Inhalt

VGH München, Beschluss v. 03.01.2025 – 8 CS 24.1876
Titel:

Erneute Androhung eines Zwangsgeldes

Normenketten:
BayVwZVG Art. 37 Abs. 4 S. 1
ZPO § 87 Abs. 1
Leitsatz:
Die erneute Androhung eines Zwangsgeldes ist rechtmäßig, wenn der Adressat den ihm auferlegten Verpflichtungen aus der Grundverfügung noch nicht vollständig nachgekommen ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Beschwerde (einstweiliger Rechtsschutz), Mandatsniederlegung, erneute Zwangsgeldandrohung, Gebührenhöhe
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 07.10.2024 – M 28 S 24.3290
Fundstelle:
BeckRS 2025, 180

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung der Ziffer III. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 7. Oktober 2024 für beide Rechtszüge auf jeweils 425 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Beitreibung von Zwangsgeld zur Durchsetzung einer straßenrechtlichen Anordnung zum Rückschnitt einer in eine Ortsstraße hineinragenden Hecke.
2
Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. … Gemarkung A.. Die Verwaltungsgemeinschaft M. verpflichtete ihn mit Bescheid vom 17. Oktober 2022, die Überhänge der Hecke, die von seinem Grundstück in den öffentlichen Verkehrsraum hineinwuchsen, bis zur Grundstücksgrenze zurückzuschneiden (Nr. 1). Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet (Nr. 2). Für den Fall der Nichterfüllung wurde ein Zwangsgeld von 500 € angedroht (Nr. 3). Für den Bescheid wurden neben einer Gebühr von 75 € Auslagen in Höhe von 3,45 € erhoben (vgl. Nr. 4). Der Bescheid ist unanfechtbar geworden.
3
Mit Bescheid vom 8. März 2024 drohte die Verwaltungsgemeinschaft dem Antragsteller ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 700 € an (Nr. 1), setzte eine Gebühr von 100 € fest und erhob Auslagen in Höhe von 3,45 € (Nr. 2).
4
Mit Kostenrechnung vom 8. März 2024 forderte die Verwaltungsgemeinschaft den Antragsteller auf, insgesamt 681,90 € (Zwangsgeld, Gebühren und Auslagen) zu entrichten.
5
Mit Schreiben vom 22. März 2024 erhob der Antragsteller Klage gegen die o.g. Kostenrechnung zum Verwaltungsgericht München und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Das Verwaltungsgericht München lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 7. Oktober 2024 ab (Az. M 28 S 24.1559); hiergegen hat der Antragsteller ebenfalls Beschwerde eingelegt (Az. 8 CS 24.1882).
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Am 30. April 2024 ließ der Antragsteller einen Rückschnitt der Hecke durchführen.
7
Mit Bescheid vom 16. Mai 2024 drohte die Verwaltungsgemeinschaft dem Antragsteller ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 1.000 € an (Nr. 1), setzte eine Gebühr von 100 € fest und erhob Auslagen in Höhe von 3,45 € (Nr. 2).
8
Am 10. Juni 2024 hat der Antragsteller Klage gegen den Bescheid vom 16. Mai 2024 erhoben und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hinsichtlich der aus den Kostenrechnungen vom 8. März 2024 und 16. Mai 2024 zu zahlenden Beträge beantragt.
9
Das Verwaltungsgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 7. Oktober 2024 abgelehnt. Der gegen die Kostenrechnung vom 8. März 2024 erhobene Antrag sei wegen doppelter Rechtshängigkeit (vgl. Az. M 28 S 24.1559) unzulässig. Die erneute Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom 16. Mai 2024 sei voraussichtlich rechtmäßig. Der vom Antragsteller am 30. April 2024 veranlasste Rückschnitt der Hecke erfülle nicht vollständig die im Bescheid vom 17. Oktober 2022 festgelegten Anforderungen.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Die erneute Zwangsgeldandrohung sei rechtswidrig, weil er die Hecke am 30. April 2024 zurückgeschnitten habe. Es sei nur deshalb zu einem „kleinen Überhang“ gekommen, weil sich der Zaun, der einen Teil der Hecke gehalten habe, auf einer Länge von 3 bis 4 m gelöst habe. Die nunmehr dritte Zwangsgeldandrohung sei unverhältnismäßig, weil sie keinen zweckentsprechenden und rechtzeitigen Erfolg erwarten lasse.
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Der Antragsteller beantragt,
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I. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 7. Oktober 2024, Az.: M 28 S 24.3290, wird aufgehoben.
13
II. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. Mai 2024 wird angeordnet.
14
III. Die Vollstreckung des im Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. März 2024 angedrohten Zwangsgeldes in Höhe von 700 € wird einstweilen für unzulässig erklärt.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie verteidigt den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts. Die vorgelegten Lichtbilder zeigten, dass die Hecke nicht bis zur Grundstücksgrenze zurückgeschnitten worden sei. Der Überhang betrage streckenweise noch bis zu ca. 45 cm. Die Gebührenhöhe von 100 € sei nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe eine Ortseinsicht durchführen müssen; auch die An- und Abfahrt habe Zeit beansprucht.
II.
18
A. Die Mandatsniederlegung der im Rubrum angeführten Prozessbevollmächtigten wird im Anwaltsprozess vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 87 Abs. 1 Alt. 2 ZPO erst dann rechtswirksam, wenn der Beschwerdeführer die Bestellung eines anderen nach § 62 Abs. 4 VwGO vertretungsbefugten Prozessbevollmächtigten anzeigt. Bis dahin gelten die bisherigen Prozessbevollmächtigten als bestellt; sie sind im Außenverhältnis berechtigt und verpflichtet, den Antragsteller im Beschwerdeverfahren zu vertreten (vgl. BVerwG, B.v. 20.11.2012 – 4 AV 2.12 – NJW 2013, 711 = juris Rn. 9; OVG NW, B.v. 4.1.2022 – 19 B 1431/21 – juris Rn. 1).
19
B. Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
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Die dargelegten Beschwerdegründe, auf die sich die Prüfung des Senats nach § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO beschränkt, rechtfertigen keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO) bzw. auf Einstellung der Zwangsvollstreckung (§ 123 VwGO) zu Recht abgelehnt.
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I. Die in der Hauptsache erhobene Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 16. Mai 2024 hat bei summarischer Prüfung keine Aussicht auf Erfolg.
22
a) Die neue Androhung eines Zwangsgeldes war nicht unzulässig, weil der Antragsteller die ihm mit Bescheid vom 17. Oktober 2022 auferlegte Verpflichtung erfüllt hat (vgl. Art. 37 Abs. 4 Satz 1 VwZVG). Die von der Antragsgegnerin (Anlage B 1, aufgenommen am 6.5.2024, Anlage B 2, aufgenommen am 12.8.2024, vgl. elektronische VG-Akte [eVGA] S. 18 ff.) und von dem Antragsteller (vgl. eVGA S. 10) vorgelegten Fotos zeigen, dass die streitbefangene Hecke weiterhin in den öffentlichen Straßenraum hineinragt. Dieses Ergebnis ergab auch die mit der Polizei durchgeführte Verkehrsbegehung am 24. Juli 2024 (vgl. Vermerk, eVGA S. 31). Der Überhang beschränkt sich nach Aktenlage auch nicht nur auf eine Länge von 3 bis 4 m in dem Bereich, in dem der Zaun des Grundstücks des Antragstellers beschädigt wurde.
23
b) Auch die festgesetzte Gebühr in Höhe von 100 € ist rechtlich nicht zu beanstanden. Für die isolierte Zwangsgeldandrohung liegt der Gebührenrahmen zwischen 12,50 € und 150 € (vgl. Nr. 1.I.8/1 der Verordnung über den Erlass des Kostenverzeichnisses zum Kostengesetz [Kostenverzeichnis / KVz]). Bei der Ermittlung der Gebühr innerhalb dieses Rahmens berücksichtigte die Antragsgegnerin rechtsfehlerfrei den mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand, der durch eine durchgeführte Ortseinsicht erhöht wurde (vgl. Art. 6 Abs. 2 Satz 1 KG).
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II. Soweit die Beschwerde zudem die Einstellung der Vollstreckung aus dem Bescheid vom 8. März 2024 begehrt, setzt sie sich mit der erstinstanzlich festgestellten doppelten Rechtshängigkeit (vgl. Beschlussabdruck [BA] Rn. 22) nicht auseinander (vgl. dazu auch der Senatsbeschluss im Parallelverfahren Az. 8 CS 24.1882 Rn. 22 ff.). Abgesehen davon erweist sich der in der Sache geführte Einwand des Antragstellers, er habe die Verpflichtung zum Rückschnitt aus dem Bescheid vom 17. Oktober 2022 vollständig erfüllt, aus den oben angeführten Erwägungen (vgl. Rn. 22) als unzutreffend.
25
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
26
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG unter Anwendung von Nr. 1.5 und 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Die angedrohten Zwangsgelder von 1.000 € (Bescheid vom 16.5.2024) und 700 € (Bescheid vom 8.3.2024) sind danach zur Hälfte anzusetzen (vgl. Nr. 1.7.1 Satz 2 des Streitwertkatalogs). Die in Nr. 2 der o.g. Bescheide erhobenen Gebühren und Auslagen von jeweils 103,45 € erhöhen den Streitwert nicht. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Streitwert auf 425 € zu halbieren. Die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung ist entsprechend abzuändern (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG).
27
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).