Titel:
Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit, hier: Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt
Normenketten:
BayBG Art. 65
BeamtStG § 26
SGB IX § 178 Abs. 2 S. 1
Leitsätze:
1. Gesetzlich vorgesehen und nach dem Zweck des § 178 Abs. 2 S. 1 SGB IX ausreichend ist die einmalige Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vor Erlass der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit durch den Dienstherrn; eine Pflicht des Dienstherrn zur fortdauernden Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung auch über diejenigen Informationen, die sich noch "nachträglich" bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens ergeben, besteht nicht, wobei es allerdings der Schwerbehindertenvertretung unbenommen ist, den Fall aus eigener Initiative weiter zu begleiten (ebenso VGH München BeckRS 2019, 27382). (Rn. 7 – 8) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist auch nicht wegen Verletzung der Suchpflicht ernstlich zweifelhaft, weil die dem Dienstherrn vor Versetzung in den Ruhestand eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit gesetzlich obliegende Suchpflicht entfällt, wenn der Beamte mangels Restleistungsvermögens vollumfänglich dienstunfähig ist (ebenso BVerwG BeckRS 2014, 54341). (Rn. 17 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Versetzung in den Ruhestand, Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung amtsärztliche Stellungnahme, psychiatrisches Sachverständigengutachten, kombinierte Persönlichkeitsstörung, Ruhestandsversetzung, Schwerbehindertenvertretung, Richtigkeit des Urteils, Dienstunfähigkeit, Suchpflicht, Zulassung der Berufung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 03.07.2024 – M 5 K 22.3527
Fundstelle:
BeckRS 2025, 18857
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 49.778,92 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der auf die Zulassungsgründe ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie auf einen Verfahrensmangel in Form einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
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1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind dann zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Auf der maßgeblichen Grundlage des Zulassungsvorbringens liegen keine ernstlichen Zweifel in diesem Sinn vor, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen könnten.
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Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Bescheid des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz (BayLfV) vom 23. März 2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2022, mit dem die dauernde Dienstunfähigkeit des zuletzt als Regierungsinspektor (Besoldungsgruppe A 9) tätigen Klägers festgestellt und seine Versetzung in den Ruhestand nach § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG im Zwangspensionierungsverfahren (vgl. Art. 66 Abs. 2 Satz 2 BayBG) verfügt worden ist, zu Recht abgewiesen. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung kommt es dabei auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung – hier also des Widerspruchsbescheids vom 15. Juni 2022 – an (stRspr vgl. BVerwG, U. v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – juris Rn. 10). Das Verwaltungsgericht ist anhand der amtsärztlichen Stellungnahme der Fachärztin für Psychiatrie Dr. K. vom Ärztlichen Dienst der Bayerischen Polizei München (PÄD) vom 9. Dezember 2021 und der gutachterlichen Beurteilung im psychiatrischen Sachverständigengutachten des Direktors der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums rechts der Isar, Univ.-Prof. Dr. P., des Oberarztes Dr. F. und des Assistenzarztes F. vom 21. Oktober 2021 zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass die Einschätzung des Beklagten rechtsfehlerfrei ist, der Kläger, der abgesehen von einem dreimonatigen Arbeitsversuch seit 15. März 2010 keinen Dienst mehr geleistet hat, sei aufgrund einer kombinierten Persönlichkeitsstörung (F61), einer rezidivierenden depressiven Störung mit gegenwärtig leichter Episode (F33.0) und einer Panikstörung dauernd dienstunfähig im Sinn von § 26 Abs. 1 BeamtStG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 BayBG und eine anderweitige Verwendung nach § 26 Abs. 2 oder Abs. 3 BeamtStG komme nicht in Betracht.
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1.1 Die Richtigkeit der Annahme des Verwaltungsgerichts, die erforderliche Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung sei den Anforderungen des § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX entsprechend erfolgt und damit die Ruhestandsverfügung formell rechtmäßig, ist nicht ernstlich zweifelhaft.
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Der Beklagte hat der Schwerbehindertenvertretung den maßgeblichen Sachverhalt durch Übersendung eines Abdrucks des an den Kläger gerichteten Anhörungsschreibens vom 4. Januar 2022 mit E-Mail vom 5. Januar 2022 und der Bitte um Stellungnahme übersandt. Nach den vom Kläger erhobenen Einwendungen hat der Beklagte die Schwerbehindertenvertretung erneut durch Schreiben vom 17. Februar 2022, dem die maßgeblichen Verfahrensunterlagen beigefügt waren, beteiligt. Die Schwerbehindertenvertretung hat mit Schreiben vom 10. Januar 2022 und 9. März 2022 jeweils keine Einwände gegen die beabsichtigte Ruhestandsversetzung erhoben und dabei bestätigt, dass sie „mit dem gesamten Schriftwechsel sowie dem Stand der Maßnahme vertraut“ sei.
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Das Zulassungsvorbringen, die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung sei nicht ordnungsgemäß gewesen, weil im Nachgang hierzu „wesentliche Tatsachen und Einwendungen“ des Klägers vorgetragen worden seien, die eine Entscheidung der Schwerbehindertenvertretung hätten beeinflussen können, zeigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf.
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Gesetzlich vorgesehen und nach dem Zweck des § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ausreichend ist vielmehr die einmalige Beteiligung (Unterrichtung und Anhörung) der Schwerbehindertenvertretung vor Erlass der maßgeblichen Entscheidung; es muss weder die Zustimmung noch überhaupt eine Entscheidung der Schwerbehindertenvertretung vorliegen. Deshalb war hier das gesetzlich geforderte Beteiligungsverfahren mit Abgabe der Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung vom 10. Januar 2022 beendet, ohne dass damit allerdings eine weitere Begleitung des Falles aus eigener Initiative der Schwerbehindertenvertretung ausgeschlossen gewesen wäre (BayVGH, B.v. 4.10.2019 – 3 ZB 18.1132 – juris Rn. 18).
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Auch aus dem vom Kläger zitierten Beschluss (OVG NW, B.v. 15.3.2010 – 6 A 4435/06 – juris Leitsatz 2, Rn. 39) lässt sich nicht ableiten, dass die Schwerbehindertenvertretung auch über diejenigen Informationen vom Dienstherrn unterrichtet werden müsste, die sich noch „nachträglich“ bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens mit Erlass des Widerspruchsbescheids ergeben. Denn der zitierte Beschluss betrifft nicht die vorliegende, sondern eine abweichende Fallkonstellation, in der der Dienstherr erstmals im Widerspruchsverfahren von der Schwerbehinderteneigenschaft des Beamten erfährt und damit seiner Verpflichtung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX (entspricht § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX a.F.) auch erst im laufenden Widerspruchsverfahren nachkommen kann; hier lässt die Rechtsprechung die Nachholung einer (objektiv fehlerhaft) unterbliebenen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung mit heilender Wirkung noch bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides zu (BVerwG, U.v. 21.6.2007 – 2 A 6.06 – juris Rn. 33; BayVGH, B.v. 23.2.2018 – 6 CS 17.2556 – juris Rn. 18). Damit ist jedoch keine Aussage verbunden, in jedem Fall bestehe bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens eine fortdauernde Verpflichtung zur Unterrichtung der Schwerbehindertenvertretung, auch noch über ihre Äußerung hinaus (BayVGH, B.v. 4.10.2019 – 3 ZB 18.1132 – juris Rn. 19).
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1.2 Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils kann auch nicht mit der Begründung als ernstlich zweifelhaft beurteilt werden, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht vom Vorliegen der Dienstunfähigkeit des Klägers ausgegangen, weil die maßgeblich zur Begründung herangezogene Stellungnahme des PÄD vom 9. Dezember 2021 oder das psychiatrische Sachverständigengutachten vom 21. Oktober 2021 fehlerhaft sei.
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Der Kläger meint, sowohl die Stellungnahme des PÄD vom 9. Dezember 2021, die nicht als Gesundheitszeugnis bezeichnet sei und nur „aus zwei knappen Sätzen“ bestehe, als auch das teilweise geschwärzte und dem Kläger nur auszugsweise vorliegende psychiatrische Sachverständigengutachten vom 21. Oktober 2021 wichen vom Gutachtensauftrag des Beklagten vom 9. Februar 2021 und den darin gestellten sieben Fragen ab. Der Untersuchungsumfang sei ohne entsprechende Grundlage um ein Vielfaches erweitert worden, indem auch nicht gestellte Fragen beantwortet worden seien. Der Dienstherr habe keine eindeutige Diagnose, nur aus dem Zusammenhang gerissene Aussagen und keinen einzigen Anhaltspunkt erhalten, wann, wo, ob überhaupt und in welcher Art und Weise eine Untersuchung stattgefunden habe. Vor diesem Hintergrund habe sich der Kläger mit den Schlussfolgerungen gar nicht auseinandersetzen können. Hinzu kämen die nicht nachvollziehbaren Vorwürfe, der Kläger hätte das BEM-Verfahren abgebrochen oder gar die Abordnung nicht ordnungsgemäß absolviert. Der Leiter der III. BPA WÜ habe in seiner E-Mail vom 27. Mai 2020 bestätigt, dass der Kläger „durchaus in der Lage sein könnte, in der Verwaltung Aufgaben zu übernehmen“ und „rein fachlich (…) an seiner Arbeit nichts auszusetzen“ sei. Daher habe es weder für einen Gutachtensauftrag noch für die Ruhestandsversetzung einen Grund gegeben. Das Verwaltungsgericht gehe darüber hinaus auch fälschlich davon aus, dass die richtigen Untersuchungsmethoden angewandt worden seien. Da das Gutachten nicht vorliege, seien diese nicht klar. Prof. Dr. P. selbst sei bei einer Untersuchung nicht anwesend gewesen und habe das Gutachten letztlich nur „abgewunken“. Der Kläger habe, zuletzt durch die Stellungnahme seines Privatarztes Dr. M. vom 28. März 2022, darauf hingewiesen, dass die Krankheiten teilweise nicht existierten, und teilweise Widersprüche im Gutachten aufgezeigt.
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Damit vermag der Kläger nicht durchzudringen.
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Das nicht aus zwei Sätzen, sondern zwei Seiten bestehende amtsärztliche Schreiben vom 9. Dezember 2021 stellt die Ergebnisse des auf der Untersuchung des Klägers am 30. März 2021 in der Ambulanz der Psychiatrischen Klinik gestützten (vgl. Ladungsschreiben des Klinikums rechts der Isar vom 12.3.2021) psychiatrischen Sachverständigengutachtens vom 21. Oktober 2021 nachvollziehbar dar und macht sich dieses zu eigen. Danach leidet der Kläger an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, einer rezidivierenden depressiven Störung mit gegenwärtig leichter Episode und einer Panikstörung. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Sachverständige Univ.-Prof. Dr. P. Einzelheiten der insgesamt sechs durchgeführten psychologischen Testverfahren erläutert und sich auch in überzeugender Weise mit den von Dr. M. in seiner Stellungnahme vom 28. März 2022 angeführten Einwendungen auseinandergesetzt (Protokoll S. 7 ff., S. 10; vgl. UA Rn. 43). Zudem legte er dar, dass zwei seiner Kollegen am Klinikum eine ausführliche Untersuchung des Klägers durchgeführt hätten und er die gestellten Diagnosen auf Grundlage der gewonnenen Untersuchungsergebnisse für fachlich korrekt befunden und die Bewertung der Kollegen mitgetragen habe (Protokoll S. 8 f., UA Rn. 40).
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Mit den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA Rn. 32) zur Form der Stellungnahme – diese erfülle ihre Funktion auch ohne ausdrückliche Bezeichnung als „Gesundheitszeugnis“ – setzt sich die Zulassungsbegründung nicht ansatzweise auseinander und verfehlt damit bereits die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Dies gilt in gleicher Weise für die unsubstantiierte Behauptung, das Verwaltungsgericht gehe fälschlich davon aus, dass die richtigen Untersuchungsmethoden angewandt worden seien. Zu den insoweit auf die Aussagen des Sachverständigen (Protokoll S. 8) gestützten Erwägungen des Verwaltungsgerichts (UA Rn. 41) nimmt die Zulassungsbegründung keine Stellung.
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Die geringfügigen Abweichungen zwischen dem Untersuchungsauftrag, den das BayLfV an den PÄD gestellt hat und dem, der seitens des PÄD an den externen Gutachter weitergegeben wurde, führen nicht zu ernstlichen Zweifeln an der erstinstanzlichen Entscheidung; denn sie beschränken sich im Wesentlichen darauf, dass eine (vom Untersuchungsauftrag offenkundig umfasste) Frage nach dem Vorliegen psychiatrischer Erkrankungen bzw. krankheitswertiger gesundheitlicher Beeinträchtigungen ergänzt wurde. Zwei weitere Fragen wurden nummerisch aufgeteilt und in Teilen geringfügig umformuliert, damit sie sich für die Erstellung der amtsärztlichen Einschätzung durch den PÄD besser eignen. Genau diese Fragen beantwortet das (externe) Gutachten im vorliegenden Teil. Der Kläger hat mit Schreiben vom 12. März 2021, in welchem ihm der Untersuchungstermin mitgeteilt wurde und welches auch Ausführungen zur geplanten Untersuchung und deren Umfang sowie Hintergrund enthält, jeweils Abschriften sowohl des Auftrags an den PÄD als auch an den externen Gutachter erhalten und war somit mit dem genauen Untersuchungsauftrag vertraut. Aus welchen Gründen sich der Kläger mit den Schlussfolgerungen der amtsärztlichen Stellungnahme und des psychiatrischen Sachverständigengutachtens nicht hätte auseinandersetzen können, erschließt sich dem Senat nicht. Der Kläger hätte des Weiteren, wenn er mehr Informationen über seine detaillierten Untersuchungsergebnisse bzw. die Einzeltestergebnisse hätte erfahren wollen, jederzeit das Recht und die Möglichkeit besessen, in seine Gesundheitsakten beim PÄD Einsicht zu nehmen.
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Ferner genügt die Antragsbegründung dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht, soweit sie den erstinstanzlichen Einwand wiederholt, für eine weitere Untersuchung habe kein Anlass vorgelegen, da weder das BEM-Verfahren noch die Abordnung aus vom Kläger zu vertretenden Gründen gescheitert sei. Denn damit geht die Antragsbegründung nicht näher auf die Feststellung des Verwaltungsgerichts (UA Rn. 44) ein, dass nach Erstellung und Bekanntgabe eines (amtsärztlichen) Gutachtens die Rechtmäßigkeit einer Untersuchungsanordnung grundsätzlich ohne Bedeutung ist (BayVGH, B.v. 20.4.2022 – 3 CE 22.604 – juris) und ein hinreichender Anlass für eine erneute Untersuchung schon deshalb vorgelegen habe, weil im vorangegangenen amtsärztlichen Gesundheitszeugnis vom 9. Juli 2019 im Falle des Scheiterns einer Wiedereingliederung (gleich aus welchem Grund) eine erneute nervenärztliche Begutachtung empfohlen worden sei.
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Dass der Kläger „in der Lage sein könnte, in der Verwaltung Aufgaben zu übernehmen“ und „rein fachlich (…) an seiner Arbeit nichts auszusetzen“ gewesen sei (E-Mail des Leiters der III. BPA WÜ v. 27.5.2020), haben der Beklagte (Widerspruchsbescheid S. 5) und das Verwaltungsgericht (UA Rn. 36) berücksichtigt. Diese durch einen Vorgesetzten im Jahr 2020 getroffene Einschätzung belegt aber schon deshalb nicht die Dienstfähigkeit des Klägers, weil nach Aussage des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung (vgl. Protokoll S. 11) nicht dessen kognitive Leistungsfähigkeit zur Bewertung als dienstunfähig führte, sondern die „Störungen im Zwischenmenschlichen“ (vgl. UA Rn. 43).
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1.3 Die Richtigkeit des angefochtenen Urteils ist auch nicht deswegen ernstlich zweifelhaft, weil es die dem Beklagten gesetzlich obliegende sog. Suchpflicht (vgl. § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG) als nicht verletzt angesehen hat (vgl. UA Rn. 42, 45).
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Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht habe die Frage nicht erörtert, „inwieweit die Schwerbehinderung und ein anderweitiger leidensgerechter Arbeitsplatz für den Kläger bereitstünden“. Es gehe zudem von falschen Tatsachen aus, weil er als Beamter des gehobenen und mittleren Dienstes (3. und 2. QE) nach mehreren Umschulungen letztlich überall eingesetzt werden könnte, selbst auf der Stelle eines Pförtners im Landratsamt.
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Dieser Vortrag verfängt schon deshalb nicht, weil das Erstgericht (UA Rn. 42, 45) aufgrund der amtsärztlichen Bewertung und des psychiatrischen Sachverständigengutachtens zutreffend davon ausgegangen ist, dass der Kläger mangels Restleistungsvermögens vollumfänglich dienstunfähig und damit die Pflicht zur Suche nach einem geeigneten Dienstposten entfallen ist (vgl. BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – juris Rn. 34). Das Sachverständigengutachten (S. 46) hat überzeugend dargelegt, dass für den Kläger keine anderweitige Verwendungsmöglichkeit bestehe, weder im Verwaltungsinnen- noch im Verwaltungsaußendienst (Antwort auf „Frage 8b und 8d“). Dem widerspricht auch nicht das Gutachten (Antwort auf „Frage 7“), wenn es darauf hinweist, dass sich der Kläger ausreichend konzentrieren könne, die Merkfähigkeit nicht herabgesetzt sei und er an Seminaren teilnehmen könne. Denn es stellt anschließend (S. 45) zugleich klar, dass vor dem Hintergrund der schweren kombinierten Persönlichkeitsstörung der Erfolg derartiger Umschulungsmaßnahmen fraglich erscheine und unflexible, rigide Verhaltensmuster und das stetige Ankämpfen gegen subjektiv empfundenes Unrecht mit einer überhöhten Darstellung der eigenen Qualitäten die erfolgreiche Teilnahme an Umschulungsmaßnahmen sowie insbesondere eine nachfolgende erfolgreiche Dienstausübung in einem neuen Tätigkeitsfeld verhindern könnten.
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2. Auch ein Verfahrensmangel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen kann, ist zu verneinen.
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Mit seinem Einwand, das Gericht hätte mindestens die beiden am Gutachten beteiligten und die Untersuchungen durchführenden Ärzte sowie den Privatarzt Dr. M., der das Gutachten in Zweifel gezogen habe, laden müssen, dringt der Kläger nicht durch.
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Dem Verwaltungsgericht, das die seiner Entscheidung zugrunde gelegten Ausführungen der Amtsärztin und des Gutachters für schlüssig und ausreichend erachtet hat, musste sich eine weitere Sachaufklärung durch die Einvernahme weiterer Ärzte nicht aufdrängen. Auf die entsprechenden Ausführungen unter 1. kann Bezug genommen werden. Zudem hat der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht durch einen Rechtsanwalt vertreten war, ausweislich der Sitzungsniederschrift keinen Beweisantrag auf Einvernahme weiterer Zeugen gestellt (zum Umfang der gerichtlichen Ermittlungspflicht: Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 86 Rn. 10). Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, insbesondere das Unterlassen der Stellung eines Beweisantrags, zu kompensieren (stRspr, vgl. etwa BVerwG, B.v. 13.6.2012 – 4 B 12.12 – juris Rn. 4). Wie dargestellt hat das Verwaltungsgericht den Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. P. in der mündlichen Verhandlung mit den von Dr. M. in seiner Stellungnahme vom 28. März 2022 angeführten Einwendungen konfrontiert und ist den insoweit schlüssigen und nachvollziehbaren Erläuterungen des Gutachters aus den im Einzelnen dezidiert dargelegten Gründen gefolgt (UA Rn. 43). Zudem hat es festgestellt (UA Rn. 40), dass der Sachverständige die durch die von seinen beiden Kollegen gestellten Diagnosen auf Grundlage der von ihnen gewonnenen Untersuchungsergebnisse für fachlich korrekt befunden und die Bewertung der Kollegen mitgetragen habe. Vor diesem Hintergrund musste sich dem Erstgericht aus seiner Sicht eine Einvernahme weder der beiden Kollegen noch des behandelnden Arztes aufdrängen, zumal der Kläger nicht vorträgt, welche zusätzlichen und entscheidungserheblichen Erkenntnisse durch die Einvernahme zu erwarten gewesen wären.
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3. Der Zulassungsantrag war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 40, 47, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 und 3 GKG.
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4. Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).