Titel:
Sicherungsmaßnahmen an einer Stützmauer
Normenketten:
VwGO § 93, § 124, § 124a
LStVG Art. 7, Art. 9
StVO § 32, § 49
BayStrWG Art. 2, Art. 6, Art. 67
Leitsatz:
Nicht jede bauliche Anlage, welche die technischen Merkmale einer Stützmauer erfüllt und im räumlichen Zusammenhang mit einer Straße steht, ist ohne Weiteres als Straßenbestandteil iSd Art. 2 Nr. 1 lit. a BayStrWG einzustufen. Voraussetzung ist vielmehr, dass der potenzielle Straßenbestandteil öffentlich gewidmet ist, dh die Eigenschaft einer öffentlichen Straße erhalten hat. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Stützmauer, Herabfallen von Mauerbestandteilen auf die Fahrbahn, Verpflichtung des Grundstückseigentümers zur Vornahme von Sicherungsmaßnahmen, Einwand, die Stützmauer sei Teil der Straße und damit vom Träger der Straßenbaulast zu unterhalten, Stützmauer als funktionaler Straßenbestandteil unabhängig von der Widmung des Standortgrundstücks (verneint), Sicherungsmaßnahmen, Antrag auf Zulassung der Berufung, Herabfallen, Mauerbestandteile, Fahrbahn, Grundstückseigentümer, Straßenbaulastträger, funktionaler Straßenbestandteil, Widmung, Standortgrundstück, Zustandsverantwortlicher, Rechtsmissbrauch, Verhältnismäßigkeit, Verfahrenstrennung
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 20.11.2024 – M 28 K 24.3455
Fundstelle:
BeckRS 2025, 18792
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 6.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
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Die Klägerin wendet sich gegen eine Verpflichtung zur Vornahme von Sicherungsmaßnahmen an einer Stützmauer.
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Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks FlNr. 3147 der Gemarkung M* …, das im Norden und Westen an die tiefer gelegene gemeindliche Ortsstraße „E* …“ und das Straßengrundstück FlNr. 3146 grenzt. Gegenüber der Straßenfläche wird das klägerische Grundstück auf einer Länge von über 70 m durch eine aus Nagelfluhsteinen und Beton bestehende, bis zu etwa 2 m hohe Mauer abgestützt. Zwischen Fahrbahn und Mauerfuß liegen zunächst eine der Straßenentwässerung dienende Betonrinne sowie daran anschließend ein unbefestigter Randstreifen. Die Fahrbahn verläuft überwiegend auf dem Grundstück FlNr. 3146. Insgesamt nehmen Fahrbahn, Betonrinne sowie Randstreifen allerdings im Norden sowie Nordwesten auch etwa 48 m² des klägerischen Grundstücks in Anspruch. Die Mauer steht weitgehend auf dem Grundstück der Klägerin und nur im Südwesten auf einer Fläche von etwa 1,85 m² auf dem Straßengrundstück FlNr. 3146. Die Eintragungsverfügung der Ortsstraße vom 20. Juni 1962 und das Straßenbestandsverzeichnis der Beklagten führen das Straßengrundstück FlNr. 3146 auf, nicht hingegen das klägerische Grundstück FlNr. 3147.
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Zwischen den Beteiligten ist seit langem streitig, wer für den Unterhalt und die Sicherung der Stützmauer verantwortlich ist.
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Mit Bescheid vom 15. Mai 2024 verpflichtete die Beklagte, soweit hier von Interesse, die Klägerin, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung Materialabplatzungen und Materialausbrüche der auf dem Grundstück FlNr. 3147 errichteten Mauer durch geeignete Sicherungsmaßnahmen zu unterbinden. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Mauer weise seit längerer Zeit Risse auf und es platze immer wieder Material ab. Dieses müsse regelmäßig vom gemeindlichen Bauhof beseitigt werden, weil es eine Gefahr für die Verkehrsteilnehmer darstelle. Die Klägerin sei als Zustandsstörerin richtige Adressatin der Anordnung. Die Mauer sei kein Straßenbestandteil, da sie sich auf dem klägerischen Grundstück befinde und ausweislich der Eintragungsverfügung und des Bestandsverzeichnisses nicht von der Widmung der Ortsstraße erfasst sei. Unabhängig davon lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Mauer der Straße diene.
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Dagegen erhob die Klägerin Anfechtungsklage zum Verwaltungsgericht München und beantragte zugleich die Verpflichtung der Beklagten, die Beseitigung der Ortsstraße E* …, von deren Entwässerungsrinne, deren Entwässerungskanal und deren Stützmauer durch die Klägerin als Eigentümerin zu dulden, soweit diese über das klägerische Grundstück verlaufen. Das Verwaltungsgericht trennte den mit der Verpflichtungsklage geltend gemachten Anspruch ab und wies die Anfechtungsklage, soweit hier von Interesse, mit Urteil vom 20. November 2024 ab.
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Zur Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung macht die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sowie einen Verfahrensmangel geltend.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hinreichend dargelegt sind bzw. nicht vorliegen (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
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1. Aus dem Vorbringen der Klägerin, auf das sich die Prüfung des Verwaltungsgerichtshofs beschränkt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
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a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn ein tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne nähere Prüfung beantworten lässt (vgl. BayVGH, B.v. 21.1.2022 – 22 ZB 21.2116 – BayVBl 2022, 493 Rn. 11; OVG NW, B.v. 1.10.2020 – 1 A 2433/20 – juris Rn. 4; SächsOVG, B.v. 8.12.2019 – 6 A 740/19 – juris Rn. 3; BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16 f.; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 = juris Rn. 9).
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b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, soweit das Verwaltungsgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten bejaht hat.
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aa) Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Verpflichtung zur Unterbindung von Materialabplatzungen und Materialausbrüchen sei zu Recht auf Art. 7 Abs. 2 LStVG gestützt worden. Gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 27 i.V.m. § 32 Abs. 1 StVO handle ordnungswidrig, wer öffentliche Straßen beschmutze oder dort Gegenstände liegen lasse, wenn dadurch der Verkehr gefährdet oder erschwert werde. Wer für solche verkehrswidrigen Zustände verantwortlich sei, habe diese unverzüglich zu beseitigen und bis dahin ausreichend kenntlich zu machen. Diesen Ordnungswidrigkeitstatbestand erfülle die für die Mauer verantwortliche Klägerin, die bislang keinerlei Maßnahmen getroffen habe, um das Herabfallen des porösen Materials zu verhindern oder für deren Beseitigung zu sorgen. Aus den in der Behördenakte befindlichen und den im Klageverfahren vorgelegten Lichtbildern sowie aus den eingeholten Gutachten sei ersichtlich, dass die Stützmauer auf erheblicher Länge Risse und oberflächliche Materialabplatzungen aufweise. Das abgebrochene Material falle regelmäßig auf die Straßenfläche, könne dort insbesondere den Fuß- und Radverkehr erschweren und müsse vom Bauhof der Beklagten entfernt werden. Da es bereits in der Vergangenheit zu Materialabplatzungen gekommen und die Sanierungsbedürftigkeit der Mauer durch mehrere von beiden Beteiligten eingeholte Gutachten festgestellt worden sei, sei bei ungehindertem Verlauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass hierdurch auch künftig Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs erschwert würden. Somit sei auch eine für Art. 7 Abs. 2 LStVG erforderliche konkrete Gefahr gegeben. Damit lägen die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG vor. Darüber hinaus sei Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG einschlägig, denn aus dem fortschreitenden Verfall der Mauer ergebe sich eine konkrete Gefahr für die dort genannten Schutzgüter. Denn unabhängig von der Frage, ob die Stützmauer tatsächlich einsturzgefährdet sei, würden Leben und Gesundheit der Verkehrsteilnehmer bereits durch die Materialabplatzungen konkret gefährdet.
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bb) Diese Annahmen stellt der Antrag auf Zulassung der Berufung nicht ernstlich in Frage. Wenn die Klägerin darauf verweist, in dem Gutachten des Ingenieurbüros P* … vom 19. Dezember 2018 werde eine Gefährdung des öffentlichen Verkehrs verneint, legt dieses bereits einen anderen Maßstab an als das Verwaltungsgericht. Der Sachverständige stellt darauf ab, derartige lose Teile würden niemanden „erschlagen“ und könnten vom Unterhaltspflichtigen in regelmäßigen Zeitabständen händisch abgetragen sowie entfernt werden. Vergleichbares gilt, soweit der Zulassungsantrag sich auf das Gutachten des Sachverständigen K* … vom 17. Juli 2023 bezieht. Dort heißt es zwar, der Mangel/Schaden habe kaum Einfluss auf die Verkehrssicherheit, die gegeben sei. Gleichzeitig wird jedoch eine gewisse Verkehrsgefährdung durch auf die Fahrbahn fallende lose Trümmer gesehen, der durch Sichern der Oberfläche mittels Stahllitzen- oder Kunststoffnetzen begegnet werden könne. Letzteres deckt sich mit den tatsächlichen Annahmen der Beklagten sowie des Verwaltungsgerichts.
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Soweit die Klägerin vorbringt, Mauerabplatzungen fielen regelmäßig auf den Randstreifen und ausnahmsweise in die Entwässerungsrinne, nicht jedoch auf den Straßenbelag, mag dies im Wesentlichen zutreffen. Aus den in den Akten befindlichen Lichtbildern, insbesondere den von der Beklagten ins Feld geführten Anlagen AG 2 und 3, ist jedoch ersichtlich, dass Abbrüche jedenfalls auch auf den äußersten Rand der Fahrbahn gelangen. Im Übrigen liegt es nahe, dass es eine Frage des Einzelfalls wie auch der Fallhöhe ist, wo herabfallende Materialien zu liegen kommen, und Materialien z.B. durch Wasser von Randstreifen und Entwässerungsrinne auf die Fahrbahn verfrachtet werden können. Dass sie dort eine Gefahr insbesondere für Radfahrer darstellen, liegt auf der Hand.
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c) Die Annahme des Verwaltungsgerichts, die Verfügung sei zu Recht an die Klägerin als Zustandsverantwortliche gerichtet worden, ohne dass dem die Straßenbaulast der Beklagten entgegenstehe, zieht der Zulassungsantrag ebenfalls nicht durchgreifend in Zweifel.
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aa) In dem angegriffenen Urteil heißt es dazu, die Klägerin sei als Eigentümerin des Grundstücks, auf dem die in Streit stehende Mauer ganz überwiegend gründe, Zustandsstörerin i.S.d. Art. 9 Abs. 2 Satz 1 LStVG. Sie könne gegen ihre sicherheitsrechtliche Verantwortlichkeit nicht mit Erfolg einwenden, dass die Mauer in der Straßenbaulast der Beklagten stehe. Ungeachtet der Frage, ob dies sicherheitsrechtliche Anordnungen gegenüber der Klägerin ausschlösse, sei die Stützmauer kein Bestandteil der Gemeindestraße. Denn das klägerische Grundstück, auf dem die Stützmauer ganz überwiegend stehe, sei weder in den Eintragungsverfügungen noch im Straßenbestandsverzeichnis der Beklagten aufgeführt. Die Stützmauer sei daher nicht ausdrücklich mitgewidmet worden und könne folglich nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs nicht als Straßenbestandteil eingestuft werden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht, soweit teilweise in der Literatur und Rechtsprechung für die Ermittlung der Reichweite der Widmung bzw. der Zurechnung der Straßenbaulast darauf abgestellt werde, ob die Stützmauer vorwiegend der Straße oder der besseren Nutzbarkeit des anliegenden Grundstücks diene. Weder aus den aktuellen Verhältnissen noch aus der Entstehungsgeschichte ergäben sich hinreichende Anhaltspunkte dafür, die Stützmauer aufgrund ihrer Funktion als Straßenbestandteil nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BayStrWG zu sehen.
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bb) Auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der das Bayerische Straßen- und Wegegesetz als nicht revisibles Landesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO) letztverbindlich auslegt, ist dies ohne Weiteres zutreffend. Gemäß Art. 2 Nr. 1 Buchst. a BayStrWG sind Stützmauern Teil des Straßenkörpers und gehören daher zur Straße. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist jedoch nicht jede bauliche Anlage, welche die technischen Merkmale einer Stützmauer erfüllt und im räumlichen Zusammenhang mit einer Straße steht, ohne Weiteres als Straßenbestandteil in diesem Sinn einzustufen. Voraussetzung ist vielmehr, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dass der potenzielle Straßenbestandteil öffentlich gewidmet ist, d.h. die Eigenschaft einer öffentlichen Straße erhalten hat. Die Widmung (Art. 6 Abs. 1 BayStrWG) erfasst dabei in der Regel nur diejenigen Bestandteile der Straße, die sich auf den Grundstücken befinden, deren Flurnummern in der Widmungsverfügung ausdrücklich genannt sind. Dies dient nicht nur dem Schutz des privaten Grundstückseigentümers, dem die Widmung die privatrechtlichen Eigentümerbefugnisse entzieht oder entwertet, sondern auch dem Schutz des zuständigen Straßenbaulastträgers, da so verhindert wird, dass ihm Straßenbaulasten aufgedrängt werden, denen er in Wirklichkeit nicht unterliegt. Wird ein Straßengrundstück mit einer eigenen Flurnummer gewidmet, brauchen die Eigentümer von Nachbargrundstücken nicht damit zu rechnen, dass die Widmung über die Grenzen der genannten Flurnummer hinausgreift. Der Widmungsumfang beschränkt sich in einem solchen Fall eindeutig auf die genannte Flurnummer und ist keiner Auslegung zugänglich, selbst wenn sich auf den nicht genannten Nachbargrundstücken Straßenbestandteile befinden (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2023 – 8 CS 23.1686 – juris Rn. 16 ff.; B.v. 7.3.2016 – 8 ZB 13.1667 – BayVBl 2016, 747 = juris Rn. 15; B.v. 23.9.2013 – 8 ZB 12.2525 – BayVBL 2014, 147 = juris Rn. 10; B.v. 4.10.2011 – 8 ZB 11.210 – juris Rn. 12; B.v. 3.12.1996 – 8 B 96.1086 – juris Rn. 19 ff.). Gleiches gilt für die – hier maßgebliche – Widmungsfiktion nach Art. 67 Abs. 4 BayStrWG bei der Erstanlegung eines Bestandsverzeichnisses. Folglich gelten regelmäßig nur solche Grundstücke als gewidmet, deren Flurnummern in der Eintragung genannt sind (vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2024 – 8 ZB 23.1189 – juris Rn. 11; U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – NVwZ-RR 2022, 657 = juris Rn. 39 ff.).
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Soweit der Antrag auf Zulassung der Berufung geltend macht, die Stützmauer sei funktionaler Straßenbestandteil, verhält sie sich nicht zu dieser Rechtsprechung, sondern zu einem abweichenden rechtlichen Prüfmaßstab, der maßgeblich auf die Interessenlage bzw. das Bestehen eines funktionalen Zusammenhangs zwischen Straße und Stützmauer abstellt. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ist dem dahingehenden Argument in seinem Beschluss vom 7. März 2016 (8 ZB 13.1667) zwar nachgegangen, hat darin jedoch bereits eine Errichtung der verfahrensgegenständlichen Mauer im Interesse des Trägers der Straßenbaulast verneint. Dementsprechend hatte er keinen Anlass, näher auf das Spannungsverhältnis zwischen diesem Maßstab und seinem Standpunkt einzugehen. Aufgegeben oder relativiert hat er seine ständige Rechtsprechung in dieser Entscheidung jedenfalls nicht, wie u.a. der nachfolgende Beschluss vom 11. Dezember 2023 (11 CS 23.1686) zeigt. Diese Rechtsprechung und die Erwägungen, die diese tragen, greift die Klägerin bereits nicht substantiiert an. Der Verweis auf die Rechtsprechung des Sächsischen Oberverwaltungsgericht zum hier nicht maßgeblichen sächsischen Landesrecht genügt insoweit nicht.
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cc) Dass das Verwaltungsgericht sein Ergebnis nicht nur auf die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gestützt, sondern hilfsweise auch an dem Maßstab des funktionalen Zusammenhangs überprüft hat, ist damit ohne Belang. Das darauf bezogene Zulassungsvorbringen vermag die angegriffene Entscheidung nicht ernstlich in Zweifel zu ziehen.
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d) Der Einwand des Zulassungsantrags, die Beklagte sei selbst Zustandsstörerin, verfängt nicht. Die Klägerin meint, soweit die Stützmauer, die Entwässerungsrinne, der darunterliegende Entwässerungskanal, der Randstreifen sowie der Straßenbelag auf dem klägerischen und nicht auf dem als Straße gewidmeten Grundstück FlNr. 3146 verliefen, bildeten sie eine tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche, die im Besitz der Beklagten stehe, so dass diese selbst Zustandsstörerin sei. Damit vermag sie nicht durchzudringen. Eine tatsächlich-öffentliche Verkehrsfläche könnten allenfalls Teile der Fahrbahn, der Entwässerungsrinne sowie des Randstreifens bilden (vgl. dazu BayVGH, U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – NVwZ-RR 2022, 657 = juris Rn. 63; U.v. 15.9.1999 – 8 B 97.1349 – BayVBl 2000, 345 = juris Rn. 47; Häußler in Zeitler, Bayerisches Straßen- und Wegegesetz, Stand Januar 2025, Art. 1 Rn. 29), nicht aber die Stützmauer, auf der kein öffentlicher Verkehr stattfindet.
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e) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, die Beklagte sei Handlungsstörerin bzw. selbst für den mangelhaften Zustand der Mauer verantwortlich.
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aa) Das Verwaltungsgericht hat keine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme der Klägerin durch die Beklagte erkennen können. Insbesondere stelle die Anordnung keine unzulässige Rechtsausübung dar, weil die Beklagte die Ursache für die abzuwehrende Gefahr selbst gesetzt hätte. Zwischen den Beteiligten sei bis zuletzt streitig gewesen, ob die Materialabplatzungen an der Stützmauer auf eine nicht bzw. schlecht funktionierende Straßenentwässerung und hierdurch eingetretene Unterspülung des Mauerfußes zurückzuführen seien. Dies habe die Kammer im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht aufklären müssen. Denn weder gehe es vorliegend um die Verpflichtung der Klägerin zur Komplettsanierung der Mauer noch um – ggf. gesondert zu verfolgende – Ersatzansprüche. Vielmehr habe die Beklagte dem Grundsatz der effektiven Gefahrenabwehr entsprechend dafür Sorge tragen dürfen und müssen, dass den sich aus den Materialabplatzungen ergebenden Gefahren für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer möglichst zeitnah und effektiv begegnet werde.
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bb) Der Zulassungsantrag stellt dem entgegen, die Klägerin habe zum Ausdruck gebracht, die Mauer sanieren zu wollen, und die Beklagte aufgefordert, anlässlich dieser Sanierung die dafür erforderliche Erneuerung der Straßenentwässerung in einer gemeinsam abgestimmten Baumaßnahme durchzuführen. Folglich gehe es um die Komplettsanierung der Mauer, was dem Verwaltungsgericht auch ohne Weiteres ersichtlich gewesen sei. Im Übrigen sei das Verwaltungsgericht aus Gründen der Prozessökonomie gehalten, den Rechtsstreit möglichst umfassend zu entscheiden und nicht streitige Rechtsfragen auszuklammern. Dieses Vorbringen zieht die Annahmen des Verwaltungsgerichts nicht durchgreifend in Zweifel. Der angegriffene Bescheid spricht keine Verpflichtung zur umfassenden Sanierung der Stützmauer aus. Wenn die Klägerin eine solche – ggf. auch in Zusammenhang mit der geplanten weiteren Bebauung ihrer Grundstücke FlNr. 3147 und 3147/1 – durchführen will, ist das ihre eigene Entscheidung. Folglich begegnet es keinen Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht für die Prüfung des Ermessens einschließlich der Verhältnismäßigkeit auf die zwingend erforderlichen Mindestmaßnahmen abstellt. Diese bestehen im Anbringen von Sicherungsnetzen, für die nach der Schätzung des Sachverständigen K* … etwa 1.000 Euro zu veranschlagen sind. Gleiches gilt, soweit das Verwaltungsgericht der Frage nachgeht, ob sich die Verpflichtung als rechtsmissbräuchlich darstellt, weil die Beklagte die Ursache für die abzuwehrende Gefahr selbst gesetzt habe. Ferner unterliegt es keinen ernstlichen Bedenken, wenn das Verwaltungsgericht annimmt, nach dem Grundsatz der effektiven Gefahrenabwehr habe die Beklagte sich für diese Mindestmaßnahme an die Klägerin als Inhaberin der tatsächlichen Gewalt halten dürfen. Dass die Straßenentwässerung, wie von der Klägerin geltend gemacht, ursächlich für die Schäden wäre, lag schon angesichts des Alters der Mauer jedenfalls nicht nahe. Dies bekräftigt auch die von der Beklagten vorgelegte Stellungnahme des Ingenieurbüros H* … vom 30. August 2024.
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2. Schließlich rügt die Klägerin zu Unrecht, die Abtrennung des Verpflichtungsantrags sei verfahrensfehlerhaft. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, betreffen der Anfechtungs- und der Verpflichtungsgegenstand verschiedene Streitgegenstände, die nach § 93 Satz 2 VwGO aus sachlichen Gründen der ökonomischeren Verfahrensgestaltung getrennt werden konnten (vgl. dazu Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 93 Rn. 7 f.). Diese hat das Verwaltungsgericht hier darin gesehen, dass der Verpflichtungsantrag noch nicht entscheidungsreif sei. Dies hat die Klägerin bereits nicht in Frage gestellt. Anders als sie meint, verpflichtet der angegriffene Bescheid sie auch nicht zur umfassenden Sanierung der Stützmauer. Folglich geht der Einwand, die Sanierung sei ohne Zustimmung der Beklagten zu der Entfernung von Teilen des Straßenbelags, der Entwässerungsrinne und vermutlich auch des Entwässerungskanals unmöglich, ins Leere.
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3. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
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4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Ermessensentscheidung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind, und berücksichtigt, dass sich die Klägerin auch gegen die Abtrennung des Verpflichtungsantrags wendet.
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5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).