Inhalt

VGH München, Beschluss v. 16.07.2025 – 21 ZB 24.820
Titel:

Ablehnung der Gewährung einer Überbrückungshilfe für Unternehmensverbund

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
ZustV § 47b
Leitsätze:
1. Für die Annahme einer Kraft behördlicher Selbstbindung beachtlichen neuen Verwaltungspraxis bedarf es einer aus den Umständen des Einzelfalls erkennbar werdenden Absicht, zukünftig vergleichbare Fälle ebenso zu behandeln, wobei eine solche Praxis bewusst und gewollt dauerhaft geänderten Vollzug voraussetzt, der sich aus einer im Nachhinein als fehlerhaft erkannten Rechtsanwendung des Beklagten gerade nicht ergebe. Eine lediglich irrtümliche – oder wie hier den Umständen der Sachbearbeitung in einem "Massenverfahren geschuldete" – Abweichung in Einzelfällen begründe gerade keine Änderung der Verwaltungspraxis. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zur Begründung einer ständigen Zuwendungspraxis bedarf es keiner bestimmten Zahl an Fällen, vielmehr kann bereits die Verlautbarung einer geplanten Vorgehensweise durch Verwaltungsvorschrift (antizipierte Verwaltungspraxis) oder eine erste Entscheidung in Verbindung mit dem Gleichheitssatz grundsätzlich zur Selbstbindung der Verwaltung führen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zur Feststellung einer tatsächlich geübten Verwaltungspraxis kann zwar auf die Förderrichtlinien, öffentliche Verlautbarungen der Bewilligungs-, übergeordneter Landes- oder aufgrund von Verwaltungsvereinbarungen eingebundener Bundesbehörden und sog. FAQs zurückgegriffen werden, jedoch ist zu beachten, dass grundsätzlich für die Selbstbindung der Verwaltung nicht einmal der Wortlaut einer Richtlinie oder der FAQ maßgeblich ist. Entscheidend ist immer das Verständnis des Zuwendungsgebers bzw. dessen tatsächliche Verwaltungspraxis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
4. Maßgeblich für die Gewährung der Überbrückungshilfe III sind die auf Ebene des Landes hierzu erlassenen Zuwendungsrichtlinien.  (Rn. 23-24) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Überbrückungshilfe III, Umsatzsteigerung, Zuwendungspraxis, Betriebsstätte, FAQ, verbundene Unternehmen, Unternehmensverbund, Gleichheitssatz, Verwaltungspraxis, Selbstbindung der Verwaltung, neue Verwaltungspraxis, Zuwendungsrichtlinien, maßgeblicher Zeitpunkt
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 23.02.2024 – M 31 K 22.5466
Fundstelle:
BeckRS 2025, 18839

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahren zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 748.410,25 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin, die im Bereich des Einzelhandels mit Waren verschiedener Art tätig ist, begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Zuwendung im Rahmen der Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III). Mit am 27. Oktober 2021 bei der Beklagten eingegangenem Antrag beantragte die Klägerin eine Gewährung der Überbrückungshilfe III in Höhe von 748.410,25 EUR.
2
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 29. Juni 2022 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass sich aus den konsolidierten Umsätzen bei Betrachtung des Unternehmensverbunds eine erhebliche Umsatzsteigerung ergebe. Es handle sich im konkreten Fall um die Verlegung des Sitzes eines zum Verbund gehörenden Unternehmens, nicht aber um den Wegfall bzw. das Hinzukommen einer Betriebstätte im Sinn der Ziff. 5.6 der FAQs. Daher könnten dessen Umsätze bei der Ermittlung des Umsatzrückgangs des Unternehmens nicht herausgerechnet werden.
3
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 23. Februar 2024 abgewiesen. Die Klägerin hat gegen das am 24. April 2024 zugestellte Urteil am 15. Mai 2024 die Zulassung der Berufung beantragt.
II.
4
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Das von der Klägerin innerhalb der Begründungsfrist Dargelegte, auf dessen Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. Nr. 2 VwGO) bestehen nicht. Der Rechtstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das Erstgericht ist nicht von einer Entscheidung eines übergeordneten Gerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) abgewichen. Ein Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor.
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1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
6
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn gegen dessen Richtigkeit nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wovon immer dann auszugehen ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt wird, dass sich die gesicherte Möglichkeit der Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergibt (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 und B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – jeweils juris). Solche ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich aus dem Zulassungsvorbringen nicht.
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a) Die Klägerin zweifelt an der Existenz der (unterstellten) Zuwendungspraxis der Beklagten aufgrund der Verlautbarungen im Verwaltungsverfahren und in der Begründung des Ablehnungsbescheids vom 29. Juni 2022. Die Beklagte habe im vorausgehenden Verwaltungsverfahren und in der Begründung des Ablehnungsbescheids vom 29. Juni 2022 das Wahlrecht aus Ziff. 5.6 Abs. 4 der FAQ Bund verneint, da nach ihrer Auffassung in tatsächlicher Hinsicht nur der Sitz der Gesellschaft verlegt worden sei. Erst im gerichtlichen Verfahren habe die Beklagte zur Beurteilung der streitigen Frage, ob eine Betriebstätte weggefallen bzw. hinzugekommen sei nicht (mehr) auf die tatsächlichen Gegebenheiten, sondern allein auf das rein formelle Kriterium der außenwirksamen handelsrechtlichen und notariell beurkundeten Verhältnisse des Unternehmens abgestellt.
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Hierzu hat das Erstgericht festgestellt, dass dieser Vortrag bereits sachlich unzutreffend sei. Die Beklagte habe gerade in der Behandlung des vorliegenden Falls ihre Praxis konsequent ihrem Zuwendungsvollzug zugrunde gelegt. Bereits im behördlichen Verfahren sei die prüfende Dritte im Rahmen entsprechender Rückfragen auf die Herangehensweise von Seiten der Beklagten hingewiesen worden (Bl. 68 der Behördenakte) und es sei hierzu umfangreicher Schriftverkehr (Bl. 68 ff. der Behördenakte) entstanden. Daraus, dass die Beklagte im Rahmen dieses Austauschs auf die Argumentation insbesondere von Seiten der prüfenden Dritten eingegangen sei und ihre Position bzw. Zuwendungspraxis erläutert habe, lasse sich nicht entnehmen, dass die Beklagte nach anderen Kriterien entschieden hätte.
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Dies ist nicht zu beanstanden. Nach den dem Senat vorliegenden Unterlagen wurde die begehrte Zuwendung im streitgegenständlichen Bescheid vom 29. Juni 2022 ausdrücklich auf Grundlage der ausgeführten Zuwendungspraxis abgelehnt. Aus diesem Bescheid ergibt sich, dass gemäß Ziff. 2.1b) der Richtlinie des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III – BayMBl. 2021, Nr. 132 vom 19.2.2021) antragsberechtigt die Unternehmen seien, die spätestens bis einschließlich 31. Oktober 2020 gegründet worden seien. Nach Ziff. 5.6 der FAQ Bund sei ausschlaggebend die Struktur des Unternehmens am 31. Oktober 2020, wobei Folgendes gelte: Fielen Betriebsstätten oder verbundene Unternehmen zwischen 1. Januar 2019 und 30. Juni 2021 weg, so seien deren Umsätze und Kosten herauszurechnen; kämen verbundene Unternehmen oder Betriebsstätten zwischen 1. Januar 2019 und 30. Juni 2021 hinzu, so könnten deren Umsätze und Kosten wahlweise beide mitberücksichtigt oder beide herausgerechnet werden. Nach dem Handelsregister und der beigefügten Satzung habe hier die … Deutschland GmbH ehemals … Retail D. GmbH ihren Satzungssitz von Düsseldorf nach Waldshut/Tiengen verlegt. Ziff. 5.6 der FAQ Bund gehe davon aus, dass verbundene Unternehmen oder Betriebsstätten hinzukämen oder wegfielen. Im vorliegenden Fall habe aber lediglich ein zum Verbund gehöriges Unternehmen seinen Sitz und damit natürlich auch die dazu gehörige Betriebstätte von A nach B verlegt. Es sei kein verbundenes Unternehmen bzw. keine Betriebsstätte hinzugekommen oder weggefallen. Durch die Schließung der Betriebstätte in Düsseldorf und durch die Eröffnung in Waldshut/Tiengen sei tatsächlich lediglich der Sitz verlegt worden. Es seien keine verbundenen Unternehmen oder Betriebsstätten hinzugekommen oder weggefallen. Eine reine Sitzverlegung des verbundenen Unternehmens werde von den Regelungen der Ziff. 5.6 der FAQ Bund nicht erfasst.
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Die Beklagte begründet dieses Ergebnis ausdrücklich mit ihrer regelmäßigen Entscheidungspraxis. Insbesondere wird aus der Begründung des Bescheides jedenfalls hinreichend deutlich, dass die Beklagte nicht auf vermeintlich tatsächliche Gegebenheiten abstellt. Im Übrigen hat die Beklagte ihre Verwaltungspraxis im gerichtlichen Verfahren ausreichend klar dargelegt (vgl. Protokoll über die öffentliche Sitzung vom 23.2.2024, S. 4 f.).
11
b) Die Klägerin möchte aus dem übrigen Inhalt der Behördenakte ableiten, dass, wenn die behauptete Zuwendungspraxis tatsächlich existent sei, es einer Abstimmung mit der Rechtsabteilung nicht bedurft hätte.
12
Für den Senat ist bereits nicht ersichtlich, weshalb eine interne Abstimmung im Rahmen der zuwendungsbehördlichen Sachbehandlung das Bestehen einer Zuwendungspraxis in Frage stellen sollte. Dem Erstgericht ist darin beizupflichten, dass die interne Abstimmung sich offensichtlich auf die Anwendung der Zuwendungspraxis im konkreten Einzelfall bezog (Bl. 20 der Behördenakte). Dies zeigt sich auch daran, dass die in der Behördenakte ersichtlichen Kommentare zur Sachbearbeitung vom 28. Februar 2022 (Bl. 20 der Behördenakte), auf die von der Klägerseite auch im Zulassungsverfahren abgestellt wird und aus denen die Abstimmung mit der Rechtsabteilung hervorgeht, zeitlich der umfangreichen Diskussion mit der prüfenden Dritten (und dem Klägerbevollmächtigten) zu Umfang und Reichweite der Ausnahmeregelung in Ziff. 5.6 der FAQs nachgelagert sind. Daraus kann jedoch nicht geschlossenen werden, dass die ständige Zuwendungspraxis erst dann entstanden ist.
13
c) Die Klägerin rügt, dass das Verwaltungsgericht die Indizwirkung (bezüglich des Nichtbestehens der behaupteten Zuwendungspraxis) in der Parallelentscheidung zur Überbrückungshilfe III Plus völlig verkannt habe. Bezüglich der Gewährung der Überbrückungshilfe III Plus würden im Wesentlichen dieselben Voraussetzungen wie bei der Überbrückungshilfe III gelten – lediglich bezogen auf einen anderen Förderzeitraum.
14
Diesbezüglich hat das Erstgericht überzeugend ausgeführt, dass mit einer in Einzelfällen von ihrer Zuwendungspraxis abweichenden und damit inhaltlich unrichtigen Sachbehandlung die Beklagte keine abweichende Verwaltungspraxis konstituiert habe. Für die Annahme einer Kraft behördlicher Selbstbindung beachtlichen neuen Verwaltungspraxis bedürfe es einer aus den Umständen des Einzelfalls erkennbar werdenden Absicht, zukünftig vergleichbare Fälle ebenso zu behandeln. Eine solche Praxis setze dabei bewusst und gewollt dauerhaft geänderten Vollzug voraus, der sich aus einer im Nachhinein als fehlerhaft erkannten Rechtsanwendung des Beklagten gerade nicht ergebe. Eine lediglich irrtümliche – oder wie hier den Umständen der Sachbearbeitung in einem „Massenverfahren geschuldete“ – Abweichung in Einzelfällen begründe gerade keine Änderung der Verwaltungspraxis (vgl. BayVGH, B.v. 04.12.2023 – 22 ZB 22.2621 – juris Rn. 15, B.v. 23.10.2023 – 22 ZB 23.1426 – juris Rn. 15; Nds. OVG, U.v. 24.03.2021 – 10 LC 203/20 – juris Rn. 29 f). Der Senat teilt diese Auffassung, die auf einer gefestigten Rechtsprechung beruht.
15
Im Übrigen hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausdrücklich angekündigt, die der Klägerin lediglich vorbehaltlich gewährte Überbrückungshilfe III Plus im Rahmen der Schlussabrechnung zu überprüfen und entsprechend der vorgetragenen ständigen Zuwendungspraxis zu entscheiden, mithin also die aus ihrer Sicht unrichtige vorläufige Förderentscheidung zu korrigieren.
16
d) Die Klägerin meint, es bestünden jedenfalls ernstliche Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht die Existenz der Zuwendungspraxis ohne die Vornahme weiterer Feststellungen hierzu annehmen hätte dürfen. Es sei vorliegend indiziert, dass eine Verwaltungspraxis bestehe, wonach von der Bewilligungsbehörde eine gängige Definition einer „Betriebsstätte“, insbesondere die des § 12 AO, zugrunde gelegt werde. Die Darlegungs- und Feststellungslast liege dabei aufgrund der Indizwirkung der FAQ Bund und des substantiierten Bestreitens der behaupteten gegenläufigen Verwaltungspraxis durch die Klägerin bei der Beklagten.
17
Zunächst bedarf es zur Begründung einer ständigen Zuwendungspraxis keiner bestimmten Zahl an Fällen (BayVGH, B.v. 4.12.2023 – 22 ZB 22.2621 – juris Rn. 14). Vielmehr kann bereits die Verlautbarung einer geplanten Vorgehensweise durch Verwaltungsvorschrift (antizipierte Verwaltungspraxis) oder eine erste Entscheidung in Verbindung mit dem Gleichheitssatz grundsätzlich zur Selbstbindung der Verwaltung führen (vgl. BayVGH, B. v. 04.12.2023 – 22 ZB 22.2621 – juris Rn. 14; B. v. 26.10.2023 – 22 C 23.1609 – juris Rn. 10). Das Vorliegen einer bestimmten Verwaltungspraxis kommt bereits ab dem ersten Fall, in Betracht. Eine Verwaltungspraxis hängt nicht allein objektiv von einer bestimmten Länge eines Förderzeitraums oder einer Mindestzahl von Förderfällen ab. Vielmehr umfasst die Festlegung einer ständigen Verwaltungspraxis ein subjektives Element. Es ist am Fördergeber, sich für eine Förderpraxis zu entscheiden. Ab dem Zeitpunkt seines subjektiven Entschlusses muss er sich objektiv daran messen lassen.
18
Selbst wenn der vorliegende Sachverhalt für die Beklagte der (erstmalige) Anlass zur Ausbildung der fraglichen ständigen Zuwendungspraxis, für den Wegfall oder das Hinzutreten verbundener Unternehmen oder Betriebstätten allein auf das Handelsregister abzustellen, gewesen sein sollte, würde dieser Umstand somit das Bestehen derselben nicht in Frage stellen. Die Beklagte kann in ihrer richtliniengeleiteten Zuwendungspraxis neben einer Abgrenzung des Kreises der Zuwendungsempfänger auch eine Eingrenzung des Zuwendungsgegenstandes vornehmen und die Kriterien für eine Zuwendungsgewährung näher definieren. Weiter ist es nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte bei der Eingrenzung und Festlegung des Zuwendungsgegenstandes eine typisierende Betrachtung anstellt. Daher kann sie für den Zuwendungsvollzug im Bereich verbundener Unternehmen Änderungen in der Struktur der Unternehmen (lediglich) auf Grundlage von nach außen sichtbaren und ohne weiteres nachprüfbaren Kriterien wie den Eintragungen in das Handelsregister beurteilen. Die diesbezüglichen detaillierten Ausführungen des Erstgerichts (UA S. 21 ff) sind nicht zu beanstanden.
19
Die Verwaltungspraxis der Beklagten wird durch die Klägerin nicht hinreichend in Frage gestellt. Zwar gibt es keine Pflicht der Klägerin, eine behauptete Verwaltungspraxis durch Beispiele gegenläufiger Förderung zu widerlegen (BayVGH, B.v. 21.12.2021 – 12 ZB 20.2694 – juris Rn. 28). Zumal wenn plausibel zur ständigen Verwaltungspraxis ausgeführt wird, reicht es aber auch nicht aus, unsubstantiiert eine gegenteilige Verwaltungspraxis zu behaupten. Vielmehr ist es Sache der Klägerin das Bestreiten zu substantiieren und konkrete Gründe für die Zweifel am Bestehen einer dargelegten Verwaltungspraxis anzuführen (vgl. BVerwG, B.v. 2.11.2007 – 3 B 58.07 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 22.5.2023 – 22 ZB 22.2661 – juris Rn. 33; B.v. 4.12.2023 – 22 ZB 22.2621 – juris Rn. 15; BayVGH, B.v. 27.3.2025 – 21 ZB 24.399 – Rn. 18) – zumal sie die Darlegungslast bezüglich des Vorliegens der Fördervoraussetzungen trägt.
20
Die Behauptung der Indizwirkung der FAQ Bund ist für die Substantiierung im vorliegenden Fall nicht ausreichend. Zur Feststellung einer tatsächlich geübten Verwaltungspraxis kann zwar auf die Förderrichtlinien, öffentliche Verlautbarungen der Bewilligungs-, übergeordneter Landes- oder aufgrund von Verwaltungsvereinbarungen eingebundener Bundesbehörden und sog. FAQs zurückgegriffen werden. Jedoch ist zu beachten, dass grundsätzlich für die Selbstbindung der Verwaltung nicht einmal der Wortlaut einer Richtlinie oder der FAQ maßgeblich ist (BayVGH, B.v. 22.5.2023 – 22 ZB 22.2661 – juris Rn. 29). Entscheidend ist immer das Verständnis des Zuwendungsgebers bzw. dessen tatsächliche Verwaltungspraxis zum maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung (st.Rspr. BayVGH, B.v. 27.3.2025 – 21 ZB 24.514 – juris Rn. 13). Diese Verwaltungspraxis hat die Beklagte hinreichend dargelegt.
21
Im Übrigen teilt der Senat ohnehin nicht die Auffassung der Klägerin, dass die FAQ Bund im vorliegenden Fall eine bestimmte Verwaltungspraxis indizierten. In Ziff. 5.6 der FAQ Bund zur Überbrückungshilfe III ist geregelt: „Analog können entsprechende Kürzungen vorgenommen werden bei Neugründung oder Kauf eines Unternehmens oder einer eindeutig abgrenzbaren Betriebsstätte zwischen 1. Januar 2019 und 30. Juni 2021 (Wahlrecht). Das bedeutet: Fallen Betriebsstätten oder verbundene Unternehmen zwischen 1. Januar 2019 und 30. Juni 2021 weg, so sind deren Umsätze und Kosten herauszurechnen; kommen verbundene Unternehmen oder Betriebsstätten zwischen 1. Januar 2019 und 30. Juni 2021 hinzu, so können deren Umsätze und Kosten wahlweise beide mitberücksichtigt oder beide herausgerechnet werden (bei Kauf auf Basis der Unterlagen der Vorgängerin oder des Vorgängers).“ Eine nähere Definition der Betriebstätte im Zusammenhang mit Ziff. 5.6 enthalten die FAQ Bund nicht.
22
e) Der Klägerin zufolge bestehen ernstliche Zweifel an der Beurteilung der Bindungswirkung der Vorgaben des Mittelgebers (Bund) aus den FAQ Bund. Die Bewilligungsbehörden seien an die vom Mittelgeber (vorliegend der Bund) erlassenen FAQ Bund gebunden, jedenfalls soweit die FAQ Bund eindeutige und unmissverständliche Vorgaben enthielten, die für unterschiedliche Interpretationen keinen Raum ließen. Aufgrund der Vollzugshinweise des Bundes und der FAQ Bund sei eindeutig und unmissverständlich, dass der Mittelgeber (der Bund) unter „Betriebsstätte“ nicht „die außenwirksamen handelsrechtlichen und notariell beurkundeten Verhältnisse des Unternehmens“ verstehe, sondern die tatsächlich bestehenden Verhältnisse von Unternehmen.
23
Maßgeblich für die Gewährung der Überbrückungshilfe III sind die auf Ebene des Landes hierzu erlassenen Zuwendungsrichtlinien. Derartige Richtlinien dienen dazu, eine den Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (vgl. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26). Deshalb bewirken sie zunächst nur eine interne rechtliche Bindung des Verwaltungsermessens. Selbst ein Verstoß gegen eine derartige Verwaltungsvorschrift oder andere Verlautbarungen, insbesondere des Mittelgebers, macht eine Ermessensausübung daher nicht rechtswidrig, die bloße Beachtung nicht rechtmäßig. In ihrem rechtlichen Verhältnis zum Förderempfänger ist die Bewilligungsbehörde – abgesehen von den sonstigen gesetzlichen Grenzen des Verwaltungshandelns – nur durch den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Wenn sich die Behörde an ihre Förderrichtlinien hält, ist sie daher durch das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe im Einzelfall eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. Weicht sie hingegen generell von den Förderrichtlinien ab, so verlieren diese insoweit ihre ermessensbindende Wirkung; ob das Verwaltungshandeln mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis. Es ist folglich unerheblich, welche Maßnahmen nach Auffassung des jeweiligen Antragstellers oder auch des Verwaltungsgerichts bzw. bei „richtiger Auslegung“ nach der Richtlinienbestimmung oder den FAQs förderfähig wären (BVerwG U.v. 25.04.2012 – 8 C 18/11 – juris Rn. 31 ff; U.v. 23.04.2003 – 3 C 25/02 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 23.10.2023 – 22 ZB 23.1426 – juris Rn. 13; B.v. 22.05.2023 – 22 ZB 22.2661 – juris Rn. 21; OVG NRW, B.v. 29.12.2023 – 4 B 455/23 – juris Rn. 10; B.v. 09.02.2023 – 4 A 3042/19 – juris Rn. 11 ff; Nds. OVG, U.v. 15.09.2022 – 10 LC 151/20 – juris Rn. 41).
24
Soweit die Klägerin auch im Zulassungsschriftsatz ausführlich eine Bindungswirkung im Verhältnis des Bundes zu den Ländern oder zu den ausführenden Zuwendungsbehörden postuliert, kommt es jedenfalls im Verhältnis zu (potentiellen) Zuwendungsempfängern und damit insbesondere hinsichtlich eines möglichen Anspruchs derselben auf Zuwendungsgewährung darauf nicht an (vgl. BVerwG, U.v. 25.04.2012 – 8 C 18/11 – juris Rn. 31). Es ist allein die Verwaltungspraxis im Freistaat Bayern – für den die Beklagte gemäß § 47b ZustV als Beliehene handelt – maßgeblich (vgl. BayVGH, B. v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2555 – juris Rn. 24 f.; SächsOVG, U.v. 25.11.2021 – 6 A 540/19 Rn. 24; OVG NRW, B.v. 29.5.2017 – 4 A 526/15 -juris). Denn der streitgegenständlichen Förderung liegt eine Richtlinie des Freistaates Bayern und gerade kein formelles oder materielles Bundesgesetz zugrunde, also kein Akt des Bundes und auch keine Rechtsvorschrift (vgl. auch schon BayVGH, B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – juris Rn. 28), die die Ermessensentscheidung über die Gewährung der Überbrückungshilfe leiten sollen, auch wenn die FAQ Bund bundesweit einheitlich sind und die Förderung auch aus Bundesmitteln erfolgt. Maßgeblich ist danach die aus der bayerischen Richtlinie abgeleitete, tatsächlich geübte Verwaltungspraxis im Zuständigkeitsbereich der Beklagten für den Freistaat Bayern.
25
f) Die Klägerin möchte Zweifel an der Annahme einer isolierten Zuwendungspraxis der Beklagten mit dem Argument wecken, dass das Verwaltungsgericht nicht auf die isolierte (unterstellte) Zuwendungspraxis der Beklagten hätte abstellen dürfen, sondern zur Sicherung einer bundeseinheitlichen Vergabe der Überbrückungshilfe III auf die einheitliche Zuwendungspraxis bei der Vergabe der Überbrückungshilfe III in allen 16 Bundesländern abzustellen gehabt hätte. Solche ernstlichen Zweifel bestehen indes nicht. Aus dem oben unter 1e) Dargelegten ergibt sich auch, dass entscheidend die Zuwendungspraxis der Beklagten ist.
26
g) Die Klägerin meint, die Auffassung, wonach unter einer Betriebstätte keinesfalls die außenwirksamen handelsrechtlichen und notariell beurkundeten Verhältnisse eines Unternehmens gemeint sein könnten, werde durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 25.08.2020 – 22 CE 20.1426) bestätigt.
27
Dies ist indes nicht der Fall. Die zitierte Entscheidung betrifft ein anderes Zuwendungsprogramm, nämlich die Corona Soforthilfe. Die dort gewonnenen Erkenntnisse können auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. Die Corona Soforthilfe fußt auf einer anderen Richtlinie als die hier in Streit stehende Überbrückungshilfe III. Gemäß Ziffer 5 der Richtlinien für die Gewährung von Überbrückungshilfen des Bundes für die von der Corona-Virus-Pandemie (SARS-CoV-2) geschädigten Unternehmen und Soloselbstständigen („Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Soloselbstständige“) vom 3. April 2020, Az. PGS-3560/2/1, in BayMBl 2020 Nr. 175, ist zuständige Bewilligungsstelle der Soforthilfe die örtlich zuständige Regierung oder die Landeshauptstadt München. Da es sich auch bei der Corona-Soforthilfe um eine Billigkeitsleistung auf Grundlage der Haushaltsordnung handelt, besitzt die jeweils zuständige Behörde wiederum eine eigene Interpretationshoheit über die maßgebliche Verwaltungsvorschrift.
28
h) Die Klägerin äußert ernstliche Zweifel daran, dass das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil die konkrete Umsetzung der Zuwendungspraxis der Beklagten als rechtmäßig angesehen habe. Die Existenz einer Betriebstätte hänge nach gängiger Definition oder Auffassung in keiner Weise mit den handelsrechtlichen und notariell beurkundeten Verhältnissen eines Unternehmens zusammen. Der Begriff der Betriebstätte stamme insbesondere aus dem Steuerrecht und werde in § 12 Satz 1 AO definiert.
29
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang damit argumentiert, dass Antragsteller, die sich – wie vorliegend die Klägerin – aus unternehmerischen Gründen für die „Variante der parallelen Sitzverlegung“ entschieden hätten, schlechter gestellt würden, als Antragsteller, die sich zur „Variante mit Neugründung einer Gesellschaft“ entschieden hätten, obwohl beide Varianten in Bezug auf den zu prüfenden Unternehmensverbund im Ergebnis identisch seien, hat das Erstgericht diesen Einwand gesehen (UA S. 23 f) und ihn jedoch nicht dahingehend gewertet, dass Eintragungen in das Handelsregister kein geeignetes oder willkürliches Kriterium für die Frage darstellen sollten, ob ein verbundenes Unternehmen hinzutritt oder wegfällt. Denn bei dem Gesichtspunkt der Klägerin handelt es sich letztlich um die Auswirkung einer zulässigen typisierenden, an formalen Gegebenheiten orientierten Betrachtungsweise in der Zuwendungspraxis, die sich im Ergebnis jedenfalls nicht als willkürlich darstellt. Bildet wie im vorliegenden Fall die Willkürgrenze den gerichtlichen Prüfungsmaßstab, kommt es nicht darauf an, ob es zu der festgestellten Verwaltungspraxis Alternativen gibt. Willkür ist vielmehr bereits dann zu verneinen, wenn sich die Behörde überhaupt von sachlichen Erwägungen hat leiten lassen. Dazu zählen insbesondere auch praktische Gesichtspunkte, da sie dazu beitragen können, Entscheidungsabläufe zu beschleunigen (OVG MV, U.v. 27.06.2001 – 2 L 39/99 – juris Rn. 31).
30
Insoweit verfängt auch der Einwand der Klägerin nicht, dass bei Unternehmen, die nicht im Handelsregister einzutragen seien und bezüglich derer auch keine notariellen Beurkundungen vorzunehmen seien (z.B. GbR, Einzelunternehmen, Freiberufler etc.), ein Abstellen auf die handelsrechtlichen und notariell beurkundeten Verhältnisse und insbesondere auf den im Handelsregister eingetragenen Sitz eines Unternehmens überhaupt nicht möglich sei. Allein der Umstand, dass es auch noch andere Fallgruppen gibt, bei denen möglicherweise andere Tatbestandsvoraussetzungen zu prüfen sind, führt noch nicht dazu, dass GmbHs mit den von der Klägerin genannten Unternehmen gleich zu behandeln sein müssten. Vielmehr kann sich die Verwaltungspraxis der Beklagten auch auf die Auslegung des Begriffs der Betriebstätte bei GmbHs beziehen.
31
2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Denn sie verursacht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine größeren, d.h. überdurchschnittlichen, das normale Maß nicht unerheblich übersteigende Schwierigkeiten und es handelt sich auch nicht um einen besonders unübersichtlichen oder kontroversen Sachverhalt, bei dem noch nicht abzusehen ist, zu welchem Ergebnis ein künftiges Berufungsverfahren führen wird. Vielmehr ist der Rechtsstreit im tatsächlichen Bereich überschaubar und die entscheidungserheblichen rechtlichen Fragen sind durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt.
32
Die Klägerin sieht besondere rechtliche Schwierigkeiten darin,
33
ob bei einer Vergabe von Mitteln aus dem Bundeshaushalt, die über die von den Ländern bestimmten Landesbehörden erfolgt, bezüglich einer zulässigen ständigen Verwaltungspraxis auf eine bundeseinheitliche Verwaltungspraxis aller Behörden abzustellen ist oder auf die isolierte Verwaltungspraxis einer einzelnen Bewilligungsbehörde,
34
ob die Bewilligungsbehörden bei der Vergabe von Billigkeitsleistungen und Fördermitteln des Bundes an eindeutige und unmissverständliche Vorgaben des Bundes (z.B. in FAQs) derart gebunden sind, dass die Bewilligungsbehörden auch nicht durch eine von den Vorgaben abweichende ständige Verwaltungspraxis abweichen dürfen und
35
ob die in Frage stehende konkrete Umsetzung der Zuwendungspraxis der Beklagten rechtmäßig ist oder insbesondere gegen das Willkürverbot verstößt.
36
Die Klägerin wirft zwar Fragen auf, ohne jedoch darzulegen, inwieweit diese besonderen Schwierigkeiten begegnen. Die Darlegungen der Klägerin gehen nicht über das hinaus, was zur Begründung der Zweifel einer Richtigkeit des angefochtenen Urteils ausgeführt ist. Besondere Schwierigkeiten im Sinn offener Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens (vgl. Happ/Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 27) ergeben sich daraus nicht. Die allgemeine Anmerkung, dass es hierzu noch keine Rechtsprechung gebe, reicht für die Darlegung des Zulassungsgrunds nicht aus.
37
Hinsichtlich der ersten Fragestellung ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass, wie oben (s. 1. e)) dargelegt wurde, die Bewilligung anhand einer bayerischen Richtlinie erfolgte und nicht anhand einer Bundesrichtlinie. Die Beklagtenseite hat zutreffend darauf aufmerksam gemacht, dass, wenn man annehmen würde, alle Behörden müssten in Deutschland gleich entscheiden, sich der Bund für ein einheitliches Bundesfördergesetz mit einer Bundesbehörde als entscheidende Stelle hätte entscheiden müssen. Dies ist hier nicht der Fall. Besondere Schwierigkeiten sind hier nicht zu erkennen.
38
Entsprechendes gilt für die zweite Fragestellung der Klägerin. Auch hier ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen.
39
Hinsichtlich der dritten Fragestellung ist für die Frage, ob die Zuwendungspraxis der Beklagten gegen das Willkürverbot verstößt, diese am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV zu messen. Soweit die Klägerin die rechtlichen Schwierigkeiten damit begründen möchte, dass es erforderlich sei, sich eingehend mit den „maßgeblichen Rechtsbegriffen“ (u.a. des Sitzes der Gesellschaft und der Betriebstätte) und deren Abgrenzung sowie unter anderen der Aussagekraft des Handelsregisters auseinander zu setzen, ist darauf hinzuweisen, dass eine Auseinandersetzung mit den maßgeblichen Rechtsbegriffen losgelöst von deren Verständnis in der Zuwendungspraxis dem Senat verwehrt ist.
40
3. Die Klägerin macht ohne Erfolg eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Um eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dem Darlegungsgebot genügend zu begründen, hat der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage zu formulieren und darzulegen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist, weshalb sie klärungsbedürftig ist und inwiefern der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 72).
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Die Klägerin hält die Fragen für klärungsbedürftig,
42
ob bei einer Vergabe von Mitteln aus dem Bundeshaushalt, die über die von den Ländern bestimmten Landesbehörden erfolgt, bezüglich einer zulässigen ständigen Verwaltungspraxis auf eine bundeseinheitliche Verwaltungspraxis aller Behörden abzustellen ist oder auf die isolierte Verwaltungspraxis einer einzelnen Bewilligungsbehörde
43
und
44
ob die Bewilligungsbehörden bei der Vergabe von Billigkeitsleistungen und Fördermittel des Bundes an eindeutige und unmissverständliche Vorgaben des Bundes (z.B. in FAQs) derart gebunden sind, dass die Bewilligungsbehörden auch nicht durch eine von den Vorgaben abweichende ständige Verwaltungspraxis abweichen dürfen.
45
Hinsichtlich der ersten Fragestellung besteht keine Klärungsbedürftigkeit, weil, wie oben (s. 1. d) – h)) dargelegt wurde, in der Rechtsprechung hinreichend geklärt ist, dass es auf die Verwaltungspraxis des Zuwendungsgebers ankommt. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich für die zweite Frage auch, dass die von der Klägerin behauptete generelle Bindung an Vorgaben des Bundes nicht besteht.
46
4. Die Berufung ist auch nicht wegen einer Divergenz nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen.
47
Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass das angefochtene Urteil mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz eines in der Vorschrift genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Im Zulassungsantrag muss ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen ist insoweit nicht ausreichend (vgl. BVerwG, B. v. 20.4.2017 – 8 B 56.16 – juris Rn. 5).
48
Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Es fehlt bereits an der Darlegung des abstrakten Rechtssatzes in der in Bezug genommenen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 25. August 2020 (Az. 22 CE 20.1426). Im Übrigen ist auf die obigen Ausführungen (s. 1. g)) zu verweisen. Zudem war der Antragsteller im Verfahren 22 CE 20.1426 eine natürliche Person, so dass Erkenntnisse, die für einen solchen Antragsteller gelten, nicht auf eine juristische Person übertragen werden können.
49
5. Der von der Klägerin behauptete Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Sie sieht den Verfahrensmangel in einem Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO, weil das Verwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft die Existenz der von der Beklagten behaupteten ständigen Zuwendungspraxis angenommen habe.
50
Die Rüge einer Verletzung der Aufklärungspflicht erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich und geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Außerdem muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 10.12.2020 – 2 B 6.20 – juris Rn. 8; B.v. 30.6.2021 – 9 B 46.20 juris Rn. 17; BayVGH, B.v. 10.12.2020 – 21 ZB 15.1783 – juris Rn. 43, B.v. 14.10.2022 – 22 ZB 22.212 – juris Rn. 34).
51
Ein Aufklärungsmangel kann bei einem anwaltlich vertretenen Beteiligten im Übrigen ohnehin nur dann angenommen werden, wenn das Gericht einem förmlich in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag nicht nachgegangen ist oder sich die Beweiserhebung geradezu aufdrängt (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 10.12.2020 – 2 B 6.20 – juris Rn. 8 m.w.N.). Einen entsprechenden Beweisantrag hat der Klägerbevollmächtigte aber nicht gestellt. Ebenso wenig hat sich eine weitere Aufklärung im Hinblick auf die vom Kläger angeführten Aspekte aufgedrängt, zumal es sich ohnehin in erster Linie um Rechtsfragen handelt und – wie ausgeführt – das Verwaltungsgericht die von der Klägerin gemachten Angaben in seinem Urteil berücksichtigt und gewürdigt hat. Es hat ausführlich die rechtlichen Voraussetzungen dafür dargelegt, unter welchen Voraussetzungen sich die Klägerin auf die ständige, allein maßgebliche Zuwendungspraxis der Beklagten berufen könnte (UA S. 15 ff.). Soweit die Klägerin rügt, dass das Erstgericht konkrete Feststellungen hätte treffen müssen, um eine von den FAQs abweichende Zuwendungspraxis annehmen zu können, hat sich das Verwaltungsgericht bereits ausweislich des Sitzungsprotokolls die Zuwendungspraxis der Beklagten darlegen lassen (Protokoll über die öffentliche Sitzung v. 23. Februar 2024, S. 3 ff.). Das Erstgericht hat sich in diesem Zusammenhang auch ausführlich mit der Chronologie der Sitzverlegung (UA S. 31 f) und der Eintragung ins Handelsregister auseinandergesetzt.
52
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
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Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).