Inhalt

VG München, Beschluss v. 03.07.2025 – M 15 SN 25.2733
Titel:

Zustimmung zur Kündigung eines Schwerbehinderten, Ordentliche Kündigung, Rechtsschutzbedürfnis des Antrags nach § 80a Abs. 3 VwGO, Aufklärungspflicht des Integrationsamts

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 80a Abs. 3
SGB IX §§ 168 ff.
Schlagworte:
Zustimmung zur Kündigung eines Schwerbehinderten, Ordentliche Kündigung, Rechtsschutzbedürfnis des Antrags nach § 80a Abs. 3 VwGO, Aufklärungspflicht des Integrationsamts
Fundstelle:
BeckRS 2025, 17914

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Zustimmung des Integrationsamts zu seiner ordentlichen Kündigung.
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Er hat eine Schwerbehinderung im Sinne des § 2 Abs. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) mit einem Grad der Behinderung von …, der eine depressive Störung, Bronchialasthma und Schlafapnoe-Syndrom zugrunde liegen, und ist seit dem … … 2023 beim Beigeladenen als … beschäftigt.
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Der Beigeladene beantragte am 21. Februar 2025 beim Antragsgegner die Zustimmung zu dessen außerordentlicher fristloser Kündigung, hilfsweise zur ordentlichen Kündigung. Es solle aus Tat- und hilfsweise aus dringenden Verdachtsgründen gekündigt werden. Der Antragsteller habe am 2. September 2024 eine E-Mail in Kopie an seine Führungskraft gesendet, der zu entnehmen gewesen sei, dass am 2. September 2024 ein privates mobiles Endgerät genutzt worden sei, um ein dienstliches Dokument mit personenbezogenen Daten eines Klienten mit der Scanner App „Genius Scan“ zu scannen, um es anschließend von der privaten Mailadresse des Antragstellers an seine Dienst-Mailadresse zu senden. Dies stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen dienstliche Regelungen sowie gegen das Gesetz über den Kirchlichen Datenschutz (KDG) dar. Wegen des Verdachts weiterer Datenschutzverstöße habe der Beigeladene am 3. Februar 2025 auf den dienstlichen Mail-Account des Antragstellers zugegriffen und dabei auszugsweise einige vom Antragsteller im Zeitraum von schwerpunktmäßig Juli 2024 bis September 2024 versandte und empfangene E-Mails im dienstlichen Kontext eingesehen und archiviert. Der Beigeladene führte insgesamt 38 Vorfälle auf, in denen der Antragsteller entweder mit einem privaten mobilen Endgerät oder einem privaten Scanner gescannt habe, dabei seine private Mail-Adresse benutzt habe bzw. personenbezogene Daten von Klienten ohne deren Zustimmung weitergegeben habe. Mit Schreiben vom 18. Februar 2025 sei der Antragsteller zu den Fällen angehört worden. Mit Mails vom 18. Februar 2025 habe er Stellung genommen und sich u.a. darauf bezogen, dass der einzig vorhandene Scanner defekt oder außer Betrieb gewesen sei und die Zustimmung der Klienten zur Datenübermittlung über die Software „Genius Scan“ jederzeit vorgelegen habe. Hierzu führte der Beigeladene u.a. aus, bei defekten oder kurzfristigen Ausfällen des Scanners werde stets zeitnah der Kundendienst gerufen, welcher mit kurzer Reaktionszeit das Gerät vor Ort repariere oder wieder in Betrieb nehme. Für den Fall des Ausfalls des Geräts seien die Mitarbeiter angewiesen, die Klienten zu bitten, die Unterlagen selbst zum Empfänger zu bringen oder zu versenden. Es sei den Mitarbeitern, so auch dem Antragsteller, ausdrücklich untersagt, private Geräte zum Scannen und Versenden von dienstlichen Dokumenten zu verwenden sowie dienstliche Dokumente und Mails von und zu privaten Mailadressen zu senden. Zustimmungen der Klienten zur Verwendung von „Genius Scan“ sowie von privaten Mails durch den Antragsteller lägen in der Einrichtung nicht vor. Es wurde unter Bezugnahme auf Normen des KDG und die Rahmendienstvereinbarung IT-Systeme des Beigeladenen umfassend begründet, weshalb der Beigeladene das geschilderte Verhalten des Antragstellers als Datenschutzverstöße einordne. Diese seien ein fristloser Kündigungsgrund. Aufgrund von Schwere und Vielzahl der Verstöße sei eine Abmahnung obsolet und das Vertrauensverhältnis zum Antragsteller völlig zerstört. Da der Beigeladene lediglich einige Mails auf dem dienstlichen Account des Antragstellers gesichtet und bereits dabei schon diese Vielzahl an Datenschutzverstößen festgestellt habe, bestehe der dringende Verdacht, dass der Antragsteller noch viele weitere ähnliche Datenschutzverletzungen begangen habe. Diese stünden in keinem Zusammenhang mit seiner Schwerbehinderung. Dem Beigeladenen sei die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zumutbar.
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Mit drei Schreiben vom 24. Februar 2025 gab der Antragsgegner dem Antragsteller, dem Betriebsrat und der Schwerbehindertenvertretung des Beigeladenen jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme.
5
Der Antragsteller nahm gegenüber dem Antragsgegner in zahlreichen Schreiben Stellung und rügte Diskriminierungen durch den Beigeladenen. Darüber hinaus führte er u.a. aus: Bis Dezember 2024 sei von Datenschutzvorfällen nicht die Rede gewesen. Eine Anweisung, die Klienten unverrichteter Dinge wegzuschicken, habe es nicht gegeben. Es hätten stets alle notwendigen Zustimmungen für die Weitergabe der Daten an Dritte vorgelegen. Die Durchsuchung seines Laptops ohne sein Beisein sei aus verschiedenen Gründen unverhältnismäßig, u.a. weil die Durchsuchung seines Laptops zwei Monate nach etwaigen Verdachtsmomenten erfolgt sei, die Schwerbehindertenvertretung nicht angehört worden sei und keine Einverständniserklärungen vorlägen. Der Beigeladene habe den Antragsteller nicht vorab angehört und keine Abmahnung ausgesprochen. Der Antragsteller bestritt das Verbot, private Geräte zum Scannen und Versenden von dienstlichen Dokumenten zu verwenden, und wiederholte seinen Vortrag, der Scanner sei über Tage hinweg defekt oder überlastet gewesen. Die Fristen, die einen Zusammenhang zwischen angeblichem Fehlverhalten und abmahnungsfreier Sanktion durch Kündigung herstellen könnten, seien überschritten. Es gebe keinen schriftlichen Nachweis über eine Zustimmung der Mitarbeitervertretung. Die Unterlagen der Mitarbeitervertretung und Schwerbehindertenvertretung seien aus näher beschriebenen Gründen einseitig und unvollständig. Zudem seien die beiden Gremien nicht unabhängig voneinander angehört worden. Beide hätten die Information zum gleichen Tag und zur gleichen Uhrzeit bestätigt. Die Anhörung und Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung sei zudem nicht ordnungsgemäß erfolgt und zeitlich nicht vor der Anfrage an das Inklusionsamt. Die Mitarbeitervertretung habe bereits einen Tag vor dem 28. Februar 2025 der Kündigung zugestimmt.
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Am 28. Februar 2025 fand ein Termin zwischen dem Antragsteller und dem Beigeladenen vor dem Arbeitsgericht … statt. Nach dem Sitzungsprotokoll des Arbeitsgerichts riss der Antragsteller das Kreuz von der Wand des Sitzungssaals nahe der Tür und schlug es mit Wucht auf den Tisch des Prozessbevollmächtigten des Beigeladenen.
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Der Beigeladene wandte sich mit Schreiben vom 4. März 2025 an den Antragsgegner und nahm Bezug auf den Vorfall vor dem Arbeitsgericht am 28. Februar 2025, auf den der Antragsgegner die beabsichtigte Kündigung als weiteren (verhaltensbedingten) Kündigungsgrund stützen wolle. Der Antragsteller habe den Schriftsatz des Beigeladenen als „Durchfall“ bezeichnet, das Kreuz von der Wand des Gerichtsaals gerissen und auf den Tisch des Beigeladenen „geknallt“. Der Antragsteller habe gegen die Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit und den Umgang in gegenseitiger Treue und Respekt verstoßen. Das Herunterreißen des Kreuzes verletze grundlegende Werte der katholischen Kirche und sei als kirchenfeindliche Betätigung zu sehen. Zudem habe der Antragsteller dem Beigeladenen mitgeteilt, dass er einen Termin zum Kirchenaustritt vereinbart habe. Ein Austritt aus der katholischen Kirche führe während des Bestehens des Dienstverhältnisses in der Regel zu einer Beendigung des der Beschäftigung zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses. Das Verhalten zeige eindeutig die feindliche Einstellung des Antragstellers gegenüber seinem katholischen Dienstgeber.
8
Der Antragsgegner hörte den Antragsteller, die Mitarbeitervertretung und die Schwerbehindertenvertretung jeweils mit Schreiben vom 5. März 2025 zu der ordentlichen bzw. außerordentlichen Kündigung wegen des Vorfalls vom 28. Februar 2025 an.
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Mit Schreiben vom 24. Februar 2025 erteilte die Mitarbeitervertretung die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und teilte mit, dass sie keine Stellungnahme abgebe. Mit weiteren Schreiben vom 27. Februar 2025 und 5. März 2025 teilte die Mitarbeitervertretung zur hilfsweisen ordentlichen Kündigung und zu dem weiteren (verhaltensbedingten) Kündigungsgrund im Rahmen der beabsichtigten hilfsweisen ordentlichen Kündigung sowie im Rahmen der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit, die Mitarbeitervertretung lasse die Frist verstreichen und erhebe keine Einwendungen.
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Mit Schreiben vom 6. März 2025 nahm der Antragsteller zu den Vorfällen im arbeitsgerichtlichen Termin Stellung. Die neue Grundordnung sehe die Möglichkeit des Kirchenaustritts vor. Er führte aus, wie ihm vom Beigeladenen und dem Arbeitsgericht Unrecht zugefügt worden sei. Wie ein abgehängtes Kreuz in einem Gerichtssaal eine Kündigung begründen solle, erschließe sich dem Antragsteller nicht. Gemäß ihrem Leitspruch solle der Beigeladene physisch näher am Kreuz sein.
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Am 6. März 2025 nahm der Beigeladene gegenüber dem Antragsgegner ergänzend Stellung und führte aus, dass die erforderlichen Voraussetzungen vor der Einsichtnahme des dienstlichen Mail-Accounts eingehalten worden seien und die maßgeblichen Gremien einbezogen worden seien. Auch seien die Mitarbeitervertretung und die Schwerbehindertenvertretung vor der Kündigung angehört worden. Die Mitarbeitervertretung habe der außerordentlichen sowie der ordentlichen Kündigung zugestimmt. Die Mitarbeitervertretung und die Schwerbehindertenvertretung seien gleichzeitig, aber noch vor der Beantragung der Zustimmung beim Antragsgegner ausführlich angehört worden. Nach Auffassung des Beigeladenen stehe einer gemeinsamen Anhörung nichts entgegen, außerdem sei der Schwerbehindertenvertretung, die keinerlei Einwände erhobene habe, in diesem Termin ausführlich Gehör gewährt worden. Des Weiteren habe die Mitarbeitervertretung dem weiteren Kündigungsgrund zugestimmt. Dazu sei auch die Schwerbehindertenvertretung angehört worden und habe keine Einwände erhoben.
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Im Bescheid vom 7. März 2025 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Tatkündigung ab. Die Zustimmung werde nicht erteilt (Nummer I.). Zudem lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Verdachtskündigung ab. Die Zustimmung werde nicht erteilt (Nummer II.). Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch des Beigeladenen hob die Widerspruchsbehörde den Bescheid vom 7. März 2025 auf (Nummer 1) und erteilte die Zustimmung zur außerordentlichen Tat- und Verdachtskündigung (Nummer 2). Der Antragsteller erhob hiergegen Klage (M 15 K 25.3678) und Eilantrag (M 15 SN 25.3679) beim Verwaltungsgericht München, über die noch nicht entschieden ist.
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Der Beigeladene stellte mit Schreiben vom 10. März 2025 gegenüber dem Antragsgegner klar, das Schreiben vom 4. März 2025 beziehe sich auf die gestellten Anträge zur Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung. Ein separates, weiteres Zustimmungsverfahren wolle der Antragsgegner nicht beantragen, sondern es sei ein weiterer Sachverhalt gemeldet worden. Mit Schreiben vom 17. März 2025 nahm der Beigeladene den Antrag bezüglich des Verhaltens des Antragstellers vor Gericht am 28. Februar 2025 für das Aktenzeichen der außerordentlichen Kündigung zurück.
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Mit Schreiben vom 17. März 2025 nahm der Antragsgegner zu den Ausführungen des Antragstellers hinsichtlich des Vorfalls am 28. Februar 2025 im arbeitsgerichtlichen Verfahren Stellung.
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Der Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 20. März 2025 die Ablehnung der Zustimmungsanträge und führte zur Kündigung bezüglich des Kirchenaustritts und des gerichtlichen Termins am 28. Februar 2025 an, dass die Zustimmung der Mitarbeitervertretung vor Abfassen des Zustimmungsantrags erfolgt sei. Wiederum sei die Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung nicht abgewartet worden. Die Bischöflichen Richtlinien zur Grundordnung sähen explizit keinen Kündigungsautomatismus (gemeint wohl: bei Kirchenaustritt) mehr vor. Es hätte andere Arbeits- und Einsatzbereiche beim Beigeladenen für den Antragsteller gegeben.
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Mit Bescheid vom 3. April 2025 erteilte der Antragsgegner auf Antrag des Beigeladenen vom 21. Februar 2025 die Zustimmung zur verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung hinsichtlich des Vorwurfs Datenschutzverstöße (Nummer 1) und zur verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung hinsichtlich des Vorwurfs dringender Tatverdacht Datenschutzverstöße (Nummer 2). Auf Antrag des Beigeladenen vom 4. März 2025 wurde die Zustimmung zur verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung hinsichtlich des Vorwurfs „Fehlverhalten mit erkennbarer Ablehnung der Grundsätze des Arbeitgebers im Gerichtsverfahren und wegen der Gesamtschau der Pflichtverstöße“ erteilt (Nummer 3). Das der Kündigung zugrundeliegende Verhalten des Antragstellers stehe in keinem Zusammenhang mit seiner Gesundheitsstörung. Dies ergebe sich aus einer Gesamtschau der dem Inklusionsamt vorliegenden Unterlagen, insbesondere dem Feststellungsbescheid. Im Rahmen der Ermessensentscheidung sei zugunsten des Antragstellers zu berücksichtigen, dass er 53 Jahre alt sei und dem Betrieb seit über zwei Jahren angehöre. Der Beigeladene habe wegen der Schwerbehinderung eine hohe Fürsorgepflicht. Zudem werde der Antragsteller aufgrund seiner Schwerbehinderung erhebliche Probleme haben, einen Anschlussarbeitsplatz zu finden, dies könne zu einem Absinken des Lebensstandards führen. Für den Beigeladenen spreche, dass sein Interesse an einer Lösung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Antragstellers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses erheblich überwiege. Es lägen sowohl ein Kündigungsgrund für eine Tatkündigung sowie für eine Verdachtskündigung vor bzw. die genannten Gründe seien nicht offensichtlich arbeitsrechtlich unwirksam. Datenschutzverstöße und auch Verhalten, welches gegen die Prinzipien des Arbeitgebers spreche, gerade auch das Gesamtverhalten, seien grundsätzlich als Kündigungsgrund geeignet. Ob es grundsätzlich einer Abmahnung bedurft hätte, sei von der Arbeitsgerichtsbarkeit zu beurteilen, die Entbehrlichkeit sei nicht offensichtlich ausgeschlossen. Der Beigeladene habe formal kein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX angestrengt. Dieses sei jedoch keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustimmungsentscheidung des Integrationsamts. Lägen über bloße Unzuträglichkeiten hinaus schon Kündigungsgründe vor, so könnten diese durch ein Präventionsverfahren nicht mehr verhindert werden. Im Übrigen könne das Fehlen eines Präventionsverfahrens nur dann zulasten der Arbeitgeberseite berücksichtigt werden, wenn bei gehöriger Durchführung des Präventionsverfahrens die Möglichkeit bestanden hätte, die Kündigung zu vermeiden. Die verhaltensbedingten Kündigungsgründe seien mit den dargelegten mehrfachen Pflichtverletzungen, die den Vertrauensbereich beträfen, bereits entstanden. Das zerstörte Vertrauensverhältnis könne durch ein Präventionsverfahren nicht wiederhergestellt werden.
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Der Beigeladene sprach die Kündigung aus, wogegen der Antragsteller Kündigungsschutzklage erhob.
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Der Antragsteller erhob am 5. April 2025 Klage gegen den Bescheid vom 3. April 2025 zum Verwaltungsgericht München (M 15 K 25.2152) und begehrte Eilrechtsschutz.
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Das Rechtsschutzbedürfnis ergebe sich daraus, dass nicht auszuschließen sei, dass sich aus der begehrten Anordnung auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses positive rechtliche Folgen für das arbeitsgerichtliche Verfahren ergeben könnten. Der Antragsteller gab zur Begründung der Zulässigkeit wohl einen Ausschnitt aus einem Urteil wieder. Der Antragsgegner habe unberücksichtigt gelassen, dass der Beigeladene verpflichtet gewesen wäre, den Antragsteller leidensgerecht und damit an einem anderen, „denunziationsfreien“ Arbeitsplatz zu beschäftigen. Der Beigeladene habe mehrere Stellen etwa im Bereich Genesungsbegleitung ausgeschrieben, für die der Antragsteller qualifiziert sei. Der Antragsgegner habe sich bei der Ermittlung des Sachverhalts im Wesentlichen auf schriftliche wie telefonische Zeugenaussagen, die der Beigeladene beigebracht habe, sowie auf die jeweiligen Schilderungen der Beteiligten bezogen. Er habe die vom Antragsteller vorgebrachten Aspekte im Bescheid nur in zwei Sätzen berücksichtigt. Es sei daher denkbar, dass der Antragsgegner seiner Verpflichtung, den Sachverhalt zu ermitteln, nicht ausreichend nachgekommen sei. Die Zustimmungsverweigerung erwecke den Eindruck von Willkür. Die Streitigkeit berühre elementar den Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses. Die Unwirksamkeit der Kündigung hätte sich dem Inklusionsamt aufdrängen müssen, da abmahnungsfreie ordentliche Kündigungen regelmäßig unwirksam seien. Die Beteiligung der Mitarbeitendenvertretung sei mangelhaft, da nur der Vorsitzende ohne Nachweis der Beschlussfähigkeit und einer Protokollerklärung zugestimmt habe. Der Beigeladene wolle sich in Wirklichkeit des Antragstellers entledigen und nicht die angeblichen Datenschutzverstöße sanktionieren. Schwerbehinderte Menschen seien gerade im sozialen, kirchlichen bzw. diakonischen Bereich nachweislich in statistisch höherem Maße von Bossing bzw. Mobbing betroffen als nicht schwerbehinderte Menschen.
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Der Bescheid verletze billiges und rechtsfehlerhaftes Ermessen. Das Inklusionsamt dürfe sich nicht mit einer Schlüssigkeitsprüfung begnügen, weil wie im Fall des Antragstellers geschehen, der Sonderkündigungsschutz nach §§ 168 ff. SGB IX zu einer leeren Förmlichkeit ausgehöhlt werde. Der Antragsteller nahm auf Überlastungsanzeigen Bezug, mit denen er seine Haftung für Fehler explizit ausgeschlossen habe, auf die Befassung der Betriebsärztin und auf eine aus seiner Sicht bestehende Diskriminierung, da er kein Diensthandy erhalten habe. Das Abhängen eines Kreuzes im Gerichtssaal goutiere die Tatsache des Diebstahls des Privateigentums des Antragstellers nach dem 18. Februar 2025, was die Sachbearbeiterin des Antragsgegners unterschlage. Weshalb der Antragsteller ein Kreuz nicht von der Wand im Gerichtssaal nehmen dürfe und es seinem Arbeitgeber auf den Tisch legen dürfe, um ihn daran zu erinnern, zu welchem dienstgemeinschaftlichen Umgang er sich eigentlich verpflichtet sehen sollte, unterschlage der Antragsgegner, sowie die vielfältigen Versuche, die betrieblichen Instanzen zur Konfliktklärung einzubeziehen. Es gebe keinen Antrag vom 21. März 2025. Es sei unbillig und ermessensfehlerhaft, die vom Arbeitgeber nachgeschobenen Gründe vom 4. März 2025 überhaupt zu berücksichtigen. In den Gründen sei nicht ersichtlich, ob einmal oder mehrfach mutmaßliche Datenschutzverstöße vorliegen sollten. Eine Anhörung sei erst Anfang Dezember erfolgt, ohne dass die Schwerbehinderung (gemeint wohl: Schwerbehindertenvertretung) zu diesen Vorwürfen und der Anhörung nachweislich angehört worden sei. Im Bescheid sei nicht berücksichtigt, dass nicht abgemahnt worden sei, kein BEM-Gespräch unter Offenlegung der Denunziationen angeboten worden sei und dass die Durchsuchung seines Dienstlaptops am 3. Februar 2025 ohne Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung vorgenommen worden sei, die dabei gefundenen Beweise nach der eigenen Dienstvereinbarung somit dem Beweisverwertungsverbot unterliegen dürften. Es werde bestritten, dass die Schwerbehindertenvertretung sowie die Mitarbeitervertretung zu den Kündigungsanträgen ordnungsgemäß involviert worden seien, und dass beide Gremien jeweils unabhängig voneinander gehört worden seien. Die Mitarbeitervertretung habe ihre Zustimmung bereits im Vorgriff zum Kündigungszustimmungsantrag erteilt. Den diesbezüglichen Vortrag des Antragstellers habe der Antragsgegner nicht aufgegriffen. Die Interessenabwägung sei parteiisch und voreingenommen gewesen. Die Aspekte, die sich wie bei der verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung aufdrängten, verpflichteten den Antragsgegner, nicht an einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung mitzuwirken. Der Antragsteller führte zu Fehlverhalten des Beigeladenen aus seiner Sicht aus. Der Antragsgegner habe sich offenbar allein mit dem im Haus befindlichen Schwerbehindertenfeststellungsbescheid begnügt, sodass das Ergebnis der Zustimmung bereits festgestanden habe.
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Der Antragsgegner beantragte,
den Eilantrag abzulehnen.
22
Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung laufe ins Leere, da der „Vollzug“ des Verwaltungsakts in der Kündigung des Arbeitgebers des Antragstellers bestehe. Ein zusätzliches Handeln des Integrationsamtes, dem mit einer aufschiebenden Wirkung entgegengetreten werden könne, finde daneben nicht statt. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung könne daher die Rechtsposition des Antragstellers nicht verbessern, der Eilantrag sei insofern als unzulässig abzulehnen.
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Der Antragsteller erwiderte, es sei nicht Aufgabe der Arbeitsgerichte, offenkundig ermessensfehlerhafte Bescheide des Inklusionsamtes zu korrigieren. Mit der Aufforderung, den Zustimmungsbescheid bis zu einer ermessensfehlerfreien Bescheidung außer Kraft zu setzen, werde der Rechtsposition des Antragstellers entsprochen, sie laufe gerade nicht ins Leere.
24
Mit Beschluss vom 26. Mai 2025 wurde der Arbeitgeber des Antragstellers zum Verfahren beigeladen. Er schloss sich der Rechtsauffassung des Beklagten an. Der Verwaltungsakt sei durch den Ausspruch der Kündigung vom 8. April 2025 gegenüber dem Antragsteller vollzogen worden. Der Antragsteller habe eine Kündigungsschutzklage eingereicht. Der Eilantrag des Antragstellers sei somit unzulässig. Er stellte keinen Antrag.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Behördenakten und die Gerichtsakte, auch im Verfahren M 15 K 25.2152 Bezug genommen.
II.
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Der Antrag hat keinen Erfolg.
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1. Der Antrag ist mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig.
28
Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis wird für jede Verfahrenshandlung verlangt, um einen Missbrauch prozessualer Rechte zu verhindern. Damit sollen Handlungen und Verfahren ausgeschlossen werden, in denen der betreffende Beteiligte mit seinem Rechtsmittel eine Verbesserung seiner Rechtsstellung nicht erreichen kann, das Rechtsmittel für ihn also nutzlos ist (BVerwG, U.v. 8.7.2009 – 8 C 4.09 – juris Rn. 24).
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Ob ein Antrag auf aufschiebende Wirkung einer Klage gegen die Zustimmungsentscheidung des Integrationsamtes die Rechtsstellung des Antragstellers verbessern kann, ist umstritten. Da es sich bei der Zustimmung zur Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers um einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt handelt, den die Verwaltung nicht selbst vollstreckt, kann der Antragsteller etwaige Verbesserungen allenfalls in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren erwarten.
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Dabei ergibt sich das Rechtsschutzbedürfnis nicht daraus, dass es für einen im Kündigungsschutzprozess gestellten Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung auch auf den Bestand der angefochtenen Zustimmung ankommt (so aber BayVGH, B.v. 17.12.2009 – 12 CS 09.2691 – juris Rn. 18; VG Würzburg, B.v. 20.12.2022 – W 3 S 22.1559 – juris Rn. 24 f.; Gutzeit in: BeckOK SozR, 76. Ed. 1.6.2024, SGB IX § 171 Rn. 18). Denn nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist es für die Berechtigung des Arbeitgebers, auf der Grundlage der Zustimmung die Kündigung zu erklären, ohne Bedeutung, ob die Zustimmung von der Widerspruchsbehörde oder dem Verwaltungsgericht aufgehoben wird, solange die betreffende Entscheidung nicht unanfechtbar ist. Es widerspräche Sinn und Zweck der gesetzlichen Intention, wenn der Arbeitnehmer die vorläufige Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses erzwingen könnte, obwohl seine Kündigung behördlich zugelassen worden und das verwaltungsgerichtliche Anfechtungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Auch das prozessuale Beschleunigungsgebot verlangt nach dieser arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, dass die Gerichte für Arbeitssachen bei behördlich erteilter Zustimmung zur Kündigung den Kündigungsstreit der Parteien ohne Rücksicht auf den Fortgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nach Maßgabe der einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften entscheiden und – falls es darauf ankommt – erst auf eine rechtskräftige Versagung der Zustimmung Bedacht zu nehmen haben (BAG, U.v. 23.5.2013 – 2 AZR 91/11 – juris Rn. 24; LAG MV, B.v. 17.3.2017 – 5 Ta 8/17 – juris).
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Demnach kann eine Kündigung im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht deshalb, weil im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen die Zustimmung zur Kündigung angeordnet wurde, als unwirksam angesehen werden. Denn nach der genannten arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung soll auch im Verfahren auf vorläufige Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers eine Aufhebung der Zustimmung des Integrationsamtes nur für den Fall von den Arbeitsgerichten zu berücksichtigen sein, dass die Aufhebung unanfechtbar und damit die Zustimmungserklärung unumkehrbar unwirksam geworden ist (HessVGH, B.v. 7.11.2018 – 10 B 1900/18 – juris Rn. 5 m. w. N.; OVG Sachsen, B.v. 24.11.2022 – 3 B 266/22 – juris Rn. 8). Dies hat zur Folge, dass es für Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gegenüber der Zustimmungserklärung des Integrationsamtes an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt (so auch VG Berlin, B.v. 11.7.2023 – VG 22 L 116/23 – juris; OVG NRW, B.v. 14.11.2019 – 12 B 1326/19 – juris Rn. 16 ff.; NdsOVG, B.v. 12.7.2019 – 12 B 754/19 – juris; HessVGH, B.v. 7.11.2018 – 10 B 1900/18 – juris; OVG Hamburg, B.v. 19.5.2015 – 5 Bs 56/15 – juris Rn. 9; NdsOVG, B.v. 9.1.2014 – 4 ME 311/13 – juris; VGH BW, B.v. 10.1.2012 – 12 S 3214/11 – juris Rn. 1ff. m.w.N.; Rolfs in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 25. Aufl. 2025, § 171 SGB IX Rn. 4; vgl. insgesamt OVG Sachsen, B.v. 24.11.2022 – 3 B 266/22 – juris Rn. 7 f.)
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Dem steht nach Auffassung des Gerichts auch nicht entgegen, dass das Arbeitsgericht eine etwaige Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei einer Aussetzung des Kündigungsschutzprozesses nach § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 148 Abs. 1 ZPO zu berücksichtigen hätte (so aber OVG NRW, B.v. 12.11.2024 – 12 B 783/24 – juris Rn. 16). Unabhängig davon, ob die arbeitsgerichtliche Annahme, „in der Regel“ sei eine Aussetzung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit nicht angezeigt (BAG, U.v. 23.5.2013 – 2 AZR 91/11 – juris Rn. 28), ausreichend Raum für ein Rechtsschutzbedürfnis lässt, vermag das Gericht keine Vorteile einer etwaigen Aussetzung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens für den Arbeitnehmer zu erkennen. Diese prozessuale Entscheidung wirkt sich auf einen etwaigen (allgemeinen) Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers nicht aus.
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2. Darüber hinaus ist der Antrag unbegründet.
34
a) Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO trifft das Gericht aufgrund der sich im Zeitpunkt seiner Entscheidung darstellenden Sach- und Rechtslage eine eigene Ermessensentscheidung darüber, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts sprechen, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Diese sind ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den Erfolg des gestellten Antrags. Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein (weil er zulässig und begründet ist), so wird regelmäßig nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Wird dagegen der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben (weil er unzulässig oder unbegründet ist), so ist dies ein starkes Indiz für die Ablehnung des Antrages auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Sind schließlich die Erfolgsaussichten offen, findet eine allgemeine, von den Erfolgsaussichten unabhängige Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.
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b) Die angegriffene Zustimmungsentscheidung stellt sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig dar und verletzt den Antragsteller nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
36
aa) In formeller Hinsicht begegnet der Zustimmungsbescheid des Antragsgegners vom 3. April 2025 keinen rechtlichen Bedenken. Insbesondere wurden sowohl der Antragsteller als auch die Mitarbeitervertretung – unabhängig davon, ob diese als Betriebsrat zu werten ist – und die Schwerbehindertenvertretung gemäß § 170 Abs. 2 SGB IX vor der Entscheidung angehört bzw. ihnen die Möglichkeit eingeräumt, eine Stellungnahme abzugeben. Dass der Bescheid unter Nummer I. der Gründe einen Antrag vom 21. März 2025 aufführt, ist ersichtlich ein Schreibfehler, wobei sich nicht nur durch Auslegung, sondern aus dem korrekten Tenor ergibt, auf welchen Antrag der Bescheid Bezug nimmt.
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bb) Rechtsgrundlage für die erteilte Zustimmung ist § 168 SGB IX. Danach bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.
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Der Antragsteller ist mit einem GdB von … im Sinne von § 2 Abs. 3 SGB IX schwerbehindert und genießt damit den besonderen Kündigungsschutz nach §§ 168 ff. SGB IX.
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Über die Erteilung der Zustimmung zur Kündigung oder deren Versagung hat das Integrationsamt nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (§§ 171 ff. SGB IX) und dabei das Interesse des schwerbehinderten Arbeitnehmers am Fortbestand seines Arbeitsplatzes mit dem Interesse des Arbeitgebers an der Erhaltung seiner Gestaltungsmöglichkeiten abzuwägen (vgl. BVerwG, U.v. 19.10.1995 – 5 C 24.93 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 12.8.2008 – 12 ZB 07.3029 – juris Rn. 8). Die Ermessensentscheidung unterliegt nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (§ 114 Satz 1 VwGO). Dem Gericht ist es versagt, die behördlichen Ermessenserwägungen durch eigene zu ersetzen. Es kann die Entscheidung nur auf Ermessensfehler hin überprüfen (vgl. zum Ganzen BayVGH, U.v. 31.1.2013 – 12 B 12.860 – juris Rn. 27 ff.), wobei maßgeblicher Zeitpunkt nicht die Sachlage im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung, sondern allenfalls der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ist (vgl. BVerwG, B.v. 10.11.2008 – 5 B 79.08 – juris Rn. 5). Die Prüfung erstreckt sich insbesondere darauf, ob die Behörde von einem ausreichend ermittelten und zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.10.1995 – 5 C 24.93 – juris Rn. 15), ob sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens beachtet (§ 114 Satz 1 Alt. 1 VwGO) und von der ihr eingeräumten Entscheidungsbefugnis in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 114 Satz 1 Alt. 2 VwGO).
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Die Überprüfung der Ermessensentscheidung ist an Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes für Schwerbehinderte auszurichten. Entscheidend für die Berücksichtigung abwägungsrelevanter Umstände sind ihr Bezug zur Behinderung und ihre an der Zweckrichtung des behindertenrechtlichen Sonderkündigungsschutzes gemessene Bedeutung (vgl. VG Düsseldorf, U.v. 13.7.2012 – 13 K 3547/12 – juris Rn. 78). Der Gesetzgeber bezweckt mit dem Sonderkündigungsschutz den Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile schwerbehinderter Arbeitnehmer auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und mutet insoweit dem Arbeitgeber Einschränkungen in seiner Gestaltungsfreiheit zu (BayVGH, B.v. 12.8.2008 – 12 ZB 07.3029 – juris Rn. 8). Nach der Zwecksetzung des Sonderkündigungsschutzes gewinnt der Schwerbehindertenschutz gegenüber der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers an Gewicht, wenn die beabsichtigte Kündigung auf Gründe gestützt wird, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben, sodass insofern an die Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber besonders hohe Anforderungen zu stellen sind (vgl. BVerwG, U.v. 19.10.1995 – 5 C 24.93 – juris Rn. 16). Entsprechend ist der Schutz umso geringer, je weniger ein Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und Schwerbehinderung feststellbar ist (vgl. BayVGH, B.v. 12.8.2008 – 12 ZB 07.3029 – juris Rn. 8; U.v. 28.9.2010 – 12 B 10.1088 – juris Rn. 30). Um die erforderliche Ermessensentscheidung sachgerecht treffen zu können, muss das Integrationsamt anknüpfend an den Antrag des Arbeitgebers und von ihm ausgehend von Amts wegen all das ermitteln und sodann auch berücksichtigen, was erforderlich ist, um die gegensätzlichen Interessen des Arbeitgebers und des schwerbehinderten Arbeitnehmers gegeneinander abwägen zu können (vgl. BVerwG, U.v. 19.10.1995 – 5 C 24.93 – juris Rn. 15; BayVGH, U.v. 31.1.2013 – 12 B 12.860 – juris Rn. 31).
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Sinn und Zweck des Zustimmungsverfahrens ist es nicht, eine zusätzliche, zweite Kontrolle der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit der Kündigung zu schaffen (vgl. BayVGH, U.v. 28.9.2010 – 12 B 10.1088 – juris Rn. 30; VG Ansbach, U.v. 26.3.2009 – AN 14 K 08.01924 – juris Rn. 42 f.). Die §§ 168 ff. SGB IX sollen nach ihrer Regelungskonzeption erkennbar keinen umfassenden Schutz schwerbehinderter Arbeitnehmer vor einer Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bieten (vgl. BVerwG, B.v. 11.5.2006 – 5 B 24.06 – juris Rn. 10). Bei der Entscheidung des Integrationsamtes, die Zustimmung zur Kündigung zu erteilen oder zu versagen, können vielmehr nur Erwägungen eine Rolle spielen, die sich speziell aus der Schwerbehindertenfürsorge herleiten. Rechtfertigen solche Erwägungen eine Versagung der Zustimmung nicht, so hat die behördliche Zustimmung dem Kündigenden diejenige Rechtsstellung zurückzugeben, die er hätte, wenn es keinen besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte gäbe (vgl. BVerwG, B.v. 19.8.2004 – 5 B 90.03 – juris Rn. 3, U.v. 19.10.1995 – 5 C 24.93 – juris Rn. 18; B.v. 20.10.1994 – 5 B 19.94 – juris Rn. 2). Allerdings darf das Integrationsamt an einer offensichtlich unwirksamen Kündigung in dem Sinne, dass die Unwirksamkeit ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liegt und sich dem Kündigenden geradezu aufdrängt, nicht mitwirken (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2012 – 12 ZB 11.1063 – juris Rn. 11 m.w.N.).
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cc) Anhaltspunkte für eine solche offensichtliche arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der Kündigung bestehen bei summarischer Prüfung nicht. Ob der Sachverhalt tatsächlich zutrifft, die Kündigung rechtfertigte, eine Abmahnung erforderlich war oder der Antragsteller auf einen anderen Arbeitsplatz umgesetzt hätte werden müssen, ist ebenso im arbeitsgerichtlichen Verfahren zu prüfen wie die ordnungsgemäße Beteiligung von Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung durch den Beigeladenen.
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Zudem ist nicht festzustellen, dass der Antragsgegner seine Aufklärungspflicht verletzt hat. Nachdem im vorliegenden Fall ein Zusammenhang zwischen der anerkannten Behinderung des Antragstellers und dem der Kündigung zugrundeliegenden Verhalten nicht ersichtlich ist, beschränkte sich die Amtsermittlungspflicht des Integrationsamts im Wesentlichen auf das Vorliegen offen zutage tretender Umstände für die Unwirksamkeit der Kündigung des Antragstellers (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2023 – 12 CS 23.8 – juris Rn. 12). Der Antragsgegner hat die Stellungnahmen des Antragstellers sowie der Mitarbeitervertretung und der Schwerbehindertenvertretung eingeholt. Zu weiteren Ermittlungen war der Antragsgegner nicht veranlasst.
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Darüber hinaus sind bei summarischer Prüfung Ermessensfehler nicht ersichtlich. Der Antragsgegner hat die Belange von Antragsteller und Beigeladenem in seine Erwägungen eingestellt und gegeneinander abgewogen. Auch diesbezüglich sind Aufklärungsfehler nicht ersichtlich. Das Gericht hat ebenso wie der Antragsgegner keine Anhaltspunkte dafür, dass der als Kündigungsgrund benannte Sachverhalt nur vorgeschoben ist. Dies trägt der Antragsteller auch nicht vor, er vermutet lediglich, man habe nach Gründen gesucht, seinen Arbeitsvertrag zu kündigen. In der Rechtsprechung ist zudem geklärt, dass es sich bei der Durchführung eines Präventionsverfahrens nach § 167 SGB IX nicht um eine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Zustimmungsentscheidung des Integrationsamts handelt. Das Präventionsverfahren ist jedoch vom Integrationsamt im Rahmen seiner Ermessenentscheidung über die Kündigung unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten gegebenenfalls zulasten des Arbeitgebers zu berücksichtigen, wenn bei gehöriger Durchführung die Möglichkeit bestanden hätte, die Kündigung zu vermeiden. Hat das Integrationsamt nach eingehender Prüfung die Zustimmung zur Kündigung erteilt, kann nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, ein Präventionsverfahren nach § 167 Abs. 1 SGB IX hätte die Kündigung verhindert (vgl. BayVGH, B.v.10.6.2024 – 12 ZB 23.1261 – juris Rn. 6 m.w.N.). Das Integrationsamt hat sich mit der Notwendigkeit eines Präventionsverfahrens auseinandergesetzt und ist ermessensfehlerfrei zum Ergebnis gelangt, dass wegen der Vielzahl an Verstößen im Vertrauensbereich ein solches die Kündigung nicht hätte verhindern können.
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3. Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 Satz 2 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, weil er keinen Antrag gestellt und sich damit nicht dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 Halbs. 1 VwGO ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 VwGO).