Inhalt

VGH München, Beschluss v. 16.07.2025 – 15 CE 25.1111
Titel:

Nachbarbeschwerde, Bauaufsichtliches Einschreiten, Sichtschutzzaun

Normenkette:
BayBO Art. 75 S. 1
Schlagworte:
Nachbarbeschwerde, Bauaufsichtliches Einschreiten, Sichtschutzzaun
Vorinstanz:
VG Regensburg, Beschluss vom 20.05.2025 – RO 7 E 25.704
Fundstelle:
BeckRS 2025, 18795

Tenor

I. Die Beschwerde wird verworfen.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Antragsteller begehren vom Landratsamt Schwandorf bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Beigeladenen in Bezug auf die Errichtung einer Einfriedung aus PVC-Sichtschutzelementen sowie „ggf. der Errichtung einer Gartenhütte“.
2
Das Grundstück der Antragsteller sowie das westlich angrenzende Grundstück des Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Frauenäcker BA II – Ulmenweg“ der Gemeinde Bodenwöhr. Mit Unterlagen vom 27. September 2023 beantragte der Beigeladene die Erteilung einer isolierten Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans zur Errichtung einer Einfriedung aus PVC-Sichtschutzelementen bis zu einer Höhe von 1,85 m sowie der Errichtung einer Gartenhütte mit Pultdach außerhalb des Baufensters, die ihm von der Gemeinde mit bestandskräftigem Bescheid vom 28. September 2023 erteilt wurde. Seinen Antrag auf Erteilung einer isolierten Abweichung von den Abstandsflächen für die Errichtung der Gartenhütte nahm der Beigeladene mit Schreiben vom 6. Oktober 2023 zurück; dieses Verfahren wurde vom Landratsamt mit Schreiben vom 13. Oktober 2023 eingestellt.
3
Im September 2024 informierten die Antragsteller das Landratsamt, dass der Beigeladene mit der Errichtung der Sichtschutzwand begonnen habe. Im weiteren Schriftwechsel teilte das Landratsamt den Antragstellern mit Schreiben vom 11. März 2025 mit, dass die Errichtung der Einfriedung verfahrensfrei ist. Daraufhin beantragten die Antragsteller mit Schreiben vom 13. März 2025 und mit anwaltlichem Schreiben vom 19. März 2025 beim Landratsamt bauaufsichtliches Einschreiten gegen den Beigeladenen in Form einer Baueinstellung und Rückbau des Sichtschutzzauns.
4
Mit Schreiben vom 25. März 2025 stellten die Antragsteller einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Regensburg. Dieses lehnte den Antrag mit Beschluss vom 20. Mai 2025 ab. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass in Bezug auf ein Vorhaben „Errichtung einer Gartenhütte mit Pultdach“ weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht sei, da nach Rücknahme des diesbezüglichen Antrags auf Erteilung einer isolierten Abweichung nicht ersichtlich sei, dass der Beigeladene mit deren Errichtung begonnen habe oder deren Errichtung alsbald bevorstehe. Bezüglich des Sichtschutzzaunes bestehe kein Anordnungsanspruch, da das Vorhaben weder bauordnungs- noch bauplanungsrechtlich drittschützende Vorschriften zu Lasten der Antragsteller verletze. Der Sichtschutzzaun sei als geschlossene Einfriedung mit einer Höhe bis zu 2 m ohne eigene Abstandsflächen zulässig und verstoße weder gegen Brandschutzbestimmungen noch das Gebot der Rücksichtnahme. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.
5
Die Antragsteller sind der Ansicht, der Sichtschutzzaun entspreche nicht dem Bebauungsplan und halte wegen gebäudeähnlicher Wirkung die erforderlichen Abstandsflächen nicht ein. Der Beigeladene parke regelmäßig an der Grundstücksgrenze, was zu erheblichen Lärmimmissionen führe, verstoße gegen die Konzeption des Bebauungsplans und betreibe eine Autowerkstatt in seiner Garage, weshalb aufsichtliches Einschreiten geboten sei. Sie stimmten der Errichtung des Sichtschutzzaunes, der Garage, einer Werkstatt, einer Gartenhütte mit Freisitz und Feuerstelle an der Grundstücksgrenze nicht zu.
6
Sie haben beantragt,
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den Beschluss des Verwaltungsgerichts abzuändern/aufzuheben und dem Antragsgegner aufzugeben, die weitere Bauausführung des durch den Beigeladenen in Realisierung befindlichen Vorhabens „Errichtung einer Einfriedung aus PVC-Sichtschutzelementen sowie ggf. Errichtung einer Gartenhütte mit Pultdach außerhalb des Baufensters“ durch eine für sofort vollziehbar zu erklärende Ordnungsverfügung, jedenfalls bis zur Klärung der baunachbarlichen Rechtslage, vorläufig zu untersagen, und dem Beigeladenen einstweilen bis zur endgültigen Entscheidung des Senats aufzugeben, die weitere Bauausführung/Nutzung zu unterlassen bzw. die Nutzung zu untersagen.
8
Der Antragsgegner hat beantragt,
9
die Beschwerde zu verwerfen.
10
Die Beschwerde genüge den Darlegungsanforderungen nicht. Das angebliche Parkverhalten des Beigeladenen sowie eine angebliche Nutzung seiner Garage als Autowerkstatt stünden ersichtlich nicht im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren. Unabhängig davon wäre ein aufsichtliches Einschreiten gegen die verfahrensfreie Einfriedung letztlich nur bei Überschreitung der nach Erteilung der Befreiung durch die Gemeinde zulässigen Höhe von 1,85 m überhaupt denkbar. Zur erforderlichen Ermessensreduzierung auf Null sowie der erforderlichen Dringlichkeit verhalte sich die Beschwerde nicht.
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Der Beigeladene hat sich nicht geäußert.
12
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in beiden Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
13
Die Beschwerde ist nach § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entspricht.
14
Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Begründung der Beschwerde einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Sie muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb diese aus Sicht des Beschwerdeführers nicht tragfähig sind. Das erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Das erstinstanzliche Vorbringen zu wiederholen, ohne auf die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung einzugehen, reicht grundsätzlich ebenso wenig wie pauschale oder formelhafte Rügen (BayVGH, B.v. 18.3.2025 – 15 CS 25.59 – juris Rn. 10 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
15
Der Vortrag der Antragsteller, der Beigeladene verursache unzumutbare Lärmimmissionen, weil er an der Grundstücksgrenze parke, bei Parkmanövern (nächtliche) Ruhezeiten nicht beachte und in seiner Garage eine Autowerkstatt betreibe, weswegen er dort nicht parken könne, geht an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorbei und steht schon mit deren eigenem Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten wegen der Errichtung eines Sichtschutzzauns und „ggf. der Errichtung einer Gartenhütte“ in keinem erkennbaren Zusammenhang. Darüber hinaus ist das individuelle Fehlverhalten in Bezug auf das Abstellen von Fahrzeugen regelmäßig städtebaulich nicht relevant (vgl. BayVGH, U.v. 4.12.2012 – 15 B 12.1450 – juris Rn. 25).
16
Soweit die Antragsteller daran festhalten, der Sichtschutzzaun habe gebäudeähnliche Wirkung, weshalb Abstandsflächen einzuhalten seien, und der Sichtschutzzaun widerspreche dem Bebauungsplan, setzen sie sich nicht mit der Begründung des Verwaltungsgerichts auseinander. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass die Einfriedung Art. 6 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BayBO entspreche und, auch wenn sie gegen den Bebauungsplan verstoßen würde, daraus keine Verletzung drittschützender Rechte resultiere, da den maßgeblichen Festsetzungen des Bebauungsplans nur gestalterische Absichten zugrunde lägen (BA S. 9 f.). Hierauf geht das Beschwerdevorbringen nicht ein. Im Übrigen übersehen die Antragsteller, dass zur Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans ein bestandskräftiger Bescheid vom 28. September 2023 vorliegt. Das Verwaltungsgericht hat zudem eine Ermessensreduzierung auf Null verneint (BA S. 10 f.). Auch hierzu verhalten sich die Antragsteller nicht und setzen sich nicht mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum nicht geltend gemachten Anordnungsgrund auseinander. Unabhängig davon ist nicht alles, was ggf. unter dem Gesichtspunkt des baurechtlichen Nachbarrechtsschutzes als rücksichtslos und unzumutbar zu bewerten sein könnte, bereits ein für die Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht hinzunehmender wesentlicher Nachteil (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2019 – 15 CE 18.2652 – juris Rn. 25).
17
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO. Da sich der Beigeladene im Beschwerdeverfahren nicht beteiligt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
18
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 1.5 und 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. BayVGH, B.v. 23.1.2015 – 15 C 14.508 – juris Rn. 5). Sie entspricht der Festsetzung des Streitwerts durch das Verwaltungsgericht, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
19
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).