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VG Würzburg, Beschluss v. 05.02.2025 – W 3 S 25.30215
Titel:

Asyl, einstweiliger Rechtsschutz, Türkei, Rücknahme des Asylantrags, Einstellung des Verfahrens, fehlerhafte Fortführung des Verfahrens trotz Rücknahme, fiktive Antragsrücknahme, Versäumung des Anhörungstermins bei Bundesamt, fehlerhafte Begründung des Einstellungsbescheides, keine Abschiebungsverbote, Ausreiseaufforderung, Abschiebungsandrohung, Wochenfrist

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 33 Abs. 1
AsylG § 33 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Alt. 2
AsylG § 32
AsylG § 38 Abs. 2
AsylG § 38 Abs. 3
AsylG § 34 Abs. 1
VwVfG § 39
Schlagworte:
Asyl, einstweiliger Rechtsschutz, Türkei, Rücknahme des Asylantrags, Einstellung des Verfahrens, fehlerhafte Fortführung des Verfahrens trotz Rücknahme, fiktive Antragsrücknahme, Versäumung des Anhörungstermins bei Bundesamt, fehlerhafte Begründung des Einstellungsbescheides, keine Abschiebungsverbote, Ausreiseaufforderung, Abschiebungsandrohung, Wochenfrist
Fundstelle:
BeckRS 2025, 1786

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
1
Der zur Person nicht ausgewiesene Antragsteller wurde bei dem Versuch der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland am 15. August 2023 durch die Bundespolizeiinspektion W … a R … an der Grenze zur S … zurückgewiesen. Zu einem späteren Zeitpunkt reiste er unerlaubt in die Bundesrepublik Deutschland ein und meldete sich am 16. August 2023 beim Bundespolizeirevier F. mit einer Bitte um die Gewährung politischen Asyls. In diesem Zusammenhang gab er an, er sei ein am … … 2006 geborener irakischer Staatsangehöriger.
2
Der Antragsteller wurde aufgrund der vorgeblichen Minderjährigkeit dem Jugendamt der Stadt F … übergeben, welches am 21. August 2023 eine vorläufige Inobhutnahme mit der Begründung ablehnte, die qualifizierte Inaugenscheinnahme habe zur Feststellung der Volljährigkeit geführt.
3
Am 21. August 2023 äußerte der Antragsteller gegenüber dem Landkreis F … ein Asylgesuch unter Angabe einer irakischen Staatsangehörigkeit und eines Geburtsdatums … … 2006.
4
Am 21. September 2023 stellte der Antragsteller einen förmlichen Asylantrag und gab in diesem Zusammenhang an, er sei ein am … … 2000 geborener türkischer Staatsangehöriger.
5
Im Gespräch beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaats am 21. September 2023 gab der Antragsteller an, er habe die Türkei am 4. August 2023 verlassen und sei über Bosnien, Kroatien, Slowenien und Italien nach Deutschland gereist, wo er am 15. August 2023 angekommen sei. Am 5. August 2023 sei er nach Kroatien eingereist und habe dort einen Asylantrag gestellt.
6
In einer Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags beim Bundesamt am 22. September 2023 gab der Antragsteller an, er habe in Kroatien einen Asylantrag gestellt, er wolle dorthin jedoch nicht zurückkehren. In der Türkei sei er im Gesundheitswesen als Altenpfleger tätig gewesen. Er habe dort keine Wertschätzung erhalten und in Bezug auf seine weitere Bildung keine Zukunftsperspektive gesehen. Trotz Zugangsberechtigung habe er nicht studieren dürfen. Es gebe ein Aggressionsproblem gegen medizinisches Personal. In Deutschland lebten Cousins seiner Eltern.
7
Nachdem die Republik Kroatien unter dem 20. Oktober 2023 ein Wiederaufnahmegesuch vom 6. Oktober 2023 akzeptiert hatte, lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 31. Oktober 2023 den Asylantrag als unzulässig ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, ordnete die Abschiebung des Antragstellers nach Kroatien an und befristete das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 19 Monate ab dem Tag der Abschiebung.
8
Den hiergegen gerichteten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom … … 2023 im Verfahren … …  … lehnte das Verwaltungsgericht A … mit Beschluss vom … … 2023 im Verfahren … …  … ab.
9
Am 11. Januar 2024 nahm der Antragsteller in einer Erklärung über eine freiwillige Rückkehr in die Türkei gegenüber dem Bundesamt den Asylantrag vom 21. September 2023 zurück und erklärte, er wolle freiwillig in die Türkei ausreisen.
10
Das Verwaltungsgericht A … stellte das Verfahren … …  … mit Beschluss vom … … 2024 aufgrund einer am 2. Februar 2024 eingegangenen Klagerücknahme ein.
11
Am 29. Februar 2024 erklärte der Antragsteller gegenüber dem Bundesamt, er wolle nun doch nicht mehr freiwillig ausreisen.
12
Mit Schreiben vom 21. Mai 2024 teilte das Bundesamt dem Bevollmächtigten des Antragstellers mit, dass Dublin-Verfahren sei aufgrund des Ablaufes der Überstellungsfrist abgelaufen und es ergehe nunmehr eine Entscheidung im nationalen Verfahren.
13
Am 22. Mai 2024 wurde der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten zur persönlichen Anhörung am 9. Oktober 2024 geladen. Am 7. Oktober 2024 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers die Verlegung dieses Termins mit der Begründung, er sei mit Ladung des Amtsgerichts V … vom … … 2024 zur selben Zeit geladen worden. Der Antragsteller erschien nicht zur Anhörung. Am 11. Oktober 2024 wurde der Antragsteller über seinen Bevollmächtigten zur Anhörung am 29. Januar 2025 geladen. Mit Schreiben vom 7. Januar 2025 beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers die Verlegung dieses Termins mit der Begründung, er sei bereits vom Verwaltungsgericht D … zum selben Zeitpunkt geladen worden. Dieses Verlegungsgesuch lehnte das Bundesamt am 8. Januar 2025 ab mit der Begründung, die Vertretung könne auch durch einen Kollegen wahrgenommen werden. Zur Anhörung erschien der Antragsteller nicht.
14
Mit Bescheid vom 17. Januar 2025 stellte das Bundesamt das Asylverfahren ein (Ziffer 1), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2), forderte den Antragsteller unter Abschiebungsandrohung in die Türkei zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung auf (Ziffer 3) und ordnete ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG an, welches auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wurde (Ziffer 4). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller sei zum anberaumten Termin am 9. Januar 2025 ohne genügende Entschuldigung nicht erschienen, so dass gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 AsylG das Verfahren einzustellen sei. Der Antragsteller sei der Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 AsylG nicht nachgekommen, weshalb gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 AsylG vermutet werde, dass er das Verfahren nicht betreibe. Abschiebungsverbote seien weder vorgetragen worden noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor. Bereits das augenscheinliche Desinteresse an der Weiterführung des Asylverfahrens lasse drohende Gefahren i.S.d. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG im Heimatland zweifelhaft erscheinen. Der Bescheid wurde am 21. Januar 2025 zur Post gegeben.
15
Am 28. Januar 2025 ließ der Antragsteller im Verfahren W 3 K 25.30214 Klage zum Verwaltungsgericht Würzburg erheben und beantragen, den Bescheid vom 17. Januar 2025 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote eingreifen.
16
Zugleich ließ der Antragsteller im vorliegenden Verfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
17
Dies wurde damit begründet, die Antragsgegnerin habe eine angemessene inhaltliche Prüfung nach § 33 Abs. 1 AsylG unterlassen. Zudem habe der Bevollmächtigte einen Verlegungsantrag gestellt, bevor der Antragsteller nicht zur Anhörung erschienen sei. Deshalb müsse das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwiegen.
18
Die Antragsgegnerin beantragte,
den Antrag abzulehnen.
19
Zur Begründung wurde auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
20
Im Übrigen wird auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin und auf den Inhalt der Gerichtsakte W 3 K 25.30214, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.
II.
21
Über den Antrag entscheidet nach § 76 Abs. 4 Satz 1 AsylG der Einzelrichter.
22
Der Antragsteller begehrt im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der kraft Gesetzes (vgl. § 75 Abs. 1 AsylG) ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung seiner Klage im Verfahren W 3 K 25.30214 gegen die unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche ausgesprochene Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 des Bescheids des Bundesamtes vom 17. Januar 2025. Hiervon ist bei verständiger Würdigung des Begehrens des Antragstellers nach § 88 VwGO in entsprechender Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen des Bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) im wohlverstandenen Rechtsschutzinteresse des Antragstellers auszugehen, auch wenn der anwaltlich vertretene Antragsteller dem Wortlaut nach die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage beantragt hat, ohne hierbei auf die Abschiebungsandrohung konkret abzustellen.
23
Der so verstandene Antrag hat keinen Erfolg. Denn der zulässige, insbesondere nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO statthafte und fristgerecht innerhalb der Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG gestellte Antrag, für den das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg aufgrund von § 8d Nr. 3 ZustV örtlich zuständig ist, ist unbegründet.
24
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall des vorliegend aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylG folgenden gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Bei der Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO hat das Gericht eine eigenständige Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Hierbei ist insbesondere auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache abzustellen. Ist die Klage in der Hauptsache im Rahmen einer summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich, kann kein überwiegendes öffentliches Interesse am Vollzug eines rechtswidrigen Bescheides bestehen. Andererseits kann der Antragsteller kein schutzwürdiges privates Interesse daran haben, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben.
25
Die nach diesen Grundsätzen vorzunehmende gerichtliche Interessenabwägung ergibt, dass das öffentliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt, da die Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
26
Dies ergibt sich aus Folgendem:
27
Der Antragsteller hat am 11. Januar 2024 den am 21. September 2023 gestellten Asylantrag schriftlich zurückgenommen und erklärt, dass er sich für eine freiwillige geförderte Rückkehr in die Türkei mit dem Ziel, sich dort dauerhaft niederzulassen, entschieden hat. Dies ergibt sich aus dem in den Verwaltungsakten des Bundesamtes, Bl. 290, enthaltenen Dokument. Zwar hat der Antragsteller am 22. Februar 2024 dem Bundesamt per Mail mitgeteilt, nun doch nicht mehr freiwillig ausreisen zu wollen (Bundesamts-Akte, Bl. 318); allerdings lässt dies den Asylantrag nicht wiederaufleben. Dieser bleibt rechtswirksam zurückgenommen.
28
Gemäß § 32 AsylG stellt im Falle der Antragsrücknahme das Bundesamt in seiner Entscheidung fest, dass das Asylverfahren eingestellt ist und ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt. Liegen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vor, erlässt das Bundesamt gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG nach den §§ 59 und 60 Abs. 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung. Dabei beträgt im Falle der Rücknahme des Asylantrages vor der Entscheidung des Bundesamtes nach § 38 Abs. 2 AsylG die dem Ausländer zu setzende Ausreisefrist eine Woche. Nach § 38 Abs. 3 AsylG kann dem Ausländer im Falle der Rücknahme des Asylantrags eine Ausreisefrist bis zu drei Monaten eingeräumt werden, wenn er sich zur freiwilligen Ausreise bereit erklärt hat.
29
Derartige Entscheidungen hat das Bundesamt im Bescheid vom 17. Januar 2025 getroffen. Es hat in Ziffer 1 des Bescheides festgestellt, dass das Asylverfahren eingestellt ist und in Ziffer 2 des Bescheides festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen. Zudem hat es in Ziffer 3 des Bescheides den Antragsteller aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Zugleich hat sie ihm die Abschiebung in die Türkei oder in einen anderen Staat, in den der einreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist, angedroht für den Fall, dass er die Ausreisefrist nicht einhalten sollte.
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Allerdings hat das Bundesamt diese Entscheidung nicht mit den oben genannten Vorschriften begründet, sondern sie auf § 33 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 AsylG gestützt. Auf dieser Grundlage hat das Bundesamt die Abschiebungsandrohung auf § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG gestützt, dies unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche nach § 38 Abs. 2 AsylG. Die Fehlerhaftigkeit dieser Begründung erklärt sich daraus, dass das Bundesamt augenscheinlich die Rücknahme des Asylantrags am 11. Januar 2024 übersehen und das Verfahren fortgeführt hat, so dass es zu einer zweimaligen vergeblichen Ladung des Antragstellers zur Anhörung kam und das Bundesamt den Bescheid vom 17. Januar 2025 deshalb auf § 33 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AsylG gestützt hat.
31
Dennoch hat die Klage im Verfahren W 3 K 25.30114 keine Aussicht auf Erfolg.
32
Sie ist hinsichtlich Ziffer 1 des Bescheides vom 17. Januar 2025 mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig, weil der Antragsteller den Asylantrag am 11. Januar 2024 zurückgenommen hat. Damit kommt insoweit ein rechtlich anerkennenswertes Interesse des Antragstellers an der erstrebten gerichtlichen Entscheidung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht (Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, vor §§ 40 bis 53, Rn. 11 m.w.N.).
33
Soweit es im Hauptsacheverfahren (hilfsweise) um Ziffer 2 des Bescheides vom 17. Januar 2025 geht, also um das Begehren, festzustellen, dass Abschiebungsverbote in die Türkei vorliegen, ist die Klage zwar zulässig, jedoch aller Voraussicht nach unbegründet. Das Gericht folgt hierbei den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Bescheides und sieht insoweit von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 3 AsylG).
34
Ergänzend ist folgendes auszuführen:
35
Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ist ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen, in der nach Satz 1 der Vorschrift die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Eine Verletzung der Begründungspflicht gemäß § 39 VwVfG führt zur Rechtswidrigkeit des betroffenen Verwaltungsaktes (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 25. Aufl. 2024, § 39 Rn. 56). Es stellt jedoch keinen Verstoß gegen § 39 VwVfG dar, wenn der Verwaltungsakt zwar eine Begründung enthält, die auch die tatsächlichen Erwägungen der Behörde wiedergibt, diese aber inhaltlich fehlerhaft sind. In einem solchen Fall kann allenfalls ein materieller Verstoß gegen § 40 VwVfG vorliegen (Ramsauer, a.a.O.). Demgegenüber führt bei gebundenen Entscheidungen ein Begründungsmangel grundsätzlich nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts. Trotz einer fehlerhaften Begründung ist ein Verwaltungsakt in seinem verfügenden Teil rechtmäßig, wenn die getroffene Regelung jedenfalls im Ergebnis dem Gesetz entspricht. In diesem Zusammenhang haben die Verwaltungsgerichte nach § 86 Abs. 1 VwGO von Amts wegen umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Dabei hat das Gericht alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte auch dann zu berücksichtigen, wenn der Verwaltungsakt nicht auf sie gestützt ist. Letztlich kommt es nur darauf an, ob die rechtliche Aussage des Verwaltungsakts rechtmäßig ist oder nicht (Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 113 Rn. 29 und Rn. 30 m.w.N.).
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So liegt der Fall hier. Wie oben ausgeführt, ist der Entscheidungstenor auf der Grundlage von § 32 AsylG rechtmäßig. Da es sich um eine gebundene Entscheidung handelt, kommt es auf die Fehlerhaftigkeit der Begründung nicht an.
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In Bezug auf die materielle Rechtmäßigkeit der Entscheidung zum Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG ist ergänzend auszuführen, dass sich auch aus dem Verhalten des Antragstellers und aus seinem Vorbringen beim Bundesamt keinerlei Anhaltspunkte für ein derartiges Abschiebungsverbot ergeben. Vielmehr hat der Antragsteller zunächst über seine Person getäuscht und eine falsche Staatsangehörigkeit und ein grob falsches Geburtsdatum angegeben. Bestünde tatsächlich ein Abschiebungsverbot, hätte der Antragsteller von Anfang an unter Angabe korrekter Personalien ein solches vorgetragen.
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Darüber hinaus hat der Antragsteller in seiner Anhörung vor dem Bundesamt zur Zulässigkeit des Asylantrags am 22. September 2023 Ausführungen zu Gründen gemacht, die einer Rückführung in die Türkei entgegenstehen, obwohl er nicht hierzu, sondern zu einer Rückführung in einen anderen Dublin-Mitgliedsstaat befragt worden ist. Hierbei hat er ausgeführt, er sei im Gesundheitswesen tätig und habe als Altenpfleger gearbeitet, jedoch keine Wertschätzung erhalten und keine Zukunftsperspektive in Bezug auf seine Weiterbildung gesehen. Er wolle seine Arbeit in einem freien und friedlichen Land fortführen und sich auch in dem Bereich weiterbilden. Auch dies macht deutlich, dass nicht einmal ansatzweise Gründe für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
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Zu Recht hat die Antragsgegnerin die Abschiebungsandrohung auf § 34 Abs. 1 AsylG gestützt. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor, da nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Vorschrift die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen und nach Satz 1 Nr. 4 der Vorschrift der Abschiebung weder das Wohl eines – hier nicht vorhandenen – Kindes noch familiäre Bindungen noch der Gesundheitszustand des Antragstellers entgegenstehen. Insbesondere zu Letzterem ist seitens des Antragstellers nicht einmal ansatzweise vorgetragen worden.
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Die Ausreisefrist von einer Woche ergibt sich zwingend aus § 38 Abs. 2 AsylG. § 38 Abs. 3 AsylG ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da der Antragsteller seine Erklärung, er sei zur freiwilligen Ausreise bereit, wieder zurückgezogen hat.
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Aus alledem ergibt sich, dass die Klage des Antragstellers im Verfahren W 3 K 25. 30214 nicht einmal ansatzweise Aussicht auf Erfolg hat. Damit überwiegt das staatliche Vollzugsinteresse das Suspensivinteresse des Antragstellers. Die Abwägungsentscheidung des Gerichts gelangt damit zur Ablehnung des vorliegenden Antrags.
42
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.