Titel:
Erfolglose Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung für einen ortsfesten Eselstall
Normenketten:
VwGO § 86 Abs. 1 S. 1, § 108 Abs. 1, § 122 Abs. 2 S. 3, § 124 Abs. 2 Nr. 1–5, § 124a Abs 4 S. 4, § 138 Nr. 3
BayBO Art. 2 Abs. 1 S. 1, Art. 57 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 34 Abs. 1, § 35 Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 5
Leitsätze:
1. Baukörper, wie etwa größere landwirtschaftliche Betriebsgebäude, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, können maßstabsprägend sein, wenn sie ein entsprechendes bauliches Gewicht aufweisen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Auch die Bebauung mit einem eher kleinen Stall beeinträchtigt die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert (§ 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Gericht muss die Beteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Baugenehmigung für Eselstall (nicht privilegiert), Bauliche (ortsfeste) Anlage, Abgrenzung Innen- und Außenbereich, Großtierhaltung im allgemeinem Wohngebiet, Baugenehmigung, Eselstall, ortsfeste bauliche Anlage, mobiler Stall, Ergebnisrichtigkeit, Hausgarten, maßstabbildende Bebauung, allgemeines Wohngebiet, Außenbereich, Eigenart der Landschaft, rechtliches Gehör, Überraschungsentscheidung
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 19.12.2023 – W 4 K 21.392
Fundstelle:
BeckRS 2025, 1886
Tenor
I. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 19. Dezember 2023 – W 4 K 21.392 – wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2 und 3 als Gesamtschuldner zu tragen. Die Beigeladene zu 1 trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Kläger begehren die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Stalls zur Eselhaltung.
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Das 1536 m² große Vorhabengrundstück (FlNr. … der Gemarkung ...) liegt außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans im Anschluss an den Ortsrand der Beigeladenen zu 1, unmittelbar östlich angrenzend an das bebaute Wohngrundstück der Kläger (FlNr. … derselben Gemarkung). Nördlich und südlich des klägerischen Wohngrundstücks befinden sich an der B. …straße weitere Wohnanwesen, darunter das inzwischen bebaute Wohngrundstück der Beigeladenen zu 2 und 3 (FlNr. ...). Das Grundstück der Beigeladenen zu 2 und 3 als auch das klägerische Wohngrundstück liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „M. …“ der Beigeladenen zu 1, der allgemeines Wohngebiet festsetzt.
3
Der streitgegenständliche, bereits errichtete Eselstall hat Ausmaße von 3 m mal 5 m, bei einer Höhe von 2,50 m und ist mit einem Vordach versehen. Er besteht aus einer Stahlrahmenkonstruktion mit Seitenwänden und Dach und wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach auf dem Vorhabengrundstück versetzt.
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Mit Bescheid vom 16. Februar 2021 lehnte der Beklagte den Bauantrag der Kläger für den Eselstall ab. Die Beigeladene zu 1 hatte zuvor das Einvernehmen zum Bauvorhaben verweigert. Die Beigeladenen zu 2 und 3 hatten sich ebenfalls gegen das Bauvorhaben gewandt.
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Die Klage auf Erteilung der Baugenehmigung wies das Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 19. Dezember 2023 ab. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Bei dem Bauvorhaben handele es sich um eine bauliche Anlage i.S.d. Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO, deren Errichtung genehmigungspflichtig und nicht verfahrensfrei sei. Das Baugrundstück liege im Außenbereich; das Bauvorhaben sei nicht privilegiert gemäß § 35 Abs. 1 BauGB und auch als sonstiges Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB nicht zulässig, weil es öffentliche Belange i.S.d. § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beeinträchtige.
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Gegen das Urteil richtet sich der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte und die Beigeladenen zu 2 und 3 entgegentreten.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
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1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO, die die Kläger sämtlich geltend machen, sind nicht ausreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), liegen jedenfalls nicht vor.
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a) Der vorrangig geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor.
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Eine Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (vgl. BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 4 B 21.16 – juris Rn. 5). Solche einander widersprechende Rechtssätze liegen nicht vor.
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Die Kläger rügen eine Abweichung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts von dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Oktober 2009 (Az. 15 B 08.2380 – juris), wonach das Halten eines Pferdes und eines Esels nach der besonderen Lage des Einzelfalls der Eigenart eines allgemeinen Wohngebiets nicht widersprechen könne. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in dieser Entscheidung (UA S. 17, Rn. 17) unter Bezugnahme auf eine frühere Entscheidung jedoch hinzugefügt, dass eine Pferdehaltung in einem allgemeinen Wohngebiet zwar regelmäßig unzulässig sei, weil sie seiner Eigenart widerspräche. Es sei aber nicht ausgeschlossen, dass in besonders gelagerten Fällen auch in Wohngebieten eine Pferdehaltung zulässig sein könne. Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn es sich um weiträumige Grundstücke handle, die die Errichtung eines Pferdestalls in ausreichender Entfernung von den Nachbargrundstücken erlaubten.
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Demgegenüber hat das Verwaltungsgericht in seinem Urteil (UA S. 15) ausgeführt, die von den Klägern ausgeübte Eselhaltung stelle keine typischerweise in einem Wohngebiet zu erwartende Nutzung dar und liege nicht im Rahmen einer wohnakzessorischen, typischerweise der Wohnnutzung dienenden Freizeitbetätigung. Das Verwaltungsgericht hat sich dabei auf eine weitere, spätere Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs bezogen (B.v. 3.4.2014 – 15 ZB 12.2736 – juris Rn. 12), in der eine Großtierhaltung als außenbereichstypische Nutzung dargestellt wird. Eine Abweichung liegt daher inhaltlich nicht vor, da das Verwaltungsgericht nur den Einzelfall beurteilt hat und auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den zitierten Entscheidungen eine Großtierhaltung in einem Wohngebiet regelmäßig für unzulässig hält.
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Davon abgesehen war die insoweit vom Verwaltungsgericht geäußerte Rechtsauffassung für sein Urteil nicht entscheidungserheblich, da es entscheidungstragend darauf abgestellt hat, dass das Vorhabengrundstück nicht in einem allgemeinen Wohngebiet, sondern im Außenbereich liegt. Die Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Großtierhaltung in einem allgemeinen Wohngebiet waren daher nach der Beurteilung des Verwaltungsgerichts gar nicht einschlägig.
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b) Aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 18.3.2022 – 2 BvR 1232/20 – NVwZ 2022, 789 = juris Rn. 23 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 15). Bei der Beurteilung ist nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung abzustellen (vgl. BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 – NVwZ 2021, 325 = juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO erfordert eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrunds sowie eine erkennbare Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs, vor allem eine substantielle Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil. Dazu muss der Rechtsmittelführer im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen die Annahmen des Verwaltungsgerichts ernstlichen Zweifeln begegnen. Nur mit einer Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens oder der Darstellung der eigenen Rechtsauffassung wird dem Darlegungsgebot nicht genügt (vgl. BayVGH, B.v. 30.11.2021 – 9 ZB 21.2366 – juris Rn. 11 ff.).
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Die klägerischen Ausführungen in der Zulassungsbegründung sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu begründen. Die Kläger wiederholen weitgehend nur erstinstanzliches Vorbringen und genügen damit schon nicht dem Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Ungeachtet dessen hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Kläger keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung haben. Zur Begründung im Einzelnen wird auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts verwiesen (vgl. § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
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Zum Zulassungsvorbringen ist ergänzend auszuführen:
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aa) Das Verwaltungsgericht ging zutreffend davon aus, dass es sich bei dem bereits errichteten Eselstall um eine bauliche Anlage im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO handelt, die nicht gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder Buchst. c BayBO verfahrensfrei ist.
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Die Kläger haben mit ihrem Bauantrag vom 27. März 2020, der mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 16. Februar 2021 verbeschieden wurde, die Errichtung eines ortsfesten Stalls beantragt. In den Antragsunterlagen finden sich keine Hinweise darauf, dass es sich um einen mobilen Stall handeln solle. Dem Bauantrag lag ein Lageplan zur Abzeichnung der Flurkarte für die Nachbarn bei, auf dem der Standort des Stalls eingezeichnet ist. Ein mobiler Stall ist daher entgegen den Ausführungen der Kläger in der Zulassungsbegründung nicht streitgegenständlich; das Verwaltungsgericht musste sich zu einem solchen Stall in seinem Urteil daher auch nicht verhalten.
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Aus dem von den Klägern vorgelegten Schreiben des (ehemaligen) Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 5. Dezember 2017 zur baurechtlichen Behandlung mobiler Geflügelställe ergibt sich nichts Anderes. Danach handle es sich bei mobilen Geflügelställen mangels überwiegender Ortsfestigkeit in vielen Fällen nicht um bauliche Anlagen, sondern um Fahrzeuge (Anhänger). Diese Einschätzung setze allerdings voraus, dass die Ställe eine straßenverkehrsrechtliche Zulassung erhalten könnten. Nur dann könne die Mobilität gewahrt werden. Schon diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Ortsfestigkeit setze nach dem genannten IMS darüber hinaus eine erkennbar verfestigte Beziehung zwischen dem mobilen Stall und dem seiner Aufstellung dienenden Grundstück voraus. Komme es hingegen nur zu unwesentlichen Verschiebungen des Stalls, sei die Ortsfestigkeit und somit die Eigenschaft als bauliche Anlage zu bejahen (IMS S. 3 Buchst a). Die Mobilität sei gegeben, wenn zwischen den jeweiligen Einsatzorten eine gewisse räumliche und funktionelle Distanz bestehe. Diese Distanz kann jedoch bei der bloßen Verschiebung innerhalb eines nur 1536 m² großen Grundstücks nicht erreicht werden.
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bb) Der streitgegenständliche Stall ist aus dem vom Verwaltungsgericht dargelegten Gründen nicht gemäß Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder Buchst. c BayBO verfahrensfrei. Im Übrigen hätten die Kläger im Falle einer Verfahrensfreiheit ohnehin keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung.
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cc) Soweit die Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Hinblick darauf geltend machen, dass das Verwaltungsgericht das Baugrundstück als im Außenbereich gelegen beurteilt hat, greifen sie die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nach § 108 Abs. 1 VwGO an. In diesem Fall kommt eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nur in Betracht, wenn aufgezeigt wird, dass die Richtigkeit der richterlichen Überzeugungsbildung mangelhaft ist, weil das Verwaltungsgericht mit Blick auf entscheidungserhebliche Tatsachen von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist oder die Beweiserhebung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist, was insbesondere bei einer Verletzung von gesetzlichen Beweisregeln, Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, bei aktenwidrig angenommenem Sachverhalt oder offensichtlich sachwidriger und damit willkürlicher Beweiswürdigung anzunehmen ist (vgl. BayVGH, B.v. 13.10.2023 – 15 ZB 23.1404 – juris Rn. 11; B.v. 10.12.2019 – 9 ZB 17.1859 – juris 6; BVerwG, B.v. 26.10.2022 – 4 BN 22.22 – juris Rn. 16). Allein die bloße Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung jedoch nicht (vgl. BayVGH, B.v. 06.02.2023 – 15 ZB 22.2506 – juris Rn. 6; B.v. 09.02.2021 – 9 ZB 19.1582 – juris Rn. 21).
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Daran gemessen ist die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, wonach das Vorhabengrundstück im Außenbereich liegt, durch das Zulassungsvorbringen nicht infrage gestellt worden.
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Für die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Vorhabengrundstück im Außenbereich liegt, sprechen der den Bauunterlagen beiliegende Lageplan, der von einem aktuellen Auszug im BayernAtlas bestätigt wird, und die Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Augenschein einschließlich der dort gefertigten Bilder. Das Verwaltungsgericht hat entsprechend ständiger ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung zu Recht ausgeführt, dass der Bebauungszusammenhang – unabhängig vom Verlauf der Grundstücksgrenzen – am Ortsrand grundsätzlich am letzten Gebäude endet. Nach dem Tatbestand des Urteils des Verwaltungsgerichts, der von den Beteiligten insoweit nicht infrage gestellt wird, erstreckt sich der Geltungsbereich des Bebauungsplans der Beigeladenen zu 1 „M. …“ zwar auf das gesamte Wohngrundstück der Kläger, endet aber an der östlichen Grenze des Grundstücks und erfasst nicht auch Teile des östlich angrenzenden Vorhabengrundstücks. Insofern dürfte sich die Frage, welcher Gartenbereich „hinter der Bebauung“ auf dem Wohngrundstück der Kläger bebauungsakzessorisch als Hausgarten genutzt werden darf, gar nicht stellen. Das Wohngrundstück der Kläger ist rundherum von Garten- und Freifläche umgeben, sodass die Notwendigkeit einer Inanspruchnahme weiterer, angrenzender Flächen als Hausgarten, der bebauungsakzessorisch genutzt werden darf, nicht besteht.
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Dass auf den nicht überplanten, nicht in einem Bebauungszusammenhang gemäß § 34 Abs. 1 BauGB und daher ebenfalls im Außenbereich gelegenen Grundstücken nördlich und südlich des Vorhabengrundstücks Anlagen wie Gartenhäuser, Schwimmbecken, Spielgeräte und dergleichen tatsächlich vorhanden sind, wie die Kläger in der Zulassungsbegründung vortragen und sich auch aus dem beim Augenschein vom Verwaltungsgericht gefertigten Bildern ergibt, erweitert den Bereich der als Hausgarten nutzbaren Fläche für das klägerische Wohngrundstück über das Bebauungsplangebiet hinaus nicht. Denn das Vorhandensein dieser Anlagen wie Gartenhäuser, Schwimmbecken, Spielgeräte und dergleichen steht der Einschätzung des Verwaltungsgerichts, wonach das Vorhabengrundstück im Außenbereich gelegen ist, nicht entgegen. Denn hinsichtlich der Frage, ob ein Bebauungszusammenhang gemäß § 34 Abs. 1 BauGB besteht, gelten diese Gebäude nicht als maßgebliche Bebauung.
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In der Rechtsprechung ist geklärt, dass unter den Begriff der Bebauung im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB nicht jede beliebige bauliche Anlage fällt. Gemeint sind vielmehr Bauwerke, die für die angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung maßstabsbildend sind. Dies trifft ausschließlich für Anlagen zu, die optisch wahrnehmbar und nach Art und Gewicht geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten städtebaulichen Charakter zu prägen. Hierzu zählen grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Diese Rechtsprechung lässt allerdings Raum für abweichende Fallgestaltungen. Ob ein Gebäude, das nur vorübergehend (z.B. nur zu bestimmten Jahreszeiten) dem Aufenthalt von Menschen dient, nach Art und Gewicht eine den städtebaulichen Charakter der Umgebung mitbestimmende Baulichkeit darstellt, lässt sich nur nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls beurteilen und obliegt der tatrichterlichen Würdigung. Allgemein gültige Grundsätze lassen sich hierfür nicht aufstellen (vgl. BVerwG, B.v. 11.7.2002 – 4 B 30.02 – juris Rn. 3). Daher können auch Baukörper, wie etwa größere landwirtschaftliche Betriebsgebäude, die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, maßstabsprägend sein, wenn sie ein entsprechendes bauliches Gewicht aufweisen.
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Bei den von den Klägern genannten Anlagen – Schwimmbäder, Gartenhäuser und Spielgeräte – handelt es sich nicht um Gebäude, die nach Art und Gewicht eine den städtebaulichen Charakter der Umgebung mitbestimmende Baulichkeit darstellen. Auch insoweit ist dem Verwaltungsgericht zuzustimmen.
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Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin: Selbst, wenn man insbesondere nach der Bebauung des nördlich von den Klägern gelegenen Grundstücks der Beigeladenen zu 2 und 3 über den Geltungsbereich des Bebauungsplans hinaus noch den Teil des östlich angrenzenden Vorhabengrundstück, auf dem der Eselstall nach dem Lageplan errichtet werde soll, als Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB ansehen könnte, würde dadurch die Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts nicht infrage gestellt werden. Denn die Kläger haben in der Zulassungsbegründung nicht dargelegt, dass ein Stall für Großtiere in einem allgemeinen Wohngebiet hier ausnahmsweise zulässig sein könnte.
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Das klägerische Wohngrundstück ist auf drei Seiten von Wohnbebauung umgeben. Die Kläger behaupten zwar, dass die nähere Umgebung „sehr stark durch die Haltung von Pferden bzw. anderen Tieren“ geprägt sei, legen das aber nicht weiter dar. Ein landwirtschaftlicher Betrieb ist nach dem Lageplan und dem Luftbild in der näheren Umgebung nicht vorhanden; auch eine landwirtschaftliche Weidehaltung von Großtieren in der näheren Umgebung ist nicht ersichtlich. Eine Ausnahmesituation, die es erlauben könnte, die Errichtung eines Stalls für Großtiere in einem allgemeinen Wohngebiet zuzulassen, liegt daher nicht vor, wurde jedenfalls nicht dargelegt.
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dd) Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Hinblick darauf, dass das Bauvorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB nicht zulässig ist, weil das Bauvorhaben öffentliche Belange gemäß § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beeinträchtigt. Auch die Bebauung mit einem eher kleinen Stall beeinträchtigt die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Das Vorhaben widerspricht darüber hinaus der Darstellung des Flächennutzungsplans, der für das Vorhabengrundstück eine Fläche für Landwirtschaft vorsieht. Eine Hobbytierhaltung ist keine Landwirtschaft im Sinne dieser Vorschrift.
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c) Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Kläger legen nicht dar, dass die Rechtssache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, d.h. sich wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2022 – 8 ZB 22.1193 – AUR 2022, 472 = juris Rn. 32). Das ist, wie sich aus den Ausführungen unter Buchst. b ergibt, auch nicht der Fall.
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d) Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
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Die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine konkrete, noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, deren Beantwortung sowohl für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war als auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird und die über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder für die Weiterentwicklung des Rechts hat. Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist eine Frage auszuformulieren und substantiiert anzuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausreichende Bedeutung zugemessen wird (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2019 – 9 ZB 18.1261 – juris Rn. 17).
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Eine solche Rechts- oder Tatsachenfrage haben die Kläger in der Zulassungsbegründung nicht gestellt. Die grundsätzlichen Rechtsfragen zur Abgrenzung von Innen- und Außenbereich sind geklärt. Die Frage, ob ein konkretes Grundstück im Innenbereich oder im Außenbereich liegt, kann nur im jeweiligen Einzelfall beantwortet werden. Die Frage der Abgrenzung von ortsfesten zu mobilen Ställen ist hier nicht entscheidungserheblich, da die Kläger keinen mobilen Stall beantragt haben und die Voraussetzungen hierfür im Übrigen ohnehin nicht vorliegen.
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e) Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO i.V.m. § 138 VwGO wegen eines Verfahrensmangels – hier wegen der gerügten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach § 138 Nr. 3 VwGO oder wegen Verletzung der Amtsaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO – zuzulassen.
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aa) Das rechtliche Gehör sichert den Beteiligten ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 – BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Das rechtliche Gehör gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindeststandards, dass ein Kläger die Möglichkeit hat, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Die Gerichte sind nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden. Ein Gehörsverstoß liegt deshalb nur vor, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfG, B.v. 29.10.2015 – 2 BvR 1493/11 – NVwZ 2016, 238/241).
37
Die Kläger rügen eine Überraschungsentscheidung. Das Verwaltungsgericht hätte vor der Entscheidung in Telefonaten und noch im Augenschein der Kammer am 24. Mai 2022 den Eindruck erweckt, es würde der Klage stattgegeben, weil der Standort des Bauvorhabens noch dem Innenbereich zuzurechnen sei. Auf die Änderung ihrer Rechtsauffassung hätte das Verwaltungsgericht ebenso hinweisen müssen wie darauf, ob ein mobiler Stall zulässig sei.
38
Mit diesen Ausführungen legen die Kläger keinen Gehörsverstoß dar. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung ist anzunehmen, wenn das Gericht einen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht rechnen mussten (vgl. BVerfG, B.v. 13.2.2019 – 2 BvR 633/16 – juris Rn. 24 m.w.N.; BayVGH, B.v. 12.3.2020 – 9 ZB 20.30506 – juris Rn. 8).
39
Die Kläger übersehen, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2023 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom selben Tag ergangen ist, in der ausweislich des Protokolls die Sach- und Rechtslage erörtert wurde. Ein Gericht muss die Beteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, B.v. 21.6.2017 – 4 B 48.16 – juris Rn. 5 m.w.N.). Dass das Verwaltungsgericht noch in der mündlichen Verhandlung einen falschen Hinweis über den Ausgang des Verfahrens gegeben hätte, legen die Kläger nicht dar.
40
Das Verwaltungsgericht musste auch keine Hinweise auf eine etwaige Zulässigkeit eines mobilen Stalls geben, weil ein solcher nicht streitgegenständlich war.
41
bb) Die Kläger rügen ferner einen Verstoß gegen die Amtsaufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht hätte insbesondere nach der Bebauung des Nachbargrundstücks der Beigeladenen zu 2 und 3 einen neuen Ortstermin zur Klärung der Frage, ob Außenbereich oder Innenbereich gegeben sei, durchführen müssen.
42
Die Anforderungen an eine erfolgreiche Aufklärungsrüge werden mit diesem Vortrag nicht erfüllt. Diese erfordert bei anwaltlich vertretenen Beteiligten insbesondere auch die Darlegung, dass ein Beweisantrag erstinstanzlich gestellt wurde oder dass sich dem Ausgangsgericht die weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 8.7.2016 – 2 B 57.15 – ZBR 2017, 41 = juris Rn. 13; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 75). Die Kläger haben ausweislich der Sitzungsniederschrift keinen förmlichen Beweisantrag gestellt. Dass sich dem Verwaltungsgericht eine entsprechende Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, legen die Kläger nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.
43
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Da die Beigeladenen zu 2 und 3 im Zulassungsverfahren einen die Sache fördernden Beitrag geleistet haben, entspricht es der Billigkeit gemäß § 162 Abs. 3 VwGO, dass ihre etwaigen außergerichtlichen Kosten erstattet werden. Dementsprechend trägt die Beigeladene zu 1, die sich im Zulassungsverfahren nicht geäußert hat, billigerweise ihre etwaigen außergerichtlichen Kosten selbst.
44
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG und entspricht der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
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4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).