Inhalt

SG München, Urteil v. 11.07.2025 – S 28 KA 293/20
Titel:

Beiladung, Hausarztzentrierte Versorgung, Widerspruchsbescheid, Vertragsarzt, Honorarbescheid, Übergangsregelung, Widerspruchsrecht, Teilklagerücknahme, Abrechnungsprüfung, Vertrauenstatbestand, Verträge, Klageabweisung, Erneute Abgabe, Schiedsspruch, Widerrufsrecht, Öffentlich-rechtlicher Vertrag, hausärztliche Versorgung, Ordentliche Kündigung, kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, Hausarztmodell

Schlagworte:
Teilklagerücknahme, Abrechnungsprüfung, Hausarztzentrierte Versorgung, Honorarbescheid, Übergangsregelung, Teilnahmeerklärung, Fehlabrechnung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 19954

Tenor

I. Der Honorarbescheid vom 12.02.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2020 wird, soweit Leistungen aufgrund der Prüfregel HO11710 (Kassennr. ...01 (AOK B.)) gestrichen wurden, aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin 5.902,73 € nachzuvergüten.
II. Die Klägerin trägt 46%, die Beklagte 27% und die Beigeladene zu 1. 27% der Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer sachlich-rechnerischen Richtigstellung, insbesondere zu der Frage, ob drei Ärzte der Klägerin im Quartal 3/2019 am Vertrag über eine hausarztzentrierte Versorgung (HzV-Vertrag) der Beigeladenen zu 1. teilgenommen haben.
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Die Klägerin ist eine internistische Gemeinschaftspraxis mit Sitz in N-Stadt, bestehend im Quartal 3/2019 u.a. aus den Vertragsärzten K., S. und L.. K., S. und, bis zur Beendigung seiner Zulassung zum 31.12.2019, L., nehmen bzw. nahmen als Fachärzte für Innere Medizin an der hausärztlichen Versorgung teil.
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K. war ab dem 15.03.2012, S. ab dem 15.06.2012 und L. ab dem 12.03.2012 Teilnehmer(in) an dem HzV-Vertrag der Beigeladenen zu 1.
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Die Beigeladene zu 1. kündigte den von einer Schiedsperson nach dem Modell eines Vollversorgungsvertrags festgesetzten HzV-Vertrag vom 13.02.2012 zum 30.06.2014. Da sich die Beigeladenen nicht auf eine Anschlussvereinbarung verständigen konnten, ordnete die vom BayStMGP bestimmte Schiedsperson K. zunächst am 05.05.2014 die einstweilige Weitergeltung des gekündigten HzV-Vertrages für bereits eingeschriebene Hausärzte und Versicherte an; Neueinschreibungen wurden ausgeschlossen. Mit Schiedsspruch vom 19.12.2014 setzte K. einen neuen HzV-Vertrag wiederum als Vollversorgungsvertrag fest. Dieser wurde zum 01.04.2015 finanzwirksam.
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Mit Bescheid vom 12.02.2020 setze die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal 3/2019 fest. Mit Richtigstellungsmitteilung vom selben Tage stellte die Beklagte die Abrechnung der Klägerin für das Quartal 3/2019 sachlich und rechnerisch richtig und setzte zahlreiche Gebührenordnungspositionen/Abrechnungsfälle i.H.v. 10.887,84 € ab (Prüfregel u.a. HO11710). Bezüglich Patienten der Beigeladenen zu 1. wurden Gebührenordnungspositionen/Abrechnungsfälle i.H.v. 5.902,73 € abgesetzt.
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Die Prüfregel lautet: „Die Gebührenordnungspositionen/der Abrechnungsfall wird gestrichen, weil nach den der KVB vorliegenden Daten der Patient in der HZV eingeschrieben ist. Die Partner der Selektivverträge haben Gebührenordnungspositionen definiert, die bei einem im Hausarztvertrag eingeschriebenen Patienten nicht über die KVB abgerechnet werden dürfen.“
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Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein. Den Ärzten der Klägerin sei eine Teilnahme am HzV-Vertrag der Beigeladenen zu 1. nicht bekannt. Nach der Kündigung des HzV-Vertrages 2014 durch die Beigeladene zu 1. hätten sie keinen neuen Vertrag mit dieser abgeschlossen. Deshalb seien von der Praxis auch keine Patienten über den HzV-Vertrag abgerechnet worden. Auch seien in den von der HÄVG übermittelten Listen über die eingeschriebenen HzV-Patienten der verschiedenen Krankenkassen keine Aufstellungen über Patienten der Beigeladenen zu 1. zugesandt worden. Die Klägerin übersandte eine Bestätigung der HÄVG, wonach die klägerische Betriebsstätte seit dem 01.04.2015 weder Patienten der Beigeladenen zu 1. in die HzV eingeschrieben noch Leistungen über die HÄVG abgerechnet habe. Im Übrigen sei die Klägerin nicht verpflichtet jeden vorstellig werdenden Patienten über seine vertraglichen Verpflichtungen, zum Beispiel Hausarztmodell, zu befragen. Viele Patienten wüssten überhaupt nicht, dass sie am Hausarztmodell teilnähmen.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 25.11.2020 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Beigeladene zu 1. habe ihr mitgeteilt, dass der Widerspruch abzulehnen sei, da die Vertragsärzte L., K. und S. im Quartal 3/2019 am HzV-Vertrag teilgenommen hätten. Damit seien sie verpflichtet gewesen, Leistungen, die Bestandteil der HzV-Verträge seien und an HzV-Versicherten erbracht würden, grundsätzlich über die HÄVG abzurechnen.
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Die Klägerin hat am 23.12.2020 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Zwar hätten die (drei) Ärzte der Klägerin im Jahr 2012 am HzV-Vertrag mit der Beigeladenen zu 1. teilgenommen. Dieser Vertrag sei jedoch von der Beigeladenen zu 1. zum 30.06.2014 gekündigt worden. Nach der Kündigung hätten die Ärzte der Klägerin nicht weiter an dem HzV-Vertrag der Beigeladenen zu 1. teilgenommen. Höchstvorsorglich werde ein etwaiger (erneuter) Vertragsschluss wegen arglistiger Täuschung angefochten. Die Ärzte der Klägerin seien die gesamte Zeit vorsätzlich im Unklaren darüber gelassen worden, dass eine erneute Teilnahme an dem HzV-Vertrag der Beigeladenen zu 1. erfolgte. Auch der Beigeladene zu 2. werde nicht bestreiten, dass er selbst davon ausgegangen sei, dass die Ärzte der Klägerin überhaupt nicht mehr am Hausarztvertragsmodell teilgenommen hätten.
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Mit Schriftsatz vom 26.11.2024 hat die Klägerin klargestellt, dass streitgegenständlich nur noch die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen sind, die sich auf Patienten der Beigeladenen zu 1. beziehen.
11
Die Klägerin beantragt,
Der Honorarbescheid vom 12.02.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2020 wird, soweit Leistungen aufgrund der Prüfregel HO11710 (Kassennr. 71101 (AOK Bayern)) gestrichen wurden, aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin 5.902,73 € nachzuvergüten.
12
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass es nicht auf eine etwaige Unkenntnis des Hausarztes in Bezug auf den Teilnahmestatus des Patienten ankommt. Hausärzte könnten vor der Behandlung und Abrechnung überprüfen, ob der Patient in einen Hausarztvertrag eingeschrieben sei, anhand des „HzV Online Keys“.
14
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
die Klage abzuweisen.
15
Sie weist darauf hin, dass lt. HÄVG S. bis zum 30.09.2019 (aufgrund ordentlicher Kündigung) sowie L. (aufgrund Ende Kassenzulassung) und K. (aufgrund ordentlicher Kündigung) jeweils bis zum 31.12.2019 an der HzV teilgenommen haben. Gemäß § 73b Abs. 4 Satz 1 SGB V würden die Krankenkassen die Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung mit den Hausarztverbänden schließen, nicht mit den einzelnen Vertragsärzten. Auf das Bestehen oder Nichtbestehen dieser Verträge habe der einzelne Vertragsarzt keinerlei Einfluss. Vertragsärzte und Versicherte nähmen teil, indem sie eine Teilnahmeerklärung unterzeichneten. Es sei irrelevant, dass die Beigeladene zu 1. den HzV-Vertrag aus dem Jahr 2012 zum 30.06.2014 gekündigt habe. Denn durch den Teil-Schiedsspruch des K. vom 05.05.2014 sei die nahtlose Weitergeltung des bisherigen HzV-Vertrages geregelt worden. Bislang im Vorläufervertrag teilnehmenden Vertragsärzten sei im Hinblick auf eine weitere Teilnahme im neuen Vertrag eine zweiwöchige Widerrufsmöglichkeit eingeräumt worden. Hiervon hätten die Ärzte der Klägerin keinen Gebrauch gemacht. Die Beigeladene zu 1. hat darüber hinaus mitgeteilt, dass die Hausärzte der Klägerin jedenfalls ab 30.06.2014 keine eigenen Versicherten in den HzV-Vertrag mehr eingeschrieben hatten. Weil die (streitgegenständlichen) Patienten aber an der HzV teilgenommen hätten, wenn auch bei einem anderen Arzt, der ihr Betreuarzt sei, könne die Abrechnung nur im Rahmen der HzV erfolgen. Da es sich bei der Klägerin um HzV-Ärzte handele, agierten sie, indem sie einen HzV-Patienten behandelten, automatisch als Vertreter – ohne, dass es einer Vereinbarung hierzu bedürfe oder ihnen der Betreuarzt auch nur bekannt sein müsse. Erstmalig zutage getreten sei die Problematik für die Quartale 3/2019 und 4/2019, da Vertreterfälle bis einschließlich 2/2019 nur aufgegriffen worden seien, wenn diese doppelt – also gegenüber der HÄVG und der KVB abgerechnet worden seien. Fehlabrechnungen von Vertreterfällen wie hier seien erstmals im Rahmen der Regelwerksprüfung durch die Beklagte aufgegriffen worden.
16
Der Beigeladene zu 2. stellt keinen Antrag.
17
Der Beigeladene zu 2. hat u.a. darauf hingewiesen, dass die fortgesetzte HzV-Teilnahme der Hausärzte auf der Übergangsregelung des § 22 HzV-Vertrag beruhe. Sämtliche HzV-Arztteilnehmer seien über das Inkrafttreten des Anschlussvertrages sowie über das Widerspruchsrecht mit Informationsfax des Beigeladenen zu 2. vom 31.03.2015 informiert worden seien. Im Übrigen hätten die drei Hausärzte der Weiterleitung ihrer HzV-Arztteilnahmedaten an die Beklagte noch im März 2015 zugestimmt.
18
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19
Die Klage ist nach erfolgter Teilklagerücknahme zulässig und begründet. Der Bescheid vom 12.02.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.11.2020 ist teilweise rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Nachvergütung i.H.v. 5.902,73 €.
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Nach konkludenter Teilklagerücknahme (vgl. klägerischen Schriftsatz vom 26.11.2024) sind noch Streichungen aufgrund der Prüfregel HO11710 (Kassennr. 71101 (AOK Bayern)) i.H.v. 5.902,73 € streitgegenständlich.
21
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen der fristgemäß eingelegten kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage sind erfüllt.
22
Die Klage ist auch begründet.
23
Die im Rahmen des Honorarbescheids erfolgten Richtigstellungen sind, soweit sie auf der Prüfregel HO11710 (Kassennr. 71101 (AOK Bayern) beruhen, zu beanstanden.
24
Die Zuständigkeit der Beklagten dürfte sich bereits aus der neueren Rechtsprechung des BSG ergeben. Danach liegt ein Anwendungsfall der Abrechnungsprüfung durch die Beklagte grundsätzlich wohl auch vor, wenn der an der HzV teilnehmende Vertragsarzt rechtswidrig Leistungen nicht gegenüber der Krankenkasse, sondern gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung abrechnet (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2024, Az. B 6 KA 1/23 R, Rn. 26).
25
Im Übrigen war die Beklagte ab dem Quartal 3/2019 aufgrund der Vereinbarung über die „Durchführung einer Abrechnungsprüfung analog § 106d Abs. 3 SGB V im Rahmen der nicht vertragsgemäßen Inanspruchnahme bei Fällen der Hausarztzentrierten Versorgung nach § 73b SGB V im Auftrag der Krankenkassen gemäß § 75 Abs. 6 SGB V“ („Beauftragungsvertrag HzV-Regelwerksprüfung“) vom 04.02.2019 für die streitgegenständliche Abrechnungsprüfung zuständig.
26
In § 6 Beauftragungsvertrag HzV-Regelwerksprüfung heißt es: „Zur Durchführung der HzV-Regelwerksprüfung werden von der KVB unter Verwendung der o.g. Datengrundlagen im Rahmen der Abrechnungsbearbeitung alle Leistungen gemäß der HzV-Regelwerksziffernkränze gestrichen, die von HzV-Ärzten für HzV-Versicherte zur Abrechnung eingereicht wurden (Nachträge werden dem jeweiligen Abrechnungsquartal zugeordnet); HzV-Arzt und HzV-Versicherter müssen dazu am gleichen HzV-Vertrag teilnehmen. Die Vertragspartner gehen in diesem Fall von offensichtlichen Doppel- bzw. Fehlabrechnungen aus, da der im jeweiligen HzV-Vertrag verpflichtend vorgesehene Abrechnungsweg für die HzV nicht eingehalten wurde.“
27
Die zum 11.05.2019 in Kraft getretene zweijährige Ausschlussfrist (§ 106d Abs. 5 Satz 3 SGB V) wurde eingehalten.
28
Eine nachträgliche Abrechnung der streitgegenständlichen Leistungen durch die Klägerin über die HÄVG ist nach Aussage von L. in der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt.
29
Die Beklagte beanstandet, dass die drei Ärzte der Klägerin trotz Teilnahme am HzV-Vertrag der Beigeladenen zu 1. die streitgegenständlichen Leistungen über die Beklagte abgerechnet haben.
30
Zur Überzeugung der Kammer haben K., S. und L. jedoch nicht am durch Schiedsspruch vom 19.12.2014 festgesetzten, zum 01.04.2015 finanzwirksam gewordenen neuen HzV-Vertrag der Beigeladenen zu 1. (im Folgenden: „HzV-Vertrag 2015“) teilgenommen.
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Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich die Klägerin auf einen etwaigen Vertrauenstatbestand hinsichtlich der Beendigung der Teilnahme von K., S. und L. am HzV-Vertrag der Beigeladenen zu 1. zum 31.03.2015 berufen kann. Die Klägerin argumentiert, sie habe von der HÄVG nach dem 31.03.2015 keine Listen mehr mit eingeschriebenen Patienten der Beigeladenen zu 1. erhalten und habe deshalb davon ausgehen können und müssen, dass die Teilnahme von K., S. und L. am HzV-Vertrag der Beigeladenen zu 1. zum 31.03.2015 beendet worden sei. Die Beigeladene zu 1. behauptet hingegen, dass nach ihrer Information die klägerische Praxis zum 30.06.2014 keine eigenen eingeschrieben Versicherten der Beigeladenen zu 1. mehr gehabt habe. Die Frage eines etwaigen Vertrauenstatbestandes stellt sich jedoch nicht, da sich aus den Regelungen des HzV-Vertrages 2015 keine Teilnahme von K., S. und L. über den 31.03.2015 hinaus ableiten lässt.
32
Zwar nahm K. ab dem 15.03.2012, S. ab dem 15.06.2012 und L. ab dem 12.03.2012 an dem damaligen HzV-Vertrag der Beigeladenen zu 1. teil. Nach der Kündigung des damaligen HzV-Vertrages durch die Beigeladene zu 1. zum 30.06.2014 galt der gekündigte HzV-Vertrag für bereits eingeschriebene Hausärzte – wie die drei Ärzte der Klägerin – aufgrund des Schiedsspruchs vom 05.05.2014 einstweilig weiter.
33
Hinsichtlich des HzV-Vertrages 2015 der Beigeladenen zu 1. gaben K.., S. und L. keine neuen Teilnahmeerklärungen i.S.d. § 4 Abs. 3 HzV-Vertrag 2015 ab. § 22 Abs. 1 des HzV-Vertrages 2015 enthielt jedoch folgende Übergangsregelung für bereits am Vorgängervertrag teilnehmende Versicherte und Hausärzte:
„Für alle Versicherten, in deren Person am Stichtag 1. April 2015 die bislang geltenden Voraussetzungen für die HzV-Teilnahme vorliegen und die in der aktuellen HzV-Versichertendatei enthalten sind, sowie für alle HzV-Hausärzte, die an diesem Stichtag in das aktuelle HzV-Arztverzeichnis aufgenommen sind, gelten folgende Übergangsregelungen:
Sie nehmen auch nach dem 1. April 2015 ohne erneute Abgabe einer Teilnahmeerklärung und eines gesonderten Aufnahmeverfahrens an der HzV-Versorgung nach Maßgabe dieses Vertrages teil, soweit sie nicht nach umfassender Information über die Inhalte dieses HzV-Vertrages einschließlich Belehrung über das ihnen aus besonderem Anlass eingeräumte zweiwöchige Widerrufsrecht bis zum 27. März 2015 in schriftlicher Form Widerspruch gegen ihre weitere Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung nach Maßgabe dieses Vertrages erhoben haben. Bis spätestens 12. März 2015 werden die HzV-Hausärzte vom BHÄV und die HzV-Versicherten von der AOK Bayern entsprechend schriftlich informiert. Die jeweiligen Informationstexte sind zuvor zwischen ihnen einvernehmlich abzustimmen, um eine objektive und ausgewogene Information sicherzustellen.“
34
Entgegen den klaren terminlichen Vorgaben des § 22 Abs. 1 HzV-Vertrag 2015 hat der Beigeladene zu 2. erst mit Telefax vom 31.03.2015 die bereits am HzV-Vertrag teilnehmenden Hausärzte über ihre fortgesetzte Teilnahme am HzV-Vertrag sowie ihr Widerspruchsrecht informiert und ihnen ein Widerspruchsrecht bis zum 17.04.2015 eingeräumt. Indem der Beigeladene zu 2. die (durch Schiedsspruch) vertraglich festgelegten, verbindlichen zeitlichen Vorgaben nicht eingehalten hat, ist die Übergangsregelung des § 22 Abs. 1 HzV-Vertrag 2015 nicht zur Anwendung gebracht worden. Dies hat zur Folge, dass die drei Ärzte der Klägerin nicht ohne erneute Abgabe einer Teilnahmeerklärung und eines gesonderten Aufnahmeverfahrens an der HzV-Versorgung der Beigeladenen zu 1. über den 31.03.2015 hinaus teilnehmen konnten. Auch eine konkludente Abbedingung der vertraglich festgelegten Terminvorgaben war nicht möglich, weil es sich bei dem HzV-Vertrag um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelt (§ 53 Abs. 1 SGB X, vgl. BSG, Urteil vom 25.03.2015, Az. B 6 KA 9/14 R, Rn. 36), mit Schriftformerfordernis (vgl. § 56 SGB X).
35
Infolgedessen sind K., S. und L. nicht über den 31.03.2015 hinaus Teilnehmer des HzV-Vertrages der Beigeladenen zu 1. gewesen. Aus diesem Grund hat die Klägerin auch keine Fehlabrechnung gegenüber der Beklagten vorgenommen, eine Richtigstellung aufgrund der Prüfregel HO11710 (Kassennr. 71101 (AOK Bayern) war nicht veranlasst. Dass die die drei Hausärzte der Klägerin der Weiterleitung ihrer HzV-Arztteilnahmedaten an die Beklagte noch im März 2015 zugestimmt hatten, ist für den Ausgang des Verfahrens unerheblich.
36
Nach alledem war der Klage stattzugeben.
37
Die Kostenentscheidung basiert auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 3 VwGO.