Inhalt

VG München, Beschluss v. 06.02.2025 – M 5 E 25.203
Titel:

Amtsärztliche Untersuchung

Normenketten:
VwGO § 123 Abs. 1
BayBG Art. 65 Abs. 2
Schlagwort:
Amtsärztliche Untersuchung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 1899

Tenor

I. Der Antragsteller wird vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss eines (noch durchzuführenden) Hauptsacheverfahrens von der Verpflichtung zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund der Untersuchungsanordnung des Antragsgegners vom 9. Januar 2025 sowie des Schreibens des Antragsgegners vom 31. Oktober 2024 freigestellt.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens zu 1/3, der Antragsgegner zu 2/3.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der 1966 geborene Antragsteller steht als Verwaltungsamtsrat in den Diensten des Antragsgegners. Er war von 21. Februar 2023 bis 31. Mai 2023 dienstunfähig erkrankt und ist nach einem Zeitraum der stufenweisen Wiedereingliederung seit 8. Januar 2024 wieder durchgehend dienstunfähig erkrankt.
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Mit Schreiben des Antragsgegners vom 17. Mai 2024 wurde der Antragsteller zur beabsichtigten amtsärztlichen Untersuchung angehört.
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Mit weiterem Schreiben vom 31. Oktober 2024 übersandte der Antragsgegner dem Antragsteller einen Untersuchungsauftrag an das Gesundheitsreferat vom 25. Oktober 2024 zur Kenntnis.
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Mit Schreiben vom 13. November 2024 teilte das Gesundheitsreferat dem Antragsteller als Untersuchungstermin den 6. Dezember 2024 mit. Diesen nahm der Antragsteller nicht wahr. Mit weiterem Schreiben vom 9. Dezember 2024 setzte das Gesundheitsreferat als neuen Untersuchungstermin den 14. Januar 2025 fest.
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Mit Schreiben vom 10. Dezember 2024 bat der Antragsgegner den Antragsteller um eine kurze Begründung, wieso er den Untersuchungstermin nicht wahrgenommen habe. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2024 teilte der Antragsteller dem Antragsgegner mit, dass er nicht gewusst habe, dass er den Untersuchungstermin habe wahrnehmen müssen und habe sich darüber informiert, ob er den Untersuchungstermin vom 14. Januar 2025 wahrnehmen müsse.
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Mit Schreiben vom selben Tag teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass er an dem anberaumten Termin zur amtsärztlichen Untersuchung teilzunehmen habe. Diese Verpflichtung ergebe sich aus der dienstrechtlichen Treuepflicht, die es gebiete, dass der Betroffene an der Aufklärung des Sachverhalts in Hinblick auf seinen Gesundheitszustand mitzuwirken habe.
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Mit Schreiben vom 9. Januar 2025 wurde der Antragsgegner aufgefordert, seine Untersuchungsanordnung bis 10. Januar 2025 aufzuheben.
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Mit Schreiben vom 9. Januar 2025 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller unter anderem mit, dass der Antragsteller durch die Zusendung eines Gutachtenauftrags von der Untersuchung in Kenntnis gesetzt worden sei. Dem Beamten sei erklärt worden, dass er an dem Untersuchungstermin vom 14. Januar 2025 aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht teilzunehmen habe. Es sei weiterhin vorgesehen, den Beamten amtsärztlich untersuchen zu lassen. Der Beamte werde „angewiesen, sich vom Gesundheitsreferat der Landeshauptstadt M. amtsärztlich untersuchen zu lassen und, falls ein Amtsarzt / eine Amtsärztin dies für erforderlich hält, beobachten zu lassen. Auf Verlangen des Amtsarztes oder der Amtsärztin hat sich [der Beamte] bei Bedarf zudem einer fachärztlichen Zusatzbegutachtung zu unterziehen.“
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Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2025 hat die Antragstellerpartei einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und diesen wie folgt begründet: Der Untersuchungstermin stehe unmittelbar bevor, sodass ein Anordnungsgrund bestehe. Daneben bestehe auch ein Anordnungsanspruch. Das Schreiben des Antragsgegners vom 30. Oktober 2024 in Verbindung mit dem Untersuchungsauftrag stelle schon keine Untersuchungsanordnung dar, da nicht eindeutig die dienstlich-persönliche Weisung entnommen werden könne, sich untersuchen zu lassen. Die Rechtsprechung fordere jedoch, dass der Beamte wissen müsse, was von ihm verlangt werde. Die bloße Übersendung eines Untersuchungsauftrags zur Kenntnisnahme entspreche diesen Anforderungen nicht. Daneben sei der Umfang der Untersuchung auch im Untersuchungsauftrag nicht hinreichend eingegrenzt, da sich diesem weder ein Fachgebiet entnehmen lasse, noch erkennbar sei, dass es sich lediglich um eine orientierende Erstuntersuchung handele. Es bestehe, auch wenn es sich nicht um eine Untersuchungsanordnung handele, dennoch ein Anordnungsanspruch, da der Antragsgegner erkennbar davon ausgehe, dass eine Untersuchungsanordnung vorliege. Die Schreiben vom 20. Dezember 2024 sowie vom 9. Januar 2025 stellten Untersuchungsanordnungen dar, die nach Art und Umfang jedoch nicht eingegrenzt seien. Eine Bestimmung derselben werde den Ärzten überlassen. In der Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2025 werde dies dadurch deutlich, dass die Anordnung die Verpflichtung des Antragstellers enthalte, sich auf Verlangen des Amtsarztes einer fachärztlichen Begutachtung zu unterziehen.
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Die Antragstellerseite hat beantragt,
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Der Antragsteller wird vorläufig von der Verpflichtung der Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung aufgrund den Untersuchungsanordnungen des Antragsgegners vom 31. Oktober 2024, 20. Dezember 2024 und 9. Januar 2025 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens über die Feststellung der Verpflichtung des Antragstellers [richtig anstelle: der Antragstellerin], die Untersuchungsanordnungen des Antragsgegners zu befolgen, freigestellt.
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Der Antragsgegner hat beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
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Da der Untersuchungsauftrag auf die Fehlzeiten des Antragstellers gestützt sei und der Dienstherr die Diagnose der Krankheit nicht erfahren habe, sei eine nähere Eingrenzung von Art und Umfang der Untersuchung nicht möglich. Die Entscheidung darüber, eine Zusatzuntersuchung anzuordnen, sei nicht auf den Amtsarzt delegiert worden. Sollte der Amtsarzt in der ersten Untersuchung zu der Einschätzung gelangen, dass eine Zusatzbegutachtung durch einen Facharzt erforderlich sei, werde sich der Dienstherr dieser Einschätzung mangels eigener ärztlicher Expertise regelmäßig anschließen, sodass es praktikabel sei, diese Möglichkeit bereits in der ersten Untersuchungsanordnung festzuhalten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
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Der Antrag ist zulässig und überwiegend begründet. Er ist mit Blick auf die Untersuchungsanordnung vom 20. Dezember 2024 unbegründet, da es am Vorliegen eines Anordnungsgrunds fehlt.
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1. Der Antrag ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft, weil es sich bei der Anordnung gegenüber einem Beamten, sich gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 1 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) zur Klärung der Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen und, falls ein Amtsarzt dies für erforderlich hält, beobachten zu lassen, mangels unmittelbarer Rechtswirkung nach außen nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 35 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG), sondern um eine gemischt dienstlich-persönliche Weisung handelt. Die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes richtet sich daher nach § 123 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 22.9.2015 – 3 CE 15.1042 – juris Rn. 22).
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Wegen des Gedankens des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes/GG) ist die Untersuchungsanordnung auch selbständig überprüfbar (so BVerfG, B.v. 14.1.2022 – 2 BvR 1528/21 – NVwZ 2022, 401, juris Rn. 17 ff.; nun auch BayVGH, B.v. 24.3.2022 – 6 CE 21.2753 – IÖD 2022, 152, juris Rn. 10; anders noch BVerwG, B.v. 14.3.2019 – 2 VR 5/18 – BVerwGE 165, 65, juris Rn. 18 f.). Denn § 44a VwGO ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass die Vorschrift der Zulässigkeit einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Untersuchungsanordnung nicht entgegensteht, weil die angeordnete ärztliche Untersuchung zu Verletzungen materieller Rechtspositionen führen könnte, die nicht mit den durch die abschließende Sachentscheidung berührten materiellen Rechtspositionen identisch sind und die im Rechtsschutzverfahren gegen eine Zurruhesetzungsverfügung nicht vollständig beseitigt werden könnten (BVerfG, B.v. 14.1.2022 – 2 BvR 1528/21 – NVwZ 2022, 401, juris Rn. 24).
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2. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, das heißt ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, das heißt die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Der Antragsteller hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
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3. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht, nicht jedoch mit Blick auf die Untersuchungsanordnung vom 20. Dezember 2024. Denn diese Untersuchungsanordnung hat sich durch Zeitablauf erledigt.
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Von der Untersuchungsanordnung vom 20. Dezember 2024 gehen – anders als im Fall einer Untersuchungsgrundanordnung mit einer getrennt davon ergehenden Terminfestsetzung (vgl. BayVGH, B.v. 28.1.2013 – 3 CE 12.1883 – juris Rn. 29) – mit Ablauf des festgesetzten Termins keine weiteren Rechtswirkungen aus, da nach Auffassung der Kammer die Zeitbestimmung zum wesentlichen Inhalt der Untersuchungsanordnung gehört (vgl. VG München, B.v. 5.10.2018 – M 5 E 18.2275 – juris Rn. 6). Untersuchungsanordnung und Terminbestimmung sind sprachlich und semantisch untrennbar miteinander verbunden, sodass sich ihr Regelungsgehalt in der Anordnung des o.g. Termins erschöpft (VG München, B.v. 17.4.2019 – M 5 E 18.5690 – juris Rn. 12). Dies wird insbesondere dadurch deutlich, dass die Untersuchungsanordnung vom 20. Dezember 2024 mehrmals auf den Untersuchungstermin vom 14. Januar 2025, nicht nur im Betreff, sondern auch zweimal im Fließtext, Bezug nimmt und klarstellt, dass der Beamte „an dem Termin“ zur amtsärztlichen Untersuchung teilzunehmen habe.
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Anders verhält es sich mit der Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2025, für die ein Anordnungsgrund besteht. Denn in dieser ist explizit festgehalten, dass auch etwaige weitere Termine von der Untersuchungsanordnung abgedeckt sein sollen. Dem Antragsgegner ist es nicht verwehrt, unter Verweis auf die Mitwirkungspflicht auf Grund der dienstrechtlichen Treuepflichten aufgrund der streitgegenständlichen Untersuchungsanordnung jederzeit einen Untersuchungstermin anzusetzen.
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Ebenso ist nicht ausgeschlossen, dass der Antragsgegner auf Grundlage des Schreibens vom 31. Oktober 2024 in Verbindung mit dem Untersuchungsauftrag vom 25. Oktober 2024 eine neue Terminbestimmung veranlasst. Auch wenn es sich bei dem Schreiben des Antragsgegners vom 31. Oktober 2024 in Verbindung mit dem Untersuchungsauftrag vom 25. Oktober 2024 nicht um eine Untersuchungsanordnung handelt, da eine an den Antragsteller gerichtete gemischt dienstlich-persönliche Weisung nicht enthalten ist, besteht dennoch ein Anordnungsgrund. Denn der Antragsgegner hat durch dieses Schreiben in Verbindung mit dem Gutachtenauftrag, der dem Schreiben beigefügt war, sowie der Bestimmung eines Untersuchungstermins den Rechtsschein gesetzt, der Antragsteller müsse sich auf dieser Grundlage einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen. Da der Antragsgegner auf Grundlage dieses Schreibens ohne weiteres eine Terminbestimmung veranlasst hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass er auf dieser Grundlage in Zukunft einen neuen Termin ansetzen wird.
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4. Der Antragsteller hat mit Blick auf die Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2025 sowie das Schreiben vom 31. Oktober 2024 in Verbindung mit dem Untersuchungsauftrag vom 25. Oktober 2024 zudem einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Denn die genannten Anordnungen bzw. Schreiben erweisen sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung sowohl isoliert betrachtet, als auch in einer Gesamtschau als rechtswidrig, sodass der Antragsteller von der Verpflichtung zu ihrer Befolgung freizustellen war.
Dabei erfolgt die Aufhebung des Schreibens vom 31. Oktober 2024 in Verbindung mit dem Untersuchungsauftrag vom 25. Oktober 2024 lediglich deklaratorisch. Auch wenn es sich nicht um eine Untersuchungsanordnung handelt, besteht gleichwohl ein Bedürfnis, dieses Schreiben klarstellend aufzuheben. Denn der Antragsgegner hat durch dieses Schreiben in Verbindung mit dem Gutachtenauftrag, der dem Schreiben beigefügt war, sowie der Veranlassung einer Terminbestimmung durch das Gesundheitsamt den Rechtsschein gesetzt, der Antragsteller müsse sich auf dieser Grundlage einer amtsärztlichen Untersuchung unterziehen.
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a) Ein Beamter hat nach Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG die Dienstpflicht, sich ärztlich untersuchen zu lassen, wenn Zweifel hinsichtlich seiner Dienstunfähigkeit bestehen (vgl. BVerwG, B.v. 28.5.1984 – 2 B 205.82 – Buchholz 237.5 § 51 LBG Hessen Nr. 1, juris Rn. 3). Diese Zweifel des Dienstherrn an der Dienstunfähigkeit des Beamten müssen sich auf konkrete Umstände stützen, die eine derartige Untersuchung rechtfertigen und dürfen nicht „aus der Luft gegriffen“ sein (BayVGH, B.v. 14.1.2014 – 6 CE 13.2352 – juris Rn. 10; VG München, B.v. 31.7.2018 – M 5 E 18.2781 – juris Rn. 23). Die Anordnung muss sich folglich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig oder jedenfalls nur begrenzt dienstfähig (BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 17/10 – ZBR 2013, 128, juris Rn. 19).
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Die Anordnung einer ärztlichen Untersuchung gemäß Art. 65 Abs. 2 Satz 1 BayBG muss nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen (BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C-17/10 – ZBR 2013, 128, juris Rn. 20; U.v. 30.5.2013 – 2 C-68/11 – BVerwGE 146, 347, juris Rn. 18 ff.; B.v. 10.4.2014 – 2 B 80/13 – NVwZ 2014, 892, juris Rn. 8). Sie hat zur Voraussetzung, dass aufgrund hinreichend gewichtiger tatsächlicher Umstände zweifelhaft ist, ob der Beamte wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, die Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen (BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 2 C 68/11 – BVerwGE 146, 347, juris Rn. 19). Die Behörde muss die tatsächlichen Umstände, auf die sie die Zweifel an der Dienstfähigkeit stützt, sowie Art und Umfang der beabsichtigten Untersuchungsmaßnahmen in der Anordnung angeben (BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 2 C 68/11 – BVerwGE 146, 347, juris Rn. 20; U.v. 26.4.2012 – 2 C 17/10 – ZBR 2013, 128, juris Rn. 19). Der Beamte muss anhand der darin gegebenen Begründung entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in der Anordnung Verlautbarte die Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag (BVerwG, U.v. 23.10.1980 – 2 A 4.78 – ZBR 1981, 220, juris Rn. 27; U.v. 26.4.2012 – 2 C 17/10 – ZBR 2013, 128, juris Rn. 19 ff.; B.v. 10.4.2014 – 2 B 80/13 – NVwZ 2014, 892, juris Rn. 10). Gleichermaßen muss es für den Beamten überprüfbar sein, ob die beabsichtigten Untersuchungsmaßnahmen verhältnismäßig sind, so dass diese nicht frei dem Amtsarzt überlassen werden dürfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses einer Untersuchungsanordnung nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klarwerden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 2 C 68.11 – NVwZ 2013, 1619/1621, juris Rn. 23). Entspricht die Anordnung nicht diesen Anforderungen, können Mängel nicht nachträglich durch Nachschieben von Gründen geheilt werden (BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 17/10 – ZBR 2013, 128, juris Rn. 21).
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Im Einzelfall kann die Anordnung einer (amts-) ärztlichen Untersuchung allerdings ohne nähere Angaben zu den gesundheitsbedingten Zweifeln an der Dienstfähigkeit des Beamten sowie zu Art und Umfang der Untersuchung rechtmäßig sein, wenn der Dienstherr nach den ihm vorliegenden Erkenntnissen überhaupt nicht dazu in der Lage ist, die wegen einer länger andauernden Dienstunfähigkeit des Beamten entstandenen Zweifel an dessen Dienstfähigkeit näher zu konkretisieren und auf dieser Grundlage wiederum Art und Umfang der (amts-) ärztlichen Untersuchung in ihren Grundzügen vorzubestimmen, weil der betreffende Beamte trotz vorhergehender Aufforderung der erforderlichen Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung nicht bzw. zumindest nicht in hinreichendem Maße nachgekommen ist (BayVGH, B.v. 11.10.2023 – 3 CE 23.1406 – juris Rn. 7 ff.; BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 3 CE 15.2768 – juris Rn. 28; VG München, B.v. 11.8.2017 – M 5 E 17.2578 – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B.v. 12.12.2017 – 1 B 1470/17 – NVwZ-RR 2018, 57, juris Rn. 20 ff.). Eine solche Mitwirkungspflicht folgt aus der dienstlichen Treuepflicht des Beamten. So kann es im Rahmen der allgemeinen Gehorsamspflicht gerechtfertigt und dem Beamten zuzumuten sein, an der für die Durchführung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebes erforderlichen Klärung seines Gesundheitszustandes mitzuwirken (BVerwG, U.v. 23.10.1980 – 2 A 4.78 – DVBl 1981, 50, juris Rn. 25; BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 3 CE 15.2768 – juris Rn. 28). Eine Dienstpflicht des Beamten zu konkreter Gesundheitsauskunft besteht jedoch wohl nicht (BVerwG, B.v. 16.5.2018 – 2 VR 3.18 – Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 13, juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg, B.v. 28.12.2016 – OVG 10 S 35.16 – NVwZ-RR 2017, 300, juris Rn. 4). Unter diesen Umständen kann auch die Anordnung einer allgemeinen amtsärztlichen Untersuchung den formellen Anforderungen genügen (VG München, B.v. 11.8.2017 – M 5 E 17.2578 – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B.v. 12.12.2017 – 1 B 1470/17 – juris Rn. 20 ff.; BVerwG, B.v. 16.5.2018 – 2 VR 3.18 – Buchholz 232.0 § 44 BBG 2009 Nr. 13, juris Rn. 7).
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b) Die Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2025 sowie das Schreiben vom 31. Oktober 2024 in Verbindung mit dem Untersuchungsauftrag vom 25. Oktober 2024 genügen weder isoliert betrachtet, noch in einer Gesamtschau den vorstehenden Anforderungen. Dabei reichen die Ausführungen zum ununterbrochenen Krankenstand des Antragstellers noch aus, um einen hinreichenden Anlass annehmen zu können. Jedoch sind Art und Umfang der Untersuchung der Untersuchung nicht einmal in den Grundzügen bestimmt, sodass dem Antragsteller eine inhaltliche Prüfung der Anordnung unmöglich gemacht wird. Solch unbestimmte Untersuchungsanordnungen sind daneben auch unverhältnismäßig.
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Aus den oben genannten Schreiben geht nicht hervor, welche Untersuchungen im Einzelnen durch Ärzte welcher Fachrichtung durchgeführt werden sollen. Der Untersuchungsstelle wird vielmehr „freie Hand“ mit Blick darauf, welche Untersuchungen im Einzelnen durch Ärzte welcher Fachrichtung durchgeführt werden sollen, gegeben.
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Der Untersuchungsanordnung wie auch dem Schreiben vom 31. Oktober 2024 in Verbindung mit dem Untersuchungsauftrag vom 25. Oktober 2024 kann nicht entnommen werden, dass sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses der Untersuchungsanordnung – u.U. nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung – zumindest in Grundzügen darüber klargeworden ist, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Antragstellers bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (BVerwG, U.v. 30.5.2013 – 2 C 68.11 – NVwZ 2013, 1619/1621, juris Rn. 23). Die Erkenntnisse, die der Dienstherr in einem solchen Prozess gewonnen hat, hat er dem betroffenen Beamten in nachvollziehbarer Weise in der Untersuchungsanordnung darzulegen (vgl. BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 3 CE 15.2768 – juris Rn. 23; B.v. 28.3.2022 – 3 CE 22.508 – BayVBl 2022, 453, juris Rn. 23). Denn nur dadurch wird der Beamte in die Lage versetzt, sich für oder gegen die Durchführung der angeordneten Untersuchung zu entscheiden. Da dies vorliegend nicht erfolgt ist, war für den Antragsteller die voraussichtliche Reichweite des zu erwartenden Eingriffs in die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und in das allgemeine Persönlichkeitsrecht Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) auch nicht „in den Grundzügen“ überschaubar.
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Es liegt auch kein Einzelfall vor, der es rechtfertigen würde, von den Angaben von Art und Umfang der Untersuchung abzusehen. So ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in Einzelfällen eine Untersuchungsanordnung auch ohne nähere Angaben zu den gesundheitsbedingten Zweifeln an der Dienstfähigkeit des Beamten sowie zu Art und Umfang der (amts-) ärztlichen Untersuchung rechtmäßig sein kann, wenn der Dienstherr nach den ihm vorliegenden Erkenntnissen überhaupt nicht dazu in der Lage ist, die wegen einer länger andauernden Dienstunfähigkeit des Beamten entstandenen Zweifel an dessen Dienstfähigkeit näher zu konkretisieren und auf dieser Grundlage wiederum Art und Umfang der (amts-) ärztlichen Untersuchung in ihren Grundzügen vorzubestimmen, weil der betreffende Beamte trotz vorhergehender Aufforderung der erforderlichen Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung nicht bzw. zumindest nicht in hinreichendem Maße nachgekommen ist (BayVGH, B.v. 11.10.2023 – 3 CE 23.1406 – juris Rn. 6 ff.; B.v. 18.2.2016 – 3 CE 15.2768 – juris Rn. 28; VG München, B.v. 11.8.2017 – M 5 E 17.2578 – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B.v. 12.12.2017 – 1 B 1470/17 – NVwZ-RR 2018, 57, juris Rn. 20 ff.). In diesen Fällen ist nicht zu beanstanden, wenn eine Erstuntersuchung zur Erhebung des Krankheitsbildes angeordnet wird, um überhaupt eine (mögliche) Diagnose zu erhalten, bevor ggf. weitere, näher konkretisierte (fach-) ärztliche Untersuchungen angeordnet werden (vgl. BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 3 CE 15.2768 – juris Rn. 31; OVG NW, B.v. 12.12.2017 – 1 B 1470/17 – NVwZ-RR 2018, 57, juris Rn. 20 ff.).
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Den Akten kann jedoch nicht entnommen werden, dass der Antragsgegner den Antragsteller explizit zur Sachverhaltsaufklärung aufgefordert hätte. Die bloße Zusendung eines Anhörungsschreibens, das keine ausdrückliche Aufforderung enthält, Informationen betreffend den Gesundheitszustand zu übermitteln, reicht hierfür nicht aus. Daneben ist auch nicht erkennbar, dass mit der Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2025 sowie dem Schreiben vom 31. Oktober 2024 in Verbindung mit dem Untersuchungsauftrag vom 25. Oktober 2024 offensichtlich nur eine orientierende Erstuntersuchung gemeint gewesen sein konnte. Vielmehr wird in der Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2025 darauf hingewiesen, dass sich der Beamte bei Bedarf einer fachärztlichen Zusatzbegutachtung zu unterziehen habe, sodass auch fachärztliche Zusatzbegutachtungen von der Untersuchungsanordnung umfasst sind. Vor diesem Hintergrund kann nicht von der Anordnung einer Erstuntersuchung zur Erhebung des Krankheitsbildes ausgegangen werden.
33
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es in einer Konstellation wie der vorliegenden dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht, sich wegen der fehlenden näheren Kenntnis von der Art der Erkrankung zunächst auf eine (lediglich) orientierende Erstuntersuchung zu beschränken und die Durchführung vertiefender fachärztlicher Untersuchungen, die aufgrund ihrer Intensität – insbesondere bei fachpsychiatrischen Untersuchungen – i.d.R. mit gravierenderen Grundrechtseingriffen verbunden sind (BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 17/10 – juris Rn. 17), vom Ergebnis der Erstuntersuchung abhängig zu machen (OVG Berlin-Bbg, B.v. 2.11.2015 – OVG 4 S 34.15 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 3 CE 15.2768 – juris Rn. 33; OVG NW, B.v. 12.12.2017 – 1 B 1470/17 – NVwZ-RR 2018, 57, juris Rn. 20 ff.). Soll der durch eine Untersuchungsanordnung – zulässig – gesetzte Rahmen durch mit weitergehenden Grundrechtseingriffen verbundene fachmedizinische Untersuchungen überschritten werden, bedarf es einer erneuten bzw. ergänzenden Untersuchungsanordnung (BayVGH, B.v. 18.2.2016 – 3 CE 15.2768 – juris Rn. 35). Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen.
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Dies hat die Behörde jedoch mit der Formulierung in der Untersuchungsanordnung vom 9. Januar 2025, wonach sich der Antragsteller „auf Verlangen des Amtsarztes (…) einer fachärztlichen Zusatzbegutachtung zu unterziehen“ habe, gerade getan. Sofern der Antragsgegner darauf hinweist, dass die Entscheidung, eine Zusatzbegutachtung anzuordnen, mit dieser Formulierung nicht auf den Amtsarzt delegiert worden sei, sondern nur zum Ausdruck gebracht werde, dass sich der Dienstherr einer Einschätzung des Amtsarztes regelmäßig anschließen werde, so liegt es am Dienstherrn, dies dem Adressaten in der Untersuchungsanordnung mitzuteilen. Der Dienstherr darf nicht nach der Überlegung vorgehen, dass der Adressat schon wisse, „worum es gehe“ und kann einen Mangel nicht nachträglich durch Nachschieben von Gründen heilen (vgl. BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 17/10 – juris Rn. 20 f.).
35
Maßgeblich ist daher eine Auslegung der Untersuchungsanordnung nach dem objektiven Empfängerhorizont, die gerade ergibt, dass mangels anderweitiger Angaben zu Art und Umfang der Untersuchung in Verbindung mit der oben genannten weiten Formulierung die Entscheidung, eine Zusatzbegutachtung anzuordnen, dem Amtsarzt überlassen wurde. Dies ist jedoch nicht zulässig. Denn es obliegt allein dem Dienstherrn, eine Zusatzbegutachtung anzuordnen. Dieser hat im Rahmen einer Einzelfallprüfung unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu klären, ob eine (Zusatz-)Begutachtung tatsächlich erforderlich ist (BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss v. 14.1.2022 – 2 BvR 1528/21 – juris Rn. 25; BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss v. 21.10.2020 – 2 BvR 652/20 – NVwZ-RR 2021, 217, juris Rn. 35 f.). Die Unzulässigkeit eines solchen Vorgehens folgt bereits daraus, dass der Beamte bei einer pauschalen Ankündigung, er müsse sich auf Verlangen des Amtsarztes einer zusätzlichen fachärztlichen Untersuchung unterziehen, deren Rechtmäßigkeit nicht überprüfen kann, da insbesondere Art und Umfang der fachärztlichen Untersuchung nicht definiert werden.
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5. Die Kostentragung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Soweit der Antrag mit Blick auf die Untersuchungsanordnung vom 20. Dezember 2024 abgelehnt wird, trägt der Antragsteller die Kosten des Verfahrens. Da der Antragsgegner hinsichtlich der Untersuchungsanordnungen vom 9. Januar 2024 und des Schreibens vom 31. Oktober 2024, das den Rechtsschein einer Untersuchungsanordnung gesetzt hat, verliert, ist es verhältnismäßig, ihm 2/3 der Kostentragung aufzuerlegen.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Eine Zusammenrechnung dreier Streitgegenstände im Sinne von § 39 Abs. 1 GKG war nicht angezeigt. Dies setzt voraus, dass die Ansprüche von selbstständigem Wert sind, mithin nicht wirtschaftlich denselben Gegenstand betreffen. Dies ist nicht der Fall. Auch wenn der Antragsgegner mit unterschiedlichen Schreiben eine Untersuchung des Antragstellers erreichen wollte, wurde mit diesen stets nur die Teilnahme an einer amtsärztlichen Untersuchung verfolgt (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 20.8.2024 – OVG 4 L 10/24 – juris Rn. 2). Daneben ist im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nur die Hälfte des Wertes eines Hauptsacheverfahrens festzusetzen (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).