Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 08.08.2025 – 101 W 116/24
Titel:

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens, Bayerisches Oberstes Landesgericht, Sachverständigenablehnung, Rechtsmißbrauch, Festsetzung der Vergütung, Beschwerdewert, Kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung, Nichtabhilfeentscheidung, Spruchverfahrensgesetz, aktienrechtliches Spruchverfahren, Angemessene Barabfindung, Ertragswertverfahren, Mitgliedschaft, Miteigentumsanteil, Stichtagsprinzip, Sachverständige - Hinzuziehung, Einholung eines Sachverständigengutachtens, Gerichtliche Überprüfung, Nicht betriebsnotwendiges Vermögen, Marktrisikoprämie

Schlagworte:
Squeezeout, Unternehmensbewertung, Barabfindung, Minderheitsaktionäre, Ertragswertmethode, Kapitalisierungszinssatz, Sonderwerte
Vorinstanz:
LG München I, Beschluss vom 14.12.2023 – 5 HK O 11456/21
Fundstelle:
BeckRS 2025, 20079

Tenor

I. Die Beschwerden der Antragsteller zu 1) bis 3), 17), 18), 24) bis 27), 32), 34) bis 41), 51), 56) bis 59), 63), 64), 73) und 74) gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 14. Dezember 2023 werden zurückgewiesen.
II. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Eine Erstattung der den Beschwerdeführern erwachsenen außergerichtlichen Kosten wird nicht angeordnet.
III. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren sowie der Wert für die Bemessung der von der Antragsgegnerin an die gemeinsame Vertreterin der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre zu leistenden Vergütung wird auf 200.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Das Verfahren betrifft die Angemessenheit der Barabfindung nach Ausschluss der Minderheitsaktionäre durch Squeezeout.
2
Die Beschwerdeführer waren neben den übrigen Antragstellern Aktionäre der E. AG (im Folgenden auch: die Gesellschaft). Die Gesellschaft hat ihren Sitz in 8... N. (Niederbayern). Ihr Grundkapital von 4 Mio. Euro ist in 1.312.500 auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt, die seit dem zum 30. Juni 2016 vollzogenen Delisting nicht mehr zum Handel in einen Freiverkehr einbezogen und nur noch an der Handelsplattform Valora gehandelt worden waren. Die Gesellschaft gehört zu den führenden Herstellern hochwertiger Dachkeramik in Deutschland. Ihr Kerngeschäft besteht in der Herstellung von Tondachziegeln; zu ihrer Produktpalette gehören daneben Schornsteinsysteme mit Keramikinnenrohr und sogenannte Lüftungsnetzwerke für Ein- und Zweifamilienhäuser. Sie vertreibt ihre Produkte überwiegend an Abnehmer in Süddeutschland und Österreich.
3
Die Antragsgegnerin ist selbst und über Tochtergesellschaften in der Fertigung von Tonbaustoffen und -dachziegeln tätig. Sie vertreibt ihre Tondachziegel (auch) über die E. AG. Seit Dezember 2020 verfügte die Antragsgegnerin über einen Anteil von 96,31% am Grundkapital dieser Gesellschaft. Am 25. Juni 2021 beschloss die Hauptversammlung der Gesellschaft, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen eine Barabfindung in Höhe von 96,99 Euro je Aktie auf die Antragsgegnerin zu übertragen. Der Beschluss wurde am 6. August 2021 in das Handelsregister eingetragen und am 7. August 2021 gemäß § 10 HGB bekannt gemacht.
4
Der Abfindungsbetrag entspricht dem Ergebnis der gutachtlichen Stellungnahme der von der Antragsgegnerin mit der Bewertung beauftragten K. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 5. Mai 2021 (im Folgenden: Bewertungsgutachten). Darin ermittelte die Bewertungsgutachterin in Anwendung der Ertragswertmethode einen Unternehmenswert der Gesellschaft in Höhe von 127,29 Mio. Euro (dementsprechend 96,99 Euro je Aktie), der sich aus dem Ertragswert der operativen Geschäftstätigkeit in Höhe von 73,024 Mio. Euro zuzüglich Sonderwerten in Höhe von 54,267 Mio. Euro ergab. Dabei ging die Bewertungsgutachterin von einer die Jahre 2021 bis 2025 umfassenden Detailplanungsphase aus, in der der Rohertrag (bereinigt) von 69,300 Mio. Euro im Jahr 2021 auf 69,470 Mio. Euro im Jahr 2025 ansteigen sollte. Für die Ableitung der ewigen Rente wurde das Jahr 2026 als Übergangsjahr eingeschoben mit der Begründung, dass im letzten Planjahr aufgrund der umweltpolitischen Rahmenbedingungen, namentlich der Verpflichtung zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050, noch kein eingeschwungener Zustand erreicht sei. Die Anpassungen bei den Ertrags- und Aufwandsposten im Übergangsjahr 2026 sollten die erwarteten annualisierten Auswirkungen des damit einhergehenden Umbruchs antizipieren. Bei der Kapitalisierung der künftigen Überschüsse legte die Bewertungsgutachterin einen Basiszinssatz vor Steuern von 0,2% und von 0,15% nach Steuern zugrunde. Den Risikozuschlag leitete sie mit Hilfe des (Tax-)CAPM ab, wobei sie eine Marktrisikoprämie nach Steuern von 5,75% und einen unverschuldeten Betafaktor von 0,85 ansetzte, der aus einer insgesamt 16 in- und ausländische Unternehmen umfassenden P. Group ermittelt wurde. Die nachhaltige Wachstumsrate in der ewigen Rente ab dem Jahr 2027 wurde mit 0,5% angenommen. Dem Ertragswert aus der operativen Geschäftstätigkeit wurden als Sonderwerte der mit 24,767 Mio. Euro angesetzte Wert für einen Miteigentumsanteil an einer Gewerbeimmobilie in M., …straße, sowie freie Liquidität in Höhe von 29,500 Mio. Euro hinzuaddiert, insgesamt ein Betrag in Höhe von (gerundet) 54,3 Mio. Euro. Der Wertermittlung der Immobilie lag ein von der E. AG beauftragtes Gutachten eines vereidigten Sachverständigen für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken zugrunde.
5
Die vom Landgericht München I mit Beschluss vom 15. Dezember 2020, Az. 5 HK O 16767/20, zur Abfindungsprüferin bestellte M. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft (im Folgenden: sachverständige Prüferin) gelangte in ihrem Prüfungsbericht vom 7. Mai 2021 zu dem Ergebnis, dass sich die ermittelte Barabfindung als angemessen darstelle.
6
In ihren jeweiligen Stichtagserklärungen identifizierten die Bewertungsgutachterin und die sachverständige Prüferin wertmindernde Effekte aufgrund eines Anstiegs des Basiszinssatzes auf 0,3% vor Steuern und einer eingetretenen Verschärfung der Emissionsziele auf dem Weg zur Klimaneutralität. Vor diesem Hintergrund bestätigte die sachverständige Prüferin, dass die angebotene Abfindung bezogen auf den maßgeblichen Stichtag weiterhin angemessen sei.
7
Von dem Squeezeout sind 48.386 Aktien betroffen.
8
74 Minderheitsaktionäre haben mit ihren spätestens am 8. November 2021 bei Gericht eingegangenen Anträgen die gerichtliche Festsetzung einer über 96,99 Euro je Aktie hinausgehenden angemessenen Barabfindung verlangt. Zur Begründung ihrer Ansicht, wonach die gewährte Abfindung zu niedrig sei, haben sie insbesondere folgende Argumente vorgetragen: Die Planung der Gesellschaft sei in vielerlei Hinsicht unplausibel und zu pessimistisch erfolgt. Sie sei zudem als unzulässige Anlassplanung anzusehen, weil der Aufsichtsratsvorsitzende der E. AG – zugleich Alleingeschäftsführer der Antragsgegnerin – die Planung der Gesellschaft im Interesse einer möglichst niedrigen Barabfindung habe beeinflussen können. Bei der Ableitung des Kapitalisierungszinssatzes seien fehlerhafte Werte für Basiszinssatz, Marktrisikoprämie, Betafaktor und Wachstumsabschlag angesetzt worden, die sich nachteilig auf den Abfindungsbetrag ausgewirkt hätten. Die Sonderwerte, insbesondere der Wert der Immobilie, seien zu niedrig veranschlagt worden.
9
Die Antragsgegnerin ist dem Vorbringen entgegengetreten. Insbesondere hat sie unter Erläuterung des Planungsprozesses vorgetragen, dass eine unabhängige Planung vorliege. Die Sondereffekte, die sich im Jahr 2020 im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie auf Umsatz und Ergebnis eingestellt hätten, seien zu Recht nicht fortgeschrieben worden. Auch im Übrigen sei die Planung plausibel. Der angesetzte Kapitalisierungszinssatz müsse nicht verändert werden. Das nicht betriebsnotwendige Vermögen sei ordnungsgemäß bewertet worden.
10
Das Landgericht hat eine schriftliche Stellungnahme der sachverständigen Prüferin zu einem umfangreichen Fragenkatalog eingeholt und in einem Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. Dezember 2023 die sachverständige Prüferin angehört.
11
Am Ende der mündlichen Verhandlung hat das Landgericht durch verkündeten Beschluss die Anträge auf Festsetzung einer höheren Barabfindung als 96,99 Euro je Aktie als unbegründet zurückgewiesen. In dem mit Gründen ausgefertigten und im Zeitraum von Ende April 2024 bis Mitte Mai 2024 den Beteiligten zugestellten oder formlos zugegangenen Beschluss hat es ausgeführt, die Abfindung sei als angemessen anzusehen. Die Rügen der Antragsteller seien unberechtigt.
12
Gegen die Entscheidung haben die Antragsteller zu 1) bis 3), 17) und 18), 24) bis 27), 32), 34) bis 41), 51), 56) bis 59), 63) und 64) sowie 73) und 74) mit Schriftsätzen an das Landgericht München I vom 20. Dezember 2023, 10. Januar 2024, 6., 9., 14., 16., 19. und 28. Mai 2024 sowie 7. Juni 2024 Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, eine Erhöhung der Barabfindung zu erreichen.
13
Das Landgericht hat nicht abgeholfen.
14
Die Beteiligten haben in der Beschwerdeinstanz Gelegenheit zu weiterem Vortrag erhalten.
15
Die Beschwerdeführer haben an ihren erstinstanzlich erhobenen Rügen festgehalten. Sie rügen neben zahlreichen Planannahmen, die unplausibel und nicht nachvollziehbar, teils sogar widersprüchlich seien, die Parameter der Diskontierung, namentlich den Betafaktor, den Basiszinssatz, die Marktrisikoprämie und den Wachstumsabschlag. Außerdem seien die Liquiditätsreserve zu hoch und das nicht betriebsnotwendige Sondervermögen zu niedrig angesetzt worden. Teilweise wird die Anwendung der Ertragswertmethode mit Blick darauf kritisiert, dass sich die Wirtschaftsprüfer an die Empfehlungen des FAUB (beim Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. angesiedelter Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft) zu halten hätten. Es wird geltend gemacht, dass das Gericht, das an die Empfehlungen eines privaten Interessenverbandes wie des FAUB nicht gebunden sei, gemäß § 26 FamFG von Amts wegen – auch mit Blick auf eine fehlende Unabhängigkeit der Planung – ein unabhängiges Sachverständigengutachten zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen einzuholen habe. Außerdem wird die Ansicht vertreten, die Beschwerdegegnerin selbst lege den durch Squeezeout hinzuerworbenen 48.386 Aktien an der E. AG einen Wert von 107,66 Euro je Aktie bei, wie sich aus dem Zuwachs der Bilanzposition „Anteile an verbundenen Unternehmen“ zum Bilanzstichtag 31. März 2022 (acht Monate nach Eintragung des Squeezeout im Handelsregister) um einen Betrag in Höhe von 5.209.432,13 Euro ergebe. Daraus errechne sich ein Bewertungsdelta von 10,52 Euro je Aktie.
16
Die Beschwerdegegnerin ist dem Vorbringen unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags entgegengetreten. Die Höhe des Bilanzansatzes für die durch Squeezeout hinzuerworbenen Aktien hat sie damit erklärt, dass zu den anzusetzenden Anschaffungskosten auch die Nebenkosten des Erwerbs wie Beratungs- und Prüfungskosten in Höhe von insgesamt etwa einer halben Million Euro gehörten.
17
Die gemeinsame Vertreterin unterstützt die Rügen der Beschwerdeführer. Die vorgetragenen Zweifel an der Plausibilität der Planung und an der Angemessenheit der zugrundeliegenden Planungsansätze seien berechtigt und durch die Einlassung der Beschwerdegegnerin nicht entkräftet. Berechtigt seien auch die generellen Zweifel an der Eignung des Bewertungsstandards IDW S. 1 sowie die Einwände gegen die Bestimmung der Marktrisikoprämie. Das Sondervermögen sei zu niedrig angesetzt worden. Der Wertansatz für die Immobilie werde weiterhin in Zweifel gezogen und für die von der E. AG gehaltenen Lehm- und Tongruben wäre ein Sonderwert anzusetzen gewesen.
18
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Anlagen AG 2 (Bewertungsgutachten), AG 3 (Immobilienwertgutachten), AG 4 (Prüfungsbericht der sachverständigen Prüferin), AG 6 (Stichtagserklärungen), die schriftliche Stellungnahme der sachverständigen Prüferin vom 5. Juli 2023 zu den mit Beschluss vom 5. April 2023 gestellten Fragen, das Protokoll über die öffentliche Sitzung des Landgerichts München I vom 14. Dezember 2023 und auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.
II.
19
Die Beschwerden sind zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht und ohne Verfahrensfehler hat das Landgericht die auf 96,99 Euro je Aktie festgelegte Barabfindung nicht erhöht, sondern die Anträge zurückgewiesen.
20
1. Die Beschwerden sind zulässig.
21
Auf das vorliegende Verfahren ist gemäß § 17 Abs. 3 SpruchG das Spruchverfahrensgesetz in seiner bis einschließlich 28. Februar 2023 geltenden Fassung (künftig: SpruchG a. F.) anzuwenden, da die zugrundeliegenden Anträge auf gerichtliche Entscheidung bereits vor dem maßgeblichen Stichtag, dem 31. Januar 2023, gestellt worden sind.
22
Sämtliche Beschwerdeführer sind beschwerdebefugt, denn sie waren im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Squeezeout Aktionäre der Gesellschaft.
23
Die einmonatige Rechtsmittelfrist gemäß § 17 Abs. 1 SpruchG a. F., § 63 Abs. 1 FamFG ist jeweils eingehalten; sie begann – für jeden Beteiligten gesondert – nicht vor der Zustellung der gemäß § 11 Abs. 1 SpruchG a. F. mit Gründen versehenen Entscheidung zu laufen, § 63 Abs. 3 FamFG (vgl. Krenek in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 6. Aufl. 2024, SpruchG § 12 Rn. 3; Krenek in Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl. 2023, SpruchG § 12 Rn. 21; auch Drescher in beckOGK, Stand: 1. Juni 2025, SpruchG § 12 Rn. 4 [zu der ab dem 1. März 2023 geltenden Fassung]; Obermann in BeckOK FamFG, 54. Ed. Stand: 1. Juni 2025, § 63 Rn. 25, 27 und 29). Zulässig sind auch diejenigen Beschwerden, die bereits vor Beginn des Fristenlaufs eingelegt worden sind, da die erstinstanzliche Entscheidung bereits mit ihrem Erlass durch Verkündung existent geworden ist und somit ab diesem Zeitpunkt Gegenstand eines Rechtsmittels sein kann (vgl. Jokisch in Sternal [vormals Keidel], FamFG, 21. Aufl. 2023, § 38 Rn. 90 f.).
24
Der nach § 17 Abs. 1 SpruchG a. F., § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert von mehr als 600,00 Euro ist erreicht. Er ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag, den der einzelne Beschwerdeführer zusätzlich für sich erstrebt, wobei die Beschwer aller Beschwerdeführer zusammenzurechnen ist, da sich die Beschwerden gegen dieselbe Entscheidung richten und dasselbe Rechtsschutzziel verfolgen (BGH, Beschluss vom 18. September 2018, II ZB 15/17, BGHZ 219, 348 Rn. 9, 19, 24 m. w. N.). Allein in der Person des Antragstellers zu 2), der im maßgeblichen Zeitpunkt 2.100 Aktien der E. AG hielt, würde die Grenze von 600,00 Euro bereits im Fall einer Nachbesserung von lediglich 29 Cent erreicht; sie wird unter Berücksichtigung der übrigen Beschwerdeführer und des erstrebten Ziels einer deutlichen Anhebung der Barabfindung ohne Weiteres überschritten.
25
Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist gemäß § 12 Abs. 2 SpruchG a. F. i. V. m. § 26 Abs. 2 GZVJu in der seit dem 1. Mai 2020 geltenden Fassung das Bayerische Oberste Landesgericht.
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2. Die Beschwerden sind unbegründet. Die von der Hauptaktionärin auf 96,99 Euro je Aktie festgelegte Barabfindung muss, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht erhöht werden.
27
a) Das in § 2 SpruchG a. F. bestimmte Gericht hat die angemessene Abfindung dann – auf Antrag – zu bestimmen, wenn die vom Hauptaktionär nach § 327a Abs. 1 Satz 1, § 327b Abs. 1 Satz 1 AktG festgelegte Höhe der Barabfindung nicht angemessen ist, § 327f Satz 2 AktG.
28
Die vom Hauptaktionär festgelegte Höhe der Barabfindung muss die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung berücksichtigen, § 327b Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AktG, und – wie sich aus § 327f Satz 2 AktG ergibt – angemessen sein. Diese Bestimmungen sind im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz gemäß Art. 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GG dahingehend auszulegen, dass den Minderheitsaktionären ein vollständiger wirtschaftlicher Ausgleich für den Verlust ihres Anteilseigentums zu leisten ist. Dies ist der Fall, wenn die Abfindung den „vollen“ oder „wahren“ Wert der Unternehmensbeteiligung widerspiegelt (st. Rspr.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2012, 1 BvR 3221/10, NJW 2012, 3020 [juris Rn. 21 f.]; Beschluss vom 30. Mai 2007, 1 BvR 390/04, WM 2007, 1329 [juris Rn. 24]; Beschluss vom 27. April 1999, 1 BvR 1613/94 – DAT/Altana, BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 46 f.]; BGH, Beschluss vom 21. Februar 2023, II ZB 12/21, BGHZ 236, 180 Rn. 19; Beschluss vom 12. Januar 2016, II ZB 25/14, BGHZ 208, 265 Rn. 21 f.; Beschluss vom 29. September 2015, II ZB 23/14, BGHZ 207, 114 Rn. 33 [„Stinnes“]; BayObLG, Beschluss vom 23. August 2023, 101 W 184/21, AG 2023, 896 [juris Rn. 49] m. w. N.).
29
Die Bewertungsmethode und die innerhalb der Bewertungsmethode gewählten Berechnungsverfahren müssen – auch unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falls – im Einklang mit dem durch diese rechtliche Vorgabe geprägten Bewertungsziel stehen. Insoweit geht es im Spruchverfahren um Rechtsanwendung. Demgegenüber fällt die Feststellung des konkreten Unternehmenswerts in den Bereich der Tatsachenfeststellung. Sie unterliegt entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO dem Schätzungsermessen des Gerichts. Die Frage, welche der nach den rechtlichen Vorgaben prinzipiell in Betracht kommenden Bewertungsweisen im Einzelfall den Wert der Unternehmensbeteiligung zutreffend abbildet, ist Teil der Sachverhaltswürdigung und beurteilt sich nach der wirtschaftswissenschaftlichen oder betriebswirtschaftlichen Bewertungstheorie und -praxis. Da jede Wertermittlung mit zahlreichen Prognosen, Schätzungen und methodischen Einzelentscheidungen verbunden ist, die jeweils nicht auf Richtigkeit, sondern nur auf Vertretbarkeit gerichtlich überprüfbar sind, kann keine Bewertungsmethode den Wert der Unternehmensbeteiligung exakt berechnen. Vielmehr kann jede Methode nur rechnerische Ergebnisse liefern, die ihrerseits Grundlage und Anhaltspunkt für die Schätzung des Gerichts nach § 287 Abs. 2, 1 ZPO bilden (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2024, II ZB 5/22, WM 2024, 862 Rn. 22; BGHZ 236, 180 Rn. 17; Beschl. v. 15. September 2020, II ZB 6/20, BGHZ 227, 137 Rn. 13, 20; BGHZ 207, 114 Rn. 12 f., 33 f., 36 [„Stinnes“]; Beschluss vom 6. November 2013, XII ZB 434/12, NJW 2014, 294 Rn. 34 [zu § 1376 Abs. 2 BGB]; Urt. v. 13. März 2006, II ZR 295/04, ZIP 2006, 851 Rn. 13 [zur Höhe eines Auseinandersetzungsguthabens]; Urt. v. 7. Mai 1986, IVb ZR 42/85, NJW-RR 1986, 1066 [juris Rn. 18]; Urt. v. 13. März 1978, II ZR 142/76, BGHZ 71, 40 [juris Rn. 31]; Hüttemann in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, 3. Aufl. 2024, § 1 Rn. 1.67, § 13 Rn. 13.15; Arnold/Rothenburg in Fleischer/Hüttemann, a. a. O., § 36 Rn. 36.48; Creutzmann/Stellbrink, DB 2025, 957 [961]).
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b) Im Streitfall stellt sich die von der Mehrheitsgesellschafterin festgesetzte Barabfindung als angemessener Ausgleich dar, weil sie den Anteil am Unternehmenswert zutreffend abbildet. Bei der Prüfung kann sich der Senat auf die von den Beschwerdeführern konkret erhobenen Einwendungen beschränken, denn das erstinstanzliche Gericht hat sich bereits umfassend mit den Details des Bewertungsverfahrens und den in erster Instanz erhobenen Rügen auseinandergesetzt und seine Entscheidung ausführlich begründet (vgl. BayObLG AG 2023, 896 [juris Rn. 50] m. w. N.; OLG München, Beschluss vom 7. Januar 2022, 31 Wx 399/18, AG 2022, 669 [juris Rn. 30]; Drescher in beckOGK, SpruchG § 12 Rn. 18).
31
aa) Entgegen der Ansicht einiger Beschwerdeführer ist es nicht zu beanstanden, dass die Unternehmensbewertung nach der Ertragswertmethode erfolgte.
32
Noch zutreffend macht der Antragsteller zu 17) geltend, dass es eine Rechtsfrage darstelle, ob eine Bewertungsmethode und ein innerhalb der Bewertungsmethode gewähltes Berechnungsverfahren den gesetzlichen Bewertungszielen widerspricht. Dabei ergibt sich das gesetzliche Bewertungsziel in Bezug auf die Angemessenheit einer Barabfindung für den Verlust der Aktionärsstellung durch Squeezeout – wie ausgeführt – aus dem verfassungsrechtlich begründeten Anspruch der ausgeschlossenen Aktionäre auf eine volle wirtschaftliche Kompensation für den Verlust ihrer Unternehmensbeteiligung, die nicht unter dem Verkehrswert liegen darf.
33
Die Ertragswertmethode, die im Streitfall zur Ermittlung des Unternehmenswerts herangezogen worden ist, widerspricht aber nicht dem gesetzlichen Bewertungsziel.
34
Mit der Wahl der Ertragswertmethode ist nur festgelegt, dass der Unternehmenswert nach dem abgezinsten geschätzten Zukunftsertrag bestimmt wird. Wie der Zukunftsertrag ermittelt wird und welcher Abzinsungssatz zugrunde zu legen ist, liegt damit nicht fest (BGHZ 207, 114 Rn. 36). Der als Ertragswert ermittelte Wert eines werbenden Unternehmens stellt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs ein verfassungsrechtlich unbedenkliches und grundsätzlich geeignetes Kriterium dar, um die Höhe der Barabfindung als quotalen Anteil an diesem Wert zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. April 2011, 1 BvR 2658/10, WM 2011, 1074 Rn. 23; BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 61] – DAT/Altana; BGHZ 227, 137 Rn. 20; BGHZ 208, 265 Rn. 21; BGHZ 207, 114 Rn. 33). Daneben kommt grundsätzlich eine Bestimmung des Anteilswerts durch Rückgriff auf den Börsenwert der Aktie oder durch Schätzung unter Heranziehung des nach einer anderen geeigneten Methode – etwa dem international anerkannten Discounted-Cashflow-Verfahren – ermittelten Unternehmenswerts in Betracht, sofern die Methode in der Wirtschaftswissenschaft oder Betriebswirtschaftslehre anerkannt und in der Praxis gebräuchlich ist. Die eine oder andere Methode scheidet nur aus, wenn sie aufgrund der Umstände des konkreten Falls nicht geeignet ist, den „wahren“ Anteilswert abzubilden (BGHZ 236, 180 Rn. 19; BGHZ 227, 137 Rn. 20).
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Die Ertragswertmethode ist im Streitfall als geeignete Bewertungsmethode anzusehen. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass der Wert eines Unternehmens in erster Linie von seiner Fähigkeit abhängt, künftig Erträge zu erwirtschaften. Dies ist in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 100, 289 [juris Rn. 61] – DAT/Altana). Das Ertragswertkalkül gehört heute „zu den Grundfesten der betriebswirtschaftlichen Bewertungslehre“ (Hüttemann in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 1 Rn. 1.54). Danach wird der Wert des Unternehmens maßgeblich von den künftigen Überschüssen bestimmt, die es prognostisch mit dem betriebsnotwendigen Vermögen erwirtschaften wird. Diese werden zur Ermittlung des Barwerts auf den maßgeblichen Stichtag, den Tag der Beschlussfassung der Hauptversammlung, diskontiert. Sofern das Unternehmen außerdem über nicht betriebsnotwendiges Vermögen verfügt, ist dieses gesondert zu bewerten. Die Summe aus beiden Positionen bildet den Unternehmenswert ab (statt vieler: OLG München, Beschluss vom 13. April 2021, 31 Wx 2/19, 31 Wx 142/19, AG 2021, 715 [juris Rn. 47 f.]; Böcking/Nowak in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 4 Rn. 4.34 f.; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 88; Egger/Tönnes in Großfeld/Egger/Tönnes, Recht der Unternehmensbewertung, 9. Aufl. 2020, Rn. 228 f., 1100).
36
Die unter Bezugnahme auf den Beschluss des Landgerichts Köln vom 13. April 2021, 82 O 2/16 (juris), vorgetragene Kritik des Antragstellers zu 17) bezieht sich darauf, dass die Ertragswertberechnung nach den Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. vom 2. April 2008 (IDW S. 1) erfolge. Der Antragsteller macht geltend, dass sich Wirtschaftsprüfer bei der Ermittlung des Ertragswerts an die Empfehlungen des Fachausschusses für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) zu halten hätten, die Mitglieder des FAUB nahezu ausnahmslos „im Lager der Großaktionäre stehen dürften“ und deshalb ein Interessenkonflikt vorliege. Der Antragsteller steht mit seinem gegen die fachlichen Empfehlungen des IDW gerichteten Einwand zwar nicht allein (vgl. nur Meilicke/Kleinertz in Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, AktG § 305 Rn. 34 bis 38; dazu auch: Hüttemann in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 13 Rn. 13.31 ff.). Er zeigt jedoch keine Rechtsfrage auf, die im vorliegenden Fall – gegebenenfalls mit sachverständiger Unterstützung – zu klären wäre.
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Eine Rechtsverletzung stellte es dar, wenn die gewählte Methode oder ein innerhalb der Methode gewähltes Berechnungsverfahren zur Schätzung des „wahren“ Werts der Anteile am Unternehmen nicht geeignet wären; denn in einem solchen Fall erwiese sich die Berechnungsweise als nicht geeignet, das rechtlich vorgegebene Bewertungsziel zu verwirklichen. Die Ertragswertmethode ist aber nach dem oben Dargelegten ein geeignetes Verfahren zur Schätzung von Unternehmenswerten. Die konzeptionelle Grundlage des vom Hauptfachausschuss des IDW entwickelten und in IDW S. 1 niedergelegten Regelwerks ist das Ertragswertkalkül (vgl. Hüttemann in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 1 Rn. 1.54; Böcking/Rauschenberg in Fleischer/Hüttemann, a. a. O., § 2 Rn. 2.45; Risse, ZIP 2021, 2300 [2314 ff.]). Dabei nimmt der sogenannte objektivierte Unternehmenswert, der in Fällen des Squeezeout maßgeblich ist, die zentrale Stellung ein. Dementsprechend besteht die Aufgabe des Bewerters, der nach dem standardisierten Konzept des IDW S. 1 vorgeht, darin, einen von den Parteien unabhängigen, objektivierten Unternehmenswert im Sinne eines intersubjektiv nachvollziehbaren Zukunftserfolgswerts aus Sicht der Anteilseigner und unter der Annahme der Fortführung des Unternehmens in unverändertem Konzept zu ermitteln (vgl. Peemöller/Kunowski in Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 8. Aufl. 2023, 3. Kapitel Teil A [Ertragswertverfahren nach IDW], S. 355; Böcking/Rauschenberg in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 2 Rn. 2.28; Hayn, DB 2000, 1346 [1347]). Dagegen ist aus rechtlicher Sicht nichts einzuwenden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. März 2018, 26 W 18/14 [AktE], AG 2019, 732 [juris Rn. 50] – Mannesmann/Vodafone I; Popp/Ruthardt in Fleischer Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 12 Rn. 12.38; a. M. Hüttemann in Fleischer/Hüttemann, a. a. O., § 13 Rn. 13.36 ff., der ausgehend von der Liquidationshypothese für einen potentiellen Kaufpreis plädiert, den ein typisierter Erwerber für das Unternehmen voraussichtlich zahlen würde, und deshalb die auf das vorhandene Unternehmenskonzept beschränkte Bewertungsperspektive ablehnt). Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass das Berechnungsverfahren nach dem Standard IDW S. 1 in einzelnen, für das im Streitfall zu bewertende Unternehmen relevanten Teilen dem Bewertungsziel widerspräche. Einen konkreten Einwand gegen die Geeignetheit des Berechnungsverfahrens, also gegen die Normzweckadäquanz der Bewertungsmethode (vgl. Fleischer, AG 2016, 185 [189 f.]) nach dem Standard IDW S. 1, bringt der Antragsteller selbst ebenfalls nicht vor. Der Senat sieht deshalb – wie bereits das Landgericht – die Methode, auch wenn sie von einem privaten Verein entwickelt wurde und daher keinen bindenden Rechtsnormcharakter hat, grundsätzlich als zur Unternehmenswertermittlung geeignet an. Die Einholung eines Grundsatzgutachtens durch einen Sachverständigen ohne Mitgliedschaft im IDW, wie von einigen Beschwerdeführern unter Verweis auf die Entscheidung des Landgerichts Köln vom 13. April 2021 (82 O 2/16) verlangt, kommt daher nicht in Betracht.
38
Soweit die Beschwerdeführer konkret einzelne Bewertungsparameter beanstanden, geht es um Tatsachenfragen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter b) cc) verwiesen. Allgemein gilt: Bei den vom IDW empfohlenen Bewertungsgrundsätzen handelt es sich um eine nicht nur vom Berufsstand der Wirtschaftsprüfer anerkannte Expertenauffassung für das methodische Vorgehen bei der fundamental-analytischen Ermittlung des Unternehmenswerts (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. September 2020, 26 W 5/16 [AktE], AG 2021, 25 [juris Rn. 38]; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 85 und 117 m. w. N.; Steinle/Liebert/Katzenstein in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 7, 6. Aufl. 2020, § 34 Rn. 101; Katzenstein, AG 2018, 739 [742]). Über die von einigen Beschwerdeführern auch im vorliegenden Spruchverfahren vorgebrachten und in der Beschwerdeinstanz aufrechterhaltenen fachlichen Angriffe muss der Senat nicht in der Sache befinden. Inhaltliche Kritik und fachlich abweichende Auffassungen stellen nicht in Frage, dass die Verlautbarungen des IDW anerkannt und gebräuchlich sind. Bekannte Kritikpunkte, die vom IDW und dessen Gremien bei der Entscheidungsfindung über die jeweilige Fassung des Bewertungsstandards oder einzelner Verlautbarungen berücksichtigt werden konnten, aber nicht zu einer Änderung führten, lassen die Qualifizierung der Verlautbarungen als anerkannt und gebräuchlich unberührt. Das Gericht kann sie deshalb als Schätzgrundlage entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO im Spruchverfahren zugrunde legen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. September 2021, 26 W 1/19 [AktE], juris Rn. 38 m. w. N.).
39
Da im Streitfall eine Prognose der zukünftigen Einnahmeströme möglich war (dazu unter bb]), kann das auf der Basis dieses Bewertungsstandards errechnete Ergebnis somit der richterlichen Schätzung entsprechend § 287 Abs. 2 ZPO zugrunde gelegt werden (vgl. auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27. Juni 2022, 26 W 13/18 [AktE], AG 2023, 129 [juris Rn. 80]). Wegen der gegen die Unabhängigkeit der sachverständigen Prüferin geäußerten Bedenken wird auf die Ausführungen unter c) aa) verwiesen.
40
bb) Die Einwände der Beschwerdeführer gegen die der Unternehmensbewertung zugrunde gelegten Planannahmen bleiben ohne Erfolg. Die erstinstanzliche Entscheidung beruht nicht auf einer falschen Tatsachengrundlage.
41
(1) Die Planannahmen sind nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar.
42
Grundlage für die Ermittlung der zu kapitalisierenden Überschüsse sind die erwarteten künftigen Jahresergebnisse und eine Abschätzung des nachhaltigen Ergebnisses, das für den Zeitraum jenseits der Planjahre als dauerhaft erzielbar angesehen wird (van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 124). Die in die Zukunft gerichteten Planungen des Unternehmens und die darauf aufbauenden Prognosen über die Entwicklung sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Wie jede in die Zukunft gerichtete und daher mit Unsicherheiten belastete Annahme entziehen sie sich – anders als die Frage der mathematischen Richtigkeit der Planungsrechnung sowie der Konsistenz der Planungen – einer (gerichtlichen) Überprüfung auf Richtigkeit.
43
Liegt eine Unternehmensplanung vor, muss sie allerdings, um Grundlage für die Schätzung des Unternehmenswerts zu sein, bei den bewertungsrelevanten tatsächlichen Verhältnissen des Bewertungsobjekts (Ertragskraft, Vermögensbestand etc.) und seines wirtschaftlichen Umfelds (Zinsentwicklung, Marktrisiken etc.) ansetzen (vgl. Hüttemann in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 1 Rn. 1.49). Insofern ist die Unternehmensplanung auf ihre Vertretbarkeit überprüfbar, namentlich darauf, ob sie auf zutreffenden Informationen (Tatsachengrundlagen) und daran orientierten, realistischen und in sich widerspruchsfreien Annahmen aufbaut, mithin plausibel ist. Als unplausibel und damit nicht vertretbar kann eine Planung zu werten sein, wenn sie im Vergleich zu den Ergebnissen der Vergangenheit zu konservativ ist und überdies Planabweichungen zur vergangenen Entwicklung nicht schlüssig erklärbar sind, die Planung einseitige, systematische Verzerrungen aufweist oder wenn trotz Marktkontinuität ein bisher auch in den besten bzw. schlechtesten Zeiten nie erreichtes Niveau ohne nachvollziehbare Begründung geplant wird oder wenn es für die angeführten markt- und wettbewerbsbezogenen Erwägungen an tatsächlichen Anhaltspunkten fehlt. Hingegen wird eine Planung als plausibel angesehen, wenn sie rechnerisch richtig und auf der Grundlage eines geeigneten Planungsprozesses erstellt ist, schlüssig an die Ist-Lage des Bewertungsobjekts anknüpft, etwaige Abweichungen zur vergangenen Entwicklung schlüssig erklärbar sind und die Planung die erwartete Entwicklung des Bewertungsobjekts widerspiegelt. Eine nach diesem Maßstab nicht zu beanstandende Planung darf im Spruchverfahren nicht durch andere, für die Minderheitsaktionäre günstigere – letztlich aber ebenfalls nur vertretbare – Annahmen Verfahrensbeteiligter ersetzt werden (vgl. BVerfG NJW 2012, 3020 [juris Rn. 12 und 30]; OLG München AG 2021, 715 [juris Rn. 51]; Beschl. v. 2. September 2019, 31 Wx 358/16, WM 2019, 2104 [juris Rn. 34]; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 8. Mai 2025, 12 W 21/23, juris Rn. 99, 122; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18. März 2024, 26 W 13/20 [AktE], juris Rn. 38 f.; Beschluss vom 20. Juni 2022, 26 W 3/20 [AktE], AG 2023, 284 [juris Rn. 68]; AG 2021, 25 [juris Rn. 41]; Beschluss vom 25. Februar 2020, 26 W 7/18, AG 2020, 593 [juris Rn. 44 f.]; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 2. Juli 2020, 9 W 1/17, AG 2021, 29 [juris Rn. 61]; Drescher in beckOGK, SpruchG § 8 Rn. 8; Franken/Schulte in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 5 Rn. 5.121; Ruiz de Vargas in Bürgers/Lieder, AktG, 6. Aufl. 2024, Anhang zu § 305 Rn. 46 bis 49, 50 bis 53, 62 bis 64, 68 f.; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 188 mit Rn. 126; Ruthardt/Popp, AG 2020, 322 [323 f.]; kritisch: Lauber in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 37 Rn. 37.84 ff.).
44
(2) Nach diesem Maßstab hat das Landgericht die Planung der Gesellschaft und die daraus im Detailplanungszeitraum (2021 bis 2025) sowie im Übergangsjahr (2026) abgeleiteten Erträge – der sachverständigen Prüferin folgend – zutreffend als plausibel angesehen. Entgegen den Rügen der Beschwerdeführer sind Korrekturen der Prognose- und Planannahmen oder gar eine erneute Aufstellung eines umfassenden Geschäftsplans durch einen vom Gericht zu bestellenden Sachverständigen nicht veranlasst.
45
(a) Zu Unrecht wird gegen die erstinstanzliche Entscheidung der Vorwurf erhoben, das Landgericht habe die Doppelrolle des Alleingeschäftsführers der Antragsgegnerin und Vorsitzenden des Aufsichtsrats der E. AG gänzlich verkannt; es habe deshalb verkannt, dass sich die Gesellschaft im Rahmen der Planung anlässlich des Squeezeout „bewusst arm gerechnet“ habe, und habe aus diesem Grund die vorzunehmende Neubewertung nicht veranlasst.
46
Das Landgericht hat sich mit der Annahme einiger Antragsteller, die Antragsgegnerin habe auf die Planung des Vorstands der E. AG Einfluss genommen mit dem Ziel, Planansätze zum Nachteil der Minderheitsaktionäre vorzunehmen, intensiv auseinandergesetzt und ist nach Würdigung aller Umstände zu dem Ergebnis gekommen, dass eine solche Einflussnahme nach seiner Überzeugung nicht angenommen werden könne. Dem schließt sich der Senat aufgrund eigener Würdigung in vollem Umfang an.
47
Keineswegs erlaubt der Umstand, dass die Geschäftsführung der Antragsgegnerin und der Vorsitz des Aufsichtsrats der E. AG mit derselben Person besetzt waren, den Schluss, dass die Unternehmensplanung von dieser Person beeinflusst worden sei. Die Unternehmensplanung ist nicht Sache des Aufsichtsrats, sondern gehört zu der in § 76 Abs. 1 AktG angesprochenen Leitungsaufgabe des Vorstands. Die Pflicht zur Unternehmensleitung verlangt von den Vorstandsmitgliedern unter anderem, eigenverantwortlich eine Unternehmensplanung, insbesondere eine Finanz-, Investitions- und Personalplanung, aufzustellen (vgl. Spindler in Münchener Kommentar zum AktG, § 76 Rn. 17 f. m. w. N.; Bayer/Scholz in Melot de Beauregard/Lieder/Liersch, Managerhaftung, 2022, § 3 Rn. 167). Gemäß § 90 Abs. 1 Satz 1 AktG hat der Vorstand dem Aufsichtsrat hierüber Bericht zu erstatten. Die Berichterstattung ermöglicht es dem Aufsichtsrat, die Geschäftsführung des Vorstands in wirksamer Weise gemäß § 111 AktG zu überwachen (Spindler in Münchener Kommentar zum AktG, § 90 Rn. 1). Ohne Hinzutreten konkreter Anhaltspunkte ist die Annahme einer mittelbaren Beeinflussung der Planung durch den Aufsichtsratsvorsitzenden nicht bereits deshalb gerechtfertigt, weil der Aufsichtsrat gemäß § 84 AktG für die Bestellung der Vorstandsmitglieder und gemäß § 87 AktG für die Festsetzung der Vergütung der Vorstandsmitglieder zuständig ist.
48
Im Streitfall gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Aufsichtsratsvorsitzende der E. AG unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf die Planung der Gesellschaft mit dem Ziel eines möglichst niedrigen Ergebnisses der Unternehmensbewertung genommen hätte. Die Bewertungsgutachterin hat in ihrer gutachtlichen Stellungnahme zum Prozess der jährlichen Planerstellung ausgeführt, dass es in der Gesellschaft einen regulären Planungsprozess gebe, der vom Vorstand gesteuert werde und im Wesentlichen einem Bottom-up-Ansatz entspreche. Dabei übermittelten die jeweiligen Bereichsleiter ihre Planzahlen für die kommende Budgetperiode dem Vorstand, der die Teilpläne aggregiere und in eine ganzheitliche Planung überführe. Das erste Planjahr der Langfristperiode entspreche dem gemäß Budgetplanung prognostizierten nächsten Geschäftsjahr und werde um weitere vier Jahre gemäß den Erwartungen des Vorstands in Verbindung mit aktuellen Marktentwicklungen ergänzt. Die sachverständige Prüferin hat im Prüfungsbericht den jährlich stattfindenden Planungsprozess im Einklang damit beschrieben. Der Prozess beginne mit der Aufforderung des Vorstands an die Bereichsverantwortlichen, Bottom-up-Planansätze für unter anderem Umsatz, Produktion, Energie, Marketing, Personal und Investitionen für das Budgetjahr zu erstellen. Die einzelnen Planansätze würden daraufhin durch den Vorstand aggregiert und mit den jeweiligen Bereichsverantwortlichen diskutiert. Nach Vornahme etwaiger Anpassungen top down zur Sicherstellung der Konsistenz der Annahmen würden die Planansätze durch den Vorstand zu einer Planung der Umsatzerlöse, des Materialaufwands, der übrigen Ertrags- und Aufwandsposten sowie der Investitionen für das Budgetjahr überführt. Die einen Zeitraum von jeweils fünf Jahren umfassende Langfristplanung basiere auf einer vereinfachten Fortschreibung der Budgetplanung für die Folgejahre auf Basis aktueller Markteinschätzungen des Vorstands, wobei das erste Planjahr der Budgetplanung entspreche. Die vom Vorstand erstellte Budgetplanung werde dem Aufsichtsrat zur Kenntnis gebracht. Dieser habe entsprechend der in der Gesellschaft geübten Vorgehensweise die vorliegend maßgebliche Budget- und Langfristplanung im Rahmen einer Aufsichtsratssitzung zustimmend zur Kenntnis genommen und einstimmig verabschiedet.
49
Die sachverständige Prüferin hat im Prüfungsbericht angegeben, sie habe sich durch Gespräche mit dem Vorstand und den Planungsverantwortlichen der E. AG vom Ablauf des Planungsprozesses und der Richtigkeit seiner Darstellung im Bewertungsgutachten überzeugt. Auf Nachfrage des Landgerichts hat die sachverständige Prüferin in ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 5. Juli 2023 ausgeführt, dass im Fokus ihrer Prüfung die Frage gestanden habe, ob die Planung der E. AG das Ergebnis eines regulären Planungsprozesses gewesen sei und ob die Hauptaktionärin – die Antragsgegnerin – in irgendeiner Weise Einfluss auf die Planung genommen habe. Dies könne verneint werden. Eine mittelbare Einflussnahme auf die Umsatzerlöse über die seit 1993 bestehende Kooperationsvereinbarung zwischen der E. AG und der Antragsgegnerin betreffend den Vertrieb der von der Antragsgegnerin hergestellten Tondachziegel als Handelsware sei ebenfalls nicht möglich gewesen, denn die Preis- und Mengenhoheit in Bezug auf die Produkte, um die es im Kooperationsvertrag gehe, liege nicht bei der Antragsgegnerin, sondern bei der E. AG. In ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 5. Juli 2023 hat die sachverständige Prüferin außerdem ausgeführt, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der heutige Aufsichtsratsvorsitzende der E. AG weder bei der Antragsgegnerin noch bei der E. AG eine leitende Funktion innegehabt habe und die Kooperationsvereinbarung bei den jährlichen Prüfungen des jeweiligen Abhängigkeitsberichts unbeanstandet geblieben sei.
50
Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben nicht den Fakten entsprächen, haben die Antragsteller weder in der ersten noch in der Beschwerdeinstanz aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Bei dieser Sachlage kann sich der Senat keine Überzeugung dahingehend bilden, dass es eine Einflussnahme der Antragsgegnerin auf die Planannahmen gegeben habe. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen, welche sich mit den wirtschaftlichen Verbindungen der Aufsichtsratsmitglieder F. G. R. und M. G. zur Antragsgegnerin und mit der im Jahr 1993 abgeschlossenen Kooperationsvereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und der E. AG befassen. Der zugrundeliegende Planungsprozess ist mithin als geeignet zu bewerten, weshalb die Planung der Gesellschaft für Bewertungszwecke zu übernehmen war (Vorrang der unternehmenseigenen Planung).
51
(b) Ohne Erfolg rügen die Beschwerdeführer die Umsatzplanung in der Detailplanungsphase, insbesondere den Rückgang vom Jahr 2020 auf das erste Planjahr 2021, aber auch das durchschnittliche Umsatzwachstum während der Detailplanungsphase, als unplausibel.
52
Ausweislich des Bewertungsgutachtens wurde für das Jahr 2021 ein Umsatzrückgang im Vergleich zum Vorjahr erwartet. Der deutliche Anstieg der Umsatzerlöse im Jahr 2020 im Umfang von 19,9% gegenüber dem Vorjahr wurde als Sondereffekt angesehen, der sich in den Folgejahren nicht wiederholen werde. Er sei sowohl auf Nachholeffekte aus dem Abbau eines Investitionsstaus als auch auf Vorzieheffekte aufgrund einer temporären Senkung der Umsatzsteuer im Zuge der COVID-19-Pandemie sowie des zum 1. Januar 2020 gestarteten „Klimapakets 2020“ zur Förderung energetischer Sanierungsmaßnahmen zurückzuführen. Nach dem Abklingen der Effekte aus der Pandemie wurde mit konstanten Absatzmengen geplant. Der Planung lag die Erwartung eines insgesamt stagnierenden Markts zugrunde bei einer optimistischen Erwartung speziell für das Sanierungsgeschäft. Der Anteil der Umsätze im Sanierungsgeschäft am Gesamtgeschäft sollte sich danach im Planungszeitraum von 65,2% im Jahr 2021 auf 67,0% im Jahr 2025 erhöhen, während sich der Anteil der Umsätze im Neubaugeschäft von 31,0% im Jahr 2021 auf 29,3% im Jahr 2025 ermäßigen sollte. Das geplante Umsatzwachstum mit einem CAGR (Compound Annual Growth Rate) von etwa 0,6% sollte gemäß der zugrundeliegenden Erwartung über Preiserhöhungen erzielt werden.
53
Die Bewertungsgutachterin und die sachverständige Prüferin haben die nach den Planungsrechnungen für den Detailplanungszeitraum der Jahre 2021 bis 2025 geplanten Umsätze der Gesellschaft auf der Basis einer umfangreichen Analyse für plausibel erachtet und deshalb – mit den auf Seite 53 des Prüfungsberichts dargestellten Bereinigungen – für Bewertungszwecke übernommen. Damit haben sie – zutreffend – berücksichtigt, dass Planungen und Prognosen in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen sind.
54
(aa) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer sind der erwartete Umsatzrückgang vom Jahr 2020 zum ersten Planjahr 2021 plausibel und der Umstand, dass bis zum Ende des Detailplanungszeitraums im Jahr 2025 der Stand des letzten Ist-Jahres unerreicht bleibt, nicht „merkwürdig“.
55
Die einen Zeitraum von drei Jahren (2018 bis 2020) umfassende Vergangenheitsanalyse hat keine Anhaltspunkte für eine einseitige, systematische Verzerrung der Planung ergeben. Vielmehr hat die sachverständige Prüferin als Ergebnis ihrer Analyse angegeben, dass von einer Planungstreue ausgegangen werden könne. Die Planunterschreitung im Jahr 2018 und die Planüberschreitung im Jahr 2020 seien mit den im Einzelnen dargestellten, nicht planbaren exogenen Faktoren zu erklären. Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht hierzu ausgeführt, dass die die Jahre 2018 bis 2020 umfassende Vergangenheitsanalyse nicht auf eine fehlerhafte Planungssystematik schließen lasse. Darauf wird Bezug genommen. Beobachtbare Plan-Ist-Abweichungen bedeuten nicht ohne Weiteres zugleich eine systematische Verzerrung der Planung (Franken/Schulte in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 5 Rn. 5.65 f.).
56
Die Beschwerdeführer betrachten die Ausführungen, mit denen die sachverständige Prüferin die massive Planüberschreitung im Jahr 2020 erläutert hat, zu Unrecht als gehaltlos und messen ihnen daher nicht das Gewicht bei, das ihnen richtigerweise zukommt. Die Umsatzerlöse der E. AG während der letzten drei IST-Jahre stiegen von 105,042 Mio. Euro im Jahr 2018 über 110,495 Mio. Euro im Jahr 2019 sprunghaft auf 132,457 Mio. Euro im Jahr 2020 an. Als Grund für das enorme Umsatzwachstum im Jahr 2020, das die Planung des Unternehmens deutlich übertraf, sind Sondereffekte im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie angeführt worden, namentlich Nachholeffekte aus dem Abbau eines Investitionsstaus und Vorzieheffekte aufgrund der temporären Ermäßigung der Umsatzsteuer ab dem 1. Juli 2020 sowie des zum 1. Januar 2020 gestarteten „Klimapakets 2020“. Die Schilderungen zu den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für den Umsatz der E. AG sind ohne Weiteres nachvollziehbar und einleuchtend. Erst recht überzeugen sie vor dem Hintergrund der historischen Umsatzentwicklung. Denn die sachverständige Prüferin hat zusätzlich zum Plan-Ist-Vergleich, der die Jahre 2018 bis 2020 umfasst, die langfristige Umsatzentwicklung der E. AG seit dem Jahr 2004 analysiert und bei stark zyklischen Effekten einen nur leicht positiven Trend der jährlichen Wachstumsrate (CAGR von 0,7% in den Jahren 2004 bis 2019 bzw. 1,8% bis 2020) ausgemacht. Aus der massiven Planüberschreitung im Jahr 2020 kann daher nicht geschlossen werden, dass bei der E. AG systematisch zu pessimistisch geplant worden sei.
57
Vor dem Hintergrund der Erläuterungen der Planüberschreitung im Jahr 2020 ist auch der erwartete Umsatzrückgang im ersten Planjahr (2021) zu sehen. Es ist nicht zu beanstanden, dass mit einer erwarteten Rückkehr zur Normalität – nicht zuletzt aufgrund der absehbaren flächendeckenden Bereitstellung wirksamer Impfstoffe, aber auch aufgrund der zum Jahreswechsel ausgelaufenen Umsatzsteuersenkung – die Erwartung einer Normalisierung der Umsätze verbunden, in der von der E. AG erstellten Detailplanung entsprechend abgebildet und seitens der sachverständigen Prüferin für plausibel erachtet worden ist. Dies verkennen die Beschwerdeführer, wenn sie darauf abstellen, dass die Bauwirtschaft während der Pandemie vergleichsweise stabil geblieben sei und sich schnell erholt habe. Maßgeblich ist nicht eine Betrachtung der Bauwirtschaft in ihrer Gesamtheit, sondern eine Betrachtung der konkreten Gesellschaft. Dass bei der E. AG die Umsätze nicht lediglich vergleichsweise stabil geblieben waren, sondern die COVID-19-Pandemie aufgrund einer Kombination aus Nachhol- und Vorzieheffekten zu einem außerordentlichen Anstieg der Umsätze geführt hatte, der sich weder auf Dauer fortsetzen noch auf dem erreichten Stand halten werde, leuchtet aufgrund der konkreten Darlegungen der sachverständigen Prüferin ohne Weiteres ein.
58
Die Beschwerdeführer blenden zudem aus, dass die für das erste Planjahr (2021) erwarteten Umsatzerlöse in Höhe von 118,070 Mio. Euro immer noch signifikant über dem Umsatz des Jahres 2019 in Höhe von 110,495 Mio. Euro liegen. Somit werden das nicht bereits zum Ende des Jahres 2020, sondern erst im Verlauf des Jahres 2021 erwartete Auslaufen des Sondereffekts und eine Rückkehr zur Normalität in der Planung abgebildet.
59
Vor diesem Hintergrund ist der gegen die Plausibilität der Planung erhobene Einwand, dass bis zum Ende des Detailplanungszeitraums der Umsatz des letzten IST-Jahres nie wieder erreicht werde, nicht stichhaltig. Eine „Merkwürdigkeit“ der Planung ergibt sich daraus nicht. Zudem trifft es schlicht nicht zu, dass im Prüfungsbericht die Hypothese aufgestellt worden sei, dass die COVID-19-Pandemie kurz- und mittelfristig einen negativen Einfluss auf die Unternehmensentwicklung genommen habe. In der von den Antragstellern zu 51), 56), 58) und 59) in Bezug genommenen Passage (Seite 11) des Prüfungsberichts heißt es unter der Überschrift „Besondere Schwierigkeiten bei der Bewertung“, die sachverständige Prüferin sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Pandemie die kurz- und mittelfristige Geschäftsentwicklung der E. AG wesentlich beeinflussen könne. Auf Basis der geführten Gespräche mit dem Vorstand der E. AG, der zur Unterlegung von Annahmen erhaltenen Unterlagen sowie ihrer eigenen Plausibilisierungsarbeiten habe sie festgestellt, dass in der vorgelegten Planungsrechnung der aktuelle Kenntnisstand bezüglich der Pandemie sachgerecht abgebildet sei. Weder aus diesen Angaben noch aus dem übrigen Inhalt des Prüfungsberichts, der die positiven Auswirkungen der Pandemie auf den Umsatz der E. AG im Jahr 2020 beschreibt, ergeben sich Anhaltspunkte für angeblich angenommene negative Effekte der Pandemie auf die Geschäfte der E. AG oder allgemein der Baubranche.
60
Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, die Art und Weise, wie staatliche Hilfsmaßnahmen in der Planung berücksichtigt worden seien, bleibe unklar; diese Maßnahmen hätten dazu beigetragen, die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie abzumildern. Das Landgericht hat hierzu auf der Basis der schriftlichen Stellungnahme der sachverständigen Prüferin vom 5. Juli 2023 zutreffend ausgeführt, dass die E. AG selbst keine staatlichen Hilfen bezogen habe, weshalb insoweit weder ein Zufluss noch eine künftige Rückzahlungslast zu berücksichtigen gewesen seien. Staatliche Hilfsmaßnahmen wie beispielsweise staatliche Unterstützungen von Sanierungsmaßnahmen, von denen die Gesellschaft indirekt profitiere, seien in die Absatzplanung eingeflossen, soweit sie absehbar gewesen seien. Die Antwort der sachverständigen Prüferin auf die Frage, wie staatliche Hilfen in der Planung berücksichtigt worden seien, ist zwar knapp gehalten, in der Sache aber ausreichend. In Anbetracht der übrigen Erläuterungen zum erwarteten Umsatzrückgang im ersten Planjahr 2021 sowie der Umsatzsteigerung im Vergleich zum Jahr 2019 gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Angabe zu hinterfragen wäre.
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(bb) Im Ergebnis ohne Erfolg machen die Beschwerdeführer geltend, die erstinstanzliche Entscheidung beruhe auf falschen Tatsachen, denn das Landgericht habe die Statistik des Statistischen Bundesamts zur Entwicklung der Anzahl der Baubeginne in Deutschland von 2019 bis 2022 aus Gründen für nicht maßgeblich angesehen, welche mit den Fakten nicht zu vereinbaren seien.
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Das Landgericht hat zur Begründung dafür, weshalb die nach dem Stichtag der Hauptversammlung vom 25. Juni 2021 veröffentlichte Statistik des Statistischen Bundesamts betreffend die Anzahl der Baubeginne in Deutschland von 2019 bis 2022 kein Maßstab für die Umsatzentwicklung der E. AG im ersten Planjahr 2021 sein könne, unter anderem angeführt, dass die Statistik neben Ein- und Zweifamilienhäusern auch Mehrfamilienhäuser erfasse, letztere aber in der Regel keine Steil-, sondern Flachdächer hätten, welche dann aber keine Dachziegel benötigten. Diesen Erwägungen wird in der Beschwerdeinstanz entgegengehalten, dass ausweislich der monatlichen Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts zwar die Baugenehmigungen in den ersten fünf Monaten des Jahres 2021 gegenüber dem entsprechenden Vorjahresvergleichszeitraum um 3,67% gesunken seien, der Grund aber darin liege, dass die Baugenehmigungen für Mehrfamilienhäuser in diesem Zeitraum um 17,53% gesunken, die Anzahl der Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser und somit in dem für die Gesellschaft maßgeblichen Segment hingegen um 16,35% gestiegen seien. Bezogen auf das Gesamtjahr 2021 seien die Baugenehmigungen für Mehrfamilienhäuser gegenüber dem Jahr 2020 um 4,22% und für Ein- und Zweifamilienhäuser um 4,44% gestiegen. Die Zahlen bis einschließlich Mai 2021 seien allgemein, und damit auch für die Gesellschaft, zugänglich gewesen.
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Darauf kommt es für die Entscheidung nicht an. Die Entwicklung der Anzahl der Baugenehmigungen bis zum Stichtag im Jahr 2021 ist nicht geeignet, die Plausibilität der unternehmenseigenen Planung hinsichtlich des Umsatzrückgangs vom letzten IST-Jahr 2020 zum ersten Planjahr 2021 in Frage zu stellen, auch wenn die Annahme des Landgerichts zur tatsächlichen Verteilung der Baugenehmigungen auf Mehrfamilienhäuser einerseits und Ein- und Zweifamilienhäuser andererseits nicht zutreffend gewesen sein mag. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer sind die markt- und wettbewerbsbezogenen Analysen im Prüfungsbericht, die zur Plausibilisierung des erwarteten Umsatzrückgangs von 2020 auf 2021 vorgenommen worden sind, als geeignet zur Prüfung der materiellen externen Plausibilität (dazu: Franken/Schulte in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 5 Rn. 5.85 ff.) anzusehen. Zusammen mit den zur Prüfung der rechnerischen und formellen sowie der materiellen internen Plausibilität vorgenommenen Maßnahmen sowie dem Abgleich der tatsächlichen Umsatzentwicklung der E. AG in den ersten Monaten des Jahres 2021 mit der Planung, den die sachverständige Prüferin zur kritischen Überprüfung eines Korrektur- und Aktualisierungsbedarfs vorgenommen hat, bilden sie eine belastbare Basis für die Plausibilitätsprüfung (vgl. allgemein: Franken/Schulte in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 5 Rn. 5.58 f.). Die insoweit auf die Gesamtheit der Erkenntnisse gestützte Plausibilisierung der Unternehmensplanung ist mithin nicht zu beanstanden.
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Die sachverständige Prüferin hat sich intensiv mit dem Markt- und Wettbewerbsumfeld der Gesellschaft befasst, indem sie die wesentlichen Marktentwicklungen untersucht und unter Auswertung von Marktberichten, Branchenreporten und statistischem Material dargestellt hat. Dies betrifft die Darstellung der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland und Österreich einschließlich des Anteils der Bauinvestitionen am jährlichen Wachstum des Brutto-Inlands-Produkts, die Darstellung der Entwicklung des Wohnbaumarkts in Deutschland seit dem Jahr 2010 unter Aufteilung nach Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser und für Mehrfamilienhäuser, die Darstellung des Markts für Dachdeckung in Deutschland unter Fokussierung auf die „Absatzfläche Dachdeckungen Steildach in Neubau und Sanierung“ seit dem Jahr 2017 und die Darstellung des Markts für keramische Baumaterialien in Deutschland (sowie des Markts für Schornsteinsysteme in Deutschland). Demnach ist der Markt für Dachkeramik, einem Teilsegment der Baustoffindustrie, davon geprägt, dass Dachziegel auf Steildächern, wie sie in Deutschland vorwiegend bei Ein- und Zweifamilienhäusern zum Einsatz kommen, verbaut werden. Maßgeblich unter Auswertung des im September 2020 veröffentlichten Marktberichts der B + L Marktdaten GmbH hat die sachverständige Prüferin die Entwicklung des Gesamtmarkts der in Deutschland erstellten Steildachflächen in Neubau und Sanierung während der Jahre 2017 bis 2019 und den Ausblick auf die Jahre 2020 bis 2022 dargestellt und für Zwecke der Plausibilisierung herangezogen. Darüber hinaus hat sie (unter anderem) aus dem Branchenreport von IBIS World von September 2020 die Umsatzentwicklung der Branche für keramische Baumaterialien in Deutschland seit dem Jahr 2011 und den dort dargestellten Ausblick auf die Jahre 2020 bis 2026 sowie die Erläuterungen von IBIS World ausgewertet. Zur Darstellung der langfristigen Entwicklung der Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser in Deutschland seit 2010 hat sie sich ausweislich des Prüfungsberichts unter anderem auf Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts bezogen. Ebenfalls gestützt auf Angaben des Statistischen Bundesamts aus November 2020 zum Wohnungsbau – Struktur nach Art der Bauleistung in Deutschland bis 2019 – hat sie ein Potenzial der Branche in den zahlreichen Sanierungs- und Renovierungsaktivitäten am deutschen Markt gesehen. In diesem Zusammenhang hat sie den Mangel an Fachkräften für Dachsanierungen als Nachteil gewertet.
65
Ausgehend hiervon ist es im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das Landgericht ausgeführt hat, der erwartete Umsatzrückgang von 132,457 Mio. Euro vom Jahr 2020 auf das erste Planjahr 2021 begründe keine mangelnde Plausibilität. Hinsichtlich des angenommenen Rückgangs des Umsatzes der Gesellschaft im Neubaugeschäft hat sich das Landgericht insbesondere auf die von der sachverständigen Prüferin (unter anderem) herangezogenen Prognosen der B + L Marktdaten GmbH bezogen. Zudem hat es auf die Presseerklärung der Bundesvereinigung Bauwirtschaft vom 11. März 2021 abgestellt (vorgelegt von den Antragstellern zu 63] und 64] als Anlage AST 6). Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an. Die B + L Marktdaten GmbH prognostizierte in ihrem Marktbericht Dachdeckungen aus September 2020 für das Jahr 2021 einen Rückgang der im Rahmen des Neubaus erstellten Steildachflächen von rund 1,1% und für das Jahr 2022 einen Rückgang von rund 1,6% gegenüber dem jeweiligen Vorjahr. Auch die das gesamte Bauhauptgewerbe betreffende Prognose der Bundesvereinigung Bauwirtschaft für das Jahr 2021 ging ausweislich der Presseerklärung vom 11. März 2021 von einem deutlichen Nachlassen der Wachstumsdynamik aus.
66
Außerdem sollten nach dem Marktbericht der B + L Marktdaten GmbH vom September 2020 die Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser in den Jahren 2021 bis 2023 um durchschnittlich 0,4% zurückgehen.
67
Die der Planung zugrunde gelegten Annahmen fügen sich ohne Widerspruch in dieses Bild ein. Die sachverständige Prüferin hat die Gründe für die insgesamt leicht rückläufig geplante Entwicklung der Umsatzerlöse aus dem Neubaugeschäft im Planungszeitraum nachvollzogen und die zugrundeliegende Erwartung eines Rückgangs der Nachfrage nach Dachdeckungen für Steildächer im Neubau auf der Grundlage insbesondere des B + L Marktberichts Dachdeckungen vom September 2020 sowie des Branchenreports keramische Baumaterialien von September 2020 als plausibel angesehen. Nicht zu beanstanden ist es, dass sie ausweislich ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 5. Juli 2023 die Relevanz der Prognosen für Steildachflächen aufgrund der spezifischen Fokussierung auf das Marktsegment, auf dem die E. AG tätig ist, höher eingeschätzt hat als die Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts zu den Baubeginnen. Damit hat die sachverständige Prüferin zutreffend berücksichtigt, dass die Marktuntersuchungen und -prognosen der B + L Marktdaten GmbH Datenmaterial und Erkenntnisse speziell für dasjenige Marktsegment zur Verfügung stellen, das für die E. AG relevant ist. Der Verweis auf den tatsächlichen Anstieg der Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser im Zeitraum bis Mai 2021 um 16,6% gegenüber dem entsprechenden Zeitraum des Jahres 2020 bzw. um 4,44% im Jahr 2021 insgesamt gegenüber dem Jahr 2020 insgesamt ist nicht geeignet, die Plausibilität der Planung in Zweifel zu ziehen. Die Antragsteller berücksichtigen bereits nicht, dass der für das Jahr 2021 erwartete Umsatzrückgang gegenüber 2020 auch insoweit, als er das Neubaugeschäft betrifft, mit dem Auslaufen der Sondereffekte, die das Jahr 2020 prägten, nachvollziehbar begründet worden ist, und dass den für das Jahr 2021 im Bereich Neubau geplanten Umsatzerlösen in Höhe von 36,646 Mio. Euro (gegenüber 34,113 Mio. Euro im Jahr 2019 und 31,773 Mio. Euro im Jahr 2018) immer noch ein – wenn auch verhaltenes – Mengenwachstum gegenüber 2019 zugrunde liegt. Dass die der Planung zugrundeliegenden prognostischen Annahmen allein wegen der tatsächlichen Entwicklung der Anzahl an Baugenehmigungen während der ersten fünf Monate des Jahres 2021 einer Korrektur hätten unterzogen werden müssen, trifft danach nicht zu; auf die Frage, wann das Statistische Bundesamt die Daten, auf die sich die Beschwerdeführer beziehen, veröffentlicht hat, kommt es nicht mehr an.
68
Für ihre abweichende Meinung beziehen sich die Antragsteller zu 63), 64), 73) und 74) ohne Erfolg auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 6. Mai 2016 (12a W 2/15, AG 2016, 672 [juris Rn. 34; dort unter dem Entscheidungsdatum 18. Mai 2016 publiziert]). Anders als im dort entschiedenen Fall liegt im Streitfall bereits keine Anlassplanung vor, die außerhalb des unternehmerischen Planungsprozesses ausschließlich zu Bewertungszwecken vorgenommen worden wäre. Zudem hat die sachverständige Prüferin eine durch die tatsächliche Entwicklung veranlasste kritische Prüfung vorgenommen und dafür die tatsächliche Umsatzentwicklung der E. AG in den ersten Monaten des Jahres 2021 mit der Planung abgeglichen. Im Vergleich zu dem nicht durch Sondereinflüsse geprägten Jahr 2019 ergab sich danach rechnerisch ein Anstieg der Umsatzerlöse (insgesamt) im Jahr 2021 von 6,9%. Gemäß ihren Ausführungen zeichnete sich damit die angenommene Entwicklung eines sich deutlich abschwächenden Wachstums bereits in dieser Zeitspanne ab. Aus diesen Gründen ist es nicht zu beanstanden, dass monatliche Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts des ersten Halbjahres 2021, soweit sie bereits vor dem Stichtag (25. Juni 2021) bekannt gemacht wurden, daneben unberücksichtigt geblieben und nicht zum Anlass für eine Korrektur der Prognose- und Planannahmen genommen worden sind.
69
Die erstinstanzliche Entscheidung beruht somit nicht auf einer „nachweislich falschen Tatsachengrundlage“. Die Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts geben daher auch keinen Anlass für die von einigen Beschwerdeführern geforderte Aufstellung eines umfassenden Geschäftsplans durch einen zu bestellenden Sachverständigen. Ebenso wenig besteht Grund dafür, ein unabhängiges Sachverständigengutachten zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen einzuholen.
70
(cc) Das angenommene Umsatzwachstum von durchschnittlich 0,6% p. a. während der Detailplanungsphase 2021 bis 2025, das über Preiserhöhungen bei konstant erwarteten Absatzmengen erzielt werden soll, erachtet der Senat – wie das Landgericht – als plausible Planung.
71
Die im Prüfungsbericht dargelegte Untersuchung des Markt- und Wettbewerbsumfelds und die dabei gewonnenen Erkenntnisse tragen nachvollziehbar das Ergebnis, die erwartete Umsatzentwicklung in der Detailplanung entspreche den Markterwartungen. Danach basiert das geplante Umsatzwachstum auf der Annahme, dass einem erwarteten Umsatzwachstum aus Sanierungstätigkeiten ein erwarteter Umsatzrückgang aus dem Neubaugeschäft gegenüberstehe und das Wachstum über Preissteigerungen erzielt werde. Das in dieser Weise geplante Umsatzwachstum hat die sachverständige Prüferin unter Berücksichtigung der in der Vergangenheit beobachtbaren zyklischen Umsatzentwicklung bei der E. AG sowie auf der Basis ihrer Marktanalysen mit Verweis auf den Preisdruck, der von dem intensiven Wettbewerbsumfeld ausgehe, auf den steigenden Anteil an Flachdächern und auf den Trend zu preiswerteren Materialien für Dacheindeckungen – wie z. B. Blech, Beton, Kunststoff – plausibilisiert.
72
Die dagegen erhobenen Einwände der Beschwerdeführer sind nicht berechtigt.
73
Entgegen der Rüge einiger Beschwerdeführer ist der im Zusammenhang mit der Sanierung und Renovierung von Bestandsgebäuden realistisch zu erwartende steigende Bedarf für Dachziegel bei der Planung berücksichtigt worden. Der Prüfungsbericht betont ausdrücklich den Umstand, dass für die Gesellschaft bedeutsame Chancen im Sanierungs- und Renovierungsbereich liegen, und bezieht diesen Aspekt in die Plausibilisierung der Detailplanungsphase ein. Die pauschale Annahme einiger Beschwerdeführer, dass angesichts der hohen Zahl an Gebäuden aus den 50er- und 60er-Jahren, die eine Dachsanierung benötigten, und angesichts der staatlichen Förderprogramme zur energetischen Sanierung die Planung deutlich optimistischer ausfallen sollte, ist nicht geeignet, die Plausibilität der Planung in Zweifel zu ziehen. Im Bewertungsgutachten ist dargestellt, dass das geplante durchschnittliche Umsatzwachstum im Sanierungsbereich bis 2022 in Höhe von durchschnittlich 2,9% gegenüber dem entsprechenden Umsatzsegment des Jahres 2018 über der Erwartung der B + L Marktdaten GmbH für den Gesamtsanierungsmarkt von durchschnittlich 2,6% liegt. Die sachverständige Prüferin hat auf der Grundlage der angegebenen Quellen dargestellt, dass der Gesamtmarkt der in Deutschland erstellten Steildachflächen in den Jahren 2017 bis 2019 nahezu konstant geblieben sei, wobei sich der auf Sanierungen zurückgehende Anteil erhöht habe. Daneben hat die sachverständige Prüferin die Entwicklung der Umsätze der Branche für keramische Baumaterialien während der Jahre 2011 bis 2019 sowie Ende 2020 verlautbarte Branchenprognosen zur Plausibilisierung der Annahmen herangezogen. Auch damit hat sie auf einen sachgerechten Aspekt abgestellt, denn die E. AG profitiert als Herstellerin qualitativ hochwertiger Dachkeramik nur insoweit von einer steigenden Nachfrage nach Dacheindeckungen, als sich diese bei der Nachfrage nach den von der Gesellschaft angebotenen Produkten niederschlägt. Zutreffend ist daher berücksichtigt worden, dass der Markt Alternativen in Form von preiswerteren Materialien für Dacheindeckungen – wie z. B. Blech, Beton, Kunststoff – bietet, die aber nicht zum Produktsortiment der E. AG gehören.
74
Die der Planung zugrundeliegende und vom Landgericht als plausibel angesehene Annahme, dem Anstieg der Umsatzerlöse aus Renovierungs-, Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Planungszeitraum stehe ein Rückgang der Umsatzerlöse aus dem Neubaugeschäft gegenüber, wird von den Beschwerdeführern zu Unrecht unter Verweis auf eine steigende Anzahl von Baugenehmigungen für Ein- und Zweifamilienhäuser während des Jahres 2021 beanstandet. Auf die Ausführungen unter b) bb) (2) (b) (bb) wird verwiesen.
75
Den weiteren Einwand, die der Planung zugrundeliegende erwartete Preissteigerung (durchschnittlich 0,6% p. a.) sei zu pessimistisch angesetzt worden, hat das Landgericht mit überzeugender Begründung zurückgewiesen.
76
Darauf wird Bezug genommen. Die Möglichkeiten der Gesellschaft, Preissteigerungen im Baustoff- oder Bedachungsgroßhandel durchzusetzen, sind – trotz ihrer starken Position im Marktsegment – gemäß den Darlegungen der sachverständigen Prüferin aus den dort genannten Gründen begrenzt, unter anderem deshalb, weil ein Konkurrenzdruck von preiswerteren Materialien für Dacheindeckungen ausgeht, welche die Gesellschaft nicht anbietet. Bei der Beurteilung der Plausibilität der Planung ist dies zu berücksichtigen. Entgegen der Annahme der Beschwerdeführer durfte auch der Umstand Berücksichtigung finden, dass es der Gesellschaft in der Vergangenheit – mit Ausnahme des Jahres 2020 – nicht möglich gewesen war, Kostensteigerungen vollständig an ihre Kunden weiterzugeben. Die Sondereffekte des Jahres 2020 rechtfertigen nicht die Annahme, der E. AG werde es möglich sein, nachhaltig Preissteigerungen in vergleichbarer Höhe durchzusetzen. Da außerdem die Gesellschaft ihren Umsatz überwiegend im Baustoff- und Bedachungsgroßhandel, bei dem Dachdecker- und Zimmereibetriebe die E.-Produkte im Auftrag der Endkunden einkaufen, erzielt, ist der Verweis auf Inflationserwartungen und auf stark steigende Baumaterialpreise nicht stichhaltig; weder die allgemeine Inflationserwartung noch die Entwicklung der Baumaterialpreise im Einzelhandel bilden für sich genommen eine belastbare Grundlage für eine Antwort auf die Frage, ob oder in welchem Umfang es der E. AG möglich sein werde, Preissteigerungen bei ihren Abnehmern durchzusetzen.
77
Unbehelflich ist auch der Einwand, tatsächlich habe die Gesellschaft ihre Preise im Jahr 2021 ausweislich ihrer Preisliste stärker erhöht bzw. für Lieferungen ab dem Jahr 2022 stärkere Preiserhöhungen angekündigt als geplant. Der Planung liegt die plausibel begründete Annahme zugrunde, dass sich Sondereffekte aus der COVID-19-Pandemie, die im Jahr 2020 unter anderem wegen Lieferengpässen der Konkurrenz außergewöhnliche Preiserhöhungen ermöglicht hätten, nicht fortsetzen würden. Zudem hat die sachverständige Prüferin ausgeführt, dass die Preislisten dem Handel mit Endverbrauchern dienten und sich diese Preise stark von den Preisvereinbarungen der Gesellschaft mit ihren Kunden unterschieden. Anhaltspunkte dafür, dass das von der sachverständigen Prüferin in dieser Weise mitgeteilte Ergebnis ihrer Prüfung nicht den Fakten entspräche, liegen nicht vor. Weitergehender substanziierter Vortrag zur Höhe der in 2021 vereinbarten Preisveränderungen mit dem Baustoff- und Bedachungsgroßhandel war vor diesem Hintergrund nicht erforderlich, zumal die Antragsgegnerin vorgetragen hatte, dass sich die Preiserhöhungen im Zeitraum von 2015 bis 2019 auf durchschnittlich 0,8% jährlich belaufen hätten und lediglich im Jahr 2020 aufgrund der beschriebenen Effekte einmalig deutlich höhere Preissteigerungen in Höhe von 2,9% erzielt worden seien.
78
Der pauschale Einwand, die Prognosen des Statistischen Bundesamts und der Bundesinnung Bauwirtschaft deuteten auf ein kontinuierliches Wachstum der Baubranche hin, ist angesichts der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen der sachverständigen Prüferin zu den Markt- und Wettbewerbsbedingungen, denen die Gesellschaft auch bei ihrer Preisgestaltung Rechnung zu tragen hat, sowie zu den ausgewerteten Marktprognosen nicht geeignet, insoweit Zweifel an der Plausibilität der Planung zu begründen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts im Spruchverfahren, plausible Planannahmen des Unternehmens durch andere, möglicherweise ebenfalls plausible Annahmen zu ersetzen. Auch der Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 26 FamFG rechtfertigt solches nicht.
79
(dd) Ohne Erfolg bleibt auch der in der Beschwerdeinstanz wiederholte Einwand einiger Beschwerdeführer, die Gesellschaft habe ausweislich ihres Geschäftsberichts 2020 lediglich einen „Seitwärtstrend“ erwartet.
80
Die in Bezug genommene Aussage des Geschäftsberichts der Gesellschaft für das Jahr 2020 erlaubt nicht den Rückschluss, dass der geplante Rückgang des Umsatzes vom Jahr 2020 auf das Jahr 2021 in Widerspruch zu den eigenen Erwartungen der Gesellschaft stünde. Der Einwand vernachlässigt den Wortlaut der Aussage und den Zusammenhang, in dem sie steht. Im Geschäftsbericht teilt der Vorstand der Gesellschaft unter der Überschrift „Ausblick“ mit, dass „nach dem unerwartet guten Verlauf im Jahr 2020 … die Prognosen der Wirtschaftsinstitute und Verbände für die Baubranche nicht eindeutig“ seien. Dieser Absatz schließt mit dem einzigen Satz des Geschäftsberichts, der das Wort „Seitwärtstrend“ enthält, wie folgt: „Demnach befindet sich der Steildachmarkt weiterhin in einem Seitwärtstrend.“ Im weiteren Verlauf dieses Ausblicks werden Überlegungen hinsichtlich der zu erwartenden Auswirkungen der SARS-CoV-2-Pandemie angestellt. Im Anschluss daran heißt es: „Wir gehen derzeit davon aus, dass wir im laufenden Jahr sowohl den Umsatz als auch das Ergebnis dieses außergewöhnlichen Jahres 2020 deutlich unterschreiten werden.“ Den von einigen Beschwerdeführern behaupteten Widerspruch zwischen der im Geschäftsbericht abgegebenen Einschätzung und der Planung gibt es somit nicht.
81
(ee) Aus diesen Gründen bleibt auch der Einwand ohne Erfolg, dass aufgrund höher anzunehmender Umsatzerlöse das geplante Betriebs- und Jahresergebnis (EBITDA, EBIT und EAT) im 1. Planjahr keinen Bestand haben könne.
82
Außerdem lassen die Beschwerdeführer außer Betracht, dass sich bereits in der Vergangenheit die bereinigte EBITDA-Marge der E. AG von 11,1% im Jahr 2018 auf 9,0% im Jahr 2019 und die bereinigte EBIT-Marge von 6,3% im Jahr 2018 auf 4,9% im Jahr 2019 verschlechtert hatte. Der deutliche Anstieg im Jahr 2020 ist mit den dargelegten Sondereffekten im Rahmen der COVID-19-Pandemie überzeugend erklärt worden und daher nicht repräsentativ.
83
(c) Zutreffend hat das Landgericht auch die Aufwandsplanung in der Detailplanungsphase als plausibel eingestuft.
84
Die in der Beschwerdeinstanz in den Fokus gestellten Einwände gegen die Planung des Material- und Personalaufwands sowie des Investitionsaufwands für ein Logistikkonzept haben keinen Erfolg.
85
(aa) Hinsichtlich der in der Beschwerdeinstanz weiterhin von einigen Beschwerdeführern als unplausibel gerügten Planung steigender Materialaufwände bei sinkenden Umsätzen schließt sich der Senat den Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung in vollem Umfang an.
86
Die im Jahr 2020 mit einem Materialaufwand von 51,677 Mio. Euro erwirtschafteten Umsatzerlöse in Höhe von 132,457 Mio. Euro liegen zwar erheblich über den für das Jahr 2025 geplanten und mit einem Materialaufwand von 51,760 Mio. Euro zu erwirtschaftenden Umsatzerlösen in Höhe von 120,710 Mio. Euro. Aber nicht nur die Gründe für den Rückgang der Umsatzerlöse nach dem als Ausnahmejahr beschriebenen letzten IST-Jahr 2020, sondern auch die Ursache für den erwarteten Anstieg des Materialaufwands bis zum Jahr 2025 bei konstanten Absatzmengen während der Detailplanungsphase sind im Prüfungsbericht und in der Stellungnahme der sachverständigen Prüferin vom 5. Juli 2023 überzeugend dargelegt.
87
Schlicht unverständlich ist die Ansicht einiger Beschwerdeführer, dass die Materialkosten proportional an die Veränderung des Umsatzvolumens angepasst werden sollten. Die Beschwerdeführer blenden aus, dass die E. AG aufgrund der energieintensiven Produktionsprozesse Emissionszertifikate hinzuerwerben muss, soweit die kostenlose Zuteilung von Emissionsrechten nicht reicht. Die Annahme eines deutlich steigenden Aufwands ist überzeugend damit begründet worden, dass die Gesellschaft ab dem Beginn der vierten Handelsperiode des EU-Emissionshandels (2021 bis 2030) ganz erheblich von der Reduzierung der kostenlosen Zuteilung sowie von Preissteigerungen wegen der politisch motivierten, zunehmenden Verknappung des Angebots betroffen sein wird. In der Stichtagserklärung vom 25. Juni 2021 hat die sachverständige Prüferin zudem darauf hingewiesen, dass die Emissionsziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) mittlerweile infolge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 (1 BvR 2656/18 u. a.) verschärft worden seien und der Preis für Emissionszertifikate deutlich rasanter als geplant angestiegen sei; er habe bereits beinahe das für das Jahr 2025 geplante Niveau erreicht. Die an die aktuelle Entwicklung nicht angepasste Planung ist für die Minderheitsaktionäre vorteilhaft.
88
(bb) Auch die Planung des Personalaufwands beanstanden die Beschwerdeführer zu Unrecht weiterhin als unplausibel.
89
Die geplante Erhöhung der Anzahl vollzeitbeschäftigter Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen (FTE – Full Time Equivalent) um zwölf Mitarbeiter im ersten Planjahr 2021 im Vergleich zum Jahr 2020 hat das Landgericht – entgegen dem in der Beschwerdeinstanz erhobenen Vorwurf – nicht ignoriert. Vielmehr hat es ausgeführt, dass der Anstieg der Personalaufwandsquote auf 29% im Jahr 2021 unter anderem aus einem geplanten Personalaufbau in den Bereichen Vertrieb und Fertigung aufgrund der geplanten Übernahme von Leiharbeitern aus dem Jahr 2020 resultiert. Somit hat das Landgericht den geplanten Anstieg um 12 FTE von 2020 auf 2021 bei seiner Entscheidung berücksichtigt und auf der Grundlage der Ausführungen der sachverständigen Prüferin im Prüfungsbericht zutreffend gewürdigt.
90
Der geplante Mitarbeiteranstieg bei gleichzeitig erwartetem Umsatzrückgang von 2020 auf 2021 ist nachvollziehbar begründet worden. Die geplante Übernahme eingearbeiteter Leiharbeiter in ein Festanstellungsverhältnis ist nicht bereits deshalb unplausibel, weil für das Jahr 2021 ein Rückgang der Umsatzerlöse gegenüber 2020 aufgrund des abklingenden Sondereffekts aus der COVID-19-Pandemie erwartet wurde. Die Gesellschaft plante zwar bezogen auf das letzte IST-Jahr 2020 mit einem Umsatzrückgang, bezogen auf die Jahre 2018 und 2019 jedoch mit einem deutlichen Umsatzanstieg. Die Sicherung eines Mitarbeiterstamms durch Umwandlung von Leiharbeitsverhältnissen in Festanstellungen stellt sich somit als nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung dar. Die geplante Erhöhung des Personalaufwands resultiert insoweit aus einer konkret geplanten unternehmerischen Maßnahme; sie kann nicht als eine „aus der Luft gegriffene“ und deshalb anzuzweifelnde Planannahme gewertet werden. Des Weiteren rechnete die Gesellschaft sodann im Verlauf der Detailplanungsphase mit einem Personalabbau, insbesondere als Ergebnis von Effizienzsteigerungen unter anderem durch die Einrichtung des geplanten Logistikkonzepts.
91
Die sachverständige Prüferin hat des Weiteren ausgeführt, dass die geplanten, auf die Verringerung der Anzahl der FTE zurückgehenden Einsparungen die tariflichen Lohn- und Gehaltssteigerungen nicht kompensieren würden. Da die E. AG nach den Angaben der sachverständigen Prüferin tarifgebunden ist, durfte für diese prognostische Annahme auf die erwarteten Tariferhöhungen in der bayerischen Ziegelindustrie abgestellt werden. Aus der konträren Entwicklung der geplanten Umsatzerlöse und der geplanten Anzahl der Vollzeitbeschäftigten sowie des Personalaufwands ergibt sich aus diesen Gründen im Streitfall keine Unplausibilität der Planung.
92
Die Beschwerden haben auch insoweit keinen Erfolg, als sie den Ausführungen des Landgerichts entgegengetreten, es dürfe bei der Entwicklung der Personalkosten nicht übersehen werden, dass das Unternehmen bei der Rekrutierung von Personal im Großraum M. sowie in Niederbayern in Wettbewerb mit anderen Unternehmen beispielsweise aus der Automobilbranche stehe. Für ihre Argumentation haben sich die Antragsteller zu 63), 64), 73) und 74) auf die mit Schriftsatz vom 6. Mai 2025 als Anlage AST 11 vorgelegte, aus dem Internet abgerufene Auswertung von jobvector.de bezogen und darauf gestützt das durchschnittliche Jahresbruttogehalt im Bereich Automotive in Bayern in Höhe von 61.772 Euro einem geplanten durchschnittlichen Bruttogehalt in Höhe von 67.000 Euro bei der E. AG im Jahr 2024 gegenübergestellt. Zutreffend hat das Landgericht dazu in der Nichtabhilfeentscheidung ausgeführt, dass sich aus der statistischen Größe der Personalkosten im Frühjahr 2024 kein Rückschluss auf eine Fehlerhaftigkeit der Prognosen ziehen lasse. Darüber hinaus geben die von der Jobbörse jobvector GmbH veröffentlichten Daten die Bruttovergütung aus Arbeitnehmersicht wieder, während der Personalaufwand der E. AG als Arbeitgeberin zusätzlich die Gehaltsnebenkosten umfasst. Lediglich colorandi causa sei angefügt, dass sich aus der genannten Quelle eine Spannbreite der Jahresbruttogehälter von 58.880 Euro bis 67.947 Euro ergibt.
93
(cc) Soweit die Beschwerdeführer an ihrer Ansicht festhalten, dass eine Investition in Höhe von 12 Mio. Euro in ein Logistikkonzept nicht einleuchte, wenn nicht auch entsprechende Umsätze oder Umsatzzuwächse erwartet würden, folgt ihnen der Senat nicht.
94
Die Umsatzplanung der Detailplanungsphase 2021 bis 2025 und die in den Jahren 2021 und 2022 geplanten Investitionen in ein neues Logistikkonzept widersprechen einander nicht. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer ist deshalb nicht ersichtlich, dass die Planung der E. AG auf widersprüchlichen Annahmen beruhe.
95
Die geplanten Investitionen in eine Lagerhalle und eine automatisierte Lagerhaltungstechnik in Höhe von insgesamt 12 Mio. Euro sind auf nachvollziehbare, sachliche Gründe gestützt, welche die sachverständige Prüferin im Prüfungsbericht dargestellt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nochmals erläutert hat. Danach dient das Logistikkonzept nicht der Umsatzerweiterung, sondern dazu, eine verbesserte Kommissionierung der Produkte zu erzielen. Die geplante Automatisierung soll die bisher manuell durchgeführte Lagerhaltung ablösen und dadurch für eine schnellere Bereitstellung der Produkte sorgen. Gerade in Stoßzeiten soll es dadurch auch möglich werden, Personal anderer Abteilungen in der Logistik einzusetzen. Das Logistikkonzept soll damit zu einer höheren Kundenzufriedenheit beitragen. Diese Erläuterungen sind nachvollziehbar und überzeugend. Dass durch ein automatisiertes Lagersystem die Geschwindigkeit der Produktbereitstellung und die Effizienz aufgrund kürzerer Bearbeitungszeiten gesteigert werden können, leuchtet ohne Weiteres ein. Angesichts des im Prüfungsbericht dargestellten Wettbewerbs, in dem sich die E. AG behaupten muss, ist ein Investitionsvorhaben schlüssig nachvollziehbar, das der Steigerung der Kundenzufriedenheit durch verkürzte Wartezeiten dient.
96
Dass die Investition auf diese Weise „nur“ der Sicherstellung, nicht aber der Ausweitung des mengenmäßigen Umsatzes dienen soll, begründet keine Widersprüchlichkeit der Annahmen. Die Dauer von Lieferfristen ist ein Wettbewerbsfaktor, weshalb eine Investition in diesem Bereich und der hierfür genannte Grund – Sicherstellung konstanter Absatzmengen in einem intensiven Wettbewerbsumfeld – stimmig sind. Hingegen muss aus dem Umstand der geplanten Investition und ihrer Größenordnung nicht auf ein erwartetes Umsatzwachstum geschlossen werden. Ein solcher angeblich zwingender Zusammenhang besteht nicht. Eine „Scheinbegründung“ vermag der Senat somit nicht zu erkennen. Der Ansicht, es sei weltfremd anzunehmen, dass ein Unternehmen eine Investition dieser Größenordnung in seine Lagerhaltung vornehme, wenn es kein mengenmäßiges Umsatzwachstum erwarte, folgt der Senat nicht. Sonstige Anhaltspunkte dafür, dass die Planung auf unzutreffenden Informationen beruhe, liegen nicht vor.
97
(dd) Schließlich ist auch der geplante Anstieg der Personalaufwandsquote in Höhe von 26,5% im letzten IST-Jahr (2020) auf knapp 31% im letzten Jahr der Detailplanungsphase (2025) nachvollziehbar und plausibel begründet worden.
98
Die Beschwerdeführer blenden in diesem Zusammenhang unzulässig aus, dass die Personalaufwandsquote bereits in den Jahren 2018 und 2019 bei 28,3% bzw. 28,9% gelegen hatte und die deutlich niedrigere Personalaufwandsquote des Jahres 2020 nachvollziehbar mit pandemiegetriebenen Sondereffekten erklärt worden ist. Der Anstieg des Personalaufwands und der Personalaufwandsquote während des Detailplanungszeitraums ist auf der Grundlage erwarteter tariflicher Lohn- und Gehaltssteigerungen von durchschnittlich 2,3% bis 2,8% und entsprechend steigenden Sozialabgaben plausibiliert worden. Zulässig ist dabei berücksichtigt worden, dass die Gesellschaft bei der Rekrutierung von Personal in Wettbewerb mit anderen Unternehmen im Großraum M. sowie in Niederbayern steht; insoweit wird auf die obigen Ausführungen unter b) bb) (2) (c) (bb) verwiesen. In die Berechnung ist die geplante Reduzierung der Vollzeitstellen von 555 im Jahr 2021 auf 545 im Jahr 2025 eingeflossen, sodass die aus der Einrichtung des geplanten Logistikkonzepts erwarteten Einsparungen beim Personalbedarf berücksichtigt worden sind. Soweit einige Beschwerdeführer eine stärkere Berücksichtigung des Einsparpotenzials bei der Planung einfordern und darauf hinweisen, dass die Anzahl der FTE im Jahr 2025 mit 545 (geringfügig) über der Anzahl der FTE im Jahr 2020 (543) und deutlich über derjenigen des Jahres 2019 (537) liege, ist ihnen nicht zu folgen. Die Planung einer gleichbleibenden Absatzmenge während der Detailplanungsphase geht von einem Ausgangsniveau aus, das deutlich über demjenigen der Jahre 2019 und 2018 liegt. Die Planung erweist sich somit als konsistent.
99
(d) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer sind auch die Planannahmen des Übergangsjahrs 2026 nicht zu beanstanden. Das Übergangsjahr 2026 stellt daher eine geeignete Ausgangsbasis zur Ableitung des nachhaltigen Ergebnisses in der ewigen Rente dar.
100
(aa) Das Einschieben eines Übergangsjahrs zur ewigen Rente durch die Bewertungsgutachterin war dadurch veranlasst, dass im letzten Jahr der Detailplanungsphase noch kein eingeschwungener Gleichgewichtszustand erreicht war.
101
Insoweit hat das Landgericht zutreffend (unter anderem) auf den Investitionsaufwand für Zukunftstechnologie abgestellt, der mit Blick auf den energieintensiven Herstellungsprozess von Keramikwerkstoffen angesichts umweltpolitischer Vorgaben zum langfristigen Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Gesellschaft erforderlich sein werde.
102
Die sachverständige Prüferin hat überzeugend in Übereinstimmung mit dem Bewertungsgutachten aufgezeigt, dass am Ende der Detailplanungsphase noch nicht der Gleichgewichts- oder Beharrungszustand erreicht ist, den die ewige Rente widerspiegelt. Daher war es notwendig, im Anschluss an die Detailplanungsphase eine Übergangsphase einzuschieben.
103
Den besonderen Schwierigkeiten bei der Prognose der Höhe der Investitionen, die sich aus dem Erfordernis ergeben, eine geeignete Brenntechnologie zur Umstellung auf einen emissionsneutralen Produktionsprozess erst noch zu entwickeln, hat sich die sachverständige Prüferin gestellt. Pflichtgemäß sind diese besonderen Schwierigkeiten im Prüfungsbericht thematisiert worden, vgl. § 327c Abs. 2 Satz 4, § 293e Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 AktG. Die von einigen Beschwerdeführern erhobene Kritik „reiner Glaskugelleserei“ geht fehl. Die sachverständige Prüferin hat in ihrer Stellungnahme vom 5. Juli 2023 die Berechnungsweise dargestellt und die für die Schätzung der erforderlichen Investitionskosten herangezogene Quelle (Angaben des Bundesverbands der deutschen Ziegelindustrie e.V.) angegeben. Des Weiteren ist die sachverständige Prüferin von einer Kapitalwertneutralität der Investitionen ausgegangen. Anhaltspunkte dafür, dass die getroffenen Annahmen unsachgemäß seien und die Minderheitsaktionäre benachteiligten, sind nicht vorgetragen worden und auch nicht ersichtlich. Vielmehr spiegelt die angenommene Kapitalwertneutralität den Umstand wider, dass die neue Technologie ausschließlich aufgrund regulatorischer Vorgaben, mithin nicht zum Zweck der Rentabilitätssteigerung eingeführt werden soll.
104
(bb) Mit Recht hat es das Landgericht außerdem nicht beanstandet, dass bei der Modellierung des eingeschwungenen Zustands durch den Einschub eines Übergangsjahrs ein Rückgang der Umsätze im Kamingeschäft um rund 30% bis zum Jahr 2030 und ein weiterer Rückgang auf Null bis zum Jahr 2050 angenommen worden ist.
105
Die Prognose jenseits der Detailplanungsphase kann nicht schematisch, sondern nur unter Beachtung der konkreten Situation und der Eigenheiten des Unternehmens erfolgen (vgl. auch Franken/Schulte in Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 5 Rn. 5.21 f., 5.50 f.). Dabei ergibt es sich aus der Natur der Sache, dass der Bewertungsgutachter die langfristigen Erwartungen des planungsverantwortlichen Managements reflektiert (Popp/Ruthardt in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 12 Rn. 12.66).
106
Zu Unrecht beanstanden einige Beschwerdeführer, dass die Annahme eines vollständigen Auslaufens des Kamingeschäfts bis zum Jahr 2050 im Widerspruch zum Stichtagsprinzip stünde, weil zum Bewertungsstichtag kein Verbot von Feuerungsanlagen gedroht und die Antragsgegnerin stattdessen abstrakte Risiken eingeplant habe. Zwar hatte die Antragsgegnerin in ihrer Antragserwiderung zur Verteidigung der dem Übergangsjahr zugrundeliegenden Annahme unter anderem darauf abgestellt, dass die Staub- und Kohlenstoffmonoxid-Grenzwerte für kleine und mittelgroße Holzfeuerungsanlagen „ständig“ verschärft würden sowie zusätzliche Regularien in Hinblick auf zulässige Brennstoffe, Überwachungsprozesse und Sanierungsvorschriften geschaffen worden seien und „auch noch künftig“ geschaffen würden. Bei der Bewertung ist jedoch nicht gegen das Stichtagsprinzip verstoßen worden.
107
Gemäß § 327b Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AktG sind bei der Festlegung der Barabfindung die Verhältnisse im Zeitpunkt der Beschlussfassung zu berücksichtigen. Das sogenannte Stichtagsprinzip legt fest, welche Informationen bei der Bewertung und auch bei der gerichtlichen Überprüfung zugrunde zu legen sind. Maßgeblich sind die am Bewertungsstichtag bestehenden Verhältnisse. Das Stichtagsprinzip gebietet es jedoch nicht, eine naheliegende Entwicklungsmöglichkeit des Unternehmens außer Acht zu lassen. Nach der sogenannten Wurzeltheorie sind vielmehr solche Entwicklungen des Unternehmens zu berücksichtigen, die schon in den am Stichtag bestehenden Verhältnissen angelegt sind. Nach dem Stichtag liegende Entwicklungen dürfen mithin grundsätzlich (nur) berücksichtigt werden, wenn sie bereits „im Kern“ oder „in ihren Ursprüngen“ angelegt waren, wenn deren Verursachung also in die Zeit vor dem Bewertungsstichtag fällt und zu diesem Zeitpunkt die spätere Entwicklung bereits mit genügend hoher Wahrscheinlichkeit vorauszusehen ist. Hingegen müssen spätere Entwicklungen, deren Wurzeln in der Zeit nach dem Bewertungsstichtag liegen, außer Betracht bleiben (vgl. BGH, Urt. v. 28. Mai 2013, II ZR 67/12, BGHZ 197, 284 Rn. 59; Urt. v. 9. November 1998, II ZR 190/97, BGHZ 140, 35 [juris Rn. 12]; Beschluss vom 4. März 1998, II ZB 5/97, BGHZ 138, 136 [juris Rn. 11]; Urt. v. 17. Januar 1973, IV ZR 142/70, NJW 1973, 509 [juris Rn. 17]; OLG München AG 2022, 669 [juris Rn. 37] m. w. N.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 29. Januar 2016, 21 W 70/15, AG 2016, 551 [juris Rn. 31]; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 114 f.; Popp/Ruthardt in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 12 Rn. 12. 83 f., § 14 Rn. 14.41 ff.).
108
Gegen diese Grundsätze ist nicht verstoßen worden.
109
Die sachverständige Prüferin hat zur Plausibilisierung der Annahme einer rückläufigen Umsatzentwicklung im Kamingeschäft und zuletzt eines vollständigen Wegfalls wegen mangelnder Profitabilität (nicht dagegen wegen eines Verbots von Kaminanlagen) auf ein Bündel von Gesichtspunkten abgestellt. Die Annahme, dass die langfristige Erwartung des Managements plausibel und demgemäß die Auswirkungen der langfristig erwarteten Entwicklung in der Modellierung des eingeschwungenen Zustands im Übergangsjahr zu berücksichtigen seien, hat sie mit überzeugender Begründung und im Einklang mit der sogenannten Wurzeltheorie als sachgerecht angesehen. Insbesondere hat sie hervorgehoben, dass die Gesellschaft aufgrund ihrer Ausrichtung keine Umsätze im Bereich der Sanierung bestehender Kamine erziele, weshalb allein auf die Nachfrage nach Schornsteinsystemen in Neubauten und hier speziell auf die Nachfrage nach Schornsteinsystemen mit Keramikinnenrohren abzustellen sei. Sie hat sodann auf der Grundlage des Marktberichts der B + L Marktdaten GmbH vom September 2020 dargelegt, dass in dem für die Gesellschaft relevanten Markt der Schornsteinsysteme mit Keramikinnenrohren bereits seit dem Jahr 2017 ein kontinuierlicher Rückgang der Absatzmenge stattgefunden habe und eine Fortsetzung dieses Trends in der Zukunft (im Jahr 2021 um 0,4% und im Jahr 2022 um 2,5%) erwartet werde. Des Weiteren sei der Anteil der Schornsteinsysteme mit Keramikinnenrohr am gesamten Absatz seit dem Jahr 2017 rückläufig. Für den Zeitraum von 2020 bis 2022 werde prognostiziert, dass der Anteil der Schornsteinsysteme mit Keramikinnenrohr kontinuierlich zugunsten eines höheren Anteils der preislich günstigeren Systeme mit Kunststoffinnenrohren zurückgehe. Gegen diesen Ansatzpunkt bestehen insbesondere unter dem Aspekt der sogenannten Wurzeltheorie keine Bedenken.
110
Die Ausführungen der sachverständigen Prüferin zu den Vorgaben der Ersten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (1. BImSchV – Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen) betreffen die Frage, mit welchen Auswirkungen aufgrund der dort geregelten Verpflichtung zur Nachrüstung älterer Geräte bis spätestens zum 31. Dezember 2024 gerechnet werde. Danach sei für die E. AG ein kurzfristiger, jedoch kein nachhaltiger Effekt zu erwarten. Die Annahme, dass die Gesellschaft von der Verpflichtung zur Nachrüstung nicht nachhaltig profitieren werde, konnte auf der Basis des Marktberichts der B + L Marktdaten GmbH vom September 2020 betreffend die tatsächliche und erwartete Absatzentwicklung der Schornsteinsysteme mit Keramikinnenrohr plausibilisiert werden.
111
Des Weiteren hat die sachverständige Prüferin ausgeführt, dass aufgrund der Restriktionen, die voraussichtlich im Zuge der Klimapolitik weiter verschärft würden, langfristig ein kontinuierlicher Rückgang des Neubaugeschäfts von Schornsteinsystemen erwartet werde. Ursächlich dafür sei vor allem die Abkehr von fossilen Brennstoffen und die staatliche Förderung von neuen, emissionsarmen Technologien wie beispielsweise der Wärmepumpe. Der Absatz von Wärmepumpen sei im Jahr 2020 um rund 40% gegenüber dem Vorjahr auf rund 120.000 Stück gestiegen. Damit hat die sachverständige Prüferin im Einklang mit der Wurzeltheorie stehende Gesichtspunkte zur Plausibilisierung der langfristigen Einschätzung zur Entwicklung des Markts herangezogen (dazu: Franken/Schulte in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 5 Rn. 5.139 f.). Die Verordnung (EU) 2021/1119 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 401/2009 und (EU) 2018/1999 („Europäisches Klimagesetz“) datiert zwar erst nach dem Bewertungsstichtag (25. Juni 2021) und ist erst am 29. Juli 2021 in Kraft getreten. Mit ihrem Erlass war aber im maßgeblichen Zeitpunkt bereits sicher zu rechnen. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Mit dem Europäischen Klimagesetz wurde das Emissionsreduktionsziel der Union für 2030 auf mindestens 55% angehoben und die Klimaneutralität bis 2050 rechtsverbindlich gemacht.
112
Dem von einigen Beschwerdeführern erhobenen Einwand, dass ein „mit Holz betriebener Kamin“ angesichts der zuvor erfolgten Bindung von CO² klimaneutral sei, hat die sachverständige Prüferin in der schriftlichen Stellungnahme vom 5. Juli 2023 das mit dem Betrieb von Feuerungsanlagen einhergehende Problem der Feinstaubbelastung entgegengehalten. Sie hat zudem auf der Grundlage weiterer Quellen ausgeführt, dass die Attraktivität von Kaminöfen sinke. Es gebe bereits viele Regionen, in denen Häusern mit Schornsteinen keine Baugenehmigung mehr erteilt werde. Entgegen der Ansicht einiger Beschwerdeführer gibt es dafür eine rechtliche Grundlage, beispielsweise mit der bauplanungsrechtlichen Regelung in § 9 Abs. 1 Nr. 23a BauGB. Den zwischen Luftverschmutzung und Klimawandel bestehenden engen Zusammenhang blenden die Beschwerdeführer zu Unrecht aus. Auch Feinstaub-Emissionen aus Holzfeuerungen stellen angesichts der bereits beschlossenen Klimaziele der Europäischen Union und der Verpflichtung zur Klimaneutralität bis 2050 ein Problem dar. Deshalb kommt es – unter dem Aspekt der Wurzeltheorie – nicht entscheidungserheblich darauf an, dass sich Änderungen der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen zum Bewertungsstichtag nicht konkret abzeichneten, sondern vielmehr auf dem Boden bereits konkret absehbarer verschärfter Klimaziele mit „weiteren Regularien“ gerechnet wurde. Die Erwartung einer langfristigen Entwicklung dahingehend, dass sich der zum Bewertungsstichtag bereits beobachtbare Trend einer abnehmenden Nachfrage nach den Schornsteinsystemen der Gesellschaft mit Blick auf die am Bewertungsstichtag bereits konkret absehbaren unionsrechtlichen Rahmenbedingungen auch in der Zukunft fortsetzen werde, durfte im Einklang mit der Wurzeltheorie berücksichtigt werden.
113
Als weiteres Begründungselement für die Plausibilität der langfristigen Planung hat die sachverständige Prüferin auf der Grundlage von Analysen der B + L Marktdaten GmbH sowie des Statistischen Bundesamts jeweils vom September 2020 einen – teilweise politisch motivierten, aber auch mit steigenden Grundstückspreisen und einer Verknappung von Baugrundstücken erklärbaren – Trend von Ein- und Zweifamilienhäusern hin zu größeren Wohnanlagen insbesondere in den Großstädten, in denen der Bauboom hauptsächlich stattgefunden habe, abgestellt, der sich langfristig negativ auf die Nachfrage nach den von der Gesellschaft produzierten Kaminsystemen auswirke. Nicht stichhaltig ist der von einigen Beschwerdeführern gegen diese Ausführungen erhobene Einwand, dass die Anzahl der Ein- und Zweifamilienhäuser ausweislich der öffentlich verfügbaren Daten des Statistischen Bundesamts zum Bestand an Einfamilienhäusern in Deutschland seit 2001 kontinuierlich zugenommen habe und die Anzahl in keinem Jahr gesunken sei. Eine Zunahme der absoluten Bestandszahlen steht nicht in Widerspruch zu den Ausführungen der sachverständigen Prüferin. Angesichts der fundierten Ausführungen der sachverständigen Prüferin ist die Entwicklung der jährlichen Bestandszahlen für Einfamilienhäuser im Zeitraum von 2001 bis 2020 nicht geeignet, berechtigte Zweifel an der Plausibilität der getroffenen Annahmen zu begründen.
114
(cc) Die Personalaufwandsquote von 29,8% im Übergangsjahr liegt zwar über derjenigen der Jahre 2018 bis 2020. Dieser Umstand begründet jedoch für sich genommen nicht den Vorwurf der Unplausibilität. Die sachverständige Prüferin hat die von der Bewertungsgutachterin angesetzte, gegenüber dem letzten Jahr der Detailplanungsphase um 1,0% geringere Personalaufwandsquote und die angeführten Gründe für das Absinken (weitere Effizienzsteigerungen unter anderem aus den Investitionen in das neue Logistikkonzept; Erwartungen in Bezug auf den regionalen Arbeitsmarkt) nachvollzogen und keinen Ansatzpunkt für Unplausibilität gefunden. Aus welchen Gründen allenfalls eine Personalaufwandsquote von höchstens 28,9% der Umsatzerlöse, also die Personalaufwandsquote des Jahres 2019, plausibel sein soll, wie einige Beschwerdeführer meinen, erschließt sich nicht, da Einsparpotenziale Berücksichtigung gefunden haben, die plausibel begründete Erwartung eines steigenden Aufwands für Gehälter und Sozialabgaben jedoch gleichfalls zu berücksichtigen ist. Auf die Ausführungen zur Personalaufwandsquote der Detailplanungsphase unter b) bb) (2) (c) (bb) und (dd) wird ergänzend Bezug genommen.
115
(dd) Zu Unrecht meinen einige Beschwerdeführer, dass „das negative Zinsergebnis im gesamten Planungshorizont nicht plausibel“ sei.
116
Die Beschwerdeführer halten es für nicht nachvollziehbar, dass das Zinsergebnis trotz der Thesaurierungen während der „sechs“ Planjahre und in der ewigen Rente negativ bleibe. Sie meinen, spätestens in der ewigen Rente müsse sich das negative Zinsergebnis in ein positives Ergebnis verwandeln, wenn alljährlich 60% des Jahresüberschusses im Unternehmen „akkumuliert“ würden. Für die „Planungsperioden“ verlangen sie deshalb die Vorlage einer detaillierten Zinsrechnung.
117
Diese Argumentation geht fehl. Die von den Beschwerdeführern hergestellte Verknüpfung zwischen Zinsergebnis und Thesaurierungen besteht im Streitfall nicht. Zinsaufwendungen und Zinserträge sind während der Detailplanungsphase in das geplante Finanzergebnis (Zins- und Beteiligungsergebnis) eingeflossen; sie sind ausweislich der Erläuterungen im Bewertungsgutachten ausschließlich auf die Verzinsung (Auf- bzw. Abzinsung) von Rückstellungen angefallen.
118
Die E. AG hat ausweislich der Ausführungen der sachverständigen Prüferin Rückstellungen für (unter anderem) Rekultivierung, Garantieverpflichtungen, Kulanzleistungen, Vertriebsprovisionen, Pensionen und Jubiläumsvergütungen gebildet. Es handelt sich um Passivposten, die zukünftige Zahlungsverpflichtungen abbilden. Sie sind gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB im Jahresabschluss in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen. Abhängig von der Dauer der Restlaufzeit sind sie zum jeweiligen Bilanzstichtag abzuzinsen, § 253 Abs. 2 HGB. Die Erträge aus der Abzinsung langfristiger Rückstellungen fließen ebenso wie die Aufwendungen aus der Aufzinsung langfristiger Rückstellungen in das Finanzergebnis ein. Sie sind gemäß § 277 Abs. 5 HGB in der Gewinn- und Verlustrechnung unter den Posten „Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge“ (§ 275 Abs. 2 Nr. 11 HGB) bzw. „Zinsen und ähnliche Aufwendungen“ (§ 275 Abs. 2 Nr. 13 HGB) auszuweisen (vgl. Scheffler in Beck'sches Handbuch der Rechnungslegung, Werkstand: 74. EL Februar 2025, B 336 [Finanzerträge und Finanzaufwendungen] Rn. 73 und Rn. 95).
119
Die sachverständige Prüferin hat bestätigt, dass das geplante Zinsergebnis im Wesentlichen durch den Zinsaufwand für Pensionsrückstellungen und sonstige langfristige Rückstellungen bestimmt werde. Sie hat die Ableitung des Zinsergebnisses inhaltlich nachvollzogen und diese mit Blick auf eigene Analysen sowie auf der Grundlage der mit dem Vorstand der Gesellschaft und der Bewertungsgutachterin geführten Gespräche als methodisch sachgerecht und plausibel beurteilt. Daran ist nichts auszusetzen. In der Planung ist kein Zinsaufwand für Fremdfinanzierungen angesetzt worden; Fremdfinanzierungen sollten – wie bisher – vermieden werden. Ein Zinsertrag für Bankguthaben während dieses Zeitraums ist vor dem Hintergrund des Niedrigzinsumfelds nicht angenommen worden.
120
Die geplante Verwendung der Jahresüberschüsse während der Detailplanungsphase für Investitionen ist plausibel dargelegt worden; sie hat keinen Einfluss auf das Zinsergebnis. Gemäß der Stellungnahme der sachverständigen Prüferin vom 5. Juli 2023 plante die Gesellschaft in der Detailplanungsphase eine Thesaurierung der Jahresüberschüsse von insgesamt 15,415 Mio. Euro, um damit vor allem einen Teil der anstehenden Investitionen von insgesamt 43,189 Mio. Euro zu finanzieren, während der restliche Teil in Höhe von 20,5 Mio. Euro durch die zum 31. Dezember 2020 vorhandenen flüssigen Mittel sowie die jährlichen operativen Cashflows finanziert werden sollte. Die Thesaurierung von Jahresüberschüssen während des Detailplanungszeitraums ist den Anteilseignern unmittelbar als Wertbeitrag aus Wertsteigerungen zugerechnet worden (dazu auch cc] [3] [b] [bb]). Sie ist daher für das geplante Finanzergebnis ohne Bedeutung. Eine nochmalige Berücksichtigung zur Generierung von Zinserträgen oder Vermeidung von Zinsaufwendungen würde zu einer unzulässigen Doppelberücksichtigung führen. Auch im Übergangsjahr und in der Phase der ewigen Rente sind die thesaurierten Beträge (ohne die zum Bilanzwachstum nötige Thesaurierung) den Anteilseignern unmittelbar als Wertbeiträge aus Wertsteigerungen zugerechnet worden. Eine nochmalige Berücksichtigung im Zinsergebnis scheidet somit aus.
121
Der Einwand der Beschwerdeführer gibt mithin keinen Anlass, die Vorlage einer detaillierten Zinsrechnung zu fordern, denn eine Entscheidungserheblichkeit der Unterlagen, deren Vorlage begehrt wird, ist nicht dargetan. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 Satz 1 SpruchG a. F. als einzig denkbarer Anspruchsgrundlage für dieses Begehren sind daher nicht erfüllt.
122
cc) Die der Diskontierung zugrunde gelegten periodenspezifischen Kapitalisierungszinssätze von 3,39% bis 4,40% in der Detailplanungsphase, 4,18% im Übergangsjahr und 3,63% in der ewigen Rente erachtet der Senat in Übereinstimmung mit dem Landgericht als sachgerecht.
123
Nach dem Konzept der Ertragswertberechnung sind die erwarteten Ergebnisse auf den aktuellen Zeitwert, den Bewertungsstichtag, abzuzinsen. Dazu dient der Kapitalisierungszinssatz. Er stellt die Alternativrendite eines Anlegers dar, die dieser bei einer Investition in eine dem Bewertungsobjekt entsprechende Alternativanlage erwarten kann. Mit der Abzinsung auf den Stichtag soll der Betrag ermittelt werden, der bei einem realistischen Zins (Kapitalisierungszins) Erträge bringt, die den erwarteten Unternehmensgewinnen entsprechen (van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 136).
124
Er wurde im Streitfall sachgerecht auf der Basis des Tax-Capital-Asset-Pricing-Model (Tax-CAPM) hergeleitet. Nach diesem Modell setzt sich der Kapitalisierungszinssatz aus dem risikolosen Basiszinssatz und dem Risikozuschlag als Produkt aus der allgemeinen Marktrisikoprämie und dem unternehmensspezifischen Betafaktor sowie dem in der ewigen Rente anzusetzenden Wachstumsabschlag zusammen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer ist der Kapitalisierungszinssatz nicht zu hoch angesetzt worden.
125
(1) Der für den gesamten Zeitraum mit 0,2% (vor Steuern) angesetzte Basiszinssatz ist nicht zu beanstanden.
126
Als Basiszinssatz ist der aus der Sicht des Stichtags auf Dauer zu erzielende, von kurzfristigen Einflüssen bereinigte Nominalzinssatz für (quasi-)risikofreie Anlagen heranzuziehen. Seine Herleitung aus den von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Zinsstrukturdaten börsennotierter Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von bis zu 30 Jahren – wie im Streitfall von der Bewertungsgutachterin vorgenommen – ist anerkannt und gebräuchlich, wenn es um die Bewertung eines Unternehmens mit unbegrenzter Laufzeit geht (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. Mai 2023, 21 W 119/22, AG 2025, 88 [juris Rn. 46]; Beschluss vom 13. Januar 2023, 21 W 150/21, AG 2025, 81 [juris Rn. 49]; OLG Düsseldorf AG 2023, 129 [juris Rn. 94]; Beschluss vom10. April 2019, 26 W 6/17 [AktE], AG 2019, 836 [juris Rn. 56]; Böcking/Nowak in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 4 Rn. 4.41; Franken/Schulte in Fleischer/Hüttemann, a. a. O., § 6 Rn. 6.20 ff.; Popp/Ruthardt in Fleischer/Hüttemann, a. a. O., § 12 Rn. 12.89 ff.; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 143 bis 146 m. w. N.).
127
Die sachverständige Prüferin hat den von der Bewertungsgutachterin angesetzten Basiszinssatz von gerundet 0,2% auf der Grundlage eigener Berechnungen als sachgerecht und angemessen bestätigt. Die Forderung einiger Beschwerdeführer nach einem Basiszinssatz von lediglich 0,0%, die insbesondere mit dem Niedrigzinsumfeld begründet wird, ist danach nicht berechtigt; sie ist mit dem Verweis auf das Niedrigzinsumfeld auch nicht stichhaltig begründet.
128
Der in den Stichtagserklärungen der Bewertungsgutachterin und der sachverständigen Prüferin erwähnte Anstieg des Basiszinssatzes in der Zeitspanne von drei Monaten bis zum letzten Tag vor der Hauptversammlung auf 0,34% vor Steuern, abgerundet auf 0,3% vor Steuern, ist nicht zum Anlass genommen worden, die angebotene Barabfindung zu aktualisieren. Dies wirkt sich nicht zum Nachteil der Minderheitsaktionäre aus.
129
(2) Der zwingend vorzunehmende Risikozuschlag kann unter Heranziehung des modelltheoretischen Konzepts des CAPM (Capital Asset Pricing Model) bzw. des Tax-CAPM als dominierendes Schätzungsverfahren geschätzt werden, § 287 Abs. 2 ZPO (vgl. BGHZ 207, 114 Rn. 49). Der im Streitfall mit 3,25% in 2021, 4,46% in 2022, 4,65% in 2023, 4,42% in 2024 und 4,26% in 2025, sodann mit 4,03% im Übergangsjahr 2026 und mit 3,98% (jeweils nach persönlicher Einkommensteuer) in der ewigen Rente festgesetzte Zuschlag ist seiner Höhe nach nicht zu beanstanden.
130
(a) Zutreffend hat es das Landgericht für zulässig befunden, den Risikozuschlag auf dem Boden des Tax-CAPM zu ermitteln.
131
Die Bestimmung des Risikozuschlags mithilfe dieses kapitalmarkttheoretisch fundierten Preisbildungsmodells anhand allgemein zugänglicher Kapitalmarktdaten und unter Berücksichtigung der typisiert erfassten Belastung durch persönliche Ertragsteuern ist gebräuchlich und in gefestigter Rechtsprechung anerkannt (vgl. Popp/Ruthardt in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 12 Rn. 12.88 m. w. N.; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 150 bis 154 m. w. N.; Katzenstein, AG 2018, 739 [742 f.]). Das modelltheoretische Konzept des Tax-CAPM ist geeignet, eine tragfähige Grundlage für die richterliche Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO beizubringen. Auf die ausführliche Begründung des Landgerichts, in der die mangelnde Überlegenheit alternativer Methoden dargestellt worden ist, wird Bezug genommen.
132
(b) Die Festsetzung der Marktrisikoprämie auf 5,75% nach Steuern ist für den im Streitfall maßgeblichen Stichtag nicht zu beanstanden.
133
Die Marktrisikoprämie steht für die Vergütung, die der Markt für die Übernahme des unternehmerischen Risikos verlangt. Diese vom jeweiligen Bewertungsobjekt unabhängige, mit zahlreichen Unsicherheiten behaftete Größe ist vom Gericht nach § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer ist es nicht zu beanstanden, sich dabei an den Verlautbarungen des IDW zu orientieren (vgl. OLG München, Beschluss vom 26. Juni 2018, 31 Wx 382/15, AG 2018, 753 [juris Rn. 98 bis 101]; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Mai 2022, 26 W 3/21 [AktE], AG 2022, 705 [juris Rn. 45 f.]). Insbesondere ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Festsetzungen der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung durch die Bundesnetzagentur (§ 7 Abs. 5 der Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Gasversorgungsnetzen [Gasnetzentgeltverordnung – GasNEV], § 7 Abs. 5 der Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Elektrizitätsversorgungsnetzen [Stromnetzentgeltverordnung – StromNEV]) entgegen der Ansicht einiger Beschwerdeführer nicht, dass das zur Ermittlung des Zuschlags herangezogene (Tax-)CAPM den in Wissenschaft und Praxis als Alternativen erörterten Ansätzen unterlegen sei (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2024, EnVR 94/23 – Eigenkapitalzinssatz V, WM 2025, 448 Rn. 15 f.; Beschluss vom 9. Juli 2019, EnVR 52/18 – Eigenkapitalzinssatz II, WM 2020, 889 Rn. 39 ff.).
134
Der Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft des IDW verfolgt bei seinen Kapitalkostenempfehlungen einen pluralistischen Ansatz, wobei er nach den Darlegungen der sachverständigen Prüferin eine möglichst breite Perspektive einnimmt, indem er unter anderem verschiedenen vergangenheits- und zukunftsorientierten Ansätzen nachgeht (vgl. auch Popp/Ruthardt in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 12 Rn. 12.100; Ruthardt/Popp, AG 2020, 322 Rn. 34; Castedello/Jonas/Schieszl/Lenckner, WPg 2018, 806 [810 ff.]). Seine Empfehlungen zur Bestimmung der Marktrisikoprämie gelten als – wenn auch nicht unumstrittene, so doch anerkannte – Expertenauffassung. Sie können im Regelfall als Bestandteile einer tragfähigen Grundlage für die Schätzung des Unternehmenswerts angesehen werden, wobei die konkrete Höhe der Risikoprämie durch ergänzende Überlegungen festzusetzen ist. Eine empirisch genaue Festlegung ist nach dem aktuellen Stand der Wirtschaftswissenschaften allerdings nicht möglich. Die Einzelheiten der Methodik sind innerhalb der Wirtschaftswissenschaften umstritten, eine allgemein anerkannte Vorgehensweise hat sich bislang nicht herausgebildet (vgl. van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 155 ff.). Das Spruchverfahren ist nicht dazu geeignet, den anhaltenden wirtschaftswissenschaftlichen Diskurs, in den sich auch die von einigen Beschwerdeführern in Bezug genommene Stellungnahme des Vorsitzenden Richters am Landgericht a. D. Dr. L. vom 15. Januar 2024 einreiht, durch die selbständige Entwicklung eines bewertungsmethodischen Ansatzes einer Lösung zuzuführen (vgl. OLG München AG 2021, 715 [juris Rn. 93]; Beschluss vom 16. Oktober 2018, 31 Wx 415/16, AG 2020, 357 [juris Rn. 44]; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. November 2022, 26 W 4/21 [AktE], WM 2023, 1070 [juris Rn. 155]; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 161).
135
Die von der Bewertungsgutachterin angesetzte und von der sachverständigen Prüferin auf der Grundlage eigener Analysen als sachgerecht erachtete Marktrisikoprämie von 5,75% nach Steuern liegt in der Mitte der vom FAUB am 22. Oktober 2019 empfohlenen Bandbreite von 5,00% bis 6,5% nach Einkommensteuer (6,00% bis 8,00% vor Einkommensteuer). Sie begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Die sachverständige Prüferin hat die von der Bewertungsgutachterin – nach Auseinandersetzung mit der vom FAUB empfohlenen Bandbreite auf der Grundlage eigener Analysen – mit 5,75% nach Steuern angesetzte Marktrisikoprämie durch eigene Berechnungen zu in der Vergangenheit erzielten und implizit erwarteten Renditen unter Heranziehung des Deutschen Aktienindex (DAX) überprüft. Anhaltspunkte für eine von den Empfehlungen abweichende niedrigere Marktrisikoprämie haben sich nicht ergeben. Vielmehr hat die sachverständige Prüferin vor dem Hintergrund ihrer eigenen Überlegungen die in Ansatz gebrachte Marktrisikoprämie für sachgerecht erachtet. Auch die obergerichtliche Rechtsprechung geht für vergleichbare Stichtage mittlerweile von einer sich an den Empfehlungen des FAUB orientierenden Marktrisikoprämie von 5,75% nach Steuern aus (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 9. Februar 2024, 21 W 129/22, AG 2024, 505 [juris Rn. 91] für den Stichtag 15. Dezember 2020; OLG Frankfurt AG 2025, 88 [juris Rn. 49] für den Stichtag 25. März 2021).
136
Soweit sich einige Beschwerdeführer gegen die Maßgeblichkeit einer nationalen Marktrisikoprämie auf Basis eines inländischen Marktportfolios und für eine internationale (bzw. europäische) oder globale Marktrisikoprämie aussprechen, dringen sie damit nicht durch. Zwar mag die Vorstellung einer nationalen Segmentierung der Kapitalmärkte, die im Standard-CAPM unterstellt wird (vgl. Ruiz de Vargas/König, BewP 2024, 2; Ruiz de Vargas, BewP 2021, 116), nicht vollständig zu überzeugen. Jedoch ist in der Wirtschaftswissenschaft bislang nicht geklärt, ob das internationale bzw. globale CAPM gegenüber dem empirisch getesteten, nationalen CAPM vorzugswürdig ist. Ruiz de Vargas kommt in dem vorstehend genannten Aufsatz (BewP 2021, 116 ff.), auf den sich die Beschwerdeführer berufen, jedenfalls bei gegebenem internationalem Kontext der Unternehmensbewertung zu dem Ergebnis, dass das internationale CAPM sowohl dem globalen als auch dem nationalen CAPM konzeptionell überlegen sei. Allerdings müsse der Bewertungspraktiker eine höhere Komplexität bewältigen und eine größere Anzahl von Parametern schätzen; die Anwendung in der Praxis sei deutlich anspruchsvoller. Es stelle sich für die Praxis die Frage, ob und inwieweit mit dem globalen oder dem nationalen CAPM eine vertretbare Approximation des internationalen CAPM auf Länderebene gegeben sei. Für Deutschland postuliert Ruiz de Vargas auf der Grundlage seiner Überlegungen eine Vorzugswürdigkeit des globalen gegenüber dem nationalen CAPM (Ruiz de Vargas/König, BewP 2024, 2 [9]). Dieses von ihm verfochtene Ergebnis repräsentiert lediglich eine in der Wirtschaftswissenschaft vertretene, aber streitig diskutierte Meinung. Die Frage, ob eine globale (oder internationale) Version des CAPM gegenüber dem nationalen CAPM vorzugswürdig anzuwenden sei, ist – wie auch die Frage der Ableitung internationaler Marktrisikoprämien und andere in der Wirtschaftswissenschaft umstrittene Fragen zur Bestimmung eines kapitalmarktorientierten Risikozuschlags – nicht im Spruchverfahren zu klären (vgl. auch Popp/Ruthardt in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 12 Rn. 12.110a; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 155; Ruthardt/Popp, AG 2020, 322 Rn. 33). Für die im vorliegenden Verfahren gewählte Vorgehensweise, im Rahmen des herangezogenen kapitalmarktgestützten Modells mit der nationalen Marktrisikoprämie zu rechnen, können zudem die gegenüber einem globalen Ansatz bessere Datenlage sowie die Umgehung von Wechselkursproblemen sprechen (vgl. OLG Frankfurt AG 2024, 505 [juris Rn. 94]; a. M. Ruiz de Vargas/König, BewP 2024, 2 [8 f.]).
137
Deshalb kann für die Beschwerdeentscheidung dahinstehen, ob die von einigen Beschwerdeführern beanstandete Annahme des Landgerichts, eine internationale Marktrisikoprämie sei nicht geeignet, die Überrendite gegenüber deutschen Staatsanleihen auszudrücken und damit eine wesentliche Aufgabe des Risikozuschlags zu erfüllen, unzutreffend ist (vgl. Ruiz de Vargas/König, BewP 2024, 2 [8]; Ruiz de Vargas, BewP 2021, 116 [118]).
138
Der Ansicht einiger Beschwerdeführer, dass die Berücksichtigung ausländischer Unternehmen beim Betafaktor die Heranziehung eines globalen Aktienindex bei der Ableitung der Marktrisikoprämie erfordere (unter Verweis auf Ruiz de Vargas, BewP 2021, 116 [118]), ist nicht im Spruchverfahren nachzugehen (dazu auch b] cc] [2] [c] [dd]). Dasselbe gilt, soweit einige Beschwerdeführer Untersuchungen von Stehle, aber auch zahlreicher weiterer Urheber zu historischen Marktrenditen als Ausgangsbasis für die Prognose zukünftiger Marktrisikoprämien diskutieren.
139
Der Hinweis einiger Beschwerdeführer darauf, dass in anderen Verfahren eine niedrigere Marktrisikoprämie, etwa in Höhe von 5,0% oder 5,5% angenommen worden ist, liegt wegen der unterschiedlichen Bewertungsstichtage neben der Sache.
140
(c) Keinen Erfolg haben die Rügen gegen die Herleitung und die Höhe des (unverschuldeten) Betafaktors von 0,85.
141
Im modelltheoretischen Konzept des CAPM ist der Betafaktor ein Korrelationskoeffizient, der das unternehmensspezifische Risiko misst. Mithilfe des Betafaktors als unternehmensindividueller Größe wird das allgemeine marktinhärente Risiko an das Risiko des konkret zu bewertenden Unternehmens angepasst. Als unternehmensspezifischer Risikofaktor soll er das systematische Risiko widerspiegeln, das den künftigen erzielbaren finanziellen Überschüssen des Bewertungsobjekts innewohnt (van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 162). Maßgeblich für die Unternehmensbewertung ist das zukünftige Risiko der Gesellschaft, da der Betafaktor als Bestandteil des Kapitalisierungszinssatzes für die Diskontierung der zukünftigen Zahlungsströme des Unternehmens herangezogen wird (OLG Frankfurt AG 2025, 81 [juris Rn. 80]). In der Unternehmensbewertung wird der Betafaktor, obwohl er zukunftsgerichtet ist, regelmäßig aus historischen Kapitalmarktdaten börsennotierter Unternehmen abgeleitet. Zur Messung dieses systematischen Risikos wird die Volatilität (und damit Risikogeneigtheit) eines konkreten Wertpapiers in Beziehung gesetzt zum Durchschnitt des gewählten Marktsegments. Der Sache nach handelt es sich um einen durch Schätzung, § 287 Abs. 2 ZPO, zu ermittelnden Zukunftswert (Franken/Schulte in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 6 Rn. 6.179; Popp/Ruthardt in Fleischer/Hüttemann, a. a. O., § 12 Rn. 12.111; Ruiz de Vargas in Bürgers/Lieder, AktG, Anhang zu § 305 Rn. 137; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 165; Ruthardt/Popp, AG 2020, 322 Rn. 38).
142
Die Ermittlung des Betafaktors in der Form des raw Beta wird maßgeblich von drei Parametern beeinflusst: dem Referenzindex (z. B. nationaler oder internationaler Index, Performance- oder Kursindex), dem Beobachtungszeitraum (Bandbreite von einem bis fünf Jahre) und dem Renditeintervall (Tag, Woche oder Monat). Eine einheitliche Vorgehensweise oder allgemeingültige Empfehlung lässt sich in der Bewertungspraxis nicht feststellen (vgl. Franken/Schulte in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 6 Rn. 6.114, 6.118, 6.119 ff.; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 166 ff.; Egger/Tönnes in Großfeld/Egger/Tönnes, Recht der Unternehmensbewertung, Rn. 788 bis 793).
143
Im Fall einer Adjustierung findet – unter dem Gesichtspunkt der Prognoseeignung historischer Betafaktoren – eine Anpassung der am Markt gemessenen Betafaktoren statt (vgl. Egger/Tönnes in Großfeld/Egger/Tönnes, Recht der Unternehmensbewertung, Rn. 794 f.; Franken/Schulte in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 6 Rn. 6.151 ff.; Popp/Ruthardt in Fleischer/Hüttemann, a. a. O., § 12 Rn. 12.138).
144
(aa) Der Fall gibt keinen Anlass, sich mit der Frage zu befassen, ob das sogenannte raw Beta gegenüber dem adjusted Beta regelmäßig vorzugswürdig ist.
145
Zwar hat die Bewertungsgutachterin ausweislich einer Anmerkung im Bewertungsgutachten mit einem angepassten Betafaktor (adjusted Beta) gerechnet. Den Ansatz hat die sachverständige Prüferin gemäß ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung und den Darlegungen im Prüfungsbericht aber durch Rückgriff auf den direkt aus den (Kurs-)Renditen abgeleiteten Betafaktor (raw Beta) plausibilisiert.
146
Da das raw Beta über dem adjusted Beta gelegen hat, ist es unerheblich, dass die Heranziehung des adjusted Beta nicht näher begründet worden ist (dazu: OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. September 2021, 21 W 38/15, AG 2022, 83 [juris Rn. 128]). Denn die Wahl des adjusted Beta hat sich zugunsten der Minderheitsaktionäre ausgewirkt.
147
(bb) Im Streitfall ist es sachgerecht, zur Ableitung des Betafaktors auf eine P. Group abzustellen und innerhalb der P. Group zwei gleichgewichtete „Lager“ zu bilden.
148
Grundlage für die Schätzung des Betafaktors ist in erster Linie der historische Verlauf der Börsenkurse der zu bewertenden Aktie selbst. Ersatzweise können die Faktoren einer Gruppe unmittelbar vergleichbarer Unternehmen (P. Group), einer Gruppe von Unternehmen derselben Branche oder gegebenenfalls mit vergleichbaren Risikotreibern herangezogen werden (vgl. OLG Frankfurt AG 2025, 88 [juris Rn. 51] m. w. N.; AG 2025, 81 [juris Rn. 81]; Franken/Schulte in Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 6 Rn. 6.97).
149
Im Streitfall scheidet die Ableitung eines unternehmenseigenen Betafaktors aus, da die Aktien der E. AG seit Juli 2016 nicht mehr an einer Börse notiert sind; deshalb liegen keine aktuellen, am Kapitalmarkt beobachtbaren Betafaktoren dieser Gesellschaft vor. Demzufolge ist der Betafaktor aus den Betafaktoren einer P. Group zu bilden.
150
Zutreffend hat das Landgericht die Aufteilung der Vergleichsunternehmen in zwei Untergruppen (P. Group 1 und P. Group 2) als zulässig und sachgerecht beurteilt. Die Bildung von Untergruppen innerhalb der P. Group ist in der Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt (vgl. OLG Düsseldorf AG 2023, 129 [juris Rn. 106]). Sie ist auch im Streitfall nicht zu beanstanden.
151
Mit der in Österreich ansässigen W. AG existiert ein börsennotiertes Unternehmen in der DACH-Region, das im Hinblick auf die wesentlichen Merkmale Geschäftsmodell, Produktsegmente und regionale Marktabdeckung am besten mit der E. AG vergleichbar ist. Ohne Erfolg fordern einige Beschwerdeführer, ausschließlich auf den unverschuldeten Betafaktor jener Gesellschaft von 0,82 abzustellen und denselben als für die E. AG maßgeblich zu erklären. Wenngleich eine konkrete Mindestanzahl an Unternehmen in der P. Group nicht verlangt wird (vgl. Popp/Ruthardt in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch der Unternehmensbewertung, § 12 Rn. 12.132), entspricht es gängiger Bewertungspraxis, auf eine ganze Gruppe von Vergleichsunternehmen zurückzugreifen, um die Abhängigkeit von nur einem einzigen Unternehmen und damit die Gefahr von potenziellen Fehlbewertungen zu reduzieren (vgl. auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 20. November 2019, 21 W 77/14, AG 2020, 298 [juris Rn. 86] in Bezug auf die Erweiterung der P. Group durch den vom Gericht bestellten Sachverständigen). Ein solches Vorgehen ist im Streitfall schon deshalb sachgerecht, da – was auch die Beschwerdeführer zugestehen – eine vollständige Vergleichbarkeit des zu bewertenden Unternehmens mit der W. AG nicht besteht und bereits dies einer Anwendung des spezifischen unternehmenseigenen Betafaktors der W. AG auf die E. AG entgegensteht.
152
Ziel der Zusammenstellung von Vergleichsunternehmen ist die Bildung einer bestmöglichen P. Group. Da neben der W. AG als unmittelbarer Wettbewerberin der E. AG kein weiteres börsennotiertes Unternehmen existiert, das eine ähnlich gute Vergleichbarkeit mit der E. AG aufweist, kam die Bildung einer P. Group aus lediglich zwei oder drei Unternehmen, wie sie im Einzelfall sachgerecht sein kann (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. September 2021, 26 W 1/19 [AktE], juris Rn. 73, 76), nicht in Betracht. Den Besonderheiten des Streitfalls ist sachgerecht durch die Bildung von zwei Untergruppen Rechnung getragen worden. Während die W. AG als das am besten vergleichbare börsennotierte Unternehmen der einen Untergruppe, der P. Group 1, zugeordnet werden konnte, versammeln sich in der anderen Untergruppe, der P. Group 2, nach abstrakten Kriterien ausgewählte Baustoffunternehmen. Der besseren Vergleichbarkeit der W. AG ist durch die relativ stärkere Gewichtung Rechnung getragen worden, da ausschließlich deren Betafaktor denjenigen der P. Group 1 bestimmt und in die Berechnung mit 50% eingeflossen ist, während hinsichtlich der übrigen 50% die Betafaktoren der Unternehmen der P. Group 2 mit ihrem gewichteten Durchschnittswert Berücksichtigung gefunden haben.
153
Zu Unrecht wenden einige Beschwerdeführer gegen die Berücksichtigung der P. Group 2 ein, es stelle sich die Frage, weshalb nicht gleich auf ein Branchenbeta zurückgegriffen werde. Auch der Anregung der gemeinsamen Vertreterin, das Branchenbeta durch Beauftragung eines Sachverständigen zu ermitteln, ist nicht zu folgen. Die Anwendung eines Betafaktors, der sich auf eine bestimmte Branche bezieht, wird grundsätzlich nur dann akzeptiert, wenn ein belastbarer Betafaktor einer P. Group nicht ermittelbar ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22. März 2018, 26 W 20/14, AG 2019, 739 [juris Rn. 97]; Ruiz de Vargas in Bürgers/Lieder, AktG, Anhang zu § 305 Rn. 150; Meitner/Streitferdt in Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 3. Kapitel Teil D [Bestimmung des Betafaktors], S. 640 ff.; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 172).
154
Gemessen daran ist es nicht zu beanstanden, dass der Betafaktor anhand des Betafaktors einer P. Group abgeleitet und den Besonderheiten des Streitfalls durch die Bildung von zwei Untergruppen Rechnung getragen worden ist.
155
(cc) Die konkrete Zusammensetzung der von der sachverständigen Prüferin angesetzten P. Group 2 beruht auf objektiven, sachgerechten Kriterien. Auch in der Beschwerdeinstanz bleiben die Beschwerdeführer mit ihrem Einwand, einige der Unternehmen seien zu Unrecht in die Gruppe aufgenommen worden, ohne Erfolg.
156
Da es neben der W. AG keine weiteren direkten, börsennotierten Wettbewerber im Produktbereich Dachkeramik gibt, ist es sachgerecht, zur Bildung der P. Group 2 neben weiteren Kriterien (unter anderem Firmensitz in der DACH-Region oder Europäischen Union, Marktkapitalisierung über 500 Mio. Euro, Bid-Ask-Spreads unter 1%) auf die Zugehörigkeit der Vergleichsunternehmen zur Baustoffindustrie und somit auf die Zugehörigkeit jedenfalls zur selben Branche abzustellen. Die zehn Unternehmen der P. Group 2 erfüllen diese Voraussetzung, sind aber nicht auf die Herstellung von keramischen Dachziegeln als einem Teilsegment der Baustoffindustrie spezialisiert. Des Weiteren ist es sachgerecht, die jeweilige Produktpalette der Unternehmen insofern zu berücksichtigen, als diese – etwa als Zementhersteller oder als Hersteller von Glas- und/oder Steinwolle, Gips(-karton) und Rohren aus duktilem Gusseisen – als energieintensive Unternehmen einzuordnen und somit im Hinblick auf steigende Energiekosten und das Ziel der Klimaneutralität vergleichbaren operativen Risiken ausgesetzt sind wie die E. AG. Soweit Unternehmen der Baustoffindustrie als nicht vergleichbar angesehen und deshalb nicht in die Gruppe aufgenommen worden sind, hat die sachverständige Prüferin dies unter Verweis auf deren Produktpalette (Farben, Putze, Lacke, Akustik- und vorgehängte Fassadensysteme) und Geschäftsmodell (Betoninstandsetzung) mit sachgerechten Kriterien begründet. Der maßgebliche Grund für die Zusammensetzung der P. Group 2 liegt nach den Erläuterungen der sachverständigen Prüferin in der Stellungnahme vom 5. Juli 2023 darin, dass die aufgenommenen Unternehmen die Entwicklung der Baustoffindustrie widerspiegeln und vergleichbaren operativen Risiken wie die E. AG ausgesetzt sind. Dagegen ist aus rechtlicher Sicht nichts einzuwenden. Bei der Vergleichbarkeit kann keine vollständige Übereinstimmung verlangt werden, vielmehr ist auf das Gesamtbild in Bezug auf das Rendite-Risiko-Profil zu achten (vgl. Ruiz de Vargas in Bürgers/Lieder, AktG, Anhang zu § 305 Rn. 149).
157
Den Beschwerdeführern kann auch nicht darin gefolgt werden, dass der Energieverbrauch solcher Unternehmen der Baustoffindustrie kein sachgerechtes Differenzierungsmerkmal sei und man andernfalls die P. Group ebenso gut um Unternehmen der chemischen Industrie hätte erweitern können. Die zur Bildung der P. Group 2 herangezogenen Kriterien erachtet der Senat – im Anschluss an die Darlegungen der sachverständigen Prüferin – als geeignet, das operative Risiko der E. AG widerzuspiegeln. Die sachverständige Prüferin hat auch auf kritische Nachfrage zu denjenigen Baustoffherstellern, deren Betafaktoren über demjenigen der W. AG liegen und die von den Beschwerdeführern teilweise als Ausreißer bezeichnet werden, bestätigt, dass sie die Einbeziehung auf der Grundlage der Kriterien, nach denen die Zusammenstellung erfolgte, für sachgerecht erachtet. Dies gilt auch für die R. und die C. Dem folgt der Senat. Es erschiene nicht sachgerecht, ergebnisorientiert einzelne Unternehmen aus der nach allgemeinen und sachgerechten Kriterien gebildeten P. Group herauszunehmen. In dieser Situation besteht kein sachlicher Grund, auf das Branchenbeta auszuweichen. Dass Unternehmen der chemischen Industrie bei der Bildung der P. Group unberücksichtigt geblieben sind, ist schon wegen unterschiedlichen Branchenzugehörigkeit sachgerecht.
158
Es ist in der Rechtsprechung zudem weithin anerkannt, dass angesichts der internationalen Verflechtung der Kapitalmärkte auch ausländische Vergleichsunternehmen in eine P. Group aufgenommen werden können (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. September 2021, 26 W 1/19 [AktE], juris Rn. 75; AG 2021, 25 [juris Rn. 85]). Dem schließt sich der Senat an. Vorliegend wurde die Auswahl begrenzt auf solche ausländischen Unternehmen, die sich in ihrer Geschäftstätigkeit auf den europäischen Markt fokussieren und hinsichtlich der operativen Risiken mit der E. AG vergleichbar sind.
159
(dd) Der im Streitfall herangezogene unverschuldete Betafaktor von 0,85 ist nicht zu beanstanden.
160
Den von der Bewertungsgutachterin gewählten Betafaktor von 0,85 (unverschuldet) hat die sachverständige Prüferin auf der Grundlage ihrer eigenen umfangreichen Analysen und vor dem Hintergrund des Gesamtrisikos der E. AG als angemessen angesehen. Die von der sachverständigen Prüferin ermittelte Bandbreite der unverschuldeten Betafaktoren der von ihr angesetzten P. Group reicht bei Beobachtungszeiträumen von zwei und fünf Jahren sowie monatlichen und wöchentlichen Renditeintervallen, jeweils regressiert nicht nur gegen einen breiten lokalen, sondern zusätzlich gegen einen internationalen Index (MSCI-World), von 0,83 bis 1,09. Die sachverständige Prüferin hat dargelegt, dass sie den am unteren Rand dieser Bandbreite liegenden Betafaktor von 0,85 unter Würdigung des Gesamtrisikos der E. AG als angemessen erachte.
161
Diesen Wert legt auch der Senat seiner Schätzung zugrunde. Dabei zeigt gerade auch der Vergleich mit dem Betafaktor der W. AG (0,85 lokaler Index/2 Jahre/wöchentlich, 0,78 lokaler Index/5 Jahre/monatlich, 1,16 globaler Index/2 Jahre/wöchentlich, 1,25 globaler Index/5 Jahre/monatlich), dass der Ansatz eines unverschuldeten Betafaktors von 0,85 für die E. AG durchaus sachgerecht ist. Die größere Diversifizierung bei der W. AG kann ein etwas geringeres Risiko, wie es in deren etwas niedrigerem unternehmenseigenem Betafaktor von 0,815 (gebildet als Mittel aus den Werten auf der Basis eines Beobachtungszeitraums von fünf Jahren bei monatlichen Renditeintervallen und eines Beobachtungszeitraums von zwei Jahren bei wöchentlichen Renditeintervallen, regressiert jeweils gegen einen breiten lokalen Index) zum Ausdruck kommt, rechtfertigen. Ein Betafaktor von 0,85 entspricht – wie das Landgericht ausführlich dargelegt hat – der Annahme eines in etwa durchschnittlichen operativen Risikos, die im vorliegenden Fall überzeugt.
162
(ee) Der Umstand, dass zur Ermittlung der Betafaktoren (unter anderem) auf einen internationalen (nämlich globalen) Index abgestellt wurde, erfordert nicht die Anwendung einer auf der Grundlage desselben Index bestimmten Marktrisikoprämie.
163
In der Rechtsprechung ist die Heranziehung des nationalen CAPM auch im Fall einer internationalen P. Group anerkannt (vgl. OLG Frankfurt AG 2024, 505 [juris Rn. 94] m. w. N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. April 2018, 26 W 4/16 [AktE], AG 2018, 679 [juris Rn. 51 f.]; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26. Januar 2017, 21 W 75/15, AG 2017, 790 [juris Rn. 81]; dagegen: Ruiz de Vargas, BewP 2021, 116 [118]). Da die Marktrisikoprämie der Ermittlung des allgemeinen Risikos von Aktienanlagen dient, der Betafaktor hingegen speziell das zu bewertende Unternehmen betrifft, muss nicht zwingend für beide Multiplikatoren des Risikozuschlags dasselbe Marktportfolio herangezogen werden (Popp/Ruthardt in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 12 Rn. 12.110a). Die in der Bewertungstheorie und -praxis geführte Diskussion (vgl. Ruiz de Vargas/König, BewP 2024, 2 [8 f.]; Ruiz de Vargas/König, BewP 2024, 2 [4] mit Fn. 15) darüber, ob oder in welchem Umfang bei Anwendung der bewertungstheoretischen Methode des CAPM eine nationale Marktrisikoprämie mit Betafaktoren, für die auf einen breiteren Aktienindex abgestellt wird, verknüpft werden dürfe, ist nicht im Spruchverfahren zu klären.
164
(d) Die unterschiedliche Höhe des Kapitalisierungszinssatzes für die einzelnen Jahre des Detailplanungszeitraums, des Übergangsjahrs sowie der ewigen Rente beruht nach den Darlegungen der sachverständigen Prüferin auf der Berücksichtigung des jeweiligen Verschuldungsgrads, dem bei der Ermittlung des verschuldeten Betafaktors Rechnung getragen worden ist.
165
Die Berücksichtigung des Kapitalstrukturrisikos neben dem operativen Risiko aus der betrieblichen Tätigkeit des Unternehmens wird in der Praxis als sachgerecht angesehen und ist in der Rechtsprechung anerkannt (vgl. Franken/Schulte in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 6 Rn. 6.189). Einwände sind insoweit in der Beschwerdeinstanz nicht mehr vorgetragen worden.
166
(3) Gegen den mit 0,5% angesetzten Wachstumsabschlag im Kapitalisierungszinssatz für die ewige Rente bestehen keine Bedenken.
167
Der aus dem Basiszinssatz und dem Risikozuschlag ermittelte Abzinsungsfaktor im eingeschwungenen Zustand ist für die Phase der ewigen Rente zutreffend durch den Ansatz eines Wachstumsabschlags reduziert worden.
168
(a) Mit dem Wachstums- oder Geldentwertungsabschlag wird berücksichtigt, dass Unternehmen in der Regel die Möglichkeit haben, die Geldentwertung durch Preiserhöhungen ganz oder teilweise aufzufangen, sodass sich die Geldentwertung für den Aktionär weniger stark auswirkt als für den Anleger, der in eine festverzinsliche Anleihe investiert, die ohne Inflationsausgleich zum Nominalbetrag zurückgezahlt wird.
169
Ein mathematisches Kalkül für einen rechnerisch exakten Wachstumsabschlag gibt es nicht. Bei seiner Bemessung im Einzelfall ist die individuelle Situation des zu bewertenden Unternehmens maßgeblich. Maßgebend ist insbesondere, in welchem Umfang das Unternehmen gemäß der Unternehmensplanung und der Erwartungen an die Marktentwicklung nachhaltig in der Lage sein wird, die in seinem Fall erwarteten, nicht notwendig mit der Inflationsrate identischen Preissteigerungen auf der Beschaffungsseite (wie Material- und Personalkosten) durch eigene Preissteigerungen an seine Kunden weiterzugeben (vgl. Popp/Ruthardt in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 12 Rn. 12.152 f.; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 173 f.; Steinle/Liebert/Katzenstein in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 7, § 34 Rn. 150). Daneben kann im Einzelfall eine weitere Komponente, die sich aus erwarteten Mengen- und Strukturveränderungen (Absatzausweitungen oder -einbrüchen) ergeben kann, zu berücksichtigen sein (Steinle/Liebert/Katzenstein in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 7, a. a. O.; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 175).
170
(b) Der im Streitfall mit 0,5% angesetzte Wachstumsabschlag ist vertretbar und als Schätzgrundlage geeignet.
171
Bei dem Wachstumsabschlag handelt es sich um einen Wert, der auf die Prognose der nachhaltigen Zahlungsüberschüsse der Gesellschaft in der ewigen Rente, also ohne zeitliche Begrenzung, abzielt. Er drückt das jährliche konstante Wachstum in der Phase der ewigen Rente aus, das – anders als in der Detailplanungsphase – nicht bereits in der Prognose der finanziellen Überschüsse erfasst ist. Die nachhaltige Ergebnissteigerung in der ewigen Rente kann über einen Abschlag auf den Kapitalisierungszinssatz ausgedrückt werden. Dieser Faktor ist Teil der Prognose und nicht auf seine „Richtigkeit“, sondern auf Widerspruchsfreiheit und Plausibilität zu überprüfen (vgl. OLG Frankfurt AG 2022, 83 [juris Rn. 135]; AG 2017, 790 [juris Rn. 82]; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 176; Ruiz de Vargas in Bürgers/Lieder, AktG, Anhang zu § 305 Rn. 152).
172
(aa) Entgegen der Behauptung einiger Beschwerdeführer ergeben sich – ausweislich der Ausführungen der sachverständigen Prüferin – aus der Vergangenheitsanalyse gewichtige und berücksichtigungsfähige Anhaltspunkte für die Erwartung, auch in Zukunft werde es der Gesellschaft nicht möglich sein, Kostensteigerungen vollständig oder im Umfang der erwarteten konsumgüterorientierten Inflationsrate durch Preissteigerungen auf ihre Kunden umzulegen. Somit gründet die Höhe der angenommenen Wachstumsrate entgegen der Ansicht dieser Beschwerdeführer auf realistischen Annahmen.
173
Die sachverständige Prüferin hat ausgeführt, die E. AG habe in der Vergangenheit Kostensteigerungen nur eingeschränkt durch Preissteigerungen an Kunden weitergeben können. Nach ihren Ausführungen stellte das Jahr 2020 auch in dieser Hinsicht eine Ausnahme dar. Zu den auf die Pandemie zurückzuführenden Sondereffekten zählte demnach unter anderem die Möglichkeit, aufgrund einer stark erhöhten Nachfrage nach den Produkten der Gesellschaft bei Lieferengpässen ihrer Wettbewerber Preissteigerungen in größerem Umfang als zuvor durchzusetzen. Mit dem erwarteten Ausklingen der Sondersituation im Jahr 2021 korrespondiert die Erwartung, dass mit einer Normalisierung der Nachfrage die Akzeptanz von Preissteigerungen nachlassen werde. Die sachverständige Prüferin hat somit nachvollziehbar dargelegt, warum die Jahre 2020 und 2021 in dieser Hinsicht nicht als repräsentativ angesehen werden können.
174
Des Weiteren hat die sachverständige Prüferin auf der Grundlage ihrer Analyse der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des zu bewertenden Unternehmens nachvollziehbar die Erwartung begründet, dass angesichts der Wettbewerbssituation Preiserhöhungen bei keramischen Dachziegeln nur eingeschränkt durchsetzbar sein würden. Sie hat dargelegt, dass die Dachziegelbranche durch eine hohe Wettbewerbsintensität und einen zunehmenden absatz- und beschaffungsseitigen Preisdruck gekennzeichnet sei. Die Möglichkeiten der Gesellschaft, Preissteigerungen im Baustoff- oder Bedachungsgroßhandel durchzusetzen, seien daher – trotz ihrer starken Position im Marktsegment – begrenzt, unter anderem deshalb, weil ein Konkurrenzdruck von preiswerteren Materialien für Dacheindeckungen ausgehe, welche die Gesellschaft nicht anbiete.
175
Ihre Einschätzung, wonach die Wettbewerbssituation die Erwartung rechtfertige, dass die nur eingeschränkte Möglichkeit der Weitergabe von Kostensteigerungen, die bereits in der Vergangenheit zu beobachten gewesen sei, auch in Zukunft bestehen werde, hat die sachverständige Prüferin in ihrer Stellungnahme vom 5. Juli 2023 auch vor dem Hintergrund der zahlreichen kritischen Nachfragen der Antragsteller aufrechterhalten. Die Listenpreise der Gesellschaft dienten dem Handel mit Endverbrauchern. Die Gesellschaft treffe mit ihren Kunden (Baustoff- oder Bedachungsgroßhandel, Dachdecker und Handwerker) individuelle, von der Preisliste losgelöste Preisvereinbarungen. Die laut Konzernabschluss der W. AG erwarteten Wachstumsraten und zugrundeliegenden Bewertungsannahmen seien im Abschluss nicht erläutert, weshalb ein Vergleich nicht möglich sei. Ein steigender Bedarf im Bereich der Gebäudesanierung zur Erreichung der EU-Klimaziele bedeute nicht zwangsläufig einen steigenden Bedarf an neuen Dachziegeln. Das von den Beschwerdeführern ins Feld geführte Potenzial im Hinblick auf Dachziegel mit besonders herausgehobenen Eigenschaften (höchste Hagelwiderstandsfähigkeit; Selbstreinigungsfunktion [sogenannter Lotuseffekt]) bestehe angesichts der tatsächlichen Verkaufszahlen, der tatsächlichen Produktpalette und geringer Margen nicht. Auch die von einigen Antragstellern in Bezug genommene Verlautbarung des Deutschen Dach-Zentrum e.V. auf der Internetseite www.dach.de ordne Dachziegel im Gegensatz zu Dämmstoffen und Holz als preisstabilen Baustoff ein. Die sogenannten Megatrends Bevölkerungswachstum und Urbanisierung würden eher dazu führen, dass zunehmend große Wohnanlagen und Mehrfamilienhäuser in Städten gebaut würden, da sie weniger Fläche verbrauchten. Eine erhöhte Nachfrage nach Dachziegeln für Steildächer sei daraus nicht abzuleiten. Wie sich die zunehmende Digitalisierung und das zunehmende Arbeiten im Homeoffice, das durch die COVID-19-Pandemie ausgelöst worden sei, langfristig auf den Wohnungsmarkt auswirken werde, sei zum Bewertungsstichtag nicht erkennbar gewesen.
176
Die Antragsgegnerin selbst hat erstinstanzlich ausgeführt, dass Geschäfte mit Endverbrauchern nur einen verschwindend kleinen Anteil an den Gesamtumsätzen der Gesellschaft ausmachten. Sie hat des Weiteren zu den Preiserhöhungen vorgetragen, die sie in den Jahren 2015 bis 2019 gegenüber gewerblichen Abnehmern erzielen konnte. Entgegen der Ansicht einiger Beschwerdeführer sind diese vergangenheitsbezogenen Angaben bedeutsam, weil sie in Zusammenhang mit dem erwarteten Ausklingen der durch die Pandemie bedingten Sondereffekte die in die Zukunft gerichtete Erwartung plausibel begründen können. Eine nachvollziehbare Erklärung dafür, dass im letzten IST-Jahr ausnahmsweise Preiserhöhungen von 2,9% durchgesetzt werden konnten, hat die Antragsgegnerin gegeben und die sachverständige Prüferin hat diese auf der Grundlage ihrer langfristigen Analyse der Umsatzerlöse der E. AG über die Jahre 2004 bis 2020 und ihrer übrigen Analysen als plausibel angesehen. Vor diesem Hintergrund bestand und besteht kein Anlass, die jeweiligen Anteile des mit Endverbrauchern und gewerblichen Kunden erzielten Umsatzes im gerichtlichen Verfahren konkret aufzuklären.
177
(bb) Ohne Erfolg wird gegen die angesetzte nachhaltige Wachstumsrate von lediglich 0,5% eingewandt, diese führe zu einer Schrumpfung des Unternehmens um real 1% pro Jahr sowie dazu, dass das Unternehmen in etwa 100 Jahren vom Markt verschwunden sei.
178
Dieses Vorbringen stützen die Beschwerdeführer auf eine Aussage des Sachverständigen J. im aktienrechtlichen Spruchverfahren gegen die F. C. Bildungsholding GmbH & Co. KG betreffend die Angemessenheit der Entschädigung für die ausscheidenden Aktionäre der B. I. AG. Dabei generalisieren die Beschwerdeführer in unzulässiger Weise die für den dortigen Fall getätigte Aussage des Sachverständigen.
179
Die Annahme eines Wachstumsabschlags von 0,5% bedeutet nicht zwingend, dass das Unternehmen im Terminal Value real schrumpft und letztlich liquidiert werden muss, auch wenn die (allgemeine) Inflationsrate deutlich über dem Wert von 0,5% liegt. In den meisten Spruchverfahren liegt der festgesetzte Wachstumsabschlag (deutlich) unterhalb der Inflationsrate (im Schnitt zwischen 0,5% und 2,0%), ohne dass hierdurch eine (kurz- oder mittelfristige) Liquidation des Unternehmens zum Ausdruck gebracht würde (vgl. OLG München, Beschluss vom 20. März 2019, 31 Wx 185/17, AG 2019, 659 [juris Rn. 69] m. w. N.).
180
Zutreffend hat bereits das Landgericht ausgeführt, dass bei der Beurteilung der Angemessenheit des Wachstumsabschlags die Gesamtwachstumsrate in den Blick zu nehmen ist. Der pauschale Einwand, dieser Gesichtspunkt sei nicht maßgeblich, weil thesaurierungsbedingtes Wachstum auch von dem Sachverständigen J. bei der Bewertung der Bibliographisches Institut AG berücksichtigt worden sei, ist nicht stichhaltig. Gemäß den Ausführungen der sachverständigen Prüferin wurde das thesaurierungsbedingte Wachstum durch die fiktive Hinzurechnung der Wertbeiträge aus Thesaurierungen abgebildet. Dieses thesaurierungsbedingte operative Wachstum ist neben dem durch den Wachstumsabschlag abgebildeten preisbedingten Wachstum im Unternehmenswert enthalten. Nach der Berechnung der sachverständigen Prüferin in der Stellungnahme vom 5. Juli 2023 ergäbe sich bei einer Umrechnung der thesaurierten Beträge in einen Wachstumsabschlag überschlägig ein thesaurierungsbedingter Wachstumsabschlag von rund 2,6%. Zusammen mit dem preisbedingten Wachstumsabschlag von 0,5% liegt das Wachstum in der ewigen Rente somit bei rund 3,1%. Ergänzend wird auf die Ausführungen unter b) bb) (2) (b) (bb) bis (dd) zu dem Einwand der positiven Marktaussichten in der Baubranche und des Innovationssowie Sanierungspotenzials der E. AG verwiesen.
181
Die Gesamtwachstumsrate von 3,1% liegt über der ausweislich des Prüfungsberichts erwarteten Inflationsrate. Von einem realen Schrumpfen kann schon deshalb nicht ausgegangen werden. Der unterhalb der angenommenen Inflationsrate liegende Wachstumsabschlag bringt lediglich die Erwartung zum Ausdruck, dass Preissteigerungen nicht vollständig auf die Kunden abgewälzt werden können. Dies bedeutet aber nicht, dass das angenommene Wachstumspotenzial insgesamt hinter der zu erwartenden Inflation zurückbleiben und das Unternehmen realiter schrumpfen würde (vgl. OLG München, Beschluss vom 12. Mai 2020, 31 Wx 361/18, AG 2020, 629 [juris Rn. 84 f.]; AG 2019, 659 [juris Rn. 70]; Steinle/Liebert/Katzenstein in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 7, § 34 Rn. 150).
182
Die sachverständige Prüferin hat zudem darauf hingewiesen, dass die Gesamtwachstumsrate der E. AG in der ewigen Rente mit 3,1% deutlich oberhalb des nachhaltigen Wachstums der W. AG liege. Auch dieser Gesichtspunkt trägt dazu bei, dass an der Plausibilität des Wachstumsabschlags kein Zweifel besteht. Hingegen ist der Vergleich, den einige Beschwerdeführer zwischen dem angesetzten Wachstumsabschlag in der ewigen Rente und dem von der W. AG angenommenen künftigen Wachstum anstellen, bereits deshalb verfehlt, weil er das thesaurierungsbedingte Wachstum der E. AG außer Acht lässt.
183
(cc) Auch die Herleitung des Wachstumsabschlags ist nicht zu beanstanden.
184
Für die Beantwortung der Frage, wie für das individuelle Unternehmen, vorliegend für die E. AG, die Möglichkeit zu veranschlagen ist, Kostensteigerungen prozentual an die Kunden weiterzugeben, ist nicht auf die im Jahr 2003 erschienene Studie von Widmann/Schieszl/Jeromin „Der Kapitalisierungszinssatz in der praktischen Unternehmensbewertung“ (FB 2003, 800 ff.) abgestellt worden, die von den Beschwerdeführern als veraltet abgelehnt wird. Schon deshalb gehen die insoweit geltend gemachten Argumente ins Leere.
185
Die Schätzung des im langfristigen Durchschnitt erwarteten Gewinnwachstums eines Unternehmens stellt eine komplexe Aufgabe dar, die in der Literatur auch mit Blick auf Herausforderungen der empirischen Befundlage diskutiert wird. Lenckner/ Müller (in Hölters, Handbuch Unternehmenskauf, 10. Aufl. 2022, Teil II Kapitel 3 [Bewertung] Rn. 3.533 bis 3.541) kommen bei ihrer Auswertung zu dem Ergebnis, dass eine erwartete konsumorientierte Inflationsrate nur einen ersten sehr groben Ausgangspunkt darstellen könne, da das Gewinnwachstum deutscher Unternehmen in branchen- und unternehmensspezifisch heterogenen Bandbreiten liege.
186
Empirische Studien zu historisch erzielten Wachstumsraten der Jahresgewinne deutscher Unternehmen beziehen sich zudem regelmäßig auf die Gesamtwachstumsraten, nicht aber auf das im Wachstumsabschlag ausschließlich abgebildete preisbedingte Wachstum (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 3. Dezember 2020, 31 Wx 330/16, juris Rn. 108 m. w. N.). Soweit sie das Verhältnis von Gewinnwachstum zur allgemeinen Inflationsrate zum Gegenstand haben, ist nach der Auswertung von Popp/Ruthardt (in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 12 Rn. 161) oftmals zu beobachten, dass das Gewinnwachstum geringer als die allgemeine Inflationsrate ist, sodass regelmäßig festzuhalten sei, dass es zu keiner vollständigen Überwälzbarkeit der allgemeinen Inflationsrate komme.
187
Die sachverständige Prüferin hat sich intensiv mit dem von der Bewertungsgutachterin angesetzten Wachstumsabschlag befasst. Sie hat nachvollziehbar und überzeugend die Gründe dargelegt, welche der Annahme einer vollständigen Weitergabe erwarteter Preissteigerungen an die Kunden der E. AG in der ewigen Rente entgegenstehen und die Bemessung des Wachstumsabschlags mit 0,5% rechtfertigen. Die von einigen Beschwerdeführern erhobene Forderung nach einer „modernen und aktuellen Analyse“, welche „die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und zukünftigen Wachstumsmöglichkeiten der E. AG abbildet“, ist mithin nicht berechtigt. Sie lässt außerdem unberücksichtigt, dass die Gesamtwachstumsrate der E. AG in der ewigen Rente nach den Ausführungen der sachverständigen Prüferin mit 3,1% deutlich oberhalb des nachhaltigen Wachstums der – am besten mit der E. AG vergleichbaren – W. AG liegt.
188
dd) Schließlich bestehen keine Bedenken gegen die angesetzten Sonderwerte.
189
Dies betrifft namentlich die Abgrenzung von betriebsnotwendigem und nicht betriebsnotwendigem Vermögen sowie die Bewertung der nicht betriebsnotwendigen Vermögensteile.
190
(1) Entgegen der Meinung der gemeinsamen Vertreterin ist es nicht zu beanstanden, dass die im Eigentum der E. AG stehenden Lehm- und Tongruben als betriebsnotwendiges Vermögen eingestuft und deshalb mit keinem gesondert ausgewiesenen Wert dargestellt worden sind.
191
Dem Ertragswertverfahren liegt die Annahme zugrunde, dass die im Unternehmen vorhandenen Vermögensteile als Einheit zur Erzielung des Ertrags zusammenwirken und deshalb – auf Basis der Ertragserwartung – in ihrer Gesamtheit bewertet werden können und müssen. Nach der konzeptionellen Ausgestaltung der Ertragswertmethode ist somit der Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens nicht durch den im Ertragswertverfahren bestimmten Gesamtwert des Unternehmens mit abgegolten (vgl. Meinert in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 8 Rn. 8.1 f., Rn. 8.24).
192
Vor dem Hintergrund dieser Methodenkonzeption besteht bei den meisten – wenn auch nicht bei allen (vgl. Meinert in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 8 Rn. 8.3 m. w. N.) – Bewertungsanlässen grundsätzliche Einigkeit darüber, dass das nicht betriebsnotwendige Vermögen gesondert zu bewerten und dieser Wert dem für das betriebsnotwendige Vermögen ermittelten Ertragswert hinzuzurechnen ist.
193
Nach der allgemein anerkannten funktionalen Abgrenzung stellen Vermögensteile sogenanntes nicht betriebsnotwendiges Vermögen dar, wenn sie ohne Beeinträchtigung der bestehenden und geplanten Unternehmenstätigkeit frei veräußert oder entnommen werden können (vgl. Ruiz de Vargas in Bürgers/Lieder, AktG, Anhang zu § 305 Rn. 91; Meinert in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 8 Rn. 8.6 f.). Die Details sind streitig (Meinert in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 8 Rn. 8.14 ff.).
194
Im Streitfall ist es nicht erforderlich, grundlegend die Frage zu erörtern, welche Perspektive bei der funktionalen Abgrenzung einzunehmen ist. Den Ausgangspunkt für die Abgrenzung bilden jedenfalls der Unternehmensgegenstand und die von der Geschäftsführung vorgegebenen Unternehmensziele (Meinert in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 8 Rn. 8.27). Die E. AG ist ein Hersteller von qualitativ hochwertiger Dachkeramik, Schornsteinsystemen und Lüftungsnetzwerken für Einfamilienhäuser. Der größte Umsatzanteil entfällt auf die Dachkeramik. Im keramischen Knowhow zur Herstellung qualitativ hochwertiger Tondachziegel liegt nach dem Prüfungsbericht ihre Kernkompetenz. Die Lehm- und Tongruben werden von der Gesellschaft aufgrund ihres Rohstoffvorkommens für die Herstellung der im Wesentlichen aus Lehm und Ton bestehenden Ziegel vorgehalten. Nur bei ausreichenden Lehmreserven kann die E. AG ihre Geschäftstätigkeit nachhaltig sicherstellen. Die Gruben sind mithin aus der Perspektive der tatsächlichen Verhältnisse dem betriebsnotwendigen Vermögen zuzuordnen. Eine objektivierende Betrachtung aus der Sicht eines potentiellen Erwerbers führt zu keinem anderen Ergebnis.
195
Soweit einige Beschwerdeführer außerdem beanstanden, dass die sachverständige Prüferin den Umfang der Lehmressourcenbestände nicht selbst geprüft, sondern in der Stellungnahme vom 5. Juli 2023 darauf verwiesen habe, dass die Prüfung im Rahmen der jährlichen Abschlussprüfung erfolge, wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen. Hat die sachverständige Prüferin – wie es hier der Fall war – aus testierten Jahresabschlüssen des Unternehmens hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass ihr mitgeteilte Sachverhalte zutreffen, können diese der Angemessenheitsprüfung zugrunde gelegt werden. Umstände, die Zweifel an der Geeignetheit der im Rahmen der Abschlussprüfung durchgeführten Maßnahmen oder an der Verlässlichkeit der Testate begründen könnten, sind weder vorgetragen worden noch im vorliegenden Fall ersichtlich.
196
(2) Auch die übrigen Grundstücke im Eigentum der E. AG wurden zutreffend dem betriebsnotwendigen Vermögen zugeordnet.
197
Die sachverständige Prüferin hat ausgeführt, die E. AG halte sämtliche Agrarflächen ausschließlich zur Rohstoffförderung, zu Tauschzwecken oder als Ökokontoflächen. Ausgleichsflächen, rekultivierte Flächen und Tauschflächen müssten operativ vorgehalten werden. Das Vorhalten von Tauschflächen diene dazu, sie gegebenenfalls auch sehr kurzfristig gegen Lehmgrundstücke einzutauschen. Im Fall von Grundstückstauschgeschäften seien die Tauschaufgaben der E. AG naturgemäß immer sehr viel größer als die ertauschten Lehmgrundstücke. Bereits ausgebeutete Grundstücke müssten rekultiviert oder renaturiert werden. Da sie zu einem oft großen Teil als Biotopflächen gestaltet und von der E. AG über lange Zeiträume erhalten werden müssten, sei eine wirtschaftliche Verwertung ausgeschlossen.
198
Aufgrund dieser Ausführungen sind alle Grundstücke im Eigentum der E. AG dem operativen Geschäft zuzuordnen, auch soweit sie derzeit nicht für Produktionszwecke ausgebeutet werden. Vor dem Hintergrund naturschutzrechtlicher Regelungen wie § 15 Abs. 2 BNatSchG, Art. 7, 8 BayNatSchG ist auch die Zuordnung der Ausgleichsflächen zu den operativ vorgehaltenen Grundstücken nachvollziehbar und überzeugend. Auf die Frage, ob die für dieses Vermögen angesetzten Buchwerte die aktuellen Marktpreise widerspiegeln, kommt es somit nicht an, da der Ansatz einer etwaigen Wertdifferenz als Sondervermögen ausscheidet.
199
(3) Die Bewertung des Drittel-Anteils der E. AG an der Gewerbeimmobilie in der Innenstadt der Landeshauptstadt M. ist sachgerecht auf der Grundlage des im Auftrag der E. AG erstellten und von der sachverständigen Prüferin akzeptierten Verkehrswertgutachtens vorgenommen worden.
200
(a) Der Miteigentumsanteil der E. AG an dem in der …straße in M. gelegenen Büro- und Geschäftshaus stellt nicht betriebsnotwendiges Vermögen dar, denn sämtliche Büro-, Verkaufs-, Lager- und Praxisflächen im Gebäude sind an Fremdnutzer vermietet. Zu dem operativen Geschäft der E. AG leistet dieses Vermögen keinen Beitrag.
201
(b) Keinen Erfolg hat die im Beschwerdeverfahren weiterverfolgte Rüge, der Wert der Immobilie sei angesichts ihrer Top-Lage zu niedrig angesetzt worden. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht davon abgesehen hat, ein gerichtliches Sachverständigengutachten zum Wert des Immobilienanteils einzuholen.
202
(aa) Das als Anlage AG 3 vorgelegte Gutachten über den Verkehrswert der Immobilie ist zwar im Auftrag der E. AG erstellt worden. Dies steht der Verwertung als Schätzgrundlage im gerichtlichen Verfahren über die Bewertung der Gesellschaft jedoch nicht entgegen.
203
Der Sachverständige ist ein von der Industrie- und Handelskammer M. öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken sowie Mitglied des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Bereich der Landeshauptstadt M.. Der von ihm in Anwendung des Ertragswertverfahrens ermittelte Wert ist nicht unreflektiert von der Bewertungsgutachterin und der sachverständigen Prüferin übernommen worden.
204
Vielmehr hat die Bewertungsgutachterin den Wert auf der Grundlage einer eigenen Wertermittlung plausibilisiert. Im Rahmen ihrer Wertermittlung hat sie durch bei ihr beschäftigte Immobiliensachverständige eine Besichtigung der Liegenschaft vorgenommen. Auf der Grundlage ihrer eigenen Wertermittlung hat sie den vom Privatgutachter ermittelten Verkehrswert als sachgerecht bestätigt. Die sachverständige Prüferin hat das Gutachten gleichfalls nicht lediglich inhaltlich nachvollzogen, sondern die methodische Ableitung auf der Grundlage ihrer sachverständigen Bewertung als sachgerecht bestätigt und den Wert aufgrund einer eigenständigen Prüfung der seitens der Bewertungsgutachterin angestellten Analyse und zur Verfügung gestellten Arbeitspapiere als zutreffend anerkannt. Zusätzlich hat die sachverständige Prüferin eine Verprobung mit den Daten des Grundstücksmarktberichts von 2020 vorgenommen. An der fachlichen Expertise der sachverständigen Prüferin bestehen keine Zweifel. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht war die Wirtschaftsprüferin S. I. seit 29 Jahren auch mit der Bewertung von Immobilien befasst und über den Standard IDW S. 10 für Immobilienbewertungen mit der Materie vertraut. Das vom Sachverständigen J. angewendete Ertragswertverfahren hat sie bereits selbst vielfach angewendet. Mit ihrem im Prüfungsbericht beschriebenen Vorgehen hat die sachverständige Prüferin zudem ihrem gesetzlichen Auftrag entsprochen.
205
Schließlich haben die Antragsteller zwar das Ergebnis der Wertermittlung mit Blick auf die Lage des Objekts als zu niedrig abgelehnt, jedoch substanziierte Einwendungen gegen die Richtigkeit des Gutachtens, das ihnen bereits in der ersten Instanz zur Kenntnis gebracht worden ist, nicht erhoben.
206
(bb) Damit liegt eine zur Schätzung des Anteilswerts nach § 287 Abs. 2 ZPO geeignete Grundlage vor.
207
Für die Ermittlung des Verkehrswerts im Sinne des § 194 BauGB gelten die Vorgaben der aufgrund von § 199 Abs. 1 BauGB ergangenen Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien und der für die Wertermittlung erforderlichen Daten (Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV) in der zum Bewertungsstichtag noch maßgeblichen Fassung vom 19. Mai 2010 (BGBl. I S. 639). Danach ist der Verkehrswert mit Hilfe des Vergleichswertverfahrens, des Ertragswertverfahrens, des Sachwertverfahrens oder mehrerer dieser Verfahren zu ermitteln (§ 8 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV a. F.). Die Verfahren sind nach der Art des Wertermittlungsobjekts unter Berücksichtigung der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bestehenden Gepflogenheiten und sonstiger Umstände des Einzelfalls zu wählen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV a. F.). Dabei stehen die Wertermittlungsverfahren einander gleichwertig gegenüber (vgl. BFH, Urt. v. 21. Juli 2020, IX R 26/19, NJW 2021, 413 Rn. 31 m. w. N.), wenn das Gesetz nicht, wie etwa in § 1376 Abs. 4 BGB (Wert eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs im Zugewinnausgleich), die Anwendung eines bestimmten Verfahrens anordnet.
208
Der Gutachter hat im vorliegenden Fall die Wahl des Ertragswertverfahrens damit begründet, dass es sich bei dem Objekt – einem an verschiedene Unternehmen vermieteten Büro- und Geschäftshaus – um eine Renditeimmobilie handele. Die Nutzungsart ist ein sachgerechtes Kriterium für die Wahl des Bewertungsverfahrens. Für Grundstücke, die zur Ertragserzielung bestimmt sind, wie Mietwohn- und Geschäftsgrundstücke, ist die Wahl des Ertragswertverfahrens regelmäßig zur Wertermittlung geeignet; denn dem Ertragswert ist dann besondere Bedeutung zuzumessen, wenn das zu bewertende Gebäude im engeren Sinne zur Ertragserzielung bestimmt ist, wie das vorwiegend bei seiner Vermietung oder Verpachtung der Fall ist (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 1996, V ZR 212/95, NJW 1997, 129 [juris Rn. 6]; Urt. v. 16. Juni 1977, VII ZR 2/76, WM 1977, 1055 [juris Rn. 84)). Zwar kommt für Objekte dieser Art nicht ausschließlich das Ertragswertverfahren in Betracht, weil weder nach den rechtlichen Rahmenbedingungen noch nach der Rechtsprechung eine Festlegung auf diese Bewertungsmethode bei Renditeobjekten besteht (vgl. BGH, Urt. v. 2. Juli 2004, V ZR 213/03, BGHZ 160, 8 [juris Rn. 6]). Jedoch liegen im Streitfall keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Ertragswertverfahren wegen der Besonderheiten des Einzelfalls nicht zur Verkehrswertermittlung geeignet oder eine andere Methode besser geeignet gewesen wäre. Vielmehr erscheint im Hinblick darauf, dass die E. AG lediglich einen Anteil an der Immobilie innehat, das Ertragswertverfahren zur Ermittlung des hierfür anzusetzenden anteiligen Werts besonders gut geeignet.
209
Auch für methodische Fehler ist nichts ersichtlich, ebenso wenig für die Verwendung unzutreffender Daten. Der Sachverständige hat den zum Stichtag bekannten Bodenrichtwert herangezogen und ausgeführt, dass sich aus dem zum Wertermittlungsstichtag aktuellen Jahresbericht des Gutachterausschusses keine Hinweise auf ein höheres Preisniveau für unbebaute, zur gewerblichen Nutzung geeignete Grundstücke ergeben hätten. Des Weiteren hat der Sachverständige die Höhe der tatsächlich erzielten Mieten auf der Grundlage der aktuellen Mietverträge ermittelt und für die leerstehende Büro-/Praxisfläche eine fiktive Miete am oberen Rand der Bandbreite der für Büro-/Praxisflächen erzielten Mieten angesetzt. Er hat ausgeführt, dass sich die aktuellen Vertragsmieten im Rahmen aktueller marktüblicher Spannen bewegten, sodass sie als marktüblicher Ertrag in die Wertermittlung übernommen worden seien. Da der Sachverständige die tatsächlich erzielten Mieten für jede Einheit dargestellt und zu den marktüblichen Mieten auf dem Münchner Mietmarkt für Büroimmobilien und Einzelhandelsimmobilien im ersten Quartal 2021 umfangreich ausgeführt hat, sind seine Erläuterungen und Bewertungen ohne Weiteres nachvollziehbar. Zudem geht aus ihnen hervor, dass der Sachverständige der Bewertung die aktuellen Daten unter Beachtung von Lage und Ausstattung des Objekts sowie der sonstigen wertbildenden Faktoren zugrunde gelegt hat. Die Unsicherheit darüber, wie sich die Pandemie auf die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung sowie den Investment- und Mietmarkt auswirken werde, hat der Sachverständige zutreffend nicht wertmindernd berücksichtigt, sondern hierzu ausgeführt, dass die Auswirkungen nicht eingeschätzt werden könnten und die Entwicklung zu beobachten sei; unter Umständen seien in der Zukunft Wertkorrekturen vorzunehmen. Für den Bewertungsstichtag ist die Wertermittlung jedoch allein auf der Grundlage der vorliegenden Tatsachenlage vorgenommen worden. Der Sachverständige hat somit zutreffend beachtet, dass nur naheliegende und wirtschaftlich fassbare, zum Stichtag im Keim bereits angelegte Entwicklungen Berücksichtigung finden dürfen. Da neben dem Bodenrichtwert auch die erzielbare Miete maßgeblich von der Lage des Mietobjekts bestimmt wird, ist durch die Anwendung des Ertragswertverfahrens der Wert, der sich aus der exponierten Lage der Immobilie ergibt, berücksichtigt worden.
210
Nicht zum Nachteil der Minderheitsaktionäre wirkt es sich aus, dass der Sachverständige nicht den ideellen Anteil der E. AG an der Immobilie, sondern die Immobilie insgesamt bewertet hat und im Rahmen der Unternehmensbewertung ein Abschlag dafür unterblieben ist, dass die E. AG nur einen Anteil an der Immobilie hält (vgl. dazu BGH, Urt. v. 24. Februar 2016, IV ZR 342/15, NJW-RR 2016, 457 Rn. 12; Urt. v. 13. Mai 2015, IV ZR 138/14, NJW 2015, 2336 Rn. 12 m. w. N.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30. Juni 2015, 3 U 11/14, RNotZ 2015, 575 [juris Rn. 69 ff.]).
211
(cc) Der Hinweis einiger Beschwerdeführer darauf, dass die restlichen Miteigentumsanteile an der Immobilie im Eigentum der „Familie R.“ stünden und die „Familie R. mit der E. AG wirtschaftlich verbandelt“ sei, rechtfertigt keine andere Bewertung.
212
Der vorgetragene Umstand kann Bedeutung haben für die Frage, ob die Mitglieder der Familie R. für die an sie vermieteten Flächen im Erdgeschoss der Immobilie einen marktangemessenen Mietzins an die E. AG zu entrichten haben, außerdem für die Frage, ob der Preis, den die E. AG für den Erwerb des Drittel-Anteils im Jahr 2017 geleistet hatte, dem Verkehrswert entsprochen hat, und schließlich für die Frage, ob bei der Ermittlung des Verkehrswerts für den Drittel-Anteil ein Abschlag dafür berechtigt sein kann, dass ein ideeller Anteil möglicherweise schwieriger zu veräußern ist als die gesamte Immobilie. Sämtliche in Betracht kommenden Gesichtspunkte sind jedoch im Streitfall nicht geeignet, die Bedenken der Beschwerdeführer gegen die Höhe des angesetzten Verkehrswerts zu tragen.
213
Der Privatsachverständige hat die Marktangemessenheit aller Mieten, die für die diversen Einheiten der Immobilie gemäß den ihm vorgelegten Mietverträgen verlangt werden, geprüft und bejaht. Die Vermietung eines Teils der Gewerbeflächen an Mitglieder der Familie R. hat sich somit nicht im Rahmen der Ertragswertermittlung zum Nachteil der Minderheitsaktionäre ausgewirkt.
214
Soweit die Differenz zwischen den im Jahr 2017 und zum Stichtag im Jahr 2021 angenommenen Schätzwerten als nicht aussagekräftig kritisiert werden soll, bleibt der Einwand ohne Erfolg. Die sachverständige Prüferin hat in der mündlichen Verhandlung am 14. Dezember 2023 ausgeführt, dass F. G. R. bei der Veräußerung des Drittel-Anteils an der Immobilie kein Aktionär der E. AG mehr gewesen und der Kaufpreis somit im Rahmen eines Austauschgeschäfts geleistet worden sei, das als Transaktion unter Dritten angesehen werde. Es bestehen mithin keine Anhaltspunkte dafür, dass beim Erwerb des Drittel-Anteils durch die E. AG im Jahr 2017 mit Rücksicht auf persönliche Verhältnisse ein Preis unterhalb des Marktwerts akzeptiert worden wäre, zumal Grundlage der Preisfindung das damals zum Wert der Gesamtimmobilie eingeholte Sachverständigengutachten gewesen war. Schließlich hat die sachverständige Prüferin den Wert mit der im Grundstücksmarktbericht von 2020 aufgeführten Bandbreite der Rohertragsfaktoren für Grundstücke des maßgeblichen Clusters (Innenstadtlagen) verprobt. Es ist somit nicht zu beanstanden, dass die sachverständige Prüferin den Wertzuwachs der Immobilie in Höhe von 12,6% vom Zeitpunkt des Erwerbs (eines Drittel-Anteils) im Jahr 2017 bis zum Stichtag im Jahr 2021 angesichts der schon immer hohen Grundstückspreise in der City M. und unter Heranziehung von Multiples als realistisch gewertet hat, zumal sie vereinfachend den Erwerbspreis inklusive der Erwerbsnebenkosten dem sachverständig ermittelten Wert für die Immobilie ohne Erwerbsnebenkosten gegenübergestellt hat.
215
Da im Streitfall ohnehin ein Drittel des für die Gesamtimmobilie ermittelten Werts angesetzt und kein Abzug deswegen vorgenommen worden ist, weil lediglich ein ideeller Miteigentumsanteil an der Immobilie im Eigentum der E. AG steht, geht der auf die Inhaberschaft der übrigen Anteile gestützte Einwand insoweit ins Leere.
216
(4) Der für freie Liquidität angesetzte Sonderwert in einem Umfang von 29,5 Mio. Euro ist ebenfalls nicht zu beanstanden, insbesondere nicht zum Nachteil der Minderheitsaktionäre zu niedrig angesetzt.
217
Die Ableitung der freien Liquidität als Sonderwert ist im Bewertungsgutachten nachvollziehbar dargestellt und begründet worden. Danach sind vom Ausgangswert zum 31. Dezember 2020 (70,017 Mio. Euro) Abzüge im Betrag von insgesamt 40,517 Mio. Euro (Summe aus 20,0 Mio. Euro und 20,517 Mio. Euro) vorgenommen worden. Der für freie Liquidität angesetzte Betrag in Höhe von 29,5 Mio. Euro ist nicht mit Verweis darauf zu kritisieren, dass die E. AG zum 31. Dezember 2020 über flüssige Mittel im Umfang von 70,017 Mio. Euro verfügte.
218
(a) Im Umfang der operativen Mindestkasse (20,000 Mio. Euro) sind flüssige Mittel als betriebsnotwendiges Kapital zu qualifizieren.
219
Bei dieser Liquiditätsreserve handelt es sich um Finanzmittel, die aufgrund der saisonalen Abhängigkeit des Geschäfts der E. AG für den Fortbestand des operativen Betriebs ohne Berücksichtigung notwendiger Investitionsausgaben notwendig sind. Sie scheiden als Sonderwert aus.
220
Die Angemessenheit des Betrags hat die sachverständige Prüferin auf der Grundlage ihrer Analysen, zu denen sie in ihrer Stellungnahme vom 5. Juli 2023 näher ausgeführt hat, bestätigt und nachvollziehbar begründet. Sie hat in der Stellungnahme vom 5. Juli 2023 zudem dargelegt, dass auch eine Verprobung mit den jährlichen operativen Kosten im Terminal Value zu keinem anderen Ergebnis führt. Ihre Ausführungen sind auf der Grundlage des dort dargestellten tabellarischen Zahlenwerks nebst Erläuterungen ohne Weiteres nachvollziehbar und überzeugend. Der Einwand, die Liquiditätsreserve sei überhöht angesetzt worden, ist danach nicht berechtigt. Insbesondere geht angesichts der konkret unternehmensbezogenen Darlegungen zur Erforderlichkeit einer Liquiditätsreserve in der angesetzten Höhe die Forderung fehl, als operative Kasse sei maximal 3% des Jahresumsatzes anzusetzen (dazu: Meinert in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 8 Rn. 8.61 Fn. 215 unter Verweis auf Ballwieser/Hachmeister, Unternehmensbewertung, 5. Aufl. 2016, S. 43). Eine pauschale Bemessung der freien Liquidität ist dann nicht gerechtfertigt, wenn dadurch unternehmensspezifische Besonderheiten des Einzelfalls unberücksichtigt bleiben (Meinert in Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, § 8 Rn. 8.61). Dies gilt auch dann, wenn sich eine aus Vereinfachungsgründen vorgenommene Pauschalierung zum Vorteil der Minderheitsaktionäre auswirken würde.
221
(b) Der weitere Betrag in Höhe von 20,517 Mio. Euro ist ebenfalls methodisch zutreffend als Abzugsposten im Rahmen der Ermittlung des Sonderwerts für freie Liquidität berücksichtigt worden und betragsmäßig nicht zu beanstanden.
222
Für die Jahre 2021 und 2022 wurde ausweislich des Bewertungsgutachtens eine zahlungswirksame Veränderung der flüssigen Mittel in dieser Höhe erwartet. Der Rückgang der Finanzmittel ist ausweislich des Bewertungsgutachtens und des Prüfungsberichts sowie der Stellungnahme der sachverständigen Prüferin vom 5. Juli 2023 im Wesentlichen auf die geplanten Investitionen in das Logistikkonzept in Höhe von 12,0 Mio. Euro (dazu bereits unter b] bb] [2] [c] [cc]), in den Erwerb weiterer Lehm- und Tongrundstücke für die Rohstoffgewinnung in Höhe von 8,5 Mio. Euro und auf Erhaltungsinvestitionen in Höhe von 9,2 Mio. Euro zurückzuführen. Die Bewertungsgutachterin hat die dadurch erwartete zahlungswirksame Veränderung der flüssigen Mittel für das Jahr 2020 mit 18,089 Mio. Euro und für das Jahr 2021 mit 2,428 Mio. Euro angegeben; die sachverständige Prüferin hat die Wertansätze als sachgerecht beurteilt und in der Stellungnahme vom 5. Juli 2023 erläutert, dass der Betrag von 9,2 Mio. Euro aus dem laufenden operativen Cashflow finanziert werden solle. Der restliche, für die Finanzierung der Investitionen notwendige Cashflow der Jahre 2021 und 2022 von insgesamt somit 20,517 Mio. Euro ist bewertungsmethodisch zutreffend vom Betrag der liquiden Mittel zum 31. Dezember 2020 in Höhe von 70,017 Mio. Euro abgezogen worden, um die – nach Abfluss der für die betriebsbedingten Investitionen benötigten Zahlungsmittel verbleibende – freie Liquidität als Sonderwert (also nicht betriebsnotwendige Finanzmittel) abzuleiten. Damit ist der erwartete investitionsbedingte Rückgang des Cashflow methodisch zutreffend – und nicht etwa doppelt – bei der Unternehmensbewertung berücksichtigt worden. Der Cashbestand zum 31. Dezember 2020 ist in voller Höhe in die Unternehmensbewertung eingeflossen. Zum einen wirkt sich die erwartete Nettoschuldenposition auf den verschuldeten Betafaktor der E. AG aus, was ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht gegebenen Erläuterungen zu dem Absinken des verschuldeten Betafaktors (gegenüber dem unverschuldeten Betafaktor) geführt hat, den die sachverständige Prüferin im Prüfungsbericht als sachgerecht und angemessen bestätigt hat. Zum anderen werden die mit den Investitionen erzielbaren Überschüsse im operativen Geschäft der E. AG als Wertbeitrag für den Ertragswert der Gesellschaft erfasst. Dies gilt auch hinsichtlich der geplanten Investitionen in das Logistikkonzept, selbst wenn sie „nur“ der Sicherstellung, nicht aber der Ausweitung des mengenmäßigen Umsatzes dienen.
223
ee) Entgegen der Annahme einiger Beschwerdeführer lässt sich aus der Bilanzierung eines Zugangs in Höhe von 5.209.432,13 Euro bei den Anteilen an verbundenen Unternehmen in der Bilanz der Antragsgegnerin für das Geschäftsjahr 2021/2022 kein Bewertungsdelta ablesen.
224
Die Veränderung der Bilanzposition gegenüber dem Vorjahr ist zwar unstreitig allein auf den Zugang der durch Squeezeout erworbenen 48.386 Aktien an der E. AG zurückzuführen. Die Annahme, die Differenz zu dem als Entschädigung geleisteten Betrag von 96,99 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 0,15 Euro je Aktie, insgesamt 4.700.216,04 Euro, zeige ein Bewertungsdelta in Höhe von 10,52 Euro je Aktie auf, beruht jedoch auf einer unzulässigen Vereinfachung. Die Antragsgegnerin hat dazu ausgeführt, dass auch die Nebenkosten des Erwerbs – wie insbesondere die Beratungs- und Prüfungskosten – als Anschaffungskosten zu aktivieren gewesen und aktiviert worden seien. Im Hinblick auf die Regelung in § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB ist dagegen nichts einzuwenden; die von einigen Beschwerdeführern aus dem Bilanzansatz gezogene Schlussfolgerung ist nicht haltbar.
225
c) Der von einigen Beschwerdeführern gegen die sachverständige Prüferin erhobene Vorwurf einer angeblichen „institutionellen Befangenheit“ oder „berufsständischen Voreingenommenheit“ von Wirtschaftsprüfern (dazu unter aa]) bleibt ebenso ohne Erfolg wie die Kritik an der durch das Spruchgesetz vorgegebenen Stellung der sachverständigen Prüferin im Spruchverfahren (dazu unter bb]). Anlass für die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zum Unternehmenswert insgesamt oder zu einzelnen Teilaspekten besteht nicht (dazu unter cc]).
226
aa) Der Rückgriff auf den in § 327c Abs. 2 Sätze 2 bis 4, § 293d Abs. 1 Satz 1 AktG i. V. m. § 319 HGB vorgegebenen Sachverstand der (Abfindungs-)Prüferin begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken (vgl. BGH WM 2024, 862 Rn. 64 [zur Vertragsprüferin]).
227
Gemäß § 327c Abs. 2 Satz 2 AktG ist die Angemessenheit der Barabfindung durch einen (oder mehrere) sachverständige Prüfer zu prüfen. Diese werden gemäß § 327c Abs. 2 Satz 3 AktG (auf Antrag des Hauptaktionärs) vom Gericht ausgewählt und bestellt. Gemäß § 327c Abs. 2 Satz 4, § 293d Abs. 1 Satz 1 AktG gelten für die Auswahl (und das Auskunftsrecht) die Vorgaben für Abschlussprüfer in § 319 HGB. Gemäß § 319 Abs. 1 Satz 1 HGB können Abschlussprüfer Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sein. Der Gesetzgeber selbst hat daher vorgegeben, dass Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften grundsätzlich als geeignete sachverständige Prüfer hinsichtlich der Angemessenheit der Barabfindung anzusehen sind.
228
Die Mitgliedschaft eines Wirtschaftsprüfers im IDW, welchem die in Deutschland zugelassenen Wirtschaftsprüfer mehrheitlich angehören, und gegebenenfalls die Mitgliedschaft im Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft stellt seine Neutralität nicht in Frage. Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer verfügt zum einen über die notwendige Sachkunde, denn die Bestellung der Berufsangehörigen setzt gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 WPO (Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer [Wirtschaftsprüferordnung]) den Nachweis der persönlichen und fachlichen Eignung im Zulassungs- und staatlichen Prüfungsverfahren voraus. Er ist zum anderen zur Objektivität verpflichtet, denn nach § 43 Abs. 1 Satz 1 WPO haben Wirtschaftsprüfer ihren Beruf (unter anderem) unabhängig, gewissenhaft und eigenverantwortlich auszuüben. Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 WPO sind sie verpflichtet, sich insbesondere bei der Erstattung von Prüfberichten und Gutachten unparteiisch zu verhalten.
229
Aus der Satzung des IDW ergibt sich nichts anderes. Die Regelung in § 4 Abs. 9 der Vereinssatzung (in der Fassung der am 14. November 2017 beschlossenen Änderung) verpflichtet die Mitglieder zwar dazu, „die von den Fachausschüssen des IDW abgegebenen IDW Fachgutachten, IDW Prüfungsstandards, IDW Stellungnahmen zur Rechnungslegung und IDW Standards, welche die Berufsauffassung der Wirtschaftsprüfer zu fachlichen Fragen der Rechnungslegung und Prüfung sowie zu sonstigen Gegenständen und Inhalten der beruflichen Tätigkeit darlegen oder zu ihrer Entwicklung beitragen, zu beachten“, jedoch ausdrücklich nur im Rahmen ihrer beruflichen Eigenverantwortlichkeit. Sie haben daher „sorgfältig zu prüfen, ob die in einem IDW Fachgutachten, einem IDW Prüfungsstandard, einer IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung oder einem IDW Standard aufgestellten Grundsätze bei … [ihrer] Tätigkeit und in dem von … [ihnen] zu beurteilenden Fall anzuwenden sind“. Zu einer unreflektierten Übernahme der IDW-Prüfungsstandards etc. sind sie somit nicht berechtigt. Vielmehr haben sie gemäß ihrer beruflichen Eigenverantwortlichkeit in jedem Fall zu prüfen, ob von den vom Institut aufgestellten Bewertungsgrundsätzen etc. abgewichen werden muss (vgl. OLG München AG 2021, 715 [juris Rn. 135]; AG 2020, 629 [juris Rn. 75]).
230
Allein die Mitgliedschaft des sachverständigen Prüfers im IDW und gegebenenfalls in dessen Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft ist deshalb nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zum Nachteil von Minderheitsaktionären zu begründen (vgl. OLG München AG 2018, 753 [juris Rn. 142]; van Rossum in Münchener Kommentar zum AktG, § 305 Rn. 84 zum Vertragsprüfer). Auf die Frage, ob die Vorschriften über die Sachverständigenablehnung in § 17 Abs. 1 SpruchG a. F., § 30 Abs. 1 FamFG, § 406 Abs. 1, § 42 Abs. 2 ZPO auf den gerichtlich bestellten Prüfer angesichts seiner Verfahrensstellung als sachverständiger Zeuge gemäß § 8 Abs. 2 SpruchG a. F. – gegebenenfalls entsprechende – Anwendung finden, kommt es nicht an. Ohne weitere Anhaltspunkte kann eine Befangenheit zum Nachteil der Minderheitsaktionäre nicht pauschal damit begründet werden, die Besetzung des Fachausschusses für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft des IDW sei gegenwärtig eher dem „Unternehmenslager“ zuzurechnen.
231
Stichhaltige Anhaltspunkte für den von einigen Beschwerdeführern geltend gemachten Vorwurf der Befangenheit sind nicht vorgetragen. Insbesondere genügt es dafür nicht, dass die Bewertungsgutachterin und die sachverständige Prüferin in der Vergangenheit im Rahmen der Bewertung anderer Unternehmen als private und als gerichtlich bestellte Prüfer tätig geworden sind. Auch gegen die Parallelprüfung ist nichts einzuwenden (vgl. OLG München AG 2019, 659 [juris Rn. 90]).
232
bb) Der Prüfungsbericht des sachverständigen Prüfers (§ 327c Abs. 2 Satz 4, § 293e AktG) sowie dessen schriftliche oder mündliche Stellungnahme im gerichtlichen Verfahren (§ 7 Abs. 6 Alt. 2, § 8 Abs. 2 SpruchG a. F.) sind grundsätzlich und auch im Streitfall geeignete Beweismittel im Rahmen der Überprüfung der Angemessenheit der angebotenen Kompensation und der dabei erforderlichen Bestimmung des Unternehmenswerts nach § 287 Abs. 2 ZPO.
233
Mit der Neukonzeption des Spruchverfahrens durch das Gesetz zur Neuordnung des gesellschaftsrechtlichen Spruchverfahrens (Spruchverfahrensneuordnungsgesetz) vom 12. Juni 2003 (BGBl. I S. 838) hat der Gesetzgeber unter anderem das Ziel verfolgt, die bis dahin in gerichtlichen Verfahren übliche Einholung von Sachverständigengutachten zum Unternehmenswert möglichst entbehrlich zu machen. Die Angemessenheit der von der Gesellschaft angebotenen Kompensation für den Verlust der Aktionärsstellung ist nunmehr durch einen sachverständigen Prüfer zu begutachten, § 327c Abs. 2 Satz 2 AktG, der vom Gericht auszuwählen und zu bestellen ist, § 327c Abs. 2 Satz 3 AktG, und bereits vor der Durchführung der Strukturmaßnahme tätig wird. Gemäß § 327c Abs. 2 Satz 4, § 293e AktG hat der sachverständige Prüfer über das Ergebnis der Prüfung schriftlich zu berichten. Dieser Prüfungsbericht soll aufgrund seines höheren Beweiswerts verstärkt als Grundlage zur Entscheidungsfindung des Gerichts dienen (vgl. BT-Drucks. 15/371, S. 12 [li. Sp.], 14 [re. Sp.]).
234
Nach diesem gesetzlichen Konzept gebietet es der Schutz der Minderheitsaktionäre grundsätzlich nicht, im Spruchverfahren neben dem sachverständigen Prüfer einen weiteren gerichtlichen Sachverständigen hinzuzuziehen. Vielmehr wird die Leistung des vollen Wertersatzes grundsätzlich dadurch sichergestellt, dass gemäß der Regelung des Gesetzgebers in § 327c Abs. 2 Sätze 2 und 3 AktG die Angemessenheit der Abfindung bereits vorab durch einen gerichtlich ausgewählten und bestellten Sachverständigen überprüft wird (BVerfG WM 2007, 1329 [juris Rn. 24]). Dass im Spruchverfahren eine gerichtliche Kontrolle stattfindet, in der etwaige Fehleinschätzungen des Gutachters nachträglich korrigiert werden können (BVerfG a. a. O.), berechtigt nicht dazu, das legislatorische Grundkonzept in sein Gegenteil zu verkehren und stets ein weiteres Gutachten im Spruchverfahren zu beauftragen. Weder die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) noch das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG) gebieten es, dass in Spruchverfahren stets neben dem sachverständigen Prüfer ein gerichtlicher Sachverständiger hinzugezogen wird. Dies gilt unabhängig davon, ob der bestellte sachverständige Prüfer bzw. die für die bestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätigen Wirtschaftsprüfer Mitglieder des IDW sind.
235
Ergänzend wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zu den Umständen Bezug genommen, aus denen sich im vorliegenden Fall klar ergibt, dass sich die sachverständige Prüferin ihrer Aufgabe als gerichtlich bestellte Abfindungsprüferin in vollem Umfang bewusst gewesen und dieser Aufgabe gerecht geworden ist. Ausweislich des Prüfungsberichts hat die sachverständige Prüferin die Durchführung der Bewertung durch die Bewertungsgutachterin in allen wesentlichen Schritten, insbesondere hinsichtlich der Ableitung der geplanten ausschüttbaren Ergebnisse, der Bestimmung des Kapitalisierungszinssatzes sowie der Kapitalisierung auf den Bewertungsstichtag, nicht lediglich nachvollzogen, sondern umfangreich überprüft und einer Kontrolle in einem eigenen Bewertungsmodell unterzogen.
236
cc) Im Streitfall besteht mangels weitergehenden Aufklärungsbedarfs kein Anlass, einen gerichtlichen Sachverständigen mit einer nochmaligen Unternehmensbewertung zu beauftragen.
237
Der in § 17 Abs. 1 SpruchG a. F. i. V. m. § 26 FamFG normierte Amtsermittlungsgrundsatz verpflichtet das Gericht in Spruchverfahren zur Einholung eines Bewertungsgutachtens erst dann, wenn trotz ergänzender Stellungnahmen des gerichtlich ausgewählten und bestellten sachverständigen Prüfers weiterer Aufklärungsbedarf besteht und eine Klärung angesichts der Umstände zu erwarten ist (vgl. BayObLG, Beschluss vom 18. Mai 2022, 101 ZBR 97/20, juris Rn. 144 m. w. N.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 13. September 2021, 26 W 1/19 [AktE], juris Rn. 37).
238
Dies ergibt sich aus der unter 2) c) bb) dargelegten Konzeption des Gesetzgebers.
239
Nach diesen Grundsätzen war das Landgericht im Streitfall nicht gehalten, einen gerichtlich bestellten Sachverständigen mit der Ermittlung des Unternehmenswerts oder einzelner Teilaspekte zu beauftragen. Vielmehr durfte es sich in Anwendung von § 7 Abs. 6 Alt. 2, § 8 Abs. 2 SpruchG a. F. darauf beschränken, von den für die sachverständige Prüferin tätigen Wirtschaftsprüfern eine schriftliche Stellungnahme zu den von den Antragstellern vorgebrachten Einwänden und Fragen einzuholen und die Wirtschaftsprüfer ergänzend in der mündlichen Verhandlung anzuhören. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die fachliche Kompetenz dieser Personen aufgrund ihrer langjährigen beruflichen Erfahrung auf dem Gebiet der Unternehmensbewertung gegeben ist, auch soweit es vorliegend um die Überprüfung und Einschätzung eines Immobilienwertgutachtens ging. Ebenso wenig bestand Veranlassung dazu, die Vorlage der Arbeitspapiere der beteiligten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften anzuordnen. Im Bewertungsgutachten und im Prüfungsbericht sind die wesentlichen Grundlagen der Planung dargestellt. Zweifel an der Plausibilität konnten die Minderheitsaktionäre unter konkreter Auseinandersetzung mit den offengelegten Grundlagen darlegen. Entsprechendes gilt für die Herleitung des Kapitalisierungszinssatzes und die dafür maßgeblichen Erwägungen. Dass die erhobenen Einwände in der Sache keinen Erfolg haben, führt zu keiner anderen Bewertung. Eine Entscheidungserheblichkeit „aller Informationen und Unterlagen aus dem Bewertungsprozess inklusive sämtlicher Arbeitspapiere“, deren Vorlage von einigen Beschwerdeführern pauschal verlangt wird, ist nicht dargetan.
240
Deshalb gibt es auch im Beschwerdeverfahren keinen Grund für den Erlass einer entsprechenden Vorlageanordnung. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 7 Satz 1 SpruchG a. F. als einzig denkbarer Anspruchsgrundlage für dieses Begehren sind nicht erfüllt. Aufgrund der erstinstanzlich durchgeführten Ermittlungen besteht für den Senat – wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt – kein weiterer Aufklärungsbedarf, der noch die Einholung eines Sachverständigengutachtens geboten erscheinen ließe. Insbesondere geben die von den Beschwerdeführern erhobenen Rügen keinen Anlass für eine Neubewertung durch einen Sachverständigen.
241
d) Soweit einige Beschwerdeführer anmerken, das Landgericht habe zu ihrer Überraschung bereits am Ende der Sitzung seine Entscheidung verkündet, ist weder dargestellt noch sonst ersichtlich, dass durch die Verfahrensweise der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt worden wäre. Die Beschwerdeführer haben bereits nicht vorgetragen, inwiefern ihnen dadurch die Möglichkeit genommen worden sei, sich umfassend zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern. Zudem konnten sie etwaigen ergänzenden Vortrag mit der Beschwerde nachholen.
242
e) Die Entscheidung ergeht gemäß § 17 Abs. 1 SpruchG a. F., § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung, weil bereits in der ersten Instanz mündlich verhandelt worden ist und von einer erneuten Vornahme keine entscheidungserheblichen zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (vgl. auch Wittgens in K. Schmidt/Lutter, AktG, 5. Aufl. 2024, § 12 SpruchG Rn. 20 m. w. N.).
III.
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 SpruchG a. F.
243
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Nach § 15 Abs. 1 SpruchG a. F. sind die Gerichtskosten den Antragstellern aufzuerlegen, wenn dies der Billigkeit entspricht, was nur ausnahmsweise – etwa bei Rechtsmissbrauch – zu bejahen ist (BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2011, II ZB 12/11, AG 2012, 173 Rn. 17). Ein Rechtsmissbrauch der Antragsteller ist in der vorliegenden Sache nicht ersichtlich. Auch sonst liegen keine Gründe vor, die eine Ausnahme geboten erscheinen ließen.
244
Die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdeführer werden unter Berücksichtigung des Verfahrensausgangs nicht der Antragsgegnerin auferlegt, weil die Beschwerden unbegründet sind und zu keiner Erhöhung der Kompensation führen, § 15 Abs. 2 SpruchG a. F. (vgl. BayObLG, Beschluss vom 18. Mai 2022, 101 ZBR 97/20, juris Rn. 165; Drescher in beckOGK, § 15 SpruchG Rn. 24).
245
Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin sind von dieser zu tragen. Auch unter Berücksichtigung der Erfolglosigkeit der Beschwerde vermag der Senat keine Gründe für eine anderweitige Kostenverteilung unter Billigkeitsgesichtspunkten zu erkennen (dazu eingehend: Drescher in beckOGK, § 15 SpruchG Rn. 26).
246
2. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens ist gemäß § 74 Satz 1 GNotKG mit 200.000,00 Euro anzusetzen, da gegenüber der angebotenen Abfindung kein zusätzlicher Betrag festgesetzt wird.
247
Der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Geschäftswert ist nach § 6 Abs. 2 Satz 3 SpruchG a. F. auch der Gegenstandswert für die Vergütung der gemeinsamen Vertreterin.
248
3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert, § 17 Abs. 1 SpruchG a. F., § 70 Abs. 2 Satz 1 FamFG.