Inhalt

VG Würzburg, Urteil v. 17.01.2025 – W 9 K 23.1750
Titel:

Pfeilabschussgeräte, Neubegründung einer Erlaubnispflicht, Altbesitzer, Bedürfnisnachweis, Rückwirkung, Enteignung, Jäger, Auslandsjagdreisen

Normenketten:
GG Art. 2 Abs. 2
GG Art. 14
GG Art. 20 Abs. 3
WaffG § 8
WaffG § 10
WaffG §§ 13 ff.
WaffG § 45 Abs. 1
WaffG § 46 Abs. 2 S. 1
WaffG § 58 Abs. 20
BJagdG § 19
Schlagworte:
Pfeilabschussgeräte, Neubegründung einer Erlaubnispflicht, Altbesitzer, Bedürfnisnachweis, Rückwirkung, Enteignung, Jäger, Auslandsjagdreisen
Fundstelle:
BeckRS 2025, 1790

Tenor

I. Ziffern II. und III. des Bescheids des Landratsamts M. vom 28. Novembe 2023 werden aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens zu 2/3, der Beklagte zu 1/3.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldne kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der Erlaubnis zum Besitz von Pfeilabschussgeräten und damit verbundene Nebenentscheidungen.
2
1. In den Jahren 2017 und 2018 erwarb der Kläger zwei Pfeilabschussgeräte (Modelle „B. P. A. C. “ für 1.450,00 EUR und „F* R. Ai. Ar. E. “ nebst Zielfernrohr für 1.071,89 EUR). Infolge einer Gesetzesänderung beantragte er am 19. Juli 2021 die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis für den Besitz der Pfeilabschussgeräte. Dem Antrag wurde durch das Landratsamt M. (im Folgenden: Landratsamt) entsprochen und die Pfeilabschussgeräte wurden am 28. Juli 2021 in die Waffenbesitzkarte des Klägers (Nr. …2019) eingetragen, die dieser als Jäger bereits besaß.
3
Mit Schreiben vom 30. August 2021 teilte das Landratsamt dem Kläger mit, dass es zwischenzeitlich eine ministerielle Weisung erhalten habe, wonach für den Besitz von Pfeilabschussgeräten ein entsprechendes Bedürfnis im Sinne der §§ 4 und 8 WaffG nachzuweisen sei. Dies sei bei der Erlaubniserteilung noch nicht berücksichtigt worden. Ein solches Bedürfnis komme für den Besitz von Pfeilabschussgeräten nur in Ausnahmefällen und – nach der vorgenannten Weisung – jedenfalls nicht bei rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten in Betracht. Da der Kläger im Erlaubnisantrag kein solches Bedürfnis angegeben habe, werde ihm Gelegenheit zur Stellungnahme bis Mitte September 2021 eingeräumt. Sollte er kein Bedürfnis nachweisen können, müssten die vorgenommenen Eintragungen widerrufen und die Pfeilabschussgeräte einem Berechtigten, der zuständigen Waffenbehörde oder einer Polizeidienststelle überlassen werden.
4
Hierauf gab der Kläger mit Schreiben vom 10. September 2021 zur Begründung und zum Nachweis seines Bedürfnisses an: „Einsatz der Pfeilabschussgeräte als Jäger im Rahmen von Auslandsjagd in Ländern, in denen die Pfeiljagd bzw. das Pfeilfischen legal ist“. Die betreffenden Staaten führte er auf und wies darauf hin, dass auch in Deutschland nach § 19 BJagdG die Jagd mit Pfeilen lediglich auf Seehunde und Schalenwild verboten sei. Sodann verwies er auf die Geeignetheit von Pfeilabschussgeräten zur Jagd und deren Vorteile im Vergleich zu Bögen (insbesondere größere Treffsicherheit und damit auch höhere Waidgerechtigkeit) und konventionellen Jagdgewehren (geringe Vergrämung von Begleitwild und geringes Gefährdungsareal). Ferner machte er nähere Ausführungen zu seinem bereits seit 1979 bestehenden Interesse an der Pfeiljagd. Während seines letzten Jagdaufenthalts in Namibia im Jahr 2012 hätten er und sein Sohn, der Kläger im Parallelverfahren W 9 K 23. …, auch die Bogenjagd ausüben wollen. Sie hätten den Abschuss mit dem Bogen aber aus Gründen der Waidgerechtigkeit unterlassen, weil sie, obwohl trainierte Bogenschützen, unsicher über ihre tierschutzgerechte Treffsicherheit gewesen seien. Ihr Jagdführer habe sodann über die Vorteile von Pfeilabschussgeräten berichtet. In der Folgezeit habe sich der Kläger über die verfügbaren Modelle und ihre technischen Eigenschaften informiert, bevor er in den Jahren 2017 und 2018 insgesamt drei Pfeilabschussgeräte erworben habe. Eines davon habe er seinem Sohn geschenkt. Ein jagdlicher Einsatz der Pfeilabschussgeräte habe bislang nicht erfolgen können, da eine hierzu im Jahr 2020 geplante Auslandsjagdreise aufgrund der Covid-19-Pandemie nicht habe stattfinden können. Zudem bestehe aufgrund des nicht unerheblichen wirtschaftlichen Werts der legal erworbenen Pfeilabschussgeräte auch ein wirtschaftliches Bedürfnis.
5
Das Landratsamt erwiderte hierauf unter dem 12. Oktober 2021, dass im Freistaat Bayern keine Norm bestehe, wonach der Einsatz eines Pfeilabschussgeräts zur Jagd gestattet sei. Sofern der Kläger in ein Land reise, wo dies anders sei, wäre die einmalige Mitnahme der Pfeilabschussgeräte für die Jagd dort möglich, er müsse die Pfeilabschussgeräte aber nachher in diesem Land belassen oder sich in den anderen Ländern Pfeilabschussgeräte ausleihen. Die Anschaffungskosten begründeten keine Bedürfnisgründe. Der Kläger wurde dazu aufgefordert, die beiden Pfeilabschussgeräte freiwillig beim Landratsamt oder einer Polizeidienststelle abzugeben oder einem Berechtigten zu überlassen.
6
Durch seinen Bevollmächtigten ließ der Kläger mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2021 um einen rechtsmittelfähigen Bescheid bitten.
7
Mit Schreiben vom 26. Mai 2023 wies das Landratsamt den Kläger auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts T. vom 15. September 2022 (2 K …*) hin, in der in einem vergleichbaren Fall wirtschaftliche Interessen nicht als Bedürfnisgrund für den weiteren Besitz von Pfeilabschussgeräten anerkannt worden seien. Da für Pfeilabschussgeräte auch kein Bedürfnis als Jäger oder Sportschütze geltend gemacht werden könne, werde dem Kläger empfohlen, die in seinem Besitz befindlichen Pfeilabschussgeräte bis zum 30. Juni 2023 einem Berechtigten zu überlassen oder bei der Waffenbehörde zur Vernichtung abzugeben. Sollte diese Frist ungenutzt verstreichen, werde die Erlaubnis des Klägers mittels kostenpflichtigem Bescheid zurückgenommen und die Rückgabe der Pfeilabschussgeräte angeordnet.
8
2. Mit Bescheid vom 28. November 2023, dem Kläger laut Postzustellungsurkunde zugegangen am 1. Dezember 2023, nahm das Landratsamt die waffenrechtliche Erlaubnis des Klägers zum Besitz von Pfeilabschussgeräten zurück (Ziffer I. des Bescheids). Der Kläger habe die beiden in seine Waffenbesitzkarte Nr. …2019 eingetragenen Pfeilabschussgeräte innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids einem Berechtigten zu überlassen oder unbrauchbar zu machen; die Überlassung beziehungsweise Unbrauchbarmachung sei unverzüglich bei der Waffenbehörde des Landkreises Miltenberg schriftlich anzuzeigen (Ziffer II. des Bescheids). Für den Fall, dass der Kläger seiner Verpflichtung aus Ziffer II. zur Überlassung beziehungsweise Unbrauchbarmachung nicht innerhalb der festgesetzten Frist nachkomme, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR fällig (Ziffer III.). Ferner wurden dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt (Ziffern IV. und V.: Gebühr: 100,00 EUR, Auslagen: 3,67 EUR).
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Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die waffenrechtliche Erlaubnis zum Besitz der Pfeilabschussgeräte nach § 45 Abs. 1 WaffG zurückzunehmen sei. Für die seit dem Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften (Drittes Waffenrechtsänderungsgesetz – 3. WaffRÄndG –) am 1. September 2020 gemäß § 58 Abs. 20 WaffG von Altbesitzern nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG zu beantragende Erlaubnis würden die allgemeinen Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 WaffG gelten. Nach der erst am 26. August 2021 erhaltenen Weisung müsse für den Besitz von Pfeilabschussgeräten ein Bedürfnis im Sinne der §§ 4 und 8 WaffG nachgewiesen werden. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die vom Kläger geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen seien nicht als Bedürfnisgrund anzuerkennen. Insoweit sei dem Verwaltungsgericht T. in seiner Entscheidung vom 15. September 2022 zu folgen, wonach insbesondere der Erlass einer Übergangsvorschrift für Altbesitzer zeige, dass der vom Kläger begehrte Bestandsschutz im Sinne einer dauerhaften Legalisierung des Altbesitzes vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt sei, und die Erstreckung der Erlaubnispflicht auf Altbesitzer auch mit der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie vereinbar sei. Angesichts der von Waffen ausgehenden schwerwiegenden Gefahren für die Allgemeinheit und die Interessen des Gemeinwohls würden derartige Einschränkungen in der Regel hinsichtlich der Schwere und der Bedeutung für den Betroffenen nicht die Grenze der Sozialpflichtigkeit des Eigentums überschreiten. Für Pfeilabschussgeräte könne auch kein Bedürfnis als Jäger geltend gemacht werden, da die Jagd mit solchen Waffen in Deutschland nicht erlaubt sei. Auch werde von keinem Sportschützenverband eine entsprechende anerkannte Disziplin mit Pfeilabschussgeräten angeboten. Die Anordnung in Ziffer II. des Bescheids beruhe auf § 46 Abs. 2 WaffG, die Zwangsgeldandrohung in Ziffer III. auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids Bezug genommen.
10
3. Hiergegen hat der Kläger am 21. Dezember 2023 durch seinen Bevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg erheben lassen und beantragt,
den Bescheid des Landratsamts M. vom 28. November 2023 aufzuheben.
11
Zur Klagebegründung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass seine beiden Pfeilabschussgeräte zum Zeitpunkt des Erwerbs frei verkäuflich und erlaubnisfrei gewesen seien, es habe sich damals weder um Waffen noch um Anscheinswaffen gehandelt (mit Verweis auf einen Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamts vom 25. März 2015, Az. … . *). Da zwischenzeitlich „offensichtlich“ die allermeisten Waffenbehörden bundesweit dazu angewiesen worden seien, die zum Erwerb und Besitz von Pfeilabschussgeräten erforderliche Erlaubnis nicht zu erteilen, habe er keine Möglichkeit, seine beiden Pfeilabschussgeräte zu veräußern. Er habe jedoch weiterhin ein Interesse an diesen Geräten, da sie von erheblichem wirtschaftlichen Wert seien. Das mit dem 3. WaffRÄndG eingefügte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt stelle somit eine Enteignung dar, die nicht in die Zukunft gerichtet sei, sondern auf den Entzug einer bereits bestehenden konkret individuellen Eigentumsposition. Letztlich seien die Pfeilabschussgeräte wirtschaftlich wertlos geworden. Dieses wirtschaftliche Interesse begründe sein Bedürfnis im Sinne des § 8 WaffG.
12
Ein solches Bedürfnis ergebe sich zudem daraus, dass er mehrfach zusammen mit seinem Sohn auf Jagdreisen im Ausland, unter anderem in Namibia, gewesen sei und weiterhin gehe. Dort und auch in vielen US-Bundesstaaten sei die Pfeiljagd grundsätzlich erlaubt. Das Bundesjagdgesetz verbiete die Jagd mit Bolzen oder Pfeilen in § 19 Abs. 1 Nr. 1 nicht generell. Zwar könnten die Landesgesetze diese Vorschriften erweitern, jedoch sei dies für den hiesigen Sachverhalt unerheblich, da das Waffengesetz ausschließlich auf das Bundesjagdgesetz abstelle. Auch in einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Portugal, Spanien, Frankreich, Belgien, Irland und Italien) sei die Jagd mit Pfeil und Bogen und daher grundsätzlich auch mit den hier streitgegenständlichen Pfeilabschussgeräten erlaubt. Es erscheine demnach auch im Sinne der europäischen Einigung nicht nachvollziehbar, weshalb eine Waffe, mit der in mehreren EU-Mitgliedstaaten legal gejagt, von einem deutschen Jäger nicht besessen werden dürfe. Ferner hätten Pfeilabschussgeräte weitere Anwendungsbereiche wie das Sportfischen und – nach einem Umbau – dem Einsatz als Signalwaffe im Rahmen der Seenotrettung. Der Kläger verfüge seit fast 40 Jahren über einen Sportbootführerschein und die Anerkennung der Sachkunde für Signalwaffen. Außerdem habe er in den Jahren 2017 bis 2021 mehrfach den Schießstand des Schützenvereins … … … … zum Übungs- und Kontrollschießen der Pfeilabschussgeräte besucht. Hierzu legt er eine Bestätigung des Schießobmanns der BJV-Kreisgruppe O. vor, unter dessen Aufsicht dies erfolgt sei.
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Darüber hinaus streite für den Kläger auch ein Bestandsschutz. Nach der Eintragung in die Waffenbesitzkarte im Juli 2021 habe das Landratsamt zweieinhalb Jahre „wenig unternommen“, um diese rückgängig zu machen. Ein entsprechender Bescheid hätte zeitnah erlassen werden müssen.
14
Im Übrigen wird auf die Klagebegründung Bezug genommen.
15
4. Das Landratsamt ist der Klage für den Beklagten entgegengetreten und beantragt,
die Klage abzuweisen.
16
Hierzu nimmt das Landratsamt Bezug auf den streitgegenständlichen Bescheid und führt ergänzend aus, dass die erlaubte Jagdausübung mit einem Pfeilabschussgerät außerhalb der Bundesrepublik Deutschland kein anzuerkennendes Bedürfnis im Sinne des § 8 WaffG begründe, da der Geltungsbereich des Waffengesetzes grundsätzlich auf deren Hoheitsgebiet begrenzt sei. Auch die mögliche Verwendung eines umgebauten Pfeilabschussgeräts zur Signalwaffe begründe kein solches Bedürfnis. In diesen Fällen könne auch eine originär als Signalwaffe gefertigte Waffe verwendet werden. Nichts anderes gelte für den bloßen Hinweis auf die mögliche Verwendung einer Waffe beziehungsweise den Besitz eines Sportbootführerscheins, da ein Bedürfnis im Sinne des Waffengesetzes im Einzelfall konkret nachgewiesen sein müsse. Das sportliche Schießen mit Pfeilabschussgeräten stelle ferner keine vom Bundesverwaltungsamt in einer Sportordnung genehmigte Disziplin im Sinne des § 15a WaffG dar. Auch das regelmäßige jagdsportliche Training mit Pfeilabschussgeräten begründe kein Bedürfnis zum Besitz einer solchen Waffe, da diese nicht für die Jagd zugelassen seien. Schließlich habe der lange Zeitraum bis zum Erlass des angegriffenen Bescheids keinen Bestandsschutz als Rechtsfolge.
17
Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die vorliegende Behördenakte, auch in dem Verfahren W 9 K 23. …, sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung am 17. Januar 2025 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
A.
19
Die Klage ist zulässig. Insbesondere wurde die gegen sämtliche Bestandteile des angegriffenen Bescheids statthafte Anfechtungsklage fristgemäß (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) erhoben.
B.
20
Die Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der angefochtene Bescheid des Landratsamts vom 28. November 2023 ist lediglich hinsichtlich seiner Ziffern II. und III. rechtswidrig und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
21
I. Die in Ziffer I. des angegriffenen Bescheids erfolgte Rücknahme der Erlaubnis des Klägers zum Besitz seiner beiden Pfeilabschussgeräte ist zu dem für das Gericht maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Bescheiderlasses (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2018 – 21 CS 17.1521 –, juris, Rn. 13 m.w.N.) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
22
Die Rücknahme beruht auf § 45 Abs. 1 WaffG und begegnet in formeller Hinsicht keinen Bedenken. Insbesondere ist die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Landratsamts nach §§ 48 Abs. 1, 49 WaffG, § 1 Abs. 1 AVWaffBeschR in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a BayVwVfG gegeben und hat dieses den Kläger entsprechend Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört.
23
Die Rücknahme ist auch materiell rechtmäßig. Gemäß § 45 Abs. 1 WaffG ist eine Erlaubnis nach dem Waffengesetz zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Dies ist vorliegend der Fall. Die dem Kläger am 28. Juli 2021 nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 WaffG erteilte Erlaubnis zum Besitz der Pfeilabschussgeräte, die nach dem 3. WaffRÄndG erforderlich geworden war (1.), hätte mangels eines Bedürfnisses nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 8 WaffG vom Landratsamt versagt werden müssen (2.), was diesem erst nachträglich bekannt wurde (3.). Die Rücknahme war danach zwingend (4.).
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1. Der Besitz der beiden Pfeilabschussgeräte des Klägers ist seit dem 1. September 2020 erlaubnispflichtig.
25
Nach § 2 Abs. 2 WaffG bedarf der Umgang mit Waffen oder Munition, die in Anlage 2 (Waffenliste) Abschnitt 2 zu diesem Gesetz genannt sind, der Erlaubnis. Durch das am 1. September 2020 in Kraft getretene 3. WaffRÄndG vom 17. Februar 2020 (BGBl. I S. 166; geändert durch Gesetz vom 22. April 2020, BGBl. I S. 840) wurden Pfeilabschussgeräte in Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nummer 1.2.3 des Waffengesetzes Schusswaffen gleichgestellt. Der Umgang – ausgenommen das Überlassen – mit ihnen ist somit seither nach § 2 Abs. 2 WaffG in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 zum Waffengesetz erlaubnispflichtig. Mit § 58 Abs. 20 Satz 1 WaffG wurde dabei eine Übergangsregelung dergestalt geschaffen, dass diejenigen, die bereits vor dem 1. September 2020 im Besitz eines solchen Pfeilabschussgeräts waren (sogenannte „Altbesitzer“), spätestens am 1. September 2021 eine Erlaubnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG oder eine gleichgestellte andere Erlaubnis zum Besitz zu beantragen oder das Pfeilabschussgerät einem Berechtigten, der zuständigen Behörde oder einer Polizeidienststelle zu überlassen haben. Für die Zeit bis zur Erteilung oder Versagung der Erlaubnis gilt der Besitz gemäß § 58 Abs. 20 Satz 2 WaffG als erlaubt.
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Infolgedessen ist auch für den Besitz der beiden vom Kläger vor dem 1. September 2020 erworbenen Pfeilabschussgeräte eine Erlaubnis gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WaffG oder eine gleichgestellte andere Erlaubnis zum Besitz erforderlich geworden. Die Ausnahme des Satzes 2 von Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nummer 1.2.3 des Waffengesetzes greift nicht. Diese betrifft lediglich harmlose Geschossspitzen, die den Sicherheitsanforderungen für Spielzeug entsprechen (vgl. BT-Drs. 19/13839, S. 1). Erlaubnisfreie Arten des Umgangs mit Pfeilabschussgeräten regelt Anlage 2 zum Waffengesetz – anders als zum Beispiel für Armbrüste – nicht. Wie sich zudem bereits aus der Übergangsregelung des § 58 Abs. 20 WaffG ergibt, ist ein Bestandsschutz im Sinne einer dauerhaften Legalisierung des Altbesitzes von Pfeilabschussgeräten durch den Gesetzgeber gerade nicht gewollt. Der klägerseits angesprochene Feststellungsbescheid des Bundeskriminalamtes vom 25. März 2015 bleibt insofern ohne Relevanz.
27
2. Die dem Kläger im Form der Eintragung der beiden Pfeilabschussgeräte in seine Waffenbesitzkarte nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 WaffG erteilte Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller ein Bedürfnis nach § 8 WaffG nicht nachgewiesen hat. Dieser auch vorliegend anwendbare (a) Versagungsgrund bestand bereits im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung (b).
28
a) Das Bedürfniserfordernis des § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG in Verbindung mit § 8 WaffG findet auch im Falle des Altbesitzes von Pfeilabschussgeräten – wie hier – Anwendung (vgl. VG Würzburg, U.v. 22.10.2022 – W 9 K 22.22 –, n.v., S. 9; VG Trier, U.v. 15.9.2022 – 2 K 1197/22.TR –, n.v., S. 7 f.; VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 18 ff.; entsprechend zur Neubegründung der Waffenerlaubnispflicht von umgebauten „LEP-Waffen“: OVG Bln-Bbg, B.v. 25.10.2012 – OVG 11 N.20.11 –, juris, Rn. 18 ff.). Altbesitzer von Pfeilabschussgeräten wie der Kläger sind nicht von dem Erfordernis des Nachweises eines Bedürfnisses für den Waffenbesitz befreit. Erleichterungen hinsichtlich der Erlaubnisvoraussetzungen des § 4 WaffG sind nicht vorgesehen, insbesondere nicht in der Übergangsregelung des § 58 Abs. 20 WaffG. Diese enthält namentlich keine Sonderregelung für bedürfnisfreien Besitz, wie sie teilweise im Gesetzgebungsverfahren vorgeschlagen wurde (vgl. Heinrich, Stellungnahme zum Entwurf des 3. WaffRÄndG, BT-Ausschussdrs. 19(4)391 B, S. 12).
29
Die Erstreckung der Erlaubnispflicht für Pfeilabschussgeräte einschließlich der Geltung des § 8 WaffG auf Altbesitzer führt auch nicht zu einem Verstoß gegen das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Vertrauensschutzgebot. Eine unzulässige Rückwirkung geht hiervon nicht aus.
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Die Anwendung der §§ 4 und 8 WaffG auf Fälle des Altbesitzes von Pfeilabschussgeräten infolge des 3. WaffRÄndG begründet keine sogenannte echte Rückwirkung im Sinne einer Rückbewirkung von Rechtsfolgen, die verfassungsrechtlich grundsätzlich verboten ist. Die betreffende Gesetzesänderung greift nicht gestaltend in einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Sachverhalt ein und ordnet hierfür belastende Rechtsfolgen an. Vielmehr gilt sie erst ab dem Zeitpunkt ihrer gesetzlichen Einführung und knüpft über § 58 Abs. 20 Satz 1 WaffG mit dem Erwerb lediglich tatbestandlich auch an ein Ereignis vor diesem Zeitpunkt an (vgl. auch bereits VG Würzburg, U.v. 11.10.20222 – W 9 K 22.22 –, n.v., S. 10 f.; VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 27; vgl. ferner entsprechend zur Blockierpflicht für Erbwaffen: BVerwG, U.v. 16.3.2015 – 6 C 31.14 –, juris, Rn. 23; zur Änderung der für einen Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis maßgeblichen Kriterien: BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 24.06 –, juris, Rn. 62 ff.; zur Neubegründung der Waffenerlaubnispflicht von umgebauten „LEP-Waffen“: OVG Bln-Bbg, B.v. 25.10.2012 – OVG 11 N.20.11 –, juris, Rn. 18).
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Eine danach allenfalls vorliegende (vgl. offenlassend: VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 28; OVG Bln-Bbg, B.v. 25.10.2012 – OVG 11 N.20.11 –, juris, Rn. 19) sogenannte unechte Rückwirkung in Form einer tatbestandlichen Rückanknüpfung ist nur ausnahmsweise aus den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit unzulässig, wenn sie zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit nicht gewahrt bleibt (vgl. nur etwa BVerfG, B.v. 14.12.2022 – 2 BvL 7/13 –, juris, Rn. 100 f.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
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Zweck des Waffengesetzes ist es nach § 1 Abs. 1 WaffG, den Umgang mit Waffen oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu regeln. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, auf sich wandelnde Sicherheitsanforderungen zu reagieren und diese mit anderen Belangen abzuwägen (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 24.06 –, juris, Rn. 47). Das 3. WaffRÄndG diente im Wesentlichen der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/853 des Europäischen Rates vom 17. Mai 2017 zur Änderung der RL 91/477/EWG des Rates über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen (ABl. L 137, S. 22) und hatte eine Verschärfung des deutschen Waffenrechts zum Ziel (vgl. BT-Drs. 19/13839, S. 1; VG Trier, U.v. 15.9.2022 – 2 K 1197/22.TR –, n.v., S. 12). Dabei sah sich der Gesetzgeber aufgrund des technischen Fortschritts und der diesen Geräten zugeschriebenen Gefährlichkeit insbesondere dazu veranlasst, Pfeilabschussgeräte Schusswaffen gleich- und einer Erlaubnispflicht zu unterstellen (vgl. BT-Drs. 19/13839, S. 1 und 93; VG Würzburg, U.v. 11.10.2022 – W 9 K 22.22 –, n.v., S. 14 f.; VG Trier, U.v. 15.9.2022 – 2 K 1197/22.TR –, n.v., S. 12 f.; VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 28; Soiné/Holte, Kriminalistik 2020, S. 469 [470]; Heller/Soschinka/Rabe, Waffenrecht, 4. Aufl. 2020, Rn. 119). Im Rahmen dessen hat er auch an dem Bedürfnisprinzip als eines der zentralen Elemente des deutschen Waffenrechts (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2018 – 21 ZB 16.69 –, juris, Rn. 11) festgehalten.
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Indem der Gesetzgeber hierdurch das mit einem Besitz von Pfeilabschussgeräten verbundene abstrakte Schadensrisiko zu minimieren sucht, handelt er – in geeigneter Weise – zur Verwirklichung des ihm nach Art. 2 Abs. 2 GG obliegenden Schutzauftrags, sich schützend vor das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Bürger zu stellen (vgl. VG Würzburg, U.v. 11.10.2022 – W 9 K 22.22 –, n.v., S. 14 f.; VG Trier, U.v. 15.9.2022 – 2 K 1197/22.TR –, n.v., S. 12 f.; VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 28; entsprechend wiederum: BVerwG, U.v. 16.3.2015 – 6 C 31.14 –, juris, Rn. 23; U.v. 16.5.2007 – 6 C 24.06 –, juris, Rn. 65; OVG Bln-Bbg, B.v. 25.10.2012 – OVG 11 N.20.11 –, juris, Rn. 20). Für den Altbesitz von Pfeilabschussgeräten gilt nichts anderes, weil der Gesetzgeber in Erfüllung seiner Schutzpflicht gerade diese künftig der waffenrechtlichen Erlaubnispflicht unterwerfen wollte (vgl. VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 28; entsprechend wiederum: OVG Bln-Bbg, B.v. 25.10.2012 – OVG 11 N.20.11 –, juris, Rn. 22; vgl. auch der Sache nach BVerwG, U.v. 16.3.2015 – 6 C 31.14 –, juris, Rn. 23), wie sich auch bereits an § 58 Abs. 20 WaffG zeigt. Ein milderes gleich wirksames Mittel ist nicht ersichtlich, zumal der Gesetzgeber gerade mit § 58 Abs. 20 WaffG eine Übergangsregelung zugunsten der Altbesitzer getroffen hat, obwohl Pfeilabschussgeräte bereits mit Inkrafttreten des 3. WaffRÄndG am 1. September 2020 erlaubnispflichtig wurden (vgl. VG Würzburg, U.v. 11.10.2022 – W 9 K 22.22 –, n.v., S. 15).
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Bei einer Gesamtabwägung zwischen den Belangen des Klägers und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe ist auch die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt. Der Gesetzgeber hat allgemein ein berechtigtes Interesse daran, die mit dem Waffengesetz jeweils verfolgten Sicherungszwecke möglichst rasch zur Geltung zu bringen. Mit Rücksicht auf den besonderen Rang der aus Art. 2 Abs. 2 GG folgenden Schutzpflicht und die Weite des insoweit bestehenden legislativen Entscheidungsspielraums kann der Gesetzgeber in aller Regel das waffenrechtliche Umgangsrecht verschärfen, ohne hierin durch den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt zu werden (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 24.06 –, juris, Rn. 65; U.v. 16.3.2015 – 6 C 31.14 –, juris, Rn. 24). Erkannten Sicherheitsanforderungen muss vielmehr sofort und umfassend Rechnung getragen werden (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 24.06 –, juris, Rn. 47). Das gesetzgeberische Ziel, der Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit der Allgemeinheit, würde verfehlt, wenn Altbesitzer nicht sofort dem verschärften Rechtsregime des neuen Gesetzes unterworfen wären (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 24.06 –, juris, Rn. 65). Umgekehrt kann derjenige, dem der Umgang mit Waffen erlaubt ist, in aller Regel nicht berechtigterweise darauf vertrauen, dass die einmal geltenden Umgangsanforderungen für alle Zukunft unverändert bleiben (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.2015 – 6 C 31.14 –, juris, Rn. 24).
35
Dass speziell im Hinblick auf die Einführung der Erlaubnis für Pfeilabschussgeräte auch für Altbesitzer ausnahmsweise eine abweichende Bewertung angebracht sein könnte, ist nicht ersichtlich (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 22.10.2022 – W 9 K 22.22 –, n.v., S. 11 und 14 f.; VG Trier, U.v. 15.9.2022 – 2 K 1197/22.TR –, n.v., S. 13 f.; VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 28; entsprechend wiederum: BVerwG, U.v. 16.3.2015 – 6 C 31.14 –, juris, Rn. 25; U.v. 16.5.2007 – 6 C 24.06 –, juris, Rn. 65 f.; OVG Bln-Bbg, B.v. 25.10.2012 – OVG 11 N.20.11 –, juris, Rn. 19 ff.). Insbesondere gilt dies hinsichtlich des wirtschaftlichen Werts der Pfeilabschussgeräte des Klägers. Ein rein wirtschaftliches Interesse des Klägers vermag schon deshalb keine andere Bewertung zu rechtfertigen, weil ein solches bei Altbesitzern regelmäßig vorliegt und insoweit der gesetzgeberische Entscheidungsspielraum entgegen den vorstehenden Erwägungen doch in der Regel aus Gründen des Vertrauensschutzes eingeschränkt wäre. Jedenfalls kann dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers angesichts der in der Abwägung gegenüberstehenden hochrangigen Rechtsgüter kein Vorrang eingeräumt werden. Ergänzend wird auf die nachstehenden Ausführungen – unter b) bb) (1) – Bezug genommen.
36
b) Der danach für die Erteilung der streitbefangenen Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 WaffG in Verbindung mit § 8 WaffG erforderliche Nachweis eines waffenrechtlichen Bedürfnisses des Klägers war nicht gegeben.
37
Der Nachweis eines Bedürfnisses ist gemäß § 8 WaffG erbracht, wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen, vor allem als Jäger, Sportschütze, Brauchtumsschütze, Waffen- oder Munitionssammler, Waffen- oder Munitionssachverständiger, gefährdete Person, als Waffenhersteller oder -händler oder als Bewachungsunternehmer (Nr. 1), und die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen oder Munition für den beantragten Zweck (Nr. 2) glaubhaft gemacht sind. Für die genannten Bedarfsgruppen sieht das Waffengesetz dabei jeweils spezielle, das Bedürfniserfordernis konkretisierende Regelungen (§§ 13 ff. WaffG) vor.
38
Dem waffenrechtlichen Bedürfnisbegriff, bei dem es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt, liegt eine Abwägung zwischen dem jeweiligen persönlichen Interesse des (künftigen) Waffenbesitzers und dem öffentlichen Interesse daran zugrunde, dass möglichst wenige Waffen „ins Volk“ kommen. Dabei ist es die Intention des Gesetzgebers, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und Zahl der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt notwendige und mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken (vgl. BVerwG, U.v. 27.11.1997 – 1 C 16.97 –, juris, Rn. 17; BayVGH, B.v. 24.1.2022 – 24 ZB 21.1848 –, juris, Rn. 15).
39
Einen solchen Bedürfnisnachweis hat der Kläger nicht erbracht, weder im Sinne einer der in § 8 Nr. 1 WaffG aufgeführten Bedarfsgruppen (aa) noch eines sonstigen besonders anzuerkennenden persönlichen oder wirtschaftlichen Interesses (bb).
40
aa) Der Kläger kann sich nicht auf ein Bedürfnis als Angehöriger der in § 8 Nr. 1 WaffG genannten Bedarfsgruppen stützen.
41
(1) Insbesondere scheidet ein Bedürfnis als Jäger im Sinne des § 13 Abs. 1 WaffG aus.
42
Gemäß § 13 Abs. 1 WaffG wird ein Bedürfnis für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen und der dafür bestimmten Munition bei Personen anerkannt, die Inhaber eines gültigen Jagdscheines im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 BJagdG sind (Jäger), wenn glaubhaft gemacht wird, dass sie die Schusswaffen und die Munition zur Jagdausübung oder zum Training im jagdlichen Schießen einschließlich jagdlicher Schießwettkämpfe benötigen (Nr. 1), und die zu erwerbende Schusswaffe und Munition nach dem Bundesjagdgesetz in der zum Zeitpunkt des Erwerbs geltenden Fassung nicht verboten ist (Nr. 2).
43
Diese Voraussetzungen haben nicht vorgelegen.
44
Der Kläger hat zur Begründung und zum Nachweis seines waffenrechtlichen Bedürfnisses lediglich im September 2021 den „Einsatz der Pfeilabschussgeräte als Jäger im Rahmen von Auslandsjagd in Ländern, in denen die Pfeiljagd bzw. das Pfeilfischen legal ist“, geltend gemacht. Ein solcher Einsatz der Pfeilabschussgeräte habe bislang nicht erfolgen können, da eine hierzu im Jahr 2020 geplante Auslandsjagdreise infolge der Covid-19-Pandemie nicht habe stattfinden können. Eine Aktualisierung oder Ergänzung dieses Vortrags ist auf die erneute Anhörung durch das Landratsamt im Mai 2023 nicht erfolgt. Darüber hinaus hat der Kläger – zumal erst im Klageverfahren – unter Vorlage einer entsprechenden Bestätigung nur vorgetragen, in den Jahren 2017 bis 2021 „mehrfach“ mit diesen Geräten an einem Schießstand eines Schützenvereins geübt zu haben. Bereits aus diesem Vorbringen ergibt sich nicht, dass der Kläger die beiden Pfeilabschussgeräte im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 1 WaffG zur Jagdausübung oder zum Training im jagdlichen Schießen einschließlich jagdlicher Schießwettkämpfe als Jäger mit deutschem Jagdschein, also im Bundesgebiet (vgl. § 15 Abs. 3 BJagdG), benötigte. Insoweit ist außerdem zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits über eine andere Jagdwaffe verfügte, mit der er den vorgenannten Zwecken nachkommen konnte (vgl. Gade, WaffG, 3. Aufl. 2022, § 13 Rn. 15).
45
Überdies verbietet § 19 Abs. 1 Nr. 1 BJagdG jedenfalls das Schießen mit Pfeilen auf Seehunde und einen Großteil der Wildarten, nämlich Schalenwild, worunter nach § 2 Abs. 3 BJagdG „Wisente, Elch-, Rot-, Dam-, Sika-, Reh-, Gams-, Stein-, Muffel- und Schwarzwild“ fallen. Von der Möglichkeit zur Beschränkung – oder Erweiterung (vgl. etwa § 19 Abs. 1 Nr. 2 Landesjagdgesetz NRW und § 24 Abs. 1 Niedersächsisches Jagdgesetz) – dieses Verbots nach § 19 Abs. 2 BJagdG hat der Freistaat Bayern keinen Gebrauch gemacht (vgl. insbesondere Art. 29 Abs. 2 BayJG sowie Art. 29 Abs. 5 BayJG in Verbindung mit §§ 11 ff. AVBayJG). Dass der Kläger die beiden Pfeilabschussgeräte gerade zur Jagd auf vom Verbot des § 19 Abs. 1 Nr. 1 BJagdG nicht erfasste Wildarten (vgl. § 2 Abs. 1 BJagdG: sonstiges Haarwild [Feldhase, Wildkaninchen etc.] und Federwild) benötigte, ist erst recht nicht glaubhaft gemacht. Im Übrigen hegt die Kammer – auch im Hinblick auf die in § 19 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) und b) BJagdG für Büchsenpatronen vorausgesetzten Mindestauftreffenergien (vgl. hierzu Pießkalla, NuR 2022, S. 29 [32]) – Zweifel daran, dass Pfeilabschussgeräte überhaupt zur Jagd geeignet sind (vgl. dies als „unstreitig und allgemein anerkannt“ verneinend: VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 22) beziehungsweise die Jagd mit ihnen den Grundsätzen der Waidgerechtigkeit nach § 1 Abs. 3 BJagdG entspricht (vgl. zweifelnd wohl auch: Heinrich, Stellungnahme zum Entwurf des 3. WaffRÄndG, BT-Ausschussdrs. 19[4]391 B, S. 12; allgemein die Waidgerechtigkeit der Jagd mit Pfeilen verneinend: Leonhardt/Pießkalla, Jagdrecht, Stand: 106. Lfg., 1.7.2024, 11.19 Rn. 3; Pießkalla, NuR 2022, S. 29 [32]; Metzger, in: Erb/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Werkstand: 254. EL, Oktober 2024, § 19 BJagdG Rn. 3; anders für die moderne Bogenjagd: Wetzel, in: Schuck, BJagdG, 4. Aufl. 2024, § 19 Rn. 3), wie dagegen der Kläger der Sache nach geltend macht. Nach den vorstehenden Ausführungen kommt es hierauf vorliegend aber nicht an.
46
Soweit es dem Kläger auch nach eigenem Vortrag vielmehr um das Jagen im Ausland geht, fällt ein etwaiges Bedürfnis hierfür schon nicht unter § 13 WaffG, sondern ist nach der allgemeinen Vorschrift des § 8 WaffG zu prüfen (vgl. auch BT-Drs. 14/7758, S. 57; NdsOVG, U.v. 23.3.2006 – 11 LB 334/04 –, juris, Rn. 33; Heller/Soschinka/Rabe, Waffenrecht, 4. Aufl. 2020, Rn. 1428). Überdies ist nicht ersichtlich, weshalb der Besitz der Pfeilabschussgeräte hierzu gerade im Bundesgebiet erfolgen muss. Auf die nachfolgenden Ausführungen unter bb) (2) wird im Übrigen Bezug genommen.
47
Die vom Kläger angeführte abweichende Rechtslage in anderen Staaten rechtfertigt keine andere Bewertung, auch nicht im Hinblick auf das Recht der Europäischen Union. Ein Verstoß gegen EU-Recht ist nicht erkennbar, insbesondere nicht gegen die EU-Grundfreiheiten oder das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV.
48
Der Anwendungsbereich dieser Regelungen ist schon (weitgehend) nicht eröffnet, da das Waffen- und das Jagdrecht, soweit es als Teil der nationalen Sicherheit zu begreifen ist, gemäß Art. 4 Abs. 3 Satz 2 EUV in die alleinige Kompetenz der Mitgliedstaaten fallen (vgl. BayVGH, U.v. 23.4.1997 – 19 B 96.763 –, juris, Rn. 37 zum Jagdrecht). Ferner ist die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen sekundärrechtlich in der EU-Waffenrechtsrichtlinie (Richtlinie [EU] 2021/555 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. März 2021 über die Kontrolle des Erwerbs und des Besitzes von Waffen, ABl. L 115, S. 1; zuvor RL 91/477/EWG) geregelt, deren Art. 3 ausdrücklich vorsieht, dass „die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer waffenrechtlichen Regelungen strengere Vorschriften erlassen [können], als in dieser Richtlinie vorgesehen“. Des Weiteren diente das 3. WaffRÄndG – wie bereits ausgeführt – gerade auch der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/853, die ihrerseits eine Verschärfung des Waffenrechts zum Gegenstand hatte (vgl. BT-Drs. 19/3839, S. 1).
49
Eine etwaige sogenannte „umgekehrte Diskriminierung“ oder „Inländerdiskriminierung“, also eine Schlechterstellung des Klägers gegenüber Jägern aus anderen EU-Mitgliedstaaten, die gegebenenfalls ihre nach heimischem Recht erlaubten Waffen nach Maßgabe der §§ 29 ff. WaffG in das Bundesgebiet verbringen beziehungsweise hiernach mitnehmen dürfen, wäre ferner schon keine Benachteiligung, die dem EU-Recht, insbesondere dem allgemeinen Diskriminierungsverbot des Art. 18 AEUV unterfiele (vgl. NdsOVG, U.v. 23.3.2006 – 11 LB 334/04 –, juris, Rn. 32; BayVGH, U.v. 23.4.1997 – 19 B 96.763 –, juris, Rn. 36). Aber auch eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG folgte hieraus nicht, da dieser nicht verlangt, dass der Gesetzgeber das für Inländer geltende Recht dem für Ausländer günstigeren Recht anpasst (vgl. BayVGH, U.v. 23.4.1997 – 19 B 96.763 –, juris, Rn. 36). Ungeachtet dessen ist die für Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedstaaten mögliche Erlaubnis zur Verbringung oder Mitnahme ihrer Waffen in die Bundesrepublik Deutschland nach §§ 29 ff. WaffG von der Zulässigkeit anderer Umgangsarten wie des Besitzes (vgl. § 11 WaffG) zu trennen (vgl. NdsOVG, U.v. 23.3.2006 – 11 LB 334/04 –, juris, Rn. 32; Heller/Soschinka/Rabe, Waffenrecht, 4. Aufl. 2020, Rn. 1188).
50
(2) Ein Bedürfnis des Klägers ergibt sich auch nicht hinsichtlich der weiteren in § 8 Nr. 1 WaffG genannten Bedarfsgruppen.
51
Ein Bedürfnisnachweis für Sportschützen nach § 14 WaffG scheidet bereits mangels Vorliegens einer anerkannten Schießsportdisziplin (vgl. § 15a Abs. 2 WaffG und §§ 5 ff. AWaffV), bei der Pfeilabschussgeräte Verwendung finden (vgl. § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 WaffG), aus (vgl. BT-Drs. 19/24860, S. 3; VG Würzburg, U.v. 11.10.2022 – W 9 K 22.22 –, n.v., S. 12; in der Sache auch: VG Trier, U.v. 15.9.2022 – 2 K 1197/22.TR –, n.v., S. 14 f.; VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 22). Überdies fehlte der Nachweis nach § 14 Abs. 2 WaffG über die Mitgliedschaft des Klägers in einem nach § 15 Abs. 1 WaffG anerkannten Schießsportverband sowie der Nachweis nach § 14 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 WaffG zur regelmäßigen Ausübung des Schießsports. Es ist lediglich – zudem erst im Klageverfahren – unter Vorlage einer entsprechenden Bestätigung vorgetragen worden, dass der Kläger in den Jahren 2017 bis 2021 „mehrfach“ an einem Schießstand eines Schützenvereins geübt habe.
52
Bereits nicht geltend gemacht ist ein Bedürfnis als Waffensammler oder Waffensachverständige (§§ 17 und 18 WaffG), für die bei Glaubhaftmachung der entsprechenden Voraussetzungen unter Umständen ein Bedürfnis für den Erwerb und Besitz eines Pfeilabschussgeräts in Betracht kommen kann (vgl. etwa BT-Drs. 19/25660, S. 3; VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 29). Dasselbe gilt für ein Bedürfnis als Brauchtumsschütze (§ 16 WaffG), gefährdete Person (§ 19 WaffG), Waffenhersteller oder -händler oder als Bewachungsunternehmer (§§ 21 ff. WaffG), sofern ein solches für Pfeilabschussgeräte überhaupt denkbar ist.
53
bb) Es ist auch kein sonstiges wirtschaftliches (1) oder persönliches Interesse (2) des Klägers im Sinne des § 8 WaffG anzuerkennen.
54
(1) Die geltend gemachten wirtschaftlichen Interessen des Klägers stellen kein Bedürfnis nach § 8 WaffG dar.
55
Ein besonders anzuerkennendes wirtschaftliches Interesse folgt nicht bereits aus dem Altbesitz an einer Waffe. Da ein solches wirtschaftliches Interesse für jeglichen Altbesitz an derartigen Waffen zu bejahen wäre, würde die Annahme eines Bedürfnisses alleine mit dieser Begründung einen vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten „Automatismus“ der Legalisierung allen Altbesitzes von Waffen bewirken. Hinzukommt, dass die in § 8 Nr. 2 WaffG genannte zusätzliche tatbestandliche Voraussetzung der „Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen oder Munition für den beantragten Zweck“ im Fall einer solchen Annahme völlig ins Leere ginge. Zudem zeigt – wie bereits erwähnt – die vom Gesetzgeber geschaffene Übergangsregelung des § 58 Abs. 20 WaffG, dass der vom Kläger begehrte Bestandsschutz im Sinne einer dauerhaften Legalisierung des Altbesitzes vom Gesetzgeber gerade nicht gewollt ist (vgl. VG Würzburg, U.v. 11.10.2022 – W 9 K 22.22 –, n.v., S. 13; VG Trier, U.v. 15.9.2022 – 2 K 1197/22.TR –, n.v., S. 9; VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 22; entsprechend wiederum: OVG Bln-Bbg, B.v. 25.10.2012 – OVG 11 N.20.11 –, juris, Rn. 27).
56
Nichts anderes gilt für das Eigentum des Klägers an den Pfeilabschussgeräten. Obläge es dem privaten Waffeninteressenten, durch den Eigentumserwerb von Waffen ein „Bedürfnis“ zu begründen, würde das Bedürfnisprinzip als manifestierte Absicht des Gesetzgebers ausgehebelt und seine Funktion als Regulativ des Waffenrechts verlieren. Das mit der Bedürfnisprüfung verfolgte Ziel des Gesetzgebers, die Zahl der im Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt und mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit vertretbare Maß zu beschränken, wäre obsolet. Das Waffengesetz befasst sich nicht mit Eigentumsfragen im zivilrechtlichen Sinne. Allein die tatsächliche Besitzausübung über Schusswaffen macht das Waffengesetz von strengen Voraussetzungen abhängig (vgl. BayVGH, B.v. 6.2.2018 – 21 ZB 16.69 –, juris, Rn. 12 ff.).
57
Entgegen der Auffassung des Klägers führt die Neubegründung der einen Bedürfnisnachweis beinhaltenden Erlaubnispflicht von Pfeilabschussgeräten nebst Erstreckung auf Altbesitzer auch nicht zu einer Verletzung der verfassungsrechtlichen Eigentumsfreiheit des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG.
58
Eine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG ist nicht gegeben. Die durch das 3. WaffRÄndG begründete Erlaubnispflicht ist nicht auf eine vollständige oder teilweise Entziehung konkreter Eigentumspositionen – hier der Pfeilabschussgeräte – zur Güterbeschaffung zwecks Erfüllung öffentlicher Aufgaben gerichtet (vgl. VG Würzburg, U.v. 11.10.2022 – W 9 K 22.22 –, n.v., S. 14; VG Trier, U.v. 15.9.2022 – 2 K 1197/22.TR –, n.v., S. 10; VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 24; entsprechend wiederum: OVG Bln-Bbg, B.v. 25.10.2012 – OVG 11 N.20.11 –, juris, Rn. 26).
59
Es handelt sich vielmehr um eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, die angesichts der geschützten hochrangigen Rechtsgüter (Art. 2 Abs. 2 GG) und der eingeräumten Übergangsfrist den verfassungsrechtlichen Anforderungen, namentlich dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, gerecht wird (vgl. VG Würzburg, U.v. 11.10.2022 – W 9 K 22.22 –, n.v., S. 14 f.; VG Trier, U.v. 15.9.2022 – 2 K 1197/22.TR –, n.v., S. 11 ff.; VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 25 f.; entsprechend wiederum: OVG Bln-Bbg, B.v. 25.10.2012 – OVG 11 N.20.11 –, juris, Rn. 26). Auf die vorstehenden Ausführungen – unter a) – zum Rückwirkungsverbot, die auch hier (sinngemäß) gelten, wird insoweit Bezug genommen. Das Vorbringen des Klägers, dass eine sinnvolle wirtschaftliche Verwertung des Eigentums an den Pfeilabschussgeräten ausscheide, weil diese durch die Rechtsänderung wertlos geworden seien, rechtfertigt vor diesem Hintergrund keine andere Bewertung. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass eine Veräußerung der Pfeilabschussgeräte – etwa an einen Waffensammler oder einen Waffensachverständigen – grundsätzlich möglich bleibt. Weiterhin besteht die Möglichkeit, die Pfeilabschussgeräte im (europäischen) Ausland, möglicherweise ohne entsprechende Einschränkungen, zu veräußern. Angesichts der von Waffen ausgehenden Gefahren überschreiten waffenrechtliche Einschränkungen wie die hier in Rede stehende regelmäßig nicht die Grenzen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums (vgl. OVG Bln-Bbg, B.v. 25.10.2012 – OVG 11 N.20.11 –, juris, Rn. 26; VG Würzburg, U.v. 11.10.2022 – W 9 K 22.22 –, n.v., S. 15; VG Trier, U.v. 15.9.2022 – 2 K 1197/22.TR –, n.v., S. 14; VG Osnabrück, U.v. 1.6.2023 – 4 A 8/23 –, juris, Rn. 26).
60
(2) Schließlich hat auch kein sonstiges persönliches Interesse des Klägers bestanden, das gemäß § 8 WaffG besonders anzuerkennen wäre.
61
Dies gilt namentlich für die vom Kläger als beabsichtigte Verwendung der Pfeilabschussgeräte angeführten Jagdreisen ins Ausland.
62
Nach der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 8 WaffG im Jahr 2002 kommt zwar diese Regelung auch für die Anerkennung eines Bedürfnisses in den Fällen in Betracht, in denen Personen Erlaubnisse zum Erwerb und Besitz von Schusswaffen in Deutschland beantragen, die sie ausschließlich außerhalb des Geltungsbereichs des Waffengesetzes zum Beispiel als Jäger verwenden wollen. In diesen Fällen kann aber eine hinreichend nachgewiesene jagdliche Verwendung im Ausland nur ein Element für die Anerkennung eines Bedürfnisses sein; maßgebend für die Anerkennung eines Bedürfnisses soll in diesen Fällen vor allem sein, ob der Antragsteller einen triftigen Grund dafür geltend machen kann, dass er eine Schusswaffe wegen einer Verwendung im Ausland gerade in Deutschland besitzen muss. Dies kann bei einem Jäger bejaht werden, der etwa im deutsch-österreichischen Grenzgebiet wohnt und nur mit einer österreichischen Jagdberechtigung regelmäßig in Österreich die Jagd ausübt (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 57). Der „Auslandsjäger“ muss daher insbesondere auch nachweisen, warum er eine Schusswaffe wegen einer Verwendung im Ausland gerade in Deutschland besitzen muss (vgl. NdsOVG, U.v. 23.3.2006 – 11 LB 334/04 –, juris, Rn. 32; Heller/Soschinka/Rabe, Waffenrecht, 4. Aufl. 2020, Rn. 1428).
63
Anknüpfend daran wird grundsätzlich im Einklang mit Nr. 8.1.5. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz vom 5. März 2012 (WaffVwV) bei Personen, die die Waffe außerhalb Deutschlands verwenden wollen, zum Beispiel Jägern, zur Feststellung des Bedürfnisses Folgendes zu gelten haben: „Zum Nachweis des Bedürfnisses hat der Antragsteller aussagekräftige Stellungnahmen der deutschen Auslandsvertretung in dem betreffenden Staat oder – ggf. übersetzt – der Auslandsvertretung des betreffenden Staates in der Bundesrepublik Deutschland beizubringen, aus denen sich zweifelsfrei ergibt, dass unter Berücksichtigung der konkret beabsichtigten Verwendung gegen Einfuhr, Besitz sowie das jeweils erforderliche Führen der beantragten Waffen in dem Staat durch den Antragsteller keine Bedenken bestehen und der konkret angegebene Zweck für diesen dort auch grundsätzlich verwirklicht werden kann. Im Einzelfall kann die Waffenbehörde auch anderweitige Belege mit gleicher Aussagekraft anerkennen und bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auf eine Nachweisführung durch den Antragsteller verzichten“.
64
Gemessen daran ist hier kein anzuerkennendes Interesse des Klägers nachgewiesen oder sonst erkennbar. Der pauschale Vortrag dazu, dass die Pfeilabschussgeräte bei einer wegen der Covid-19-Pandemie ausgefallenen Jagdreise sowie bei etwaigen künftigen Jagdreisen betreffend verschiedenster, nicht im Einzelnen konkretisierter Staaten zur Verwendung kommen sollten beziehungsweise sollen, reicht nicht hin. Nähere Angaben, die nicht allenfalls einen im Rahmen des § 8 WaffG nicht ausreichenden, bloß „vorsorglichen“ Bedarf (vgl. OVG NRW, B.v. 1.2.2005 – 20 A 20/04 –, juris, Rn. 9; BayVGH, B.v. 9.2.2018 – 21 ZB 15.1972 –, juris, Rn. 13; konkret für Auslandsjagdreisen auch VG Trier, U.v. 25.10.2018 – 2 K 3927/18.TR –, juris, Rn. 24) hätten begründen können, fehlen ebenso wie das Aufzeigen eines hinreichenden Grundes, weshalb der Kläger die Pfeilabschussgeräte für diese Zwecke gerade in Deutschland besitzen muss. Ein etwaiges Interesse des Klägers, den Umgang mit im Ausland zur Jagd erlaubten Pfeilabschussgeräten in Deutschland zu trainieren, muss ferner mit Rücksicht auf die Interessen der öffentlichen Sicherheit, die Zahl der Waffenbesitzer sowie die Art und Zahl der in Privatbesitz befindlichen Schusswaffen auf das unbedingt notwendige vertretbare Maß zu beschränken, zurücktreten (vgl. NdsOVG, U.v. 23.3.2006 – 11 LB 334/04 –, juris, Rn. 34). Es ist dem Kläger vor diesem Hintergrund zuzumuten, seine Schießkenntnisse vor der Teilnahme an einer Jagd im Ausland notfalls zunächst wiederaufzufrischen, um dort den Grundsätzen eines waidgerechten Jagens nachkommen zu können (vgl. NdsOVG, U.v. 23.3.2006 – 11 LB 334/04 –, juris, Rn. 34; VG Minden, U.v. 29.11.2016 – 8 K 1965/16 –, juris, Rn. 32). Die von Nr. 8.1.5. WaffVwV aufgestellten Nachweisanforderungen sind überdies vorliegend offensichtlich nicht erfüllt worden.
65
Schon im Ansatz folgt kein Bedürfnis nach § 8 WaffG aus den – zumal teilweise erst im Klageverfahren erfolgten – bloßen Verweisen des Klägers darauf, dass sich Pfeilabschussgeräte nach einem Umbau auch als Signalwaffen, vor allem bei der Seenotrettung, eignen würden und er über einen Sportbootführerschein verfüge und sie außerdem beim Sportfischen verwendet werden könnten, so wie es in anderen Staaten der Fall sei. Hinsichtlich Letzterem ist überdies darauf hinzuweisen, dass nach Art. 53 Abs. 1 BayFiG, § 15 Abs. 1 Nr. 1 AVBayFiG das Fischen im Freistaat Bayern unter Verwendung von – unter anderem – Schusswaffen und Pfeilen verboten ist.
66
3. Das Vorliegen des Versagungsgrundes des fehlenden Bedürfnisses nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 8 WaffG ist dem Landratsamt durch die „Weisung“ vom 26. August 2021 im Sinne des § 45 Abs. 1 WaffG nachträglich bekannt geworden. Es ist unerheblich, dass sich der Versagungsgrund bereits im Zeitpunkt der Erlaubniserteilung unmittelbar aus dem Gesetz ergab. Bei dem Merkmal des nachträglichen Bekanntwerdens kommt es auf die Art des Entscheidungsfehlers (Tatsachenirrtum, Rechtsirrtum oder bewusste Fehlentscheidung) nicht an (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.1985 – 1 C 33.83 –, juris, Rn. 14; BayVGH, B.v. 28.4.2021 – 24 CS 21.494 –, juris, Rn. 17).
67
4. Infolge des Vorliegens sämtlicher Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 WaffG war die streitgegenständliche Erlaubnis des Klägers als zwingende Rechtsfolge zurückzunehmen. Insbesondere stehen der Rücknahme keine Vertrauensbeziehungsweise Bestandschutzinteressen des Klägers entgegen. Er kann sich namentlich nicht auf eine Verwirkung der Rücknahmebefugnis dadurch berufen, dass das Landratsamt die Erlaubnis entgegen der geltenden Rechtslage erteilt und zudem nach der ersten Anhörung im Herbst 2021 mehr als zwei Jahre abgewartet, bevor es den streitgegenständlichen Bescheid erlassen hat. Denn der Gesetzgeber hat mit der Ausgestaltung einer zwingenden, im Gegensatz zum allgemeinen Verwaltungsrecht insbesondere auch nicht fristgebundenen, Rücknahmeregelung in § 45 Abs. 1 WaffG zur Verwirklichung des Zwecks des Waffengesetzes, einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der inneren Sicherheit zu leisten, dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung unbedingten Vorrang eingeräumt. Für individuellen Vertrauens- oder Bestandsschutz besteht insoweit kein Raum (vgl. BVerwG, B.v. 15.4.1998 – 1 B 230.97 –, juris, Rn. 5; OVG NRW, B.v. 22.9.2005 – 20 A 3321/04 –, juris, Rn. 11; BayVGH, B.v. 28.4.2021 – 24 CS 21.494 –, juris, Rn. 15 und 17), auch nicht im Sinne einer Verwirkung der Rücknahmebefugnis durch die vorherige Erlaubniserteilung (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.1985 – 1 C 33.83 –, juris, Rn. 14; BayVGH, B.v. 28.4.2021 – 24 CS 21.494 –, juris, Rn. 17) oder Zeitablauf (vgl. OVG NRW, B.v. 22.9.2005 – 20 A 3321/04 –, juris, Rn. 11; BayVGH, B.v. 28.4.2021 – 24 CS 21.494 –, juris, Rn. 15 und 17; OVG S-H, B.v. 11.9.2023 – 4 LA 96/21 –, juris, Rn. 10 f.).
68
II. Als rechtswidrig erweist sich dagegen Ziffer II. des Bescheids. Die dort angeordnete Verpflichtung des Klägers zur Überlassung oder Unbrauchbarmachung der beiden Pfeilabschussgeräte gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Rechtmäßigkeit einer solchen Anordnung setzt voraus, dass die zugrundeliegende Rücknahme- oder Widerrufsentscheidung im maßgeblichen Zeitpunkt ihres Erlasses bestandskräftig oder sofort vollziehbar war (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2024 – 24 CS 23.2336 –, juris, Rn. 16; OVG Bremen, U.v. 1.9.2020 – 1 B 87/20 –, juris, Rn. 17 f.). Hier dagegen war (und ist) die Rücknahmeentscheidung in Ziffer I. des Bescheids weder bestandskräftig noch sofort vollziehbar. Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 45 Abs. 5 WaffG kommt nicht zum Tragen, da die Rücknahme vorliegend nicht wegen des Nichtvorliegens oder Entfallens der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG, also wegen Mängeln der Zuverlässigkeit (§ 5 WaffG) oder persönlichen Eignung (§ 6 WaffG), erfolgt ist. Eine Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ist unterblieben. Damit ist zugleich auch die mit der Anordnung in Ziffer II. verbundene Frist von einem Monat ab Zustellung des Bescheids rechtswidrig, weil sie unbeachtet lässt, dass der Kläger innerhalb dieser Zeitspanne Klage erheben konnte, die aufschiebende Wirkung gegen die Rücknahmeentscheidung entfaltet, und er damit der Frist nicht in zumutbarer Weise hätte nachkommen können (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2022 – 8 CS 21.2294 –, juris, Rn. 21 f.).
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III. Aufzuheben war danach auch die in Ziffer III. erfolgte Androhung eines Zwangsgeldes für den Fall der Nichterfüllung der Verpflichtung zur Überlassung respektive Unbrauchbarmachung in Ziffer II. Mit der Aufhebung von Ziffer II. durch das vorliegende Urteil ist der zu vollstreckende Grundverwaltungsakt entfallen (vgl. OVG NRW, U.v. 24.2.2016 – 7 A 20/14 –, juris, Rn. 20). Aber auch unabhängig davon sind beziehungsweise waren die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen des Art. 19 Abs. 1 VwZVG nicht erfüllt. Der Verpflichtung in Ziffer II. fehlte es an der Vollstreckbarkeit, weil ein Sofortvollzug auch insoweit nicht angeordnet wurde. Ein gesetzlicher Ausschluss des Suspensiveffekts von Klagen gegen sämtliche Maßnahmen des § 46 Abs. 1 bis 5 WaffG gilt erst seit dem 31. Oktober 2024 mit dem neu geschaffenen § 46 Abs. 6 WaffG (BGBl. I 2024, Nr. 332). Überdies schlägt die vorstehend aufgezeigte Rechtswidrigkeit der Fristbestimmung in Ziffer II. des Bescheids auch auf die Zwangsgeldandrohung durch, die diese Frist übernimmt (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2022 – 8 CS 21.2294 –, juris, Rn. 21 f.).
70
IV. Die in den Ziffern IV. und V. des angegriffenen Bescheids erfolgte Kostenentscheidung begegnet wiederum keinen Bedenken.
C.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die aus dem Tenor ersichtliche Kostenquotelung ist angemessen, da der Kläger hinsichtlich seines zentralen Begehrens – Erhalt seiner Erlaubnis zum Besitz der Pfeilabschussgeräte – unterliegt.
72
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.