Titel:
Ersatzeinreichung bei Störung des beA
Normenkette:
VwGO § 55d, § 57 Abs. 2, § 60 Abs. 1, Abs. 2 S. 2, § 147 Abs. 1 S. 1
Leitsatz:
Die Ersatzeinreichung eines Schriftsatzes per Fax anstelle als elektronisches Dokument per beA zulässig, wenn und solange die elektronische Übermittlung vorübergehend aus technischen Gründen. zB wegen eines Serverausfalls, nicht möglich ist. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Fristversäumnis wegen unzulässiger Ersatzeinreichung, Ersatzeinreichung nur während der Dauer einer Störung zulässig, Keine Wiedereinsetzung wegen Verschulden des Bevollmächtigten, Verschulden wegen unterbliebener Überprüfung der Funktionsfähigkeit des beA vor Ersatzeinreichung, Beschwerde, Fax, Ersatzeinreichung, elektronisches Dokument, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Technische Störung, Fristversäumnis
Vorinstanz:
VG Ansbach, Beschluss vom 21.05.2025 – AN 5 E 25.725
Fundstelle:
BeckRS 2025, 18832
Tenor
I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Sie ist bereits unzulässig, weil sie nicht fristgerecht eingelegt worden ist (1.) und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 Abs. 1 und 2 VwGO nicht vorliegen (2.).
2
1. Der Antragsteller hat seine Beschwerde nicht innerhalb der Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO eingelegt. Der Beschluss vom 21. Mai 2025, durch den das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers im einstweiligen Rechtsschutz auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, ihm eine Aufnahmezusage zu erteilen, hilfsweise die Antragsgegnerin zu verpflichten, über seinen Antrag zu entscheiden, abgelehnt hat, ist dem Bevollmächtigten des Antragstellers am 23. Mai 2025 zugestellt worden. Die zweiwöchige Einlegungsfrist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist mit dem 6. Juni 2025 abgelaufen (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187, 188 BGB). Der Beschwerdeschriftsatz vom 6. Juni 2025 ist am 6. Juni 2025 um 20:42 Uhr per Fax im Wege der Ersatzeinreichung beim Verwaltungsgericht eingegangen. Zur Begründung der Ersatzeinreichung per Fax verwies der Bevollmächtigte darauf, dass die bayerische Justiz am 6. Juni 2025 seit 9.30 Uhr nicht erreichbar sei. Dem entspreche der tagesaktuelle Hinweis auf der beA-Website. Er versichere zugleich anwaltlich, dass er tagsüber mehrfach, aber erfolglos versucht habe, Nachrichten per beA an das Gericht zu schicken. Mit Schreiben vom 9. Juni 2025, per beA an das Verwaltungsgericht übermittelt, beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers hilfsweise hinsichtlich der Einreichung der Beschwerde gegen den Beschluss vom 21. Mai 2025 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und verwies auf die eingeschränkte Erreichbarkeit der Justiz in Bayern am 6. Juni 2025 sowie ergänzend auf die Ersatzeinreichung per Fax am selben Tag mitsamt Begründung. Diesem Schreiben war auch der Beschwerdeschriftsatz vom 6. Juni 2025 beigefügt.
3
1.1 Mit der Ersatzeinreichung der Beschwerde per Fax am 6. Juni 2025 ist die zweiwöchige Einlegungsfrist nicht gewahrt, da die Beschwerde nicht als elektronisches Dokument (§ 55d VwGO) übermittelt wurde. Zwar bestand tatsächlich am 6. Juni 2025 seit 8:10 Uhr eine technische Störung der Justiz-IT in Bayern; diese dauerte ausweislich der Internetseite „beA Verfügbarkeit“ (https://portal.beasupport.de/ verfuegbarkeit) bis 18:01 Uhr. Eine Ersatzeinreichung ist jedoch nur für die Dauer der Störung zulässig, d.h. solange die elektronische Übermittlung vorübergehend aus technischen Gründen – zum Beispiel wegen eines Serverausfalls – nicht möglich ist (Schmitz in BeckOK VwGO, Posser/Wolff/Decker, 73. Ed. Stand: 01.04.2025 Rn. 5). Hier erfolgte jedoch die Ersatzeinreichung per Fax um 20:42 Uhr und damit erst mehrere Stunden später, nachdem die technische Störung der Justiz-IT in Bayern bereits behoben war.
4
1.2 Die Einreichung des Beschwerdeschriftsatzes vom 6. Juni 2025 per beA am 9. Juni 2025 ist erst außerhalb der Rechtsmittelfrist, über die der Antragsteller im angefochtenen Beschluss zutreffend belehrt worden ist und die nicht verlängert werden kann (vgl. § 57 Abs. 2 VwGO, § 224 Abs. 2 ZPO), beim Verwaltungsgericht eingegangen.
5
2. Dem Antragsteller ist bezüglich der Frist zur Einlegung seiner Beschwerde auch nicht die mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 9. Juni 2025 beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren. Vielmehr ist der Antrag abzulehnen, weil nicht glaubhaft gemacht wurde, dass die Frist zur Einlegung der Beschwerde unverschuldet nicht eingehalten wurde (§ 60 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die Überschreitung der Einlegungsfrist beruht auf einem Verschulden des Prozessbevollmächtigten, das sich der Antragsteller wie eigenes Verschulden zurechnen lassen muss (§ 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). In einem solchen Fall kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden.
6
Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten besteht darin, dass er vor der Ersatzeinreichung der Beschwerde per Fax am 6. Juni 2025 nicht nochmals geprüft hatte, ob eine Einreichung per beA zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen wäre. Zwar hatte der Bevollmächtigte in seiner Ersatzeinreichung vorgetragen, dass er tagsüber mehrfach, aber erfolglos versucht habe, Nachrichten per beA an das Gericht zu schicken. Jedoch erfolgte auf eine entsprechende Aufforderung des Gerichts zur weiteren Glaubhaftmachung der Tatsachen (zum Beispiel durch Vorlage des Nachrichtenjournals, in dem die erfolglosen Sendeversuche – insbesondere unmittelbar vor Durchführung der Ersatzeinreichung – protokolliert wurden) keine Reaktion durch den Bevollmächtigten, weshalb das Gericht davon ausgeht, dass der Bevollmächtigte vor der Durchführung der Ersatzeinreichung nicht mehr geprüft hatte, ob die Störung der Justiz-IT in Bayern zu diesem Zeitpunkt noch fortbestand; tatsächlich war diese – wie bereits ausgeführt – bereits wieder behoben, eine Beschwerdeeinreichung unter Beachtung von § 55d Satz 1 VwGO wäre daher möglich gewesen.
7
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 Abs. 1 und 2 GKG.
8
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1, 158 Abs. 1 VwGO).