Titel:
Rundfunkbeitrag, Beitragsblocker, Zwangsvollstreckung, Aussetzungsantrag im Eilverfahren, Erfolgloser Eilantrag, Unzulässiger Eilantrag, Keine vorherige Befassung des Antragsgegners
Normenketten:
RBStV
VwGO § 123
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 80 Abs. 6
GG Art. 19 Abs. 4
VwGO § 94
Schlagworte:
Rundfunkbeitrag, Beitragsblocker, Zwangsvollstreckung, Aussetzungsantrag im Eilverfahren, Erfolgloser Eilantrag, Unzulässiger Eilantrag, Keine vorherige Befassung des Antragsgegners
Fundstelle:
BeckRS 2025, 17930
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 47,32 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die Zwangsvollstreckung von Rundfunkbeiträgen.
2
Der Antragsteller wird vom Antragsgegner unter der Beitragsnummer … … … zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen für eine Wohnung herangezogen. Seit dem Zeitraum 01/2022 setzte der Antragsgegner die fälligen Rundfunkbeiträge jeweils durchgängig mit Festsetzungsbescheiden fest.
3
So setzte der Antragsgegner mit Festsetzungsbescheid vom 4. Oktober 2023 zu Lasten des Antragstellers für den Zeitraum 07/2023 bis 09/2023 Rundfunkbeiträge einschließlich Säumniszuschlag in Höhe von 63,08 EUR fest (Blatt 88 bis 91 der Behördenakte).
4
Am 30. Oktober 2023 leistete der Antragsteller eine Zahlung in Höhe von 105,40 EUR an den Antragsgegner. Nach der vom Antragsgegner vorgenommenen Kontoaufstellung betrug der Saldo des Rundfunkbeitragskontos des Antragstellers unter Einbeziehung von früheren Forderungen zu diesem Zeitpunkt -0,02 EUR (Blatt 5 der Behördenakte).
5
Mit Festsetzungsbescheid vom 2. Januar 2024 setzte der Antragsgegner Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 10/2023 bis 12/2023 einschließlich Säumniszuschlag in Höhe von 63,08 EUR fest (Blatt 81 bis 84 der Behördenakte).
6
Mit weiterem Festsetzungsbescheid vom 2. April 2024 setzte der Antragsgegner Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 01/2024 bis 03/2024 einschließlich Säumniszuschlag in Höhe von 63,08 EUR fest (Blatt 56 bis 59 der Behördenakte).
7
Die gegen die Festsetzungsbescheide vom 2. Januar 2024 und 2. April 2024 erhobenen Widersprüche wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 9. September 2024 zurück (Blatt 35 bis 39 der Behördenakte). Im Widerspruchsbescheid lehnte der Antragsgegner auch die Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ab. Gegen die Festsetzungsbescheide vom 2. Januar 2024 und 2. April 2024 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2024 erhob der Antragsteller am 18. September 2024 Klage zum Verwaltungsgericht München, über die noch nicht entschieden wurde (Az. M 26a K 24.5667).
8
Schließlich setzte der Antragsgegner mit Festsetzungsbescheid vom 1. Oktober 2024 Rundfunkbeiträge für den Zeitraum 04/2024 bis 06/2024 einschließlich Säumniszuschlag in Höhe von 63,08 EUR fest (Blatt 19 bis 22 der Behördenakte).
9
Mit Mahnschreiben vom 19. November 2024, zur Post gegeben am 21. November 2024, mahnte der Antragsgegner die noch ausstehenden Zahlungen für die vier Festsetzungsbescheide vom 4. Oktober 2023 (insoweit in Höhe von noch offenen 0,02 EUR), 2. Januar 2024, 2. April 2024 und 1. Oktober 2024 in Höhe von insgesamt 189,26 EUR. Wenn der Antragsteller bis zum 10. Dezember 2024 den Mahnbetrag nicht zahle, werde die Zwangsvollstreckung veranlasst. Der Antragsgegner wies auf weitere offene Forderungen hin. Insgesamt seien vom Antragsteller 299,42 EUR zu zahlen (Blatt 12-15 der Behördenakte).
10
Mit weiterem Festsetzungsbescheid vom 2. Dezember 2024 setzte der Antragsgegner für den Zeitraum 07/2024 bis 09/2024 Rundfunkbeiträge in Höhe von 55,08 EUR fest (Blatt 8 bis 11 der Behördenakte).
11
Mit Schreiben vom 8. Dezember 2024, bei Gericht eingegangen am 13. Dezember 2024, wandte sich der Antragsteller mit einem „Antrag nach § 123 VwGO“ an das Verwaltungsgericht München. Er beantragt,
12
„1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, die gegenüber der Beizuladenden in dem Vollstreckungsersuchen des Antragsgegners vom 14.09.2024 ausgestellte Bescheinigung über die Vollstreckbarkeit der Forderung in Höhe von 55,08 € zur Beitragsnummer Nr* … … … für gegenstandslos zu erklären.
13
2. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, die gegen den Antragsteller eingeleitete Zwangsvollstreckung aus dem Festsetzungsbescheid / den Festsetzungsbescheiden des Antragsgegners vom 02.01.2024 sowie von Mahngebühren einzustellen.“
14
Der Antragsteller macht im Wesentlichen zur Begründung geltend, dass die vom Antragsgegner betriebene Zwangsvollstreckung unzulässig sei, da die Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vorlägen. Der Antragsteller habe vor Einleitung der Zwangsvollstreckung nie eine Mahnung erhalten. Die Beizuladende setze die Zwangsvollstreckung trotz nicht vorliegender Vollstreckungsvoraussetzungen fort, weil der Antragsgegner ihr eine Bescheinigung über die Vollstreckbarkeit der Forderung ausgestellt habe, die unrichtig sei, weil der Antragsteller nicht gemahnt worden sei. Der Antrag richte sich nicht unmittelbar gegen die Zwangsvollstreckung an sich, sondern verfolge das Begehren, der Antragsgegner möge die Vollstreckbarkeitsbescheinigung für kraftlos erklären, da die Vollstreckung gen Art. 23 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG (Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz) verstoße und daher unzulässig sei.
15
Der Antragsgegner nahm mit Schriftsatz vom 2. Januar 2025 zum Eilantrag Stellung. Er beantragt,
16
Der Antrag wird abgelehnt.
17
Es seien weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund ersichtlich. Es gebe weder ein Vollstreckungsersuchen vom 14. September 2024 noch sei bisher eine Zwangsvollstreckung eingeleitet worden. Im Übrigen sei der Festsetzungsbescheid mit Schreiben vom 19. November 2024 ordnungsgemäß gemahnt worden. Das Bestreiten des Zugangs dieser Mahnung sei nicht glaubhaft. Bei den Schriftsätzen des Antragstellers handle es sich um formularartig vorbereitete Musterschriftsätze organisierter Gegner des Rundfunkbeitrags namens „Beitragsblocker“, die gegen Zahlung verfügbar seien und vom Betreffenden nur noch mit den persönlichen Daten und einem Datum versehen werden müssten. Ein individueller Sachvortrag finde nicht statt.
18
Mit Schreiben vom 2. April 2025 beantragte der Antragsteller zudem,
19
das Verfahren gemäß § 94 VwGO auszusetzen.
20
Zur Begründung wird im Wesentlichen auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängige Verfahren mit dem Aktenzeichen 6 B 70.23 verwiesen. Der Einzug von Rundfunkbeiträgen sei nur dann rechtmäßig, wenn diese Beiträge auch den tatsächlich vorgegebenen verfassungsrechtlichen Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugeführt würden. Das sei hier aber nicht der Fall, weil die Mittel systematisch zweckwidrig verwendet würden. Insbesondere kläre das Bundesverwaltungsgericht nunmehr die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung geltend gemacht werden könne, dass der Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten strukturell verfehlt werde.
21
Mit Beschluss vom 9. Juli 2025 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
22
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte (auch im Verfahren M 26a K 24.5667) und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
23
1. Der Antrag hat keinen Erfolg.
24
1.1. Das Gericht legt den gestellten Antrag unter Beachtung der Grenzen des § 88 i.V.m. § 122 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dahingehend aus, dass der Antragsteller vorläufigen Schutz vor der Zwangsvollstreckung der vier Festsetzungsbescheide vom 4. Oktober 2023, 2. Januar 2024, 2. April 2024 und 1. Oktober 2024 in einer Gesamthöhe von 189,26 EUR begehrt, wie diese im Mahnschreiben vom 19. November 2024 aufgelistet sind. Hinsichtlich der nicht im Klageverfahren befindlichen bzw. von ihm nicht angegriffenen Festsetzungsbescheide vom 4. Oktober 2023 und 1. Oktober 2024 handelt es sich insoweit, wie vom Antragsteller formuliert, um einen Antrag nach § 123 VwGO. Hinsichtlich der im Klageverfahren M 26a K 24.5667 befindlichen Bescheide vom 2. Januar 2024 und vom 2. April 2024 ist der Antrag hingegen als Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu verstehen, weil dieser gemäß § 123 Abs. 5 VwGO gegenüber einem Antrag nach § 123 VwGO vorrangig ist.
25
Dem liegt insbesondere zugrunde, dass ein Vollstreckungsersuchen des Antragsgegners vom 14. September 2024 vom Antragsteller weder übermittelt wurde noch sich der vom Antragsgegner vorgelegten Behördenakte entnehmen lässt und dass der Antragsteller mit seinem auf den 8. Dezember 2024 datierten Antrag sich offensichtlich auf die am 10. Dezember 2024 ablaufende Zahlungsfrist bezieht, die der Antragsgegner im Mahnschreiben vom 19. November 2024 gesetzt hatte. Das Gericht geht hierbei nicht davon aus, dass auch der Festsetzungsbescheid vom 2. Dezember 2024 über 55,08 EUR Gegenstand des vorliegenden Antrags sein soll. Zum einen steht dieser Festsetzungsbescheid nach Aktenlage noch nicht zur Vollstreckung an, er wurde nämlich noch nicht einmal gemahnt. Zum anderen verweist die Antragschrift in Nr. 2 auch auf die Vollstreckung von Mahngebühren. Solche Mahngebühren wurden mit dem Festsetzungsbescheid vom 2. Dezember 2024 jedoch überhaupt nicht erhoben.
26
1.2. Soweit in der Antragsbegründung von einer Beiladung die Rede ist, dürfte die Beiladung eines Gerichtsvollziehers gemeint sein. Eine Beiladung (§ 65 VwGO) ist im vorliegenden Fall nicht veranlasst, weil die Verantwortung für die Frage, ob die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen, allein der Antragsgegner trägt (vgl. BayVGH, B. v. 07.03.2024 – 7 CE 23.1749 – beckonline – Rn. 5-8). Zudem ist die Einschaltung eines Gerichtsvollziehers weder aus der Antragschrift noch aus der vom Antragsgegner vorgelegten Behördenakte ersichtlich.
27
1.3. Das Gericht sieht keine Veranlassung, das Verfahren nach § 94 VwGO wegen Vorgreiflichkeit im Hinblick auf die beim Bundesverwaltungsgericht (B.v. 23.5.2024 – 6 B 70/23 – beckonline) anhängige Fragestellung auszusetzen.
28
Nach § 94 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht das Verfahren aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Dabei steht die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens – wenn die Tatbestandsvoraussetzungen hierfür vorliegen – im Ermessen des Gerichts. Soweit eine im Rechtsstreit entscheidungserhebliche Norm gleichzeitig Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde ist, kommt eine Aussetzung des Verfahrens in entsprechender Anwendung von § 94 VwGO in Betracht (vgl. hierzu Schoch/Schneider/Rudisile, 46. EL März 2024, VwGO § 94 Rn. 51).
29
Unabhängig von der Frage, ob die Voraussetzungen für eine direkte oder analoge Anwendung von § 94 VwGO überhaupt vorliegen und ob die Aussetzung eines Verfahrens im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes überhaupt zulässig ist (so Eyermann/Wöckel, 16. Aufl. 2022, VwGO § 94 Rn. 2; HK-VerwR/Winfred Porz, 5. Aufl. 2021, VwGO § 94 Rn. 2; NK-VwGO/Wilfried Peters/Katrin Schwarzburg, 5. Aufl. 2018, VwGO § 94 Rn. 4; Schoch/Schneider/Rudisile, 46. EL August 2024, VwGO § 94 Rn. 12; a.A.: BeckOK VwGO/Garloff, 73. Ed. 1.7.2023, VwGO § 94 Rn. 7 m.w.N.), übt das erkennende Gericht das ihm zustehende Ermessen hinsichtlich einer Aussetzungsentscheidung dahingehend aus, von dieser Möglichkeit vorliegend keinen Gebrauch zu machen. Hierfür ist maßgeblich, dass Sinn und Zweck der Vorschriften des einstweiligen Rechtsschutzes einer Aussetzung zuwiderlaufen würden und auch Gründe der Prozessökonomie nicht dafür streiten, das Verfahren auszusetzen (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 07.09.2021 – 6 C 21.2079 – beckonline Rn. 17).
30
1.4. Der Antrag nach § 123 VwGO hinsichtlich der Festsetzungsbescheide vom 4. Oktober 2023 und 1. Oktober 2024 ist bereits unzulässig.
31
Der Antrag mit dem Ziel, eine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu erwirken, ist zwar statthaft, weil in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage zu erheben wäre (§ 123 Abs. 5 VwGO). Rechtsschutz gegen die Vollstreckung eines Leistungsbescheids (hier: des Beitragsfestsetzungsbescheids) findet in Bayern dergestalt statt, dass der Betroffene sich mit seinen Einwendungen zunächst an die Anordnungsbehörde (hier: die Rundfunkanstalt) wenden und dort die Einstellung der Vollstreckung beantragen muss (Art. 21 und 22 des Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes – VwZVG). Gegen die Ablehnung eines solchen Antrags oder die nicht rechtzeitige Entscheidung über einen solchen Antrag ist dann eine Verpflichtungsklage erheben mit dem Ziel, die Vollstreckung für unzulässig zu erklären (vgl. BayVGH, B. v. 07.03.2024 – 7 CE 23.1749 – beckonline – Rn. 8; B.v. 19.8.2024 – 1 ZB 24.248 – beckonline Rn. 12).
32
Dem Antrag fehlt jedoch das Rechtsschutzbedürfnis. In Einklang mit Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) setzt jede an einen Antrag gebundene gerichtliche Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis voraus. Nur derjenige, der mit dem von ihm angestrengten gerichtlichen Rechtsschutzverfahren ein rechtsschutzwürdiges Interesse verfolgt, hat einen Anspruch auf die gerichtliche Sachentscheidung. Fehlt es daran, so ist das prozessuale Begehren als unzulässig abzuweisen (BVerfG, B.v. 27.10.1998 – 2 BvR 2662/95 – juris Rn. 16 m.w.N.). An einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt es insbesondere dann, wenn ein Kläger sein Ziel auf anderem Wege schneller und einfacher erreichen könnte, wenn ein Erfolg seine Rechtsstellung nicht verbessern würde oder wenn es ihm auf den Klageerfolg gar nicht ankommt (Eyermann, VwGO vor § 40 Rn. 11). So liegt es hier. Unabhängig davon, dass für das Gericht nicht ersichtlich ist, dass die Zwangsvollstreckung der streitgegenständlichen Bescheide überhaupt bereits begonnen hat – ein Vollstreckungsersuchen des Antragsgegners wurde weder vorgelegt noch ist ein solches aus der Behördenakte ersichtlich –, hätte sich der Antragsteller als einfachere und schnellere Maßnahme gemäß Art. 21 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) mit seiner Bitte um vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung zunächst an den Antragsgegner wenden müssen, bevor er gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen möchte (vgl. BayVGH, B.v. 12.11.1974 – 241 IV 74; BayVGH, B.v. 14.5.1975 – 246 IV 71; Giehl, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Art. 21 VwZVG Rn. 58). Eine besondere Eilbedürftigkeit, die ausnahmsweise eine gerichtliche Befassung auch ohne eine vorherige Befassung des Antragsgegners zulässig machen würde, wurde vom Antragsteller weder geltend gemacht noch ist diese sonst für das Gericht ersichtlich.
33
Ohne dass es hierauf noch ankäme, weist das Gericht – lediglich ergänzend – darauf hin, dass der Antrag nach § 123 VwGO im Übrigen auch unbegründet wäre. Der Antragsteller hat die Dringlichkeit einer einstweiligen Anordnung (Anordnungsgrund) nicht glaubhaft gemacht. Er hat nämlich nicht ansatzweise dazu vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass ihm das Abwarten einer Entscheidung über die Hauptsacheklage bzw. über eine noch zu erhebende Hauptsacheklage in seinem konkreten Fall unzumutbar wäre.
34
1.5. Auch der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der beiden Festsetzungsbescheide vom 2. Januar 2024 und 2. April 2024 ist bereits unzulässig.
35
Der Antrag ist nicht nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO zulässig. Nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO in Fällen des Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 (bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten) nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Die Voraussetzungen von § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO sind nicht erfüllt. Zwar hat der Antragsgegner im Widerspruchsbescheid vom 9. September 2024 die Aussetzung der Vollziehung nach § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO abgelehnt. Es fehlt jedoch an einem vorherigen Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Vollziehung an den Antragsgegner. Weder dem Vorbringen des Antragstellers noch der vorgelegten Behördenakte lässt sich entnehmen, dass der Antragsteller einen vorherigen expliziten Aussetzungsantrag beim Antragsgegner gestellt hatte. Die eingelegten Widersprüche erfüllen das Antragserfordernis nicht (vgl. Schoch/Schneider/Schoch, 46. EL August 2024, VwGO § 80 Rn. 508 m.w.N.; HK-VerwR/Achim Bostedt, 5. Aufl. 2021, VwGO § 80 Rn. 179; OVG Saarlouis, B.v. 22.6.1992 – 1 W 29/92 – beckonline). Die Stellung eines vorherigen Aussetzungsantrags war auch nicht deshalb ausnahmsweise entbehrlich, weil der Antragsgegner mit dem insoweit formularmäßigen Widerspruchsbescheid vom 9. November 2024 bereits zu erkennen gegeben hatte, dass er die Vollziehung nicht aussetzen werde. Einem solchen Verständnis von § 80 Abs. 6 VwGO steht der ausdrückliche Wille des Gesetzgebers gegenüber, der einen entsprechenden Ausnahmetatbestand vom Antragserfordernis bewusst nicht in § 80 Abs. 6 VwGO aufnehmen wollte (vgl. OVG Saarlouis, B.v. 22.6.1992 – 1 W 29/92 – beckonline unter Verweis auf Bundestags-Drs. 11/7030 S. 25).
36
Der Antrag ist auch nicht nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO zulässig. Nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO gilt die oben beschriebene Einschränkung der Zulässigkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht, wenn eine Vollstreckung droht. Die Voraussetzungen von § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO sind jedoch nicht erfüllt. Dem Antragsteller drohte noch nicht die Vollstreckung im Sinne dieser Vorschrift. Eine Vollstreckung in diesem Sinn droht nur dann, wenn die Behörde den Beginn von Vollstreckungsmaßnahmen für einen unmittelbar bevorstehenden Termin ankündigt oder konkrete Vorbereitungen für eine alsbaldige Durchsetzung des Anspruchs trifft. Insbesondere erfüllt ein formularmäßiger Vollstreckungshinweis nicht die Voraussetzungen von § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 9.6.2008 – 8 CS 8.1117 – beckonline m.w.N.). So liegt es hier. Der Antragsgegner hat im Schreiben vom 19. November 2024 lediglich formularmäßig darauf verwiesen, dass nach dem 10. Dezember 2024 die Zwangsvollstreckung veranlasst wird. Damit ist weder ein konkreter Termin für die Zwangsvollstreckung genannt, noch eine konkrete Vollstreckungshandlung (beispielsweise ein Vollstreckungsersuchen an das Amtsgericht) vorgenommen worden. Letztlich diente das Schreiben vom 19. November 2024 lediglich dazu, mit einer Mahnung nach Art. 23 Abs. 3 Nr. 3 VwZVG die besonderen Voraussetzungen für die spätere Vollstreckung der streitgegenständlichen Festsetzungsbescheide zu schaffen.
37
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
38
3. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes – GKG – i.V.m. Nr. 1.5, 1.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 und wird auf ein Viertel des gemahnten Betrags von 189,26 EUR festgesetzt.