Inhalt

LG Regensburg, Beschluss v. 11.02.2025 – SR StVK 132/25
Titel:

Interesse eines Strafgefangenen an Feststellung der Rechtswidrigkeit einer nachträglichen Kürzung bewilligten Ausgangs

Normenketten:
StVollzG § 51 Abs. 3, § 114 Abs. 2 S. 1 Hs. 1, § 115 Abs. 3, § 115a S. 2, § 116 Abs. 1, § 118
BayStVollzG Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, Art. 51 Abs. 3, Art. 208
BayVwVfG Art. 38, Art. 49
GG Art. 19 Abs. 4
Leitsatz:
Kürzt die Justizvollzugsanstalt die Dauer eines von ihr bewilligten Ausgangs nachträglich aufgrund eines Verwaltungsversehens, besteht für den betroffenen Gefangenen kein Interesse, die Rechtswidrigkeit der Maßnahme gerichtlich feststellen zu lassen (aA BayObLG BeckRS 2025, 14207). (Rn. 10 – 13) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Strafgefangener, Vollzugslockerungen, Ausgang, Zusage, Zusicherung, Widerruf, Feststellungsinteresse, einstweiliger Rechtsschutz
Rechtsmittelinstanz:
BayObLG, Beschluss vom 06.05.2025 – 203 StObWs 95/25
Fundstelle:
BeckRS 2025, 18018

Tenor

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 05.02.2025 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 100 € festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller befindet sich in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt S..
2
Mit Schreiben vom 28.01.2025, hier eingegangen am 28.01.2025, hat der Antragsteller eine gerichtliche Entscheidung nach § 114 StVollzG beantragt. Konkret beantragte er die JVA S. zu verpflichten ihm den am 06.01.2025 eingereichten Antrag auf Ausgang für den 04.02.2025 zu bewilligen und die beantragten finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Der Antrag sei bislang nicht verbeschieden.
3
Mit Schreiben vom 29.01.2025 teilte die JVA mit, dass dem Antragsteller nach derzeitiger Sachlage am 04.02.2025 Ausgang von 8-1 5.30 Uhr genehmigt werden könne. Es sei von einer Abhilfe auszugehen.
4
Mit Schreiben vom 30.01.2025 nahm der Antragsteller dazu Stellung erklärte den Antrag „vorläufig für erledigt“, da er JVA vertrauen müsse.
5
Mit Beschluss vom 30.01.2025 wurde deklaratorisch die Erledigung des Verfahrens festgestellt.
6
Mit Schreiben vom 05.02.2025 stellte der Antragsteller einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache gerichtet darauf festzustellen, dass die Begrenzung des Ausgangs am 04.02.2024 auf 08-12 Uhr rechtswidrig gewesen sei und auch die Verweigerung der beantragten finanziellen Mittel rechtswidrig gewesen sei. Zur Begründung führte er u.a. aus, er habe am 06.01.2025 einen Antrag auf Ausgang am 04.02.2025 von 8-19 Uhr und finanzielle Mittel eingereicht. Die JVA habe sich nicht an ihre Zusicherung gehalten. Er habe am 03.02.2025 für die Zeit von 8-15.30 Uhr unterschrieben und die JVA habe am 04.02.2025 den Ausgang ohne Begründung auf 12 Uhr begrenzt. Zwecks Feststellungsinteresse verweise er auf das Protokoll vom 23.10.2024 im Verfahren SR StVK 1507/24.
7
Das Gericht hat das Protokoll eingesehen.
8
Die JVA S. nahm mit Schreiben vom 07.02.2025 Stellung führte im Wesentlichen aus, dass lediglich aufgrund eines Verwaltungsversehens der Ausgang bis 12 Uhr entgegen der Zusicherung begrenzt worden sei. Dieses Versehen sei jedenfalls auch wegen der Vielzahl an zu bearbeitenden Verfahren des Antragstellers, welche übliche Verwaltungsabläufe zusehends lähmen, übersehen worden. Es werde versichert, dass der Antragsteller die in Rede stehenden vier Stunden Ausgang ausnahmsweise und einmalig im Monat März 2025 in der Zeit von 08-15.30 Uhr nachholen könne. Dies werde hier vermerkt. Hinsichtlich der Versagung einer finanziellen Beihilfe werde mitgeteilt, dass seitens des Antragstellers wiederum nicht konkret dargelegt worden sei, wofür er benötigte Geldmittel einsetzen wolle.
9
Der Antragsteller nahm mit Schreiben vom 07.02.2025 Stellung und führte u.a. aus, dass die Nachholung zwar lobenswert sei, jedoch nichts an der Rechtswidrigkeit ändere. Wofür er die finanziellen Mittel benötige, habe er ausreichend auf dem Antrag belegt.
II.
10
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig und war deshalb zurückzuweisen.
11
Ein Feststellungsinteresse ist nicht gegeben. Der Antragsteller macht keine konkreten Ausführungen zum Feststellungsinteresse und verweist pauschal auf das Protokoll vom 23.10.2024 im Verfahren SR StVK 1507/24. Es ist nicht Ausgabe des Gerichts sich Begründungen selbst aus anderen Verfahren herauszusuchen. Überdies ist selbst, wenn man die Fallgruppen, die für ein Feststellungsinteresse anerkannt sind, zugrunde legt, ein Feststellungsinteresse nicht gegeben.
12
Eine Wiederholungsgefahr ist nicht ersichtlich. Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass ein solches Versehen wieder vorkommt. Auch sind keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass finanzielle Mittel künftig abgelehnt werden. Der Antragsteller wurde seitens der JVA darauf hingewiesen, dass er selbst näher darzulegen hat, wofür er das Geld benötigt. Insofern zeigt die JVA, dass bei entsprechendem Vortrag eine Prüfung im Einzelfall erfolgen wird und gibt nicht zu erkennen, dass von vorneherein finanzielle Mittel nicht gewährt werden.
13
Auch ein schwerwiegender Grundrechtseingriff ist nicht gegeben. Zwar ist das Recht auf Resozialisierung betroffen. Allerdings ist der Eingriff nicht gewichtig. Der Antragsteller erhielt am 04.02.2025 Ausgang, der nur etwa um die Hälfte verkürzt war. Insofern ist der Eingriff gering. Überdies werden die fehlenden Stunden des Ausgangs zeitnah nachgeholt. Auch hinsichtlich der finanziellen Mittel, die nicht gewährt wurden, ist kein schwerwiegender Grundrechtseingriff gegeben. Gerichtsbekannt aus zahlreichen ähnlich gelagerten Ausgangsverfahren wendet sich der Antragsteller gegen die Nichtbewilligung der finanziellen Mittel erst, als er Ende November den ersten Ausgang ohne Begleitperson erhielt, da er seinen Angaben nach u.a. das Geld benötige, um auf Wohnungssuche in Bad Abbach zu gehen. Dieser Umstand war noch nicht Gegenstand des Protokolls in der seitens des Antragstellers genannten Anhörung.
14
Überdies ist der Antrag bzgl. der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Nichtgewährung der finanziellen Mittel auch unzulässig, da der Antragsgegenstand nicht substantiiert vorgetragen ist. Der Antragsteller trägt nicht vor, welche finanziellen Mittel er beantragt hat. Auch ist kein Feststellungsinteresse hinsichtlich der Nichtgewährung der finanziellen Mittel ersichtlich. Überdies ist nach verständiger Würdigung die finanzielle Beihilfe nur beantragt für den Fall, dass der Ausgang wie beantragt genehmigt wird, so dass schon gar keine Entscheidung über die finanziellen Mittel der JVA erforderlich war und mithin der Antrag daher auch unbegründet ist.
III.
15
Die Kostenentscheidung folgt aus § 121 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 StVollzG.
16
Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf den §§ 60, 52 Absatz 1 bis 3 GKG.