Inhalt

VGH München, Beschluss v. 13.02.2025 – 8 ZB 25.64
Titel:

Anwendbarkeit der Begründungsfrist des § 6 UmwRG

Normenketten:
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, § 6, § 8 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2
Leitsatz:
Für die Anwendbarkeit des § 6 UmwRG kommt es nicht darauf an, dass das Umweltrechtsbehelfsgesetz in zeitlicher Hinsicht anwendbar ist, sondern dass die Zulassungsentscheidung, auf die sich die Überwachungs- bzw. Aufsichtsmaßnahme nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 UmwRG bezieht, in der Sache bestimmten Anforderungen genügt. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Berufungszulassung (abgelehnt), Widerruf einer wasserrechtlichen Erlaubnis, Klagebegründungsfrist, Präklusion, Widerruf, wasserrechtliche Erlaubnis, Abwasserbeseitigung, Zulassungsentscheidung
Vorinstanz:
VG Bayreuth, Urteil vom 07.10.2024 – B 7 K 23.252
Fundstelle:
BeckRS 2025, 1883

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin wendet sich gegen den Widerruf einer ihr erteilten wasserrechtlichen Erlaubnis zur dezentralen Abwasserbeseitigung.
2
Mit Bescheid vom 7. März 2023 widerrief das Landratsamt Kronach die der Klägerin erteilte wasserrechtliche Erlaubnis vom 18. Januar 2013 zur dezentralen Abwasserbeseitigung durch Versickerung auf ihrem Grundstück. Die Klägerin ließ gegen diesen Widerrufsbescheid am 24. März 2023 Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth erheben, die ihre Prozessbevollmächtigten am 7. August 2023 begründeten.
3
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. Oktober 2024 abgewiesen. Die Klägerin sei mit ihrem Vorbringen nach § 6 UmwRG präkludiert.
4
Mit Ihrem Zulassungsantrag verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
II.
5
A. Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt und/oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 2, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
6
I. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
7
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 18.3.2022 – 2 BvR 1232/20 – NVwZ 2022, 789 = juris Rn. 23 m.w.N.) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 – NVwZ 2021, 325 = juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
8
Dies zeigt der Zulassungsantrag nicht auf. Der Anwendungsbereich des § 6 UmwRG ist – wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat (vgl. UA S. 6 f.) – eröffnet. Die nachträgliche Aufhebung einer Zulassungsentscheidung stellt eine „Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahme“ im Sinn des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG dar (vgl. BVerwG, B.v. 23.6.2020 – 9 A 22.19 – BVerwGE 168, 368 = juris Rn. 16 ff.). Auf den Umstand, dass das Umweltrechtsbehelfsgesetz in zeitlicher Hinsicht nicht auf den widerrufenen Bescheid vom 18. Januar 2013 anwendbar ist (§ 8 Abs. 2 UmwRG), kommt es nicht an. Ausreichend ist, dass die Zulassungsentscheidung, auf die sich die Überwachungs- bzw. Aufsichtsmaßnahme nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG bezieht, in der Sache bestimmten Anforderungen genügt (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.2021 – 4 C 2.19 – BVerwGE 172, 271 = juris Rn. 23). Dies hat das Erstgericht in Bezug auf § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG bejaht (vgl. UA S. 6). Der Zulassungsantrag setzt sich damit nicht auseinander. Die Auffassung des Erstgerichts trifft auch zu (vgl. BVerwG, U.v. 2.11.2017 – 7 C 25.15 – NVwZ 2018, 986 = juris Rn. 20; Fellenberg/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand September 2024, § 1 UmwRG Rn. 57).
9
II. Der Zulassungsantrag zeigt auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
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Die Klägerseite legt nicht dar, dass die Rechtssache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, d.h. sich wegen ihrer Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (vgl. BayVGH, B.v. 4.10.2022 – 8 ZB 22.1193 – AUR 2022, 472 = juris Rn. 32; BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – DVBl 2000, 1458 = juris Rn. 17). Abgesehen davon lässt sich die Frage, ob der widerrufene Erlaubnisbescheid vom 18. Januar 2013 eine taugliche Zulassungsentscheidung darstellt, auf die sich die Entscheidung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG bezieht, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ohne nennenswerten Aufwand im Zulassungsverfahren klären (vgl. oben Rn. 8).
11
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 51.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (i.d.F.v. 2013). Sie folgt der Festsetzung durch das Verwaltungsgericht, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
12
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).