Titel:
Unbestimmte Bauvorlagen, unzulässige Vorbescheidsfrage, kein konkretes Einzelbauvorhaben
Normenketten:
BayVwVfG Art. 37
BayBO Art. 71
BauVorlV § 5
Schlagworte:
Unbestimmte Bauvorlagen, unzulässige Vorbescheidsfrage, kein konkretes Einzelbauvorhaben
Fundstelle:
BeckRS 2025, 17920
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
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Der Kläger begehrt die Erteilung eines positiven Vorbescheids für ein „Wohnhaus ohne Gewerbezwang“.
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Am 15. Juli 2020 beantragte der Kläger die Erteilung eines Vorbescheids für ein Vorhaben auf der derzeit unbebauten FlNr. 57/55, Gem. … unter Verwendung der vom StMB bekannt gemachten Vordrucke. Unter der Ziffer 2 – „Genaue Bezeichnung des Vorhabens“ – war eingetragen: „Errichtung eines Wohnhauses ohne Gewerbezwang. Dazu ist eine Änderung von Gewerbemischgebiet in Wohngebiet notwendig.“ Das verwendete Formular verweist unter der Ziffer 6 „bei Antrag auf Vorbescheid“ darauf, dass für konkrete Fragen ein Beiblatt zu verwenden sei. Wenn keine Frage gestellt werde, sei die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des in Ziffer 2 beschriebenen Vorhabens Gegenstand der Anfrage. Dem Vorbescheidsantrag war weder ein Beiblatt mit einer Frage beigefügt, noch Bauzeichnungen oder andere Unterlagen.
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Das Vorhabengrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „K. Nord III“ der Beigeladenen in der Fassung vom 18. August 1988. Dieser setzt u.a. für das Vorhabengrundstück (ehemals FlNr. 317) als Art der Nutzung fest: „Das Baugebiet wird als Mischgebiet (MI) gemäß § 6 BauNVO festgesetzt. (…) Auf den Parzellen Nr. 306, 315, 316, 317 dürfen nur nicht störende Gewerbebetriebe mit den dazugehörenden Wohnräumen errichtet werden.“
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Mit Beschluss vom 30. Juli 2020 verweigerte die Beigeladene das Einvernehmen.
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Mit Bescheid vom 23. Juni 2022, dem Kläger zugestellt am 30. Juni 2022, „lehnte der Beklagte den Antrag auf Vorbescheid vom 11. August 2020 zur Errichtung eines Wohnhauses ohne Gewerbezwang ab“. Gegenstand des Vorbescheids sei die Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit. Das Vorhaben entspreche nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans und würde dem Gebietscharakter entgegenlaufen. Die vorhandenen bzw. genehmigten gewerblichen Flächen stellten im Vergleich zu der vorhandenen und geplanten Wohnnutzung keine ausreichende Durchmischung innerhalb des Mischgebiets mehr sicher.
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Mit am ... August 2022 bei Gericht eingegangener Klage beantragt der Kläger,
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den Beklagten zu verpflichten, den beantragten Vorbescheid unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 23. Juni 2022 zu erteilen.
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Der Vorbescheidsantrag sei auslegungsfähig. Gefragt sei, ob ein Gebäude mit reiner Wohnnutzung zulässig sei. Das überplante Gebiet sei bereits in ein allgemeines Wohngebiet gekippt. Die Ablehnung des Vorbescheids sei rechtswidrig. Das Landratsamt und die Gemeinde hätten sich durch die vorherigen Genehmigungen rechtlich dahingehend festgelegt, dass eine überwiegende Wohnnutzung im Flächennutzungsplangebiet zulässig sei.
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Der Beklagte beantragt,
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Gemäß dem Formblatt sei die allgemeine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit zu verbescheiden. Ohne nähere Angaben könne dies weder für den Bebauungsplan noch für einen angenommenen Innenbereich geschehen. Zudem drohe das Mischgebiet in ein allgemeines Wohngebiet zu kippen. Der Kläger habe keine Aufstellung vorgelegt, die die Geschossflächenanteile der beiden Hauptnutzungsarten erfasse, sodass eine sachgerechte Beurteilung nicht möglich gewesen sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Änderung des Klageantrags in der mündlichen Verhandlung von einem Anfechtungsbegehren (Schriftsatz vom *. August 2022) hin zu einem Verpflichtungsbegehren ist nicht an den Voraussetzungen des § 91 VwGO (Klageänderung) zu messen, da eine Klageerweiterung i.S.v. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 164 Nr. 2 ZPO vorliegt. Der Kläger machte bereits bei Klageerhebung zur Begründung des Anfechtungsbegehrens geltend, dass „der Antrag zu genehmigen sei“. Der nachträglich gestellte Antrag, einen Träger öffentlicher Gewalt zur Vornahme eines Verwaltungsakts zu verurteilen, ist jedenfalls dann keine Klageänderung, sondern nur eine Klageerweiterung, wenn der Kläger – wie hier – bereits die Aufhebung des die Vornahme ablehnenden Verwaltungsakts mit der Behauptung begehrt hat, er habe einen Rechtsanspruch auf die Vornahme (vgl. BVerwG, B.v. 11.12.2023 – 8 B 19.23 – BeckRS 2023, 42337 Rn. 14).
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Die erweiterte Klage ist auch im Übrigen zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
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1. Die zulässige Klage wahrt insbesondere die Klagefrist. § 74 VwGO steht einer Antragsumstellung (wie sie hier in Gestalt des Übergangs von einem ursprünglich reinen Anfechtungszu einem Verpflichtungsbegehren erfolgte) dann nicht entgegen, wenn die fristgerecht erhobene Klage – wie hier (der 30. Juli 2022 fiel auf einen Samstag) – den Eintritt der Bestandskraft des Ablehnungsbescheids verhindert hat, § 74 VwGO i.V.m. § 57 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 187 ff. BGB (vgl. BayVGH, B.v. 28.5.2008 – 11 C 08.889 – BeckRS 2008, 27971 Rn. 67).
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2. Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Vorbescheids bzw. auf positive Beantwortung der gestellten Frage, § 113 Abs. 5 VwGO i.V.m. Art. 71 Satz 1 und 4 BayBO i.V.m. Art. 64 BayBO i.V.m. § 5 Bauvorlagenverordnung (BauVorlV). Die eingereichten Bauvorlagen sind mangelhaft und das abgefragte Vorhaben derart unbestimmt, dass über den Antrag nicht mit Bindungswirkung entschieden werden kann. Es fehlt bereits an einem konkreten Vorhabenbezug.
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2.1. Gemäß Art. 71 Satz 1 BayBO ist vor Einreichung eines Bauantrags auf Antrag zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens vorweg ein Vorbescheid zu erteilen. Als feststellender Verwaltungsakt stellt der Vorbescheid im Rahmen der vom Bauherren gestellten Fragen die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die Gegenstand der Prüfung sind, fest. Er entfaltet insoweit während seiner Geltungsdauer Bindungswirkung für das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren.
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Voraussetzung ist, dass der Antrag, der den Anforderungen der BayBO und der BauVorlV zu genügen hat, so bestimmt und klar ist, dass auf ihn, würde ihm stattgegeben, ein verständlicher, inhaltlich genau abgegrenzter, eindeutig bestimmter Verwaltungsakt ergehen kann, der Umfang und Bindungswirkung regelt. Fehlt es an dieser Klarheit und Eindeutigkeit, ist der Antrag nicht bescheidungsfähig (vgl. OVG NW, B.v. 24.6.2015 – 2 A 325/15 – juris, Rn. 12 ff). Dem Antrag muss – gegebenenfalls nach Auslegung, § 133 BGB analog (vgl. Decker in: Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: Januar 2025, Art. 71 Rn. 36) – sowohl das Vorhaben, dessen Zulässigkeit geprüft werden soll, als auch der Umfang, in dem die Prüfung begehrt wird, entnommen werden können (BayVGH, U.v. 22.5.2006 – NVwZ-RR 2007, 653 = juris Rn. 23), da der Vorbescheid bereits einen Teil der Baugenehmigung vorwegnimmt.
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Der Antragsteller hat durch seinen Genehmigungsantrag festzulegen, was “das Vorhaben” und damit der zu beurteilende Verfahrensgegenstand sein soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 4.07.1980 – 4 C 99/77, BRS 36 Nr. 158). Es ist nicht Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde oder des Gerichts, aus dem Gesamtvorbringen bescheidungsfähige Fragen herauszuarbeiten oder anhand der vom Bauherrn getätigten Angaben denkbare Bebauungsmöglichkeiten zu überprüfen bzw. aus mehreren Alternativen ein (genehmigungsfähiges) Bauvorhaben herauszusuchen (vgl. BayVGH, B.v. 11.1.2011 – 15 ZB 08.1565 – juris Rn. 14 m.w.N.; B.v. 14.5.2007 – 1 ZB 06.225 – juris Rn. 13).
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2.2. Der Vorbescheidsantrag lässt bereits einen konkreten Vorhabensbezug vermissen und ist daher unzulässig.
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Die ganz herrschende Meinung fordert für die Vorbescheidsfrage einen konkreten Vorhabensbezug, d.h. die einzelne Frage muss sich auf ein konkret-individuelles Vorhaben beziehen. Abstrakte Rechtsfragen zur Bebauung eines Grundstücks sind dagegen nicht zulässig und können in einem Vorbescheid nicht beantwortet werden (vgl. BayVGH, U. v. 14.2.2008 – 15 B 06.3463 – juris Rn. 16; Decker in: Busse/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Januar 2025, Art. 71 Rn. 72 m.w.N.).
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Der Kläger beabsichtigt die Nutzung des Vorhabengrundstücks als Wohngrundstück. Seine diesbezügliche Planung hat jedoch die Schwelle der „Bauberatung“ nach Auslegung des Vorbescheidsantrags noch nicht überschritten. Dem Antrag liegt kein konkret-individuelles Vorhaben zugrunde. Es geht dem Kläger im Vorbescheidsverfahren im Wesentlichen um die Klärung der abstrakten Vorfrage, welchen bauplanungsrechtlichen Anforderungen sein Grundstück unterliegt. Insbesondere möchte er wissen, ob er den streitgegenständlichen Bebauungsplan zu beachten hat, der u.a. vorschreibt, dass dort nur „nicht störende Gewerbebetriebe mit den dazugehörenden Wohnräumen errichtet werden dürfen“ oder ein „Wohnhaus ohne Gewerbezwang“ errichten kann, etwa weil der Bebauungsplan nicht (mehr) gültig ist. Die Vorfrage, welche bauplanungsrechtliche Art der Nutzung auf dem Vorhabengrundstück verwirklicht werden darf, stellt sich jedoch – unabhängig von einer konkreten Planung – für eine Vielzahl möglicher Vorhaben bzw. „Wohnhäuser“. In die weitere Planung, wie das „Wohnhaus“, das er zu errichten beabsichtigt, umgesetzt werden soll (beispielsweise Einfamilienhaus, Doppelhaus, Mehrfamilienhaus…), ist der Kläger noch nicht eingestiegen. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass er keinerlei Bauzeichnung, Baubeschreibung, Wohnflächenberechnung o.ä. vorgelegt hat.
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2.3. Da schon kein konkreter Vorhabensbezug besteht, sind sowohl die Fragestellung als auch das beschriebene Vorhaben derart unbestimmt, dass auch bei Auslegung kein hinreichend klarer Vorbescheid mit Bindungswirkung für ein nachfolgendes Baugenehmigungsverfahren erteilt werden kann, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG.
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2.3.1. Nach dem klaren Wortlaut seines Antrags begehrt der Kläger die Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit „eines Wohnhauses ohne Gewerbezwang“.
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Er nutzte für seinen Antrag vom 15. Juli 2020 den nach § 1 Abs. 3 BauVorlV zu verwendenden Vordruck des StMB in der damals gültigen Fassung (vgl. Vollzug der Bauvorlagenverordnung, Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Wohnen, Bau und Verkehr vom 22.12.2020, Az. 24-4101-2-13, BayMBl. 2021 Nr. 64). Eine konkrete Frage zum Vorbescheidsantrag wurde nicht gestellt. Laut dem benutzten Formular – Ziffer 6 – gilt, dass in diesem Fall „die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des in Ziffer 2 beschriebenen Vorhabens“ Gegenstand der Anfrage ist. Weitere Bauvorlagen, die zur Auslegung des Vorbescheidsantrags herangezogen werden könnten, waren dem Antrag nicht beigefügt. Unklar bleibt auch, was der Kläger mit dem Zusatz, “dazu ist eine Änderung von Gewerbemischgebiet in Wohngebiet notwendig“ meint. Hinsichtlich der Auslegung des Vorhabens, dessen Genehmigungsfähigkeit geprüft werden soll, hilft dieser Zusatz jedenfalls nicht weiter.
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Soweit der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung auf ein Schreiben des Klägers vom *. April 2020 hingewiesen hat, das dieser im Vorfeld der Antragstellung an den Beklagten gerichtet haben soll und mit dem er ein „Gebäude mit reiner Wohnnutzung“ mit der „Maßgabe der Einhaltung der Vorgaben des Bebauungsplans“ angefragt haben soll, ist festzustellen, dass dieses Schreiben dem Antrag nicht beigefügt war und sich auch nicht in den dem Gericht vorliegenden Behördenakten befindet, sodass es zur Auslegung des Antrags nicht herangezogen werden kann. Dass der Kläger ein Vorhaben abgefragt haben wollte, das „im Übrigen“, also abgesehen von der Art der baulichen Nutzung den Vorgaben des streitgegenständlichen Bebauungsplans entspricht, kann dem Vorbescheidsantrag überdies auch durch Auslegung nicht entnommen werden, insbesondere fehlen jegliche Planzeichnungen, die das „Wohnhaus“ und seine Situierung auf dem Vorhabengrundstück näher beschreiben. Wie bereits ausgeführt, ist es zudem nicht Aufgabe des Gerichts, für den Kläger ein genehmigungsfähiges Vorhaben anhand dessen Antrag herauszuarbeiten, sondern es obliegt dem Bauherrn, zu einem konkret-individuellen Einzelbauvorhaben vorab eine mit Bindungswirkung zu entscheidende Frage zu stellen.
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Auch das sich in den Bauvorlagen befindliche Schreiben des Klägers vom … August 2021, in dem er erläuterte, dass „der Antrag eines Wohnhauses mit FlNr. 57/55 nur über eine GFZ von 0,1 verfüge und damit […] nur ein Gebäudegrundriss von 75 … 80 m² möglich wäre“ sowie das weitere Schreiben vom … Januar 2022, in dem sich der Kläger erkundigt „welcher Anteil […] bei zweimal ca. 65 m² = 130 m²“ als Gewerbefläche zu realisieren sei, sind bei der Auslegung des Vorbescheidsantrags unbehelflich, da sie zum einen ebenfalls nicht konkret genug sind und sich zum anderen inhaltlich widersprechen.
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2.3.2. Mit dem Vorbescheidsantrag sind gemäß § 5 BauVorlV diejenigen Bauvorlagen, die zur Beurteilung der durch den Vorbescheid zu entscheidenden Fragen des Bauvorhabens erforderlich sind, vorzulegen. Daran fehlt es dem Antrag. Das abgefragte Vorhaben ist vorliegend mangels näherer Konkretisierung, insbesondere hinsichtlich seiner Lage auf dem Baugrundstück, der Kubatur und der Zuwegung bzw. Erschließung derart unbestimmt, dass die Frage nach der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit nicht mit Bindungswirkung beantwortet werden kann. Dem streitgegenständlichen Antrag ist insbesondere weder ein aktueller Auszug aus dem Katasterwerk, noch ein Lageplan (§ 7 BauVorlV) oder eine Bauzeichnung (§ 8 BauVorlV) beigefügt.
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Zwar ist es möglich, dass in einem frühen Planungsstadium ein Vorbescheid zur „grundsätzlichen Zulässigkeit der Bebauung eines Grundstücks mit einem Vorhaben“ ergeht (BVerwG, U.v. 3.4.1987 – 4 C 41/84 – juris Ls 1 u. Rn. 13). Allerdings ist auch dafür Voraussetzung, dass das zu prüfende Vorhaben zumindest in groben Umrissen, insbesondere hinsichtlich des Umfangs und der Situierung auf dem Grundstück bestimmt ist, da sonst auch die „grundsätzliche bauplanungsrechtliche Zulässigkeit“ nicht beurteilt werden kann. Hier fehlende Angaben hinsichtlich Situierung, Kubatur und Erschließung sind für die Beurteilung der (grundsätzlichen) bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit jedoch (wenn auch je nach Antragsgegenstand ggf. nur „in groben Zügen“) regelmäßig erforderlich.
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2.4. Nach der Rechtsprechung ist bei einem nur teilweise unbestimmten Antrag zu prüfen, ob sich durch Auslegung ein prüffähiger Antragsinhalt ermitteln lässt. Wird das Vorhaben in einem Vorbescheidsantrag, durch den die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29ff. BauGB) geklärt werden soll, jedenfalls hinsichtlich desjenigen der vier bauplanungsrechtlichen Hauptkriterien (Art der baulichen Nutzung, Maß der baulichen Nutzung, Bauweise, überbaubare Grundstücksfläche – vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB) ausreichend bestimmt beschrieben, das erkennbar im Vordergrund der Zulässigkeitsprüfung steht, dann schadet es nicht, wenn der Antrag in Bezug auf andere Zulässigkeitskriterien ungenau ist. In einem solchen Fall ist der Antrag nicht insgesamt unzulässig; vielmehr ist er so auszulegen, dass nur das Kriterium geprüft werden soll, in Bezug auf welches das Vorhaben ausreichend bestimmt beschrieben ist (vgl. BayVGH, U.v. 22.5.2006 – 1 B 04.3531 – NVwZ-RR 2007, 653).
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2.4.1. Selbst wenn man den Vorbescheidsantrag so auslegen wollte, dass lediglich die Art der baulichen Nutzung abgefragt sein soll, so kann auch insoweit nicht mit der gebotenen Bestimmtheit, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, über den Antrag entschieden werden. Auch hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung wird kein konkret-individuelles Vorhaben abgefragt. Vielmehr wird eine Vielzahl von Möglichkeiten verschiedener „Wohnhäuser“ zur Überprüfung angeboten. Ein solcher Antrag ist zu unbestimmt.
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Der Beschreibung „Wohnhaus ohne Gewerbezwang“ kann – im Rahmen der gebotenen Auslegung – lediglich entnommen werden, dass der Kläger ein „Wohngebäude“ errichten möchte. Um welche Art „Wohngebäude“ mit welchem Umfang es sich handelt, ist nicht feststellbar. Der Begriff „Wohngebäude“ ist jedoch vielschichtig. Er umfasst alle Formen des dauernden Wohnens vom Einfamilienhaus im Bungalowstil bis zum vielgeschossigen Mietshaus mit den entsprechenden Wohnungen und Appartements, also etwa Einfamilienhäuser, Doppelhäuser, Mehrfamilienhäuser sowie je nach Ausgestaltung auch Studenten-, Auszubildenden- und Schülerwohnheime, Altenwohnheime oder Werks- und Dienstwohnungen, Personalheime und Wohnheime für Arbeitnehmer (vgl. Vietmeier/Wirth in: Bönker/Bischopink, Baunutzungsverordnung, Stand: 15.1.2025, § 3 Rn. 18; Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand: November 2024, § 3 BauNVO Rn. 33 ff.).
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2.4.2. Die städtebaulichen Auswirkungen des Vorhabens – auch seiner Art nach – können ferner regelmäßig – so auch hier – ohne Kenntnis seiner Situierung und seines Umfangs weder ermittelt noch beurteilt werden. Dies gilt insbesondere für das Gebot der Rücksichtnahme (vgl. zum Prüfungsrahmen, wenn „nur“ die „grundsätzliche bauplanungsrechtliche Zulässigkeit“ abgefragt werden soll: VG München, U.v. 30.1.2023 – M 8 K 20.2603 – juris Rn. 28f.). Eine Prüfung anhand der vorgelegten Unterlagen, auch nur der „grundsätzlichen bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit“ hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung scheidet mangels Bestimmtheit des Vorhabens und des Antrags aus. Dies gilt unabhängig davon, welchem bauplanungsrechtlichen Genehmigungsrahmen das Vorhaben unterliegt.
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Sollte das Vorhaben den Anforderungen des streitgegenständlichen Bebauungsplans (§ 30 BauGB) entsprechen oder sich in ein faktisches Mischgebiet einfügen müssen (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 6 BauNVO) stellt sich die Frage, ob ein (weiteres) wohngenutztes Gebäude den bauplanungsrechtlichen Anforderungen des Plangebiets genügt. Ob ein im Mischgebiet nicht zulässiges Übergewicht einer der beiden Hauptnutzungsarten durch ein Vorhaben verursacht wird, ist stets eine Frage des Einzelfalls. Berücksichtigt werden können etwa die Prozentsätze der Grundflächen der einen und/oder anderen Nutzungsart, das Verhältnis der Geschossflächen zueinander oder auch die Zahl der gewerblichen Betriebe im Verhältnis zu den vorhandenen Wohngebäuden (vgl. Roeser in: König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 5. Auflage 2022, § 6 Rn. 4). Der Vorbescheid lässt Angaben diese Art, etwa zur Grund- oder Wohnfläche gänzlich vermissen, sodass nicht geprüft werden kann, ob bei Verwirklichung des Vorhabens der durch die gemischte Nutzung geprägte Gebietscharakter bewahrt wird.
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Auch wenn es sich bei der maßgeblichen Umgebung um ein allgemeines Wohngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO) handeln sollte, kann mangels Angaben zu Art und Umfang des vorgesehenen Wohnens keine bauplanungsrechtliche Prüfung erfolgen. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind ebenfalls unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Auch Wohngebäude unterliegen dieser Vorschrift (vgl. Stock in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand: November 2024, § 3 BauNVO Rn. 58). Zur Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit auch der Art nach hätte es daher einer – über die Angabe „Wohnhaus ohne Gewerbezwang“ hinausgehenden – (je nach Planungsstand ggf. rudimentären) Konkretisierung bedurft, um im streitgegenständlichen Einzelfall das Einfügen des Vorhabens hinsichtlich des Gebots der Rücksichtnahme und ggf. die Wahrung des Gebietscharakters beurteilen zu können. Zwar betrifft die Anzahl der Wohnungen nicht die Art der baulichen Nutzung (BayVGH, B.v. 21.2.2022 – 9 CS 22.81 – juris Rn. 11), allerdings muss bei der bauplanungsrechtlichen Prüfung ausgeschlossen werden können, dass im Einzelfall „Quantität in Qualität“ umschlägt und im Ergebnis ein Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets besteht (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1995 – 4 C 3.94 – juris Rn. 17) oder das Gebiet kippt, etwa in ein reines Wohngebiet.
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Auch in einer Gemengelage, § 34 Abs. 1 BauGB, ist ohne jegliche Kenntnis von Größe und Situierung des „Wohngebäudes“ insbesondere unmöglich zu prüfen, ob das Vorhaben selbst die gebotene Rücksichtnahme einhält, oder ob sich das Vorhaben unzumutbaren Einwirkungen seiner Umgebung aussetzt.
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2.5. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass eine Änderung bzw. „Ergänzung“ des Vorbescheidsantrags im gerichtlichen Verfahren grundsätzlich nicht mehr in Betracht kommt (vgl. BayVGH, U.v. 2.9.1986 – 26 B 83 A.2240 – juris Ls. 1; U.v. 14.2.2001 – 2 B 99.933 – juris Rn. 19; VG Köln, U.v. 18.4.2018 – 23 K 2258/16 – BeckRS 2018, 48236 Rn. 44).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt und sich insoweit auch keinem Kostenrisiko unterworfen. Es entspricht daher billigem Ermessen, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.