Inhalt

VG München, Urteil v. 26.06.2025 – M 23 K 24.1468
Titel:

Untersagung der Weiterfahrt, Führerschein, Fortsetzungsfeststellungsklage

Normenketten:
PAG Art. 11
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
Schlagworte:
Untersagung der Weiterfahrt, Führerschein, Fortsetzungsfeststellungsklage
Fundstelle:
BeckRS 2025, 17929

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleiche Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerin begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit zweier polizeilicher Maßnahmen am 23. November 2023 und am 5. Januar 2024, bei denen ihr die Weiterfahrt untersagt worden war.
2
Am 23. November 2023 wurde die Klägerin im Stadtgebiet von N. … … einer Fahrzeugkontrolle unterzogen. Der von der Klägerin vorgezeigte bulgarische Führerschein wurde aufgrund von Zweifeln an der Gültigkeit dieser Fahrerlaubnis polizeilicherseits sichergestellt und dem Landratsamt N. übersandt. Die Klägerin wurde belehrt.
3
Die Klägerin war der Polizei bekannt, nachdem sie im Juni 2022 eine abgelaufene russische bzw. eine gefälschte italienische Fahrerlaubnis vorgewiesen hatte; letzteres führte im weiteren Verlauf zu einer strafrechtlichen Verurteilung und zu deren Einziehung.
4
Ausweislich der polizeilichen Sachverhaltsschilderung vom 7. Dezember 2023 hatte die Klägerin zuvor mehrfach versucht, eine russische Fahrerlaubnis umzuschreiben, was wegen des seit 2014 in M. bestehenden Hauptwohnsitzes und des seit 2021 bestehenden Nebenwohnsitzes in O. Landkreis N. misslungen war. Einen mehr als 6-monatigen Wohnsitz in Bulgarien habe die Klägerin anlässlich der Kontrolle im November 2023 nicht vorweisen können.
5
Nachdem der Klägerin die bulgarische Fahrerlaubnis vom Landratsamt N. Ende 2023 wieder herausgegeben worden war, dies ausweislich der eigenen Stellungnahme des Landratsamtes jedoch nicht in ausdrücklicher Anerkennung der Gültigkeit dieser Fahrerlaubnis, wurde die Klägerin am 5. Januar 2024 im Stadtgebiet von N. … … erneut einer Fahrzeugkontrolle unterzogen, wobei sie erneut die bulgarische Fahrerlaubnis vorlegte. Die Klägerin wurde belehrt, ihr wurde die Weiterfahrt untersagt. Aufgrund des Wohnortprinzips benötige sie eine deutsche Fahrerlaubnis. Die Klägerin wisse, dass ihr das Führen von Fahrzeugen untersagt sei, bis eine Fahrerlaubnisbehörde verbindlich entschieden habe.
6
Am 20. März 2024 erhob der Klägerbevollmächtigte Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem zuletzt am 14. Januar 2025 gestellten Antrag,
7
festzustellen, dass die polizeilichen Maßnahmen am 23. November 2023 und 5. Januar 2024 sowie die Anordnung eines Fahrverbots rechtswidrig waren.
8
Dies wurde im Wesentlichen unter Schilderung des Sachverhaltes damit begründet, dass die polizeiliche Kontrolle in einem Fitnessstudio stattgefunden habe, ohne dass die Klägerin ein Fahrzeug gefahren habe. Die Herausgabe an die Klägerin durch das Landratsamt sei erfolgt, nachdem der Bevollmächtigte am 4. Dezember 2023 auf die long-term-residence in Bulgarien hingewiesen habe. Nach Herausgabe habe sich die Sache an sich erledigt, jedoch sei die Klägerin erneut am 5. Januar 2024 kontrolliert und ihr die Weiterfahrt untersagt worden. Das KVR M. habe zur Umschreibung geraten, was die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnis indiziere. Dennoch seien die Fahrverbote durch die Polizei nicht zurückgenommen worden. Die Feststellungsklage sei begründet, da für die polizeilichen Maßnahmen keine Rechtsgrundlage bestanden habe, ebenso wenig habe eine konkrete Gefahr vorgelegen.
9
In weiteren Schriftsätzen gab der Bevollmächtigte der Klägerin an, dass die Klägerin seit 21. Oktober 2022 auch in Bulgarien gemeldet sei, sich die Klägerin dort regelmäßig aufhalte und somit eine Fahrberechtigung durch ihren am 28. September 2023 ausgestellten Führerschein bestehe. Mittlerweile sei die bulgarische Fahrerlaubnis in eine deutsche Fahrerlaubnis umgetauscht worden, was die Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahme bestätige. Die Polizei hätte die Berechtigung zum Führen der Fahrerlaubnis mit der zuständigen Stelle klären müssen. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse sei anzunehmen, da sich die polizeiliche Maßnahme für die Klägerin diskriminierend ausgewirkt habe.
10
Der Beklagte, Polizeipräsidium ... , erwiderte die Klage am 26. Juni 2024, beantragte
11
Klageabweisung
12
und begründete dies im Wesentlichen damit, dass die Klägerin seit 2014 in M. und seit 2021 in O. im Landkreis N. gemeldet sei. Die Klägerin sei bereits 2022 mit einer abgelaufenen russischen Fahrererlaubnis sowie einer gefälschten italienischen Fahrerlaubnis polizeilich aufgefallen. Am 23. November 2023 und am 5. Januar 2024 seien die polizeilichen Maßnahmen erfolgt, da die Klägerin keinen länger als sechsmonatigen Wohnsitz in Bulgarien habe vorweisen können, was von ihr auch bestätigt worden sei. Es sei kein Fahrverbot ausgesprochen, lediglich die Weiterfahrt untersagt worden. Die Maßnahmen fänden ihre Rechtsgrundlage in Art. 11 PAG, da ein Verstoß gegen § 21 StVG inmitten gestanden habe. Es habe nachhaltige Anhaltspunkte für die Missachtung des Wohnsitzprinzips gegeben.
13
Ohnehin sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Klägerin nicht ersichtlich, weder aus Rehabilitationsgesichtspunkten noch wegen Wiederholungsgefahr. Die Klägerin hätte gegen die polizeilichen Maßnahmen vorgehen können, im Übrigen komme es nicht darauf an, wie sich die Maßnahmen im Nachhinein herausstellten. Maßgeblich sei lediglich die ex-ante-Sicht der beteiligten Polizeibeamten.
14
Nach Abgabe der Streitsache an die für Polizeirecht zuständige 23. Kammer des Verwaltungsgerichts München wurde die Streitsache am 20. Februar 2025 auf den Einzelrichter übertragen.
15
Die Parteien verzichteten übereinstimmend auf mündliche Verhandlung.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die übermittelte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17
Das Gericht konnte aufgrund Einverständnisses beider Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18
Die erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechend hinsichtlich der beiden bereits bei Klageerhebung erledigten polizeilichen Maßnahmen ist bereits unzulässig Ein relevantes Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist nicht ersichtlich.
19
Entgegen der klägerischen Darstellung wurden der Klägerin durch die Polizei tatsächlich keine „Fahrverbote“ auferlegt, vielmehr ihr situationsbedingt jeweils die Weiterfahrt untersagt, sei es indirekt durch Sicherstellung der Fahrerlaubnis im November 2023, sei es durch entsprechende eindeutige Formulierung im Januar 2024. Die Frage der Rechtmäßigkeit der Sicherstellung des Führerscheins im November 2023 selbst ist ausweislich des klägerischen Antrags vom 14. Januar 2025 hingegen nicht Verfahrensgegenstand (§ 86 Abs. 1, § 88 VwGO).
20
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts, das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage ist, rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Natur sein. Es ist typischerweise in den anerkannten Fallgruppen der Wiederholungsgefahr, des Rehabilitationsinteresses sowie der Absicht zum Führen eines Schadensersatzprozesses gegeben, kann aber auch aus anderen besonderen Umständen des Einzelfalls hergeleitet werden, sofern die gerichtliche Entscheidung geeignet ist, die klägerische Position in rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Hinsicht zu verbessern (vgl. BVerwG, U.v. 29.3.2017 – 6 C 1.16 – BVerwGE 158, 301 Rn. 29 m.w.N.; B.v. 14.12.2018 – 6 B 133.18 – Buchholz 442.066 § 47 TKG Nr. 5 Rn. 10). Eine weitere in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG grundsätzlich anerkannte Fallgruppe betrifft Verwaltungsakte, die sich typischerweise so kurzfristig erledigen, dass sie ohne die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses regelmäßig keiner Überprüfung im gerichtlichen Hauptsacheverfahren zugeführt werden könnten. Maßgebend ist dabei, ob die kurzfristige, eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ausschließende Erledigung sich aus der Eigenart des Verwaltungsakts selbst ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2013 – 8 C 14.12 – BVerwGE 146, 303 Rn. 32; v. 12.11.2020 – 2 C 5.19 – BVerwGE 170, 319 Rn. 15; v. 2.2.2023 – 3 C 14.21 – NJW 2023, 2658 Rn. 14 f. und v. 16.2.2023 – 1 C 19.21 – juris Rn. 17; B. v. 16.1.2017 – 7 B 1.16 – Buchholz 406.25 § 16 BImSchG Nr. 3 Rn. 25; v. 4. 12.2018 – 6 B 56.18 – DVBl. 2019, 711 Rn. 12). Neben dem Erfordernis einer typischerweise kurzfristigen Erledigung der Maßnahme muss nach der Rechtsprechung des 6. wie mittlerweile auch 8. Senats des Bundesverwaltungsgerichts wie auch des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2017 – 10 ZB 16.965 – NJW 2017, S. 2779 Rn. 10), der die Kammer folgt, darüber hinaus die weitere Voraussetzung eines qualifizierten (d.h. tiefgreifenden, gewichtigen bzw. schwerwiegenden) Grundrechtseingriffs erfüllt sein (vgl. BVerwG, B.v. 29.11.2023 – 6 C 2.22 – juris Rn 8 ff. und B.v. 29.1.2024 – 8 AV 1.24 – juris Rn. 11). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (B.v. 24. 7. 2024 – 10 ZB 23.1058 – juris) hat weiter hierzu ausgeführt, dass ein Rechtsschutzbegehren zur nachträglichen gerichtlichen Überprüfung jedenfalls immer dann zulässig sein müsse, wenn eine Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) in Frage steht (vgl. BVerfG, B.v. 27.2.2002 – 2 BvR 553/01 – NJW 2002, 2699,2700, B.v. 13.3.2002 – 2 BvR 261/01 – NJW 2002, 2700,2701, B.v. 8.4.2004 – 2 BvR 1811/03 – NStZ-RR 2004, 252,253, B.v. 23.11.2005 – 2 BvR 1514/03 – juris Rn. 13; B.v. 15.7.2010 – 2 BvR 1023/08 – NJW 2011, 137 Rn. 30). Als schwerwiegend seien darüber hinaus solche Grundrechtseingriffe anzusehen, die das Grundgesetz selbst – wie in den Fällen der Art. 13 Abs. 2 und Art. 104 Abs. 2 und 3 GG – unter Richtervorbehalt gestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 30.4.1997 – 2 BvR 817/90, 728/92, 802, 1065/95 – BVerfGE 96, 27,40; B.v. 5.12.2001 – 2 BvR 527/99, 1337, 1777/00 – BVerfGE 104, 220,233, B.v. 5.7.2013 – 2 BvR 370/13 – juris Rn. 19). Auch dem von der Telekommunikationsüberwachung – als erheblicher Eingriff in die durch Art. 10 GG geschützte Rechtsposition – Betroffenen müsse eine nachträgliche Kontrolle des bereits beendeten und nach der Strafprozessordnung unter einem gesetzlichen Richtervorbehalt stehenden Eingriffs möglich sein (vgl. BVerfG, B.v. 14.12.2004 – 2 BvR 1451/04 – NJW 2005, 1855,1856). Ebenso müsse die Möglichkeit der nachträglichen Kontrolle eines bereits beendeten Eingriffs bestehen, wenn der Betroffene ein am Maßstab einfachen Rechts so eklatante fehlerhaftes Vorgehen eines Hoheitsträgers geltend machen könne, dass objektive Willkür (Art. 3 Abs. 1 GG) naheliegt (BVerfG, B.v. 8.4.2004 – 2 BvR 1811/03 – NStZ-RR 2004 252,253). Hinsichtlich anderer Grundrechte sei bei der Beurteilung der Eingriffsintensität nach der Art des Eingriffs zu differenzieren. Im Rahmen der Einzelfallwürdigung sei – der Ermittlung des durch Art. 19 Abs. 2 GG garantierten Wesensgehalts des jeweiligen Grundrechtseingriffs vergleichbar – zum einen dessen besondere Bedeutung im Gesamtsystem der Grundrechte zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, B.v. 15.12.1970 – 2 BvL 17/67 – BVerfGE 30, 47,53) und zum anderen zu bewerten, inwieweit die fragliche Maßnahme die Möglichkeit individueller Selbstbestimmung in dem durch das Grundrecht erfassten Lebensbereich beschränke (vgl. Huber in von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 7. Aufl. 2018, Art. 19 Rn. 150 ff.). So habe das Bundesverfassungsgericht beispielsweise entschieden, dass nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründe (BVerfG, B.v. 3.3.2004 – 1 BvR 461/03 – BVerfGE 110, 77,89; B.v. 8.2.2011 – 1 BvR 1946/06 – NVwZ-RR 2011, 405 Rn. 22). Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) seien nur ausnahmsweise als so gewichtig anzusehen, dass sie in dem Fall ihrer Erledigung die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses rechtfertigen (BayVGH, B.v. 7.3.2018 – 10 ZB 18.871 – juris Rn. 10).
21
Dies berücksichtigend fehlt es für die Fallgruppe der Präjudizialität sowohl schon am klägerischen Vortrag wie im Übrigen diese Fallgruppe bei bereits vor Klageerhebung erledigten Verwaltungsakten ohnehin nicht in Betracht kommt.
22
Für etwaige Wiederholungsgefahr, nämlich, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen erneut gleichartige Maßnahmen ergehen werden, bestehen keinerlei Anhaltspunkte, zumal mittlerweile die Umschreibung der bulgarischen in eine deutsche Fahrerlaubnis erfolgt ist.
23
Eine schwerwiegende Grundrechtsbeeinträchtigung durch die vorübergehenden polizeilichen Maßnahmen vermag das Gericht unter den oben geschilderten rechtlichen Maßstäben nicht zu erkennen, zumal sich die Eingriffe auf Art. 2 Abs. 1 GG, gegebenenfalls noch Art. 11 GG, beschränkt haben dürften. Dies wurde auch von Klageseite nicht weiter thematisiert.
24
Schließlich gibt es auch unter Aspekten einer klageseits beanspruchten Rehabilitation keine Anhaltspunkte dafür, dass die polizeilichen Kontrollen und Maßnahmen – abgesehen von subjektiven klägerischen Eindrücken hierfür – irgendeine diskriminierende Wirkung gehabt hätten bzw. von einem Kreis Ausstehender beobachtet wurden. Hierfür geben die von Beklagtenseite vorgelegten Sachverhaltsschilderungen keinerlei Hinweise. Vielmehr erfolgte auch die Kontrolle im Nov. 2023 im/ am Fahrzeug der Klägerin (vgl. pol. Sachverhaltsschilderung v. 7.12.2023, an deren Richtigkeit zu zweifeln das Gericht keinen Anlass hat), sodass beiden Maßnahmen ersichtlich jegliche Außenwirkung fehlte; dies gilt auch für Diskriminierung, da der Klägerin am 5. Januar 2025 tatsächlich lediglich einmalig die Weiterfahrt, verbunden mit dem Heimtransport, untersagt wurde. Im Übrigen weist die Beklagtenseite zurecht darauf hin, dass die polizeiliche Maßnahme der Sicherstellung am 23. November 2024 bereits damals selbst anfechtbar gewesen wäre.
25
Der Klägerin fehlt daher ein relevantes beachtenswertes Fortsetzungsfeststellungsinteresse.
26
Die Klage war daher unter der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 und unter dem Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO als unzulässig abzuweisen.
27
Im Übrigen waren die Maßnahmen – ohne dass dies freilich noch streitentscheidend wäre – aus der allein maßgeblichen damaligen ex-ante-Sicht der beteiligten Polizeibeamten ersichtlich auch rechtmäßig.
28
Unabhängig von der nachweislich chronologisch zuvor erfolgten Verwendung einer abgelaufenen russischen sowie einer gefälschten italienischen Fahrerlaubnis – mithin ungültiger Papiere – war zu beiden Kontrollterminen klägerseits weder nachgewiesen worden noch beklagtenseits ohne Weiteres ersichtlich, dass die Klägerin damals wohl tatsächlich einen mehr als sechsmonatigen Wohnsitz in Bulgarien hatte und diese Tatsache sie zur Verwendung der Fahrerlaubnis legitimierte; es waren lediglich die beiden teilweise langjährigen Wohnsitze in der Bundesrepublik Deutschland und deren deutsche Staatsbürgerschaft bekannt, was in einer Gesamtschau den damaligen Schluss zuließ, dass – zumindest im Rahmen einer Anscheinsgefahr nachvollziehbar – auch die bulgarische Fahrerlaubnis im Jahr 2023 erworben wurde, ohne die Grundvoraussetzung deren Verwendung in der Bundesrepublik Deutschland zu erfüllen. Damit durfte aus ex-ante-Sicht rechtsfehlerfrei und zulässigerweise eine konkrete Gefahr im Sinne von Art. 11 Abs. 1 Nrn. 1, 2 PAG i.V.m. § 21 StVG angenommen werden, und sei es lediglich unter Gesichtspunkten einer Anscheinsgefahr. Auch wenn die Ursache hierfür möglicherweise in Sprachproblemen der Klägerin zu verorten war, wäre es jedenfalls Mitwirkungsobliegenheit der Klägerin gewesen, auf den tatsächlich bestehenden bulgarischen Wohnsitz zumindest unmissverständlich hinzuweisen bzw. den Nachweis dieser Tatsache zu führen. Soweit der Bevollmächtigte auf sein Schreiben an das Landratsamt N. vom 4. Dezember 2023 verweist, worin der Wohnsitz in Bulgarien belegt worden sei, ist dies nicht gegenüber den Polizeibehörden kommuniziert. Somit bestand diese Kenntnis auch nicht anlässlich der zweiten Kontrolle im Januar 2024; mangels klägerischer Mitwirkung bestand auch keine diesbezügliche Amtsermittlungspflicht.