Titel:
Außerbetriebsetzung eines Fahrzeugs wegen nicht entrichteter Kfz-Steuer - Prozesskostenhilfe für Berufungszulassung
Normenketten:
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 95 Abs. 1
VwGO § 124 Abs. 2, § 166 Abs. 1 S. 1, § 173 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1, § 240 S. 1
KraftStG § 14 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Nur ein bereits anhängiges oder rechtshängiges Gerichtsverfahren kann durch eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen werden. Ein schon vor Klageerhebung eröffnetes Insolvenzverfahren kann das danach rechtshängig gewordene Gerichtsverfahren schon begrifflich nicht unterbrechen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Grundsätzlich kann die Zulassungsbehörde bei Eingang eines Antrags der für die Ausübung der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zuständigen Behörde auf Außerbetriebsetzung wegen nicht entrichteter Kraftfahrzeugsteuer davon ausgehen, dass deren Angaben zutreffend sind und die Kraftfahrzeugsteuer nicht entrichtet wurde. Allenfalls bei offensichtlich erkennbarer Unrichtigkeit kann sie zu Nachfragen bei der Finanzbehörde gehalten sein. Ansonsten ist es Sache des Fahrzeughalters, hierzu Angaben zu machen und gegebenenfalls eine Steuerzahlung nachzuweisen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Zuweisung bestimmter Rechtsmaterien und der damit korrespondierenden Rechtsbehelfszuständigkeiten an die jeweiligen Fachgerichtsbarkeiten (hier: Finanz- und Verwaltungsgerichtsbarkeit) ist in Art. 95 Abs. 1 GG angelegt und verstößt auch nicht gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG. Eine inzidente Prüfung von Entscheidungen der Finanzbehörden durch die Verwaltungsgerichte im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Außerbetriebsetzung gem. § 14 Abs. 1 S. 1 KraftStG ist nicht ausgeschlossen, allerdings im konkreten Fall nur veranlasst, wenn sich Unrichtigkeiten entweder nach Aktenlage aufdrängen oder der Fahrzeughalter im Rahmen der Anhörung konkrete und berechtigte Einwendungen erhebt. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Außerbetriebsetzung eines Fahrzeugs wegen nicht entrichteter Kraftfahrzeugsteuer, Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung gegen die erstinstanzliche Klageabweisung, hinreichende Erfolgsaussichten (verneint), (keine) Unterbrechung des Verfahrens durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei, Rechtsbehelfszuständigkeit, Insolvenzverfahren, Verfahrensunterbrechung, hinreichende Erfolgsaussicht, Angaben der Finanzbehörde, Nachfragen der Zulassungsbehörde, Überprüfung der Steuerforderung, Zuständigkeit der Finanzgerichte, "gesplitteter" Rechtsweg, Rechtsschutzgarantie, inzidente Prüfung der Verwaltungsgerichte
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 16.10.2024 – M 23 K 23.369
Fundstelle:
BeckRS 2025, 1854
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für einen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Gründe
1
Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung.
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Mit Schreiben vom 29. November 2022 beantragte das Hauptzollamt R. bei der Kfz-Zulassungsstelle des Landratsamts WS die Außerbetriebsetzung des auf den Kläger zugelassenen Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennz ... wegen rückständiger Kraftfahrzeugsteuer einschließlich Vollstreckungskosten in Höhe von 390,60 Euro. Die Vollstreckung sei ohne Erfolg geblieben bzw. verspreche keinen Erfolg. Der Kläger sei über die beabsichtigte Außerbetriebsetzung in Kenntnis gesetzt.
3
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2022, zugestellt am 7. Dezember 2022, hörte das Landratsamt den Kläger zur beabsichtigten Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs an und gab Gelegenheit zur Äußerung innerhalb von zwei Wochen. Mit Bescheid vom 21. Dezember 2022, zugestellt am 24. Dezember 2022, verpflichtete das Landratsamt den Kläger, spätestens drei Tage nach Unanfechtbarkeit des Bescheids die amtlichen Kennzeichen des Fahrzeugs entstempeln zu lassen und den Fahrzeugschein abzuliefern oder eine Bescheinigung des Zollamts über die vollständige Entrichtung der Kfz-Steuer beizubringen.
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Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht München am 24. Januar 2023 Klage, die das Verwaltungsgericht mit Gerichtsbescheid vom 3. Mai 2024 mit der Begründung abgewiesen hat, die Zulassungsstelle habe nicht zu überprüfen, ob die Steuerforderung dem Grund und der Höhe nach berechtigt und das Besteuerungsverfahren fehlerfrei durchgeführt worden sei. Hierfür seien allein die Finanzbehörden zuständig, gegen deren Entscheidung der Rechtsweg zum Finanzgericht eröffnet sei. Einen konkreten Vortrag bezüglich eines Insolvenzverfahrens sei der Kläger schuldig geblieben.
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Nach Antrag des Klägers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verwarf das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Oktober 2024 dessen Ablehnungsgesuch gegen die Einzelrichterin und lehnte dessen Antrag auf Verlegung des Termins ab. An der mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 2024 nahm der Kläger nicht teil. Mit Urteil vom gleichen Tag wies das Verwaltungsgericht die Klage unter Bezugnahme auf die Begründung des Gerichtsbescheids ab.
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Mit Schreiben vom 19. November 2024 beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung und hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts. Zur Begründung führt er mit Schreiben vom 7. Januar 2025 im Wesentlichen aus, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung und die Entscheidung beruhe auf Verfahrensmängeln. Ihm liege bis zum heutigen Tage kein Steuerbescheid vor. Auch Vollstreckungsmaßnahmen seien ihm nicht bekannt. Wenn überhaupt könne der Steuerfiskus einen etwaigen Steuerbescheid ausschließlich an den Insolvenzverwalter gerichtet haben. Die Tatsache des Insolvenzverfahrens sei dem Beklagten spätestens seit 2018 bekannt. Eine etwaige Steuerschuld als Masseschuld hätte der Kläger nicht begleichen dürfen. Unzutreffend sei, dass er durch das Hauptzollamt angehört worden sei und dass er auf die Anhörung des Beklagten nicht reagiert habe. In der Rechtsbehelfsbelehrungdes angefochtenen Bescheids, die zutreffend auf den Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten verweise, sei von einem „gesplitteten“ Rechtsschutz mit einer ausschließlichen Zuständigkeit der Finanzgerichte für Einwendungen gegen das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals des Nicht-Entrichtet-Seins einer angeblichen Steuerschuld nicht die Rede. Es wäre dem Beklagten zumutbar gewesen, sich mit dem Fiskus zur Klärung der Hintergründe in Verbindung zu setzen. Das Verfahren betreffe zumindest mittelbar die Insolvenzmasse und sei daher kraft Gesetzes unterbrochen. Hinsichtlich der Ablehnung der in der Vorinstanz erkennenden Einzelrichterin wegen Besorgnis der Befangenheit werde auf die Gründe des Ablehnungsgesuchs Bezug genommen. Der Kläger sei mit Einwendungen gegen die Steuerschuld im hiesigen Verfahren nicht präkludiert. Die abweichende Auffassung der Vorinstanz verstoße schon gegen den Wortlaut des § 14 KraftStG, wonach die Außerbetriebsetzung voraussetze, dass die Steuer nicht entrichtet worden sei, was die Verwaltungsgerichte zu prüfen hätten. Wenn der Staat hoheitlich eine Stilllegung verfüge und der Gesetzgeber den Rechtsweg nicht ausdrücklich aufgesplittet habe, müssten sämtliche materiellen Voraussetzungen hierfür auf dem hier expressis verbis zugewiesenen Verwaltungsrechtsweg überprüft werden können. Im Übrigen sei eine Nichtigkeitsklage nach der Finanzgerichtsordnung nicht statthaft, da schon kein Steuerbescheid vorliege. Zweifel am Antrag des Hauptzollamts auf Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs seien hier offenkundig gewesen. Der Beklagte habe hinreichend Anhaltspunkte gehabt, den Auffälligkeiten und Besonderheiten im Wege einer Rücksprache mit dem Hauptzollamt nachzugehen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Im wohlverstandenen Interesse des Klägers geht der Senat davon aus, dass der Kläger zunächst nur die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für einen beabsichtigten Antrag auf Zulassung der Berufung begehrt. Da für den Antrag auf Zulassung der Berufung der Vertretungszwang gilt (§ 67 Abs. 4 Satz 2 VwGO), wäre dieser hier ohne Sachprüfung kostenpflichtig abzulehnen. Im Falle der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wäre ggf. Wiedereinsetzung in die Antrags- und Begründungsfrist zu gewähren und somit die Nachholung der zunächst unverschuldet versäumten Rechtshandlung innerhalb der Fristen des § 124a Abs. 4 Satz 1 und 4 VwGO unter Beachtung des Vertretungszwangs möglich, ohne dass der Kläger hierdurch einen Nachteil erleiden würde.
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Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist jedoch ungeachtet der vom Kläger eingereichten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzulehnen, da der beabsichtigte Antrag auf Zulassung der Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO bietet. Auch wenn dabei die Anforderungen an die Erfolgsaussichten nicht überspannt werden dürfen und deren Prüfung nicht dazu dient, die Rechtsverfolgung oder -verteidigung in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 30.10.2023 – 1 BvR 687/22 – BayVBl 2024, 280 Rn. 18 f. m.w.N.), ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht, dass die Berufung wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) oder wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen wäre, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
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1. Entgegen der Auffassung des Klägers war oder ist weder das Klageverfahren noch das Verfahren über den Prozesskostenhilfeantrag durch ein Insolvenzverfahren unterbrochen.
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Gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 240 Satz 1 ZPO wird das Verfahren im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei unterbrochen, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Die Insolvenzmasse umfasst das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (§ 35 InsO). Ein anhängiges Verfahren betrifft die Insolvenzmasse, wenn es zu ihr in rechtlicher oder wenigstens wirtschaftlicher Beziehung steht (BVerwG, B.v. 7.6.2018 – 6 B 1.18 – NVwZ 2018, 1483 Rn. 12). Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen und an seine Stelle tritt nach § 80 Abs. 1 InsO der Insolvenzverwalter.
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Vorliegend ist jedoch keine Unterbrechung eingetreten. Abgesehen davon, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ein angestrengtes Prozesskostenhilfeverfahren ohnehin nicht unterbricht (BGH, B.v. 4.5.2006 – IX ZA 26/04 – NJW-RR 2006, 1208 = juris Rn. 1), kann nur ein bereits anhängiges oder rechtshängiges Gerichtsverfahren durch eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen werden. Ein schon vor Klageerhebung eröffnetes Insolvenzverfahren kann das danach rechtshängig gewordene Gerichtsverfahren schon begrifflich nicht unterbrechen (vgl. BGH, B.v. 11.12.2008 – IX ZB 232/08 – NJW-RR 2009, 566 Rn. 8 ff.; Becker in Anders/Gehle, ZPO, 83. Aufl. 2025, § 240 Rn. 4 m.w.N.).
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Wenn der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 7. Januar 2025 ein Schreiben des Insolvenzverwalters vom 16. Oktober 2018 vorlegt, mit dem dieser ihn im Insolvenzverfahren um Auskunft zu zwei Fahrzeugen ersucht (darunter das vom Beklagten mit angefochtenem Bescheid außer Betrieb gesetzte Fahrzeug), war das Insolvenzverfahren bei Eingang der Klage am 24. Januar 2023 bereits eröffnet und konnte nicht zur Unterbrechung des Klageverfahrens führen.
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2. Die Berufung ist auch nicht wegen verfahrensfehlerhafter Entscheidung des Ausgangsgerichts über das auf verweigerte Akteneinsicht gestützte Ablehnungsgesuch des Klägers mit Beschluss vom 14. Oktober 2024 zuzulassen, der gemäß § 146 Abs. 2 VwGO ohnehin unanfechtbar ist. Ein behaupteter Fehler des Gerichts kann somit nicht als Verfahrensverstoß gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO gegen das sich anschließende Urteil gerügt werden, es sei denn, die Entscheidung verstieße zugleich gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, weil sie objektiv willkürlich ist und deshalb zu einer vorschriftswidrigen Besetzung des Gerichts geführt hat (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 54 Rn. 28 m.w.N.). Dafür ist hier jedoch nichts vorgetragen noch ersichtlich. Wie das Ausgangsgericht in seinem Beschluss vom 14. Oktober 2024 zutreffend ausführt, hat es dem Kläger zu dessen Gesuch vom 17. Juni 2024 um Übermittlung von Aktenabschriften bereits mit Schreiben vom 18. Juni 2024 mitgeteilt, er könne in die in Papierform geführten Akten gemäß § 100 Abs. 3 Satz 1 VwGO in den Diensträumen (Geschäftsstelle) des Gerichts Einsicht nehmen und hierzu telefonisch einen Termin vereinbaren. Damit ist seinem Gesuch ausreichend Rechnung getragen.
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3. Es bestehen auch in der Sache keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Ausgangsentscheidung.
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Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. September 2002 (BGBl I S. 3818), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. Oktober 2020 (BGBl I S. 2184), hat die Zulassungsbehörde auf Antrag der für die Ausübung der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zuständigen Behörde die Zulassungsbescheinigung Teil I einzuziehen, etwa ausgestellte Anhängerverzeichnisse zu berichtigen und das amtliche Kennzeichen zu entstempeln, wenn die Kraftfahrzeugsteuer nicht entrichtet worden ist (Außerbetriebsetzung von Amts wegen). Die Zulassungsbehörde trifft die hierzu erforderlichen Anordnungen durch schriftlichen Verwaltungsakt (§ 14 Abs. 1 Satz 2 KraftStG).
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a) Anders als der Kläger offenbar meint, wird die Steuer nicht jährlich oder in regelmäßigen Abständen neu festgesetzt. Vielmehr entsteht sie bei inländischen Fahrzeugen mit Beginn der Steuerpflicht (§ 6 KraftStG), also mit der Erstzulassung, und dauert, sofern nicht die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung oder -ermäßigung nach § 5 Abs. 2 KraftStG eintreten, solange das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, mindestens jedoch einen Monat (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 KraftStG). Auch wenn die Person, für die das inländische Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, die Kraftfahrzeugsteuer als Steuerschuldner (§ 7 Nr. 1 KraftStG) jeweils für die Dauer eines Jahres im Voraus zu entrichten hat (§ 11 Abs. 1 KraftStG), wird die Steuer, wenn – wie hier – der Zeitpunkt der Beendigung der Steuerpflicht nicht feststeht, von der Finanzbehörde durch Steuerbescheid bei der Erstzulassung einmalig und unbefristet festgesetzt (§ 1 Abs. 2, § 12 Abs. 1 Satz 1 KraftStG i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung – AO).
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Dem vom Kläger als Anlage zu seinem Schriftsatz vom 7. Januar 2025 beigefügten Schreiben des Insolvenzverwalters vom 16. Oktober 2018 ist zu entnehmen, dass das Fahrzeug, auf das sich die streitgegenständliche Außerbetriebsetzung wegen rückständiger Steuerschulden bezieht, im Jahr 2006 erstmals zugelassen wurde. Da die Außerbetriebsetzung offene Rückstände für die Zeit vom 17. August 2018 bis 16. August 2019 betrifft, muss der Steuerschuldner die Kraftfahrzeugsteuer für das Fahrzeug auf der Grundlage eines bei der Erstzulassung ergangenen Steuerbescheids bis zum 17. August 2018 beglichen haben. Für die Rückstände bedarf es – wie ausgeführt – keiner erneuten Festsetzung durch Steuerbescheid. Vielmehr werden diese durch die zuständige Finanzbehörde (§ 6 Abs. 2, §§ 16 ff. AO) auf der Grundlage des ursprünglich erlassenen Bescheids vollstreckt (§§ 249 ff. AO). Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Verwaltungsakt sind außerhalb des Vollstreckungsverfahrens mit den hierfür zugelassenen Rechtsbehelfen, hier dem Einspruch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts (§§ 347 ff. AO), und ggf. durch Klage beim zuständigen Finanzgericht (§ 33 der Finanzgerichtsordnung – FGO), zu verfolgen (§ 256 AO). Einwendungen im Vollstreckungsverfahren sind ebenfalls bei den hierfür zuständigen Finanzbehörden und ggf. nachfolgend bei den Finanzgerichten zu erheben.
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b) Grundsätzlich kann die Zulassungsbehörde bei Eingang eines Antrags der für die Ausübung der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer zuständigen Behörde auf Außerbetriebsetzung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 KraftStG wegen nicht entrichteter Kraftfahrzeugsteuer davon ausgehen, dass deren Angaben zutreffend sind und die Kraftfahrzeugsteuer nicht entrichtet wurde. Allenfalls bei offensichtlich erkennbarer Unrichtigkeit kann sie gehalten sein, bei der Finanzbehörde nachzufragen. Ansonsten ist es Sache des Fahrzeughalters, hierzu Angaben zu machen und ggf. eine Steuerzahlung nachzuweisen. Dem dient die vor der Außerbetriebsetzung gebotene Anhörung gemäß Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG, hier mit Schreiben des Landratsamts an den Kläger vom 5. Dezember 2022 unter Einräumung einer etwaigen Äußerung innerhalb von zwei Wochen, wovon der Kläger jedoch nach Aktenlage zumindest schriftlich keinen Gebrauch gemacht hat, sondern – wie er selbst in seinem Schreiben vom 7. Januar 2025 ausführt – allenfalls telefonisch und „womöglich nicht unbedingt höflich“. Sofern er im Nachhinein Einwendungen hinsichtlich des Insolvenzverfahrens erhoben hat, ohne jedoch dessen Verfahrensstand und Ausgang näher mitzuteilen, kann er damit nicht (mehr) gehört werden. Nach Art. 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 BayVwVfG obliegt ihm die Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts, insbesondere die Angabe ihm bekannter Tatsachen und Beweismittel. Dies gilt ungeachtet des Grundsatzes der Amtsermittlung auch im Verwaltungsprozess hinsichtlich solcher Umstände, die allein in der Sphäre des Betroffenen liegen (BVerwG, U.v. 27.9.2006 – 3 C 34.05 – BVerwGE 126, 365 = juris Rn. 25 m.w.N.). Nur der Kläger kennt den Verfahrensstand und Ausgang des Insolvenzverfahrens. Es wäre ihm ein Leichtes gewesen, hierzu vorzutragen. Ohne konkretes Vorbringen hatten jedoch weder das Landratsamt noch das Ausgangsgericht Anlass, hierzu nähere Ermittlungen durchzuführen. Ob der Insolvenzverwalter etwa das ältere und offenbar auch im Jahr 2022 noch auf den Kläger zugelassene und von ihm genutzte Fahrzeug freigegeben hatte und dieses damit nicht mehr Bestandteil der Insolvenzmasse war, kann hier unter den gegebenen Umständen dahinstehen.
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c) Die Zuweisung bestimmter Rechtsmaterien und der damit korrespondierenden Rechtsbehelfszuständigkeiten an die jeweiligen Fachgerichtsbarkeiten (hier: Finanz- und Verwaltungsgerichtsbarkeit) ist in Art. 95 Abs. 1 GG mit der dortigen Bestandsgarantie der Fachgerichtsbarkeiten (vgl. Morgenthaler in Epping/Hillgruber, BeckOK Grundgesetz, Stand: 15.9.2024, Art. 95 Rn. 1) angelegt. Der hierdurch „gesplittete“ Rechtsweg verstößt auch nicht gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG. Die Zuständigkeit für die gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen der Finanzbehörden obliegt grundsätzlich der Finanzgerichtsbarkeit und die Rechtsbehelfsbelehrungdes vom Kläger angefochtenen Bescheids ist damit zutreffend. Eine inzidente Prüfung durch die Verwaltungsgerichte im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Außerbetriebsetzung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 KraftStG ist damit nicht ausgeschlossen, allerdings im konkreten Fall nur veranlasst, wenn sich Unrichtigkeiten entweder nach Aktenlage aufdrängen oder der Fahrzeughalter im Rahmen der Anhörung konkrete und berechtigte Einwendungen erhebt. Das war hier jedoch nicht der Fall.
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4. Hinsichtlich des geltend gemachten Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache fehlt es an der gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotenen Darlegung, welche konkrete, jedoch fallübergreifende Tatsachen- oder Rechtsfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 36, § 124a Rn. 72; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand August 2024, § 124a VwGO Rn. 102 ff.; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 127). Bloße Entscheidungskritik reicht für die Darlegung dieses Zulassungsgrunds nicht aus.
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5. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. In Verfahren über Prozesskostenhilfeanträge werden weder Gerichtskosten erhoben noch dem Gegner entstandene Kosten erstattet (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).
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6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).