Titel:
Voraussetzungen einer Löschung der Berechtigung an einem Grundstück als Miterbe
Normenketten:
GBO § 19, § 22
BGB § 2032, § 2042
Leitsatz:
Scheidet ein Miterbe durch eine Abschichtungsvereinbarung aus einer Erbengemeinschaft aus, deren Mitglieder als solche im Grundbuch als Eigentümer eingetragen sind, so bedarf es zu seiner Löschung nur seiner Bewilligung, nicht auch der Zustimmung oder der Bewilligung der verbleibenden Miterben. (Rn. 13)
Schlagworte:
Löschungsbewilligung, Miterben, Bewilligung, Grundbuchberichtigung, Ausscheiden eines Miterben, Form, Abschichtungsvereinbarung, Berichtigungsbewilligung, Nachweis der Unrichtigkeit
Fundstellen:
BWNotZ 2025, 105
LSK 2025, 1965
BeckRS 2025, 1965
ZErb 2025, 153
ZEV 2025, 243
RNotZ 2025, 243
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten wird der Beschluss des Amtsgerichts Augsburg – Grundbuchamt – vom 11.12.2024 aufgehoben.
II. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag nicht aus den Gründen des aufgehobenen Beschlusses zurückzuweisen.
Gründe
1
Die Beteiligte begehrt ihre Löschung aus dem Grundbuch als Eigentümerin in Erbengemeinschaft.
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Die Beteiligte ist im Grundbuch zusammen mit zwei weiteren Personen als Eigentümerin von Grundbesitz in Erbengemeinschaft eingetragen. Mit Anwaltsschriftsatz vom 7.6.2024 wurde beantragt, sie insoweit aus dem Grundbuch zu löschen. Beigefügt war die Kopie einer notariell beglaubigten Erklärung der Beteiligten vom 3.6.2024. Danach hätten sich die Miterben dahingehend verständigt, dass die Beteiligte gegen Bezahlung von 45.000 € aus der Erbengemeinschaft ausscheiden könne. Mithin sei zwischen ihnen eine entsprechende Abschichtungsvereinbarung zustande gekommen. Der Geldbetrag sei bereits bezahlt worden, damit sei die Beteiligte aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden. Sie bewillige und beantrage, dass ihr Name, d.h. ihre Berechtigung an der Immobilie im Grundbuch gelöscht werde zugunsten der Miterben; diese sollten an ihrer Stelle eingetragen werden.
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Das Grundbuchamt erließ am 18.7.2024 eine Zwischenverfügung des Inhalts, dass für die Grundbuchberichtigung entweder die Vorlage der über die Abschichtung errichteten notariellen Urkunde als Unrichtigkeitsnachweis erforderlich sei oder die Bewilligung aller Beteiligten, d.h. der ausgeschiedenen Miterbin sowie der verbleibenden Miterben.
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Mit Anwaltsschriftsatz vom 19.8.2024 erklärte die Beteiligte, einer zusätzlichen Bewilligung der übrigen Miterben bedürfe es nicht, da durch die Löschung des Betroffenen deren grundbuchmäßige Rechte nicht nachteilig berührt würden. Aus der Berichtigungsbewilligung ergebe sich schlüssig die Unrichtigkeit des Grundbuchs durch den Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs aufgrund Abschichtung. Beigefügt war die Erklärung vom 3.6.2024 im Original.
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Das Grundbuchamt teilte mit Schreiben vom 29.8.2024 mit, für den Unrichtigkeitsnachweis sei es nicht ausreichend, dass sich eine Tatsache aus einer Bewilligung schlüssig ergebe. Der Nachweis müsse dem Grundbuchamt vorliegen.
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Nach weiterem Schriftverkehr wies es mit Beschluss vom 11.12.2024 den Antrag zurück, da die mit der Zwischenverfügung aufgezeigten Eintragungshindernisse nicht behoben worden seien.
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Mit Anwaltsschriftsatz vom 13.1.2025 hat die Beteiligte unter Verweis auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 19.8.2024 Beschwerde eingelegt.
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Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 16.1.2025 seinerseits unter Bezugnahme auf den Inhalt der Zwischenverfügung nicht abgeholfen.
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Die zulässige Beschwerde ist begründet.
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1. Das Rechtsmittel ist zulässig. Insbesondere ist gegen die Zurückweisung eines auf eine Bewilligung gestützten Berichtigungsantrags die unbeschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO statthaft (BGH NJW 1990, 258/259; Senat FGPrax 2022, 254; Demharter GBO 33. Aufl. § 71 Rn. 28; Hügel/Kramer GBO 5. Aufl. § 71 Rn. 148; Meikel/Schmidt-Räntsch GBO 12. Aufl. § 71 Rn. 76; Schöner/Stöber GBR 16. Aufl. Rn. 484).
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2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
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Gemäß § 19 GBO erfolgt eine Eintragung im Grundbuch, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird. Diese Möglichkeit steht, wie sich aus § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO ergibt, auch dann zur Verfügung, wenn die Eintragung auf eine Berichtigung abzielt (BGH NJW 2012, 3574/3575; Senat FGPrax 2015, 254; Demharter § 22 Rn. 31; Hügel/Holzer § 22 Rn. 16; Meikel/Böttcher § 22 Rn. 96; Schöner/Stöber Rn. 361). Unter den Begriff der Eintragung fällt dabei auch eine Löschung, vgl. § 46 Abs. 1 GBO.
13
Bewilligt wie hier ein Mitglied einer Erbengemeinschaft als solches in der in § 29 Abs. 1 Satz 1 GBO vorgeschriebenen Form seine Löschung, dann ist dies nach § 19 GBO ausreichend, weil ausschließlich sein eigenes Recht betroffen ist. Weder eine Zustimmung nach § 22 Abs. 2 GBO noch eine Bewilligung nach § 19 GBO auch durch die anderen als Eigentümer zur gesamten Hand eingetragenen Miterben ist darüber hinaus erforderlich. Denn diese sind ohnehin bereits als Rechtsinhaber im Grundbuch vermerkt. Somit ist keine neue Eintragung eines Eigentümers vorzunehmen, weshalb § 22 Abs. 2 GBO nicht greift (Böhringer ZEV 2012, 265/266). Auch soweit aus dem Ausscheiden eines Miterben aus der Gemeinschaft für die verbleibenden Mitglieder mittelbar Nachteile folgen können, etwa weil die Grundsteuer nunmehr von weniger Eigentümern aufgebracht werden muss (Schöner/Stöber Rn. 976d), berührt dies nicht deren grundbuchmäßige Stellung (OLG Zweibrücken ZEV 2012, 264/265; Böhringer ZEV 2012, 265/266; Böttcher NJW 2013, 838/842). Allein hierauf kommt es jedoch gemäß § 19 GBO für die Frage an, wessen Bewilligung für die vorzunehmende Eintragung erforderlich ist. Insoweit ist die Rechtslage vergleichbar mit dem Fall des Ausscheidens eines nach § 47 Abs. 2 GBO a. F. eingetragenen Mitglieds einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in dem es für die Löschung nach zutreffender Ansicht ebenso weder der Zustimmung nach § 22 Abs. 2 GBO noch der Bewilligung nach § 19 GBO durch die verbleibenden Gesellschafter bedurfte (Senat FGPrax 2013, 64/65; KG FGPrax 2011, 217; Meikel/Böttcher § 22 Rn. 107).
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Folglich reicht hier die vorgelegte Berichtigungsbewilligung der Beteiligten für die beantragte Löschung insoweit aus; der Nachweis der Unrichtigkeit gemäß § 22 Abs. 1 GBO ist somit nicht erforderlich. Ergänzend ist anzumerken, dass es im Übrigen nicht einmal deren schlüssiger Darlegung bedarf, wenn die begehrte Eintragung wie hier in einer Löschung besteht (Senat FGPrax 2011, 69; BayObLGZ 1952, 321/322; Meikel/Böttcher § 22 Rn. 109; Demharter § 22 Rn. 31; Hügel/Holzer § 22 Rn. 17; Schöner/Stöber Rn. 368).
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3. Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht erforderlich, weil die Beteiligte als Rechtsmittelführerin diese gemäß § 22 Abs. 1 GNotKG zunächst schon von Gesetzes wegen zu tragen hat und ihre diesbezügliche Haftung aufgrund des Erfolgs der Beschwerde gemäß § 25 Abs. 1 GNotKG ebenfalls von Gesetzes wegen erloschen ist. Daher bedarf es auch keiner Geschäftswertfestsetzung.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):
Übergabe an die Geschäftsstelle am 10.02.2025.
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OLG München, 34. Zivilsenat Beschluss vom 30.1.2025