegen den Anhang II der VO (EG) 852/2004 zugeordnet wird. Das Gericht verweist insoweit gemäß § 117 Abs. 5 VwGO vollumfänglich auf die Begründung des angegriffenen Bescheids und sieht von einer weiteren Darstellung in den Entscheidungsgründen ab. In den Behördenakten befindet sich darüber hinaus eine umfassende Fotodokumentation, aus der ersichtlich ist, dass im gesamten Betrieb der Antragstellerin hygienisch untragbare Zustände vorherrschen bzw. vorgeherrscht haben. Auch wenn die einzelnen Fotos nicht immer den im Bescheid und den Kontrollberichten aufgelisteten Verstößen zuordenbar sind, zeigen sie doch sehr eindrucksvoll und deutlich auf, dass die den einzelnen Anordnungen zu Grunde liegenden Hygieneverstöße nicht anzuzweifeln sind.
151
Zu den von der Antragstellerseite vorgetragenen Einwänden bezüglich der Richtigkeit der beanstandeten Mängel ist wie folgt auszuführen:
152
(1) Einen wesentlichen Teil des Vortrags der Antragstellerin nimmt die Behauptung ein, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse in der Betriebsstätte seit Jahren nicht geändert hätten. Die Zustände im Vorgängerbetrieb wären die gleichen gewesen, es habe aber keine Beanstandungen gegeben. Es sei daher davon auszugehen, dass nunmehr kleinlicher kontrolliert werde. Die Antragstellerin führt dies darauf zurück, dass nunmehr bei der Antragsgegnerin ein anderer Lebensmittelkontrolleur zuständig ist, der die Belange eines mittelständischen Handwerksbetriebs bei seinen Kontrollen nicht hinreichend beachte. Aus diesem Grund seien auch die Behördenakten über Kontrollen des Vorgängerbetriebs in das Verfahren einzubeziehen, die dies belegen würden. Dem ist entgegenzuhalten, dass es nicht darauf ankommt, ob in der Vergangenheit „großzügiger“ kontrolliert worden ist oder gar beanstandungswürdige Zustände im Betrieb – dann rechtswidrig – toleriert wurden. Maßgeblich für das Vorliegen der tatsächlichen Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 138 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) KontrollV ist allein, ob die nunmehr im Betrieb vorherrschenden Zustände gegen die VO (EG) Nr. 852/2004 verstoßen. Ist dies der Fall, so muss die zuständige Behörde eingreifen, und zwar unabhängig davon, ob dies in der Vergangenheit bei gleichartigen, ähnlichen oder zumindest vergleichbaren tatsächlichen Umständen ebenfalls geschehen ist. Für das vorliegende Verfahren spielt es demnach keine Rolle, ob es in der Vergangenheit Beanstandungen gegeben hat oder nicht und wenn nicht, ob die unterbliebene Beanstandung zu Recht oder zu Unrecht erfolgte.
153
Soweit die Antragstellerin darüber hinaus die Kompetenz des derzeit zuständigen Lebensmittelüberwachungsbeamten der Antragsgegnerin anzweifelt, bestehen für das Gericht nicht die geringsten Anhaltspunkte dafür, dass diese Zweifel begründet sein könnten. Im Gegenteil liegt einerseits eine umfassende Fotodokumentation vor, aufgrund derer offensichtlich ist, dass die hygienischen Zustände im Betrieb der Antragstellerin nicht annähernd den gesetzlichen Hygieneanforderungen entsprechen. Andererseits wurde bei den Kontrollen dem Vier-Augen-Prinzip Rechnung getragen. Der nunmehr für den Betrieb zuständige Kontrollbeamte wurde von einem weiteren Kontrollbeamten begleitet, bei dem es sich zudem um denjenigen Überwachungsbeamten handelte, der für den Vorgängerbetrieb zuständig war. Auch dieser hat die Kontrollberichte mitgetragen.
154
(2) Die Antragstellerin lässt weiter ausführen, in einer Backstube gebe es stets Mehlstaub, der sich dann auch mit Feuchtigkeit verbinde und sich überall – auch an Gebäudeteilen – festsetzte. Dies sei nicht zu vermeiden. Dies mag gegebenenfalls so sein. Durch diese Einlassung wird jedoch der vorhandene Verstoß überhaupt nicht bestritten; denn das Vorhandensein von Ablagerungen – wie sie etwa in Nr. 1.4 des Bescheids vom 26.3.2025 und in Nr. 4 des Kontrollberichts vom 12.3.2025 beschrieben sind – wird damit sogar eingeräumt. In Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, gelten strenge Hygieneanforderungen. Nach Anhang II Kapitel I Nr. 1 der VO (EG) Nr. 852/2004 müssen derartige Betriebsstätten sauber und stets instandgehalten sein. Dementsprechend sind Verunreinigungen, sobald diese entstehen, zu beseitigen. Um diese Anforderungen zu erfüllen, hat jeder Lebensmittelunternehmer durch entsprechend kurze Reinigungsintervalle sicherzustellen, dass entstehende Ablagerungen umgehend beseitigt werden.
155
(3) Die Antragstellerin behauptet weiterhin, in ihrem Betrieb gebe es keinen Schimmel. Aus Sicht des Gerichts ist diese Behauptung zu bezweifeln; denn aus den Kontrollberichten geht hervor, dass es an unzähligen Stellen „schimmelähnliche Verunreinigungen“ gegeben hat. Außerdem wurde in verschiedenen Bereichen Feuchtigkeit festgestellt, die nach allgemeiner Lebenserfahrung zur Schimmelbildung führen kann und deren Ursachen im Rahmen des geforderten Sanierungskonzepts (Ziffer 1.64 des Bescheids) ermittelt werden sollen. Im hier zu entscheidenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist es aber auch völlig unerheblich, ob die als „schimmelähnlich“ bezeichneten Verunreinigungen tatsächlich Schimmel sind. Letztendlich wird im Bescheid lediglich die optische Wirkung der Verunreinigungen dargestellt. Dass derart wirkende Verunreinigungen vorhanden sind, wird wiederum eindrucksvoll durch die zahlreichen sich in den Akten der Antragsgegnerin befindlichen Lichtbilder belegt. In diesem Zusammenhang ist wiederum auf Anhang II Kapitel I Nr. 1 der VO (EG) Nr. 852/2004 hinzuweisen, wonach Betriebsstätten sauber und stets instandgehalten sein müssen. Danach spielt es keine Rolle, ob die vorhandenen Verunreinigungen Schimmel sind oder aus anderen Bestandteilen bestehen. Aus hygienischen Gründen sind Verunreinigungen jeglicher Art unerwünscht.
156
(4) Die Antragstellerin trägt ferner vor, sich ablösender Putz und/oder Farbe stellten lediglich einen optischen Makel dar, der die Lebensmittelsicherheit nicht beeinträchtige, da Wände und Decken regelmäßig abgesaugt würden. Eine Beeinträchtigung von Lebensmitteln sei somit nicht zu besorgen. Insoweit bestreitet die Antragstellerin folglich wiederum nicht, dass es zu Putzabplatzungen und Farbablösungen in vielen Bereichen ihres Betriebs kommt. Auch insoweit sprechen die sich im Akt befindlichen Fotos für sich. Ob im konkreten Fall tatsächlich eine Beeinträchtigung von Lebensmitteln erfolgt, spielt keine Rolle. Insoweit ist auf Anhang II Kapitel II Nr. 1 b) und c) der VO (EG) Nr. 852/2004 hinzuweisen, wonach aus Gründen der Lebensmittelhygiene die Wandflächen in einwandfreiem Zustand zu halten sind und leicht zu reinigen sein müssen. Decken müssen danach so gebaut sein, dass das Ablösen von Materialteilchen auf ein Mindestmaß beschränkt ist. Ein Hygienemangel liegt nach der europarechtlichen Vorgabe damit bereits dann vor, wenn ein Ablösen von Materialteilchen über das normale Maß hinaus möglich ist. Ob es dadurch tatsächlich zu einer Verunreinigung oder Beeinträchtigung von Lebensmitteln kommt, ist unerheblich.
157
(5) Bezüglich des festgestellten Rosts an einem Heizkörper (Nr. 1.4 des Bescheids) sowie an einem Türrahmen (Nr. 1.11. des Bescheids) lässt die Antragstellerin vortragen, dass es sich auch insoweit lediglich um optische Beeinträchtigungen handele, die keine Auswirkungen auf die im Betrieb hergestellten Lebensmittel hätten. Auch insoweit wird folglich die im Rahmen der Kontrolle getroffene Feststellung – das Vorhandensein von Rost – nicht bestritten. Es wird allerdings behauptet, der Rost stelle keinen Hygienemangel dar. Hier ist wiederum auf die allgemeinen Hygienevorschriften im Anhang II Kapitel I Nr. 1 der VO (EG) Nr. 852/2004 zu verweisen, wonach Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, sauber und stets instandgehalten sein müssen.
158
(6) Soweit die Antragstellerin schließlich vortragen lässt, dass es keine übermäßigen hygienerelevanten Verunreinigungen gegeben habe und auch Spinnweben nicht vorhanden gewesen seien, betrifft dies im wesentlichen Anordnungen, die seitens der Antragsgegnerin als erledigt betrachtet werden, sodass es jedenfalls im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens nicht entscheidend darauf ankommt, ob Verunreinigungen etc. vorgelegen haben. Der Antrag ist insoweit bereits unzulässig (vgl. oben 1. b)). Gleichwohl sei darauf hingewiesen, dass das umfangreiche Bildmaterial, das sich in den Akten der Antragsgegnerin befindet, deutlich aufzeigt, dass es zum Zeitpunkt der Kontrollen die festgestellten Verunreinigungen und auch Spinnweben gegeben hat.
159
Nach alledem lässt sich nach summarischer Prüfung feststellen, dass die im Bescheid aufgelisteten Hygienemängel, die im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes noch zu prüfen sind, tatsächlich vorhanden sind.
160
cc) Aufgrund der festgestellten Hygienemängel musste die Antragsgegnerin gemäß Art. 138 Abs. 1 Satz 1 Buchst b) KontrollV geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorschriften zu gewährleisten. Bereits oben wurde dargestellt, dass der Behörde insoweit ein Entschließungsermessen nicht zusteht. Lediglich bei der Wahl der zu ergreifenden Maßnahmen steht ihr nach dem Wortlaut der genannten Vorschrift grundsätzlich ein Ermessen zu (vgl. oben 2. b)).
161
(1) Hinsichtlich der noch zu prüfenden nicht erfüllten Anordnungen in den Nrn. 1.1 bis 1.63 des streitgegenständlichen Bescheids ist für ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahmen angesichts des klaren Wortlautes der einschlägigen Hygienebestimmungen in Anhang II Kapitel I und II der VO Nr. 852 (EG) Nr. 852/2004 nichts ersichtlich. Zur Herstellung rechtmäßiger Zustände konnte die Antragsgegnerin nur die Einhaltung der einschlägigen Hygieneanforderungen verlangen. Insoweit hat sie im Wesentlichen lediglich gesetzeswiederholende Verfügungen erlassen, indem sie die Beseitigung der vorhandenen Mängel und die Herstellung der im Anhang II der VO (EG) Nr. 852/2004 genannten Anforderungen verlangte (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall: BayVGH, U.v. 9.7.2015 – 20 BV 14.1490 – juris Rn. 44). Das der Antragsgegnerin zustehende Auswahlermessen war mithin auf Null reduziert, da keine anderen Maßnahmen zur Beseitigung der Verstöße denkbar waren.
162
(2) Anders stellt sich die Sachlage bei der Anordnung in Nr. 1.64 des Bescheids vom 28.3.2025 dar. Hier wurde ein vollumfänglicher Sanierungsplan der Betriebsstätte gefordert. Gleichwohl hat die streitentscheidende Kammer keine Bedenken im Hinblick auf die ordnungsgemäße Ermessensausübung der Antragsgegnerin, wobei auch diesbezüglich davon auszugehen ist, dass eine Ermessensreduzierung vorliegt.
163
Der Anordnung liegt die bei den Betriebskontrollen gemachte Feststellung zugrunde, dass es aufgrund baulicher Mängel in verschiedenen Bereichen der Backstube zu Feuchtigkeitseinträgen kommt. Die Ursache konnte im Rahmen der Kontrollen nicht geklärt werden. Auch wurden strukturelle Schäden an Wänden, Decken und Fußböden festgestellt. Der Zustand des Rohrleitungssystems ist unbekannt, wobei aufgrund der Feuchtigkeitsschäden vermutet wird, dass es Leckagen gibt. All diese Hygienemängel können ohne vorhergehende Ursachenanalyse nicht dauerhaft beseitigt werden. Nach alledem war es ohne weiteres möglich und sogar geboten, dass die Antragsgegnerin als zuständige Behörde eine detaillierte und fachliche Ursachenanalyse sowie die Vorlage einer Planung zur Beseitigung der im Rahmen der Analyse festgestellten Missstände fordert. Die Befugnisnorm des Art. 138 Abs. 1 KontrollV gibt insoweit ein gestuftes Vorgehen vor. Nach Art. 138 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) KontrollV ergreifen die zuständigen Behörden nach der Feststellung eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen, um Ursprung und Umfang des Verstoßes sowie die Verantwortung des Unternehmers zu ermitteln. Dem entspricht es, wenn die Antragsgegnerin im Rahmen des Sanierungsplans zunächst eine detaillierte und fachliche Ursachenanalyse der Feuchtigkeitsschäden, eine umfassende und fachliche Prüfung der Frisch- und Abwasserleitungen sowie eine umfassende fachliche Prüfung der baulichen Mängel etc. fordert. In einem weiteren Schritt wird sodann entsprechend der Regelung in Art. 138 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b) KontrollV die Beendigung der gefundenen Verstöße durch eine bauliche Sanierung der im Rahmen der Analyse festgestellten Mängel gefordert. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Antragstellerin die Hygieneverstöße beendet und erneute Verstöße dieser Art verhindert werden. Genau dieses im Rahmen von Art. 138 Abs. 1 KontrollV vorgegebene schrittweise Vorgehen ist Inhalt des geforderten Sanierungsplans. Ein alternatives, die Antragstellerin weniger belastendes Vorgehen ist nicht ersichtlich. Die Antragstellerseite hat auch nicht vorgetragen, die vorliegenden Mängel durch sie geringer belastende Maßnahmen ermitteln und beseitigen zu können. Ihr Vortrag beschränkt sich im Wesentlichen auf das Bestreiten der seitens der Antragsgegnerin festgestellten Mängel.
164
dd) Keine Bedenken hat die Kammer im Hinblick auf die Bestimmtheit der getroffenen Regelungen. Nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Schon nach dem Gesetzeswortlaut wird damit keine absolute Bestimmtheit gefordert. Das Maß der Bestimmtheit richtet sich vielmehr nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts. Die Frage der „hinreichenden Bestimmtheit“ ist dabei insbesondere aus der Perspektive eines objektiven, verständigen Adressaten zu beurteilen, wobei etwa auch eine Rolle spielt, ob dieser für den betroffenen Bereich eine besondere Fachkunde aufweist. Ausschlaggebend ist somit der objektive Erklärungswert, also wie der Empfänger die Erklärung unter Berücksichtigung der ihm erkennbaren Umstände bei objektiver Würdigung verstehen muss (BVerwG, U.v. 5.11.2009 – 4 C 3.09 – juris Rn. 21 m.w.N.).
165
Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat das Gericht keine Bedenken im Hinblick auf die Bestimmtheit der einzelnen Anordnungen. Einerseits ist diesbezüglich zu bedenken, dass ein Geschäftsführer der Antragstellerin – Herr … – bei beiden Betriebskontrollen, die Grundlage der Anordnungen waren, teilgenommen hat. Schon deshalb musste ihm klar sein, welche Mängel vorhanden waren und wie diese beseitigt werden können bzw. müssen. Die Antragstellerin bemängelt diesbezüglich, dass es beispielsweise zu unbestimmt sei, wenn von ihr verlangt werde, genau benannte Bereiche im Betrieb in einem „hygienisch einwandfreien Zustand“ zu halten. Diesbezüglich ist jedoch auszuführen, dass diese oder ähnliche Forderungen stets nur im Zusammenhang mit einer konkreten Beseitigungsanordnung stehen. So ist etwa in Nr. 1.6 des Bescheids die Verpflichtung enthalten, die Verunreinigungen am Sicherungskasten zu entfernen und den Bereich in einem hygienisch einwandfreien Zustand zu halten. Dies besagt nichts anderes, als dass die Antragstellerin die vorhandenen Hygienemängel – also die Verunreinigungen – zu beseitigen und sicherzustellen hat, dass künftig keine neuen Hygienemängel auftreten. Dabei ist auch zu bedenken, dass der Betreiber einer Bäckerei aufgrund seiner Fachkenntnisse die grundlegenden Hygieneanforderungen im Bäckerhandwerk kennen muss. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass am Ende des Kontrollberichts über die Kontrolle vom 20.3.2025 ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich die Antragstellerin an der Branchenleitlinie für eine gute Lebensmittelhygiene-Praxis im Bäcker- und Konditorenhandwerk orientieren könne. Diese seien vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks erstellt, von den zuständigen Bundes- und Landesbehörden geprüft und von der EU-Kommission anerkannt worden. Sie würden die Anforderungen der VO (EG) Nr. 852/2004 konkretisieren.
166
ee) Die Antragstellerin ist Lebensmittelunternehmerin und damit die richtige Adressatin der Anordnungen. Art. 138 Abs. 1 KontrollV als einschlägige Ermächtigungsgrundlage für die getroffenen Maßnahmen enthält unmittelbar zwar keine Regelung zum Adressaten einer Anordnung. Dieser lässt sich jedoch aus dem Kontext mit den europarechtlichen Vorschriften, deren Einhaltung sichergestellt werden soll, ermitteln. Vorliegend geht es um die Einhaltung der allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II der VO (EG) Nr. 852/2004. In Art. 4 Abs. 2 der genannten Verordnung ist ausdrücklich bestimmt, dass die Lebensmittelunternehmer, die auf Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln tätig sind, die Einhaltung der allgemeinen Hygienevorschriften zu erfüllen haben. Die Verpflichtung betrifft somit ausschließlich den Lebensmittelunternehmer im Sinne des Art. 2 Abs. 2 der VO (EG) Nr. 852/2004 i.V.m. Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit vom 28.1.2002 (BasisV – ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1 ff.). Lebensmittelunternehmer sind danach die natürlichen oder juristischen Personen, die dafür verantwortlich sind, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterliegenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden. Im vorliegenden Fall ist dies somit ausschließlich die Antragstellerin, und zwar unabhängig von den Eigentumsverhältnissen an der Produktionsstätte. Ihr obliegt somit die vollumfängliche Verpflichtung, die Einhaltung des Lebensmittelrechts sicherzustellen und somit auch die Einhaltung sämtlicher die Lebensmittelhygiene betreffenden Vorschriften. Sofern die Einhaltung von Vorschriften nur durch Eingriffe in die Substanz von nicht im Eigentum der Antragstellerin stehenden Produktionsmitteln möglich ist, muss sich die Antragstellerin insoweit mit ihrem Vermieter auseinandersetzen, um die Schaffung lebensmittelrechtlich einwandfreier Zustände sicherzustellen. Ist ihr dies nicht möglich, muss sie sich nach anderen Räumlichkeiten umsehen, die die zu fordernden Kriterien erfüllen (vgl. zum richtigen Adressaten lebensmittelrechtlicher Anordnungen auch: VG Neustadt, U.v. 10.3.2020 – 5 K 703/19.NW – juris Rn. 20; VG Oldenburg, U.v. 24.2.2012 – 7 A 3119/10 – juris Rn. 46).
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ff) Die von der Antragsgegnerin getroffenen Anordnungen sind auch im Hinblick auf die der Antragstellerin eingeräumten Fristen nicht ermessensfehlerhaft und insbesondere verhältnismäßig. Es wurde bereits dargestellt, dass keine anderen, milderen Anordnungen als die Pflicht zur Beseitigung der Verstöße denkbar sind, um rechtmäßige Zustände herzustellen (vgl. oben 2 b) cc)). Das gilt auch für das geforderte Sanierungskonzept; denn nur eine umfassende Untersuchung und Planung der erforderlichen Mängelbeseitigung stellt sicher, dass die Hygieneanforderungen künftig zuverlässig eingehalten werden können. Die der Antragstellerin zur Beseitigung der Verstöße eingeräumten Fristen sind aus Sicht der streitentscheidenden Kammer nicht zu beanstanden. Einige der Anordnungen waren mit sehr kurzen Fristen (einen Tag nach Zugang des Bescheids) umzusetzen, während für andere Verstöße längere Fristen eingeräumt wurden. Insbesondere die innerhalb sehr kurzer Frist zu beseitigenden Verstöße bestanden jedoch im Wesentlichen aus der Verpflichtung, Verunreinigungen, Verschmutzungen etc. zu beseitigen. Derartige hygienerelevanten Missstände können generell kurzfristig beseitigt werden, da insofern im Wesentlichen nur Putzarbeiten durchzuführen sind. Im Hinblick auf die durch die Verunreinigungen drohenden Gefährdungen der Gesundheit und des Wohlbefindens der Verbraucher konnte es der Antragstellerin auch zugemutet werden, diese Maßnahmen in sehr kurzer Frist umzusetzen. Für andere Maßnahmen wurden der Antragstellerin im Bescheid längere Fristen (zum Beispiel der 12.5.2025 bzw. der 1.4.2025 oder der 20.5.2025) eingeräumt. Insoweit hat die Antragsgegnerin ein abgestuftes Fristensystem erarbeitet, das aus Sicht der entscheidenden Kammer nicht zu beanstanden ist.
168
gg) Die seitens der Antragsgegnerin getroffenen Anordnungen greifen auch nicht in unzulässiger Weise in Grundrechte der Antragstellerin ein. Als juristische Person des Privatrechts kann sich diese gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auf Grundrechte berufen, sofern diese ihrem Wesen nach auf die Antragstellerin anwendbar sind.
169
(1) Die getroffenen Anordnungen greifen zwar in die nach Art. 12 Abs. 1 GG gewährte Berufsfreiheit der Antragstellerin ein. Es handelt sich dabei aber jeweils nur um Berufsausübungsregelungen, die aus Gründen des Schutzes der Verbraucher vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen getroffen worden sind. Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit sind gerechtfertigt, wenn sie aus vernünftigen Erwägungen des Allgemeinwohls zweckmäßig erscheinen (grundlegend: BVerfG, U.v. 11.6.1958 – 1 BvR 596/56 – juris Rn. 74). Da sämtliche Anordnungen ausschließlich zur Durchsetzung grundlegender Hygieneanforderungen und damit dem Schutz der Endverbraucher dienen, ist dies offensichtlich der Fall.
170
(2) Auch einen rechtswidrigen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht nach Art. 14 GG vermag das Gericht nicht zu erkennen. Ein derartiger Eingriff käme allenfalls unter dem Aspekt eines Eingriffs in den „eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ in Betracht. Ob dieses einfachgesetzlich als sonstiges Recht im Sinne des § 823 BGB geschützte Recht überhaupt dem Schutz der Eigentumsgarantie nach Art. 14 GG unterfällt, ist fraglich (offen gelassen in BVerfG, U.v. 6.12.2016 – 1 BvR 2821/11 u.a. – juris Rn. 240), kann aber dahinstehen; denn es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass es sich bei den den Anordnungen zugrundeliegenden Lebensmittelhygienevorschriften, gegen die verstoßen worden ist, nicht um zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG handeln würde.
171
(3) Zuletzt liegt auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Die Antragstellerin meint insoweit, dass der Vorgängerbetrieb trotz identischer Zustände im Betrieb nicht beanstandet worden sei, weshalb das Einschreiten gegenüber der Antragstellerin willkürlich sei. Es ist allerdings schon zweifelhaft, ob die hygienischen Zustände im Vorgängerbetrieb tatsächlich mit denen im jetzigen Betrieb vergleichbar waren. Im Rahmen der Antragserwiderung hat dies die Antragsgegnerin bestritten. Dies spielt aber auch keine Rolle (vgl. bereits oben 2 b) bb) (1)). Im streitgegenständlichen Bescheid ist ausführlich dargestellt, welche hygienerechtlichen Grundanforderungen im Anhang II der VO (EG) Nr. 852/2004 nicht eingehalten sind. Dementsprechend musste die Antragsgegnerin Maßnahmen ergreifen (vgl. Art. 138 Abs. 1 Buchst. b) KontrollV). Selbst wenn bei gleichartigen Verstößen im Vorgängerbetrieb keine Maßnahmen ergriffen worden sein sollten, so wäre dies rechtswidrig gewesen. Auf eine Gleichbehandlung im Unrecht kann sich die Antragstellerin jedoch nicht berufen (BVerwG, U.v. 26.2.1993 – 8 C 20.92 – juris Rn. 14 m.w.N.).
172
c) Die Zwangsgeldandrohungen – soweit sie im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes noch relevant sind – sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie stützen sich auf Art. 18, 19, 29, 30 Abs. 1, 31 und 36 VwZVG. Die angedrohten Zwangsgelder liegen bei den einzelnen von der Antragstellerin geforderten Handlungspflichten im Bereich zwischen 30,00 EUR und 2.000,00 EUR, je nach Umfang und Bedeutung der zu erfüllenden Pflicht. Sie liegen damit im gesetzlichen Rahmen des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG und berücksichtigen das wirtschaftliche Interesse, das die Antragstellerin an der Vornahme der Handlungen hat, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 VwZVG.
173
d) Die Kostenentscheidung im streitgegenständlichen Bescheid ist gleichfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf Art. 1, 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 Satz 1 des Kostengesetzes (KG) i.V.m. der Tarif Nr. 7.IX 11/5.8 des Kostenverzeichnisses (KvZ). Für Anordnungen oder Maßnahmen nach Art. 138 KontrollV besteht danach ein Gebührenrahmen von 25,00 EUR bis 10.000,00 EUR. Im Bescheid wurde eine Gebühr in Höhe von 1.551,04 EUR festgesetzt. Dabei hat die Antragstellerin offensichtlich den Zeitaufwand ihrer Mitarbeiter berücksichtigt, der für die Erstellung der Anordnungen und Kontrollen angefallen ist (vgl. die Zusammenstellung der Arbeitsstunden auf Bl. 570 der Behördenakte). Die Auslagen in Höhe von 3,60 EUR konnten gemäß Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG erhoben werden.
174
Im Ergebnis war der Eilrechtsschutzantrag somit insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
175
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025, denen die Kammer folgt. Das Gericht geht dabei davon aus, dass die Bedeutung der Sache – also der wirtschaftliche Wert, den die Erfüllung der Anordnungen für die Antragstellerin hat – in der Hauptsache bei mindestens 30.000,00 EUR liegt. Im Ergebnis werden umfangreiche Sanierungsmaßnahmen gefordert, die von der Unternehmerin umzusetzen sind. Im Eilrechtsschutzverfahren ist nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs die Hälfte des Hauptsachestreitwerts anzusetzen.