Titel:
Auslegung der Besonderen Vereinbarungen einer Betriebshaftpflichtversicherung für Heizkostenableser
Normenketten:
VVG § 100
BGB § 305 Abs. 1, § 305c Abs. 2, § 556 Abs. 3 S. 3
Leitsätze:
Zur Auslegung der Besonderen Bedingungen einer Betriebshaftpflichtversicherung für Heizkostenableser. (Rn. 15 – 18 und 19 – 27)
Einem Risikoausschluss in den Besonderen Vereinbarungen einer Betriebshaftpflichtversicherung für Heizkostenableser, demzufolge sich der Versicherungsschutz nicht auf Schäden bezieht, die darauf beruhen, dass Aufträge nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden, unterfallen gegen den mit der Erstellung von Hausnebenkosten- und Heizkostenabrechnungen für die Mieter beauftragten Versicherungsnehmer erhobene Schadensersatzansprüche wegen verspäteter Abrechnung. (Rn. 19 – 27) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Sonstiges Bürgerliches Recht, Privatversicherungsrecht vorgehend:, Betriebshaftpflichtversicherung, Heizkostenableser, Haftpflichtversicherung, Nebenkostenabrechnung, Risikoausschluss, verspätete Erfüllung von Aufträgen, Heizkostenabrechnung
Vorinstanz:
LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 21.02.2025 – 11 O 4557/23
Fundstelle:
BeckRS 2025, 17685
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.02.2025, Az. 11 O 4557/23, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Entscheidungsgründe
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Die Parteien streiten über einen Deckungsanspruch aus einer Haftpflichtversicherung, die die Klägerin seit Januar 2020 bei der Beklagten unterhält.
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Die Klägerin betreibt ein Unternehmen, das im Auftrag von Immobilieneigentümern Abrechnungen über verbrauchsabhängige Heiz-, Wasser-/Abwasser- und Betriebskosten erstellt.
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Der Versicherungsvertrag wurde im Dezember 2019 auf Vermittlung der Fa. B. geschlossen. Ihm liegen die Allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden (Vertragsgrundlage AH 310; im Folgenden: AVB-VH; Anlagenkonvolut K 1) und die Besonderen Vereinbarungen für Heizkostenableser (Vertragsgrundlage AH 731; Anlagenkonvolut K 1) zugrunde.
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Die Besonderen Vereinbarungen für Heizkostenableser lauten wie folgt:
„1. Versicherungsschutz besteht für den Fall, dass der Versicherungsnehmer von einem Dritten wegen eines Vermögensschadens haftpflichtig gemacht wird, weil er im Rahmen eines Vertragsverhältnisses bei der Durchführung von Heizungs- und Warmwasserkostenabrechnungen einschließlich des Montierens und des Ablesens der Messgeräte (Heizkostenverteiler) einen Fehler gemacht hat.
2. In Ergänzung von Ziff. 9 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen zur Haftpflichtversicherung für Vermögensschäden (AVB-VH) bezieht sich der Versicherungsschutz nicht auf Schäden, die darauf beruhen, dass Aufträge nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden.
3. Ziff. 2.2 und Ziff. 2.3 AVB-VH finden keine Anwendung.
4. Im Übrigen gelten die AVB-VH.“
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Die Klägerin wurde durch die Fa. D. mit der Erstellung von Hausnebenkostenabrechnungen und Heizkostenabrechnungen für die Mieter der Liegenschaft W. Straße … in H. für die Zeiträume vom 01.07.2020 bis 30.06.2021 (Hausnebenkostenabrechnung) und vom 01.01.2020 bis 31.12.2020 (Heizkostenabrechnung) beauftragt. Obwohl die Klägerin die notwendigen Unterlagen bereits im November 2021 erhielt, erstellte sie die Nebenkostenabrechnung erst am 17.10.2022 und die Heizkostenabrechnung erst am 24.11.2022. Sämtliche Mieter wiesen die von der Firma D. übersandten Betriebs- und Heizkostenabrechnungen wegen Verfristung gemäß § 556 Abs. 3 BGB zurück (Anlagenkonvolute K 8 bis K 14).
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Die Klägerin behauptet, dass die Fa. D. ihr gegenüber einen durch die verspätete Nebenkostenabrechnung entstandenen Schaden in Höhe von 28.139,69 € geltend mache (Anlagen K 2 und K 7). Eine Schadensmeldung wurde – insofern unstreitig – am 23.12.2022 an die Beklagte übermittelt (Anlage B 1). Die Beklagte hat eine Haftpflichtdeckung mit Schreiben vom 29.12.2022 abgelehnt (Anlage K 3) und blieb dabei auch in der Folgezeit (Anlagen B 4, B 6 und B 8). Sie macht geltend, dass der Risikoausschluss nach Ziffer 2 der Besonderen Vereinbarungen für Heizkostenableser eingreife.
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Die Klage war in erster Instanz zuletzt auf Gewährung von Versicherungsschutz aus der zwischen den Parteien bestehenden Haftpflichtversicherung sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von netto 1.261,50 € gerichtet.
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Das Landgericht hat diese Klage ohne Beweisaufnahme vollständig abgewiesen. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der streitgegenständliche Schadensfall nicht vom vereinbarten Versicherungsschutz umfasst sei. Der Risikoausschluss in Ziffer 2 der Besonderen Vereinbarungen für Heizkostenableser erfasse seinem erkennbaren Sinn nach auch Schäden, die durch ein verspätetes Erstellen der Nebenkostenabrechnungen entstanden seien. Es bestehe auch kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte. Etwaige von der Versicherungsmaklerin bei Abschluss des Vertrages begangene Verletzungen der Beratungspflicht seien der Beklagten nicht zuzurechnen.
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Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlich zuletzt gestellten Klageanträge weiterverfolgt.
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Der Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die in erster Instanz festgestellten Tatsachen gebunden. Durchgreifende und entscheidungserhebliche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen ergeben sich nicht. Die maßgeblichen Tatsachen rechtfertigen keine von der des Landgerichts abweichende Entscheidung und dessen Entscheidung beruht auch nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
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Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht sowohl einen Primäranspruch der Klägerin aus Ziffern 1 und 4 AVB-VH, § 100 VVG als auch einen Schadensersatzanspruch aus § 6 Abs. 5 VVG verneint und aus diesem Grund die gesamte Klage abgewiesen. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.
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Die Beklagte hat ihre Leistungspflicht nicht anerkannt. Es gibt auch kein rechtskräftiges Urteil oder einen verbindlichen Vergleich zur Haftung der Klägerin gegenüber einem Dritten. In dem somit vorliegend anhängigen „vorweggenommenen Deckungsprozess“ kann nur auf Feststellung geklagt werden, dass wegen einer im Einzelnen genau zu bezeichnenden Haftpflichtforderung vertragsgemäß Versicherungsschutz zu gewähren ist (vgl. BGH, Urteil vom 04.12.1980 – IVa ZR 32/80, NJW 1981, 870, 871; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2005, 907; OLG Koblenz, r+s 2000, 279). Als ein solcher Feststellungsantrag ist der im Berufungsrechtszug weiterverfolgte Klageantrag zu 1. auszulegen.
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Dies wiederum hat zur Folge, dass der Streitwert mit 80% des von dem geschädigten Dritten geltend gemachten Schadens zu bemessen ist (vgl. OLG Hamm, r+s 2012, 335, 337 m.w.N.), hier also mit 22.511,75 €.
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Zutreffend hat die Vorinstanz entschieden, dass das streitgegenständliche Schadensereignis keine Deckungspflicht der Beklagten begründet.
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a) Nach dem allgemeinen Bedingungswerk ist Versicherungsfall ein Verstoß, der möglicherweise Haftpflichtansprüche gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen zur Folge haben könnte (Ziffer 4 AVB-VH). Dies wird in Ziffer 1 AVB-VH dahin ausgeführt, dass der Versicherer für den Fall leistet, dass der Versicherungsnehmer wegen eines bei der Ausübung beruflicher Tätigkeit begangenen Verstoßes von einem anderen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen für einen Vermögensschaden verantwortlich gemacht wird.
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Allerdings wurde das versicherte Risiko im Streitfall durch die „Besonderen Vereinbarungen für Heizkostenableser“ näher präzisiert und eingegrenzt. Diese Sonderbedingungen sind unzweifelhaft Gegenstand des Vertrages der Parteien, wie sich aus Seite 4 des Versicherungsscheins vom 16.12.2019 ergibt (Anlagenkonvolut K 1). Die Besonderen Vereinbarungen verdrängen die in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen enthaltenen Klauseln, soweit sie speziellere Regelungen enthalten. Dies folgt – für jeden Versicherungsnehmer ersichtlich – aus Ziffer 4 der Besonderen Vereinbarungen, wonach „im Übrigen“ die AVB-VH gelten. Daneben ist der maßgebliche Risikobereich im Versicherungsschein als „Heizkostenableser und Abrechnungsdienst für Warmwasser und Heiz- und Nebenkosten“ beschrieben. Der Vertrag ist also auf Haftungsfälle zugeschnitten, die mit einer solchen beruflichen Tätigkeit des Versicherungsnehmers im Zusammenhang stehen.
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Demzufolge liegt ein Versicherungsfall (nur) vor, wenn der Versicherungsnehmer von einem Dritten wegen eines Vermögensschadens haftpflichtig gemacht wird, weil er im Rahmen eines Vertragsverhältnisses bei der Durchführung von Heizungs- und Warmwasserkostenabrechnungen einschließlich des Montierens und des Ablesens der Messgeräte (Heizkostenverteiler) einen Fehler gemacht hat (Ziffer 1 der Besonderen Vereinbarungen).
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Diese Voraussetzungen sind nach Aktenlage gegeben. Denn die Klägerin wird seitens der Fa. D. für einen Vermögensschaden in Höhe von mindestens 28.139,69 € verantwortlich gemacht, weil die Klägerin die ihr übertragenen Heiz- und Nebenkostenabrechnungen verspätet erstellt hat und sich die betroffenen Mieter erfolgreich auf die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB berufen haben. Dieser Sachverhalt betrifft ohne Weiteres die „Durchführung von Heizungs- und Warmwasserkostenabrechnungen“. Denn unter einer „Durchführung“ in diesem Sinne ist denknotwendig auch die Erstellung der Abrechnungen und deren Übermittlung an den Auftraggeber zu verstehen. Nach allgemeinem Sprachgebrauch meint dieser Begriff die Ausführung, Verwirklichung bzw. Inangriffnahme von etwas Geplantem (vgl. https://www.dwds.de/wb/Durchführung). Das zugrundeliegende Schuldverhältnis betraf einen Vertrag über Abrechnungsdienste, mithin einen Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB). Insofern behauptet die Auftraggeberin der Klägerin – und Vermieterin der Immobilien – einen Schaden in Form entgangener Betriebskostennachzahlungen. Sie macht diesbezüglich gegenüber der Klägerin einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB geltend (vgl. zu einem solchen Anspruch KG, Urteil vom 01.07.2016 – 14 U 23/15, juris).
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b) Allerdings kann sich die Beklagte auf den in Ziffer 2 der Besonderen Vereinbarungen für Heizkostenableser vereinbarten Risikoausschluss berufen (LGU 6-8).
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aa) Es handelt es sich bei den genannten Klauseln unzweifelhaft um Allgemeine Versicherungsbedingungen i.S.d. § 305 Abs. 1 BGB, § 7 Abs. 1 Satz 1 VVG. Diese sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (vgl. etwa BGH, Urteile vom 07.02.2018 – IV ZR 53/17, NJW 2018, 1019 Rn. 18 und vom 14.12.2016 – IV ZR 527/15, NJW 2017, 1620 Rn. 25). Werden Versicherungsverträge – wie hier – typischerweise mit und für einen bestimmten Personenkreis geschlossen, so sind die Verständnismöglichkeiten und Interessen der Mitglieder dieses Personenkreises maßgebend (vgl. BGH, Urteile vom 21.04.2010 – IV ZR 308/07, r+s 2010, 286 Rn. 12 und vom 25.05.2011 – IV ZR 117/09, r+s 2011, 295 Rn. 22). Bei den hier in Rede stehenden „Besonderen Vereinbarungen“ ist folglich zu berücksichtigen, dass der typische Adressat und Versicherte nicht in Verbraucherkreisen zu suchen ist, sondern vielmehr geschäftserfahren und mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen vertraut ist, nachdem die Versicherung auf gewerbliche Ablesedienste abzielt.
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In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 12.07.2017 – IV ZR 151/15, NJW 2017, 2831 Rn. 26 m.w.N.). Demzufolge sind auch versicherungswirtschaftliche Überlegungen nur insoweit beachtlich, als sie sich aus dem Wortlaut der Bedingungen für den verständigen Versicherungsnehmer unmittelbar erschließen (vgl. BGH, Urteil vom 17.05.2000 – IV ZR 113/99, NJW-RR 2000, 1341, 1342).
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Für die Auslegung einer Risikoausschlussklausel gelten im Ausgangspunkt die zuvor genannten Grundsätze. Allerdings sind solche Klauseln grundsätzlich eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 27.06.2012 – IV ZR 212/10, NJW 2012, 3238 Rn. 20 m.w.N.). Der durchschnittliche Versicherungsnehmer braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht (vgl. BGH, Urteil vom 17.03.1999 – IV ZR 89/98, NJW-RR 1999, 1038, 1039).
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bb) Der verständige Versicherungsnehmer erkennt zunächst, dass die Klausel „in Ergänzung“ zu Ziffer 9 AVB-VH gilt. Diese in Bezug genommene Regelung in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ist mit „Was ist nicht versichert?“ überschrieben und enthält unter Ziffer 9.2 verschiedene gegenüber dem Versicherungsnehmer geltend gemachte Schadensersatzansprüche, für die grundsätzlich kein vertraglicher Deckungsschutz besteht. Es handelt sich ersichtlich um die Regelung allgemeiner Risikoausschlüsse. Diese wird durch Ziffer 2 der Besonderen Vereinbarungen um einen zusätzlichen Sachverhalt erweitert („in Ergänzung von …“).
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Wenn es in jener Klausel weiter heißt, dass sich „der Versicherungsschutz“ nicht auf näher bezeichnete Schäden beziehe, so kann damit – für jeden durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar – nur der in der vorhergehenden Klausel, d.h. in Ziffer 1 der Besonderen Vereinbarungen, (abschließend) definierte Versicherungsschutz gemeint sein. Der Risikoausschluss betrifft also Fehler des Versicherungsnehmers bei der vertraglich geschuldeten „Durchführung von Heizungs- und Warmwasserkostenabrechnungen einschließlich des Montierens und des Ablesens der Messgeräte“. Wurde ein dahingehender „Auftrag“ – wie hier – nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt und wird wegen einer solchen Vertragsverletzung von dem Dritten Schadenersatz gefordert, so besteht kein Versicherungsschutz. Auch dies vermag ein verständiger Versicherungsnehmer problemlos zu erkennen (LGU 7).
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Aus der Bezeichnung der Besonderen Vereinbarungen („für Heizkostenableser“) folgt nicht, dass diese Klauseln nur für die Tätigkeit des Ablesens von Messgeräten und dabei dem Versicherungsnehmer unterlaufene Fehler gelten. Es handelt sich ersichtlich nur um eine verkürzte Bezeichnung der Berufsgruppe, für die das Bedingungswerk einschlägig sein soll und der auch die Klägerin angehört. Wie bereits erläutert, umfassen der Versicherungsvertrag als solcher und die gesamten Besonderen Vereinbarungen auch und gerade den Abrechnungsdienst. Das Montieren und Ablesen von Messgeräten ist nur ein Teil dieser weit verstandenen Tätigkeit.
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Es war ersichtlich Zweck des Risikoausschlusses, solche Haftungsfälle vom Versicherungsschutz auszunehmen, die dadurch entstehen, dass sich die Betriebskostenschuldner (d.h. die Wohnungsmieter) erfolgreich auf die in § 556 Abs. 3 BGB geregelte Ausschlussfrist berufen, weil über die Kosten nicht oder nicht rechtzeitig abgerechnet worden ist. Mit solchen außerordentlichen Risiken will der Haftpflichtversicherer nicht belastet werden.
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Aus dem im Dezember 2024 geänderten weiteren Haftpflichtversicherungsvertrag der Parteien (Anlage K 16) kann naturgemäß kein anderes Auslegungsergebnis für den hier maßgeblichen Vertrag hergeleitet werden. Im Übrigen liegt es auf der Hand, dass Aufträge, die die Klägerin an ihre Subunternehmer (Ableser) vergibt, nicht identisch sind mit Aufträgen, die die Klägerin i.S.d. Ziffer 2 der Besonderen Vereinbarungen gegenüber dem Immobilieneigentümer „nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt“. Ob der Versicherungsnehmer die verspätete Erstellung der Abrechnungen aus eigenem Verschulden zu vertreten hat oder weil dessen Subunternehmer die Ablesungen nicht rechtzeitig durchgeführt haben, spielt für den Risikoausschluss offenkundig keine Rolle.
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Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf § 305c Abs. 2 BGB berufen. Nach dieser Vorschrift gehen Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders. Unklar in diesem Sinne sind Klauseln, bei denen nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt und mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 14.06.2017 – IV ZR 161/16, NZM 2018, 53 Rn. 12 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, ist das Ergebnis der objektiven Auslegung eindeutig.
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Hierdurch wird auch nicht das Vertrauen des Versicherungsnehmers in den Umfang des Versicherungsschutzes in unangemessener Weise enttäuscht. Denn er muss erkennen, dass das versicherte Risiko von vornherein auf Fälle der Schlechterfüllung des Abrechnungsdienstes im engeren Sinne – namentlich Montage-, Ablese- und Berechnungsfehler – beschränkt ist.
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c) Als Ergebnis ist daher festzustellen, dass Haftpflichtfälle aus der verspäteten Erstellung von Heizungs- und Warmwasserkostenabrechnungen im Streitfall nicht versichert sind. Für den Bereich sonstiger „Hausnebenkosten“ (Betriebskosten i.S.d. § 2 BetrKV) besteht von vornherein kein Versicherungsschutz aus dem streitgegenständlichen Vertrag.
3. Schadensersatzanspruch
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Die Klägerin hat in erster Instanz nicht vorgetragen, dass die Beklagte selbst oder eine in deren Lage stehende Person im Zuge der Anbahnung des Versicherungsvertrages gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Beratung nach § 6 Abs. 1 VVG verstoßen hat. Daher hat das Landgericht einen auf „Quasideckung“ gerichteten Schadensersatzanspruch der Klägerin verneint (LGU 8). Hiergegen bringt die Berufung nichts vor und etwaige Rechtsfehler sind für den Senat auch nicht ersichtlich.
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Mangels Hauptforderung schuldet die Beklagte auch keine Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
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Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Senat, die Berufung zurückzunehmen. Hierdurch würden sich die Gerichtskosten von 4,0 auf 2,0 Gebühren reduzieren (Nr. 1222 KV GKG).