Inhalt

VGH München, Beschluss v. 23.07.2025 – 22 CE 25.1004
Titel:

Kostenentscheidung nach Erledigterklärung

Normenketten:
VwGO § 92, § 161, § 173
VGG § 35, § 75, § 85
Leitsatz:
Der Antrag der Antragstellerin auf aufsichtliches Einschreiten gegen die GEMA war als unzulässig abzulehnen, weil gem. § 85 Abs. 1 iVm § 75 Abs. 2 VGG ein aufsichtliches Einschreiten nur im öffentlichen Interesse erfolgt und § 85 Abs. 1 VGG nicht drittschützend ist. Die für erledigt erklärte Beschwerde der Antragstellerin wäre daher zurückzuweisen gewesen. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
GEMA, aufsichtliches Einschreiten, drittschützend
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 13.05.2025 – M 16 E 20.5124
Fundstelle:
BeckRS 2025, 18848

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt.
II. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. Mai 2025 – M 16 E 20.5124 – ist in Nr. I. und Nr. II. wirkungslos geworden.
III. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

1
Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2025 erhob die Antragstellerin Beschwerde gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. Mai 2025, mit dem ihr Antrag auf aufsichtliches Einschreiten der Antragsgegnerin gegenüber der GEMA als unzulässig abgelehnt worden ist. Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2025 hat die Antragstellerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Die Antragsgegnerin hat der Erledigterklärung mit Schriftsatz vom 17. Juli 2025 zugestimmt und beantragt die Kosten des Verfahrens der Antragstellerin aufzuerlegen.
2
Das Verfahren ist daher einzustellen (§ 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO analog) und der in der Vorinstanz ergangene Beschluss in Nr. I. und Nr. II. für wirkungslos zu erklären (§ 173 VwGO, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog).
3
Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Danach ist unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die Verfahrenskosten sind grundsätzlich demjenigen aufzuerlegen, der bei Fortsetzung des Verfahrens voraussichtlich unterlegen wäre.
4
Billigem Ermessen entspricht es im vorliegenden Fall, die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen der Antragstellerin aufzuerlegen. Wäre das Verfahren fortgesetzt worden, hätte die Antragstellerin auch im Beschwerdeverfahren mit ihrem Antrag keinen Erfolg gehabt. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin auf aufsichtliches Einschreiten als unzulässig abgelehnt, weil gemäß § 85 Abs. 1 i.V.m. § 75 Abs. 2 VGG ein aufsichtliches Einschreiten nur im öffentlichen Interesse erfolge und § 85 Abs. 1 VGG nicht drittschützend sei. Diese Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts ist zutreffend, so dass die Beschwerde – unabhängig vom Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses für eine Beschwerde nach der Verurteilung der GEMA zum Abschluss des von der Antragstellerin begehrten Pauschalvertrags nach § 35 VGG durch die Zivilgerichte – zurückzuweisen gewesen wäre. Das Verwaltungsgericht hat anhand der Entstehungsgeschichte von § 75 VGG und der Gesetzessystematik überzeugend dargelegt, dass Dritte keinen Anspruch darauf haben, dass die Aufsichtsbehörde bei Pflichtverstößen der Verwertungsgesellschaften aufsichtlich tätig wird. Durch den neu eingefügten § 75 Abs. 2 VGG wird klargestellt, dass Amtspflichten der Aufsichtsbehörde gegenüber Mitgliedern der Verwertungsgesellschaften und sonstigen Berechtigten nicht bestehen und daher auch kein subjektives Recht auf aufsichtliches Einschreiten (Freudenberg in BeckOK Urheberrecht, Stand 1.2.2025, § 75 VGG Rn. 9 mit Verweis auf BT-Drs. 18/7223, 94; Staats in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 6. Aufl. 2022, § 75 VGG Rn. 6; Seifert in Eichelberger/Wirth/Seifert, Urheberrechtsgesetz, 4. Aufl. 2022, § 75 VGG Rn. 7), weil die Aufsichtsbehörde ihre Aufgaben und Befugnisse nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt. Insbesondere lässt sich entgegen des Wortlauts des § 75 Abs. 2 VGG die drittschützende Funktion der Befugnisnorm des § 85 Abs. 1 VGG nicht damit begründen, dass der behauptete Monopolmissbrauch der Verwertungsgesellschaft von erheblichem Gewicht und die Überwachung des Kontrahierungszwangs eine Kernaufgabe der Aufsichtsbehörde sei. Denn das VGG sieht kein Rangverhältnis der Verpflichtungen und Aufgaben der Verwertungsgesellschaften und der Aufgaben und Befugnisse der Aufsichtsbehörde vor. Die Einhaltung der Verpflichtung aus § 35 VGG durch die GEMA mag zwar im öffentlichen Interesse liegen, führt aber im Gegenzug nicht dazu, dass der einzelne Nutzer einen Anspruch auf aufsichtliches Einschreiten gegen die Aufsichtsbehörde hätte, wenn die GEMA dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Weigert sich die GEMA, einen Vertrag nach § 35 VGG abzuschließen, so kann sich der betreffende Nutzer an die Aufsichtsbehörde wenden (§ 89 Abs. 2 VGG) oder ein Verfahren bei der Schiedsstelle anstrengen (§ 92 Abs. 1 Nr. 3 VGG). Selbst wenn die Aufsichtsbehörde auf den Hinweis des Nutzers nicht tätig wird, ist der Nutzer also nicht an der Durchsetzung seines Rechts aus § 35 VGG gehindert, sondern kann dieses anderweitig vor den Zivilgerichten verfolgen. Folglich kommt es auf die von den Zivilgerichten entschiedene Frage, ob die Antragstellerin materiell-rechtlich betrachtet einen Anspruch auf Abschluss eines Pauschalvertrages mit der GEMA hat, im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit eines Antrags auf aufsichtliches Einschreiten der Antragsgegnerin gegen die GEMA nicht an.
5
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG (wie Vorinstanz).
6
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1, § 158 Abs. 2 VwGO.