Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 01.07.2025 – W 5 S 25.855
Titel:

Anordnung von Erhaltungsmaßnahmen zum Schutz eines Denkmals

Normenketten:
BayDSchG Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 S. 1, Art. 12 Abs. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 5
VwGO § 80 Abs. 3 S. 1
Leitsatz:
Angeordnete Maßnahmen zur Erhaltung eines Denkmals sind zumutbar, wenn es sich um auf das Notwendigste beschränkte Sicherungsmaßnahmen handelt, die keine Weichenstellung im Hinblick auf eine künftige Sanierung bzw. Nutzung des Baudenkmals bedeuten. (Rn. 33 – 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
denkmalschutzrechtliche Anordnung, Anordnung des Sofortvollzugs, Notsicherung einer ehemaligen Kapelle, Denkmalbegriff, fortschreitender Verfall, Verhältnismäßigkeit, Denkmal, Denkmalschutz, Zumutbarkeit, Erhaltungsmaßnahme, Erhaltungszustand, Eintragung, Anordnung der sofortigen Vollziehung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 18885

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin wendet sich im einstweiligen Rechtsschutz gegen für sofort vollziehbar erklärte denkmalschutzrechtliche Anordnungen.
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1. Die Antragstellerin ist Testamentsvollstreckerin und Generalbevollmächtigte über den Nachlass des am … … 2010 verstorbenen C … F … E … … … Zum Nachlass gehört das im Eigentum des Erben N … H … P … … … stehende Grundstück Fl.Nr. …5 der Gemarkung F … L … P … mit einem baufälligen Gebäude, das ehemals als Kapelle des N … Klosterhofs E … genutzt wurde.
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Mit Bescheid vom 4. Dezember 2020 versagte das Landratsamt M.-S. der Antragstellerin – nach Ortsterminen unter Teilnahme der Unteren D. am 25. Juni 2019 und des Bayerischen Landesamts für D. am 22. Juli 2019 sowie vorgelegten Archivstudien des Kreisheimatpflegers vom 7. Juli 2019 – die Genehmigung für den von ihr beabsichtigen Abbruch der Kapelle des ehemaligen N … Klosterhofs im Anwesen W … 2 ( … ). Der Eigentümer wurde zur Duldung dieser Maßnahme verpflichtet. Die Ablehnung wurde u.a. damit begründet, dass dem Eigentümer eine Instandsetzung zugemutet werden könne. Es wurde dem Eigentümer die Beauftragung einer sog. Voruntersuchung empfohlen, um die Kosten für eine Instandsetzung ermitteln zu lassen. Zu den näheren Einzelheiten wird auf den – bestandskräftig gewordenen – Bescheid Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom 6. April 2023 forderte das Landratsamt M.-S. den Eigentümer auf, die ehemalige Gutskapelle instand setzen zu lassen. Die Antragstellerbevollmächtigte erwiderte mit Schreiben vom 20. Juli 2023, dass die Anordnung einer Instandhaltungsmaßnahme rechtswidrig sei und stellte im Wesentlichen die Denkmaleigenschaft der ehemaligen Gutskapelle und die Zumutbarkeit der Maßnahme in Abrede. Anlässlich einer neuerlichen Prüfung der Denkmaleigenschaft der ehemaligen Gutskapelle fand am 30. August 2023 eine Ortseinsicht statt, aufgrund derer – ausweislich des Schreibens des Bayerischen Landesamts für D. vom 26. September 2023 an die Gemeinde H … – der Listeneintrag des Baudenkmals wie folgt neugefasst wurde: „…-30 Ehem. N … Klosterhof, nach …3 F …-L … Wirtschaftshof; ehem. Gutskapelle, einfacher Walmdachbau mit Aufzugsluke und eingezogenem Dreiseitchor, Bruchsteinmauerwerk, Rechteckfenster und Reste von Putzgliederungen, im Chorscheitel nachgotisches Vierpaßmaßwerk, spätes 16. / frühes 17. Jh., Dachtragwerk 1701/02 (dendro.dat.) erneuert, Westportal bez. 1794, Profanierung und Umbau nach 1860; Verwalter- und Wohnhaus, zweigeschossiger Halbwalmdachbau mit geohrten Sandsteinrahmungen, um 1700, Wappenkartusche über Portal bez. 1795; Rest der nördlichen Einfriedungsmauer, Bruchstein, wohl 18. Jh. FI.Nr. …5 [Gmkg. F … L … P …]“.
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Auf Anhörungsschreiben der unteren D. vom 6. Dezember 2024 teilte die Antragstellerbevollmächtigte mit Schreiben vom 21. Januar 2025 unter Darlegungen zur Historie des Gebäudes im Wesentlichen mit, mit den angedachten Maßnahmen nicht einverstanden zu sein, da die Denkmaleigenschaft fehle und die Maßnahmen unverhältnismäßig seien. Auf den Inhalt der Schreiben wird im Einzelnen Bezug genommen.
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2. Mit Bescheid vom 11. April 2025 verpflichtete das Landratsamt M.-S. die Antragstellerin als Verfügungsberechtigte, folgende Maßnahmen in bzw. am Anwesen W … 2 ( … ) in H …, der Kapelle des ehemaligen N … Klosterhofs, vorzunehmen (Ziffer 1.):
„[…]
1.3. Lose Teile der Verbretterung des Daches sind so zu befestigen, dass sie durch Wind nicht abgehoben werden können.
1.4. Alle losen Biberschwanzziegel, die keine ausreichende Verankerung auf den Dachlatten haben, sind zu entfernen und die Dachhaut ist durch geeignete Maßnahmen UVbeständig und dauerhaft zu schließen. Die verwendeten Bauprodukte müssen Art. 3 Satz 2 und Art. 11 BayBO entsprechen.
1.5. Beschädigte und somit offene Fenster sind so zu verschließen, dass Schlagregen und Schnee nicht in das Gebäude eindringen können. Ein Ausbau der historischen Fenster ist hierbei nur möglich, wenn diese fachgerecht eingelagert werden.
1.6. Alle nicht mehr funktionsfähigen Dachrinnen und Fallrohre, die das Eindringen von Niederschlagswasser in das Gebäude zur Folge haben, sind provisorisch Instand zu setzen oder durch neue Dachrinnen und Fallrohre, dem Bestand in Materialität entsprechend, zu ersetzen. Die dauerhafte Ableitung des Niederschlagswassers vom Gebäude weg muss gewährleistet werden.
[…]
3. Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1.3 – 1.6. dieser Anordnung wird angeordnet.“
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Eigentümer von Baudenkmälern nach Art. 4 Abs. 2 BayDSchG verpflichtet werden könnten, bestimmte Erhaltungsmaßnahmen ganz oder zum Teil durchzuführen, soweit ihnen das insbesondere unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Aufgaben und Verpflichtungen zumutbar sei. Bei der Kapelle handele es sich um ein Denkmal im Sinne des Art. 1 BayDSchG. Im Zuge zahlreicher Ortseinsichten seien zahlreiche bauliche Mängel der Kapelle festgestellt worden. So bestünden unter anderem Fehlstellen in der Dacheindeckung, lose Bretter der Verkleidung des Dacherkers, die abzustürzen drohten, und undichte, defekte oder gar nicht mehr vorhandene Fenster. Zudem gefährdeten beschädigte bzw. nicht mehr existente Dachrinnen und Fallrohre die Substanz des Denkmals. Konkret seien durch das undichte Dach die Dachkonstruktion und die darunterliegenden Gebäudeteile gefährdet. Die lose Verbretterung gefährde die Konstruktion des Erkers. Die undichten Fenster und Dachrinnen ließen Feuchtigkeit in das Gebäude eindringen und bedrohten die Tragfähigkeit von Wänden, Dachkonstruktion und Decken des Denkmals. Angesichts des dargelegten Zustandes des Denkmals und der durch die fachlichen Stellungnahmen belegten, zu befürchtenden Verschlechterung der Kapelle einerseits sowie dem Umstand, dass für die Bestimmung des Umfangs von Instandsetzungsarbeiten noch weitere Untersuchungen am Bauwerk durchzuführen seien, seien im vorliegenden Fall zunächst die Maßnahmen im tenorierten Umfang zur Erhaltung der Kapelle angezeigt. Die Maßnahmen seien verhältnismäßig. Sie seien notwendig, weil ohne ihre Durchführung eine Beschleunigung des Schadensverlaufs und damit zumindest mittelfristig eine Gefährdung des gesamten Baubestandes zu befürchten sei. Die Maßnahmen dienten insbesondere dem Schutz des Denkmals vor weiteren Beschädigungen. Das akute Schadensbild gebe zudem erhebliche Bedenken bezüglich der Statik und Tragfähigkeit des Denkmals insgesamt. Durch die beschriebenen zahlreichen bestehenden Undichtigkeiten an Dach, Fenstern und Regenrinnen des Gebäudes sei das Denkmal jahrelang der Witterung ausgesetzt gewesen, welche der Substanz des Denkmals nachhaltig schaden könne. Der durch diese Maßnahmen begründete Rechtsnachteil für den Eigentümer stehe nicht außer Verhältnis zu den dadurch begründeten Rechtsvorteilen für die Allgemeinheit. Zumutbar seien die angeordneten Maßnahmen, weil eine Abwägung aller einschlägigen subjektiven Gesichtspunkte unter Berücksichtigung der objektiven Lage und unter Berücksichtigung der Sozialbindung des Eigentums ergebe, dass sie in Fällen dieser Art billigerweise verlangt werden könnten. Zu beachten seien die hohe Wertigkeit des Baudenkmals und seiner Bauteile, die dieses insgesamt unverzichtbar machten. Die Maßnahmen seien im wohlverstandenen Interesse des Eigentümers auch wirtschaftlich, weil nur sie eine weitere Entwertung der Anlage verhindern könnten und ein Abriss aus fachlicher Sicht nicht in Betracht komme. Sie beträfen vorrangig den vom Eigentümer entgegen den Vorschriften des BayDSchG über Jahre hinweg versäumten normalen laufenden Bauunterhalt. Die Maßnahmen erforderten zwar einen gewissen Kostenaufwand und bedeuteten damit ein finanzielles Opfer. Die Einführung der Erhaltungspflichten durch das BayDSchG habe aber in verfassungskonformer Weise derartige Belastungen für alle Denkmaleigentümer begründet. Sie müssten deshalb auch finanzielle Leistungen erbringen, die nicht durch staatliche Zuschüsse kompensiert würden. Die Durchführung der Maßnahmen führe zu Steuervorteilen, weil entsprechende Bescheinigungen durch die Denkmalfachbehörde erteilt werden könnten. Für die Maßnahme könnten Zuschüsse bei der Landesstiftung, dem Bezirk Unterfranken, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Gemeinde H … sowie dem bayerischen Landesamt für D. beantragt werden. Voraussetzung hierfür sei ein gemeinsam abgestimmtes Vorgehen und die Antragsstellung bei den jeweiligen Fördergebern vor Auftragsvergabe bzw. Beginn der Arbeiten. Insgesamt hielten sich die verlangten Maßnahmen in einem überschaubaren und den Eigentümer nicht überfordernden Rahmen, weil sie auf die notwendigsten Sicherungsmaßnahmen beschränkt worden seien.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO sei für sämtliche Teile der Anordnung nach Ziff. 1.3 bis 1.6 im öffentlichen Interesse notwendig, weil der Eintritt von weiteren Schäden und die Verschlechterung des Zustandes des Denkmals insbesondere durch Witterungseinflüsse zu befürchten seien und damit eine erhebliche Gefahr für wichtige und unverzichtbare Bestandteile des Baudenkmals vorliege. Wie bereits zuvor ausgeführt, sei im Zuge zahlreicher Ortseinsichten festgestellt worden, dass die Kapelle zahlreiche bauliche Mangel aufweise. So bestünden unter anderem Fehlstellen in der Dacheindeckung, lose Bretter der Verkleidung des Dacherkers, die abzustürzen drohten und undichte, defekte oder gar nicht mehr vorhandene Fenster. Zudem gefährdeten beschädigte bzw. nicht mehr existente Dachrinnen und Fallrohre die Substanz des Denkmals weiterhin. Konkret seien durch das undichte Dach die Dachkonstruktion und die darunterliegenden Gebäudeteile gefährdet. Die lose Verbretterung gefährde die Konstruktion des Erkers. Die undichten Fenster und Dachrinnen ließen Feuchtigkeit in das Gebäude eindringen und bedrohten mittelfristig die Tragfähigkeit von Wänden, Dachkonstruktion und Decken des Denkmals. Hinzu komme, dass es sich vorliegend nicht um Instandsetzungsarbeiten, sondern um Notsicherungsmaßnahmen handele. Diesen wohne per se eine eigenständige Dringlichkeit inne. Vor diesem Hintergrund und dem Umstand, dass es sich bei dem Bauwerk unter Bezugnahme auf die bei den Akten befindlichen Stellungnahmen der Kreisheimatpflege um ein unvergleichlich wertvolles Stück der Geschichte des H …tals handele, könne eine Entscheidung über mögliche Rechtsbehelfe nicht abgewartet werden. Das öffentliche Interesse an der zeitnahen Beseitigung der bestehenden Mängel überwiege das Interesse des Eigentümers, die Maßnahmen möglicherweise erst in einigen Jahren nach einer rechtskräftigen Entscheidung durchzuführen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sei nach alledem geboten.
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3. Am 9. Mai 2025 ließ die Antragstellerin gegen den Bescheid vom 11. April 2025 Klage erheben (Az. W 5 K 25. …). Mit Schriftsatz vom 5. Juni 2025 ließ sie im hiesigen Verfahren beantragen:
Die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf die Anordnungen Ziffern 1.3 – 1.6. des Bescheids des Landratsamts M.-S. vom 11. April 2025 – Az.: 51-324-D-2019- … – wird wiederhergestellt.
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Zur Begründung brachte die Bevollmächtigte der Antragstellerin im Wesentlichen vor: Bei der ehemaligen Kapelle handele es sich – trotz Eintragung in die Denkmalliste und entgegen der Ansicht des Antragsgegners – nach den Grundsätzen des Denkmalrechts schon nicht um ein Baudenkmal. Anfang des 19. Jahrhunderts sei die Kapelle profaniert worden. Im Zuge der Umnutzung zu einem Futterstall – aber auch schon davor – seien erhebliche Umbaumaßnahmen vorgenommen worden. Es seien u.a. eine Zwischendecke und Trennwände eingezogen, ein Fenster zur Tür aufgebrochen, andere Öffnungen zugemauert und eine Außentreppe angebracht worden. Auch sei die ehemals plastisch vortretende Gliederung mit Schließung des ehemaligen Zugangs auf die Mauerebene zurückgespitzt und überputzt worden. Auch ein weiteres – bereits nachträglich eingefügtes – Portal an der Westseite der Kapelle sei vermauert worden. Aufgrund dieser nachträglich vorgenommenen Änderungen – sowohl bezüglich der Nutzung (Futterstall anstatt Kapelle) als auch der baulichen Veränderungen – hätten sich der Gesamteindruck des Denkmals und dessen Identität vollkommen verändert. Es sei ein Objekt entstanden, dessen jetzige Gestalt und Charakter ganz wesentlich durch eine neue Nutzung und durch neu errichtete Bauteile bestimmt würden. Die ehemalige Kapelle habe damit ihre Denkmalwürdigkeit verloren. Hinzu komme, dass der Rest der Klosteranlage größtenteils abgerissen worden sei. Die ehemalige Kapelle stehe daher ohne Bezug zu der seit mehreren Generationen nicht mehr vorhandenen Klosteranlage. Auch ein für Denkmalbelange aufgeschlossener Durchschnittsbürger sehe in dem Objekt kein Baudenkmal. Der Verlust der Schutzwürdigkeit der ehemaligen Kapelle ergebe sich darüber hinaus aus Folgendem: Art. 6 Abs. 1 Nr. 1 BayDSchG schütze vor unkontrollierten Veränderungen durch Eingriffe in die Substanz, Wandverkleidungen, Dacheindeckungen, Türen und Fenster. Genau diese Schutzzwecke könnten vorliegend aufgrund der erfolgten Umbauten nicht mehr erfüllt werden. An dem Nichtbestehen einer Baudenkmaleigenschaft der ehemaligen Kapelle ändere auch die Aufnahme des Bauwerks in die Denkmalliste nichts. Die Erhaltung der ehemaligen Kapelle sei unzumutbar. Das der Behörde eingeräumte Ermessen sei aus Gründen der Verhältnismäßigkeit unter angemessener Berücksichtigung der nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Belange des Denkmaleigentümers eingeschränkt, wenn die Erhaltung des Denkmals dem Eigentümer objektiv wirtschaftlich nicht zuzumuten sei. Das sei der Fall, wenn der Erhalt des Denkmals auf Dauer nicht aus den Erträgen zu finanzieren sei. Für die ehemalige Kapelle bestehe keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr. Wegen der mit der Erhaltung verbundenen „Folgelasten“ würde kein vernünftiger Privater das Gebäude erwerben, um es zu nutzen. Auch könnte das Gebäude nicht zu zumutbaren Bedingungen vermietet werden. Die u.a. im streitgegenständlichen Bescheid vorgeschlagene Nutzung der ehemaligen Kapelle als bspw. Ferienwohnung oder Atelier sei nicht möglich. Für eine entsprechende Nutzung fehle es an der notwendigen Erschließung. Für ein Vorhaben, das den eigenen Absichten zuwiderlaufe, auf unabsehbare Zeit Mittel aus dem Privatvermögen aufzuwenden, sei auch unter Berücksichtigung einer gesteigerten Erhaltungspflicht angesichts des nicht bestehenden öffentlichen Interesses an der Erhaltung des Kulturdenkmals nicht zumutbar. Dies gelte umso mehr, als dass Fördermöglichkeiten nicht verbindlich zugesagt worden oder mit Sicherheit zu erwarten seien. Weiterhin sei zu beachten, dass die Antragstellerin Testamentsvollstreckerin über den Nachlass von C … F … E … sei. Es handele sich um eine Verwaltungsvollstreckung. Diese ende, wenn der Erbe das 27. Lebensjahr vollendet habe. Auch aus diesem Grund könnten durch die Antragstellerin keine finanziellen Mittel – welche sich auch nicht amortisierten – aufgewendet werden. Nach der Rechtsprechung müssten angeordnete Erhaltungsmaßnahmen ferner geeignet und erforderlich sein und sich auf das umständehalber Notwendige beschränken. Dies sei hier nicht erfolgt. So sollten, wie in Ziffer 1.6 des streitgegenständlichen Bescheids erwähnt, Bauteile mit dem Bestand entsprechenden Materialien saniert werden. Aufgrund der in der Vergangenheit erfolgten erheblichen Um- und Anbauten sei unklar, welche die Original-Materialien gewesen seien. Alles in allem lasse sich feststellen, dass der streitgegenständliche Bescheid rechtswidrig und daher aufzuheben sei.
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4. Das Landratsamt M.-S. beantragte für den Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen: Der Antrag sei zulässig, aber unbegründet. Die Anordnung sei formell rechtmäßig i.S.v. § 80 Abs. 3 VwGO. Ebenfalls überwiege das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage nicht das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des Bescheids vom 11. April 2025. Die Antragstellerin wende sich zu Unrecht gegen die Denkmaleigenschaft der Kapelle. Maßgeblich sei nicht die Aufnahme in die Denkmalliste, sondern allein Art. 1 BayDSchG. Die Bedeutung müsse sich nicht auf den ersten Blick und erst recht nicht bereits aus laienhafter Sicht erschließen. Maßgeblich hierfür sei nicht die Anschauung eines gebildeten Durchschnittsmenschen, sondern der Wissens- und Kenntnisstand sachverständiger Kreise. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde diesbezüglich auf den angefochtenen Bescheid und auf die zahlreichen bei der Verfahrensakte befindlichen Stellungnahmen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege Bezug genommen. Ebenfalls seien die im Lauf des Verfahrens vorgebrachten Einwände gegen die Denkmaleigenschaft der Fachbehörde vorgelegt und bewertet worden. Aus sachverständiger Sicht hätten diese die Bedeutung des Objekts jedoch nicht verringert, so dass weiterhin von einem Denkmal im Sinne des Art. 1 BayDSchG auszugehen sei. Die im Bescheid vom 11. April 2025 verfügten Maßnahmen seien auch verhältnismäßig bzw. zumutbar. Die Zumutbarkeit liege dann nicht vor, wenn die behördliche Anordnung den Adressaten offensichtlich unverhältnismäßig hoch belaste. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Anordnung der Herstellung eines verkehrssicheren Zustandes diene, insbesondere in Fällen des vernachlässigten Bauunterhalts. Solche Anordnungen könnten bzw. müssten ohne Rücksicht auf die Zumutbarkeit getroffen werden; denn jeder sei verpflichtet, sein Gebäude, auch wenn es ein Denkmal ist, so zu erhalten und ggf. so wiederherzustellen, dass davon keine Gefahren für Benutzer oder Dritte ausgingen. Bei jahrelanger Vernachlässigung des Bauunterhalts sei eine Sicherungsanordnung regelmäßig zumutbar. Im vorliegenden Fall seien einzig Erhaltungsmaßnahmen und keine grundlegenden Instandsetzungsmaßnahmen verfügt worden. Alle getroffenen Maßnahmen – insbesondere auch die Maßnahmen aus Ziffer 1.3 bis 1.6 – dienten der Verhinderung der weiteren, insbesondere witterungsbedingten Verschlechterung der Bausubstanz infolge nicht geleisteten Bauunterhalts sowie der Erhaltung der Verkehrssicherheit des Denkmals. Insbesondere hätten sich durch das aktuelle Schadensbild erhebliche Bedenken in Bezug auf die Statik und Tragfähigkeit des Denkmals ergeben. Ob ein Denkmal dauerhaft sinnvoll wirtschaftlich genutzt werden könne, sei nicht Gegenstand der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Anordnung nach Art. 4 BayDSchG. Die getroffenen Maßnahmen seien auch nicht ungeeignet bzw. nicht erforderlich. Entgegen des Vortrags der Antragstellerin sei eine Beschränkung auf das umständehalber Notwendige erfolgt. Sofern sich die Bevollmächtigte auf Ziffer 1.6 beziehe, sei auszuführen, dass diese Ziffer ebenfalls die Möglichkeit einräume, die entsprechenden Bauteile provisorisch instand zu setzen, um die dauerhafte Ableitung des Niederschlagswassers vom Gebäude weg zu gewährleisten.
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5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten (auch im Verfahren W 5 K 25. …) Bezug genommen.
II.
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Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.
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1. Der Antrag ist zulässig.
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Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage, soweit diese gegen Ziffern 1.3 bis 1.6 des Bescheids des Landratsamts M.-S. vom 11. April 2025 gerichtet ist. Insoweit ist die aufschiebende Wirkung aufgrund der unter Ziffer 3 des Bescheids angeordneten sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO entfallen und das Gericht der Hauptsache kann diese nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO wiederherstellen.
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Auch im Übrigen bestehen keine Bedenken an der Zulässigkeit des Antrags.
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2. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist unbegründet.
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Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Abwägungsentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung der Antragstellerin auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs bei seiner Entscheidung mit zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – NVwZ 2009, 581; BayVGH, B.v. 17.9.1987 – 26 CS 87.01144 – BayVBl. 1988, 369; Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022 § 80 Rn. 68 und 73 ff.). Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vollkommen offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
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2.1. Ausgehend davon bestehen seitens der Kammer zunächst keine Zweifel an der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs.
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Insbesondere hat das Landratsamt M.-S. die Anordnung der sofortigen Vollziehung in ausreichender Weise gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet. Da es sich bei der behördlichen Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nach der Wertung des Gesetzgebers um einen Ausnahmefall handelt, muss neben das ohnehin bestehende öffentliche Interesse an der Vollziehung des Verwaltungsaktes (Erlassinteresse) ein besonderes Vollzugsinteresse treten, das das Absehen vom Regelfall der aufschiebenden Wirkung und die Befugnis der Behörde, einen Verwaltungsakt auch schon vor Eintritt der Bestandskraft zwangsweise durchzusetzen, zu rechtfertigen vermag. Diesem Erfordernis trägt § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO Rechnung. Die Behörde muss sich der besonderen Ausnahmesituation bewusst werden und deshalb das besondere Vollzugsinteresse begründen, wenn sie vom Regelfall abweicht und die sofortige Vollziehung anordnet. Die Norm dient darüber hinaus dem Rechtsschutz des Betroffenen, der ausgehend von der Begründung die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs besser einschätzen können soll (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 54). Dabei ist für das Begründungserfordernis eine formelhafte, nicht auf den konkreten Einzelfall bezogene Begründung nicht ausreichend, da daran nicht erkenntlich wird, ob und aus welchen Gründen die Behörde vom Vorliegen eines Ausnahmefalls ausgegangen ist, der ein Abweichen vom Grundsatz des § 80 Abs. 1 VwGO rechtfertigen kann (Hoppe in Eyermann, a.a.O., § 80 Rn. 55). Diesen Erfordernissen entspricht die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit in Ziffer IV. des Bescheids vom 11. April 2025. Die Begründung des Landratsamts M.-S. stellt sich als einzelfallbezogen und nicht nur formelhaft dar. So wird ausgeführt, dass der Eintritt von weiteren Schäden und die Verschlechterung des Zustandes des Denkmals insbesondere durch Witterungseinflüsse zu befürchten seien und damit eine erhebliche Gefahr für wichtige und unverzichtbare Bestandteile des Baudenkmals vorliege. Im Zuge zahlreicher Ortseinsichten sei festgestellt worden, dass die Kapelle zahlreiche – im Einzelnen näher bezeichnete – bauliche Mängel aufweise. Hinzu komme, dass es sich vorliegend nicht um lnstandsetzungsarbeiten, sondern um Notsicherungsmaßnahmen handele, denen eine Dringlichkeit innewohne. Zusätzlich zu diesen Aspekten hat die Behörde für den konkreten Fall das Individualinteresse der Antragstellerin – das Interesse, die Maßnahmen möglicherweise erst in einigen Jahren nach einer rechtskräftigen Entscheidung durchzuführen – in den Blick genommen, jedoch hinter den öffentlichen Interessen zurücktreten lassen. Infolgedessen hat das Landratsamt M.-S. im Bescheid vom 11. April 2025 dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO in hinreichender Weise Rechnung getragen. Ob die genannten Aspekte das besondere Vollzugsinteresse nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO inhaltlich tatsächlich tragen, spielt für die Frage der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs keine Rolle (BayVGH, B.v. 27.2.2019 – 10 CS 19.180 – juris Rn. 12). Dies ist eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der Vollzugsanordnung. Auch im Übrigen bestehen an der formellen Rechtmäßigkeit der Anordnung des Sofortvollzugs keine Bedenken.
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2.2. Im Weiteren überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der unter Ziffern 1.3 bis 1.6 getroffenen Anordnungen das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer insoweit erhobenen Klage. In der Hauptsache wird sich eine gegen die vorstehend genannten Anordnungen gerichtete Anfechtungsklage voraussichtlich als unbegründet erweisen.
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Rechtsgrundlage der im hiesigen Verfahren allein in Streit stehenden Anordnungen unter Ziffern 1.3 bis 1.6 des Bescheids vom 11. April 2025 ist Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG, wonach die Eigentümer und die sonst dinglich Verfügungsberechtigten von Baudenkmälern verpflichtet werden können, bestimmte Erhaltungsmaßnahmen ganz oder zum Teil durchzuführen, soweit ihnen das insbesondere unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Aufgaben und Verpflichtungen zumutbar ist; soweit sie die Maßnahmen nicht selbst durchzuführen haben, können sie zur Duldung der Maßnahmen verpflichtet werden.
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2.2.1. Bei dem streitgegenständlichen Gebäude handelt es sich um ein Baudenkmal im Sinne von Art. 1 BayDSchG.
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Die ehemalige Kapelle ist als Einzeldenkmal in die Liste der Baudenkmäler eingetragen. Es wird dort kurz beschrieben als „… Ehem. N … Klosterhof, nach 1803 F …-L … Wirtschaftshof; ehem. Gutskapelle, einfacher Walmdachbau mit Aufzugsluke und eingezogenem Dreiseitchor, Bruchsteinmauerwerk, Rechteckfenster und Reste von Putzgliederungen, im Chorscheitel nachgotisches Vierpaßmaßwerk, spätes 16. / frühes 17. Jh., Dachtragwerk 1701/02 (dendro.dat.) erneuert, Westportal bez. 1794, Profanierung und Umbau nach 1860; Verwalter- und Wohnhaus, zweigeschossiger Halbwalmdachbau mit geohrten Sandsteinrahmungen, um 1700, Wappenkartusche über Portal bez. 1795; Rest der nördlichen Einfriedungsmauer, Bruchstein, wohl 18. Jh. FI.Nr. …5 [Gmkg. F … L … P …]“.
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Nach Art. 2 Abs. 1 BayDSchG hat diese Eintragung für die Denkmaleigenschaft – wie von den Beteiligten zutreffend hervorgehoben – keine rechtsbegründende Wirkung, sondern erfolgt nur nachrichtlich. Die Eigenschaft einer Sache als Baudenkmal hängt nicht von der Eintragung ab; vielmehr kommt es maßgeblich darauf an, ob die Voraussetzungen des Art. 1 BayDSchG erfüllt sind. Nach Art. 1 Abs. 1 BayDSchG sind Denkmäler von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Nach Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayDSchG sind Baudenkmäler bauliche Anlagen oder Teile davon aus vergangener Zeit, einschließlich dafür bestimmter historischer Ausstattungsstücke und mit der in Abs. 1 bezeichneten Bedeutung.
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Ohne weiteres handelt es sich bei ehemaligen Kapelle um eine bauliche Anlage aus vergangener Zeit. Das darüber hinaus erforderliche Interesse der Allgemeinheit an der Erhaltung des Gebäudes wegen einer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung bestätigt sich vorliegend anhand der in den vorgelegten Behördenakten enthaltenen Äußerungen und Beschreibungen des Landesamts für D. Das Landesamt für D. (Landesamt) ist die zur fachlichen Einschätzung des Denkmalwerts eines Baudenkmals und seiner Beeinträchtigung nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 DSchG berufene Fachbehörde. Auch wenn die Baugenehmigungsbehörden und die Gerichte rechtlich nicht an die fachliche Beurteilung des Landesamtes gebunden sind, sondern vielmehr deren Aussage- und Überzeugungskraft nachvollziehend zu überprüfen und sich aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine eigene Überzeugung zu bilden haben, kommt den fachlichen Einschätzungen der Fachbehörde – ähnlich einem fachkundig erstellten Sachverständigengutachten – auch aufgrund der gesetzlichen Wertung des Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG bei der Rechtsanwendung jedenfalls ein besonderes tatsächliches Gewicht zu (BayVGH, B.v. 23.11.2023 – 9 CS 23.1538; BayVGH, U.v. 26.10.2021 – 15 B 19.2130; U.v. 18.7.2013 – 22 B 12.1741; U.v. 25.6.2013 – 22 B 11.701 – alle juris). Insbesondere aus dem Schreiben des Bayerischen Landesamts für D. vom 26. September 2023 an die Gemeinde H … (Bl. 1 ff. d.A. D-2019-599) geht hervor, dass es der ehemaligen Gutskapelle eine hohe geschichtliche Bedeutung beimisst und ihre Erhaltung als im Interesse der Allgemeinheit liegend ansieht. Die auf Grundlage der Ortsbesichtigung vom 30. August 2023 durch die fachkundige Behörde getroffene Entscheidung, welche unter näherer Beleuchtung der Historie des Gebäudes getroffen wurde, erscheint der Kammer nach summarischer Prüfung plausibel und nachvollziehbar. Im Schreiben des Landesamts für Denkmalpflege werden die historischen Ursprünge der Liegenschaft und des im später 16. oder frühen 17. Jahrhundert um- oder neu gebauten Gebäudes sowie dessen baulichen Veränderungen und geänderten Nutzungen des Gebäudes im Einzelnen geschildert. So wird u.a. auf Erneuerungen des Dachwerks nach 1702/1703 und des westlichen Zugangs im Jahr 1794 sowie auf den Einzug einer Zwischendecke – offensichtlich mit der Absicht, diese als Ökonomiebau (Futtermittellager) umzunutzen – sowie auf einen Kaminzug eingegangen, der andeute, dass der untere Stock zumindest zeitweilig für den Aufenthalt von Personen, während das Dach als Lager bzw. Futtermittelhaltung genutzt wurde. Weiterhin wurde explizit die fachliche Einschätzung getroffen, dass entgegen der Sichtweise der Antragstellerseite mit dem Bau der neuen Gutskapelle die historische Aussagekraft der substanziell überlieferten älteren Gutskapelle nicht erloschen sei. Die Mitte des 19. Jahrhunderts profanierte Kapelle, die substanziell gesichert in die „Echterzeit“ zurückgehe und im Kern möglicherweise ältere Teile des 13. Jahrhunderts tradiere, sei neben dem ehemaligen Verwalter- und Wohnhaus der einzige substanziell überlieferte Baubestand des vormaligen, aus dem mittelalterlichen Priorat Einsiedel hervorgegangenen Klosterhofs. Infolgedessen hat sich das Landesamt für D. auch zu einer Präzisierung des Listeneintrags veranlasst gesehen. Nachdem eine Einordnung als Baudenkmal seitens Bayerischen Landesamts für D. wiederholt und nach zuletzt nochmals eingehender Prüfung vorgenommen wurde, dem weitere fachkundige Einschätzungen aus den letzten Jahren entsprachen (vgl. Stellungnahmen des Kreisheimatpflegers vom 7. Juli 2019 und vom 19. Juli 2022 sowie das Sprechtagsprotokoll vom 25.6.2019; Bl. 68 ff. der Behördenakte D-2019-599-2), aufgrund derer die von der Antragstellerin begehrte Abbrucherlaubnis mit Bescheid vom 4. Dezember 2020 versagt wurde (vgl. Bl. 79 ff. der Behördenakte D-2019- …) spricht alles für die Annahme eines Baudenkmals.
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Etwas anderes wäre nur dann der Fall, wenn durch die Veränderungen die aus vergangener Zeit stammenden Teile einer baulichen Anlage beseitigt werden oder die bauliche Anlage insoweit beeinträchtigt wird, dass sie die Bedeutungsschwelle des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG nicht mehr erreicht. Ein vom Zeitpunkt seiner Errichtung unverändertes Baudenkmal würde angesichts der üblichen, durch Entwicklung und Fortschritt bedingten An-, Um- und Ausbauten, welche bei nahezu jedem Gebäude im Laufe seines Bestehens vorgenommen werden, die Anforderungen an die Begründung der Denkmaleigenschaft bei weitem überspannen (vgl. BayVGH, B.v.14.9.2010 – 2 ZB 08.1815 – juris). Nachträgliche bauliche Änderungen lassen das Erhaltungsinteresse grundsätzlich nicht entfallen, wenn diese Veränderungen, die ein Gebäude im Laufe der Jahre erfahren hat, nicht so schwerwiegend sind, dass sie die Ablesbarkeit der Gründe für die denkmalrechtliche Unterschutzstellung beseitigen. Dass die von Antragstellerseite hervorgehobenen Veränderungen von Bausubstanz und Nutzung dazu geführt haben könnten, dass die bauliche Anlage die Bedeutungsschwelle des Art. 1 Abs. 1 BayDSchG nicht mehr erreicht, ist auf Grundlage der fachbehördlich getroffenen Feststellungen und Einschätzungen gerade nicht der Fall. Vielmehr geht daraus – insbesondere aus dem Schreiben des Bayerischen Landesamts für D. vom 26. September 2023 – hervor, dass dem Objekt ungeachtet dessen ein denkmalrelevanter Erinnerungswert an den Baubestand des vormaligen, aus dem mittelalterlichen Priorat Einsiedel hervorgegangenen Klosterhofs und eine hinreichend große geschichtliche Bedeutung zukommt. Indem die Antragstellerseite das öffentliche Erhaltungsinteresse mit Hinweis auf die im Lauf der Zeit erfolgten baulichen Veränderungen am Gebäude, auf die Veränderungen in der Nutzung und auf einen größtenteils erfolgten Abriss der Klosteranlage in Abrede zu stellen sucht, vermag sie dementsprechend nicht durchzudringen. Die Antragstellerseite stellt der fachlichen Stellungnahme des Landesamts für D. lediglich ihre abweichende Auffassung gegenüber und stellt denkmalschutzrechtliche Schutzzwecke für den konkreten Fall in Abrede, ohne dass hierdurch die fachliche Einschätzung substanziell entkräftet wird.
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Auch ist nicht davon auszugehen, dass dem vorstehend ausgeführten Denkmalwert ein unzureichender Erhaltungszustand des Gebäudes entgegengehalten werden kann. Es ist allgemein anerkannt, dass der Erhaltungszustand eines denkmalwerten Gebäudes grundsätzlich keinen Einfluss auf dessen Schutzwürdigkeit hat. Auch ein schlecht erhaltenes Denkmal ist erhaltenswert. Das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Baudenkmals wird dadurch nicht beeinflusst. Nicht denkmalfähig kann allerdings ein baufälliges, nicht erhaltungsfähiges Gebäude sein. An der Erhaltungsfähigkeit fehlt es, wenn das Gebäude derartige Mängel in der Beschaffenheit seiner Bausubstanz aufweist, dass es unter Wahrung seiner Identität nicht mehr mit technischen Maßnahmen denkmalgerecht saniert werden könnte, weil die Sanierung dieser Schäden einer Neuerrichtung gleichkäme oder weil feststeht, dass das Denkmal in naher Zukunft unabwendbar untergehen wird, also definitiv rettungslos abgängig ist. Die Frage der Erhaltungsfähigkeit beurteilt sich hierbei weder nach dem bautechnischen Aufwand der Sanierung noch nach den damit verbundenen Kosten, sondern allein aus denkmalfachlicher Sicht (vgl. zum Ganzen OVG Hamburg, B.v. 5.7.2022 – 3 Bs 259/21 – juris m.w.N.; OVG Münster, U.v. 18.2.2015 – 2 L 175/13; OVG Saarlouis, U.v. 20.11.2008 – 2 A 269/08 – alle juris). Unter Anlegung dieses Maßstabs kann nach summarischer Prüfung nicht angenommen werden, dass das ehemalige Kapellengebäude in diesem Sinne bereits denkmalschutzrechtlich „unrettbar“ verloren ist oder dass die Sanierung einer Neuerrichtung gleichkäme. Der schlechte Zustand des hier allein im Hinblick auf die Sicherungsmaßnahmen streitgegenständlichen Gebäudes wird auch vom Landratsamt M.-S. nicht in Frage gestellt. Unbestritten bestehen diverse erhebliche bauliche Mängel. Trotzdem dürfte das Gebäude aus denkmalfachlicher Sicht erhaltungsfähig sein. Allein die beschriebenen Mängel führen nicht zu der Schlussfolgerung, dass die bauliche Anlage aus bautechnischen Gründen nicht denkmalgerecht saniert werden könnten und damit ihre Denkmalaussage aufgrund einer rettungslosen Abgängigkeit bereits verloren hat. Eine denkmalgerechte Instandsetzung erscheint trotz der notwendigen Eingriffe und einem entsprechenden Kostenaufwand möglich.
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2.2.2. Die Anordnungen in Ziffer 1.3 bis 1.6 des Bescheids sind als Erhaltungsmaßnahmen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 BayDSchG anzusehen. Durch die Befestigung loser Teile der Verbretterung des Daches, die Entfernung loser Bieberschwanzziegel, Schließung von Dachhaut und Fenstern sowie Instandsetzung oder Ersetzung von Dachrinnen und Fallrohren sollen das weitere Eindringen von Feuchtigkeit und die Fortsetzung der Schädigung der Bausubstanz verhindert werden.
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2.2.3. Die unter Ziffern 1.3 bis 1.6 des Bescheids vom 11. April 2025 angeordneten Maßnahmen sind als Notsicherungsmaßnahmen zur Gebäudeabsicherung und zur Verhinderung des fortschreitenden Verfalls der historischen Bausubstanz geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn. Es sind insbesondere keine die Antragstellerin weniger belastenden Maßnahmen ersichtlich, die das Gebäude vergleichbar gut schützen können. Auch stehen die Notsicherungsmaßnahmen nicht in einem Missverhältnis zum angestrebten Erfolg. Das Ziel der Maßnahmen ist es, einstweilen einen weiteren Wassereintritt in das Baudenkmal zu verhindern, um damit im Sinne einer Notsicherung einstweilen das Herabfallen von Bauteilen zu verhindern und den bestehenden Zustand der historischen Bausubstanz zu erhalten. Es ist nicht aufgezeigt und auch anhand der Aktenlage nicht nachvollziehbar, dass die im hiesigen Verfahren gegenständlichen Maßnahmen ein solches Ausmaß erreichen, dass sie über eine vorläufige Sicherung des bestehenden Zustands in einem unverhältnismäßigen Umfang hinausgingen.
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Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin sind die ihr auferlegten Notsicherungsmaßnahmen auch zumutbar.
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Im Rahmen der hierbei anzustellenden Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist grundsätzlich danach zu fragen, ob die Erhaltung des Denkmals als solche und hierbei zu erbringende Maßnahmen in angemessener Relation zum Nutzwert des Gebäudes, seinem Zustand und seiner denkmalschutzrechtlichen Bedeutung stehen. Der für eine Sicherung des Denkmals notwendige Aufwand darf nicht außer Verhältnis zu dem Wert des Grundstücks oder des bei einer Veräußerung erzielbaren Kaufpreises stehen (Viebrock in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 5. Auflage 2022, Teil E II 1 Rn. 117). Jedoch sind im Einzelnen anhand der besonderen Situation im Einzelfall Modifikationen möglich, die sich vorliegend hauptsächlich aus der Erwägung ergeben, dass es sich um vorläufige Maßnahmen einer Notsicherung handelt. Zu untersuchen ist an dieser Stelle demzufolge zunächst nur die Zumutbarkeit der einzelnen Maßnahmen, nicht der dauerhafte Gesamterhalt des Denkmals (Spennemann in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 5. Auflage 2022, Teil F III 4 Rn. 39). Damit ist in die Betrachtung mit einzubeziehen, dass die angeordneten Maßnahmen angesichts des fortschreitenden Verfalls des Baudenkmals als bloße Notsicherungsmaßnahmen angesehen werden müssen und eine abschließende Wertung über die Zumutbarkeit einer dauerhaften Erhaltung des Baudenkmals noch nicht getroffen wird.
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Davon ausgehend spricht für die Zumutbarkeit der Anordnungen zunächst, dass es sich bei den Anordnungen um auf das Notwendigste beschränkte Sicherungsmaßnahmen im vorgenannten Sinne handelt, die – wie bereits ausgeführt – keine Weichenstellung im Hinblick auf eine künftige Sanierung bzw. Nutzung des Baudenkmals bedeuten (BayVGH, B.v. 19.2.2008 – 14 ZB 07.3069 – juris Rn. 15). Weiterhin bewegen sich die der Antragstellerin aufgegebenen Maßnahmen sämtlich im Rahmen einer für das Baudenkmal elementaren Grunderhaltung. Die zu erwartenden Kosten bewegen sich zudem in einem aus Sicht der Kammer noch tragbaren Rahmen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass der von Antragstellerseite veranschlagte Aufwand von insgesamt ca. 50.000,00 EUR (vgl. Schriftsatz vom 16. Juni 2025) – selbst wenn man diesen unbesehen zugrunde legt – auf unzureichende Unterhaltungsmaßnahmen in der Vergangenheit zurückzuführen sein dürfte. Dabei muss sich der Denkmaleigentümer grundsätzlich auch eventuelle Versäumnisse seines Rechtsvorgängers zurechnen lassen, da ansonsten die Erhaltungsverpflichtung durch Eigentumsübertragungen ausgehebelt werden könnte (Spennemann in Martin/Krautzberger, Denkmalschutz und Denkmalpflege, 5. Auflage 2022, Teil F II. Rn. 14 m.w.N.). Die Antragstellerseite hat auch nicht geltend gemacht, dass ihr die finanziellen Mittel für die hier streitgegenständlichen notwendigen Erhaltungsmaßnahmen fehlen. Ob – wie die Antragstellerseite vorbringt – die Erhaltung des Denkmals insgesamt wirtschaftlich nicht mehr zuzumuten ist, der Erhalt des Denkmals auf Dauer nicht aus den Erträgen zu finanzieren ist, bei Durchführung der Maßnahmen Pflichten der Antragstellerin zur sorgfältigen Nachlassverwaltung berührt werden und ob für die ehemalige Kapelle überhaupt noch eine sinnvolle Nutzungsmöglichkeit besteht, ist nicht abschließend festgestellt und im hiesigen Verfahren ohne Belang.
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Der Antragstellerseite ist allerdings insoweit zuzustimmen, als die Erhaltung eines Denkmals unzumutbar sein kann, wenn sich die Ziele des Denkmalschutzes schon aus „tatsächlichen“ Gründen nicht mehr verwirklichen lassen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das Baudenkmal in absehbarer Zeit ohnehin dem Verfall preisgegeben und als Ruine nicht erhaltungswürdig ist bzw. wenn bei einer Sanierung die Identität des Denkmals verloren ginge und nur noch eine Rekonstruktion entstünde oder wenn eine den Anforderungen des Art. 5 BayDSchG genügende Nutzung nicht in Betracht kommt (BayVGH, U.v. 27.9.2007 – 1 B 00.2474 – juris Rn. 79). Auch davon kann auf Grundlage der im hiesigen Verfahren anzustellenden summarischen Prüfung nicht ausgegangen werden. Vielmehr wird – wie vorerwähnt – seitens des Landesamts für D. gegenwärtig – in einer für das Gericht nachvollziehbaren Weise – davon ausgegangen, dass das Denkmal in einem erhaltungs- und sanierungsfähigen Zustand ist. Gefestigte Anhaltspunkte dafür, dass das Gebäude in absehbarer Zeit entgegen dieser fachkundigen Annahme ohnehin dem Verfall preiszugeben wäre oder dass bereits jetzt – ohne weitere Vorermittlungen – von künftigen Veränderungen ausgegangen werden müsste, die zu einem Verlust an Originalität und Integrität des Baudenkmals führen werden, oder dass die angeordneten Maßnahmen als von vornherein überflüssig und deshalb unzumutbar angesehen werden könnten, liegen demgegenüber nicht vor.
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2.2.4. Die Antragstellerin ist in ihrer Funktion als Testamentsvollstreckerin und Generalbevollmächtigte dinglich verfügungsberechtigt (vgl. hierzu Anlage K 2) und konnte damit als Adressatin der Anordnungen gem. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BayDSchG in Anspruch genommen werden.
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2.2.5. Die angegriffenen Anordnungen sind frei von Ermessensfehlern (§ 114 Satz 1 VwGO).
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Das Landratsamt M.-S. hat erkannt, dass die Anordnungen im pflichtgemäß auszuübenden behördlichen Ermessen stehen (vgl. S. 4 des Bescheids). Es hat im Rahmen der Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit die Erfüllung der aus Art. 4 Abs. 2 BayDSchG resultierenden Pflichten und die Bewahrung des Baudenkmals für die Allgemeinheit höher bewertet als das Interesse der Antragstellerin am Nichterlass der belastenden Anordnung. Gesichtspunkte, die nicht in die Ermessensausübung eingestellt wurden und einen Ermessensfehler begründen könnten, hat die Antragstellerseite weder benannt noch sind solche ersichtlich.
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Dass das Landratsamt M.-S. das Auswahlermessen dahingehend ausgeübt hat, die Antragstellerin und nicht den Grundstückseigentümer als Anordnungsadressatin auszuwählen, ist nicht zu beanstanden. Die Testamentsvollstreckung der Antragstellerin dauert bis zur – soweit ersichtlich – noch nicht eingetretenen Vollendung des 27. Lebensjahres des Grundstückseigentümers fort; sie darf über das Grundstück verfügen und ist in dieser Eigenschaft auch gegenüber dem Landratsamt M.-S. aufgetreten, weshalb die Einschätzung des Landratsamts, dass von ihr die effektivste Gefahrenabwehr zu erwarten ist, plausibel und nachvollziehbar erscheint.
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2.3. An der Bestimmtheit der angegriffenen Anordnungen (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG) bestehen keine rechtlichen Bedenken. Das gilt insbesondere für die in Ziffer 1.6. des Bescheids vom 11. April 2025 verwendeten Begriff „dem Bestand in Materialität entsprechend“. Das in Bezug auf die Dachrinnen und Fallrohre zu verwendende Material ergibt sich aus dem bisherigen Bestand.
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2.4. Im Ergebnis wird die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage, soweit sie auf Aufhebung der Sicherungsmaßnahmen unter Ziffern 1.3 bis 1.6 des Bescheids gerichtet ist, voraussichtlich ohne Erfolg bleiben.
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Im Übrigen würde selbst bei Annahme offener Erfolgsaussichten der Hauptsache das öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung überwiegen. Angesichts des fortgeschrittenen Verfalls des Baudenkmals, der durch Bildmaterial ausreichend dokumentiert ist, und des Umstands, dass im hiesigen Verfahren lediglich Notsicherungsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Verhinderung des weiteren Verfalls des Baudenkmals im Raum stehen, müssen die finanziellen Interessen der Antragstellerin zurückstehen.
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3. Der vorliegende Antrag ist daher unbegründet.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nrn. 1.5 und 12.4. des Streitwertkatalogs 2025 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und entspricht der Hälfte der (überschlägig) von Antragstellerseite veranschlagten Kosten in Höhe von 25.000,00 EUR.