Inhalt

VGH München, Beschluss v. 03.01.2025 – 8 CS 24.1882
Titel:

Erneute Androhung eines Zwangsgeldes

Normenketten:
BayVwZVG Art. 37 Abs. 4 S. 1
ZPO § 87 Abs. 1
Leitsatz:
Die erneute Androhung eines Zwangsgeldes ist rechtmäßig, wenn der Adressat den ihm auferlegten Verpflichtungen aus der Grundverfügung noch nicht vollständig nachgekommen ist. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschwerde (einstweiliger Rechtsschutz), Mandatsniederlegung, Fälligkeit eines angedrohten Zwangsgelds, erneute Zwangsgeldandrohung, Gebühren und Auslagen
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 07.10.2024 – M 28 S 24.1559
Fundstelle:
BeckRS 2025, 181

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung der Ziffer III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 7. Oktober 2024 für beide Rechtszüge auf jeweils 425 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Beitreibung von Zwangsgeld zur Durchsetzung einer straßenrechtlichen Anordnung zum Rückschnitt einer in eine Ortsstraße hineinragenden Hecke.
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Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Gemarkung A.. Die Verwaltungsgemeinschaft Mammendorf verpflichtete ihn mit Bescheid vom 17. Oktober 2022, die Überhänge der Hecke, die von seinem Grundstück in den öffentlichen Verkehrsraum hineinwuchsen, bis zur Grundstücksgrenze zurückzuschneiden (Nr. 1). Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Nr. 2). Für den Fall der Nichterfüllung wurde ein Zwangsgeld von 500 € angedroht (Nr. 3). Für den Bescheid wurden neben einer Gebühr von 75 € Auslagen in Höhe von 3,45 € erhoben (vgl. Nr. 4). Der Bescheid ist unanfechtbar geworden.
3
Mit Bescheid vom 8. März 2024 drohte die Verwaltungsgemeinschaft dem Antragsteller ein weiteres Zwangsgeld von 700 € an (vgl. Nr. 1), setzte eine Gebühr von 100 € fest und erhob Auslagen in Höhe von 3,45 € (vgl. Nr. 2).
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Mit Kostenrechnung vom 8. März 2024 forderte die Verwaltungsgemeinschaft den Antragsteller auf, insgesamt 681,90 € (Zwangsgeld, Gebühren und Auslagen) zu entrichten.
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Mit Schreiben vom 22. März 2024 erhob der Antragsteller Anfechtungsklage gegen die o.g. Kostenrechnung zum Verwaltungsgericht München und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
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Am 30. April 2024 ließ der Antragsteller einen Rückschnitt der Hecke durchführen.
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Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 7. Oktober 2024 abgelehnt. Gegen die Kostenrechnung sei kein Eilrechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO eröffnet. Die erneute Zwangsgeldandrohung sei voraussichtlich rechtmäßig. Am 8. März 2024 sei die Hecke noch nicht zurückgeschnitten gewesen. Der Vorhalt, die vom Bürgermeister empfohlene Fachfirma habe den Termin nicht eingehalten, sei unbeachtlich. Eine Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 123 VwGO scheide mangels Glaubhaftmachung von Eilbedürftigkeit und Anordnungsanspruch aus.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Die Vollstreckung des Zwangsgelds von 500 € und die Androhung eines neuen Zwangsgelds von 700 € seien rechtswidrig. Die Nichteinhaltung der Frist zum Pflanzenrückschnitt sei unverschuldet gewesen, weil die die vom Bürgermeister der Antragsgegnerin empfohlene Fachfirma den Termin nicht eingehalten habe. Die Gebühr von 100 € sei überhöht; zudem fehle ein Nachweis der für die Postzustellung angefallenen Auslagen von 3,45 €.
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Der Antragsteller beantragt,
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I. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 7. Oktober 2024, Az.: M 28 S 24.1559, wird aufgehoben.
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II.Die Vollstreckung des im Bescheid der Antragsgegnerin vom 17. Oktober 2022 angedrohten Zwangsgeldes in Höhe von 500 € wird einstweilen für unzulässig erklärt.
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III. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. März 2024 wird angeordnet.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts. Die Gebührenhöhe von 100 € sei nicht zu beanstanden. Immerhin habe die Antragsgegnerin eine Ortseinsicht durchführen müssen; auch die An- und Abfahrt habe Zeit beansprucht.
II.
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A. Die Mandatsniederlegung der im Rubrum angeführten Prozessbevollmächtigten wird im Anwaltsprozess vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 87 Abs. 1 Alt. 2 ZPO erst dann rechtswirksam, wenn der Beschwerdeführer die Bestellung eines anderen nach § 62 Abs. 4 VwGO vertretungsbefugten Prozessbevollmächtigten anzeigt. Bis dahin gelten die bisherigen Prozessbevollmächtigten als bestellt; sie sind im Außenverhältnis berechtigt und verpflichtet, den Antragsteller im Beschwerdeverfahren zu vertreten (vgl. BVerwG, B.v. 20.11.2012 – 4 AV 2.12 – NJW 2013, 711 = juris Rn. 9; OVG NW, B.v. 4.1.2022 – 19 B 1431/21 – juris Rn. 1).
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B. Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
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Die dargelegten Beschwerdegründe, auf die sich die Prüfung des Senats nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO beschränkt, rechtfertigen keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) bzw. auf Einstellung der Zwangsvollstreckung (§ 123 VwGO) zu Recht abgelehnt.
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I. Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag, soweit er sich sinngemäß gegen die Fälligkeit des mit Bescheid vom 17. Oktober 2022 angedrohten Zwangsgelds von 500 € richtet (§ 123 VwGO), zutreffend abgelehnt. Die gegen die Mitteilung des Bedingungseintritts (Fälligkeitsmitteilung) in der Hauptsache statthafte Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.1.2007 – Vf. 50-VI-05 – juris Rn. 46; BayVGH, U.v. 15.7.2024 – 12 B 23.2196 – juris Rn. 22) hat voraussichtlich keinen Erfolg.
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Das Verwaltungsgericht hat den Vorhalt des Antragstellers, er habe die ihm gesetzte Handlungsfrist unverschuldet versäumt, weil die vom Bürgermeister der Antragsgegnerin empfohlene Fachfirma nicht rechtzeitig tätig geworden sei, als unerheblich bewertet, weil er selbst verantwortlich sei (vgl. Beschlussabdruck [BA] Rn. 35). Mit dieser Erwägung setzt sich die Beschwerde nicht auseinander; der pauschale Bezug auf das erstinstanzliche Vorbringen genügt nicht dem Darlegungserfordernis nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO (vgl. OVG LSA, B.v. 30.10.2023 – 3 M 80/23 – juris Rn. 3; HessVGH, B.v. 8.8.2023 – 6 B 762/23 – juris Rn. 5; OVG NW, B.v. 18.7.2022 – 19 B 535/22 – juris Rn. 1; Kuhlmann/Wysk in Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 146 Rn. 24). Im Übrigen hat die Antragsgegnerin bei der betreffenden Firma in Erfahrung gebracht, dass der Antragsteller einen Auftrag erst kurz vor Fristablauf erteilen wollte (vgl. Vermerk vom 8.4.2024, unpaginierte Behördenakte Registerblatt Nr. 3). Soweit der Antragsteller anführt, der Rückschnitt auf einer Länge von ca. 35,44 m sei aufwändig gewesen, zeigt er nicht auf, weshalb die an einem Tag (30.4.2024) ausgeführten Arbeiten – bei rechtzeitiger Auftragserteilung – nicht fristgerecht erledigt hätten werden können.
21
Die Beitreibung des Zwangsgelds aus dem Bescheid vom 17. Oktober 2022 ist auch nicht deshalb einzustellen, weil der Antragsteller seiner Verpflichtung nachgekommen ist (vgl. Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG; vgl. auch BayVGH, B.v. 21.5.2019 – 22 CS 19.547 – juris Rn. 10). Für die Annahme einer vollständigen Erfüllung fehlt es an der erforderlichen Glaubhaftmachung; zudem zeigen die von der Antragsgegnerin (vgl. elektronische VG-Akte [eVGA] Az. M 28 S 24.3290 S. 18 ff.) und von dem Antragsteller (vgl. eVGA Az. M 28 S 24.3290 S. 10) vorgelegten Fotos, dass die Hecke weiterhin in den Straßenraum hineinragt. Die Vollstreckung war auch nicht aus Verhältnismäßigkeitsgründen einzustellen (vgl. allgemein dazu Wernsmann, VwZVG, 1. Aufl. 2020, Art. 37 Rn. 14 ff.). Der von der Antragsgegnerin verfolgte Zweck, Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs abzuwenden (vgl. Art. 29 Abs. 2 Bay-StrWG), ist wohl noch nicht erreicht (vgl. Vermerk zur Verkehrsbegehung mit der Polizei am 24.7.2024, eVGA Az. M 28 S 24.3290 S. 31).
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II. Auch die erneute Zwangsgeldandrohung vom 8. März 2024 erweist sich einschließlich der erhobenen Gebühren und Auslagen voraussichtlich als rechtmäßig.
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Eine Rechtsverletzung durch die Androhung selbst zeigt die Beschwerde nicht auf. (vgl. Art. 38 Abs. 1 Satz 3 VwZVG). Auch die festgesetzte Gebühr in Höhe von 100 € ist rechtlich nicht zu beanstanden. Für die isolierte Zwangsgeldandrohung liegt der Gebührenrahmen zwischen 12,50 € und 150 € (vgl. Nr. 1.I.8/1 der Verordnung über den Erlass des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz [Kostenverzeichnis / KVz]). Bei der Ermittlung der Gebühr innerhalb dieses Rahmens berücksichtigte die Antragsgegnerin rechtsfehlerfrei den mit der Amtshandlung verbundenen Verwaltungsaufwand, der durch eine durchgeführte Ortseinsicht erhöht wurde (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG). Der Senat hat auch keinen Zweifel, dass dem Antragsteller der Bescheid vom 8. März 2024 – entsprechend der dortigen Verfügung und im Einklang mit der Vorgabe in Art. 36 Abs. 7 Satz 1 VwZVG – per Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, auch wenn letztere nicht zu den vorgelegten Behördenakten genommen wurde. Die dafür erhobenen Auslagen in Höhe von 3,45 € sind deshalb nicht zu beanstanden.
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG unter Anwendung von Nr. 1.5 und 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Der Streitwert setzt sich aus dem fällig gewordenen Zwangsgeld in voller Höhe (500 €) sowie der Hälfte des angedrohten Zwangsgelds von 700 € zusammen (ergibt 850 €). Die in Nr. 2 des Bescheids vom 8. März 2024 erhobenen Gebühren und Auslagen von insgesamt 103,45 € erhöhen den Streitwert nicht. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Streitwert auf 425 € zu halbieren. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend abzuändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
26
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).