Inhalt

OLG München, Beschluss v. 29.07.2025 – 12 UF 389/25 e
Titel:

Sorgerechtsentscheidungen, Beschwerdewert, Scheidungsvereinbarung, Kosten des Beschwerdeverfahrens, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Zustimmungserfordernis, Gemeinsames Sorgerecht, Rechtsbeschwerde, Gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes, Trennungsvereinbarung, Widerrechtlichkeitsbescheinigung, Aufenthaltswechsel, Sorgerechtsverletzung, Körperliche oder seelische Schäden, Umgangsregelung, Umgangsrecht, Familiengerichte, Rückgabe des Kindes, Unzumutbare Lage, Sorgerechtsstatut

Schlagworte:
Kindesentführung, Sorgerecht, Umgangsrecht, Aufenthaltsbestimmungsrecht, Kindeswohl, Rückführungsverfahren, Widerrechtlichkeit
Vorinstanz:
AG München vom -- – 567 F 624/25
Fundstelle:
BeckRS 2025, 19430

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Ablehnung des Antrags auf Rückführung des Kindes …, geboren am …, wird zurückgewiesen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I. 
1
Die Beteiligten streiten über die Rückführung ihres Sohnes …, geboren am …, in den Bundesstaat … / USA gemäß Art. 12. Abs. 1 des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (im Folgenden: HKÜ).
2
1. Die Beteiligten heirateten am 29.02.2016 in … /USA. Der Antragsteller hat die US-, die Antragsgegnerin die US- und die deutsche Staatsangehörigkeit. Aus der Ehe der beteiligten Eltern ist der gemeinsame Sohn …, geboren am … in … /USA, hervorgegangen. Den Eltern stand zunächst die elterliche Sorge vollumfänglich gemeinsam zu. Am 08.09.2019 trennten sich die beiden Beteiligten und der Antragsteller zog im November 2021 aus dem bisherigen gemeinsamen Haus in … aus.
3
Am 24.02.2020 schlossen die Beteiligten eine Trennungsvereinbarung, die für die hier im Raum stehenden Fragen im Wesentlichen folgende Inhalte hat:
II. KINDER
A. Sorgerecht
Die Ehefrau hat das alleinige physische und rechtliche Sorgerecht (“sole physical and legal custody of the Child“) für das Kind, wobei der Ehemann ein großzügiges Besuchsrecht hat.
B. BESUCHSRECHT
(1) Die Parteien beabsichtigen, dem Ehemann ein großzügiges Besuchsrecht einzuräumen, das der Ehemann und die Ehefrau miteinander abstimmen, so dass eine möglichst enge Beziehung zwischen dem Ehemann und dem Kind aufrechterhalten wird.
Beide Parteien vereinbaren, dass, da das Kind zum Zeitpunkt dieser Vereinbarung erst ein Jahr alt ist und gestillt wird, alle Besuche des Ehemannes mit dem Kind in der Wohnung der Ehefrau stattfinden, bis die Parteien vereinbaren, dass das Kind ein ausreichendes Alter und/oder eine ausreichende Entwicklung erreicht hat, um Besuche beim Beklagten außerhalb der Wohnung der Ehefrau durchzuführen und wie lange. Die Parteien besprechen weitere Besuche von Zeit zu Zeit, mindestens einmal alle sechs Monate, wenn das Kind heranwächst, einschließlich Übernachtungen am Wohnsitz des Ehemannes (vorausgesetzt, das Kind hat sein eigenes/separates Schlafzimmer), wie es dem Wohl des Kindes entspricht. Es wird vereinbart, dass solche Übernachtungen – sobald die Parteien sich einig sind, dass das Kind dazu bereit ist – eine Übernachtung pro Woche nicht überschreiten bis das Kind fünf Jahre alt ist, es sei denn, die Ehefrau hat zusätzliche Übernachtungen schriftlich genehmigt. Darüber hinaus kann der Ehemann das Kind einmal pro Woche von Montag bis Donnerstag von 17:00 bis 19:30 Uhr zum Abendessen zu sich nehmen, wobei er die Ehefrau mindestens 24 Stunden im Voraus über den von ihm gewählten Abend informieren muss. Der Ehemann unternimmt mit dem minderjährigen Kind keine Aktivitäten außerhalb seines oder des Wohnsitzes der Ehefrau, bis das minderjährige Kind fünf Jahre alt ist, es sei denn, die Ehefrau hat diese Aktivität schriftlich genehmigt. Sobald das Kind fünf Jahre alt ist, werden die Parteien weitere Übernachtungen und Aktivitäten mindestens alle sechs Monate besprechen, wenn das Kind heranwächst, einschließlich zusätzlicher Übernachtungen am Wohnsitz des Ehemanns. Es wird auch vereinbart, dass sich bei solchen Übernachtungen kein anderer Erwachsener am Ort des Geschehens aufhält, es sei denn, es handelt sich um die Ehefrau des Ehemanns, und dass jeder Urlaub des Ehemanns mit dem Kind außerhalb des Staates Maryland die vorherige schriftliche Zustimmung der Ehefrau haben muss.
Darüber hinaus vereinbaren die Parteien, dass das Kind stets vegan ernährt werden soll und daher keine der Parteien dem Kind Fleisch zu essen gibt.
(2) Es wird ferner vereinbart, dass keine der Parteien versuchen wird, das minderjährige Kind zu Ungunsten der anderen Partei zu beeinflussen. Jede Partei wird so weit wie möglich zusammenarbeiten, um diese Absichten zu verwirklichen, vorausgesetzt jedoch, dass die Ausübung des Besuchsrechts durch den Ehemann weder den Schul-/Vorschulplan des Kindes noch die zuvor in gutem Glauben erstellten Pläne für seine Aktivitäten beeinträchtigt und dass alle Besuche unter gebührender Berücksichtigung der Gesundheit und des allgemeinen Wohlergehens des Kindes erfolgen. Der Ehemann informiert die Ehefrau mindestens 24 Stunden im Voraus, wenn er das Kind in der ehelichen Wohnung abholt. Die Ehefrau wird diesem Umgang kooperieren und ihn fördern.
Die Parteien sind sich ferner darüber einig, dass jede Partei, sobald das Kind alt genug ist, freien und ungehinderten Zugang zu jedem Kind hat und mit ihm telefonieren kann.
4
Die Antragsgegnerin reichte am 22.12.2021 Scheidungsantrag ein; seit Mai 2022 sind die Beteiligten rechtskräftig geschieden. Im Scheidungsverfahren wurde die Scheidungsvereinbarung vom 24.02.2020 gerichtlich bestätigt.
5
Nach der Scheidung wollte der Antragsteller eine Änderung des Umgangsrechts und beantragte beim Gericht in … im August 2022 die geteilte Betreuung („joint custody“) für das Kind.
6
Im August 2022 erfolgte eine Umgangsaussetzung durch die Antragsgegnerin. Nach ihren Angaben habe ihr der Sohn nach einem Übernachtungsbesuch einen sexuellen Übergriff durch den Antragsteller offenbart. Die Mutter begleitete den Sohn zum Kinderarzt; dieser verständigte das Jugendamt. Der Vorfall wurde am 23.08.2022 dokumentiert. Der Sohn wurde seitens der Mutter therapeutisch angebunden.
7
Die Trennungsvereinbarung vom 24.02.2020 wurde dem Bezirksgericht … unter der Fall – … am 29.03.2023 vorgelegt.
8
Am 07.04.2023 wurden durch das Bezirksgericht … folgende Anordnung im Wege einer Consent Order getroffen:
9
Diese Sache kam im Rahmen eines Einigungsgesprächs nach der Urteilsverkündung am 29. März 2023 zur Verhandlung vor dieses Gericht und beide Parteien sind mit ihrem Rechtsbeistand erschienen und haben im Hinblick auf alle Sachverhalte bezüglich des Antrags der Antragstellerin zur Änderung des Umgangsrechts des Antragsgegners gegenüber dem minderjährigen Kind, des Antrags der Antragstellerin auf Anerkennung eines Verstoßes gegen einen Gerichtsbeschluss seitens des Antragsgegners und/oder, alternativ auf Durchsetzung des Gerichtsbeschlusses zum Kindesunterhalt und des Antrags des Antragsgegners zur Änderung des Sorgerechts, Umgangsrechts und des Kindesunterhalts (die besagten Anträge werden im Nachfolgenden zusammen als „die Anträge“ bezeichnet) eine Einigung erzielt.
10
Es wird am heutigen 07. April 2023 durch das Bezirksgericht des Bezirks …, hiermit
ANGEORDNET, dass der Kläger (Anm. = Mutter) weiterhin das alleinige physische und rechtliche Sorgerecht für das minderjährige Kind der Parteien, …, behält;
ANGEORDNET, dass beaufsichtigte Umgänge stattfinden (wird im Einzelnen ausgeführt)
und es wird weiter ANGEORDNET, dass die Klägerin in der Lage sein soll, mit … nach Deutschland zu reisen, um an dem goldenen Hochzeitstag von … Großeltern dabei zu sein, dies für 2 Wochen in der Zeit zwischen dem 21. Februar 2024 und 14. März 2024; die Klägerin teilt dem Beklagten bis spätestens 31. Dezember 2023 mit, welche zwei Wochen sie wählt .
Es wird ferner BESCHLOSSEN, dass die Parteien im Einvernehmen mit ihren Anwälten den Anwalt für Kinderprivilegien, …, zum Zweck der Freigabe der Therapieunterlagen des Kindes dem Gericht und den Parteien zur Verfügung zu stellen und bei der unten genannten Anhörung zur Überprüfung vorlegen.
und es ist ferner ANGEORDNET, dass eine Überprüfungsanhörung vor diesem Gericht vor einem Richter frühestens am 15. März 2024 und spätestens am 30. April 2024 (im Folgenden „Überprüfungsanhörung“ genannt) erfolgt, um das weitere Umgangsrecht des Beklagten zum Wohle von … zu bestimmen, basierend auf Aufzeichnungen des Therapeuten des Kindes, des … Supervised Center, des … Supervised Visitation Program und des … Protective Services, sowie dem … County Court Custody/Visitation Bewertungsbericht vom 10. März 2023 und der psychosexuellen Bewertung des Beklagten, (…) und es wird ferner ANGEORDNET, dass im Falle von glaubhaften Missbrauchsvorwürfen von … gegen den Beklagten, die unbeaufsichtigten Besuche des Beklagten nach schriftlicher Mitteilung des Klägers an den Beklagten beendet werden und solche Besuche unter Aufsicht stattfinden, dies nicht später als 30 Tage nach einer solchen schriftlichen Mitteilung an den Beklagten, dies jeden zweiten Sonntag im … County Supervised Visitation Program zu Zeiten, die von den Parteien mit dem Visitation Center festgelegt werden.
es wird ferner ANGEORDNET, dass Herr … bis zum 31. Januar 2024 eine psychosexuelle Beurteilung abschließt und alle Behandlungsempfehlungen befolgt (…)
ANGEORDNET, dass … weiterhin die Therapie bei seinem derzeitigen Anbieter, Dr. …, fortsetzt und alle Behandlungsempfehlungen befolgt (…)“
11
Das Kind lebte bis Februar 2024 bei der Antragsgegnerin in … /USA. … besuchte die … Elementary School in … .
12
Im Februar 2024 (nach Angaben der Mutter am 14.02.2024, nach Angaben des Vaters am 21.02.2024) reiste die Antragsgegnerin mit dem Sohn nach Deutschland. Die Antragsgegnerin kehrte entsprechend ihrer Planung mit dem Kind nicht in die USA zurück; die Mutter meldete sich und … am 15.02.2024 als in … wohnhaft an.
13
Der Antragsteller stellte am 05.04.2024 beim BEZIRKSGERICHT FÜR … COUNTY, … einen Antrag auf Eilgewahrsam; am 18.04.2024 reichte er einen geänderten Dringlichkeitsantrag zur Änderung des Sorgerechts, des Umgangsrechts und des Kindesunterhalts beim zuständigen Bezirksgericht … ein.
14
Am 22.04.2024 wurde dem Antragsteller auf seine Anträge hin in einer „Notentscheidung“ vorläufig das alleinige rechtliche und psychische Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn zugesprochen.
15
Am 27.09.2024 (Anlage 9 der Antragsschrift) wurde abschließend über das alleinige Sorgerecht des Vaters entscheiden; gleichzeitig wurde die Antragsgegnerin wegen Missachtung des Gerichts verurteilt, und es wurde ein zivilrechtlicher Haftbefehl gegen die Antragsgegnerin erlassen.
16
Auf Antrag des Antragstellers erging durch das Bezirksgericht … County, …, am 27.09.2024 folgende SORGERECHTSANORDNUNG
ANGEORDNET, dass dem Beklagten/Gegenkläger … [nachfolgend „der Beklagte“ oder „der Vater“ genannt] das alleinige gesetzliche und primäre Sorgerecht für das minderjährige Kind der Parteien, nämlich … (5 Jahre) [nachfolgend „das Kind“ genannt] zugesprochen wird, und dass ferner;
ANGEORDNET, dass die Klägerin/Gegenbeklagte … (vormals …) [im Folgenden „die Klägerin“ oder „die Mutter“] Anspruch auf beaufsichtigte Besuche des Kindes bis zu zweimal pro Woche hat, wobei die Kosten der Aufsicht von der Klägerin zu tragen sind;
ANGEORDNET, dass der Kläger nach dem erfolgreichen Abschluss von sechs Monaten beaufsichtigter Besuche mit dem Kind eine Überprüfung des beaufsichtigten Zugangs beantragen kann. Und weiter:
ANGEORDNET; dass das Gericht ausdrücklich die Einschaltung eines geeigneten Polizeibeamten zur Unterstützung bei der Überstellung des Kindes nach … genehmigt. Derartige Polizeibeamte sind befugt, alle notwendige und angemessene Gewalt anzuwenden, um die Rückführung des Kindes nach … zu erwirken.
17
2. Mit Antrag vom 17.11.2024 (Bl. 1 ff. d. AG-A.) begehrte der Antragsteller den Erlass einer Rückführungsanordnung nach dem HKÜ. Zur Begründung wird vorgetragen, die Verbringung des Kindes am 21.02.2024 sei gegen seinen Willen geschehen. Die Ausreise des Kindes habe nicht bereits am 14.02.2024 stattgefunden. In der Scheidungsvereinbarung vom 24.02.2020 sei zwar das alleinige Sorgerecht der Antragsgegnerin zugesprochen, ihm hingegen sei ein Umgangskontakt zugebilligt worden. Nach dem Rechtsverständnis der USA stelle eine Beeinträchtigung des Umgangsrechts eine Verletzung seines Sorgerechts dar. Deshalb habe die Antragsgegnerin bei der Verbringung des Kindes widerrechtlich gehandelt. Denn sie sei nicht berechtigt gewesen, den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes in den USA zu verändern. Ihr sei lediglich auf der Grundlage der Scheidungsvereinbarung gestattet gewesen, das Kind für einen Zeitraum von zwei Wochen innerhalb der Grenzen des 21.02.2024 und 14.03.2024 zu einer Familienfeier der Großeltern mit nach Deutschland zu einem Besuch mitzunehmen. Diese Festlegung in der Vereinbarung, nach der der Antragsteller dieser Besuchsreise vorher zustimmen musste, belege, dass er das Recht habe, über Auslandsreisen mitzuentscheiden. Dies müsse umso mehr für einen dauerhaften Wegzug des Kindes gelten. Insoweit könnten die Beteiligten nur gemeinsam über den Aufenthalt des Kindes einvernehmlich bestimmen. Ein Missbrauch des Kindes habe nicht stattgefunden. Sowohl das Familiengericht wie auch die Strafverfolgungsbehörden hätten ihre Vorwürfe fallengelassen, und ein Sexualpsychologe habe keine entsprechenden Neigungen bei dem Antragsteller festgestellt. Die Befürchtungen der Antragsgegnerin, dass sie bei der Einreise in die USA wegen Kindesentführung inhaftiert werde, seien unbegründet. Er habe keine entsprechende Anzeige erstattet. Im Übrigen habe das Bezirksgericht in seiner Entscheidung vom 14.03.2025 klargestellt, dass eine Inhaftierung der Antragsgegnerin ausscheide, wenn sie das Kind zurückbringe.
18
Die Antragsgegnerin beantragte die Zurückweisung des Rückführungsantrags (vgl. Bl 10 f. d. AG-A.). Dies deshalb, da die Verbringung und der Verbleib des Kindes in Deutschland nicht widerrechtlich sei. Die Scheidungsvereinbarung vom 24.02.2020 räume der Antragsgegnerin das alleinige Sorgerecht ein. Dem hingegen sei dem Antragsteller lediglich ein Besuchsrecht zugestanden worden. Dies sei am 17.04.2023 in der Consent Order nochmals bestätigt worden, in der der Antragsgegnerin nochmals ausdrücklich das alleinige Sorgerecht zugesprochen worden sei. Diese gerichtliche Vereinbarung enthalte auch keine Regelung, dass ein Aufenthaltswechsel des Kindes von der vorherigen Zustimmung des Antragstellers abhängig sei. Nach dem Umzug nach Deutschland sei hier zwischenzeitlich ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes begründet worden, weil er seit 14.02.2024 hier lebe und seinen Lebensmittelpunkt ausschließlich – auch bereits in den USA – bei der Antragsgegnerin gehabt habe bzw. nunmehr habe. Das Kind besuche hier den Kindergarten und die Vorschule. Er lebe in unmittelbarer Nähe zu seinen hier verwurzelten Großeltern und habe Freundschaften mit anderen Kindern geschlossen. Er sei auch Mitglied in einem Sportverein. Weiterhin bestehe eine schwere physische und psychische Gefahr für das Kind bei einer Rückführung, weil der Antragsteller das Kind im Jahr 2022 im Rahmen eines Übernachtungsbesuchs sexuell missbraucht habe. Deshalb habe das zuständige Gericht angeordnet, dass lediglich unter Aufsicht Umgang mit dem Kind stattfand. Die Antragsgegnerin legte hier neben eidesstattlichen Erklärungen von … über Äußerungen des Kindes vom 21.08.2022, der … vom 19.04.2024 über Äußerungen des Kindes eine eigene Erklärung vom 18.03.2025 sowie einen Bericht des Kinderarztes … über eine Untersuchung des Kindes vom 23.08.2022 und einen Bericht der Dr. … vom psychologischen Dienst aus … vom 18.12.2024 vor. Darüber hinaus liege in den USA ein zivilrechtlicher Arrestbeschluss gegen die Antragsgegnerin vor, weil sie vor dem Gericht nicht erschienen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin bei der Wiedereinreise in die USA sofort inhaftiert werde. Dies würde zu entsprechenden schwerwiegenden psychischen Beeinträchtigungen bei dem Kind führen. Darüber hinaus gehe die Antragsgegnerin davon aus, dass gegen sie ein Verfahren wegen Kindesentführung in den USA betrieben werden könnte. Der Vater des Antragstellers habe angegeben, sie bei den US-Behörden angezeigt zu haben. Sie rechne deshalb, dort strafrechtlich verfolgt zu werden. Auch sei gegen sie eine Klage über 75.000,- US$ anhängig gemacht worden.
19
3. Auf Antrag des Antragstellers erließ das CIRCUIT COURT FOR … COUNTY, … am 14.03.2025 folgende Order:
20
Das Gericht stellt fest, dass die Klägerin, …, nicht befugt war, den ständigen Aufenthalt des minderjährigen Kindes der Parteien, nämlich … (…), als sie das Kind aus den im Gerichtsprotokoll dargelegten Gründen aus dem Bundesstaat entfernte,
und es wird ferner ANGEORDNET, dass dieses Gericht feststellt, dass das Verbringen des Kindes aus dem Staat durch die Klägerin (außerhalb der zwei Wochen, die durch die damals geltende Einverständniserklärung erlaubt waren) ein unrechtmäßiges Verbringen und eine Verletzung des umfassenden Umgangs- und Sorgerechts des Beklagten für das Kind darstellte,
und es wird ferner VERORDNET, dass dieses Gericht feststellt, dass das Verbringen des Klägers und das Zurückhalten des Kindes außerhalb des Staates das umfassende Umgangs- und Sorgerecht des Beklagten für das Kind beeinträchtigt, wie es in der zum Zeitpunkt des Verbringens des Kindes in diesem Fall geltenden Zustimmungsverfügung festgelegt ist,
und es wird ANGEORDNET, dass dieses Gericht feststellt, dass der fortgesetzte Verbleib des Kindes außerhalb des Staates durch den Kläger die Rechte des Beklagten als sorgeberechtigter Elternteil aus den im Gerichtsprotokoll der Anhörung dargelegten Gründen verletzt,
und es wird ferner ANGEORDNET, dass dieses Gericht feststellt, dass, wenn das Kind in die Obhut des Beklagten, …, zurückgegeben wird, das Gericht den Körperpfändungsbeschluss aufhebt und die Anordnung wegen Missachtung aus den im Protokoll dargelegten Gründen zurückweist;
und es wird ferner ANGEORDNET, dass … der „Heimatstaat“ des Kindes im Sinne des Uniform Child Custody Jurisdiction an Enforcement Act bleibt.
21
4. Das Erstgericht stellte dem betroffenen Kind mit Beschluss vom 03.02.2025 (Bl. 15 f. d. Ag-A.) eine Verfahrensbeiständin an die Seite.
22
Die Verfahrensbeiständin hat mit Schreiben vom 28.02.2025 (Bl. 39 ff. d. AG-A.) und das Jugendamt mit Schreiben vom 05.03.2025 (Bl. 42 f. d. AG-A.) erstinstanzlich Stellungnahmen abgegeben. Die Verfahrensbeiständin wies in ihrer Empfehlung darauf hin, dass die Antragsgegnerin im Falle einer Rückführung im Interesse des Kindes dieses in die USA zurückbegleiten solle. Soweit andererseits das Kind in Deutschland verbleibe, sei eine Beibehaltung der Verbindung zum Antragsteller wichtig für das Kind. Das Jugendamt erklärte, dass angesichts des Aufenthalts von fast einem Jahr in Deutschland eine Herausnahme aus dieser Umgebung nicht dem Kindeswohl entspreche.
23
Das Erstgericht hörte im Termin vom 21.03.2025 (Bl. 74 ff. d. AG-A.) zunächst den gemeinsamen Sohn … in Anwesenheit der Verfahrensbeiständin und sodann die beteiligten Eltern, das Jugendamt und die Verfahrensbeiständin an.
24
Das Kind … hat in der Kindesanhörung angegeben, dass er gerne hier bei seiner Mutter lebe. Er gehe in Schule und Kita und habe viele Freunde gefunden. Er wolle einmal Astronaut werden. Falls er in die USA zurückkehren müsse, habe er dort keine Freunde. Wenn, dann wolle er nur mit seiner Mutter zusammen zurück. Mit seinem Vater habe er zuletzt jetzt vor der Verhandlung gesprochen. Seine Mutter wolle nicht, dass er mit seinem Vater telefoniere.
25
Im Termin vom 21.03.2025 schlossen die Beteiligten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rückführungsverfahrens in der Verhandlung vom 21.03.2025 eine Umgangsvereinbarung, nach welcher eine Kontaktaufnahme zum Kind über Zoomcall und Facetime jeweils samstags ab 17:00 Uhr für eine Stunde, sowie zusätzlich mittwochs ab 17:00 Uhr für eine halbe Stunde erfolgen soll.
26
Mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 23.03.2025 (Bl. 80 ff. d. AG-A.) wurde der Rückführungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen. Das Erstgericht bejahte zwar die Widerrechtlichkeit des Verbringens des Kindes am 21.02.2024 i.S.v. Art. 3 Abs. 1 lit. a) HKÜ, vertrat aber die Auffassung, dass die Anordnung der Rückführung des widerrechtlich verbrachten Kindes vorliegend abzulehnen sei, weil davon auszugehen sei, dass die Rückführung des Kindes mit einer schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden sei (Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ). Die Widerrechtlichkeit bestehe, da das alleinige physische und rechtliche Sorgerecht der Antragsgegnerin durch den anschließenden Nebensatz „…wobei der Ehemann ein großzügiges Besuchsrecht hat“ unter einer wesentlichen Einschränkung stehe, die dann in der Scheidungsvereinbarung nachfolgend unter lit. B) näher mit Leben erfüllt worden sei. Eine dauerhafte Übersiedelung der Antragstellerin mit dem Kind nach Deutschland bedeute aber aufgrund der Entfernung und der damit zusammenhängenden Probleme einer hinreichenden Kommunikation mit dem Kind und dessen Bezugspersonen im sozialen Umfeld des bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsortes, dass eine Ausübung der den Kindeseltern gemeinsam zustehenden Teilbereiche der elterlichen Sorge, wie hier dem als Mitsorgerecht zu interpretierenden „großzügigen Besuchsrecht “ des Antragsgegners, tatsächlich unmöglich gemacht werde. Denn die Ausgestaltung dieses Besuchsrechts des Antragstellers sei sehr detailliert erfolgt, setze aber immer einen gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes an dem bisherigen Wohnsitz in …, mindestens jedoch in einer erreichbaren näheren Umgebung zum Antragsteller voraus, wenn das Besuchsrecht faktisch nicht leerlaufen solle. Für diese Auslegung der Reichweite der Scheidungsfolgenvereinbarung spräche auch der Umstand, dass in der gerichtlichen Bestätigung vom 07.03.2023 ergänzend ausdrücklich ein Zustimmungserfordernis für das Verbringen des Kindes schon allein zu einem wenn auch nur vorübergehenden Besuch, nämlich die goldene Hochzeit der Großeltern in Deutschland, statuiert worden sei. Da die Parteivereinbarung insoweit durch eine ausdrückliche gerichtliche Anordnung ergänzt worden sei, komme diesem faktischen Ausreiseverbot, welches der Sicherung des Umgangsrechts des Antragstellers diene, eine gewichtigere Bedeutung bei der Auslegung des Rechts des Herkunftslandes zu und erfülle insoweit auch die Anforderungen der deutschen Rechtsprechung zu einem gerichtlich angeordneten Beschränkung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf das Inland, also auf den Herkunftsstaat (vgl. KG, Beschluss vom 02.03.2015, Gz: 3 UF 156/14). Die Widerrechtlichkeit des Handelns der Antragsgegnerin werde auch in der gerichtlichen Entscheidung vom 14.03.2025 (siehe oben) des Bezirksgerichts … County bescheinigt. Auch wenn sich die Feststellung der Unrechtmäßigkeit des Handelns der Antragsgegnerin nicht ausdrücklich auf den Wortlaut des Art. 3 HKÜ bezieht, sei hierin dennoch eine Widerrechtlichkeitsbescheinigung i.S.v. Art. 15 HKÜ zu sehen. Zur Überzeugung des Gerichts liege aber ausreichend belegt durch die von der Antragsgegnerin vorgelegten Dokumente die konkrete Gefahr vor, dass das Kind im Falle einer Rückführung psychologische Schäden erleide (Art. 13 Abs. 1 lit b) HKÜ). Eine schwerwiegende Gefahr des Kindes setze hierbei die Befürchtung einer besonders erheblichen, konkreten und aktuellen Beeinträchtigung des Kindeswohls voraus, die über die mit der Rückführung gewöhnlich verbundenen Schwierigkeiten hinausgehen (vgl. OLG Hamburg, NJW 2014, 3373). Auch wenn der Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 HKÜ („nachweist“) eine volle Beweislast der Antragsgegnerin nahelegen würde und insoweit der Amtsermittlungsgrundsatz des deutschen FamFG durch das HKÜ eingeschränkt sei, müsse vorliegend im Lichte des Art. 8 Abs. 1 EMRK von einem ausreichenden Nachweis durch die vorgelegten Dokumente durch die Antragsgegnerin ausgegangen werden, dass im Falle der Rückführung eine konkrete Verschlechterung des psychischen Zustandes des Kindes eintreten könne bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Darüber hinaus bestehe die Gefahr einer Inhaftierung der Antragsgegnerin. Unabhängig von dem Umstand, dass die Antragsgegnerin angesichts dieser drohenden Inhaftierung wegen des Verbots aus Art. 16 Abs. 2 GG gerichtlich nicht zu einer Begleitung des Kindes bei der Rückführung verpflichtet werden könne, ginge ein solches Erlebnis sicherlich über das normale Maß an Beeinträchtigung hinaus, das dem Kind zuzumuten sei (Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ).
27
Auf das erstinstanzliche Vorbringen, die Vermerke und die Entscheidung wird Bezug genommen.
28
5. Mit Beschwerde vom 07.04.2025 (Bl. 115 ff. d. AG-A.) beantragt der Antragsteller die Aufhebung der Entscheidung vom 23.03.2025 und die Rückführung des Kindes in die USA.
29
Der Antragsteller meint, dass das Amtsgericht zutreffend festgestellt habe, dass die Antragsgegnerin das Kind widerrechtlich i. S. d. Art. 3 HKÜ in Deutschland zurückhalte. Die Jahresfrist des Art. 12 HKÜ sei bei Antragstellung noch nicht abgelaufen gewesen, so dass die Rückführung des Kindes anzuordnen sei. Der Antragsteller habe weder einem dauerhaften Verbleib des Kindes in Deutschland zugestimmt, noch habe er sein Sorgerecht i. S. d. Art. 13 I a) HKÜ nicht „nicht ausgeübt“. Eine Gefahr für das Kind gem. Art. 13 I b) HKÜ sei von der Antragsgegnerin, die hierfür beweispflichtig ist, schon nicht nachgewiesen worden; sie bestehe auch tatsächlich nicht. Der Antragsteller habe seinen Sohn nie sexuell missbraucht. Das Gericht in … habe sich mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt. Das örtliche Jugendamt habe entsprechende forensische Untersuchungen durchgeführt und das Verfahren gegen den Antragsteller daraufhin eingestellt. Die von der Antragsgegnerin im September 2022 erhobenen Anschuldigungen seien haltlos. Die Belastung des Kindes, sofern sie festgestellt werden konnte, würde auf diesen Vorwürfen seitens der Mutter beruhen, welche beim Kind offensichtlich auch nach zweieinhalb Jahren, in denen es ausgeschlossen sei, dass Missbrauchshandlungen erfolgt seien, noch immer präsent seien. Eine Rückführung des Kindes in die USA könne schon deshalb zu keiner Verschlechterung des psychischen Zustands oder einer Gefahr führen, weil die Belastung auch bei einem Verbleib in Deutschland und ohne jeden persönlichen Kontakt zum Vater bestehe. Es bestehe eine innige und stabile Vater-Kind-Beziehung.
30
Die Antragsgegnerin beantragt, unter Aufrechterhaltung des Beschlusses des Amtsgerichts München vom 24.03.2025 zum Az.: 567 F 624/25 die Beschwerde zurückzuweisen.
31
Die Antragsgegnerin führt aus, dass das Kind sich weder widerrechtlich in Deutschland aufhalte, noch werde es widerrechtlich in Deutschland i.S.d. Art. 3 HKÜ zurückgehalten. Bereits die Scheidungsvereinbarung vom 24.02.2020 räume der Mutter das alleinige physische und rechtliche Sorgerecht ein. Demgegenüber sei dem Vater ein nur sehr eingeschränktes Besuchsrecht zugestanden worden, welches darüber hinaus zum Wohl des Kindes durch die Mutter als alleinige Hauptbezugsperson des Kindes einseitig eingeschränkt werden konnte (Punkt II. lit. B. 1. der Scheidungsvereinbarung). Dem Vater habe seit der Geburt des gemeinsamen Sohnes zu keinem Zeitpunkt ein „großzügiges Besuchsrecht“ zugestanden, welches sogar als Mitsorgerecht zu interpretieren wäre. Das physische Sorgerecht beziehe sich auf das Recht, das Kind tatsächlich zu betreuen und bei sich zu haben, d.h. entscheiden zu dürfen, wo das Kind hauptsächlich lebt und wer die täglichen Entscheidungen für das Kind trifft; das psychische Sorgerecht umfasse die Verantwortung für die emotionale und geistige Entwicklung – beides habe bei der Mutter gelegen. Die Consent Order enthalte darüber hinaus keine „Non-Removal“-Klausel, welches nach USamerikanischem Verständnis, einen Umzug des Kindes aus dem Bundesstaat seines gewöhnlichen Aufenthaltes oder den Gerichtsbezirk untersagt. In der Regel ist diese Klausel bei USamerikanischen Sorgerechtsentscheidungen dann zu finden ist, wenn ein Elternteil das alleinige physische und psychische Sorgerecht ausübt und ein Umzug mit dem alleinsorgenden Elternteil verhindert werden soll. Darauf wurde vorliegend verzichtet. Das in der Consent Order enthaltene Zustimmungserfordernis für die Ende Februar 2024 geplante Reise von Mutter und Kind zur goldenen Hochzeit der Großeltern mütterlicherseits nach Deutschland diene in dem Kontext insofern nur der Klarstellung, weil es in der Vergangenheit zwischen den damals schon hochstrittigen Eltern zu Umgangsstreitigkeiten gekommen sei, nicht zuletzt aufgrund des nachgewiesenen sexuellen Kindesbrauchs durch den Vater. In das Zustimmungserfordernis ein faktisches Ausreiseverbot zu interpretieren sei eine überdehnte Auslegung, die vom ursprünglichen Sinn und Zweck weit entfernt sei. Wolle man das alleinige Sorgerecht der Mutter einschränken, wäre eine „Non-Removal“-Klausel folgerichtig gewesen; dies dürfte dem US-Gericht klar gewesen sein. Die Mutter und der gemeinsame Sohn würden sich seit dem 14.02.2024 in Deutschland/… befinden. Der gemeinsame Sohn besuche seit etwa 1,5 Jahren unter anderem den Kindergarten und tageweise aufgrund seiner manifestierten Hochbegabung bereits die Schule. Die Ausreise von Mutter und Kind nach Deutschland habe schließlich nicht erst aufgrund der stattfindenden goldenen Hochzeit der Großeltern mütterlicherseits stattgefunden, so wie es in dem Consent Order festgehalten war. Der finale Entschluss zur Ausreise nach Deutschland habe vielmehr aufgrund des von den US-Behörden bis dato nicht in rechtsstaatlicher Hinsicht aufgearbeiteten sexuellen Missbrauchs durch den Vater, mithin zum Schutz des Kindes, basiert. Die von dem Vater später vor dem Bezirksgericht … County erwirkte Entscheidung vom 27.09.2024 über die Änderung des Sorgerechts, mit der dem Vater das alleinige Sorgerecht übertragen wurde, sei im Hinblick auf die Widerrechtlichkeit nach Art. 3 HKÜ zwar grundsätzlich unbeachtlich – wenn man von einem widerrechtlichen Verbringen des Kindes nach Deutschland ausgeht. Allerdings habe das vorgenannte Verfahren wesentliche Grundsätze des inländischen Verfahrensrechts unterlaufen, in dem wesentliche rechtsstaatliche Prinzipien für einen fairen Ablauf von Gerichtsverfahren missachtet worden seien. Dies treffe insbesondere auf den Verfahrensgrundsatz auf rechtliches Gehör zu, nach dem jede/r Verfahrensbeteiligte/r – in diesem Fall sowohl die Mutter, als auch der gemeinsame Sohn – das Recht hat, in einem Verfahren gehört zu werden und sich zu äußern. Die von dem Vater vorgelegte Entscheidung des Bezirksgerichts … County vom 14.03.2025 über die Widerrechtlichkeit würden ähnliche grundsätzliche rechtsstaatliche Bedenken entgegenstehen. So spräche gegen eine Bindung an die Bescheinigung, dass diese ohne Beteiligung der Mutter und ohne Beteiligung des Kindes ausgestellt worden sei. Eine Rückführung wäre nach wie vor mit einer schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen und seelischen Schadens für das Kind verbunden, Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ. Die schwerwiegende Gefahr bestehe tatsächlich und sei durch die von der Mutter erstinstanzliche vorgelegten Dokumente ausreichend nachgewiesen worden. Der sexuelle Missbrauch durch den Vater und die daraus resultierende Traumatisierung des Kindes habe nachweislich stattgefunden. Gegen eine Rückführung des Kindes bestehe nicht nur eine latente Wiederholungsgefahr eines sich wiederholenden Missbrauchsvorfalls durch den Vater, sondern auch eine Retraumatisierung des Kindes. Das Amtsgericht sei zutreffend zu der Überzeugung gelangt, dass eine Rückführung des Kindes mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einer Trennung von Mutter und Kind führe. Unstreitig sei die Beschwerdegegnerin seit der Geburt des gemeinsamen Sohnes die alleinige Hauptbezugsperson, daran habe sich auch heute nichts geändert. Die Fachkräfte seien sich insofern einig und hätten unmissverständlich deutlich gemacht, dass eine Trennung von Mutter und Kind mit einer schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen und seelischen Schadens für das Kind verbunden i.S.d. Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ verbunden sei. Es existiere nach wie vor ein Haftbefehl gegen die Mutter. Diese Tatsache begründe schon als solche die Unzumutbarkeit einer Rückführung.
32
Das Jugendamt durch Herrn … am 29.04.2025 (Bl 81. d. OLG -A.) führt an, dass das Kind ohne Mutter, die die Hauptbezugsperson des Kindes darstelle, nicht zurückgeführt werden solle. Auch müsse sichergestellt sein, dass Mutter und Kind bei einer Einreise in die USA nicht getrennt werden, z.B. durch eine strafrechtliche Verfolgung der Mutter. Der Unterhalt bzw. die Sicherung des Lebensunterhaltes von Mutter und Sohn müsse gewährleistet sein. Auch sollten der Umfang und die Ausgestaltung der Umgänge zum Vater klar geregelt werden, um Sicherheit für das Kind herzustellen.
33
Die Verfahrensbeiständin wies am 02.05.2025 (Bl. 82 f. d. OLG-A.) darauf hin, dass sich aus den Beobachtungen des Zusammentreffens von Vater und Sohn keine Anhaltspunkte für eine schwerwiegende Gefahr eines seelischen Schadens allein durch ein mögliches Rückführungsszenario erkennen lasse. Gleichzeitig werde unter Kindeswohlgesichtspunkten noch einmal darauf hingewiesen, dass im Falle der Feststellung der Widerrechtlichkeit der Verbringung die Rückführung von Oliver gemeinsam mit der Mutter erfolgen sollte. Auch unter dem Aspekt, den Zustand vor der Verbringung wiederherzustellen, bleibe unbedingt zu berücksichtigen, dass … seinen Vater bereits seit einiger Zeit lediglich im Rahmen begleiteter Umgänge gesehen und somit keine Alltagssituationen mit ihm geteilt habe. Jedenfalls würde eine komplette Trennung … von seiner Mutter als Hauptbezugsperson in seinem Fall die konkrete Gefahr eines seelischen Schadens bergen. Bezüglich des insofern essentiellen Aspekts der Sicherstellung realisierbarer Schutzvorkehrungen im Falle einer Rückführungsverpflichtung sowie anderenfalls der Wichtigkeit ausreichender Ausgestaltung von Umgängen zwischen … und seinem Vater werde auf die Ausführungen vom 28.2.2025 verwiesen.
34
Der Senat hörte den gemeinsamen Sohn am 07.05.2025 in Anwesenheit der Verfahrensbeiständin an. Aus der Anhörung des Kindes ergab sich, dass … seine Eltern mag und sein Wille ist, dass er in Deutschland lebt. Sein größter Wunsch hingegen ist, dass seine Eltern wieder heiraten (Vermerk vom 07.05.2025, Bl. 94 f. d. OLG-A.). Anschließend wurden die Eltern, das Jugendamt und die Verfahrensbeiständin angehört (vgl. Vermerk vom 07.05.2025, Bl. 96 ff. d. OLG-A.). Die Sach- und Rechtslage sowie eine gütliche Einigung erörtert. Eine gütliche Einigung ist in der Folge nicht zustanden gekommen.
35
Der Antragsteller wies nach Scheitern der gütlichen Einigung abschließend darauf hin, dass eine NON-REMOVAL-KLAUSEL gegeben sei. Diese könne auch konkludent in den sorge- und umgangsrechtlichen Regelungen erklärt sein. Eine festgelegte konkrete Formulierung existiere nach dem Recht des Herkunftsstaates hier nicht, weder vom Gesetz bestimmt noch von der Rechtsprechung. Die sorgerechtlichen Bestimmungen müssten vielmehr ausgelegt werden. Die Auslegung des „sole legal and physical custody“ unter Gewährung von Umgang mit dem anderen Elternteil führe dazu, dass die Umgangsregelung Teil der Custody-Regelung und damit des Sorgerechts geworden sei. Ohne die Umgangsvereinbarung wäre die Custody-Regelung so nicht getroffen worden. Es sei im Interesse des Kindeswohls gewollt und vom US-Gericht als erforderlich erachtet worden, dass der regelmäßige Kontakt zwischen Vater und Sohn sichergestellt werde. Dieser anfangs begleitete Umgang sollte gerichtlich überprüft werden – dem habe sich die Antragsgegnerin durch die Entführung entzogen. Ohnehin seien die deutschen Grundsätze der strikten Trennung zwischen Sorgerecht, Aufenthaltsbestimmungsrecht und Umgangsrecht nicht direkt zu übernehmen. Das amerikanische Verständnis gehe vom Zusammenspiel verschiedener das Kind betreffender Regelungsbereiche aus und macht diese voneinander abhängig. Nach dem deutschen Verständnis der inhaltlichen Unabhängigkeit wären die Bereiche lose miteinander verknüpft. In … dagegen bestehe ein enges Zusammenspiel, weshalb die vorliegende Regelung insgesamt als sorgerechtlich zu qualifizieren sei. Es liegt dann eine Sorgerechtsverletzung – und somit Widerrechtlichkeit – auch dann vor, wenn der primär den Umgang betreffende Teil der gerichtlichen Regelung durch das Verbringen oder Zurückhalten verletzt wird. Dass die Regelung bei Zurückhalten des Kindes sorgerechtlich einzuordnen und das Zurückhalten eine Sorgerechtsverletzung sei, hätten alle seither damit befassten amerikanischen Gerichte bestätigt. Auch der Experte … bestätigte dies. Der Auslegung dieser Institutionen ist erhebliches Gewicht beizumessen. Die Mutter benötigte die Bestätigung der Ausreise bereits für einen zweiwöchigen Besuchsaufenthalt. Wenn sie dagegen das Kind auf unbestimmte Zeit in Deutschland zurückhalten dürfte, ohne eine Zustimmung oder gerichtliche Genehmigung erlangt zu haben, würde dies einen nicht auflösbaren Widerspruch darstellen. Die bei Zurückhalten bestehende Regelung beinhalte konkludent eine Non-Removal-Klausel. Vorliegend habe der Circuit Court … County am 14.03.2025 durch Richter … das Zurückhalten … in Deutschland in einer entsprechenden Bescheinigung gem. Art. 15 HKÜ als widerrechtlich qualifiziert. Eine Überprüfung der Widerrechtlichkeitsbescheinigung durch den Zufluchtsstaat ist vom HKÜ nicht intendiert. Dies würde schon dem Beschleunigungsgrundsatz widersprechen. Lediglich offensichtliche Mängel wie auffällige Widersprüche gegen die obergerichtliche Rechtsprechung des Herkunftsstaats würden Gründe darstellen, im Zufluchtsstaat eine Widerrechtlichkeitsbescheinigung des Herkunftsstaats in Zweifel zu ziehen. Derartige Mängel lägen hier nicht vor. Das Urteil sei in einem rechtsstaatlichen Verfahren ergangen. Es habe ein Anhörungstermin stattgefunden. Das Gericht habe das Zurückhalten … in Deutschland klar als widerrechtlich und als Verstoß gegen das Sorgerecht in Maryland beurteilt. Die Widerrechtlichkeitsbescheinigung gem. Art. 15 HKÜ sei in der hiesigen Entscheidung zu berücksichtigen.
36
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Der Vorsitzende hat mit E-Mail vom 15.07.2025 eine Anfrage über die Verbindungsrichter des Haager Netzwerks gestellt und am 23.07.2025 eine Antwort erhalten. Auf die E-Mails wird Bezug genommen.
II. 
37
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.
38
1. Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß § 40 Abs. 2 IntFamRVG in Verbindung mit §§ 58 ff. FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgemäß (§ 40 Abs. 2 IntFamRVG) eingelegt und begründet worden.
39
2. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
40
a) Grundlage für eine Rückführungsanordnung ist das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführungen vom 25.10.1980 (nachfolgend HKÜ).
41
Das HKÜ gilt sowohl für die Bundesrepublik Deutschland als auch für die USA, beide Staaten sind Mitgliedsländer. Der nach Art. 1 HKÜ erforderliche Auslandsbezug ist gegeben, weil das Kind von einem Vertragsstaat in einen anderen Vertragsstaat verbracht worden ist. Der personelle Anwendungsbereich ist eröffnet, weil der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes in einem Vertragsstaat belegen ist (… /USA) und dieses das 16. Lebensjahr nicht vollendet hat, Art. 4 Satz 2 HKÜ.
42
Das Gericht hat nach Art. 12 Abs. 1 HKÜ die sofortige Rückführung des Kindes anzuordnen, wenn die Antragsgegnerin das Kind widerrechtlich im Sinne des Art. 3 HKÜ, nämlich gegen den Willen des anderen Elternteils und unter Verletzung seines tatsächlich ausgeübten Mitsorgerechts nach Deutschland verbracht hat oder – wie hier seit Widerruf der Zustimmung zur vorübergehenden Ausreise – dort zurückhält.
43
Der Begriff des Sorgerechts umfasst nach Art. 5 lit. A. HKÜ die gesamte Personensorge über das Kind, einschließlich der damit verbundenen Rechte und Pflichten, insbesondere das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Im Übrigen ist der Begriff nach dem Übereinkommen autonom, einheitlich und insgesamt weit auszulegen. Das Sorgerecht kann in Form eines Alleinsorgerechts oder auch eines Mitsorgerechts beider Elternteile oder auch eines Elternteils zusammen mit einer Behörde bestehen. Das bloße Umgangsrecht oder eine nur tatsächliche Betreuung des Kindes fallen nicht unter den Begriff des Sorgerechts. Jedenfalls muss das Sorgerecht des verletzten Elternteils schon während der Entführung oder dem Zurückhalten bestanden haben; eine nachträgliche Entscheidung ist nicht ausreichend (BeckOGK/Markwardt, 1.6.2025, HKÜ Art. 3 Rn. 4-11).
44
b) Die Voraussetzungen des Art. 3 HKÜ sind bereits nicht gegeben.
45
Nach Art. 3 Abs. 1 lit. a HKÜ ist jedes Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes dann als widerrechtlich anzusehen, wenn diese Handlungen eine Verletzung eines Sorgerechts darstellen, das wiederum nach dem hierfür zur Anwendung berufenen Statut des Staates des vorherigen gewöhnlichen Aufenthalts hinsichtlich Rechtsgrundlage, Inhaberschaft und Umfang zu bestimmen ist (BeckOGK/Markwardt, 1.6.2025, HKÜ Art. 3 Rn. 3). Die Beeinträchtigung eines bloßen Umgangsrechts oder einer tatsächlichen Betreuung reicht nicht aus (Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack/Erb-Klünemann, BGB Allgemeiner Teil/EGBGB, 4. Auflage 2021, HKÜ Art. 3 Rn. 2). Daher kann ein Rückführungsverlangen nach Art. 12 nicht darauf gestützt werden, dass durch den vom Sorgeberechtigten einseitig vorgenommenen Umzug mit dem Kind in einen anderen Staat dem anderen Elternteil die Wahrnehmung seines Umgangsrechts erschwert werde (OLG Koblenz NJW 2008, 238, 239). Daran ändert sich auch nichts, wenn dem umgangsberechtigen Elternteil nach der Entführung das Sorgerecht zugesprochen wird, da es auf die Widerrechtlichkeit im Zeitpunkt des Verbringens ankommt (Hausmann IntEuFamR/Hausmann, 3. Aufl. 2024, U. Rn. 121).
46
(1) Der Umfang des Sorgerechts richtet sich nach dem zur Anwendung berufenen Sorgerechtsstatut. Damit bestimmt das anzuwendende Sachrecht des jeweiligen Vertragsstaates, ob der jeweils allein- oder mitsorgeberechtigte Elternteil mit dem Kind den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts (= Herkunftsstaat) nur mit Zustimmung des anderen Elternteils oder der Behörde bzw. des Gerichts verlassen darf oder nicht.
47
Nach der Rechtslage im Bundesstaat … steht den Eltern, wenn sie verheiratet sind das gemeinsame Sorgerecht als Teil der persönlichen Rechte zunächst ohne weiteres zu, § 5-203 (a)(1) FamG.
48
Nach § 5-203 (d)(1) Familiengesetz kann ein Gericht, sofern die Eltern getrennt leben, für ein minderjähriges Kind einem Elternteil das alleinige oder beiden Elternteilen das gemeinsame Sorgerecht erteilen. Die elterliche Sorge (custody) steht grundsätzlich unter der Maxime des Kindeswohls. Zu unterscheiden ist zwischen der »legal custody«, welche die Entscheidungsmacht über sämtliche bedeutenderen Belange des Kindes betrifft, und der »physical custody« oder »physical care«, die sich auf die alltäglichen, routinemäßigen Fragen der Kindeserziehung bezieht.
49
Nach § 5-204 (b)(1) Familiengesetz hat das minderjährige Kind seinen Wohnsitz bei Getrenntleben der Eltern bei dem Elternteil, dem das Sorgerecht erteilt wurde.
50
In … haben beide Elternteile grundsätzlich das Recht und die Pflicht, Umgang mit ihrem Kind zu haben, unabhängig davon, wer das Sorgerecht innehat. Ein Verstoß gegen die getroffene Umgangsregelung liegt vor, wenn ein Elternteil ohne triftigen Grund von der gerichtlich festgelegten Umgangsregelung abweicht, z.B. wenn er das Kind nicht zu den vereinbarten Zeiten übergibt oder den Umgang grundlos verweigert. Bei einem Verstoß kann der betroffene Elternteil beim Familiengericht einen Antrag auf Durchsetzung der Umgangsregelung stellen. Das Gericht kann dann Ordnungsstrafen verhängen, um den Elternteil zur Einhaltung der Umgangsregelung zu bewegen.
51
Zur Sicherung des Umgangsrechts kann ferner eine NON-REMOVAL-Klausel oder eine NO-EXEAT-Klausel vereinbart werden mit der Folge, dass bei Verstoß eine Rückführung nach dem HKÜ begehrt werden kann. Hat die antragstellende Partei das gesetzliche oder private Recht, einem Aufenthaltswechsel in das Ausland zu widersprechen (sog. non removal clause) oder besteht eine entsprechende behördliche oder gerichtliche Entscheidung – typisch ist hier die Anordnung, dass das Kind Mündel des Gerichts wird (sog. ward of the court) bzw. eine Verpflichtung, den Aufenthalt des Kindes nicht ohne Zustimmung des Gerichts oder der Behörde zu verlegen (sog. ne exeat Klausel) –, so genügt dies als Sorgerecht im Sinne des Art. 3, wobei der Elternteil antragsberechtigt ist (Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack/Erb-Klünemann, BGB Allgemeiner Teil/EGBGB, HKÜ Art. 3 Rdnr. 3). Ob dieses Zustimmungserfordernis für eine Aufenthaltsverlegung dogmatisch als „Mitsorgerecht“ oder nur als Einschränkung der Ausübung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zu qualifizieren ist, kann dahinstehen; denn ein eigenmächtiger Umzug mit dem Kind in ein anderes Land begründet auf jeden Fall einen Verstoß gegen das Verbot, ohne Zustimmung der anderen Sorgeberechtigten das Land mit dem Kind nicht zu verlassen, und ist daher als widerrechtlich anzusehen (BeckOGK/Markwardt, HKÜ Art. 3 Rn. 30).
52
Ferner regelt das Familiengesetz den Fall der Verweigerung der Personensorge oder des Umgangs auf der Grundlage eines wahrscheinlichen Missbrauchs oder wahrscheinlicher Vernachlässigung (§ 9-101 f.).
53
(2) Mit der Trennungsvereinbarung vom 24.02.2020, bestätigt im Scheidungsverfahren, wurde der Antragsgegnerin das alleinige physische und rechtliche Sorgerecht für den gemeinsamen Sohn übertragen. Ferner wurde der Umgang zwischen dem Antragsteller und dem gemeinsamen Sohn geregelt. Es findet sich in der Trennungsvereinbarung keine Regelung dazu, dass der Antragsteller das Recht erhalten hat, einem Aufenthaltswechsel in das Ausland zu widersprechen (sog. non removal clausel). Auch wurde keine Verpflichtung der Antragsgegnerin in der Trennungsvereinbarung geregelt, den Aufenthalt des Kindes nicht ohne Zustimmung des Gerichts oder der Behörde zu verlegen (sog. ne exeat Klausel).
54
(3) Auch in der Consent Order vom 07.04.2023 findet sich entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine non removal – bzw. keine non exeat Klausel.
55
Aufgrund der Einigung der Eltern wurde vielmehr verfügt, dass die Antragsgegnerin weiterhin das alleinige physische und rechtliche Sorgerecht für das minderjährige Kind der Parteien, …, behält und der Umgang des Antragstellers nunmehr alle 14 Tage sonntags für die Dauer einer Stunde begleitet sowie beaufsichtigt an bestimmten Tagen stattfindet. Ferner wurde geregelt, dass die Antragsgegnerin in der Lage sein soll, mit … nach Deutschland zu reisen, um an dem goldenen Hochzeitstag von Olivers Großeltern dabei zu sein, dies für zwei Wochen in der Zeit zwischen dem 21. Februar 2024 und 14. März 2024. Des Weiteren wurden Maßnahmen zur Überprüfung des vorgetragenen Missbrauchs des Kindes angeordnet, um abschließend im Überprüfungstermin über das weitere Umgangsrecht des Antragstellers entscheiden zu können.
56
Hauptgegenstand der Consent Order ist demnach die einschränkende Regelung des Umgangsrechts des Antragstellers und die Regelung der Schutzmaßnahmen. Eine sorgerechtliche Einschränkung ist durch die Gestattung der Reise der Antragsgegnerin mit dem Kind anlässlich der goldenen Hochzeit nicht erfolgt. Die Consent Order war erforderlich zum Schutz des Kindes und zur Aufklärung des Sachverhalts anlässlich des Missbrauchsvorwurfs. Der Wortlaut der Regelung zur Gestattung des Besuchs statt generellem Verbot des Aufenthaltswechsels als auch die Sytematik – Regelung innerhalb der Umgangsregelungen eben nicht unter der Verfügung zum Sorgerecht – spricht gegen eine non removal Klausel, auch gegen eine konkludent vereinbarte, wie vom Antragsteller zuletzt geltend gemacht. Da der nicht abgesprochene Besuch des Kindes in Deutschland bedeutet hätte, dass der Umgang des Antragstellers nicht durchgeführt hätte werden können, war diese Regelung in Form der Gestattung des Besuchs zur Vermeidung der Verletzung des Umgangsrechts auch durchaus sinnvoll.
57
Durch den Verbringung des Kindes nach Deutschland gegen den Willen des Vaters hat die Mutter zwar das Umgangsrecht, nicht aber wie von Art. 3 HKÜ gefordert das Sorgerecht verletzt.
58
(4) Diese Einschätzung ändert sich auch nicht durch die Vorlage der Bescheinigung vom Bezirksgericht … County, … vom 14.03.2025 nichts. Nach Art. 15 Satz 1 HKÜ muss aus der Bescheinigung inhaltlich hervorgehen, dass das Verbringen oder Zurückhalten des Kindes iSv Art. 3 HKÜ rechtswidrig war. Hieran fehlt es bereits.
59
Darüber hinaus darf sich der Senat zwar auf eine Widerrechtlichkeitsbescheinigung stützen und diese ohne weitere Sachprüfung übernehmen; mit der überwiegenden Meinung ist aber eine Bindungswirkung der Widerrechtlichkeitsbescheinigung abzulehnen. Eine Bindung des über die Rückgabe entscheidenden Gerichts würde zwar der Verfahrensvereinfachung dienen. Dagegen spricht aber entscheidend, dass die Rechtswidrigkeitsbescheinigung regelmäßig ohne Beteiligung der antragsgegnerischen Partei des Rückgabeverfahrens ausgestellt wird und eine solche auch nicht zwingend vorgesehen ist (Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack/Erb-Klünemann, BGB Allgemeiner Teil/EGBGB, Art. 15 HKÜ Rn. 5).
60
c) Ergänzend ist auch darauf hinzuweisen, dass die Rückführung des Kindes auch abzulehnen ist, weil die (Ausnahme-)Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 lit. b) HKÜ vorliegen. Das Gericht ist dann nicht verpflichtet, die Rückgabe des Kindes anzuordnen, wenn die Person, die sich der Rückgabe des Kindes widersetzt, nachweist, dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt.
61
Der Senat folgt der zutreffenden und ausführlichen Begründung des Amtsgerichts – Familiengerichtes – München, wonach die Gefahr eines schwerwiegenden Schadens für das Kind besteht.
III. 
62
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus §§ 26 Abs. 4, 20 Abs. 3 Satz 2, Abs. 2 IntFamRVG, § 81 FamFG. Die Entscheidung berücksichtigt die Wertung des § 84 FamFG, nach dem der Beteiligte die Kosten eines ohne Erfolg bleibenden Rechtsmittels trägt, der es eingelegt hat.
63
Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus einer analogen Anwendung des § 45 Abs. 1 FamGKG (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 19.02.2019 – 2 UF 6/19 –, juris Rn. 74; OLG Hamm, Beschluss vom 04.06.2013 – 11 UF 95/13 –, juris Rn. 64).
IV. 
64
Nach § 40 Abs. 2 Satz 4 IntFamRVG findet die Rechtsbeschwerde gegen den vorliegenden Beschluss nicht statt.